TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text

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TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
30. Jahrgang – Nr. 3 August bis Oktober 2016
                                Natur + Text GmbH, Friedensallee 21, 15834 Rangsdorf, ISSN 0935-7602

                                                      Ausgabe 3/2016

TAGFALTER
SIE WÜRDEN UNS FEHLEN
EIN GARTEN FÜR
SCHMETTERLINGE
ZURÜCK IN
BRANDENBURG

                                                                                    MIT
                                                                                  POST
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TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
EDITORIAL
Moore in Brandenburg und Berlin
Moore sind faszinierend, vielfältig, kompliziert zu nutzen und reagieren sensibel auf Veränderun-                                                                                                                     LIEBE LESERINNEN UND LESER,
gen. Sie prägen große Landschaften in Brandenburg und Berlin, sind seit Jahrhunderten durch den                                                                                                                                                   30 Jahre Naturmagazin – wir wollten          „Schmetterling“ richtig unromantisch, zeigt aber das allgemeine
Menschen genutzt und nur auf ca. 2 % der einstigen Fläche noch naturnah.                                                                                                                                                                          kein Jubelheft, kein Selbstlob auf 50        Interesse an diesen farblich meist so vollkommenen Tieren. In
                                                                                                                                                                                                                                                  Seiten, trotzdem lässt sich ein gewisser     früheren Zeiten genadelt an der Wand und heute in unzähligen
                                                                                                                                                                                                                                                  Stolz auf das Erreichte nicht verheh-        Kalendern und Bildbänden verewigt, steht eine Tiergruppe im
Vorgestellt und erläutert werden:                                                                                                                                                                                                                 len. Stolz, verbunden mit dem Dank           Mittelpunkt des aktuellen Heftes, die einfach zu beobachten und
                                                                                                                                                                                                                                                  an alle Beteiligten, an alle, die daran      für jeden erlebbar ist. Das betrifft zumindest das fertige Insekt.
• ihre Vielfalt und die ihrer Lebewelt,                                                                                                                                                                                                           mitgewirkt haben, dass dieses Maga-          Eier, Larven und Puppen sind weniger bekannt, aber Vorausset-
• ihre Charakteristika und Nutzung,                                                                                                                                                                                                               zin heute noch existiert und hoffent-        zung für den Schmetterling. An ihrem Schutz kann jeder von
                                                                                                                                                                                                                                                  lich seinen Beitrag leistet, Menschen        uns mitwirken, der Landwirt, indem er einen Blühstreifen auf
• ihre Stellung im Klimawandel,                                                                                                                                                                                                                   für Natur zu interessieren, für die Er-      seinem Acker einrichtet, der Gartenbesitzer, indem er auch der
• ihre Entstehung und Entwicklung …                                                                                                                                                                                   eignisse um uns herum zu begeistern. Das Schöne hervorzuhe-              Brennnessel noch Platz einräumt, der Gemeindearbeiter, indem
                                                                                                                                                                                                                      ben, ohne das Tragische zu verheimlichen, war und bleibt unser           er nicht jedes Grün sinnlos mit der Motorsense bearbeitet, die
                                                                                                                                                                                                                      Anliegen. Im Wissen, wie rücksichtslos wir mit unserer umgeben-          Beispiele ließen sich fortsetzen.
                                                                                                                                                                                                                      den Natur verfahren, fällt es immer schwerer, noch unbeschwert
                                                                                                                                                                                                                      über diese zu berichten. Ich bin jedoch fest der Meinung, dass           Wissen und Handeln im Kleinen wie im Großen, beim Tagpfauen-
                                                                                                                                                                                                                      wir uns das nicht nehmen lassen sollten, im Gegenteil, nur dar-          auge und beim Klimawandel, bei Schmetterling und Eisbär, einen
                                                                                                                                                                                                                      aus die Kraft und die Überzeugung schöpfen, uns für den Erhalt           kleinen Teil Verantwortung hat jeder von uns.
                                                                                                                                                                                                                      und den Schutz der Natur einzusetzen. Und das nicht gegen unse-
                                                                                                                                                                                                                      re Mitbürger, sondern unter Einbeziehung möglichst vieler Men-           Reinhard Baier
                                                                                                                                                                                                                      schen. Mariposa, Butterfly, Motilek – dagegen klingt das deutsche        Geschäftsführer Natur+Text

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          INHALT

… und alle Kapitel sind mit zahlreichen Abbildungen, Tabellen, Fotos und Diagrammen illustriert.                                                                                                                      TAGFALTER                                        VERANSTALTUNGEN                                  AKTUELLES
                                                                                                                                                                                                                      Titelthema                                       29    SPANNENDE NATURERLEBNISSE FÜR              41     REISENDE GÄRTEN
                                                                                                                                                                                                                                                                             KINDER VON 7 BIS 12 JAHREN                 42     STADTFLUCHT
                                                                                                                                                                                                                      4    SIE WÜRDEN UNS FEHLEN                       30    HOCHZEIT FÜR NACHTSCHWÄRMER                44     BIOLOGISCHE VIELFALT SICHERN
                                                                                                                                                                                                                      12   „FRÜHER GAB ES MEHR                         31    MIT ALLEN SINNEN IN DIE NACHT              46     ZUKUNFTSWERKSTATT
                                                                                                                                                                                                                           SCHMETTERLINGE“                                                                                     NATURSCHUTZKOMMUNIKATION
                                                                                                                                                                                                                      16   EDELSTEINE UND ELFEN                                                                         47     30 JAHRE NATURMAGAZIN

                                                                                                                                                                                                                      18
                                                                                                                                                                                                                           ERFREUEN AUCH LANDWIRTE
                                                                                                                                                                                                                           EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE
                                                                                                                                                                                                                                                                       NATUR …
                                                                                                                                                                                                                                                                       34    … UND KUNST
                                                                                                                                                                                                                      20
                                                                                                                                                                                                                      22
                                                                                                                                                                                                                           ZURÜCK IN BRANDENBURG
                                                                                                                                                                                                                           GUTE JAHRE FÜR FEUERFALTER                        Der stolze Pfau                            RUBRIKEN
                                                                                                                                                                                                                      23   ZÄHLEN UND STAUNEN                          36    … IM RÜCKBLICK                             32     REZENSIONEN & BUCHTIPPS
                                                                                                                                                                                                                      24   WEIDELANDSCHAFT                                   Trappenland Brandenburg                    48     AUS DEN VERBÄNDEN
                                                                                                                                                                                                                           LICHTERFELDE-SÜD                            38    … OHNE GRENZEN                             51     IMPRESSUM
                                                                                                                                                                                                                      26   DER EICHENPROZESSIONSSPINNER                      Nacht der Kobolde
                Vera Luthardt und Jutta Zeitz (Hrsg.)
                Moore in Brandenburg und Berlin
                mit Moorbodenkarte und zusätzlichen Informationen auf DVD
                384 Seiten, 17 x 24 cm, Hardcover, Natur + Text 2014
                ISBN 978-3-942062-13-8, Preis 39,90 Euro                                                                                                                                                                                                                                                                     DIESE AUSGABE
                                                                                                                                          www.naturundtext.de                                                                                                                                                                ALS eBOOK LESEN!
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             FÜR ALLE N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      ­ ATURMAGAZIN-LESER
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             KOSTENLOS ZUM DOWNLOAD UNTER:

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                                                                                                                                                                                                                                            Foto: Ingolf Rödel   4                           Foto: Anne Loba   12
                                  Die Veröffentlichung wurde freundlicherweise durch das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg aus der Konzessionsabgabe Lotto gefördert.
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
4   TAGFALTER Titelthema                                                                                                                         TAGFALTER Titelthema     5

SIE WÜRDEN UNS
­FEHLEN
TAGFALTER IN BRANDENBURG UND BERLIN
 Etwa 2.400 verschiedene Schmetterlingsarten wurden bislang in Berlin und Brandenburg beobachtet. Viele
 von ihnen zählen zu den sogenannten Kleinschmetterlingen, wie beispielsweise die Kleider- und Dörrobst-
 motten, die wohl keiner in seiner Wohnung haben möchte. Aber auch viele Blattminierer, Wickler, Zünsler,
 ­Glasflügler und Widderchen – auch als Blutströpfchen bekannt –, bereichern die hiesige Schmetterlingsfauna.
  ­Andere, zu den Großschmetterlingen gehörende Gattungen sind die Spannerfalter (Geometridae), die Eulen-
   falter (Noctuidae), die Schwärmer (Sphingidae) und die Spinnerartigen, von denen in den vergangenen Jahren
   der Eichen-Prozessionsspinner wegen seiner giftigen behaarten Raupen eine gewisse Berühmtheit erlangt
   hat. Von den viel auffälligeren Tagfaltern wurden in Brandenburg und Berlin in den vergangenen 130 Jahren 118
   Arten mit Sicherheit nachgewiesen, was nur etwa fünf Prozent aller in Brandenburg und Berlin gefundenen
­Schmetterlingsarten entspricht.

