Inspiration Wealth Management - Innovation - Universität Zürich
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2 Georg Schubiger leitet seit 2012 das Wealth Management und ist Mitglied des Executive Board von Vontobel. Zuvor bekleidete er während zehn Jahren Führungsfunktionen bei der Danske Bank in Kopenhagen und der Sampo Group in Helsinki. Er stu- dierte Finanz- und Rechnungswesen (lic. oec.) an der Universität St. Gallen und Politikwissenschaften (MA) am College of Europe in Brügge, Belgien. Neues und Verborgenes kennenzulernen, übt einen grossen Reiz aus.
3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser Neugier treibt uns seit Menschengedenken an. Ohne sie wäre das Rad nicht erfunden worden, Amerika wäre unentdeckt und niemand würde das Weltall erforschen, an neuen Heilungsmethoden arbeiten oder alternative Energien nutzbar machen. Diese Aufzählung liesse sich beliebig fortsetzen. Sie steht lediglich exemplarisch für all die Neuerungen, die unter anderem durch Neugier entstanden sind. Die mit der Neugier verbundene menschliche Innovationskraft ist eine Schlüsselkompetenz für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiter- entwicklung. Wo ständen wir heute ohne Buchdruck, Elektrizität, Ver- brennungsmotoren oder Digitalisierung? Doch Innovation muss nicht immer zu grossen Umwälzungen führen. Sie kann auch im Kleinen liegen. In dieser Ausgabe des Wealth Management Magazins Inspiration erhalten Sie einen Einblick in die vielfältigen Facetten von Innovation. Lesen Sie zum Beispiel, warum Neuerungen mit Chaos verbunden sind; dass auch ein Sparschäler eine Innovation ist oder in welcher Form die Verschmutzung der Meere die menschliche Kreativität fördert. Ihre Neugier möchten wir noch mit anderen Blickwinkeln auf das Thema Innovation wecken. Erfahren Sie unter anderem, warum «Smart Farming» für Sie interessant sein könnte oder wie neue Denkansätze für die Nachfolge- regelung den Fortbestand von Familienunternehmen sichern. Ausserdem geben wir Ihnen einen Einblick, wie Vontobel den internen Innovationsprozess neu gestaltet hat, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Ich wünsche Ihnen eine anregende und spannende Lektüre. Georg Schubiger Head Wealth Management
5 Inhalt 6 10 Zufall macht erfinderisch Sprechen Sie mit vielen Wer alte Pfade verlassen will, sollte die Crowd befragen. 12 Digitales Erlebnis 15 für den Kunden Handelskriege 18 sind wenig Warum sind Dividenden- wahrscheinlich investitionen attraktiv? Nicht jeder Streit ist sofort ein Konflikt. 26 22 Family Influenced Idealisten sichern Businesses Traditionsunternehmen Oft kommt der Nachfolger nicht 32 aus der eigenen Familie. Smart Farming: Hightech trifft auf Landwirtschaft 28 Vertikal statt 38 Plastic Oceans – horizontal – der Garten Einfluss nehmen als von morgen Impact Investor Heute strebt ökologische Nachhaltigkeit in die Höhe. 44 China auf der Überholspur 34 Die Vision vom 46 plastikfreien Meer Zahlen & Fakten Die Umweltverschmutzung fördert die menschliche Kreativität. 48 Lifestyle 40 Die Zukunft der Mobilität 51 Mensch und Maschine arbeiten zusammen. Mehr von Vontobel
Innovation 7 Zahlreiche Unternehmen setzen heute auf die «Weisheit der vielen». Anja Schulze, Professorin für Technologie und Innovationsmanagement an der Uni Zürich, weiss, wie man ein innovations- freundliches Klima schafft. Ein gerüttelt Mass an Chaos gehört dazu. —— Was ist für Sie eine Innovation? führt über Fehler, aus denen man lernen kann. Nur wer Eine Innovation ist etwas Neues. Dies ist auch im keine Angst vor Fehlern hat, kann erfolgreich innovieren. Wortstamm «nova» enthalten und kann ein Produkt oder Geschäftsmodell sein. Zuerst ist sie allerdings eine —— Das tönt ein bisschen nach Trial & Error Invention, eine Erfindung. Erst die Akzeptanz des Marktes Ja, das ist so. Man probiert etwas aus und verwirft es – macht die Invention zur Innovation. Ob ein Produkt neu manchmal auch nicht. Der Weg zu einem marktreifen ist, hängt von der Perspektive ab. In Ostdeutschland sind Produkt ist oft steinig. In vielen Unternehmen hat bereits im Moment Einstellboxen für Möbel populär. In den USA ein Umdenken stattgefunden. Sie wollen heute möglichst und andernorts kennt man das Geschäftsmodell schon schnell einen Prototyp haben, den sie dann testen und lange. Auch sind die meisten Innovationen kleinere weiter verbessern können. Das nennt sich «Minimum Neuerungen. Viable Product», zu Deutsch ein Produkt mit minimalen Anforderungen und Eigenschaften. Damit lässt sich Inno- —— Was braucht es, damit sich eine Innovation vation effizienter gestalten, als wenn man jahrelang an weltweit durchsetzt? einem Produkt arbeitet, das dann vielleicht doch noch Das sind meist radikale Innovationen. Einer der bekann- nicht ganz das Kundenbedürfnis trifft, wenn es auf den testen so genannten Gamechanger war das Smartphone. Markt kommt. Dieses Vorgehen bedingt natürlich ein Es hat die Art, wie wir heute kommunizieren, radikal ver- neues Verhältnis zum Perfektionismus, wie es Schweizer ändert. Oder denken Sie an den Taxiservice Uber oder Firmen eigen ist. an AirBnB. Diese digitalen Geschäftsmodelle sind im Moment daran, sich global durchzusetzen. Ein bekanntes Beispiel, das schon etwas länger her ist, ist die Firma Dell. Diese hatte keine Geschäfte und Lager, sondern «Im kreativen Chaos begann vom Kunden selbst konfigurierte PCs nach Hause gedeihen Ideen zu liefern, was bis dahin im Markt nicht bekannt war. oft besonders gut.» —— Wie manage ich in einem Unternehmen Innovationen? Wichtig ist es zu wissen, wo man als Unternehmen —— Crowdsourcing, die Weisheit der vielen, strategisch hin will. Dann empfiehlt es sich, eine ist bei Unternehmen beliebt. Zu Recht? Umgebung zu schaffen, die Innovationen zulässt. Ja, durchaus. Das Befragen der Masse hat eine lange Geschichte. 1869 rief Napoleon III. einen Wettbewerb —— Wie muss ich mir das vorstellen? aus, um einen billigen, haltbaren und einfach zu pro- Im kreativen Chaos gedeihen Ideen oft besonders gut. duzierenden Butterersatz zu entwickeln. Mit Erfolg. Das Dies muss man zulassen können. Das ist nicht immer Resultat war eine Vorläuferin der Margarine, wie wir sie einfach in den Strukturen eines Unternehmens. Es ist gut, heute kennen. Damals war die Bekanntmachung des wenn Dinge nicht immer so ablaufen, wie man es sich Wettbewerbs viel schwieriger als heute, wo wir über ursprünglich vorgestellt hat. Wenn man Neues auspro- Kommunikationsmittel verfügen, die wenig kosten und biert, entstehen auch Ideen, die man irgendwann verwirft. mit denen wir Menschen auf der ganzen Welt erreichen. In der Schweiz und in Deutschland wird dies oft als Sogar die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA Misserfolg empfunden – im Gegensatz zu den USA, wo nutzt heute Crowdsourcing. Das kann von grossem eine ganz andere Kultur herrscht. Der Weg zum Erfolg Wert sein für die Menschheit.
