Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst

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Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
G 3291

Rundbrief 3/2008   Spezial   3. Quartal

                             Thema:
            Konflikte um Ressourcen
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Editorial

     Liebe Leserinnen                                                           Inhalt
     und Leser
                                                                                Schwerpunkt

                                                                                Fatale Arbeitsbedingungen
                                                                                im Kleinbergbau .......................... 3

Täglich werden wir in den Medien mit Berichten über
bewaffnete Konflikte auf der ganzen Welt konfron-                               Gold im Tschad .......................... 6
tiert. Wir werden darüber informiert, welche Ereignisse
geschehen sind, wieviele Tote es gab und wie groß der                           Wirtschaftlicher Profit zählt
Schaden ist. Nur selten oder in sehr vereinfachter Form                         mehr als Menschenrechte .......... 8
erfahren wir, warum die Konflikte ausgebrochen sind.
                                                                                Erdölprojekt Tschad/Kamerun-
EIRENE setzt sich seit Jahren in verschiedenen Ländern                          Erfahrungen aus der
der Welt zusammen mit den Partnerorganisationen vor                             Netzwerkarbeit ........................... 9
Ort aktiv für friedliche Dialoge ein. Für diese Arbeit ist
es essentiell, die Ursachen für die bestehenden Ver-                            Coltanabbau im Kongo ............ 12
hältnisse zu kennen und zu verstehen. Eine Ursache
von Konflikten ist der Kampf um die Kontrolle von Bodenschätzen und einen       Uranabbau und der aktuelle
möglichst hohen Anteil am Gewinn von Förderung und Vermarktung.                 Konflikt im Niger ..................... 14

Die Mehrheit der Bevölkerung in den rohstoffreichen Ländern in Afrika profi-    EIRENE-Friedensarbeit
tiert von den Gewinnen nur wenig. Von den negativen Folgen der Rohstoffför-     an den "Großen Seen" ............ 15
derung wie den Umweltschäden, der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und
den teilweise bewaffneten Konflikten um die Kontrolle der Ressourcen ist die
Bevölkerung allerdings unmittelbar betroffen. Es besteht die Gefahr, dass die   "Legt offen,
zunehmende Ressourcenknappheit das Konfliktpotenzial zukünfig noch weiter       was ihr zahlt!" ......................... 17
erhöht und verstärkt.

Aufbauend auf den Erfahrungen ihres zehnjährigen Engagements im Erdöl-          Internationale Kampagne zur
projekt Tschad/Kamerun für eine sozial- und umweltverträgliche Ölförderung      Rohstoffgerechtigkeit ............ 18
hat sich EIRENE daher entschlossen, das Thema "Konflikte um mineralische Res-
sourcen" (z.B. Metalle und Erdöl) zu einem Schwerpunkt ihrer Friedensarbeit     Kriege und Konflikte
zu machen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen, die unter extremen         in Afrika ................................... 19
Bedingungen arbeiten müssen und deren Umwelt zerstört wird.

Anfang November wird sich die EIRENE - Fachtagung `Konfliktursache minera-      Zertifizierung von
lische Rohstoffe: Optionen externer Akteure´ mit dieser Problematik befassen.   Handelsketten ............................ 20
Dort sollen sowohl die Eckpunkte des neuen Arbeitsbereichs abgesteckt als
auch konkrete Projekte erarbeitet werden.
                                                                                Nicaragua
Um den Begriff ‚Ressourcenkonflikte´ greifbarer zu machen und dessen Rele-      Wirbelsturm "Alma"................. 22
vanz für die Menschen vor Ort und für den Alltag in Deutschland zu verdeut-
lichen, widmet sich dieser Rundbrief ausschließlich dieser Thematik. Wir dan-   Kurzmeldungen ...................... 23
ken InWEnt (Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH) für den
finanziellen Beitrag, der uns diesen Rundbrief ermöglicht hat.                  Impressum .................................. 24

Das Hauptaugenmerk dieser Ausgabe gilt den aktuellen Konflikten in den
Projektländern von EIRENE: dem Uranabbau im Niger, der Goldgewinnung im
Tschad und den Auswirkungen des Abbaus von Diamanten und Coltan in der
Demokratischen Republik Kongo. Darüber hinaus werden Beispiele für Kam-
pagnen vorgestellt, die versuchen mehr, Transparenz in den Förderungs- und
Exportprozess zu bringen und die Ansatzpunke für eine gerechtere, sozial- und
umweltverträglichere Förderung und Vermarktung von Ressourcen aufzeigen.
Auf den beiden letzten Seiten informieren wir Sie wie immer über die Neuig-
keiten bei EIRENE.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

              Anke Täubert, Afrikareferat

     EIRENE-Rundbrief 3/2008
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

   Fatale Arbeitsbedingungen
   im Kleinbergbau
   von Anke Täubert

Das Motiv für die Arbeit im Kleinberg-      bekannt. Er bedeutet, dass eine große     oder bereits selber FreundInnen und
bau ist bei allen Beteiligten gleich, ob    Zuwanderungsbewegung entsteht. Die        Angehörige in Grubenunglücken
Männer, Frauen, Jungen oder Mädchen:        zugewanderten Menschen siedeln sich       verloren haben. Aber die ökonomische
Armut. Die Arbeit im Kleinbergbau           häufig in der Nähe der Abbaugebiete       Not und mangelnde Alternativen
ist für viele die lukrativste und einzige   an. Diese Siedlungen sind zumeist         zwingen sie unter diesen Bedingungen
Einkommensquelle. Die erzielbaren           abgelegen und zeitlich begrenzt. In       weiter zu arbeiten.
Einkünfte liegen über dem Durch-            ihnen herrscht eine große Fluktuation,
schnittseinkommen der meisten ande-         welche das Entstehen von Konflikten       Die meisten Unfälle mit Todesopfern
ren Tätigkeiten.Trotzdem sichert die        um Nahrung, Schürf- und Wohnplätze        passieren durch den Einsturz von Gän-
Arbeit in den Minen zumeist nur das         fördert.                                  gen und Löchern, die bis zu 20m tief
unmittelbare Überleben.                                                               und 50 m lang sind und zumeist keine
                                            Außerdem kommt es zu einer Verän-         professionellen Stützsysteme haben.
Weltweit sind ca.13 Millionen Men-          derung der sozialen Ordnung, wenn         Je nach Land und Mine unterschiedlich
schen direkt im Kleinbergbau be-            beispielsweise viele Menschen die         sehen die Siedlungen in der Nähe von
schäftigt und ca. 80-100 Millionen          Landwirtschaft aufgeben oder Leh-         Abbaugebieten aus. Oftmals bestehen
Menschen sind existentiell von ihm          rerInnen und SchülerInnen die Schu-       sie aus einfachen Zelten, ohne sau-
abhängig, das sind bedeutend mehr           len verlassen, um im Kleinbergbau
als beim industriellen Bergbau. Der         zu arbeiten. In der Demokratischen
Kleinbergbau erzeugt je nach Rohstoff       Republik Kongo kam es aufgrund             Quecksilbernutzung
10 – 30% der Weltproduktion. Für            der Abwanderung vieler Bauern und
viele der südafrikanischen Länder wird      Bäuerinnen sogar zu Lebensmitteleng-       im Kleinbergbau
für die nächsten zehn Jahre erwartet,       pässen.
dass sich die Zahl der im Kleinbergbau                                                 Um Gold direkt aus dem geschürften
Beschäftigten verdreifacht.                 Außerdem zerbrechen durch die Wan-         Erz heraus zu lösen, werden chemische
                                            derunsgbewegungen häufig Familien          Trennverfahren genutzt. Eines der gän-
Artisanaler Kleinbergbau (im Artikel        und Partnerschaften.                       gigsten Verfahren, welches auch in der
nur Kleinbergbau genannt) bedeutet                                                     Goldgewinnung in vielen Ländern des Sü-
Kleingewerbe treibende, nicht-indus-        Gesundheit und Sicherheit                  dens verwendet wird, ist das Amalgama-
triell abbauende SchürferInnen, also        der ArbeiterInnen                          tionsverfahren. Dabei wird das Erz zuerst
die Förderung und Verarbeitung von                                                     in verschiedenen Schritten zerkleinert, bis
Mineralien mit einfachen Methoden.          Die Internationale Arbeitsorganisa-        es in Pulverform vorliegt. Um das Gold
Dazu zählen je nach Rohstoff unter-         tion (ILO) nennt fünf Hauptgesund-         von den übrigen Erzbestandteilen zu
schiedliche Tätigkeiten: das Graben         heitsrisiken für die Arbeitenden im        lösen, wird es mit Wasser zu einem Brei
von Löchern, Gängen, Gruben, das            Kleinbergbau: Die Staubaussetzung,         verrührt, dem dann Quecksilber beige-
Waschen von Gesteinsmaterial; das           Kontakt mit Quecksilber und anderen        fügt wird. Quecksilber und Gold verbin-
Sieben von Erzen, das Versetzen mit         Chemikalien, Auswirkungen von Lärm         den sich zu Amalgam. Durch Sieben wird
Chemikalien, der Transport der Mine-        und Vibration, schlechte Belüftung in      das Goldamalgam heraussortiert. Beim
ralien, der Handel von Mineralien und       den Gruben und die daraus resultie-        Erhitzen des Amalgams verdampft das
die Versorgung der ArbeiterInnen.           rende Hitze, Feuchtigkeit und Sauer-       Quecksilber und das Gold bleibt zurück.
Der Kleinbergbau ist gerade in den          stoffmangel sowie die Folgen perma-        Bei diesem Verfahren gelangt das hoch-
ärmeren Ländern des Südens durch In-        nenter Überarbeitung und extremer          giftige Quecksilber in Flüsse, Luft und
formalität und Illegalität gekennzeich-     körperlicher Anstrengung.                  Boden.
net. Risiken und Unsicherheit prägen        Zu diesen Risiken kommt die hohe
die Arbeit in den Minen. Sie sind von       Gefahr von Arbeitsunfällen durch fal-      Auch Kinder sind mit Aufgaben im Amal-
den täglichen Funden abhängig und           lende Fels- und Steinbrocken, fehlende     gamationsprozess betraut und kommen
dem An- und Abstieg der Preise. Wenn        Sachkenntnis und Erfahrung, mangeln-       somit durch Einatmen oder über die
sie krank oder aufgrund eines Unfalls       de Ausrüstung und Werkzeuge und            Haut mit dem Quecksilber in Kontakt.
arbeitsunfähig werden, haben sie kein       der falsche Gebrauch von Sprengstoff.      In einigen Ländern werden Töpfe und
Einkommen mehr.                             Viele ArbeiterInnen besitzen keine         Pfannen sowohl fürs Kochen als auch
                                            Ausrüstung wie Helme, Handschuhe           für das Trennverfahren benutzt und
Der (Gold-) Rush                            oder Schutzschuhe, da diese eine zu        somit das Quecksilber mit jeder Nahrung
                                            hohe finanzielle Investition bedeuten.     aufgenommen. Die verschmutzten Flüsse
In der Regel folgt dem Fund eines                                                      werden als Trinkwasserquelle und für das
Mineralienvorkommens ein so ge-             Die meisten ArbeiterInnen sind sich        Waschen von Menschen und Kleidung
nannter `Rush´, der Begriff ist uns         eines Großteils der Risiken bewusst, da    genutzt.
durch den Gold-Rush oder Goldrausch         viele ZeugInnen von Unfällen waren