                               S
              Kaisermantel           chmetterlinge werden im allgemeinen Sprach-        wurden schon durch U. v. Chappuis im Jahr 1942 in
        ­(Argynnis ­paphia).         gebrauch häufig mit Tagfaltern gleichgesetzt       einer Publikation beklagt und erste Ursachen wie die
          Foto: Ingolf Rödel
                                     und lösen bei den meisten Menschen über-           Trockenlegung von Mooren oder die Intensivierung
                               wiegend positive Assoziationen aus – sei es als Früh-    der Landwirtschaft benannt. Im Jahr 1973 belegt
                               lingsboten oder als Anzeiger einer (noch) gesunden       dann E. Urbahn aus Zehdenick in einer Fachpubli-
                               Umwelt. Deutlich negativer werden von vielen Men-        kation anhand von zahlreichen Beispielen den nun
                               schen jedoch die Präimaginalstadien der Schmetter-       immer deutlicher werdenden Verlust an Schmet-
                               linge – die Raupen – bewertet, besonders, wenn sie       terlingen. Diese also schon frühzeitig beobachte-
                               im eigenen Garten auftreten. Aber wie sieht die Si-      ten Rückgänge setzen sich in der Folgezeit leider
                               tuation der Tagfalter in Brandenburg wirklich aus?       mit zunehmender Geschwindigkeit fort, was durch
                               Vergleicht man ältere Literaturangaben zum Vor-          zahlreiche Publikationen dokumentiert ist, und das
                               kommen und zur Häufigkeit von Schmetterlingen in         nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Europa.
                               Brandenburg mit aktuellen Beobachtungen, kommt           Das hat dazu geführt, dass verschiedene Schmetter-
                               man zum Ergebnis, dass die Zahl und Vielfalt der         lingsarten EU-weit unter besonderen Schutz gestellt
                               Schmetterlinge in Brandenburg stark bis drastisch        wurden (FFH-Richtlinie). Dazu gehören der Große
                               abgenommen haben. Allerdings muss man berück-            Feuerfalter, der Blauschillernde Feuerfalter, der Gol-
                               sichtigen, dass es oft nicht einfach ist, solche Anga-   dene Scheckenfalter, der Helle und Dunkle Wiesen­
                               ben, die meist nie auf quantitativen Angaben beru-       knopf-Ameisenbläuling, der Lungenenzian-Amei-
                               hen, miteinander zu vergleichen. Deutlicher – im         senbläuling und der Thymian-Ameisenbläuling, die
                               Sinne starker Verluste – werden die Ergebnisse, wenn     in Brandenburg und Berlin noch vorkommen oder
                               noch aktive ältere Schmetterlingsforscher ihre frü-      zumindest früher gefunden wurden (siehe unten).
                               heren Aufzeichnungen aus den 1950er und 1960er
                               Jahren mit ihren gegenwärtigen Beobachtungen ver-        Für eine umfassende und objektive Darstellung der
                               gleichen. Diese negativen Bestandsentwicklungen          Tagfalterfauna haben die Schmetterlingsforscher von

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                      naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
6     TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                                             TAGFALTER Titelthema          7

            Der Baumweißling       Brandenburg und Berlin – die meisten von ihnen           und Berlin. Eine reich bebilderte Fauna der Tagfal-     erlöschen schon nach wenigen Jahren wieder, wo-
    ­(Aporia crataegi) ist noch    sind im Arbeitskreis Lepidoptera (= Schmetterlinge)      ter von Brandenburg und Berlin wird demnächst er-       bei die Besiedlung meistens aus Osten her erfolg-
             relativ verbreitet.
             Foto: Ingolf Rödel
                                   des Landesfachausschusses Entomologie des NA-            scheinen. Hier fassen wir die Ergebnisse zusammen,      te. Sehr bekannte Vertreter dieser Arten sind der in
                                   BU Brandenburg organisiert – ihre über Jahrzehn-         gruppiert nach ihrer aktuellen Verbreitungssituation    manchen Jahren in sehr großer Häufigkeit auftre-
     Die in den Steckbriefen       te gesammelten Daten in das Erfassungsprogramm           und den Trends ihres Auftretens, und wollen Hin-        tende Distelfalter oder der seltenere Postillon. Auch
 abgebildeten Karten geben
                                   InsectIS einfließen lassen. Diese wurden durch die       weise geben, welche Schutzmaßnahmen für den Er-         der auffällige Admiral, der im Spätsommer gern in
die aktuelle Verbreitung der
 jeweiligen Art in Branden­        Auswertung jeglicher verfügbarer Literatur und vie-      halt einer reichhaltigen Schmetterlingsfauna mög-       Gärten an faulem Obst saugt, gilt als Wanderfalter.
 burg für den Zeitraum von         ler Museums- und privater Sammlungen ergänzt.            lich und notwendig sind.                                Er überwintert aber in jüngster Zeit immer erfolg-
           1990 bis 2015 an.
                                   Dadurch haben wir aktuell einen sehr guten Über-                                                                 reicher bei uns und kann inzwischen als heimische
                                   blick über die Situation der Tagfalter in Brandenburg    (1) Arten, die trotz aller Eingriffe des                Art angesehen werden. Der Östliche Große Fuchs
                                                                                            ­Menschen immer noch allgemein verbreitet               ist nach jahrzehntelangem Fehlen in jüngster Zeit
                                                                                             sind (Ubiquisten)
                                                                                        1   Noch weit verbreitet sind viele bekannte Tagfalter-
                                                                                                                                                    wieder häufiger in Berlin und Brandenburg nachge-
                                                                                                                                                    wiesen worden, westwärts sogar bis England, scheint
                                   ZITRONENFALTER                                           arten, wie beispielsweise Kohlweißlingsarten, Zi-
                                                                                            tronenfalter, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Großes
                                                                                                                                                    aber nun wieder zu verschwinden. Insgesamt können
                                                                                                                                                    wir dieser Gruppe sieben Arten zurechnen, was etwa
                                   (Gonepteryx rhamni)                                      Ochsenauge, Kleiner Heufalter und Schachbrett –         sechs Prozent der hiesigen Tagfalterfauna entspricht.
                                                                                            insgesamt 28 Arten, also knapp ein Viertel der hei-
                                   Flügelspannweite (Fsw) 55–60 mm. In Euro­                mischen Tagfalter. Sie sind in geeigneten Lebensräu-    (4) Arten mit starkem Rückgang und
                                   pa häufig und verbreitet. Auffälliger Vorfrüh­           men überall zu finden. Im Vergleich zu früher treten    ­inzwischen oft nur noch einem bekannten
                                   lingsbote, der als einer der ersten Tagfalter            jedoch auch sie vielfach schon lokaler auf und ihre      Vorkommen in Brandenburg
                                   schon an sonnigen, milden Spätwintertagen                Individuenzahl ist in den meisten Fällen deutlich ge-   Die Bestände vieler Tagfalterarten, die in früheren
                                   fliegt. Lebt in lichten Wäldern und an Wald­             ringer als noch vor 50 oder mehr Jahren. Gefährdet      Jahrzehnten noch weit verbreitet waren, sind wäh-
                                   rändern. Lebensdauer einschließlich der Über­            sind sie jedoch zum Glück nicht.                        rend der zurückliegenden 40 bis 50 Jahre regelrecht
                                   winterung durchschnittlich 10 Monate – e­ iner                                                                   zusammengebrochen. Bekannte Ursachen sind die
                                   unserer lang­l ebigsten Falter. Überwintert in           (2) Arten, die noch relativ verbreitet sind,            Trockenlegung von Mooren („Komplexmeliorati-
                                   Bodenstreu und an niedrigen Sträuchern. Die              aber nur noch auf lokal begrenzten Habitaten            on“) und die allgemeine Grundwasserabsenkung,
                                   Raupen ernähren sich von Faulbaum- und                   vorkommen, vor allem auf extensiv ­genutzten            die Intensivierung der Landwirtschaft mit einher-
                                   Kreuzdorn-Blättern. Mitte Juni schlüpft die              trockenen oder feuchten Offenländern                    gehender Eutrophierung der Landschaft einschließ-
                                   neue Falter-Generation. In Brandenburg und               (z. B. Heiden, Trassen, Röhrichte) oder an              lich der atmosphärischen Stickstoffdeposition sowie
            Foto: Ingolf Rödel     Berlin nicht gefährdet.                                  ­Waldsäumen                                             der großflächige Einsatz von Insektiziden. Beson-
                                                                                            Auf begrenzten Arealen vergleichsweise häufig kom-      ders verheerend wirkte sich diesbezüglich Anfang
                                                                                            men noch Arten wie der Malven-Dickkopf vor, der         der 1980er Jahre offenbar die „Nonnenbekämpfung“                                                                             3
                                                                                        2   auch in der Gartenlandschaft anzutreffen ist. Außer-    aus, aber auch der heutige Einsatz von Herbiziden
                                                                                                                                                                                                                                       DISTELFALTER
                                   SCHWALBENSCHWANZ                                         dem gehören in diese Gruppe: Schwalbenschwanz,
                                                                                            Baumweißling, Dukatenfalter, Kleiner Schillerfal-
                                                                                                                                                    und Insektiziden lässt Arten schwinden. Hinzu kom-
                                                                                                                                                    men die zunehmende Bebauung, die Aufgabe ex-                                       (Vanessa cardui)
                                   (Papilio machaon)                                        ter, Wachtelweizen-Scheckenfalter, Großer Perlmut-      tensiver Mahdnutzung auf schwach entwässerten
                                                                                            terfalter, Rostbraunes Ochsenauge und Rostbinde –       Niedermooren und die Sukzession auf ehemaligen                                      Fsw 52—59 mm. Regelmäßig und häufig auf­
                                   Fsw 72–90 mm. In Europa nordwärts bis zum                insgesamt sind es 32 Arten, also gut ein Viertel der    Truppenübungsplätzen und Binnendünen sowie                                          tretender Wanderfalter, nahezu weltweit ver­
                                   Nordkap, in Großbritannien nur lokal vorkom­             Gesamtartenzahl. Alle diese Arten weisen in den ver-    die immer stärker werdende Zerschneidung letzter                                    breitet. Als einzige Großschmetterlingsart
                                   mend. A ­ ktuell in Brandenburg und Berlin weit          gangenen Jahrzehnten jedoch deutliche Rückgänge         vorhandener Lebensräume. Einige wenige Arten                                        wurden Distelfalter sogar auf Spitzbergen
                                   verbreitet, doch seine Bestände gehen deutlich           auf, einige Arten müssen inzwischen zu den gefähr-      konnten wir nach jahrzehntelangem Verschollen-                                      nachgewiesen. In manchen Jahren erfolgen im
                                   zurück. Die Falter fliegen von Mitte April bis Ju­       deten Arten gerechnet werden.                           sein allerdings in jüngster Zeit auch wiederentde-                                  Mai–Juni Masseneinflüge in Brandenburg und
                                   ni, die der 2. G
                                                  ­ eneration von Ende Juni bis Mitte                                                               cken. Zu dieser Gruppe müssen wir 21 Arten zäh-                                     Berlin mit Massenvermehrungen im Sommer­
                                   August. Falter bevorzugen bei der Nektarsuche            (3) Wanderfalter und Arten, die ihr Verbrei-            len – ca. 18 Prozent des Artenbestandes. Beispiele                                  halbjahr. Die Raupen ernähren sich u. a. von
                                   Blüten von Disteln, Rot-Klee, Flieder, Nattern­          tungsgebiet zeitweilig bis nach Brandenburg             sind die FFH-Arten Heller und Dunkler Wiesen­                                       Blättern der Distelarten, von Beifuß und Nat­
                                   kopf und Sommerflieder. Die auffälligen grün-            ausdehnen                                               knopf-Ameisenbläuling und Thymian-Ameisen-                                          ternkopf. Die Falter der 2. Generation können
                                   schwarz-roten Raupen leben auf Doldenge­                 Diese Arten treten in Brandenburg und Berlin sehr       bläuling sowie der Lilagold-Feuerfalter Lycaena                                     bis Oktober bei uns beobachtet werden. Doch
                                   wächsen (Dill, Wilde Möhre, Gartenmöhre) und             selten oder regelmäßig auf, sind hier aber nicht        hippothoe, Großer Eisvogel, Mittlerer Perlmutter-                                   weder als Falter, Raupe oder Puppe kann diese
                                   überwintern im Puppenstadium. In Branden­                dauerhaft heimisch. Sie können entweder in kei-         falter, Hochmoor-Bläuling und Hochmoor-Sche-            Art den mitteleuropäischen Winter überleben. Im Herbst erfolgt die Rück­
        Foto: Wolfgang Ewert       burg und Berlin derzeit nicht gefährdet.                 nem ihrer Entwicklungsstadien den mitteleuropä-         ckenfalter, Großes Wiesenvögelchen, Baldrian-Sche-      wanderung der Distelfalter in den Süden.             Fotos: Ingolf Rödel
                                                                                            ischen Winter überstehen oder ihre Populationen         ckenfalter, Kleiner Waldportier oder Eisenfarbener

