Thema: Konflikte um Ressourcen - Rundbrief 3/2008 Spezial - Ziviler Friedensdienst
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Editorial Liebe Leserinnen Inhalt und Leser Schwerpunkt Fatale Arbeitsbedingungen im Kleinbergbau .......................... 3 Täglich werden wir in den Medien mit Berichten über bewaffnete Konflikte auf der ganzen Welt konfron- Gold im Tschad .......................... 6 tiert. Wir werden darüber informiert, welche Ereignisse geschehen sind, wieviele Tote es gab und wie groß der Wirtschaftlicher Profit zählt Schaden ist. Nur selten oder in sehr vereinfachter Form mehr als Menschenrechte .......... 8 erfahren wir, warum die Konflikte ausgebrochen sind. Erdölprojekt Tschad/Kamerun- EIRENE setzt sich seit Jahren in verschiedenen Ländern Erfahrungen aus der der Welt zusammen mit den Partnerorganisationen vor Netzwerkarbeit ........................... 9 Ort aktiv für friedliche Dialoge ein. Für diese Arbeit ist es essentiell, die Ursachen für die bestehenden Ver- Coltanabbau im Kongo ............ 12 hältnisse zu kennen und zu verstehen. Eine Ursache von Konflikten ist der Kampf um die Kontrolle von Bodenschätzen und einen Uranabbau und der aktuelle möglichst hohen Anteil am Gewinn von Förderung und Vermarktung. Konflikt im Niger ..................... 14 Die Mehrheit der Bevölkerung in den rohstoffreichen Ländern in Afrika profi- EIRENE-Friedensarbeit tiert von den Gewinnen nur wenig. Von den negativen Folgen der Rohstoffför- an den "Großen Seen" ............ 15 derung wie den Umweltschäden, der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und den teilweise bewaffneten Konflikten um die Kontrolle der Ressourcen ist die Bevölkerung allerdings unmittelbar betroffen. Es besteht die Gefahr, dass die "Legt offen, zunehmende Ressourcenknappheit das Konfliktpotenzial zukünfig noch weiter was ihr zahlt!" ......................... 17 erhöht und verstärkt. Aufbauend auf den Erfahrungen ihres zehnjährigen Engagements im Erdöl- Internationale Kampagne zur projekt Tschad/Kamerun für eine sozial- und umweltverträgliche Ölförderung Rohstoffgerechtigkeit ............ 18 hat sich EIRENE daher entschlossen, das Thema "Konflikte um mineralische Res- sourcen" (z.B. Metalle und Erdöl) zu einem Schwerpunkt ihrer Friedensarbeit Kriege und Konflikte zu machen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen, die unter extremen in Afrika ................................... 19 Bedingungen arbeiten müssen und deren Umwelt zerstört wird. Anfang November wird sich die EIRENE - Fachtagung `Konfliktursache minera- Zertifizierung von lische Rohstoffe: Optionen externer Akteure´ mit dieser Problematik befassen. Handelsketten ............................ 20 Dort sollen sowohl die Eckpunkte des neuen Arbeitsbereichs abgesteckt als auch konkrete Projekte erarbeitet werden. Nicaragua Um den Begriff ‚Ressourcenkonflikte´ greifbarer zu machen und dessen Rele- Wirbelsturm "Alma"................. 22 vanz für die Menschen vor Ort und für den Alltag in Deutschland zu verdeut- lichen, widmet sich dieser Rundbrief ausschließlich dieser Thematik. Wir dan- Kurzmeldungen ...................... 23 ken InWEnt (Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH) für den finanziellen Beitrag, der uns diesen Rundbrief ermöglicht hat. Impressum .................................. 