                                                                                                EIRENE-Rundbrief 3/2008    
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

                                                                                            rInnen zu vertreten. Die Arbeitenden
                                                                                            haben kaum die Wahl, wenn sie schür-
                                                                                            fen, kaufen oder verkaufen wollen,
                                                                                            müssen sie die Schmiergelder zahlen.

                                                                                            Veränderungen im Rohstoffabbau
                                                                                            in Katanga

                                                                                            Die Abbaugebiete Katangas waren bis-
                                                                                            her durch das Bild von SchürferInnen
                                                                                            geprägt, die das Erz ohne Stütz- oder
                                                                                            Schutzsysteme mit einfachen Werkzeu-
                                                                                            gen ausgruben. Seit die kongolesische
                                                                                            Regierung 33,8% des Territoriums an
                                                                                            Bergbaugesellschaften abgetreten
                                                                                            hat, wird der Bergbau zunehmend
                                                                                            von großen Konzernen bestimmt. Dies
                                                                                            bedeutet vielerorts Veränderungen
                                                                                            gerade für die kleinen SchürferInnen.

                                                                                            So hat beispielsweise eine südafrika-
                                                                                            nische Bergbaugesellschaft ihr Gelände
                                                                                            umzäunt und lässt es durch eine Si-
                                                                                            cherheitsfirma bewachen. Den Bewoh-
                                                                                            nerInnen des Ortes, welche vom Schür-
                                                                                            fen lebten, wurden 200$ pro Familie
                                                                                            gezahlt und sie wurden aufgefordert
                                                                                            sich nicht mehr blicken zu lassen. Für
                                                                                            die Familien ist das viel Geld, aber was
Frauen bringen goldhaltiges Erz zum Waschen                 Bild: Karen Hayes, PACT Congo
                                                                                            tun, wenn es ausgegeben ist? Wenn
                                                                                            sich keine andere Einkommensquelle
       beres Wasser oder hygienische Einrich-                                               findet, werden sie weitermachen oder
       tungen.                                   Im Jahre 2002 trug der Minensektor         an einen anderen Ort ziehen, an dem
                                                 30,33% zum Bruttoinlandsprodukt            sie noch frei schürfen können.
                                                 des Kongo bei, im Jahre 2007 ging der      Es ist auch der kongolesischen Re-
       Umweltschäden                             Beitrag auf 6% zurück. Hieran werden
                                                 zwei der größten Probleme der gesam-       Kinderarbeit
       Der artisanale Kleinbergbau ist für       ten DR Kongo ersichtlich: Korruption
       viele Arten der Umweltverschmut-          und Betrug sowie im Falle des Bergbaus     Die Arbeit von Jungen und Mädchen
       zung verantwortlich. Schuld hierfür ist   auch ungerechtfertigte Steuervergüns-      im Kleinbergbau in Ländern des Sü-
       einerseits das fehlende Wissen über       tigungen für Großunternehmen.              dens ist weit verbreitet. Allein in der
       die Auswirkungen bestimmter Ab-                                                      DR Kongo gehen Schätzungen von
       baumethoden oder die Verwendung           Große Mengen an wertvollen Materi-         ca. 800.000 bis 1Mio. im Kleinberg-
       von Chemikalien auf Menschen und          alien verlassen undeklariert das Land      bau beschäftigten Kindern aus. Die
       Umwelt. Andererseits ist so gut wie       und bedeuten einen hohen Verlust für       Ursache ist auch hier Armut. Oftmals
       kein Geld für den Schutz der Umwelt       die kongolesische Ökonomie und den         sind ganze Familien von der Arbeit
       vorhanden. Die Folgen sind fatal. Die     Wiederaufbau des Landes.                   der Kinder abhängig. Die Kinder
       Flüsse sind durch Chemikalien ver-        Die Korruption findet an allen Stellen     wachsen häufig mit der Minenarbeit
       giftet. Durch die Abholzung werden        des Förderungsprozesses statt. So ste-     auf. Ab drei Jahre kann ein Kind bei-
       ganze Landschaften zerstört und es        hen etwa Angehörige der staatlichen        spielsweise Gold waschen, ab sechs
       treten Erosionen auf. Uranhaltige Erze    Minenpolizei oder des Bergbaumini-         Jahre beginnen sie mit dem Steine
       führen häufig zu einer radioaktiven       steriums an den Aus- und Eingängen         schlagen und ab neun Jahren fangen
       Verseuchung des Bodens und des            der Minen und fordern Geld von den         sie an, unter Tage zu arbeiten und
       Grundwassers.                             SchürferInnen und HändlerInnen.            machen mehr oder weniger diesel-
                                                 Das geschieht an fast allen Orten, an      ben Arbeiten wie Erwachsene. Durch
                                                 denen der Transport von Mineralien         die fehlende oder mangelhafte
       Die Region Katanga im Südosten der        vorbei fließt: an Straßen, militärischen   Schulbildung wird ein Ausbruch aus
       Demokratischen Republik Kongo             Kontrollpunkten oder Grenzposten.          dem Armutszirkel schwierig. Viele
                                                 Gezahlt werden muss an viele ver-          Kinder erleiden schwere gesundheit-
       Ein Kupfergürtel, der 34% der Welt-       schiedene Organisationen, u.a. auch        liche und seelische Schäden durch die
       Kupfer-Vorkommen und 10% der              an das Militär, lokale einheimische und    harte körperliche Arbeit und die rau-
       Welt-Kobalt-Vorkommen beinhaltet,         ausländische Milizen oder an die EMAK      en Arbeits- und Lebensbedingungen.
       durchzieht die Region Katanga im Süd-     (Exploitants miniers artisanaux du
       osten der DR Kongo bis in das benach-     Katanga), welche eigentlich eingerich-
       barte Sambia.                             tet wurde, um die Rechte der Arbeite-