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                                                naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
8   TAGFALTER Titelthema                                                                                                                   TAGFALTER Titelthema                 9

                           Samtfalter (Hipparchia statilinus). Für alle diese Ar-                                                                                          4
                           ten müssen dringend Schutzmaßnahmen im Sinne
                           einer Habitatverbesserung und der Habitatvernet-                                             THYMIAN-­
                           zung ergriffen werden, um zunächst ein Ausster-                                              AMEISENBLÄULING
                           ben zu verhindern und mittelfristig eine Erholung
                           der Bestände anzustreben. In manchen Fällen sind
                                                                                                                        (Maculinea arion)
                           dazu auch noch grundlegende Forschungen zu den                                             Fsw 29–35 mm. Ein kleiner Tagfalter, der von
                           Habitatansprüchen erforderlich. Auf jeden Fall                                             ­Spanien ostwärts bis Sibirien verbreitet ist. In
                           sind die für Brandenburg so typischen Sand-Tro-                                             ­Europa hoch gefährdet (geschützt nach Anhang
                           ckenrasen und Calluna-Heiden, extensiv genutzten                                             IV der FFH-Richtlinie der EU); nur noch wenige
                           Feuchtwiesen auf Niedermooren, Offenbereiche in                                              ­stabile Vorkommen. Lebt in Brandenburg in k­ argen
                           den oligotroph-sauren Mooren, lichte, nährstoffar-                                            Kiefernwäldern mit Thymianvorkommen, ­letzte
                           me und blütenpflanzenreiche Waldrandstrukturen                                                Nachweise datierten von 1976. 2015 wurde die
                           bzw. innere Waldsäume zu erhalten und durch ge-                                               Art bei Brieskow-Finkenherd wiederentdeckt. Art­
                           zieltes Management zu fördern. Herbizid- und In-                                              typische komplizierte Fortpflanzungsstrategie: Die
                           sektizideinsätze in solchen Lebensräumen müssen                                               Weibchen legen die Eier an die Knospen der Nah­
                           grundsätzlich unterbleiben.                                                                   rungspflanzen (Thymian), von denen die Raupen
                                                                                                                         fressen. Ältere, noch kleine Raupen s­ uchen den
                           (5) Ausgestorbene oder verschollene Arten                   Boden auf und werden von Ameisen ihrer Wirtsart aktiv in deren Nester getra­
                           „Ausgestorben“ oder „verschollen“ sind Arten, die           gen und dort bis zur Verpuppung gefüttert. Im Frühjahr verlassen die geschlüpf­
                           mindestens seit 20 bis 25 Jahren trotz Suche nicht          ten Falter das Ameisennest. Die Art kann ihre Raupenentwicklung a­ ußerhalb des
                           mehr nachgewiesen werden konnten, obwohl sie                Nestes ihrer Wirt­sameise nicht abschließen.                  Foto: PJC&Co, CC BY-SA 3.0
                           früher eine meist große Verbreitung aufwiesen. Die
                           hohe Zahl von 21 Arten – ca. 18 Prozent der Arten –
                           zeigt, wie sehr sich die Bedingungen aus den bereits                                                                                             5
                           beschriebenen Gründen für die heimischen Schmet-                                              GOLDENER
                           terlinge in den vergangenen Jahrzehnten (seit etwa
                           1950) verschlechtert haben. Die verschwundenen                                               ­SCHECKENFALTER
                           Arten sind durchweg sehr anspruchsvoll hinsicht-                                              ­(Euphydryas aurinia)
                           lich ihrer besiedelten Habitate und oft sind ihre
                           Raupen auf bestimmte Nahrungspflanzen ange-                                            Fsw 33–45 mm. In Eurasien (fehlt in Norwegen
                           wiesen. Die Arten waren an extensiv genutzte blü-                                      und auf den Mittelmeerinseln) bis Südsibiri­
                           tenreiche Trockenrasen verschiedener Ausprägung                                        en vertreten. War früher weit verbreitet, heu­
                           (einschließlich ausgedehnter kurzrasiger Sandthy-                                      te bis auf wenige Restpopulationen ausge­
                           mianbestände), an nährstoffarme Mähwiesen (ins-                                        storben. Einst in allen Regionen Brandenburgs
                           besondere artenreiche Pfeifengraswiesen), an lich-                                     nachgewiesen. 1983 letzte Beobachtungen
                           te, luftfeuchte und ebenfalls blütenpflanzenreiche                                     bei Erkner und Brandenburg/Havel. Feuchte,
                           Wälder oder an saure Moore mit Moor-Heidelbee-                                         nährstoffarme Mähwiesen mit Beständen des
                           re gebunden. Beispiele sind Steppenheiden-Wür-                                         Teufelsabbisses, der einzigen Raupennahrung
                           fel-Dickkopffalter, Hochmoorgelbling, Himmel­                                          in Brandenburg, bildeten den Lebensraum der
                           blauer Bläuling, Lungenenzian-Ameisenbläuling,                                         Art. 2005 begann in Brandenburg die erfolg­
                           Blauschillernder Feuerfalter, Silberfleck-Perlmut-          reiche Wiederansiedlung mit Faltern und Raupennestern aus Mecklenburg,
                           terfalter, Goldener Scheckenfalter, die Schecken-           u.a. im NSG Wernsdorfer See, NSG Löcknitztal und NSG Ruhlsdorfer Bruch.
                           falter Melitaea britomartis und M. aurelia oder der
                           Waldteufel. Zwei der hier genannten Arten (Golde-
                           ner Scheckenfalter und Blauschillernder Feuerfal-        (6) Arten mit aktueller Zunahme der                             Foto Kasten 5: Detlef Kolligs
                           ter) konnten seit etwa zehn Jahren bislang erfolg-       ­Häufigkeit und/oder der Verbreitung                             In Brandenburg noch
                           reich wiederangesiedelt werden – nachdem durch           Nur neun Arten – ca. sieben Prozent des Artenbe-                 weit verbreitet ist der
                                                                                                                                                    ­O ckerbindige Sandfalter
                           ein aktives Naturschutzmanagement auf Feuchtwie-         standes – zeigen während der vergangenen 10 bis 20               (Hipparchia Semele).
                           sen diese wieder in einen für die Arten nutzbaren        Jahre deutliche Ausbreitungstendenzen und Häu-                   Foto: Ingolf Rödel
                           Habitatzustand „überführt“ wurden.                       figkeitszunahmen, die auch in anderen Regionen