24 Das Hauptaugenmerk dieser Ausgabe gilt den aktuellen Konflikten in den Projektländern von EIRENE: dem Uranabbau im Niger, der Goldgewinnung im Tschad und den Auswirkungen des Abbaus von Diamanten und Coltan in der Demokratischen Republik Kongo. Darüber hinaus werden Beispiele für Kam- pagnen vorgestellt, die versuchen mehr, Transparenz in den Förderungs- und Exportprozess zu bringen und die Ansatzpunke für eine gerechtere, sozial- und umweltverträglichere Förderung und Vermarktung von Ressourcen aufzeigen. Auf den beiden letzten Seiten informieren wir Sie wie immer über die Neuig- keiten bei EIRENE. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Anke Täubert, Afrikareferat EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Fatale Arbeitsbedingungen im Kleinbergbau von Anke Täubert Das Motiv für die Arbeit im Kleinberg- bekannt. Er bedeutet, dass eine große oder bereits selber FreundInnen und bau ist bei allen Beteiligten gleich, ob Zuwanderungsbewegung entsteht. Die Angehörige in Grubenunglücken Männer, Frauen, Jungen oder Mädchen: zugewanderten Menschen siedeln sich verloren haben. Aber die ökonomische Armut. Die Arbeit im Kleinbergbau häufig in der Nähe der Abbaugebiete Not und mangelnde Alternativen ist für viele die lukrativste und einzige an. Diese Siedlungen sind zumeist zwingen sie unter diesen Bedingungen Einkommensquelle. Die erzielbaren abgelegen und zeitlich begrenzt. In weiter zu arbeiten. Einkünfte liegen über dem Durch- ihnen herrscht eine große Fluktuation, schnittseinkommen der meisten ande- welche das Entstehen von Konflikten Die meisten Unfälle mit Todesopfern ren Tätigkeiten.Trotzdem sichert die um Nahrung, Schürf- und Wohnplätze passieren durch den Einsturz von Gän- Arbeit in den Minen zumeist nur das fördert. gen und Löchern, die bis zu 20m tief unmittelbare Überleben. und 50 m lang sind und zumeist keine Außerdem kommt es zu einer Verän- professionellen Stützsysteme haben. Weltweit sind ca.13 Millionen Men- derung der sozialen Ordnung, wenn Je nach Land und Mine unterschiedlich schen direkt im Kleinbergbau be- beispielsweise viele Menschen die sehen die Siedlungen in der Nähe von schäftigt und ca. 80-100 Millionen Landwirtschaft aufgeben oder Leh- Abbaugebieten aus. Oftmals bestehen Menschen sind existentiell von ihm rerInnen und SchülerInnen die Schu- sie aus einfachen Zelten, ohne sau- abhängig, das sind bedeutend mehr len verlassen, um im Kleinbergbau als beim industriellen Bergbau. Der zu arbeiten. In der Demokratischen Kleinbergbau erzeugt je nach Rohstoff Republik Kongo kam es aufgrund Quecksilbernutzung 10 – 30% der Weltproduktion. Für der Abwanderung vieler Bauern und viele der südafrikanischen Länder wird Bäuerinnen sogar zu Lebensmitteleng- im Kleinbergbau für die nächsten zehn Jahre erwartet, pässen. dass sich die Zahl der im Kleinbergbau Um Gold direkt aus dem geschürften Beschäftigten verdreifacht. Außerdem zerbrechen durch die Wan- Erz heraus zu lösen, werden chemische derunsgbewegungen häufig Familien Trennverfahren genutzt. Eines der gän- Artisanaler Kleinbergbau (im Artikel und Partnerschaften. gigsten Verfahren, welches auch in der nur Kleinbergbau genannt) bedeutet Goldgewinnung in vielen Ländern des Sü- Kleingewerbe treibende, nicht-indus- Gesundheit und Sicherheit dens verwendet wird, ist das Amalgama- triell abbauende SchürferInnen, also der ArbeiterInnen tionsverfahren. Dabei wird das Erz zuerst die Förderung und Verarbeitung