            EIRENE-Rundbrief 3/2008
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

gierung bewusst, dass es schwierig         finanzielle Notwendigkeit der
wird, wenn die 140.000 Bergleute ihre      Arbeit von Jungen und Mäd-
Arbeit verlieren. Der hochtechnisierte     chen nehmen viele gar nicht
industrielle Bergbau benötigt nur noch     oder nur unregelmässig am
wenige ArbeiterInnen. Die Vertreibung      Schulunterricht teil. Die man-
der Menschen von ihren Arbeits- und        gelnde Bildung begrenzt die
teilweise auch Wohnplätzen, quasi          Wahl- und Einkommensmög-
die Vernichtung ihrer Existenzgrund-       lichkeiten in ihrer Zukunft.
lage und die Konfrontation mit ihrer
Perspektivlosigkeit führen zu einem        Generell kann gesagt werden,
Anstieg der Gewalt. Bei Konflikten         dass Frauen am stärksten von
zwischen dem Sicherheitspersonal der       Gesundheits – und Sicherheits-
Firmen und den SchürferInnen, die vom      risiken in den Minen gefährdet
Firmengelände oder aus dessen Umge-        sind. Speziell durch den Kontakt
bung vertrieben wurden, gab es schon       mit Chemikalien kann es zu
des öfteren Tote.                          Fötusschäden, Unfruchtbarkeit
                                           und während der Stillzeit auch
                                           zu einer Schädigung der Kinder
Frauen und Mädchen im Kleinberg-           kommen. Darüber hinaus
bau tragen die doppelte Last               kommt es häufig zu Fehlge-
                                           burten aufgrund von körper-
In den meisten Ländern der Welt, in        licher Überlastung, Stress und
denen Kleinbergbau betrieben wird,         Verletzungen.
sind Frauen in fast allen Bereichen der
Rohstoffförderung, im Handel und
Verkauf, sowie in der Versorgung mit       Sexualisierte Gewalt und
Essen, Trinken und Werkzeugen tätig.       Missbrauch in den Minen und
Die einzige Ausnahme scheint die Be-       Camps
dienung von Maschinen zu sein, welche
den Männern vorbehalten bleibt. Es         Frauen werden im Bereich des
gibt sogar einige Beispiele, in denen      Kleinbergbaus und den an-          Minenarbeiterin im Kongo Bild: Karen Hayes, PACT Congo
Frauen Minen besitzen und Camps an         grenzenden Siedlungen häufig
den Abbaustellen leiten.                   Opfer von sexualisierter Gewalt           platz mit einer speziellen Ansiedlung
In der DR Kongo wird geschätzt, dass       und Missbrauch, speziell in abgeschie-    verbunden ist und die Männer von
ca. 20% der BergarbeiterInnen Frauen       denen Gebieten, in denen die Minen        ihren Familien getrennt sind, steigt die
sind, das heisst ca. 400.000 Menschen.     von Militärs kontrolliert werden. Dies    Nachfrage nach käuflichen Sex. Viele
30% von ihnen graben, 60% sind in          wird durch den hohen Alkohol- und         Frauen und Mädchen sehen aufgrund
der Weiterbearbeitung tätig und 10%        Drogenkonsum in den Minen noch            des Armutsdrucks in der Sexarbeit die
arbeiten im Transport und in der Ver-      verstärkt.                                einzige Einkommensoption.
sorgung.
                                           Das HIV/AIDS -Risiko und das anderer     Die Menschen im Kleinbergbau leben
Eine Erkenntnis, auf der bereits viele     sexuell übertragbarer Krankheiten ist    und arbeiten unter menschenunwür-
Projekte der Entwicklungszusammen-         durch die Fluktuation im Kleinbergbau    digen Bedingungen. Dies wird auch so
arbeit aufbauen, bestätigt sich auch       in Kombination mit Prostitution und      bleiben, solange Regierungen, Milizen
in der Tendenz im Kleinbergbau in          sexualisierter Gewalt sehr hoch.         und Unternehmen weiter unbehelligt
Ländern des Südens. Wenn die Aus-          Besonders schockierend ist das Er-       die finanzielle Not der SchürferInnen
gaben zur Versorgung der Familien          gebnis einer Studie der ILO über die     ausnutzen können. Ohne Druck von
von Männern und Frauen verglichen          Arbeit von Mädchen in Minen. In allen    außen werden sie auch keinen Grund
werden, geben die im Kleinbergbau          untersuchten Ländern (Niger, Peru,       sehen, etwas daran zu ändern.         n
tätigen Frauen einen größeren Anteil       Tansania, Ghana) kommen die sexuelle
ihres Einkommens als die Männer für        Belästigung, Missbrauch und kommer-
die Familien aus. Dies wird allerdings     zielle sexuelle Ausbeutung von Mäd-      Weitere Infos unter:
teilweise dadurch vereitelt, dass die      chen häufig vor. Besonders betroffen     www.ilo.org
Männer die Verwaltung des Geldes an        sind die in Bars und Restaurants oder
sich ziehen.                               Schmucksteinhandel beschäftigten
                                           Mädchen. In letzterem sind sie nur
Die Frauen im Bergbau leiden unter         Zwischenhändlerinnen. Hierbei verdie-
dem Druck einer doppelten Arbeitsbe-       nen sie sehr wenig Geld, und es wird      Die Autorin
lastung. Sie machen sowohl Lohn- als       von ihnen erwartet, dass sie
auch Hausarbeit. Diese Doppelbela-         ihren Verdienst durch sexuelle Dienst-    Anke Täubert ist seit Juli Mitarbeiterin im
stung beginnt schon bei Mädchen im         leistungen für die Steinbesitzer          Afrikareferat bei EIRENE. Sie ist Politologin
kleinsten Alter. Nach einem 10 -12 stün-    aufbessern.                              sowie Friedensfachkraft und arbeitete
digen Arbeitstag in den Minen geht                                                   zuvor bei Medica Mondiale. Arbeits-
die Arbeit der Frauen und Mädchen zu       Wie in allen Arbeitsfeldern, in denen     schwerpunkte sind Gender und Konflikt-
Hause in den Familien weiter. Durch die    der durch Männer dominierte Arbei-        bearbeitung.

                                                                                                EIRENE-Rundbrief 3/2008        
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

     Gold im Tschad                                                                     Mit Opfergaben auf der Suche
                                                                                        nach dem großen Fund

     von Martin Zint                                                                    Es gibt noch andere Regeln. Rund
                                                                                        um die Goldproduktion blüht der
                                                                                        Aberglaube. Wer Gold finden will,
                                                                                        braucht die Unterstützung von guten
                                                                                        Geistern, den Wasserfeen. Davon sind
                                                                                        hier alle überzeugt, erzählt ein junger
                                                                                        Mann. Die Feen müssen mit kleinen
                                                                                        Geschenken bei Laune gehalten
                                                                                        werden. Sie mögen Hühnereier und
                                                                                        andere Lebensmittel, aber sie nehmen
                                                                                        auch Bargeld. Die Goldgräber richten
                                                                                        für ihre Opfergaben kleine Altäre am
                                                                                        Flussufer ein, geschützt vor fremden
                                                                                        Blicken. Besonders vor dem bösen
                                                                                        Blick, der auf der Stelle Schluss ma-
                                                                                        chen kann mit den Goldfunden. Wehe
                                                                                        dem, der in den Verdacht gerät, den
                                                                                        bösen Blick zu haben. Das Mindeste
                                                                                        was ihm droht,ist mit Schimpf und
                                                                                        Schande verjagt zu werden.