8 Innovation —— Wie wahrscheinlich ist es, dass die Masse eine —— Befragt man Tausende Menschen, bekommt Innovation hervorbringt? man Tausende Antworten. Wie geht man mit Beim Crowdsourcing können Tausende Hinweise und dieser Vielzahl um? Überlegungen nicht zu einer Innovation führen. Ein Ein Grossteil der Vorschläge ist wenig innovativ. Das ist Hinweis kann jedoch das Potenzial zu einer bahnbrechen- die Kehrseite des Crowdsourcings. Der Prozess, die Ideen den Innovation haben. Diesen muss man erkennen. zu analysieren und zu bewerten – mit dem Ziel, die wirk- lich innovativen zu identifizieren – wird zum Flaschenhals. —— Ist das Innovieren im Zeitalter der Digitalisierung Deshalb ist es sinnvoll, sich genau zu überlegen, wie einfacher geworden? man die Bewertung und Auswahl vornehmen will. Ja und nein. Technologien eröffnen ganz neue Möglich- keiten, gleichzeitig ist die Konkurrenz heute global. —— Kann sich die Crowd auch irren? Auf der offenen Innovationsplattform «Quirky» kann man Ja, das ist so. Die Crowd, darunter sind ja ganz viele gegen eine kleine Gebühr seine Ideen präsentieren Laien, kann sich zum Beispiel von den zeitlich letzten und von der Community bewerten lassen. Findet die Informationen, die sie erhalten hat, überproportional Innovation Anklang, übernimmt die Firma «Quirky» die leiten lassen. Man nennt dies den «Recency-Effekt». erfolgreiche Umsetzung, beansprucht aber 70 Prozent Ein anderes Phänomen ist die Voreingenommenheit. des Verkaufserlöses. Auf der anderen Seite ist es für Wegen der Massenmedien und Subventionen von innovative Kleinunternehmen heute sehr viel schwieriger, Regierungen sind viele Menschen überzeugt, dass sich auf dem Markt zu bestehen. Der Grund dafür ist der der Batterieantrieb bei den Autos durchsetzen wird. permanente Innovationsdruck bei gleichzeitig immer kür- Dabei könnten zum Beispiel synthetische Kraftstoffe zeren Technologie- und Produktzyklen. technisch bessere Chancen haben, sich durchzusetzen. Ausgeblendet wird hier oft, dass ein Land, nämlich —— Ziehen deshalb immer mehr Unternehmen die China, über ein Monopol auf Seltene Erden verfügt. Masse, die Crowd, in den Innovationsprozess mit ein? Diese sind ein wichtiger Rohstoff für Batterien. Ja, unter anderem. Die Befragung der Crowd ist eine gute Idee, wenn man alte Pfade verlassen und radikal —— Lässt sich das Funktionsprinzip der neue Ideen entwickeln will. Das geht intern oft nicht Innovation entschlüsseln? so gut, weil die Mitarbeiter in engen Denkschemata Diversität ist eine Voraussetzung. Wenn alle gleich verhaftet sind, die vielleicht seit zwanzig Jahren existie- denken, ist Innovation unmöglich. Wenn man sich aber ren. Oft trauen sich Mitarbeiter nicht, etwas völlig im Wettbewerb der Ideen geistig aneinander reibt, Neues zu denken. Auch ist man oft von Beginn an entstehen neue Dinge. Allerdings lassen sich Innovation darauf fokussiert, dass eine Idee umsetzbar ist und und Kreativität zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht funktionieren kann. Entwicklung kostet schliesslich Geld. verordnen oder befehlen. Zündende Ideen oder Gedan- Da will man haushälterisch damit umgehen. Gerade kenblitze überkommen Mitarbeiter nicht unbedingt dies verunmöglicht aber, radikal neue Wege zu gehen. am Schreibtisch, sondern auch beim Zähneputzen oder in der Freizeit. Ob eine Invention zur Innovation wird, bestimmt letztendlich der Markt. Deshalb ist es für Unter- nehmen wichtig, genau hinzuhören, was potenzielle «Auch die Crowd, darunter Kunden benötigen oder wie diese auf technische Neue- rungen reagieren. sind ja ganz viele Laien, —— Alle reden von künstlicher Intelligenz. kann sich irren.» Lässt sich die Innovation automatisieren? In der Pharmazie wird seit vielen Jahren mit dem so genannten High Throughout Screening gearbeitet. Dabei —— Wenn man seine Pläne offenlegt, besteht die werden grosse Mengen an Substanzen auf ihre Wirk- Gefahr, dass Ideen kopiert werden. samkeit getestet, wobei man sich vor allem des Prinzips Das stimmt. Mitbewerber können möglicherweise der Kombinatorik bedient. Persönlich bin ich jedoch der Rückschlüsse daraus ziehen, woran man gerade arbeitet. Meinung, dass es, zumindest heute noch, den Human Aber man kann als Unternehmen die Zahl der Menschen, Factor braucht, um wirklich Neues zu erschaffen. Ob Unternehmen, Entwickler, Lieferanten und Organisatio- künstliche Intelligenz die menschliche Intuition replizieren nen, die man in einen Innovationsprozess einbindet, kann, wird sich weisen. begrenzen. Zum Beispiel, indem man etwas im Intranet zur Disposition stellt. Grosse Unternehmen machen das oft so. Das Innovationsmanagement erfordert auch intern eine feine Klinge: Fasst die bewährte Entwick- lungsabteilung im Unternehmen Open Innovation als Vertrauensentzug auf?
9 «Wer keine Angst vor Fehlern hat, kann erfolgreich innovieren.» Prof. Dr. Anja Schulze Professorin für Technologie und Innovations- management am Institut für Betriebswirtschafts- lehre der Universität Zürich. In ihrer Forschung untersucht Prof. Dr. Anja Schulze die Innovations- fähigkeit von Unternehmen, insbesondere wie Wissen kreiert und weitergegeben wird und wie die Organisation dieser Wissensprozesse den Erfolg beeinflusst. Sie ist zudem seit 2005 Direktorin des Swiss Center for Automotive Research (swiss CAR). Vor ihrer Anstellung an der Universität Zürich war Anja Schulze an der ETH Zürich als Senior Researcher und Dozentin beim Department of Management, Technology and Economics tätig.