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                      naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
10 TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                                                   TAGFALTER Titelthema 11

                                                                                     und der Große Fuchs. Wenige andere Arten profi-              die Behörden oder zu Hinweisen zum Biotop-             angrenzenden Regionen vorkommen, ist selbst
                                                                                     tieren von den großräumigen Flächenstilllegungen             management zusammengetragen. Damit konn-               bei Vorhandensein geeigneter Habitatstruktu-
                                                                                     seit Anfang der 1990er Jahre und besiedeln diese Flä-        te der dringend notwendige Informationsfluss           ren eine eigenständige Wiederbesiedlung we-
                                                                                     chen nach einer Aushagerungsphase – beispielsweise           hinsichtlich des Wissens der Entomologen zu            nig wahrscheinlich. Deshalb sollten bisherige
                                                                                     der Wegerich-Scheckenfalter, der bis etwa 1995 nur           den Handlungsträgern deutlich verbessert wer-          erste erfolgreiche Wiederansiedlungsprojekte
                                                                                     noch wenige Populationen in Brandenburg aufwies,             den („Wissenstransfer“). Diese Informationen           von Schmetterlingen unter Beachtung gesetzli-
                                                                                     jetzt aber wieder recht verbreitet auftritt. Der auf-        wurden den Landkreisen zur Verfügung gestellt,         cher Rahmenbedingungen fortgesetzt werden,
                                                                                     fällige, wärmeliebende Segelfalter profitiert von der        um sie in der praktischen Arbeit zu nutzen. Das        soweit ein entsprechendes Habitatmanagement
                                                                                     Entstehung der Braunkohlebergbau-Folgelandschaft             wurde nach unseren Erfahrungen in den ver-             langfristig gesichert ist. Ein erstes EU-LIFE-Pro-
                                                                                     und wohl auch von dem für ihn günstigen Klima der            schiedenen Landkreisen im Land Brandenburg             jekt zur Wiederansiedlung des Goldenen Sche-
                                                                                     vergangenen Jahre. Inzwischen wird er im Südosten            recht unterschiedlich verwendet. Inzwischen            ckenfalters wurde vor wenigen Jahren in Schles-
                                                                                     Brandenburgs wieder verbreitet und regelmäßig ge-            sind die Kenntnisse der Entomologen hinsicht-          wig-Holstein bewilligt (www.life-aurinia.de).
                                                                                     funden. Auffällig ist auch die Zunahme des noch              lich Verbreitung und Lebensraumgefährdung
                                                                                     um 1990 nur sehr lokal vorkommenden und Feucht-              deutlich gestiegen. Daher sehen wir in einer         • Langzeitmonitoring. – Eine wesentliche Grund-
                                                                                     lebensräume bevorzugenden Großen Feuerfalters                Aktualisierung des ehemaligen Projektes eine           lage für zukünftige, fachlich begründete Ent-
                                                                                     (FFH-Art). Seine Raupen haben ihr Nahrungsspekt-             gute Chance für die Verbesserung des Wissen-           scheidungen ist die dringend notwendige Fort-
                                                                                     rum seit neuestem auf andere Ampferarten erweitert           stransfers und damit die Möglichkeit, Habitat-         führung der ehrenamtlichen kontinuierlichen
                                                                                     und dadurch auch mesophile, eutrophe Standorte               schutzmaßnahmen durch die entsprechenden               Erfassung von faunistischen Daten. Jeder Inter-
                                                                                     besiedelt, z. B. Pferdekoppeln. Aufgrund der klima-          Behörden und die Naturschutzverbände sowie             essierte ist hier aufgerufen, Daten zu melden. In
                                                                                     tisch bedingten inzwischen verlängerten Vegetati-            interessierte Bürger zu ergreifen.                     den nächsten Jahren wird es möglich sein, aktu-
                                                                                     onsperiode bildet die Art regelmäßig zwei Genera-                                                                   alisierte Verbreitungskarten der Schmetterlinge
                                                                                     tionen aus (früher nur in Ausnahmefällen), was der         • Durchführung von Sofortmaßnahmen zum Ha-               für ganz Deutschland im Internet aufzurufen.
                                                                                     Art weitere Vorteile bringt. Sie ist jetzt in der gesam-     bitatschutz von besonders gefährdeten Arten.
                                                                                     ten Osthälfte Deutschlands weit verbreitet und auch          – Solche Maßnahmen beinhalten die Flächensi-         Jörg Gelbrecht
     Hochmoor-Bläuling –       Mitteleuropas beobachtet werden. Zum einen sind       wieder im Berliner Stadtgebiet heimisch.                     cherung, den Schutz vor Einsatz von Pflanzen-
        ­(Plebeius optilete)   es Arten, die in früheren Zeiten – zum Teil vor 50                                                                 schutzmitteln (Insektizide, Herbizide) und die
         Foto: Ingolf Rödel
                               oder 100 Jahren – schon weit verbreitet waren, dann   Wie können wir die Tagfalter in Brandenburg                  Durchführung von Biotopmanagementmaß-                                                                        INFO
                               aber immer seltener wurden und nun wieder deut-       und Berlin schützen?                                         nahmen in Zusammenarbeit mit Spezialisten
                               lich zunehmen, ohne dass wir die Ursachen kennen.     Der dramatische Rückgang der Artenvielfalt bei den           mit dem Ziel die noch vorhandenen Popula-
                               Beispiele hierfür sind der Kurzschwänzige Bläuling    Schmetterlingen wurde bislang nur unzureichend               tionen der besonders bedrohten Schmetter-                 SYSTEMATIK DER TAGFALTER
                                                                                     dokumentiert und ist weder im Bewusstsein der Be-            lingsarten zu stabilisieren und zu entwickeln.
                                                                                     völkerung noch der zuständigen Behördenvertreter             Solche Maßnahmen sind klassische Artenhilfs-              BERLIN/BRANDENBURGS
                                                                                6    angelangt. Um ihn zu stoppen – mehr als ein Drittel          programme. Hier ist es ebenfalls essenziell, dass
                               GROSSER FEUERFALTER                                   der Arten sind bereits verschollen bzw. ausgestorben
                                                                                     oder vom Aussterben bedroht – sind dringend fol-
                                                                                                                                                  Flächen­eigentümer und Nutzer (Forst, Land-
                                                                                                                                                  wirtschaft) in solche Maßnahmen einbezogen
                                                                                                                                                                                                            Die Tagfalter von Brandenburg und Berlin gehören folgenden Gattungen
                                                                                                                                                                                                            an: Dickkopf-Falter (Hesperidae) mit 13 Arten, Ritterfalter (Papilionidae)
                               (Lycaena dispar)                                      gende Schritte notwendig:                                    werden. Zeigen sich positive Entwicklungen,               mit 2 Arten (Schwalbenschwanz und Segelfalter), Weißlinge (Pieridae) mit
                                                                                                                                                  sollten mittel- bis langfristige Maßnahmen zum            13 ­Arten, zu denen unter anderen Kohl-Weißling, Zitronenfalter und Auro-
                               Fsw 35–39 mm. In Europa und bis Sibirien ver­         • Fortsetzung des Projektes „Erfassung der                   Erhalt des Zustandes der Flächen einschließ-              rafalter gehören, Bläulinge (Lycaenidae) mit 35 Arten, zu denen der häufige
                               breitete Art, fehlt auf der Iberischen Halbin­          schmetterlingsbedeutsamen Lebensräume in                   lich von solchen für ein Biotopverbundverfah-             blaugefärbte Hauhechel-Bläuling, der metallig-orangerot gefärbte Dukaten-
                               sel, im Mittelmeerraum und Skandinavien. In             Brandenburg“ aus den Jahren 2007–2009. – In                ren eingeleitet werden. Schwerpunktmäßig ist              Feuer­falter oder der eine grüne Unterseite aufweisende Brombeer-Zipfelfalter
                               England ausgestorben. Geschützt nach euro­              diesem Projekt zwischen dem damaligen Lan-                 es notwendig, Offenflächen auf nährstoffarmen             gehören, und schließlich die Edelfalter (Nymphalidae) mit 54 Arten. Hierzu
                               päischem Recht (FFH-Richtlinie). Die Raupen             desamt für Umwelt und Verbraucherschutz und                Mooren, nährstoffarmen Mähwiesen, Heiden,                 zählen viele allgemein bekannte Arten wie Tag-Pfauenauge, Admiral, Distel-
                               ernähren sich von Ampfer-Arten (Fluss- und              dem LFA Entomologie im NABU Brandenburg                    Sand­trockenrasen sowie Magerrasen beson-                 falter, Großer und Kleiner Schillerfalter, Kaisermantel, Kleiner Perlmutter-
                               Wasser-Ampfer). Der Große Feuerfalter galt zu           wurden von den Schmetterlingsforschern die                 ders im Odertal und der Uckermark zu erhal-               falter und verschiedene, oft schwer unterscheidbare Scheckenfalter sowie der
                               Beginn der 1990er Jahre in Brandenburg und              Vorkommen von Schmetterlingen der Roten                    ten. Auch sollte dringend geprüft werden, wie in          häufige Kleine Heufalter oder das Schachbrett. Der Schlüsselblumen-Würfel-
                               Berlin als stark gefährdet. Seit 1995–2000 ist          Liste (vom Aussterben bedrohte oder stark ge-              der besonders reichhaltigen Bergbaufolgeland-             falter als letzte Art gehört zu den Würfelfaltern (Erycinidae) und ist in Bran-
                               vor allem im östlichen Brandenburg eine deutli­         fährdete Arten) sowie geschützte Arten flächen-            schaft der Lausitz langfristig extensiv oder nicht        denburg mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgestorben.
                               che Zunahme dieser Art zu beobachten. Aktuell           scharf auf topografischen Karten eingezeichnet,            ­genutzte Offen­länder erhalten werden können.
                               ist sie hier lokal häufig vertreten und gilt heute      die dann digitalisiert wurden. Zusätzlich wur-
         Foto: Ingolf Rödel    als kaum gefährdet.                                     den in Tabellen Informationen zum Arteninven-            • Wiederansiedlungsprojekte. – Da inzwischen
                                                                                       tar, zu einem fachlichen Ansprechpartner für               viele Arten nicht mehr in Brandenburg und in