                                                                                        Die Stimmung unter den Goldsuchern
                                                                                        heute scheint gut. Sie sind freundlich
                                                                                        zu uns fremden Besuchern. Vielleicht
                                                                                        liegt es daran, dass uns der örtliche
                                                                                        Direktor des Bergbauministeriums
                                                                                        begleitet. Ein sehr wichtiger Mann,
                                                                                        der ein Wort bei der Vergabe der
                                                                                        Lizenzen mitredet. Und er wollte
Jedes Gramm Gold kommt auf die Waage                                Bild: Martin Zint   uns nicht allein zu den Goldgräbern
                                                                                        lassen. Die jungen Männer schwenken
                                                                                        und waschen den Schlamm mit viel
Die Regenzeit hat begonnen und aus           rium nur die Einnahmen. Der gold-          Wasser, dabei setzt sich das schwerere
dem Rinnsal, das der Mayo-Dallah im          haltige Abschnitt des Flusses ist in       Gold unten ab. Nebenan bürsten
Rest des Jahres darstellt, ist ein erkenn-   mehrere Zonen zu je zwei Kilometern        Frauen Wäsche und kümmern sich um
barer Fluss geworden. Dunkelbraun            eingeteilt. Für diese Zonen werden Li-     die Kinder. Die planschen im Wasser
fließt er zwischen den noch zahlreichen      zenzen verkauft, leider nicht an jeder-    und spielen mit ihren kleinen Schüs-
Sandbänken. Kniehoch stehen zwei             mann. Beziehungen braucht es schon,        seln „Gold suchen“.
dutzend junge Männer in der Brühe. Sie       um an eine der lukrativen Genehmi-
schwenken silberne Metallschüsseln,          gung zur Ausbeutung zu kommen.
in die sie aus tiefen Löchern Schlamm        Suchen darf dann jeder, der möchte.        Die Felder liegen brach
aus dem Flussbett geschaufelt haben.         Unter der Bedingung, dass er sich an
Hektisch blinken die Schüsseln in der        strenge Regeln hält. Die wichtigste:       Die Goldproduktion verändert das
grellen Sonne. Die Männer haben es           Gefundenes Gold wird ausschließlich        Wirtschaften der Bevölkerung. Traditi-
eilig. Noch ein paar Regenfälle, und für     an den Lizenznehmer bzw. dessen            onell lebt sie von der Landwirtschaft.
einige Monate ist an Arbeit im Fluss         Beauftragten verkauft.                     „Eigentlich gehören alle verfügbaren
nicht zu denken, bis er in der Trocken-                                                 Arbeitskräfte auf die Felder, jetzt zum
zeit wieder begehbar wird. Und nur in        Ein Gramm des hier gewonnen Gold-          Beginn der Regenzeit. Aber Gold su-
seinem Bett ist zu finden, was hier alle     staubs ist 6.000 bis 7.000 CFA (zen-       chen scheint einfacher und vor allem
antreibt: Gold.                              tralafrikanische Francs, ca. 10 Euro)      ergiebiger als die mühsame Feldar-
                                             wert. Der Aufkäufer zahlt dafür 3.000      beit und es wurde zur Männerarbeit
Seit 1992 wird es hier gewonnen. Sta-        – 4.000 CFA, 50% davon behält er für       erklärt. So haben die Männer das Geld
tistische Zahlen über die Entwicklung        den Lizenznehmer ein. Wenn es gut          in der Tasche. Den Frauen bleibt die
der Fördermengen gibt es nicht. Aber         geht, bekommt der Goldgräber also          Hausarbeit. Wer einmal leicht ver-
noch immer wird Gold gefunden.               2.000 CFA für ein Gramm. Offenkun-         dientes Geld genießen konnte, der
Die Förderung des wertvollen Me-             dig immer noch ein interessantes           greift ungern wieder zur Hacke. So
talls geschieht unter den wachsamen          Geschäft für die jungen Männer, die        entstehen Wanderungsbewegungen
Augen des Staates, wenn auch nicht           beim Aufkäufer Schlage stehen. Das         in Richtung auf ergiebigere Vorkom-
wirklich unter seiner Aufsicht. Um-          hier gewonnene Gold wird u.a. für die      men, wenn das heimische Flussbett
weltschutzauflagen oder Regeln zum           High-Tech Industrie verwendet, Gold        nichts mehr hergibt. Die Felder blei-
Arbeitsschutz gibt es hier nicht. Fest       ist ein sehr guter elektrischer Leiter.    ben unbewirtschaftet.
im Blick hält das zuständige Ministe-

     EIRENE-Rundbrief 3/2008
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

Der Goldrausch macht krank

Die harte Arbeit im kühlen
Wasser fordert ihren Tribut.
Die Männer sind anfällig für
Infektionskrankheiten. Statt
der Feen geben böse Plage-
geister in Form von Moskitos
ihr Stelldichein, besonders die
Malaria grassiert. Der Rücken
macht bald nicht mehr mit und
es gibt Unfälle. Das Gold findet
sich in einer Gesteinsschicht,
dem „Bon Coeur“, die sich etwa
1,50 m unter der Oberfläche
befindet. Um an diese Schicht
zu kommen, werden Löcher
in das Flussbett gegraben,
allenfalls durch ein paar Zweige
abgestützt. Aus deren Boden
schaufelt man den goldhaltigen
Sand. Eine gefährliche Sache,
wenn der lose Kies abrutscht.

Das kleine Dorf am Flussufer
verfügt über mehrere Ge-
schäfte. Zigaretten, Alkohol,
Süßigkeiten und Lebensmittel
sind im Angebot. Was fehlt
sind eine Schule oder eine
Gesundheitsstation. Mehr Geld
im Umlauf bedeutet leider
auch mehr Abfall. Langfristig
leidet, neben den Menschen,        Frauen waschen im Goldgräber-Fluss ihre Wäsche                              Bild: Martin Zint
auch die Umwelt. Die Arbeit
der Goldgräber bedeutet einen
schweren Eingriff in das Ökosystem        produktion eingesetzten Chemikalien.
Fluss. Es wird extrem viel Schlamm        Der Direktor vom Bergbauministerium         Gründe für Konflikte
aufgewühlt. In Folge der enormen          zuckt nur mit den Schultern, er weiß        um Rohstoffe
Verschlammung bilden sich Bakte-          es nicht. Ich mache ein paar Fotos
rien und das Wasser wird auf weite        im Innern des Containers, vielleicht
Strecken als Trinkwasser ungeeignet.      finde ich jemanden, der mir sagen           l Weltweit sind mineralische Roh-
Fische können nicht mehr überleben.       kann, was in dem Container lagert.            stoffe in Regionen der Welt mit
Die Löcher der Goldgräber füllen sich     Zu meinem Rat, das Zeug fachgerecht           instabilen Verwaltungsstrukturen
mit Wasser und sind Mückennester.         entsorgen zu lassen, nickt er freund-         und schwacher Kontrolle der staat-
Die Böschungen werden beschädigt,         lich. Aber wer soll das bezahlen?      n      lichen Territorien verbreitet.
Erosion wird gefördert.
                                                                                      l Der Wert der Rohstoffe ist hoch
In den Jahren 2000 – 2004 hat eine        Der Autor                                     und angesichts der Trends an den
koreanische Firma hier industriell                                                      Rohstoffmärkten bald noch höher.
Gold gefördert. Ihre Anlagen rosten       Martin Zint,
vor sich hin, seit die Koreaner die       Koordinator der                             l Bergabbaugebiete, Naturschutzge-
Arbeit eingestellt haben. Niemand         AG-Erdölprojekt                               biete oder Waldkonzessionen sind
kann oder will uns sagen, warum.          Tschad/Kamerun,                               oft schlecht bewacht.
Aber wir werden von einem ehema-          war Ende Juli
ligen Mitarbeiter herumgeführt. Stolz     im Tschad mit                               l Rohstoffschmuggel oder Falsch-
erklärt er uns die verschiedenen Ar-      Vertretern des                                deklarationen des wahren Export-
beitsschritte bis hin zum Einschmelzen    lokalen Netzwerks                             wertes sind fast risikofrei.
des Goldstaubs in einem Spezialofen.      CREMP (Kollektiv
Auch die zur Goldscheidung verwen-        zur Reflexion über die Ausbeutung von       l Falschdeklarationen für Exportzöl-
deten Chemikalien lagern noch in          Mineralien und Öl) in der Region von Pala     le ergeben wichtige Profitprozente
einem vergammelten Container. Die         unterwegs, um sich ein Bild über die För-     – was den Wettbewerb mit ehr-
Säcke sind in koreanischer Sprache        derung von Gold, Kalk und der Prospek-        lichen Marktteilnehmern entschei-
beschriftet. Was ist da wohl drin?        tion nach Uran und Öl in der Region zu        dend verzerrt.
Zyankali gehört zu den in der Gold-       machen.