10 Prinzip Zufall Zufall macht erfinderisch Penizillin, Mikrowellenherde und Klettverschluss: Nach zahlreichen Produkten, die wir heute kennen, wurde gar nicht gesucht. Dass sie trotzdem entdeckt und erfunden wurden, ist jedoch kein reiner Zufall. Der französische Chemiker und Mikrobiologe Louis soziologe Robert Merton, der das Prinzip des Zufalls- Pasteur, der das Verfahren zur Haltbarmachung von fundes erstmals benannte. Er bediente sich für die Lebensmitteln entdeckte, vertraute zeitlebens auf seine Namensgebung bei einem alten orientalischen Märchen, Intuition. Von ihm stammt die Aussage: «Der Zufall trifft in dem drei Prinzen mit offenen Augen durch die Welt nur einen vorbereiteten Geist.» Er meinte damit die gehen und immer wieder zufällige Entdeckungen ganze Bildung, die wir in unserem Leben durchlaufen. machen. Ohne sie haben wir gemäss Pasteur keine Geistesblitze. Innovation wird aber auch schwierig, wenn wir nicht Zufall ist eine Wissenschaft mit dem Prinzip von Versuch und Irrtum umgehen können In der Wissenschaft kommt Serendipität immer wieder und nicht aus Fehlern lernen. Wem dies nicht gegeben ins Spiel. Ohne sie gäbe es heute weder Teflonpfannen, ist, dem hilft das ganze Gespür nicht weiter. Post-it-Zettel, Röntgenstrahlen oder LSD. Was braucht es, damit Serendipität eintreten kann? Für Merton Erfolgreiche Forschung ist selten gradlinig braucht es dazu die Offenheit, den Weg als Ziel zu Tatsache ist: Die Geschichte erfolgreicher Forschung begreifen. Diese Haltung stellt gerade in komplexen ist selten gradlinig. Eines der bekanntesten Beispiele von Forschungsumgebungen einen Erfolgsfaktor dar. zufälligen Entdeckungen ist das Penizillin. Vor neunzig Man kann das Vorgehen mit einer Onlinesuche verglei- Jahren legte der schottische Bakteriologe Alexander chen: Ein Forscher hat ein Ziel vor Augen und gibt Fleming vor den Sommerferien eine Bakterienkultur von einen konkreten Suchbegriff ein. Er schränkt sich bei der Eitererregern an. Bei seiner Rückkehr war die Kultur Auswertung der vielfältigen Ergebnisse aber nicht ein. von Schimmelpilz überwuchert. Als Fleming die Ver- Plötzlich findet der Suchende etwas Unerwartetes, suchsanordnung wegwerfen wollte, bemerkte er in letzter aber Nützliches. Ist dieses Ergebnis nun ein Geistesblitz, Sekunde etwas Erstaunliches. In der Umgebung des war es Intuition oder eben doch der vorbereitete Geist Schimmelpilzes Penicillium notatum wuchsen keine Pasteurs? Bakterien mehr. Offenbar hatte der Schimmelpilz eine Substanz abgesondert, die den Bakterien zusetzte. Am Ende spielt es keine Rolle. Fleming erkannte die Er gab ihr den Namen Penizillin und ging der Sache bakterienfreie Zone und zog die richtigen Schlüsse weiter nach. Die weitere Entwicklung seiner Forschung daraus. Danach brauchte es noch Fleiss, Schweiss und ist Legende. intensive Entwicklungsarbeit, bis es so weit war, dass das heilsbringende Medikament, dem Abermillionen Die zufällige Beobachtung von Fleming, die dieser Menschen ihre Gesundheit und ihr Leben verdanken, gar nicht gesucht hatte und die sich als überraschende auf den Markt kommen konnte. 1945 erhielten Fleming, Entdeckung entpuppte, hat in der Wissenschaft einen Ernst B. Chain und Howard W. Florey für ihre Verdienste Namen: Serendipität. Mit anderen Worten: Finden statt bei der Entdeckung des Penizillins gemeinsam den Suchen. Es war der amerikanische Wissenschafts- Nobelpreis für Medizin.
11 «Serendipität: Finden statt Suchen.»
Vontobel Insight Digitales Erlebnis für den Kunden Mobil, selbstständig, individuell – mit diesen drei Attributen lässt sich der Mehrwert der neuen Vermögensverwaltungs- App von Vontobel beschreiben. Mit dieser digitalen Lösung erweitert Vontobel seine Services für Wealth-Management- Kunden. Dafür geht sie intern neue Wege. Betritt man die Büros des Digital-Hub-Teams von Damit übernimmt jeder im Team Verantwortung für die Vontobel, wähnt man sich eher bei einem Fintech als bei Gesamtlösung, und wir verhindern einen Informations- einer Privatbank. Im funktional gehaltenen Grossraum- und Zeitverlust zwischen den Aufgaben- und Verant- büro reihen sich die Schreibtische und Bildschirme wortungsbereichen. «Im Online-Bereich sind neben aneinander, in den Besprechungsräumen sind die Wände einer Idee kurze Entwicklungszyklen entscheidend», mit Notizen vollgeschrieben, man kann sich auf dem fährt Pren Pervorfi, Digital Banking Projects, Vontobel Sofa besprechen und beim Tischfussball zwischen Operations, fort. Dafür ist die neue Teamstruktur Meetings den Kopf durchlüften. Man spürt den Start-up- bestens geeignet, da sie kurze Kommunikations- und Groove des Innovation Labs im Zürcher Vorort Wollis- Entscheidungswege erlaubt. hofen. Dass es hier anders zu und her geht als in anderen Bereichen bei Vontobel zeigt auch die Tatsache, dass Neben der organisatorischen Umgestaltung spielt die Kleiderordnung für eine Bank ungewohnt locker ist. noch eine zweite Veränderung eine wichtige Rolle bei der digitalen Strategie. In der Vergangenheit wurde haupt- Den richtigen Rahmen schaffen sächlich in Innovationen für die im Hintergrund arbeiten- Innovation steht in der Soziologie für Neuerungen in den IT-Plattformen investiert. Bei den aktuellen Inno- einem sozialen System durch Anwendung neuer Ideen vationen rücken hingegen die Kundenbedürfnisse in den und Techniken. Diese Sichtweise hat sich Vontobel zu Vordergrund. «Für den Kunden soll es ein Erlebnis sein, Herzen genommen und setzt bei der Entwicklung der wenn er durch die App navigiert. Darum sind die sichtba- neusten Kunden-App auf ein interdisziplinäres Team. Das ren Informationen und Dienstleistungen individuell auf ist an und für sich noch keine Neuerung. Doch statt sich ihn abgestimmt», sagt Christian Hauser. Der veränderte nur für Besprechungen zu treffen, sitzen Kundenberater, Investitionsfokus sorgt dafür, dass IT nicht länger als IT-Mitarbeitende, Produktentwickler und Marketing- zu optimierender Kostenfaktor, sondern als gewichtiger verantwortliche alle zusammen in einem Raum. «Diese Erfolgsfaktor gesehen wird. Entsprechend wird das organisatorische Änderung ist neu für das Unternehmen Digital-Hub-Team weiter ausgebaut und zu einem und bedingt ein Umdenken», erklärt Christian Hauser, Wachstumstreiber der Bank. Head Business Engineering & Digitalization bei Vontobel Wealth Management. Denn statt räumlich isoliert an seinem jeweiligen Spezialgebiet zu arbeiten, vermischen «Wir sehen unsere sich die Disziplinen. digitale Plattform als Service-Bereicherung.»