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                                                    naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
12 TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                             TAGFALTER Titelthema 13

„FRÜHER GAB ES MEHR
                                                                                                                                                                                                                                         Der Schornsteinfeger
                                                                                                                                                                                                                                         (Aphantopus hyperantus)
                                                                                                                                                                                                                                         ist eine weit verbreitete und
                                                                                                                                                                                                                                         häufige Art, die vor allem
                                                                                                                                                                                                                                         entlang von Heckenstruk­

SCHMETTERLINGE“
                                                                                                                                                                                                                                         turen auftritt.

                                                                                                                                                                                                                                         Das Tagpfauenauge
                                                                                                                                                                                                                                         (Inachis io) ist eine der häu­
                                                                                                                                                                                                                                         figsten und am ­w eitesten
                                                                                                                                                                                                                                         ­v erbreiteten Arten Deutsch­
                                                                                                                                                                                                                                          lands und ist ein echter

LANGZEITSTUDIE UNTERSUCHT ENTWICKLUNG
                                                                                                                                                                                                                                          Generalist.

                                                                                                                                                                                                                                         Der Kleine Fuchs (Aglais

VON TAGFALTERN UND WIDDERCHEN                                                                                                                                                                                                            ­u rticae) hat ähnliche
                                                                                                                                                                                                                                          ­A nsprüche an seinen
                                                                                                                                                                                                                                           Lebensraum wie das Tag­
                                                                                                                                                                                                                                           pfauenauge, ist aber nicht
 Eine Langzeitstudie im Raum Regensburg hat den Artenverlust von Tagfaltern und Widderchen sowie die                       Wissenschaftler waren somit in der Lage, Verände-       kompensiert wird. Als Folge des Bewirtschaftungs-       so häufig wie dieses.
 ­Veränderung der gesamten Schmetterlings-Artengemeinschaft über einen Zeitraum von rund z­ weihundert                     rungen der Artengemeinschaften mit abiotischen          wandels verschwanden schütter bewachsene Berei-
                                                                                                                           Veränderungen – wie Niederschlagsmengen und             che mit Rohbodenstellen und in der Folge die auf
  Jahren belegt. Besonders prekär: Viele der Untersuchungsflächen befinden sich in bereits seit langem
                                                                                                                           Temperatur – in Verbindung zu setzen und zwischen       diese Habitate spezialisierten Arten, beispielswei-
­ausgewiesenen Naturschutzgebieten.                                                                                        globalen und regionalen Effekten – wie Klimaverän-      se das Kleine Ochsenauge oder die Berghexe – sie

                                                                  D
                                                                                                                           derung oder Stickstoffdeposition – und lokalen Ef-      wurden zuletzt in den ersten drei Dekaden des 20.
                                                                              as Verschwinden von vielen Arten unter-      fekten – wie Verbuschung und Habitatverinselung –       Jahrhunderts beobachtet. Ein späteres Zuwachsen
                                                                              schiedlicher Artengruppen, seien es Vögel,   zu differenzieren. Orte der Erfassung waren mehrere     der Kalkfelsen führte zum Verschwinden weiterer
                                                                              Amphibien, Reptilien, Blütenpflanzen oder    Magerrasenstandorte bei Regensburg, die bereits seit    Arten, deren Raupen speziell in diesen Bereichen
                                                                   eben Schmetterlinge aus unserer Landschaft wird         längerer Zeit als Naturschutzgebiet unter Schutz ste-   heranwachsen: beispielsweise der Rote Apollo, der
                                                                   seit vielen Jahren beobachtet. Langzeitbeobachtun-      hen und durch Pflegemaßnahmen erhalten werden.          nach den 1980er Jahren dort nicht mehr beobachtet
                                                                   gen bieten die einzige objektive Möglichkeit, die-                                                              wurde. Die weitere Verbuschung, Versaumung, Ver-
                                                                   sen Rückgang quantitativ wie qualitativ zu belegen.     Die Ergebnisse                                          kleinerung und Isolation der restlichen Kalkmager-
                                                                   Solche Datenreihen, die über viele Dekaden hinweg       Seit 1840 hat die Gesamtartenzahl der Tagfalter und     rasen ließ weitere Arten erlöschen. Mit dem Regens-
                                                                   am gleichen Standort für die gleiche Artengruppe        Widderchen auf den untersuchten Flächen bis heute       burger Gelbling verschwand eine östliche Steppenart
                                                                   und möglichst mit ähnlicher Methode erhoben wur-        deutlich abgenommen: Von einst ca. 130 Arten wur-       zunächst aus dem Untersuchungsgebiet und mittler-
                                                                   den, sind jedoch äußerst selten. Naturkundemuseen       den bei den jüngsten Erhebungen nur 71 wiederge-        weile aus Deutschland. Als dringliches Warnsignal
                                                                   und alte Aufzeichnungen können hierfür wertvolle        funden. Der Rückgang betrifft allerdings nicht alle     muss angesehen werden, dass im laufenden Jahr-
                                                                   Grundlagen liefern, wie eine Studie an Tagfaltern       Arten gleichermaßen: Solche mit geringen ökologi-       zehnt noch keine Nachweise des Krainer Widder-
                                                                   und Widderchen aus der Region um Regensburg             schen Lebensraumansprüchen, wie beispielsweise          chens vorliegen; diese Art tritt auf Kalkmagerrasen
                                                                   zeigt. Unlängst wurde sie von Habel und Kollegen        Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Großes Ochsenauge,        normalerweise in großen Dichten auf.
                                                                   im Fachblatt Conservation Biology publiziert.           Schornsteinfeger oder der Rotkolbige Braundick-
                                                                                                                           kopf, blieben über die gesamte Zeit hinweg stabil.      Die Kalkmagerrasen-Spezialisten, die bis heute im
                                                                   Die Studie                                              Klare Verlierer sind hingegen die Habitatspezialis-     Gebiet überlebt haben, wie der Himmelblaue Bläu-
                                                                   In der „Regensburger Studie“ wurde die Zusammen-        ten, also diejenigen Arten, die sehr spezifische öko-   ling oder der Silbergrüne Bläuling, kommen auf den
                                                                   setzung der Schmetterlings-Artengemeinschaften          logische Ansprüche stellen. Geradezu dramatisch         verbliebenen kleineren Habitatflächen oft in großen
                                                                   über einen Zeitraum von fast zweihundert Jahren         sind die Rückgänge bei typischen Trockenrasenarten      Populationen vor, sodass sie bisher noch dem Aus-
                                                                   rekonstruiert – beginnend also noch vor der Indus­      – obwohl gerade diese in den untersuchten Habita-       sterben entgangen sind.
                                                                   trialisierung und sämtlicher agrarischer Revolutionen   ten eigentlich beste Überlebenschancen haben soll-
                                                                   bis hin zur Gegenwart. Ausgewertet wurden die sel-      ten. Doch die Hälfte der dort einst vorgekommenen       Gefährdete Arten besonders bedroht
                                                                   tenen Daten von Wissenschaftlern der Technischen        ­Arten ist inzwischen verschwunden.                     Noch dramatischer als bei den typischen Kalkmager-
                                                                   Universität München, der Zoologischen Staats-                                                                   rasenarten vollzieht sich der Rückgang im Untersu-
                                                                   sammlung München, des Senckenberg Deutschen             Wandel mit Folgen                                       chungsgebiet bei den Arten, die aktuell auf der Ro-
                                                                   Entomologischen Instituts in Müncheberg und der         Maßgeblich für das Verschwinden vieler Trockenra-       ten Liste stehen. Im Vergleich zum 19. Jahrhundert
                                                                   Universität Torun in Polen. Geradezu ein Glücksfall     senarten dürfte auf den Untersuchungsflächen der        sind von dieser Gruppe mittlerweile etwa 60 Prozent
                                                                   war für sie, dass Regensburg außerdem über eine der     Rückgang der Schafbeweidung sein, die durch die ak-     verschollen. Generell beobachten wir deshalb, dass
                                                                   ältesten Wetteraufzeichnungen weltweit verfügt. Die     tuellen Naturschutzmaßnahmen nicht gleichwertig         der Anteil der Generalisten an der Gesamtartenzahl

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                           naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
14 TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                                                    TAGFALTER Titelthema 15