                                                                                               EIRENE-Rundbrief 3/2008    
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

     Wirtschaftlicher Profit zählt mehr
     als Menschenrechte
     von Enrico Carisch
Es ist schon fast eine Binsenwahrheit:      Germanium, Elfenbein, Pelze klebt           Kindern unter erschreckenden gesund-
Rohstoffreiche Länder werden häufig         Blut. Bereits gibt es Hinweise wie selbst   heitlichen Risiken gewonnen wird und
von gewalttätigen Konflikten, orga-         Uran and andere radioaktive Materi-         über internationale Raffinerien in den
nisiertem Verbrechen, Verletzungen          alien mithelfen, Kriege zu finanzieren      Schmuckhandel einfließen.
von Menschenrechten oder Umwelt-            und vielleicht auch in terroristische
schutzregeln sowie Korruption erfasst.      Vorhaben einfließen und dennoch             Bloomberg News berichtete kürzlich
Diese Verkettung wirkt sich besonders       unerkannt durch die Handelsketten           ebenfalls, wie Tausende von Kindern
verhängnisvoll aus in Ländern mit           schlüpfen.                                  in Katanga Kupfer und Kobalt unter
schwachen Verwaltungsstrukturen und                                                     Bedingungen abbauen, die jede Regel
hohem Rohstoffreichtum. Afrikanische        Obwohl in den letzten Jahren die            der ILO verletzen. Das Kupfer und
Länder rangieren hier als Spitzenrei-       Kriege in Afrika merklich nachgelassen      Kobalt wird für die Herstellung von
ter. Jahrelang wüteten da Konflikte,        haben, profitieren neue Gruppen oder        Mobiltelefonen von Sony, Nokia oder
die oft mit politischen, kulturellen        „negative Akteure“ von Rohstoffen.          Samsung verwendet. In jedem dieser
und ethnischen Motiven begründet            Jetzt sind es lokale oder regionale         Fälle beteuern die renommierten Fir-
wurden. In Wahrheit aber ging es den        Despoten, die keine politischen Motive      men Unwissen über die Herkunft der
Krieg führenden Parteien meist um die       mehr vorschützen, sondern aus purer         mineralischen Stoffe – also ein klares
Profite, die sie durch die Kontrolle über   Gier mit gewalttätigen Mitteln artisa-      Versäumnis in der sonst in jeder Indus-
regional vorhandene Rohstoffe für sich      nale Bergbaukommunen ausbeuten.             trie üblichen Überprüfung der Versor-
gewinnen konnten. Die Erlöse, die ihnen     Oder ehemalige Milizen verwandeln           gungskanäle.                           n
und ihren kriminellen Komplizen aus         sich in organisierte Verbrecherban-
dem illegalen Handel dieser Produkte        den. Oft werden sie unterstützt durch
entstanden, übertrafen jede andere          korrupte Konspirationen zwischen
Einkommensquelle.                           Aufsichtsbeamten, Politikern und
                                            national oder international tätigen Un-
Es ist kein Wunder, dass Anführer von       ternehmen, die Rebellen und Warlords
Milizen, Rebellengruppen und Militärs       abgelöst haben. Sie profitieren von
sich oft in jahrelange brutale Kon-         den gleichen strukturellen Mängeln,
trollkriege um Rohstoffe verzahnten.        die schon immer die illegale Ausbeu-
Denn wer in den Besitz von Rohstoffen       tung von Rohstoffen ermöglichte.
gelangte, konnte damit rechnen, dass
er sie unerkannt in die internationale
Handelsströme einschleusen konnte,          Tranzparenz fehlt
ohne einen Nachweis für die legale
Eigentümerschaft, Herkunft oder             Weil in den internationalen Handels-
Einhaltung arbeitsrechtlicher oder öko-     ketten kein Nachweis der legalen Ei-
logischer Gesetze leisten zu müssen.        gentümerschaft oder Normen zur Her-         Der Autor
Seit einigen Jahren prüfen viele Länder     kunftsbescheinigung gefordert wird,
mit dem Kimberley-Prozess wenigstens        landen Mineralien, Edelsteine oder          Enrico Carisch ist Mitglied
die Herkunft von Diamanten und in           Hölzer bei führenden Unternehmen            der Expertengruppe des
einigen Waldregionen gibt es Her-           und Verbrauchermärkten der Welt,            UNO Sicherheitsrates für
kunftszeugnisse für Holz.                   obwohl sie mit schlimmen Gewaltak-          Somalia, Liberia, DR Kon-
                                            ten und Menschenrechtsverletzungen          go, Sudan. Er ist zustän-
                                            gewonnen wurden. So wurde in einer          dig für wirtschaftliche
Rohstoffe finanzieren Kriege                kürzlich von der Financial Times durch-     Aspekte von Waffenem-
                                            geführten Untersuchung nachgewie-           bargo-Verletzungen.
Abgesehen von dieser relativ gerin-         sen, wie Cassiterit aus kongolesischen
gen Menge von Diamanten und Holz            Bergwerkregionen, die von Militärs          In den nächsten Monaten wird er mit der
können praktisch alle Naturschätze zur      kontrolliert werden, über verschiedene      Gesellschaft für technische Zusammen-
Konflikt fördernden Finanzierung miss-      Verarbeitungs- und Handelsschritte in       arbeit (GTZ) ein Vorhaben zur Rohstoff-
braucht werden. In Untersuchungen           den Elektronik-Produkten von Micro-         zertifizierung in den elf afrikanischen
der UNO und anderen Gremien                 soft, Panasonic oder Toshiba landen.        Mitgliedsländern der Internationalen
werden nicht mehr nur Konfliktdia-          Ein anderer Artikel von Assosiated          Konferenz der Region Große Seen leiten.
manten nachgewiesen. Auch an Gold,          Press (AP) deckte erst vor wenigen
Zinn, Kassiterit oder Coltan, selbst an     Wochen auf, wie Gold von Klein-
Silber, Wolfram, Kupfer, Kobalt, Holz,      bergwerken in Senegal und Mali von

     EIRENE-Rundbrief 3/2008
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

   Erdölprojekt Tschad/Kamerun -
   Erfahrungen aus der Netzwerkarbeit
   von Martin Petry