Vontobel Insight «Für den Kunden soll es ein Erlebnis sein, wenn er durch die App navigiert. Darum sind die sichtbaren Informationen und Dienst- leistungen individuell auf ihn abgestimmt.» Alles wird anders!? auf einer Informationsplattform zusammen», sagt Wer bei Digitalisierung an Selbstbedienung und anonyme Pren Pervorfi. So haben Kunden in der App Zugriff auf Online-Tools denkt, liegt falsch, denn als Kunde hat man individualisierte Experteninformationen und können bei dieser digitalen Anwendung die Wahl. «Wir sehen thematische Investitionsschwerpunkte setzen. Mit weni- unsere neueste digitale Applikation und generell unsere gen Klicks ist das Thema «bestellt» und wird umgesetzt, digitale Plattform als Service-Bereicherung», sagt ohne dass der Kunde sich um die investmenttheoreti- Christian Hauser. Und betont: «Die persönliche Beratung schen Details kümmern muss. Alle relevanten Folge- wird nicht abgeschafft. Die Applikation ist eine ergän- informationen werden in der sicheren App angezeigt. zende Option für die selbstständige Vermögensver- Maximale Transparenz ist gewährleistet und die Tätig- waltung.» Somit steht es Kunden offen, selbst zu wählen, keiten der Applikation und der Vermögensverwalter ob und wie viel persönliche Beratung sie wünschen. werden dem Kunden erklärt. Mit der Mobile App reagiert Vontobel auf unterschied- Alles in allem keine einfache Aufgabe für das Digital- liche Bedürfnisse. Einerseits trägt sie dem Kunden Hub-Team. Denn es will nicht eine nüchterne, funktionale Rechnung, der egal wo er sich gerade befindet, mit Online-Lösung schaffen. Die Nutzer sollen die Anwen- mobilen Geräten Zugriff auf Vermögensinformationen dung jeweils mit positiven Gefühlen verlassen. Wichtig ist haben möchte. Gleichzeitig kann dieser jederzeit Vontobel daher, dass die Kunden sich in den kontinuier- Investitionschancen wahrnehmen. Andererseits ermög- lichen Entwicklungsprozess einbringen. «In den zur licht es die Lösung Vermögenden, die bisher nicht Verfügung stehenden Funktionen der App muss alles vom Know-how von Vontobel profitieren konnten, Kunde selbsterklärend sein», sagt Ida Volk-Heinrichs, Kunden- bei der Privatbank zu werden. beraterin im Wealth Management. «Daher schätzen wir es sehr, wenn Kunden uns mitteilen, welche Optimie- Dabei ist es Vontobel wichtig, nicht einfach eine stan- rungen sie sich wünschen. Da wir alle im gleichen dardisierte Lösung zu schaffen, die alle Kunden über Raum sind, können wir Kundenberater uns nur umdrehen einen Kamm schert. «One size fits all – eine Grösse und die Umsetzungsmöglichkeiten mit den Produktex- passt allen», wie es im Fachjargon heisst, ist nicht unser perten diskutieren», kommt sie auf die Vorteile der neuen Credo. «Natürlich arbeiten wir mit Standardisierung. Teamstruktur zurück. Zum Beispiel fassen wir zukünftig alle relevanten Daten
Vontobel Insight Fortsetzung der digitalen Strategie Die Vontobel-App Dreht es sich in der Soziologie um soziale Systeme, so steht der Begriff Innovation in der Wirtschaft für die im Überblick Realisierung fortschrittlicher Lösungen. Dass Vontobel nicht erst kürzlich auf den Digitalisierungszug aufge- sprungen ist, zeigt ihre Erfolgsgeschichte im Bereich Digitale Vermögensverwaltung zum Mitmachen Financial Products. Vontobel ist die erste Bank, die das — Massschneidern und den elektronischen Handel von Strukturierten Produkten auf einer Multi-Issuer-Plattform Unter systematischer Risikoüberwachung (deritrade) ermöglicht hat, und gilt dank ihrer Angebote mit spezifischen Anlagethemen persönliche im Investment Banking bereits seit Jahren als Vorreiter Akzente im Portfolio setzen für digitale Lösungen. Mit der neuen mobilen Lösung — und weiteren Projekten im Digital Hub schafft Vontobel eine kundenorientierte Online-Plattform für das Wealth Profitieren von kurzfristigen Investment- Management. Diese versorgt den einzelnen Kunden Chancen mit wenigen Klicks dank dem hohen Individualisierungsgrad mit für ihn rele- — vanten Informationen und ermöglicht es ihm, seine Ver- mögensverwaltung transparent und effizient zu gestalten Von Menschen für Menschen anstelle – je nach Bedürfnis gemeinsam mit seinem Kunden- standardisierter, passiv verwalteter Lösung berater oder selbstständig – unabhängig von Zeit und Ort. Die App soll bereits im vierten Quartal ersten Kunden zur Verfügung stehen. Dieses Produkt wird nicht weltweit und nicht durch alle Gesellschaften von Vontobel angeboten und kann zudem in bestimmten Ländern rechtlichen Einschränkungen unterworfen sein. Durch die Arbeitsmethoden, Teamzusammenstellung und Co-Lokation der Teammitglieder wird eine neuartige Entwicklungsgeschwindigkeit erreicht. Im Digital Hub herrscht ständige Bewegung. «Wir sind immer wieder überrascht, wie schnell die Dinge ablaufen», sagte Patrick Dürsteler, einer der Scrum Masters, die für Troubleshooting und die Beseitigung von Hindernissen zuständig sind und die Verantwortung tragen, dass alle am selben Strang ziehen. Dies wird erreicht, indem der Digital Hub ausserhalb der Abteilungsstrukturen arbeitet. Das interdisziplinäre Team hat alle benötigten Skills direkt am Tisch und kann so sehr eng zusammenarbeiten. Der Fokus ist auf das gegenwärtige Projekt gerichtet und der Austausch von Ideen wird somit gefördert. Der Vorteil dabei ist, dass alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten und ihre Prioritäten aufeinander abgestimmt sind. Die Ergebnisse eines Sprints werden immer wieder von tatsächlichen und möglichen zukünftigen Nutzern des Produkts geprüft und laufend verbessert. Damit wird sichergestellt, dass sich der Digital Hub nicht zu einem «Elfenbeinturm» entwickelt, sondern Produkte mit tatsächlichem Nutzen für Kunden geschaffen werden. Dies wird weiterhin unterstützt dadurch, dass Marketing und damit die Kommunikation zu unseren Kunden von Beginn an Teil des Projekts ist.
Welthandel 15 Handelskriege sind heute weniger wahrscheinlich Handelsstreitigkeiten sind so alt wie der Handel selbst. Mit Instrumenten wie Zöllen oder Quoten versuchen Staaten, Druck auf Handelspartner auszuüben. Zu einem echten Handelskrieg kommt es aber nur selten, wie ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt. Napoleon Bonaparte hat es auch getan: Im Oktober 1806 Ganz aktuell erleben wir wieder einen Handelsstreit. ordnete der Kaiser der Franzosen ein Handelsembargo Die Administration Trump erhöhte die Importzölle auf gegen England an. Damit sollte die Seemacht, die ihm bei zahlreiche chinesische Produkte sowie auf Aluminium Trafalgar eine bittere Niederlage beschert hatte, endlich und Stahl aus der ganzen Welt und droht mit weiteren in die Knie gezwungen werden. Die sogenannte Konti- Massnahmen. «Dieser nationalistisch gefärbte Protek- nentalsperre, der sich zum Teil unter militärischer Gewalt tionismus zeigt eine neue Dimension der Globalisierungs- fast alle Staaten auf dem europäischen Kontinent an- kritik auf», sagt Manfred Elsig, Professor für Internationale schlossen, bestand bis 1813. Sie hatte allerdings nicht Beziehungen am World Trade Institute der Universität den gewünschten Effekt: Nur einzelne Branchen profitier- Bern. Die Ursachen liegen im raschen Strukturwandel im ten, und Grossbritannien fand vor allem in Nordamerika Industriebereich. «Inadäquate soziale Sicherungssysteme neue Absatzmärkte. Die norddeutschen Hafenstädte führten gerade in den USA zu grosser Unruhe in der litten unter dem starken Rückgang der Schifffahrt, der Mittelschicht, mit politischen Folgen. Und auch in der EU Schmuggel blühte auf, und in Industriezweigen, die von wächst die Kritik neuer populistischer Bewegungen.» England und seinen Kolonien abhängig waren, wuchs die Unzufriedenheit. Am Ende kam es gar zu sozialen 1930er-Jahre: Zollerhöhungen verlängern Unruhen. die Weltwirtschaftskrise Doch blicken wir nochmals zurück in die Zeit vor dem Der Protektionismus nimmt wieder zu GATT, als es noch gar kein internationales Handelsrecht Seit damals hat sich die internationale Handelstätigkeit gab. Ein bedeutender Handelsstreit begann 1930 in vervielfacht. Es ist heute selbstverständlich, Bananen den USA mit dem Smoot-Hawley Tariff Act. Damit er- aus Ecuador, Autos aus den USA und Smartphones aus höhte der Kongress die Importzölle auf über 20’000 land- Südkorea zu kaufen. Mit dem Allgemeinen Zoll- und wirtschaftlichen und industriellen Gütern – mit negativen Handelsabkommen GATT (1947) und der Welthandels- Folgen für alle Seiten. Die Retorsionsmassnahmen vor organisation WTO (1995) wurden zudem wichtige Vor- allem seitens Kanada, Grossbritannien, Frankreich und aussetzungen für einen konfliktärmeren Handel geschaf- Deutschland liessen nicht lange auf sich warten, und im fen. Aber auch heute ergreifen Staaten immer wieder Folgejahr fielen die Exporte der USA um 61 Prozent und protektionistische oder diskriminierende Massnahmen. die Importe um 66 Prozent. Vermutlich verlängerte der Bekannte Instrumente sind Zölle und Quoten. Noch häufi- Handelskonflikt gar die Weltwirtschaftskrise. Das Gesetz ger werden nicht tarifäre Massnahmen eingesetzt, so hatte politische Folgen, die bis heute spürbar sind: Die zum Beispiel diskriminierende Standards oder Zulas- Autorität für Handelspolitik wurde in den USA danach sungsverfahren für Produkte. Das radikalste Mittel sind sukzessive vom Kongress an den Präsidenten übertra- Embargos, die meistens politisch motiviert sind, zum gen. «Man nahm an, die Exekutive sei weniger protektio- Beispiel als Repressalie gegen völkerrechtliche Verstösse. nistisch», so Elsig. «Eine Annahme, die zurzeit nicht gilt.»