von in verschiedenen Schritten zerkleinert, bis Mineralien mit einfachen Methoden. Die Internationale Arbeitsorganisa- es in Pulverform vorliegt. Um das Gold Dazu zählen je nach Rohstoff unter- tion (ILO) nennt fünf Hauptgesund- von den übrigen Erzbestandteilen zu schiedliche Tätigkeiten: das Graben heitsrisiken für die Arbeitenden im lösen, wird es mit Wasser zu einem Brei von Löchern, Gängen, Gruben, das Kleinbergbau: Die Staubaussetzung, verrührt, dem dann Quecksilber beige- Waschen von Gesteinsmaterial; das Kontakt mit Quecksilber und anderen fügt wird. Quecksilber und Gold verbin- Sieben von Erzen, das Versetzen mit Chemikalien, Auswirkungen von Lärm den sich zu Amalgam. Durch Sieben wird Chemikalien, der Transport der Mine- und Vibration, schlechte Belüftung in das Goldamalgam heraussortiert. Beim ralien, der Handel von Mineralien und den Gruben und die daraus resultie- Erhitzen des Amalgams verdampft das die Versorgung der ArbeiterInnen. rende Hitze, Feuchtigkeit und Sauer- Quecksilber und das Gold bleibt zurück. Der Kleinbergbau ist gerade in den stoffmangel sowie die Folgen perma- Bei diesem Verfahren gelangt das hoch- ärmeren Ländern des Südens durch In- nenter Überarbeitung und extremer giftige Quecksilber in Flüsse, Luft und formalität und Illegalität gekennzeich- körperlicher Anstrengung. Boden. net. Risiken und Unsicherheit prägen Zu diesen Risiken kommt die hohe die Arbeit in den Minen. Sie sind von Gefahr von Arbeitsunfällen durch fal- Auch Kinder sind mit Aufgaben im Amal- den täglichen Funden abhängig und lende Fels- und Steinbrocken, fehlende gamationsprozess betraut und kommen dem An- und Abstieg der Preise. Wenn Sachkenntnis und Erfahrung, mangeln- somit durch Einatmen oder über die sie krank oder aufgrund eines Unfalls de Ausrüstung und Werkzeuge und Haut mit dem Quecksilber in Kontakt. arbeitsunfähig werden, haben sie kein der falsche Gebrauch von Sprengstoff. In einigen Ländern werden Töpfe und Einkommen mehr. Viele ArbeiterInnen besitzen keine Pfannen sowohl fürs Kochen als auch Ausrüstung wie Helme, Handschuhe für das Trennverfahren benutzt und Der (Gold-) Rush oder Schutzschuhe, da diese eine zu somit das Quecksilber mit jeder Nahrung hohe finanzielle Investition bedeuten. aufgenommen. Die verschmutzten Flüsse In der Regel folgt dem Fund eines werden als Trinkwasserquelle und für das Mineralienvorkommens ein so ge- Die meisten ArbeiterInnen sind sich Waschen von Menschen und Kleidung nannter `Rush´, der Begriff ist uns eines Großteils der Risiken bewusst, da genutzt. durch den Gold-Rush oder Goldrausch viele ZeugInnen von Unfällen waren EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt rInnen zu vertreten. Die Arbeitenden haben kaum die Wahl, wenn sie schür- fen, kaufen oder verkaufen wollen, müssen sie die Schmiergelder zahlen. Veränderungen im Rohstoffabbau in Katanga Die Abbaugebiete Katangas waren bis- her durch das Bild von SchürferInnen geprägt, die das Erz ohne Stütz- oder Schutzsysteme mit einfachen Werkzeu- gen ausgruben. Seit die kongolesische Regierung 33,8% des Territoriums an Bergbaugesellschaften abgetreten hat, wird der Bergbau zunehmend von großen Konzernen bestimmt. Dies bedeutet vielerorts Veränderungen gerade für die kleinen SchürferInnen. So hat beispielsweise eine südafrika- nische Bergbaugesellschaft ihr Gelände umzäunt und lässt es durch eine Si- cherheitsfirma