„Die Organisation 'Ökumenischer           stützt von der Weltbank, ist die bisher      engagieren würden, war nicht selbst-
Friedensdienst' möchte, um Gewalt vor-    größte privatwirtschaftliche Investition     verständlich. Erdöl stand nicht auf der
zubeugen, Konflikte antizipieren sowie    im Afrika südlich der Sahara. Seit 2003      Tagesordnung der Mitarbeitenden.
Kapazitäten für Konfliktbearbeitung       gehört der Tschad nun zu den erdöl-          Außerdem beschlich uns alle Mut- und
schaffen und unterstützen. Das Erdöl-     exportierenden Ländern. Nur ein sehr         Ratlosigkeit angesichts der unüber-
projekt Tschad-Kamerun scheint dafür      kleiner Teil der Erlöse floss in Projekte,   schaubaren Problematik. Aber auf
eine Eingangstür zu bieten“, schrieb      die der Bevölkerung zu Gute kamen.           einmal waren wir mittendrin. Projekt-
Nobert Kenné, der Direktor dieser kame-   Aber wirkliche Entwicklung hat bisher        partner, lokale Menschenrechts- und
runischen Friedensorganisation im Janu-   nicht stattgefunden, die Menschen            Friedensorganisationen, EIRENE-Fach-
ar 1998. Kenné hatte damals als erster    leben weiter in Armut. Direkt neben          kräfte, alle wurden zu Betroffenen.
begriffen, dass die Netzwerkarbeit zum    und zum Teil in von Armut geprägten          Das Annehmen der Herausforderung
Erdölprojekt Friedensarbeit war und das   Dörfern um die Bohrlöcher und ent-           Erdölprojekt hieß für viele Beteiligte,
Potential hatte, zur Reduzierung von      lang der Pipeline entstand eine zweite       Routinen, Grenzen und Mandate über-
Gewalt beizutragen.                       „Welt“, die Welt der Erdölkonzerne,          schreiten, auch bei EIRENE. Seit 1997
                                          hochmodern und mit allem Luxus               stellen sich Mitarbeitende aus vielen
                                          ausgestattet: 400 Bohrbrunnen zur            Organisationen diesem Projekt in
Kongo, Sudan, Angola, Tschad, Liberia,    Förderung des Erdöls, eine 1000 km           seiner Komplexität trotz der eigenen
Sierra Leone gehören zu den ressour-      lange Pipeline durch den Regenwald           Unzulänglichkeiten. Daraus entstand
cenreichen Ländern Afrikas. Bekannt       und ein Offshore Terminal vor der At-        ein internationales Netz von Personen
geworden sind sie allerdings durch das    lantikküste Kameruns, ein verzweigtes        und Organisationen, die gemein-
ungeheure Ausmaß an Gewalt und            Röhren- und Straßennetz, Unterkünfte         sam auf den Lauf der Dinge Einfluss
Brutalität, mit der Konflikte in diesen   für hunderte von Mitarbeitern unzäh-         nahmen. Die internationale Netzwerk-
Ländern ausgetragen wurden und wer-       liger Firmen aus der ganzen Welt, ein        und Advocacyarbeit hat zu konkreten
den. An diesen Konflikten sind fast im-   satellitengestützes Kommunikations-          Ergebnissen geführt. Dazu gehören
mer auswärtige Parteien und Akteure       system, riesige Lagerhallen und Werk-        der Schutz von zivilgesellschaftlichen
beteiligt, Regierungen, Unternehmen,      stätten und ein Projektkraftwerk mit         Akteuren, ihre internationale Anerken-
Finanzinstitutionen, Sicherheitsfirmen,   120 Megawatt Leistung (vier Mal so           nung sowie Rahmenbedingungen, die
Waffenhändler. Sie beeinflussen durch     viel wie die bisher im Tschad erzeugte       Korruptionsbekämpfung ermöglichen.
ihre Beziehungen und Aktivitäten          Leistung).                                   Neue Gewaltausbrüche gefährden
den Verlauf der Konflikte. Der legale                                                  immer wieder das einmal Erreichte.
und illegale Abbau von Rohstoffen         Entwicklung für die lokale Bevölke-
im Besonderen trägt über vielfältige      rung hat nicht stattgefunden; ihre           Schutz von zivilgesellschaftlichen
Weise zur Verschärfung bestehender        Rechtsansprüche auf Entschädigung            Akteuren
Konflikte und zur Entstehung neuer        müssen die von Umsiedlung und
Konflikte bei. In manchen Ländern         negativen Auswirkungen der Erd-              Im März 1998 kam es in der Erdölregi-
entstanden so genannte Bürgerkriegs-      ölförderung Betroffenen in zähem             on zu massiver Repression und Gewalt.
ökonomien, in denen der Abbau und         Ringen geltend machen. Inzwischen            In vielen Dörfern, in denen EIRENE,
die Vermarktung wertvoller Rohstoffe      fließt ein großer Teil der Erlöse in die     Brot für die Welt und Misereor Pro-
eine zentrale Rolle im Konfliktgesche-    Aufrüstung des tschadischen Militärs.        jekte unterstützten, wurden Menschen
hen spielen. In Afrika gibt es bisher     Die Konflikte und die Bereitschaft,          ermordet, vergewaltigt und gefoltert.
kein Beispiel, wo Erdölförderung zu       Gewalt anzuwenden, nimmt wieder              Die Regierung wollte die Region kurz
Entwicklung und Frieden beigetragen       zu. Ständig entstehen neue Rebellen-         vor der Bauphase des Erdölprojekts ein
hätte. Im Gegenteil, Erdölförderung       bewegungen.                                  für alle Mal „befrieden“. Auch in all
führte zu Fehlentwicklungen, Um-                                                       den Jahren danach wurden Menschen
weltzerstörungen, Bürgerkriegen und       Die Problematik der Erdölförderung           verfolgt und Konflikte mit größter
Gewalt. „The Paradox of Plenty“ oder      in einem von Konflikten geprägten            Härte ausgetragen.
der „Ressourcenfluch“ wird das heute      Land war schon vor 10 Jahren bekannt,
genannt.                                  als die Planungen in eine konkrete           Im Februar 2008 aber gab es wieder
                                          Phase eintraten. Das Gefahrenpoten-          einen dramatischer Höhepunkt, als Re-
Erölvorkommen im Tschad                   tial konnten viele von uns erahnen,          bellen die Hauptstadt erreichten. Noch
und in Kamerun                            aber dass sich tschadische und kame-         während der Kämpfe, aber vor allem
                                          runische Entwicklungsorganisationen          danach, kamen politische Oppositi-
Das Erdölprojekt Tschad-Kamerun,          sowie Mitarbeitende von EIRENE, Brot         on und Zivilgesellschaft massiv unter
betrieben von ExxonMobil (Esso),          für die Welt, Misereor und Amnesty           Druck. Wie 1998, als internationale
ChevronTexaco und Petronas, unter-        International zu diesem Erdölprojekt         Aktionen das Morden und Plündern

                                                                                                 EIRENE-Rundbrief 3/2008    
Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
Schwerpunkt

stoppten, so funktionierte auch dieses     sich geändert wie an zwei Beispielen       Es hat sich etwas verändert
Mal das internationale Netz. Welt-         deutlich wird. Ungerecht niedrige
weit wurden Protestbriefe, Faxe und        Entschädigungstarife für Familien, die     Nach wie vor sind die tschadische
E-Mails an die tschadische Regierung       Land oder anderen Besitz wegen des         Gesellschaft und die Erdölförderung
geschrieben. In Europa und den USA         Erdölprojekts verloren, waren vor-         geprägt und umgeben von einem
wurden unzählige Gespräche zwischen        geschlagen worden. Über eine Reihe         riesigen Gewalt- und Konfliktpo-
PolitikerInnen und VertreterInnen der      internationaler Kontakte gelang es,        tential. Die genannten Ergebnisse
tschadischen Zivilgesellschaft organi-     Esso dazu zu zwingen, die tschadische      zusammengenommen haben ein
siert, um Offenheit für einen Dialog-      und kamerunische Zivilgesellschaft an      Verhandeln auf gleicher Augenhöhe
und Friedensprozess zu schaffen. Die       der Festsetzung der Entschädigungs-        ermöglicht und damit den Betroffenen
deutsche Arbeitsgruppe Erdölprojekt        tarife zu beteiligen, was zu deutlichen    Perspektiven eröffnet, um Angst und
Tschad-Kamerun spielte dabei wieder        Verbesserungen des ursprünglichen          Hoffnungslosigkeit zu überwinden.
eine zentrale Rolle als Koordinierungs-    Entschädigungsplans geführt hat. Als       Die internationale Netzwerkarbeit hat
stelle für die vielfältigen Initiativen.   im Mai 2001 Präsident Idriss Deby alle     die schwächeren Akteure so gestärkt,
                                           Kandidaten zur Präsidentschaftswahl        dass sie im Rahmen des Erdölprojekts
Internationale Anerkennung von zi-         verhaften ließ, konnte über einen          handlungsfähig wurden gegenüber
vilgesellschaftlichen Organisationen       informellen Zugang der Präsident der       der Regierung und Esso und sich so für
                                           Weltbank persönlich mobilisiert wer-       ihre Rechte einsetzen konnten.
Weltbank, ESSO und die tschadische         den. Innerhalb kurzer Zeit waren die
Regierung waren lange nicht bereit,        Kandidaten wieder frei.                    Kooperationen und Dynamik, die
mit Bevölkerung und Zivilgesellschaft                                                 Veränderungen schaffen
zu verhandeln, da diese für sie keine      Schaffung von günstigeren Rah-
Verhandlungspartner darstellten. Die       menbedingungen für Korruptions-            Gewaltsame Konflikte im Tschad
betroffenen Menschen in der Erdöl-         bekämpfung                                 haben komplexe Ursachen und lange
region waren nicht organisiert, ihre                                                  Geschichten – es gibt keine einfachen
Versuche, sich zu einer Interessensge-     In einer tschadischen Kontrollkom-         Lösungen und Rezepte. Das Erdölpro-
meinschaft zusammenzuschließen wur-        mission zur Beaufsichtigung der            jekt schuf zusätzliche Komplexität.
den von der Regierung lange verboten       Verwendung der Erdöleinnahmen sind         Kooperationen auf nationaler und
und von Esso untergraben. Das hat          RepräsentantInnen der tschadischen         internationaler Ebene waren nötig,
                                                                Zivilgesellschaft     um voranzukommen. Die Dynamik der
                                                                vertreten und         Netzwerkarbeit hatte ihren Ursprung
                                                                versuchen mitzu-      in der Zusammenarbeit von Organisati-
                                                                wirken, dass die      onen, deren Wirkungskreise sich bisher
                                                                Erdöleinnahmen        nur wenig berührten. Entwicklungs-,
                                                                für Entwicklungs-     Menschenrechts-, Friedens-, und Um-
                                                                maßnahmen ver-        weltorganisationen kooperierten mit
                                                                wendet werden.        Politik und Wissenschaft. Diese Koo-
                                                                Mit begrenztem        perationen produzierten ständig neue
                                                                Erfolg – aber         Handlungsoptionen (und natürlich
                                                                immerhin: es gibt     auch viele Konflikte) und ermöglich-
                                                                diese Institution.    ten ein Agieren in vielen Arenen. Die
                                                                Daneben hat sich      Kooperationen waren nicht strategisch
                                                                eine tschadische      durchgeplant, es war selten möglich
                                                                Plattform der         vorauszusehen, was wirklich gesche-
                                                                internationa-         hen würde. Es ging oft chaotisch zu,
                                                                len Kampagne          es gab viele Rückschläge und Enttäu-
                                                                "Publish what you     schungen, aber irgendjemandem fiel
                                                                pay" gebildet. Mit    trotzdem immer ein nächster Schritt
                                                                dieser Kampagne       ein. Es gab wenig strategische Pla-
                                                                wollen zivilgesell-   nungsprozesse, aber kontinuierlich
                                                                schaftliche Organi-   strategische Entscheidungen durch
                                                                sationen weltweit     Schlüsselakteure im Netzwerk. Nötig
                                                                dafür sorgen, dass    war die Bereitschaft zum Handeln,
                                                                Unternehmen           gerade auch, wenn nicht zu übersehen
                                                                und Regierungen       war, wo das alles hinführte.
                                                                transparenter
                                                                werden und über       Und jetzt?
                                                                Zahlungsströme
                                                                Rechenschaft          1. Zivilgesellschaft stärken heißt
                                                                ablegen. Wenn            Voraussetzungen für Frieden und
                                                                die Zahlungen            konstruktive Konfliktbearbeitung
                                                                öffentlich werden,       schaffen
                                                                kann Entwick-
                                                                lung eingefordert     Zivilgesellschaft wurde gestärkt durch
                                                                werden.               Ausbildung und finanzielle Förderung,