16 «Nicht jeder Streit wird ein Krieg: Für einen Handelskrieg braucht es mehrere Eskalations- Beim Fall Smoot-Hawley kann laut Elsig von einem eigent- lichen Handelskrieg gesprochen werden: «Es gab meh- stufen, gleich starke rere Eskalationsstufen, die Akteure waren etwa gleich stark, die Massnahmen flächendeckend und alle Seiten Parteien und flächen- waren negativ betroffen», so Elsig. Die jüngeren Beispiele seien hingegen eher als Handelsstreitigkeiten zu bezeich- deckende Massnahmen.» nen. «Handelskriege sind heute weniger wahrscheinlich, da die Weltwirtschaft hoch integriert ist und regionale oder internationale Wertschöpfungsketten dominieren.» Prof. Manfred Elsig 1947: Eine internationale Verhandlungs- plattform entsteht Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich der institutionelle Rahmen stark verändert. Im Oktober 1947 wurde das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT abge- schlossen. Unter den 23 Gründungsmitgliedern waren grosse Handelsnationen wie die USA, China, Indien und Grossbritannien, und bis 1994 wurden in acht Verhand- lungsrunden Zölle und andere Handelshemmnisse nach und nach abgebaut. Eine wichtige Voraussetzung für einen freieren und faireren Handel: «Eine Zollerhöhung bringt funktionierende Entwicklungs- und Produktions- modelle aus dem Gleichgewicht und kann zu zahlreichen, auch ungewollten Nebeneffekten führen», so Elsig. Die Preise steigen, importabhängige Firmen sind weniger konkurrenzfähig und unter Umständen werden ganze Handelsflüsse umgeleitet.
Welthandel 17 Ein eigentlicher Handelskrieg blieb seit der Schaffung Streitbeilegungsverfahren. So hat ein Staat das Recht, des GATT aus. Auch beim «Hühnerkrieg» Anfang der sich gegen unilaterale Massnahmen wie Schutzzölle 1960er-Jahre blieb es beim Streit. Was war passiert? oder andere diskriminierende Handelspraktiken zur Wehr In den USA setzte sich die industrielle Landwirtschaft zu setzen, indem er bei der WTO Klage einreicht. Falls durch, und grosse Mengen günstiges gefrorenes Poulet die Klage erfolgreich ist und der unterlegene Staat seine wurden nach Europa exportiert. Die Europäische Wirt- Massnahmen nicht zurücknimmt, kann der Kläger Retor- schaftsgemeinschaft verdoppelte die Zölle, und die USA sionsmassnahmen ergreifen. «Dies hat bisher ganz führten als Retorsionsmassnahme unter anderem einen gut funktioniert bezüglich der Deeskalation», so Elsig. Strafzoll von 25 Prozent auf Lastwagen ein. «Der soge- Doch der aktuelle Fall hat seine Tücken: Die USA nutzen nannte Krieg endete hier, aber ironischerweise ist der einen alten Passus, wonach ein Staat zum Schutz der 25-Prozent-Zoll bis heute in Kraft», so Elsig. In den nationalen Sicherheit Zölle erheben darf, ohne die Han- 1980er-Jahren kam es zu einem weiteren grösseren delspartner zu entschädigen. Was nationale Sicherheit Handelsstreit, der aber ebenfalls nicht eskalierte. Die genau bedeutet, ist jedoch nirgends definiert. «Dies stellt Administration Reagan ergriff als Reaktion auf ein die WTO zurzeit vor ihre grösste Herausforderung seit zunehmendes Handelsbilanzdefizit unilaterale Handels- der Gründung», so Elsig. «Die Streitigkeiten zeigen ein- massnahmen. Die sogenannten «freiwilligen Export- deutig auf: Es braucht neue Regeln für den Welthandel.» restriktionen» betrafen über 20 Prozent der US-Importe, darunter Autos und Unterhaltungselektronik. «Von ‹frei- Die Folgen des aktuellen Handelsstreits wird man erst willig› konnte jedoch keine Rede sein: Die Leidtragenden im Nachhinein beurteilen können. China zeigt sich bisher – vor allem Japan und Westeuropa – mussten sich an unerschütterlich und hat Gegenmassnahmen ergriffen. Quoten halten», so Elsig. Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU von Ende Juli führten hingegen zu einer vorübergehenden Streitschlichterin WTO steht vor Herausforderungen Beruhigung. Es besteht Hoffnung, dass der grosse Solche «freiwilligen Exportrestriktionen» sind nach Handelskrieg auch diesmal ausbleiben wird. heutigem internationalem Handelsrecht nicht mehr legal. Seit 1995 besteht mit der WTO ein institutioneller Rahmen mit international geltenden Regeln und einem «Es braucht neue Regeln für den Welthandel.» Prof. Manfred Elsig
Vontobel Insight Warum sind Dividenden- investitionen attraktiv? — Dan Scott Stellvertretender Chief Investment Officer, Wealth Management In der Vergangenheit haben sich Dividendeninvestitionen In Zeiten volatiler Märkte zahlt sich als zuverlässige Strategie zur Vermehrung von Vermögen eine defensive Positionierung aus bewährt. Seit 1960 lassen sich 82 Prozent der Gesamt- rendite des Standard & Poor’s 500 Index auf reinvestierte In den vergangenen Monaten unterlagen die globalen Dividenden und den Effekt der Aufzinsung zurückführen. Aktienmärkte wieder stärkeren Schwankungen. Eska- Es wurde beobachtet, dass Aktien, die regelmässige lierende geopolitische Rhetorik und Handelskriege Dividendenerhöhungen vorweisen können, oft höhere dürften die Marktvolatilität weiter anheizen, da Unsicher- Renditen bei vergleichsweise niedrigerem Risiko erzielen heit angesichts des Umfangs der Zölle und der Richtung als Unternehmen, die keine Dividenden zahlen. der globalen Geopolitik besteht. An den Aktienmärkten haben die Drohungen rund um Vergeltungszölle zwischen den USA und China (den beiden grössten Wirtschafts- nationen der Welt) Ängste vor einer globalen Rezession Der Kraft der Aufzinsung geschürt, die die gesamte Marktstimmung dämpfen. Kumulierte Rendite 8’000 Angesichts dieser gedämpften Aussichten sollten sich 7’000 globale Anleger unserer Meinung nach defensiv positio- 6’000 nieren. Vor diesem Hintergrund sind Dividendeninvesti- 5’000 tionen ein gutes Beispiel dafür, wie ein Teil der Kursge- 4’000 winne an den Aktienmärkten abgeschöpft werden kann, 3’000 ohne sich der gesamten Volatilität auszusetzen. Dividen- 2’000 den ausschüttende Unternehmen sind weniger volatil – 1’000 was von ihrer einheitlichen operativen Performance und 0 ihrer Ertragsqualität zeugt. In der letzten Rezession 71 75 79 83 87 91 95 99 03 07 11 15 (2008–2009) lag die Volatilität von Unternehmen ohne Dividendenausschüttung beispielsweise bei 34.2 Prozent S&P 500 Total Return (Reinvestierte Dividenden) S&P 500 Price Only (Keine Dividenden) gegenüber 20.8 Prozent bei Dividenden ausschüttenden Unternehmen. In der vorangegangenen Wachstumsphase Quelle: Factset, Vontobel zwischen 2004 und 2007 verzeichneten Unternehmen ohne Dividendenausschüttung eine Volatilität von 11.9 Prozent gegenüber 8.6 Prozent bei Dividenden ausschüttenden Unternehmen.