    Der Silbergrüne Bläuling                                                                                                                                                                                                                                      Der Hochmoorgelbling
  (Polyommatus coridon) ist                                                                                                                                                                                                                                       (Colias palaeno) ist ein
eine der Charakterarten von                                                                                                                                                                                                                                       Spezialist für Hochmoore.
            Kalkmagerrasen.                                                                                                                                                                                                                                       Früher, als solche Habitate
                                                                                                                                                                                                                                                                  im Umfeld des Untersu­
      Das Kleine Ochsenauge                                                                                                                                                                                                                                       chungsgebietes vorhanden
       ­(Hyponephele lycaon)                                                                                                                                                                                                                                      waren, wurde er als „Gast“
  braucht besonders magere                                                                                                                                                                                                                                        auf den Trockenhängen
        und vegetationsarme                                                                                                                                                                                                                                       gelegentlich angetroffen.
    Lebensräume und ist seit
über 100 Jahren im Untersu­                                                                                                                                                                                                                                       Der Kurzschwänzige
chungsgebiet ausgestorben.                                                                                                                                                                                                                                        Bläuling (Cupido argiades)
                                                                                                                                                                                                                                                                  war einige Jahrzehnte im
                                                                                                                                                                                                                                                                  Untersuchungsgebiet nicht
                                                                                                                                                                                                                                                                  nachgewiesen, tritt dort
                                                                                                                                                                                                                                                                  jedoch seit einigen Jahren
                                                                                                                                                                                                                                                                  wieder auf.

                               deutlich zunimmt, was durch den dramatischen Ver-        sie Nahrung bereithält – sie verhungern. Beispiele       des bestehenden Schutzgebietsnetzwerkes zumindest       – über eher relativ kurze Zeiträume betrachtet. So-
                               lust an Spezialisten begründet ist. Die bisherigen Be-   dieser Klimaverlierer könnten der letztmals in den       für Tagfalter kritisch hinterfragen.                    mit bestimmt jeder Beobachter für seine Generati-
                               mühungen, die Artenvielfalt in diesen hochgradig         1980er Jahren beobachtete Weißbindige Mohrenfal-                                                                 on entsprechend eine „neue“ Ausgangssituation, die
                               schutzwürdigen und schutzbedürftigen Habitaten zu        ter oder der in diesem Jahrzehnt noch nicht nach-        Nicht alle verlieren                                    von Generation zu Generation individuell und somit
                               erhalten, kann daher nur als gescheitert betrachtet      gewiesene Dukatenfalter sein. Diese Arten ziehen         Neben zahlreichen Verlierern gibt es auch einige        subjektiv verschoben wird. Langzeitbeobachtungen
                               werden. Das, was eigentlich geschützt werden sollte,     sich inzwischen verstärkt in die höheren Mittelge-       wenige Arten, die nach lokaler Auslöschung selbst       sind daher umso wichtiger, um Trends objektiv und
                               ist weitgehend verschwunden. Das, was wir eigent-        birgslagen zurück, wo es auch heute noch kältere         nach einigen Dekaden plötzlich wieder auftreten,        unabhängig von subjektiver, generationsgebunde-
                               lich überall sonst auch finden, hat überlebt.            und trockenere Winter gibt. Auch der Große Eis-          wie der Kurzschwänzige Bläuling, der eventuell vom      ner Wahrnehmung zu beschreiben und zu bewer-
                                                                                        vogel, überall in Deutschland dramatisch im Rück-        extrem warmen Sommer 2003 profitierte, oder der         ten. Besonders hervorzuheben ist aber, dass sich
                               Gründe des Artensterbens                                 zug, könnte zu den Klimaverlierern gehören. Für          Wandergelbling, der vielleicht als Folge der Klimaer-   das Verschwinden der untersuchten Arten stark be-
                               Die Gründe für das Aussterben der Spezialisten sind      ihn führten aber auch Veränderungen in der Forst-        wärmung immer öfter und zahlreicher Deutschland         schleunigt zu haben scheint: Während des 19. Jahr-
                               vielfältig und nicht ausschließlich durch die Verän-     wirtschaft, hin zu dunklen Fichtenschlägen und weg       im Frühjahr erreicht oder gelegentlich sogar vor        hunderts verschwand von ihnen lediglich eine dau-
                               derungen in den Naturschutzgebieten zu begrün-           von sonnigen Laubwäldern mit reichen Randstruk-          Ort an klimatisch begünstigten Stellen den Winter       erhaft, bis Ende der 1970er Jahre waren es immerhin
                               den. So kamen zum Beispiel noch im 19. Jahrhun-          turen, zu erheblichen Lebensraumverlusten. Aber          übersteht. Auch der Malvendickkopf tritt nach ei-       schon zwölf. Dann machte der Artenrückgang einen
                               dert zwei Moorarten – der Große Heufalter und der        auch Stickstoffemissionen spielen eine große Rolle       ner „Pause“ in der Mitte des vorigen Jahrhunderts       Sprung: In den sich anschließenden Dekaden erlo-
                               Hochmoorgelbling – gelegentlich auf den Trocken-         beim Artensterben: Sie bewirken ein zunehmendes          nun wieder auf; vielleicht sind die Temperaturen im     schen jeweils weitere zehn bis elf Arten. Den Rekord
                               hängen vor. Dorthin flogen sie aus ihren eigentlichen    Pflanzenwachstum und sorgen für eine verstärkte          Donautal schon so hoch, dass er auch dort, ähnlich      stellt jedoch unser aktuelles Jahrzehnt mit erschre-
                               Habitaten, den Moorbereichen in der Donauniede-          Verschattung einst sonniger Larvallebensräume. Auf       wie in Südeuropa, zu einer eher generalistischen Art    ckenden 26 Arten auf, die nun nicht mehr gesich-
                               rung, ein. Als diese Lebensräume jedoch vernichtet       diese Weise können sich die Lebensbedingen für et-       wird. Ebenfalls nach einer Periode ohne Nachwei-        tet werden.
                               wurden, fielen die Arten auch als Gäste auf den Tro-     liche an Wärme und Trockenheit angepasste Arten          se im gleichen Zeitfenster wird der Mattscheckige
                               ckenhängen aus. Die in der Nachkriegszeit einset-        – trotz generellem Temperaturanstieg – gerade für        Dickkopf wiedergefunden. Da diese Art oft in ver-       Die dargelegten Daten untermauern objektiv und
                               zende radikale Umgestaltung vormals blütenreicher        sie deutlich verschlechtern.                             saumten Bereichen angetroffen wird, könnte er sogar     über einen Zeitraum von fast 200 Jahren den häufig
                               und mäßig feuchter Mähwiesen zu Intensivgrünland,                                                                 von dieser für die meisten anderen Arten nachteili-     geäußerten Satz: „Früher gab es mehr Schmetter-
                               Äckern oder Siedlungsraum führte für etliche Arten       Neben diesen abiotischen Veränderungen (Klima,           gen Habitatentwicklung profitieren.                     linge“. Und sie verschwinden immer schneller – so-
                               zu einem Wegfall wichtiger Habitate, ihre Vernet-        Stickstoff) spielen auch Landschaftsveränderungen                                                                gar in Schutzgebieten, die eigens zum Schutz genau
                               zung ging verloren. Kleinere Satellitenpopulationen,     eine große Rolle: Stochastische Prozesse, also das lo-   Gab es früher mehr Schmetterlinge?                      dieser Arten angelegt wurden. Dies alles sollte uns
                               die früher auf den Kalkhängen existierten, konnten       kale Aussterben von Arten, können zur Ausdünnung         Welche Arten auf einer Fläche vorkommen und wie         besonders alarmieren!
                               sich nicht mehr halten. Ein Beispiel hierfür dürfte      von Arten in unserer Landschaft führen. Das betrifft     diese sich dort entwickeln, ist von vielfältigen, eng
                               der letztmals in den 1980er Jahren beobachtete Lila      besonders jene, die spezifische Lebensraumansprü-        miteinander verwobenen und komplexen Faktoren           Jan Christian Habel, Andreas Segerer &
                               Goldfalter sein. Auch die im Verlauf des Klimawan-       che stellen und nur ein geringes Ausbreitungspoten-      abhängig. Doch gab es früher denn nun wirklich          Thomas Schmitt
                               dels zunehmende Atlantisierung des Klimas dürf-          zial haben, was auch die Analyse der Regensburger        mehr Schmetterlinge als heute? Ja, dies bestätigt die
                               te für viele Arten von großer Bedeutung sein. Die        Datenreihe bestätigt. Diese Tatsache ist besonders       Regensburger Zeitreihe; ähnliche Daten liegen aber      Fotos: Ingolf Rödel
                               zunehmend wärmer und nasser werdenden Winter             alarmierend, da offensichtlich selbst auf geschützten    auch für andere Regionen Deutschlands vor, bei-
                               können bewirken, dass den Raupen eine schützen-          Flächen (FFH-Gebieten, Naturschutzgebieten) trotz        spielsweise für das Gebiet der Stadt Düsseldorf, den
                                                                                                                                                                                                           Weitere Informationen:
                               de Schneedecke fehlt, auch werden sie vermehrt von       Schutz und Management über lange Zeiträume hin-          Raum Trier oder den Mainzer Sand. Meist werden
                                                                                                                                                                                                           Im Original ist die Studie unter http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/
                               Pilzen befallen. Zudem können die Raupen in mil-         weg seltene Arten nicht erhalten werden können. So-      potenzielle Trends in Artengemeinschaften aber –
                                                                                                                                                                                                           cobi.12656/full erhältlich.
                               den Wintern schon aktiv werden, bevor die Natur für      mit müssen wir vor diesem Hintergrund die Effizienz      bedingt durch unsere eigene begrenzte Lebensdauer