10    EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt

                                                                                       Südwind - Studie über
                                                                                       Diamantenhandel
                                                                                       Die neue Studie von Südwind e.V.
                                                                                       - Institut für Ökonomie und Ökume-
                                                                                       ne behandelt die soziale Dimension
                                                                                       der Förderung und Verarbeitung
                                                                                       von Diamanten. In ihr werden die
                                                                                       Arbeitsbedingungen der informellen
                                                                                       Diamantenförderung in der DR Kongo
                                                                                       und Sierra Leone dargestellt. Dabei
                                                                                       zeigt sich, dass die Veränderungen der
                                                                                       Handelswege von Diamanten keine
                                                                                       Auswirkungen auf die oftmals schlech-
                                                                                       te Lebens- und Arbeitssituation vieler
                                                                                       Schürfer in den Förderländern haben.

                                                                                       90 Prozent der weltweit geförderten
                                                                                       Diamanten werden in Indien geschlif-
Erdölraffinerie im Tschad                                          Bild: Martin Zint   fen. Die Arbeitsbedingungen von ca.
                                                                                       eine Million ArbeiterInnen der Branche
                                                                                       sind trotz Verbesserungen mangel-
aber vor allem auch durch den Schutz       rung verbundenen Konflikte und sozi-        haft und führten 2008 zu gewalttä-
von Schlüsselpersonen, die Förderung       alen Verwerfungen werden damit die          tigen Streiks in den Diamantenschlei-
der internationalen Vernetzung, dem        Angelegenheit von uns als Verbrau-          fereien.
Schaffen von Zugängen, Farbe beken-        cherInnen. Die Probleme und Konflikte
nen und Rückhalt geben und gemein-         haben mit unserem Lebensstil zu tun.        Im weiteren beleuchtet die Studie den
samen Lernprozessen.                       Wir sind in unheilvoller Weise hinein-      deutschen Diamanten-Markt, dessen
                                           verstrickt in diese Gewalt und Bürger-      Daten zahlreiche Lücken aufweisen.
2. Sich auf Prozesse einlassen und         kriege. Die intensive Berichterstattung     Zwar wird der Weg der Rohdiaman-
   sich als Handelnder (als Beteili-       angesichts der Rohstoffknappheit            ten sehr genau erfasst, aber über die
   gter) begreifen                         macht es uns allen deutlich. Ein neues      deutschen Importe von geschliffenen
                                           Nachdenken über Mobilität, Ressour-         Steinen gibt es nur sehr allgemeine
Personen (nicht Organisationen) haben      cen- und Energieverbrauch hat begon-        Angaben: So werden die bereits zu
das internationale Netzwerk initiiert      nen und muss auf persönlicher und           Schmuck verarbeiteten Steine nicht
und gestaltet. Sich einlassen, bereit      politischer Ebene intensiviert werden.      erfasst; die Daten über die Umsätze
sein Dinge zu tun, die so nicht in der                                                 des Einzelhandels sind sehr ungenau
Arbeitsplatzbeschreibung stehen, war       5. Durch Networking Gefühle der             und über den Absatz der in der Indus-
ein zentraler Faktor.                         Empörung und Hilflosigkeit               trie verarbeiteten Diamanten gibt es
                                              „überschreiten“                          nahezu keine Angaben.
3. Komplexes Networking als
   Antwort auf komplexe Konflikt-          Empörung, Frustration, Gefühle der          Die Verbände der Branche unterstüt-
   situationen                             Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit        zen zwar internationale Initiativen,
                                           angesichts der unüberschaubaren             die eine Verbesserung der Arbeits-
Nur durch die Zusammenarbeit hat sich      Komplexität der Konflikte und der           dingungen in den Minen und Schlei-
die Kraft für Veränderung entwickelt.      übermächtigen Akteure sind „treue“          fereien anstreben, verfolgen jedoch
Dazu gehört, die Gemeinsamkeiten mit       Begleiter unseres Engagements. In der       keinen deutschen Ansatz. Die Studie
Akteuren außerhalb der bekannten           Zusammenarbeit können wir diese             schließt daher mit Vorschlägen, wie
„Szenen“ suchen und entdecken. In          Gefühle überwinden.                  n
                                                                                       deutsche Abnehmer auf die gesamte
die entstehenden Beziehungen inve-                                                     Lieferkette der Diamanten stärker
stieren, Kontakt halten, vernetzen. In     Kontakt: ag-erdoel@t-online.de              Einfluss nehmen können.
Zusammenarbeit mit anderen Organi-
sationen die Zugänge zu politischen        Der Autor                                   Die Südwind-Studie wird im Septem-
und wirtschaftlichen Entscheidungs-                                                    ber erscheinen und kann bezogen
trägern suchen und dabei das Gewicht       Martin Petry ist freier                     werden unter:
der eigenen Organisation nutzen.           Berater für Konflikt-
                                           transformation. The-
4. Zusammenhänge sehen		                   matisch beschäftigt er                      SÜDWIND e.V.,
   und nutzen                              sich im Besonderen mit                      Friedel Hütz-Adams
Frieden muss von innen wachsen", das       Konflikten in Kontexten                     Lindenstr. 58-60
ist eine recht gesicherte Erkenntnis       der Rohstoffförderung,                      53721 Siegburg
beim Frieden schaffen. Aber - wo ist       mit Gewaltökonomien und Bürgerkriegen.      Tel: 02241-259 735 / Fax - 51308
"außen" bei globalen Themen? Erdöl         Sieben Jahre arbeitete er im Niger und im   www.suedwind-institut.de
wird vor allem in der industrialisierten   Tschad als EIRENE-Fachkraft in Dorfent-
Welt verbraucht. Die mit der Förde-        wicklungsprogrammen.

                                                                                                EIRENE-Rundbrief 3/2008   11
Schwerpunkt

     Coltanabbau im Kongo
     von Ilona Auer-Frege

Die Demokratische Republik Kongo
verfügt über reiche Vorkommen der
Rohstoffe Kupfer, Kobalt, Gold, Zinn
und Coltan. Coltan enthält das seltene
und teure Metall Tantal, das im che-
mischen Anlagenbau, in der Raumfahr-
tindustrie und in der Computer- und
Kommunikationstechnologie verarbeitet
wird. Tantal begegnet uns im täglichen
Leben als unverzichtbarer Bestandteil
von Mobiltelefonen oder Spielkonso-
len. Etwa zwei Drittel des weltweiten
Vorkommens von Coltan liegen in der
DR Kongo.