Vontobel Insight Volatilität von Dividenden ausschüttenden Durchschnittlicher Cashflow aus laufender Unternehmen gegenüber Unternehmen Geschäftstätigkeit / Nettogewinn ohne Dividendenausschüttung 3.5 Prozent 3.0 40 34.2 2.5 2.2 × 30 2.0 19.0 19.8 20.8 1.6 × 20 12.5 12.7 12.2 11.9 1.5 9.2 8.6 10 1.0 0 0.5 Letzte Letzte Letzte 2004–2007 2008–2009 0 20 Jahre 10 Jahre 5 Jahre (Aufschwung) (Rezession) Dividenden ausschüttende Unternehmen S&P 500 Dividenden ausschüttende Unternehmen S&P 500 Hinweis: Zu den Dividenden ausschüttenden Unternehmen zählen Unternehmen, die die Dividenden in den vorangegangenen zehn Jahren fortlaufend erhöht und gleichzeitig eine positive künftige Durchschnittliche Nettoverschuldung/ EBITDA EPS-Wachstumsrate sowie eine Eigenkapitalrendite von über zehn 3.4 × 3.5 Prozent aufgewiesen haben. 3.0 2.6 × Quelle: Factset, Vontobel 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 Hochwertigere Erträge untermauern die defensive 0 Positionierungsstrategie zusätzlich Dividenden ausschüttende Unternehmen S&P 500 Zudem stellten wir fest, dass die Ergebnisse von Dividen- den ausschüttenden Unternehmen tendenziell vorher- sehbarer und ihre Bilanzen solider sind als die von Unter- nehmen, die dies nicht tun. Unternehmen, die ihre Durchschnittliche Eigenkapitalrendite Dividendenausschüttung seit vielen Jahren regelmässig Prozent erhöhen, verzeichnen gesunde Cashflows, da die Divi- 28.9 % 30 denden aus tatsächlichen Erträgen gezahlt werden und 25 nicht durch kreative Buchführung manipuliert werden 20.4 % 20 können. Zum Beispiel wiesen jene Unternehmen (des 15 Standard & Poor’s 500 Index), die ihre Dividenden in 10 den vorangegangenen zehn Jahren fortlaufend erhöht 5 hatten, gemeinsame Merkmale wie eine hohe soge- 0 nannte «Cash Conversion Ratio», ein niedriges Verhältnis Dividenden ausschüttende Unternehmen zwischen Nettoverschuldung und EBITDA sowie S&P 500 höhere Eigenkapitalrenditen im Vergleich zu ihren Konkurrenten auf. Hinweis: Dividenden ausschüttende Unternehmen sind jene Unternehmen des S&P 500 Index, die die Dividenden in den vorangegangenen zehn Jahren fortlaufend erhöht hatten. Quellen: Thomson Eikon
Vontobel Insight Die Strategie der Dividendeninvestition grenzt ... und erholt sich in der Zeit nach einer Krise das Drawdown-Risiko ein ... In unseren Augen ist das Argument unberechtigt, dass Dividenden ausschüttende Unternehmen mit starken Dividendenstrategien in einem Umfeld steigender Aktien- Fundamentaldaten schützen Anleger vor der Volatilität kurse schlechter abschneiden. Selbst in der Erholungs- der Märkte und tragen dazu bei, Aktienkurseinbrüche phase nach der Krise beobachteten wir, dass die Aktien, an unruhigen Märkten aufzuhalten. Dividendeninves- auf die Dividenden ausgeschüttet werden, im Allgemei- titionen bieten Anlegern Schutz vor Kursverlusten und nen beträchtliche Renditen erzielten. Nach der globalen grenzen das sogenannte Drawdown-Risiko ein. Finanzkrise erzielten Dividenden ausschüttende Unter- Während der globalen Finanzkrise fielen die Verluste nehmen etwas bessere Ergebnisse als der Vergleichs- bei Dividenden ausschüttenden Unternehmen geringer index, und nach der Dotcom-Blase lagen sie nur leicht aus als die des Vergleichsindexes, und während der hinter dem Durchschnitt zurück. Dotcom-Blase liessen sich mit Dividendeninvestitionen sogar positive Renditen erzielen. Kumulierte Rendite während der Erholung nach Kumulierte Rendite während der Dotcom-Blase der Dotcom-Blase Kumulierte Rendite während der Dotcom-Blase indexiert indexiert indexiert 200 130 200 150 120 150 100 110 100 50 100 50 0 90 0 03.2000 09.2000 03.2001 09.2001 03.2002 09.2002 03.03.2003 03.07.2003 03.11.2003 03.2000 09.2000 03.2001 09.2001 03.2002 09.2002 S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Composite S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Composite S&P 500 Composite Kumulierte Rendite während der globalen Finanzkrise Kumulierte Rendite während der Erholung nach Kumulierte Rendite während der globalen Finanzkrise indexiert der globalen Finanzkrise indexiert 110 indexiert 110 90 150 90 70 130 70 50 110 50 30 90 30 09.2008 10.2008 12.2008 01.2009 02.2009 70 09.2008 10.2008 12.2008 01.2009 02.2009 01.07.2009 01.11.2009 01.03.2010 01.07.2010 S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Composite S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Composite S&P 500 Composite Quellen: Thomson Reuters, Vontobel Quellen: Thomson Reuters, Vontobel Quellen: Thomson Reuters, Vontobel
Vontobel Insight Steigende Zinssätze belasten Aktien mit Dividendenausschüttung nicht Unter Anlegern herrscht allgemein die Ansicht, steigende Zinssätze würden sich dämpfend auf Aktien auswirken, auf die Dividenden ausgeschüttet werden. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass sich Aktien, auf die Dividen- den ausgeschüttet werden, in den meisten Zinser- höhungszyklen positiv entwickelt haben – lediglich mit Ausnahme des Zeitraums vor der Dotcom-Blase. Diese Phase stellt in unseren Augen eine Anomalie dar, da in diesem Zeitraum neu gelistete Internetaktien ohne jegliche Erträge deutlich bessere Ergebnisse erzielten als die restlichen Märkte. US-Leitzins im Vergleich zur Index-Performance Prozent 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 indexiert 120 120 125 145 115 110 120 135 110 100 115 125 105 90 110 115 100 80 105 105 95 70 100 95 90 60 95 85 Feb 1994 Feb 1995 Juni 1999 Sep 2000 Juni 2004 Juni 2006 Nov 2015 Mai 2018 S&P 500 Dividend Aristocrats S&P 500 Quelle: Thomson Eikon
22 Familienunternehmen © Heinrich Dinkelacker Idealisten sichern Traditions- unternehmen
23 Die Schuhmanufaktur Heinrich Dinkelacker ist seit fast 140 Jahren ein Synonym für hochwertige Fussbekleidung. Als das familiengeführte Unternehmen keinen Erben in den eigenen Reihen mehr fand, übernahmen drei branchen- fremde Schuhliebhaber den Betrieb. Heinrich Dinkelacker gehört zu den weltweit exklusivsten Investitionen sichern Zukunft Herstellern rahmengenähter Schuhe. Das Unternehmen «Nachdem wir uns entschlossen hatten, das Unterneh- wurde 1879 im süddeutschen Baden-Württemberg vom men in die Zukunft zu begleiten, haben wir eine ganze Namensgeber gegründet. Sein Ziel war die Herstellung Weile gebraucht, um es für die Marktgegebenheiten eines edel anmutenden und langlebigen Qualitätsschuhs. richtig aufzustellen», erinnert sich Norbert Lehmann, Ein Vorsatz, dem sich das Haus bis zur Gegenwart ver- der zum geschäftsführenden Gesellschafter ernannt schrieben hat. wurde. Gemeinsam haben die drei neuen Eigentümer nach dem Erwerb einen siebenstelligen Betrag investiert, In den 1960er-Jahren verlegte Burkhard Dinkelacker, die Kollektionen ausgebaut