bewachen. Den Bewoh- nerInnen des Ortes, welche vom Schür- fen lebten, wurden 200$ pro Familie gezahlt und sie wurden aufgefordert sich nicht mehr blicken zu lassen. Für die Familien ist das viel Geld, aber was Frauen bringen goldhaltiges Erz zum Waschen Bild: Karen Hayes, PACT Congo tun, wenn es ausgegeben ist? Wenn sich keine andere Einkommensquelle beres Wasser oder hygienische Einrich- findet, werden sie weitermachen oder tungen. Im Jahre 2002 trug der Minensektor an einen anderen Ort ziehen, an dem 30,33% zum Bruttoinlandsprodukt sie noch frei schürfen können. des Kongo bei, im Jahre 2007 ging der Es ist auch der kongolesischen Re- Umweltschäden Beitrag auf 6% zurück. Hieran werden zwei der größten Probleme der gesam- Kinderarbeit Der artisanale Kleinbergbau ist für ten DR Kongo ersichtlich: Korruption viele Arten der Umweltverschmut- und Betrug sowie im Falle des Bergbaus Die Arbeit von Jungen und Mädchen zung verantwortlich. Schuld hierfür ist auch ungerechtfertigte Steuervergüns- im Kleinbergbau in Ländern des Sü- einerseits das fehlende Wissen über tigungen für Großunternehmen. dens ist weit verbreitet. Allein in der die Auswirkungen bestimmter Ab- DR Kongo gehen Schätzungen von baumethoden oder die Verwendung Große Mengen an wertvollen Materi- ca. 800.000 bis 1Mio. im Kleinberg- von Chemikalien auf Menschen und alien verlassen undeklariert das Land bau beschäftigten Kindern aus. Die Umwelt. Andererseits ist so gut wie und bedeuten einen hohen Verlust für Ursache ist auch hier Armut. Oftmals kein Geld für den Schutz der Umwelt die kongolesische Ökonomie und den sind ganze Familien von der Arbeit vorhanden. Die Folgen sind fatal. Die Wiederaufbau des Landes. der Kinder abhängig. Die Kinder Flüsse sind durch Chemikalien ver- Die Korruption findet an allen Stellen wachsen häufig mit der Minenarbeit giftet. Durch die Abholzung werden des Förderungsprozesses statt. So ste- auf. Ab drei Jahre kann ein Kind bei- ganze Landschaften zerstört und es hen etwa Angehörige der staatlichen spielsweise Gold waschen, ab sechs treten Erosionen auf. Uranhaltige Erze Minenpolizei oder des Bergbaumini- Jahre beginnen sie mit dem Steine führen häufig zu einer radioaktiven steriums an den Aus- und Eingängen schlagen und ab neun Jahren fangen Verseuchung des Bodens und des der Minen und fordern Geld von den sie an, unter Tage zu arbeiten und Grundwassers. SchürferInnen und HändlerInnen. machen mehr oder weniger diesel- Das geschieht an fast allen Orten, an ben Arbeiten wie Erwachsene. Durch denen der Transport von Mineralien die fehlende oder mangelhafte Die Region Katanga im Südosten der vorbei fließt: an Straßen, militärischen Schulbildung wird ein Ausbruch aus Demokratischen Republik Kongo Kontrollpunkten oder Grenzposten. dem Armutszirkel schwierig. Viele Gezahlt werden muss an viele ver- Kinder erleiden schwere gesundheit- Ein Kupfergürtel, der 34% der Welt- schiedene Organisationen, u.a. auch liche und seelische Schäden durch die Kupfer-Vorkommen und 10% der an das Militär, lokale einheimische und harte körperliche Arbeit und die rau- Welt-Kobalt-Vorkommen beinhaltet, ausländische Milizen oder an die EMAK en Arbeits- und Lebensbedingungen. durchzieht die Region Katanga im Süd- (Exploitants miniers artisanaux du osten der DR Kongo bis in das benach- Katanga), welche eigentlich eingerich- barte Sambia. tet wurde, um die Rechte der