Nach mehr als vier Jahren Krieg wach-
sen derzeit im Kongo wieder Friedens-
hoffnungen. Und doch bestimmen
im gesamten Osten der DR Kongo die
staatliche Armee sowie bewaffnete
Rebellengruppen und Warlords den
Rohstoffmarkt. In ihren Kämpfen geht
es darum, die Kontrolle über die wich-
tigsten Abbaugebiete zu erlangen und
zu verteidigen. Die Armeeführer teilen
sich die Märkte auf und organisieren
mit den lokalen Zwischenhändlern
die Einkäufe, den Transport im Land
und den Export der Ware zu interna-
tionalen Händlern in Kampala, Kigali,
Lusaka oder Nairobi.                      Artisanaler Kleinbergbau in Mosambik					                                   Bild: BGR

Das Leiden der Bevölkerung im Ost-        Coltan aufgebaut und von der Regie-       Gewaltökonomie
kongo wird kein Ende haben, solange       rung oder ruandischen Militärs eigene
sich einzelne Profiteure im momen-        Unternehmen gegründet. Coltan, das        Eine Gewaltökonomie ist ein
tanen Ausmaß am Rohstoffhandel            nach Ruanda und Uganda exportiert         Wirtschaftssystem, in dem die
bereichern. Die Gewinne, die erwirt-      wurde, wird meist über Belgien und        Wirtschaftsleistungen einer Region
schaftet werden, fließen in die Hände     Dubai nach Malaysia, Deutschland, in      durch Gewalt gefördert werden und
einer kleinen Anzahl von kongole-         die Schweiz, die Niederlande, Belgien,    ihrerseits wieder dazu beitragen,
sischen Familien bzw. der Offiziere der   Großbritannien, Indien, Pakistan,         dass Gewalt finanziert und verlän-
Rebellengruppen im Land. Mit diesen       die USA und Russland verschifft oder      gert wird. Das wirtschaftliche Wohl
Geldern werden politische Dynastien       geflogen. Hauptabnehmer waren die         wichtiger Konfliktakteue ist eng mit
im Kongo aufrecht erhalten, vor allem     USA und Deutschland, seit 2002 ist        der Fortsetzung der gewalttätigen
aber Waffen erworben, mit denen alle      es China. Die produzierten Rohstoffe      Verhältnisse verknüpft. Rebellen-
Parteien ihr Kriegshandwerk fortfüh-      werden nur zu einem geringen Anteil       gruppen, Mafia-Clans oder Warlords
ren können.                               korrekt versteuert und legal ins Aus-     nutzen die Machtlosigkeit der
                                          land gebracht.                            Bevölkerung und der Regierung aus,
Die Rolle von Ruanda beim                                                           um die Kontrolle über ein Territori-
Handel mit Coltan                         Vielmehr bedienen sich die Händler        um und die Märkte zu erlangen und
                                          und Zwischenhändler vieler Zwischen-      diese dann auszubeuten. Ein ge-
Das Nachbarland Ruanda spielt beim        schritte, um ihre Waren unbehelligt       meinsames Merkmal dieser Akteure
Handel von Coltan und Cassiterite         ins Ausland zu transferieren und die      ist, dass sie mit Gewalt vorgehen,
eine große Rolle. Mit der Übernah-        Profite für sich zu gewinnen. In vielen   um Profite zu machen, indem sie
me der Kontrolle über den Osten des       Fällen befördern die Transporteure die    z.B. Schutzgelder und illegale Zölle
Landes wurden zuerst die gelagerten       Waren auch gar nicht über offizielle      einfordern, Waren beschlagnahmen
Vorräte an Mineralien geplündert.         Grenzübergänge, sondern mit Booten,       oder Waffen- und Drogenhandel
Anschließend wurden eigene Struk-         Flugzeugen oder Geländewagen über         betreiben.
turen zum Abbau von Cassiterite/          unkontrollierte Grenzabschnitte. Auf

12    EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt

                                                                                      oder andere staatliche Angebote und
                                                                                      diese verlangen für ihre Dienstleis-
                                                                                      tungen viel Geld, so dass die Familien
                                                                                      der Arbeiter meist keine ausreichende
                                                                                      Versorgung erhalten.

                                                                                      Neben den harten Arbeitsbedin-
                                                                                      gungen zerstören vor allem die
                                                                                      militärischen Auseinandersetzungen
                                                                                      das Leben der örtlichen Bevölkerung:
                                                                                      Diejenigen Truppen, die ein Gebiet
                                                                                      erobern oder verteidigen wollen,
                                                                                      nutzen alle Elemente des Terrors, um
                                                                                      die Menschen gefügig zu machen und
                                                                                      Zugriff auf deren Ressourcen zu erhal-
                                                                                      ten. Dörfer werden geplündert, um die
                                                                                      Armeen zu ernähren. Widerständische
                                                                                      Bewohner werden vertrieben oder
                                                                                      sofort getötet. Kinder, z. T. noch unter
                                                                                      zehn Jahren, werden in großer Zahl
                                                                                      gewaltsam oder mit Versprechungen
                                                                                      als Soldaten rekrutiert. Frauen und
                                                                                      Mädchen werden systematisch verge-
                                                                                      waltigt, um Angst und Kooperations-
                                                                                      willigkeit in den Gemeinden zu erzeu-
                                                                                      gen. Seit 1998 sind nach Schätzungen
                                                                                      der Vereinten Nationen ca. 4,5 Mio.
                                                                                      Menschen im Osten der DR Kongo
                                                                                      durch direkte Kriegshandlungen oder
                                                                                      in Folge von Vertreibung, zerstörten
                                                                                      Ernten, blockierten Wegen und be-
                                                                                      handelbaren Krankheiten ums Leben
Flughäfen dient Bestechung dazu, die        Familien. Die lokalen Einkäufer nutzen    gekommen. Fast die Hälfte davon
Sicherheitskontrollen zu umgehen.           zudem aus, dass es wegen fehlender        waren Kinder unter zwölf Jahren. Ca.
                                            Straßen und Transportmöglichkeiten        800 000 Menschen sind derzeit allein
 Die Kriegsjahre haben dazu geführt,        keinen Zugang zu alternativen             in den Provinzen Nord- und Südkivu
 dass die großen staatlichen Abbau-         Märkten gibt, auf denen die Schür-        auf der Flucht vor Kriegshandlungen.
 firmen geschlossen wurden oder nur         fer bessere Preise erzielen könnten.      Sie können deshalb ihre Felder nicht
noch einen Bruchteil ihrer Förder-          Die Arbeiter werden so für minimale       bestellen und sind auf internationale
mengen produzieren. Der Abbau von           Löhne oder Preise ausgebeutet, Kin-       Hilfe angewiesen, die sie jedoch in vie-
Erzen ist heute fast vollständig priva-     derarbeit und unerträgliche Arbeitsbe-    len Fällen nicht rechtzeitig erreicht.
tisiert, d.h. in den Händen von kleinen     dingungen sind alltäglich. Im südlichen                                           n
Abbauunternehmen oder selbständig           Katanga gibt es z.B. ca. 60.000 Männer
arbeitenden Schürferfamilien, die ihre      und Jungen (teilweise erst sieben Jahre
Erträge an Zwischenhändler verkaufen.       alt) die als Lohnarbeiter in den Minen
Diamanten, Coltan und Kupfer werden         arbeiten.
so in Kleinstbetrieben produziert, die
vielfach keine Lizenzen vom Staat er-       Die Jungen werden häufig als Trä-         Die Autorin
werben, keine Steuern bezahlen, kaum        ger eingesetzt. Der Verdienst liegt
in die Infrastruktur der Region investie-   zwischen 1 bis 40 Dollar pro Tag,         Frau Dr. Ilona
ren, arbeitsrechtlich nicht organisiert     abhängig vom Metallgehalt des Erzes.      Auer-Frege ist
sind und der Willkür ihrer Ankäufer         Wie mineralhaltig das Gestein ist, das    Koordinatorin des
unterliegen, die die Preise auf einen       die Schürfer an die Mittelsmänner         Ökumenischen
Bruchteil des Weltmarktpreises fest-        verkaufen, kann von ihnen selbst nicht    Netzes Zentral-
setzen.                                     bestimmt werden. Damit besteht die        afrika.
                                            große Gefahr, dass die Minenarbeiter
Zunächst bedeutet die unorganisierte        von den Ankäufern betrogen wer-           Das Ökumenische
und in den Händen einzelnen Arbeiter        den. Es wird per Hand geschürft, eine     Netz Zentralafrika
liegende Gewinnung von Rohstoffen,          Schicht dauert zwölf Stunden. Es gibt     (ÖNZ) ist ein Zusammenschluss kirchlicher
dass das unternehmerische Risiko den        kaum Schutzkleidung, erleichternde        Organisationen, die mit Kirchen und
Produzenten aufgebürdet wird. Wenn          Maschinen oder Geräte oder Begren-        zivilgesellschaftlichen Organisationen in
sie mit ihrer Handarbeit keine Erträge      zungen der erlaubten Arbeitszeit. Im      der Region der Großen Seen (DR Kongo,
erwirtschaften, gibt es kein soziales       Umfeld der Abbaugebiete gibt es nur       Ruanda, Burundi) verbunden ist.
Sicherungssystem für sie und ihre           wenige Gesundheitsdienste, Schulen        (www.oenz.de)

                                                                                                 EIRENE-Rundbrief 3/2008    13
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