und neue Märkte erschlos- der Enkel des Firmengründers, die aufwendige sen. Bewusst verzichteten sie dabei auf jegliche Auto- Handfertigung in das ungarische Budapest. Die Donau- matisierung, Prozessoptimierung oder Massenproduk- metropole symbolisierte damals die Welthauptstadt tion. Ein Entscheid, der schon bald von Erfolg gekrönt der Schuhmacherkunst und gilt bis heute als Heimat der sein sollte. So wurde die Schuhmanufaktur Heinrich besten Schuhmacher Europas. In den folgenden Jahren Dinkelacker im Jahr 2015 mit dem Preis als «Marke des avancierte Dinkelacker zum Inbegriff für «Budapester» – Jahrhunderts» ausgezeichnet. Eine Auszeichnung, eine rahmengenähte Fussbekleidung mit doppelter die an Hersteller verliehen wird, welche in ihrer Produkt- Versohlung, die mit ihrer bodenständigen Note Eleganz kategorie einzigartig sind. ausstrahlt. Auch jetzt noch freut sich Norbert Lehmann jeden Inzwischen ist die erlesene Fussbekleidung der Marke Tag darüber, dass er vor 15 Jahren allen Zweiflern zum Dinkelacker in insgesamt rund 150 Geschäften in Trotz seinem Herzen folgte. Denn für den ehemaligen Deutschland, der Schweiz, Österreich, Luxemburg und IBM-Manager sind Schuhe mehr als nur ein Kleidungs- Japan erhältlich. Dabei sah es kurz nach der Jahrtau- stück, sie sind seine Passion. Diese begann bereits in sendwende so aus, als müsse das Traditionshaus für jungen Jahren. Genau genommen unmittelbar nach dem immer schliessen. Doch als das bis dahin familiengeführte Studium. Damals hat ihm sein Vorgesetzter gute Buda- Unternehmen im Jahr 2004 keinen Erben in den eigenen pester Schuhe empfohlen, Schuhe von Dinkelacker. Reihen fand, entschlossen sich drei völlig branchen- Der Beginn einer Leidenschaft, die bis heute andauert. fremde Schuhliebhaber, das Geschäft zu übernehmen. Und die er nicht nur mit seinen Freunden Dr. Wendelin Bei ihnen handelte es sich um den ehemaligen IBM- Wiedeking und Anton Hunger teilt, sondern auch an Manager Norbert Lehmann sowie seine beiden langjähri- seinen Sohn Maximilian weitergegeben hat. Lehmann gen Freunde Dr. Wendelin Wiedeking, bis 2009 Vor- junior, der die Verantwortung für Marketing und Vertrieb standsvorsitzender der Porsche AG, und Anton Hunger, trägt, schwärmt: «Wer einmal einen Dinkelacker-Schuh früher Pressechef der Porsche AG. Sie alle trugen getragen hat, bleibt der Marke in der Regel treu. Die seit Jahren Fussbekleidung der Marke Dinkelacker und Qualität überzeugt.» wollten darauf auch in Zukunft nicht verzichten. Als sie erfuhren, dass der schwäbische Traditionsbetrieb zum Verkauf stand, zögerten sie daher nicht lange. Sie erwarben den Schuhproduzenten und sicherten damit den Fortbestand des Hauses.
24 Familienunternehmen Fusion mit Start-up Der Erfolg führte im Jahr 2012 zu dem Entscheid, das Im Dezember 2016, nach elf Jahren, in denen die drei Angebot von Shoepassion nicht mehr nur im Internet, neuen Eigentümer die Stellung der Schuhmarke Heinrich sondern neu auch in eigenen Ladengeschäften anzubie- Dinkelacker weiter ausbauten und erfolgreich ins ten. Inzwischen betreibt das Unternehmen insgesamt Ausland expandierten, suchten sie im sich stetig weiter- zehn Filialen – alle mit dem Ziel, den Kunden ein bleiben- entwickelnden Markt nach einem innovativen Partner des Schuherlebnis zu bereiten. Davon profitieren auch für ihr Unternehmen. Fündig wurden sie beim Berliner die Luxusschuhe von Heinrich Dinkelacker, die dank Start-up Shoepassion, mit dem sie im Dezember 2016 der Fusion beider Unternehmen neu in allen Shops von fusionierten. Es war ein weiterer Meilenstein in der Shoepassion erworben werden können und so eine Erfolgsgeschichte von Heinrich Dinkelacker und Start noch grössere Zielgruppe als bisher erreichen. Produziert einer aussichtsreichen Zusammenarbeit zwischen einer werden sie weiterhin in der Budapester Manufaktur, wo der ältesten und einer der jüngsten Schuhmarken täglich zwischen 30 und 40 Paar Schuhe entstehen. Deutschlands. Norbert Lehmann ist begeistert: «Ich Zu ihnen gehören Modelle, die sich bereits seit mehr als habe Shoepassion schon seit einigen Jahren beobachtet. 60 Jahren im Angebot von Dinkelacker befinden. Gleich- Die Jungs haben frischen Wind in die doch recht tra- zeitig sorgt die renommierte Produktdesignerin Annette ditionelle Schuhbranche gebracht und gezeigt, wie man Kölling für neue Impulse. Die erste Kollektion unter ihrer heute mit viel Leidenschaft und Know-how ein klassi- Federführung feierte Anfang 2018 Premiere. sches Handwerksprodukt nicht nur konservieren, sondern gleichzeitig attraktiv und zeitgemäss vermarkten 300 Arbeitsschritte kann.» Die maximale Produktionskapazität wird unverändert bei 10’000 Paaren pro Jahr liegen, was die Exklusivität Im Gegensatz zu anderen Schuhportalen findet sich der Marke Dinkelacker unterstreicht. Rund 300 Arbeits- auf der Internetpräsenz von Shoepassion neben dem schritte benötigt es, die ein Schuh bis zu seiner Fertig- auserwählten Sortiment rahmengenähter Schuhe zusätz- stellung durchläuft – eine Vielzahl davon erfolgt heute lich ein detailliertes Informationsangebot rund um das wie damals von Hand. Vom Zuschnitt des Leders über Thema Fussbekleidung. Dieses umfasst beispielsweise den handeingestochenen Rahmen bis hin zur charakteris- umfangreiches Wissen über die Geschichte und Herstel- tischen Messingnagelung repräsentiert die Kollektion lung von Schuhen, genauso wie Daten zur Schuhpflege attraktive Unikate von höchster handwerklicher Perfek- und -aufbewahrung. Ein innovativer Ansatz, mit dem es tion. Eine Perfektion, die auch Shoepassion CEO Tim dem Start-up innert weniger Jahre gelungen ist, neue Keding begeistert: «Eine prämierte Luxusmarke mit Zielgruppen zu erreichen und diese nachhaltig von den angeschlossener Manufaktur anvertraut zu bekommen, Vorzügen hochwertiger Volllederschuhe zu überzeugen. ist eine grosse Ehre. Es zeigt, dass Traditionsfirmen ihren Platz im Handel der Gegenwart finden können, ohne dabei ihre Identität zu verlieren.» Daher legen die neuen Eigentümer von Heinrich Dinkelacker viel Wert darauf, dass alle Neuerungen der Firmenhistorie des Unterneh- «Es regt mich auf, wenn mens gerecht werden. Und halten mit ihrem Einsatz, und mehr noch mit ihrer Leidenschaft für qualitativ Leute teure Anzüge tragen hochwertige Fussbekleidung, ein Stück Tradition am Leben. und dazu billige Schuhe.» Norbert Lehmann Geschäftsführer der Heinrich Dinkelacker GmbH
25 «Ich bin beseelt davon, diese Marke zu erhalten.» «Dinkelacker-Schuhe kauft man nicht nur für eine Saison.» Norbert Lehmann Geschäftsführer der Heinrich Dinkelacker GmbH © Heinrich Dinkelacker