Arbeite- EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt gierung bewusst, dass es schwierig finanzielle Notwendigkeit der wird, wenn die 140.000 Bergleute ihre Arbeit von Jungen und Mäd- Arbeit verlieren. Der hochtechnisierte chen nehmen viele gar nicht industrielle Bergbau benötigt nur noch oder nur unregelmässig am wenige ArbeiterInnen. Die Vertreibung Schulunterricht teil. Die man- der Menschen von ihren Arbeits- und gelnde Bildung begrenzt die teilweise auch Wohnplätzen, quasi Wahl- und Einkommensmög- die Vernichtung ihrer Existenzgrund- lichkeiten in ihrer Zukunft. lage und die Konfrontation mit ihrer Perspektivlosigkeit führen zu einem Generell kann gesagt werden, Anstieg der Gewalt. Bei Konflikten dass Frauen am stärksten von zwischen dem Sicherheitspersonal der Gesundheits – und Sicherheits- Firmen und den SchürferInnen, die vom risiken in den Minen gefährdet Firmengelände oder aus dessen Umge- sind. Speziell durch den Kontakt bung vertrieben wurden, gab es schon mit Chemikalien kann es zu des öfteren Tote. Fötusschäden, Unfruchtbarkeit und während der Stillzeit auch zu einer Schädigung der Kinder Frauen und Mädchen im Kleinberg- kommen. Darüber hinaus bau tragen die doppelte Last kommt es häufig zu Fehlge- burten aufgrund von körper- In den meisten Ländern der Welt, in licher Überlastung, Stress und denen Kleinbergbau betrieben wird, Verletzungen. sind Frauen in fast allen Bereichen der Rohstoffförderung, im Handel und Verkauf, sowie in der Versorgung mit Sexualisierte Gewalt und Essen, Trinken und Werkzeugen tätig. Missbrauch in den Minen und Die einzige Ausnahme scheint die Be- Camps dienung von Maschinen zu sein, welche den Männern vorbehalten bleibt. Es Frauen werden im Bereich des gibt sogar einige Beispiele, in denen Kleinbergbaus und den an- Minenarbeiterin im Kongo Bild: Karen Hayes, PACT Congo Frauen Minen besitzen und Camps an grenzenden Siedlungen häufig den Abbaustellen leiten. Opfer von sexualisierter Gewalt platz mit einer speziellen Ansiedlung In der DR Kongo wird geschätzt, dass und Missbrauch, speziell in abgeschie- verbunden ist und die Männer von ca. 20% der BergarbeiterInnen Frauen denen Gebieten, in denen die Minen ihren Familien getrennt sind, steigt die sind, das heisst ca. 400.000 Menschen. von Militärs kontrolliert werden. Dies Nachfrage nach käuflichen Sex. Viele 30% von ihnen graben, 60% sind in wird durch den hohen Alkohol- und Frauen und Mädchen sehen aufgrund der Weiterbearbeitung tätig und 10% Drogenkonsum in den Minen noch des Armutsdrucks in der Sexarbeit die arbeiten im Transport und in der Ver- verstärkt. einzige Einkommensoption. sorgung. Das HIV/AIDS -Risiko und das anderer Die Menschen im Kleinbergbau leben Eine Erkenntnis, auf der bereits viele sexuell übertragbarer Krankheiten ist und arbeiten unter menschenunwür- Projekte der Entwicklungszusammen- durch die Fluktuation im Kleinbergbau digen Bedingungen. Dies wird auch so arbeit aufbauen, bestätigt sich auch in Kombination mit Prostitution und bleiben, solange Regierungen, Milizen in der Tendenz im Kleinbergbau in sexualisierter Gewalt sehr hoch. und Unternehmen weiter unbehelligt Ländern des Südens. Wenn die Aus- Besonders schockierend ist das Er- die finanzielle Not der SchürferInnen gaben zur Versorgung der Familien gebnis einer Studie der ILO über die ausnutzen können. Ohne Druck von von Männern und Frauen verglichen Arbeit