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                                                    naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
16 TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                                                  TAGFALTER Titelthema 17

EDELSTEINE UND
­ELFEN ERFREUEN
 AUCH LANDWIRTE
ABGESTIMMTE BEWIRTSCHAFTUNG E­ RMÖGLICHT SCHMETTERLINGSSCHUTZ
                                                                                                                                             des Schafszuchtverbandes, Knut Kucznik, der um
                                                                                                                                             Altlandsberg im Landkreis Märkisch-Oderland ca.
                                                                                                                                                                                                     stark bedrohten Art leistet. Und genau das erfüllt ihn
                                                                                                                                                                                                     auch mit Freude und Stolz.
                                                                                                                                                                                                                                                              Der Vorsitzende des
                                                                                                                                                                                                                                                              Schafzuchtverbandes, Knut
                                                                                                                                                                                                                                                              Kucznik, plädiert für eine
                                                                                                                                             200 Hektar Grünlandflächen mit seinen Schafher-                                                                  enge Partnerschaft von
Schmetterlinge gelten bei vielen Völkern dieser Welt als Edelsteine bzw. sogar als Elfen unter den Tieren. Besonders                         den und inzwischen auch mit Wasserbüffeln bewirt-       Die Rinder von Bauer Lampe                               Landwirten und Natur­
                                                                                                                                                                                                                                                              schützern.
schön drückt dies eine Legende der nordamerikanischen Ureinwohner aus: Als die Welt noch jung war, wollte der                                schaftet. Auf seinem, zum Teil sehr nassen, Moor-       Etwa zehn Kilometer südlich von Eberswalde bewirt-
                                                                                                                                             grünland befinden sich europaweit die nördlichsten      schaftet Bauer Lampe aus Trampe ca. 250 Hektar eines     Mutterkühe der Robustrasse
Schöpfer eines Tages etwas besonders Schönes erschaffen. Also sammelte er die prächtigsten Farben und steckte sie
                                                                                                                                             Vorkommen der beiden in Deutschland und in ganz         ehemaligen Truppenübungsplatzes mit einer Herde          „Uckermärker“ des
in einen Sack: Das Blau des Himmels und das Grün der Bäume, das Gelb der Sonne und das Rot, Orange und Violett                               Europa stark bedrohten Ameisen-Wiesenknopfbläu-         von Mutterkühen, insgesamt ca. 250 Rinder. Auch dort
                                                                                                                                                                                                                                                               Landwirtschaftsbetriebes
                                                                                                                                                                                                                                                              Lampe bei der Landschafts­
der Blumen. Und als er den Sack wieder öffnete, flatterten Hunderte von leuchtenden bunten Gestalten heraus: Die                             linge Maculinea nausithous und M. teleius. Zum Er-      erfolgt eine enge Abstimmung zwischen dem Land-          pflege im FFH-Gebiet

Schmetterlinge hatten ihren ersten spektakulären Auftritt.                                                                                   halt dieser beiden stark spezialisierten Arten ist es   wirtschaftsbetrieb und den betreuenden Schmetter-        Trampe.

                                                                                                                                             äußerst wichtig, dass ihre Raupen-Nahrungspflan-        lingsforschern bezüglich des Beweidungsregimes.
                                                                                                                                                                                                                                                              Fotos: Hartmut Kretschmer

                             S
                                                                                                                                             ze, der Große Wiesenknopf, nicht dem Konkurrenz-        Besonders wertvolle Flächen werden im Frühjahr
  Wasserbüffel von Schäfer          chmetterlinge lassen auch viele Landwirte        einen guten bis sehr guten Zustand versetzt werden.     druck durch zu starken Gras- oder Schilfaufwuchs        ausgezäunt, während andere Flächen, auf denen sich
   Kucznik auf sehr arten­          nicht gleichgültig – selbst dann nicht, wenn     Im Folgenden soll anhand zweier Beispiele gezeigt       unterliegt. Die Konkurrenten müssen daher bereits       starker Aufwuchs befindet oder sich unerwünschte,
   reichen Nasswiesen bei
             Altlandsberg.          sie, vorgegeben durch verfehlte EU-Agrarpoli-    werden, wie Landwirte auch unter den aktuellen För-     im April/Mai abgeweidet oder gemäht werden. Zwi-        neu eingewanderte Pflanzen – wie die Goldrute – an-
                             tik, große landwirtschaftliche Flächen oft so bewirt-   derbedingungen so wirtschaften können, dass davon       schen Anfang Juni und Ende August werden die Flä-       gesiedelt haben, schon sehr zeitig beweidet werden.
                             schaften müssen, dass Tagfalter dort kaum noch Le-      auch Schmetterlinge profitieren.                        chen geschont, da die empfindlichen Bläulinge dann      Besonders wertvolle Biotope – z. B. mit Orchideen
                             bensräume finden. Doch zunehmend gibt es gerade                                                                 viele Nektarblüten brauchen und ihre Raupen in den      oder Lebensräume für den wunderschönen Großen
                             auch in Brandenburg eine immer besser werdende          Schäfer Kucznik und seine                               Blütenständen des Wiesenknopfes fressen. Erst im        Feuerfalter, den Violetten Feuerfalter und viele an-
                             Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Schmet-          ­Ameisen-Wiesenknopfbläulinge                           September, wenn die Räupchen bereits die Wie-           dere Insektenarten – werden nur kurzzeitig durch
                             terlingsforschern (Entomologen). Die meisten Tag-       Schäfer bewirtschaften mit ihren Tieren in der Re-      senknöpfe zur Überwinterung in Ameisennestern           Schnellumtriebsweiden im Spätsommer genutzt. Die
                             falterarten benötigen ungedüngte, extensiv bewirt-      gel Grünland, das weder gedüngt noch mit Pflan-         am Boden verlassen haben, werden die Schafe und         hochsensiblen Räupchen dieser Arten werden auf die-
                             schaftete, bunt blühende Wiesen mit einer Vielzahl      zenschutzmitteln behandelt wird. Dadurch gehören        Wasserbüffel zur Spätweide erneut auf die Flächen       se Weise geschont. Denn gänzlich verzichtet werden
                             von Pflanzenarten zum Leben. Dank guter Vertrags-       Schafweiden für den Naturschutz zu den wertvollsten     geschickt. Für diese sehr schmetterlingsfreundliche,    kann auf eine Beweidung auch nicht, die Flächen wä-
                             naturschutz-Programme sowie einiger Kulturland-         Flächen überhaupt. In den zurückliegenden Jahren        aber auch eingeschränkte Form der Bewirtschaftung       ren inzwischen längst durch Gehölze zugewachsen.
                             schaftsprogramme (KULAP) konnten in Branden-            konnten einige Schäfer gewonnen werden, um be-          bekommt der Landwirt Geld aus dem Vertragsnatur-
                             burg während der zurückliegenden zwanzig Jahre          stimmte vom Aussterben bedrohte Schmetterlingsar-       schutz. So tragen die kleinen blau-braunen „Flieger“,   Gemeinsam erfolgreich
                             viele der wertvollsten Feuchtwiesen und Trocken-        ten durch spezielle Bewirtschaftungsformen zu för-      wie Kucznik sie liebevoll nennt, auch nicht unerheb-    Die dargestellten Beispiele verdeutlichen, wie wich-
                             rasen zum Schutz vieler bedrohter Arten wieder in       dern. Das gilt beispielhaft auch für den Vorsitzenden   lich zu seiner Einkommenssicherung bei. Darüber         tig gerade die enge Zusammenarbeit zwischen Land-
                                                                                                                                             hinaus hat Kucznik längst sein Herz für die bedroh-     wirten und Naturschützern für den Artenschutz ist.
                                                                                                                                             ten Schätze auf seinen Wiesen entdeckt. Mit „Du,        Die hier genannten Landwirte stehen dabei nur als
                                                                                                                                             ich habe wieder eine neue Stelle mit Wiesenknöp-        Beispiele für die zunehmende Zahl ihrer Berufskol-
                                                                                                                                             fen entdeckt und den Bereich gleich mal ausgekop-       legen, die begriffen haben, wie wichtig ihre Arbeit
                                                                                                                                             pelt“, ruft er ab und zu bei seinem entomologischen     nicht nur für die Einkommenssicherung im länd-
                                                                                                                                             Flächenbetreuer an. Wenn der Schäfer seine Wiesen       lichen Raum ist, sondern auch für den Erhalt einer
                                                                                                                                             durchstreift und die zunehmende Zahl der grazilen       artenreichen und schönen Natur in Brandenburg –
                                                                                                                                             und anmutigen Falter sieht, weiß er, dass er mit der    und an der erfreuen wir uns letztlich alle.
                                                                                                                                             speziellen Bewirtschaftung der Moorwiesen einen
                                                                                                                                             wesentlichen Beitrag zum Erhalt dieser europaweit       Hartmut Kretschmer und Gabriela Michalski

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                                               naturmagazin 3/2016
TAGFALTER SIE WÜRDEN UNS FEHLEN EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE ZURÜCK IN BRANDENBURG - Natur+Text
18 TAGFALTER Titelthema                                                                                                                                                                                                                                     TAGFALTER Titelthema 19

EIN GARTEN FÜR SCHMETTERLINGE
NATURGÄRTEN HALTEN EIN GANZJÄHRIGES N
                                    ­ EKTARANGEBOT BEREIT

Schmetterlinge tanzen geruhsam über Wiesen dahin ... so erträumen wir uns wohl den Sommer. Als hätte die Natur
selbstvergessen gespielt, hat sie diese geflügelten Wesen überreich mit Farben und Mustern geschmückt. Auro­
rafalter, Landkärtchen, Ochsenauge, Schachbrett, und wie sie alle heißen. Schon die alten Griechen ließen sich von
ihnen bezaubern und betrachteten Schmetterlinge als Sinnbild der Seele.