Vontobel Insight Family Influenced Businesses — Lars Kalbreier Chief Investment Officer, Wealth Management Viele von uns sehen Familienunternehmen, d.h. Unternehmen, an denen eine Familie einen bedeutenden Anteil hält, als sehr klein und meist in Privatbesitz. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: Tatsächlich weisen fast die Hälfte der grössten französischen und deutschen börsennotierten Unternehmen, sowie ein Drittel der grössten US-Unternehmen, einen starken Familieneinfluss auf. Zu diesen gehören weltweit bekannte Marken wie LVMH in Frankreich oder Walmart in den USA. Was ist ein Familienunternehmen? Nicht nur weisen sie oft ein überdurchschnittliches Eines der meistdiskutierten Themen stellt oftmals die Ertragswachstum, eine längerfristige strategische Aus- Definition eines Familienunternehmens dar. Die Experten- richtung und Stabilität in turbulenten Zeiten auf. Ihr gruppe Familienunternehmen der Europäischen Union Umsatzwachstum und ihre Bilanzdisziplin sind ebenfalls definiert börsennotierte Unternehmen als Familien- stärker und ihr Cashflow deutlich höher als die anderer unternehmen, wenn entweder die Person, die das Unter- Unternehmen. Corporate Social Responsibility ist ein nehmen gegründet oder das Stammkapital des Unter- weiteres Aushängeschild, mit dem sich Familienunter- nehmens erworben hat, oder deren Familie oder Nach- nehmen schmücken können: 81 Prozent der Familienun- kommen, aufgrund ihres Stammkapitals 25 Prozent der ternehmen befassen sich mit Philanthropie, 85 Prozent Entscheidungsrechte besitzen. Diese Definition umfasst verfügen über einen Ethik-Kodex, verglichen mit nur auch solche Unternehmen, die den Generationswechsel 57 Prozent der Fortune-500-Unternehmen. Auch beim noch nicht abgeschlossen haben. Unbestritten ist die Thema Diversity sind Familienunternehmen fortschrittlich: Bedeutung von Familienunternehmen für die Wirtschaft. Eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young In der EU gibt es 14 Millionen Familienunternehmen, die (EY) ergab, dass 55 Prozent der befragten Familien- mehr als 60 Millionen Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand haben. schaffen. Während ihr Erfolg auf vielfältige Weise gemes- sen werden kann, haben Familienunternehmen unseren Analysen zufolge wichtige Eigenschaften, die sie für Investoren besonders attraktiv machen können.
Vontobel Insight Trotz ihrem progressiven Ansatz sind sie jedoch eher All diese Aspekte münden in eine längerfristige strate- konservativ, wenn es darum geht, neue Geschäftsfelder gische Ausrichtung von Familienunternehmen. Viele zu erschliessen, zum Beispiel bei M&A-Transaktionen. Unternehmen konzentrieren sich heute auf kurzfristige Eingebettet in ihren konservativen Fokus ist auch die Ergebnisse und agieren von einem Quartalsergebnis Tendenz, neue Investitionen über organische Cashflows zum nächsten, um ungeduldige Aktionäre zufriedenzu- zu finanzieren, was zu einer geringeren Verschuldung stellen. Bei Unternehmen mit guten Governance-Struk- führt. turen sprechen Investoren oft von einem Einklang von Management- und Aktionärsinteressen. Die Vergabe von Besondere Herausforderungen für Familienunternehmen Manageranteilen an den von ihnen geführten Unterneh- Nachfolgeplanung ist eine wichtige Hürde, die es für men ist ein Instrument, mit dem versucht wird, den Erfolg Familienunternehmen zu meistern gilt. In der Anfangs- von Familienunternehmen nachzubilden. Denn Familien- phase orientieren sich Familienunternehmen meist unternehmen sind noch einem weiteren Typus Anleger am Gründer oder an der Gründerfamilie. Dies funktioniert gegenüber verantwortlich: der nächsten Generation. in der Regel für die ersten beiden Generationen. Doch je Innerhalb der Familie sind die Auswirkungen strategi- mehr das Unternehmen reift – und die Familie wächst –, scher Entscheidungen stärker ausgeprägt als anderswo. desto komplexer werden die Herausforderungen. Laut Dies führt dazu, das Firmenvermögen in letzter Instanz Statistik schafft es nur ein Drittel der Familienunterneh- als das der Familie zu behandeln. Mit den richtigen men in die dritte Generation und 4 Prozent in die fünfte. Governance-Strukturen kann sich dies auch für die übrigen Aktionäre auszahlen. In diesem Zusammenhang können Familienunternehmen oft davon profitieren, unabhängige, externe Experten Vorbereitung der Firma auf die kommenden Jahre in den Verwaltungsrat einzubeziehen. Diese können wert- Das Prinzip von Ursache und Wirkung auf zukünftige volle Einblicke, eine unvoreingenommene Sichtweise Generationen ist allgegenwärtig. Statistiken zufolge und eine Verbesserung der Gesamtperformance bieten. werden mehr als 80 Prozent der Familienunternehmen Im Rahmen unserer Untersuchungen zu diesem Thema in den nächsten zehn Jahren den Besitzer wechseln, haben wir festgestellt, dass insbesondere Aktien von wobei der Fortbestand des «Familienfaktors» von einer Unternehmen, deren Familienbeteiligung durch ein unab- umsichtigen Nachfolgeplanung abhängt. Der Entscheid, hängiges Gremium ausgeglichen wird, sich seit 2006 wie vorzugehen ist, erfordert die Berücksichtigung kontinuierlich besser entwickelt haben als der globale vieler Aspekte. Einerseits müssen die Rollen älterer Aktienmarkt. Um eine klare Unterscheidung zu treffen, Familienmitglieder, die das Unternehmen massgeblich bezeichnen wir unsere Anlagestrategie daher als «Family geprägt haben, definiert werden, andererseits muss Influenced» und nicht als «Family Owned» und verwen- die zukünftige Eigentümerstruktur adressiert werden. den diese Kennzahl als eines unserer Auswahlkriterien. Nicht jede jüngere Generation ist daran interessiert, in die elterlichen Fussstapfen zu treten. Andere wiederum EBITDA-Wachstum von «Family Influenced Businesses» können interessiert, aber (noch) nicht dafür bereit sein. versus MSCI World Viele erfolgreiche Familien lassen daher die nächste Prozent Generation extern Erfahrung sammeln, sodass ein oder 20 zwei ausgewählte Nachfolger in der Lage sind, das Amt 15 zu übernehmen, wenn ein älteres Mitglied zurücktritt. 10 5 Während die meisten Menschen glauben, dass dies 0 primär der fachlichen Vorbereitung dient, spielt hier –5 ein weiterer Faktor mit hinein, nämlich die nächste 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Generation zu Vermögensverwaltern der Zukunft aus- zubilden. Anleger bezeichnen dies auch als treuhänderi- Vontobel Family Influenced Businesses Index MSCI ACWI sche Pflicht: Die gesetzliche Auflage, als mit der Pflege des Geldes betraute Person im besten Interesse des Quelle: Factset, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Investors zu handeln. Manchmal ist es einfacher, der Familie zu vertrauen.
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