                                                                                      Gewächse. Wer in seinem Garten daran etwas än-
                                                                                      dern möchte, sollte schon jetzt an die nächste Som-
                                                                                      mersaison denken: Entsprechend der Lage, Größe           Blütenpracht von Frühjahr bis Herbst                      Nahrung, Rastplatz sowie Schutz vor Regen, Wind         Die Nachtkerze entfaltet
                                                                                      und Bodenbeschaffenheit des Gartens lassen sich un-      Pflanzen Sie so, dass vom zeitigen Frühjahr bis zum       und Kälte. So leben die Raupen des Zitronenfalters      ihren Duft in der Dämme­
                                                                                                                                                                                                                                                                 rung – Nachtfalter wissen
                                                                                      terschiedliche Biotope realisieren. Etwa eine Stauden-   späten Herbst immer etwas blüht, damit die Schmet-        auf Kreuzdorn oder Faulbaum, die des Baumweiß-          es zu schätzen.
                                                                                      rabatte, ein duftendes Kräuterbeet oder eine Hecke       terlinge jederzeit ausreichend mit Nektar versorgt        lings auf Apfel, Schlehe oder Weißdorn, und die Rau-
                                                                                      mit Wildsträuchern. Wer einen Teil seines englischen     sind. Im Frühling liefern Blaustern, Schlüsselblu-        pen des Großen Schillerfalters werden auf der Grau-     Disteln sind zwar äußerst
                                                                                                                                                                                                                                                                 stachelig, an geeigneter
                                                                                      Rasens in eine bunte Schmetterlingswiese umwan-          me und Margerite flüssige Nahrung, im Herbst Pur-         weide satt. Neunzig Prozent der Blätter exotischer      Stelle können sie aber auch
                                                                                      deln möchte, muss allerdings zuerst den Nährstoff-       pur-Fetthenne oder Neubelgische Aster. Über acht-         Pflanzen bleiben unangetastet, weil sie für Raupen      im Garten dekorativ und für
                                                                                      gehalt des Bodens senken, da die meisten Wildblu-        zig Prozent unserer Schmetterlinge sind nachtaktiv.       ungenießbar sind.                                       Tagfalter Nahrungsquelle
                                                                                                                                                                                                                                                                 sein.
                                                                                      men auf mageren Böden gedeihen. Am besten tragen         Manche Pflanzen entfalten erst in der Dämmerung
                                                                                      Sie dazu die vorhandene Grasnarbe teilweise ab. An       ihr volles Aroma und ziehen Nachtfalter an. Auf un-       Überwinterungsplätze bereit halten                      Fotos: Christof Ehrentraut
                                                                                      den freigelegten Stellen wird der Boden umgebro-         sichtbaren Duftstraßen finden sie mit traumwand-          Schmetterlingsschutz im Garten heißt, auch im Win-
                                                                                      chen, durch Sandbeimischung abgemagert und mit           lerischer Sicherheit ihre Nektarquellen. Zu den           ter an die Falter zu denken. Einige überdauern die
                                                                                      einer im Fachhandel erhältlichen Blumenwiesenmi-         Nachtfalter-Pflanzen zählen Geißblatt, Nachtkerze,        kalte Jahreszeit als Puppe an einem Zweig oder Blatt.
                                                                                      schung eingesät.                                         Nachtlichtnelke und das Nickende Leimkraut.               Harken Sie nicht sämtliches Falllaub weg und lassen
                                                                                                                                                                                                         Reisighaufen liegen. Hier könnten Puppen überwin-
                                                                                      Heimische Wildblumen pflanzen                            Auch an Raupen-Futterpflanzen denken                      tern, manchmal sogar ein Schmetterling. Der Zitro-
                                                                                      Kartäusernelke, Taubenskabiose, Tüpfeljohannis-          Ein reichhaltiges Nektarangebot lockt zwar Schmet-        nenfalter ist so ein Überlebenskünster. Bis zu minus
                                                                                      kraut, Wilder Majoran und andere heimische Wild-         terlinge in den Garten, doch sie bleiben nur Gäste,       zwanzig Grad übersteht er. Ein Frostschutzmittel in
                                                                                      blumen locken mit ihren Farben und Düften Schmet-        wenn wir uns nicht gleichzeitig auch um ihre Raupen       seinem Blut bewahrt ihn vor dem Erfrieren. Tag-
                                                                                      terlinge an. Wie Marionetten an unsichtbaren Fäden       kümmern. Vergessen wir nicht: Ohne Raupen keine           pfauenauge und Kleiner Fuchs dagegen vertragen
                                                                                      tanzen sie von Blüte zu Blüte, saugen durch ihren aus-   Schmetterlinge! Im Gegensatz zu den Faltern inter-        keinen Frost. Diese Schmetterlinge suchen sich ein
                                                                                      gestülpten Rüssel Nektar und betätigen sich so ganz      essieren sie sich nicht für Nektar, sondern haben es      geschütztes Plätzchen in Geräteschuppen oder auf
                                                                                      nebenbei als Bestäuber. Wer sich nicht nur auf seine     auf Blätter einheimischer Pflanzen abgesehen. Wäh-        Dachböden. Wenn sie im Frühling aus ihrer Kälte­
                                                                                      Pflanzen verlassen möchte, kann Schmetterlinge zu-       rend der Schmetterling eine Vielzahl unterschiedli-       starre erwachen, geht es wieder hinaus. Dann müs-
                                                                                      sätzlich durch Kunstnahrung anlocken. Bewährt hat        cher Nektarquellen aufsucht, ist seine Raupe in Be-       sen entsprechende Fenster und Dachluken wenigs-
                                                                                      sich ein „Schmetterlingscocktail“ aus Honig, Zucker      zug auf ihre Futterpflanze schon wählerischer. So lebt    tens einen Spalt weit geöffnet sein. Die schönen
                                                                                      und einer Prise Salz - alles in Wasser gelöst. Schmet-   die Raupe des Schwalbenschwanzes auf der Wilden           Admirale machen es wie die Zugvögel. Wenn der
                                                                                      terlingsfreunde müssen auch nicht gänzlich auf exo-      Möhre oder der Petersilie, Raupen von Schachbrett         Herbst naht, fliegen sie in den Süden, einige sogar
                                                                                      tische Pflanzen verzichten. Wichtig ist nur, dass die    und Ochsenauge ernähren sich von Gräsern, und die         bis nach Nordafrika. Doch bevor es losgeht, sitzen

                                U
                                                                                      Blüten nicht gefüllt sind, damit die zarten Insekten     Larve des Mittleren Weinschwärmers hat sogar eine         sie noch gern auf Fallobst im Garten und saugen den
 Lavendel ist bei Tagfaltern,            nser Sommerbild finden wir heute nicht       leichten Zugang zum Nektar haben. Eine besonders         exotische Futterpflanze auf ihrem Speisezettel: Sie       süßen Fruchtsaft. Hoffentlich bekommen sie keinen
 Bienen und Hummeln sehr                 mehr so oft. Über sechzig Prozent der Fal-   ergiebige Nektartankstelle ist der Sommerflieder. Er     frisst auch die Blätter der Fuchsie. Lassen Sie kleine-   Schwips von den leicht gärenden Äpfeln, Birnen oder
                     beliebt.
                                         ter stehen auf der Roten Liste. Lebens-      zieht unsere Falter magisch an. An manchen warmen        re Stellen im Garten verwildern. Auf Brennnesseln,        Pflaumen: Sie müssen ja auf ihrem langen, beschwer-
                                raumzerstörung und Gifteinsatz machen ihnen den       Tagen sind seine Blütenstände dicht mit Schmetter-       Disteln und anderen „Unkräutern“ fühlen sich die          lichen Weg gut Kurs halten.
                                Garaus. Auch in vielen Gärten finden die farben-      lingen besetzt. Dann können wir Tagpfauenauge,           Raupen vom Kleinen Fuchs, Tagpfauenauge, Admi-
                                prächtigen Insekten keine Nahrung mehr. Statt hei-    Kleinen Fuchs oder Admiral ganz aus der Nähe er-         ral, C-Falter, Distelfalter und Landkärtchen wie im       Thomas Schmidt
                                mischer Blumen, Gräser, Sträucher und Bäume do-       leben. Weitere exotische Nektarspender sind Blaukis-     Schlaraffenland. Besonders wichtig für unsere Fal-        Autor zahlreicher Naturführer und Naturfotograf
                                minieren langweiliger Einheitsrasen und exotische     sen, Kapuzinerkresse, Phlox und Zinnie.                  ter sind heimische Sträucher und Bäume. Sie bieten        (www.ts-naturfoto.de)

naturmagazin 3/2016                                                                                                                                                                                                                                                   naturmagazin 3/2016
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