von Mädchen in Minen. In allen außen werden sie auch keinen Grund werden, geben die im Kleinbergbau untersuchten Ländern (Niger, Peru, sehen, etwas daran zu ändern. n tätigen Frauen einen größeren Anteil Tansania, Ghana) kommen die sexuelle ihres Einkommens als die Männer für Belästigung, Missbrauch und kommer- die Familien aus. Dies wird allerdings zielle sexuelle Ausbeutung von Mäd- Weitere Infos unter: teilweise dadurch vereitelt, dass die chen häufig vor. Besonders betroffen www.ilo.org Männer die Verwaltung des Geldes an sind die in Bars und Restaurants oder sich ziehen. Schmucksteinhandel beschäftigten Mädchen. In letzterem sind sie nur Die Frauen im Bergbau leiden unter Zwischenhändlerinnen. Hierbei verdie- dem Druck einer doppelten Arbeitsbe- nen sie sehr wenig Geld, und es wird Die Autorin lastung. Sie machen sowohl Lohn- als von ihnen erwartet, dass sie auch Hausarbeit. Diese Doppelbela- ihren Verdienst durch sexuelle Dienst- Anke Täubert ist seit Juli Mitarbeiterin im stung beginnt schon bei Mädchen im leistungen für die Steinbesitzer Afrikareferat bei EIRENE. Sie ist Politologin kleinsten Alter. Nach einem 10 -12 stün- aufbessern. sowie Friedensfachkraft und arbeitete digen Arbeitstag in den Minen geht zuvor bei Medica Mondiale. Arbeits- die Arbeit der Frauen und Mädchen zu Wie in allen Arbeitsfeldern, in denen schwerpunkte sind Gender und Konflikt- Hause in den Familien weiter. Durch die der durch Männer dominierte Arbei- bearbeitung. EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Gold im Tschad Mit Opfergaben auf der Suche nach dem großen Fund von Martin Zint Es gibt noch andere Regeln. Rund um die Goldproduktion blüht der Aberglaube. Wer Gold finden will, braucht die Unterstützung von guten Geistern, den Wasserfeen. Davon sind hier alle überzeugt, erzählt ein junger Mann. Die Feen müssen mit kleinen Geschenken bei Laune gehalten werden. Sie mögen Hühnereier und andere Lebensmittel, aber sie nehmen auch Bargeld. Die Goldgräber richten für ihre Opfergaben kleine Altäre am Flussufer ein, geschützt vor fremden Blicken. Besonders vor dem bösen Blick, der auf der Stelle Schluss ma- chen kann mit den Goldfunden. Wehe dem, der in den Verdacht gerät, den bösen Blick zu haben. Das Mindeste was ihm droht,ist mit Schimpf und Schande verjagt zu werden. Die Stimmung unter den Goldsuchern heute scheint gut. Sie sind freundlich zu uns fremden Besuchern. Vielleicht liegt es daran, dass uns der örtliche Direktor des Bergbauministeriums begleitet. Ein sehr wichtiger Mann, der ein Wort bei der Vergabe der Lizenzen mitredet. Und er wollte Jedes Gramm Gold kommt auf die Waage Bild: Martin Zint uns nicht allein zu den Goldgräbern lassen. Die jungen Männer schwenken und waschen den Schlamm mit viel Die Regenzeit hat begonnen und aus rium nur die Einnahmen. Der gold- Wasser, dabei setzt sich das schwerere dem Rinnsal, das der Mayo-Dallah im haltige Abschnitt des Flusses ist in Gold unten ab. Nebenan bürsten Rest des Jahres darstellt, ist ein erkenn- mehrere Zonen zu je zwei Kilometern Frauen Wäsche und kümmern sich um barer Fluss geworden. Dunkelbraun eingeteilt. Für diese Zonen werden Li- die Kinder. Die planschen im Wasser fließt er zwischen den noch zahlreichen zenzen verkauft, leider nicht an jeder- und spielen mit ihren kleinen Schüs- Sandbänken. Kniehoch stehen zwei mann. Beziehungen braucht es schon, seln „Gold suchen“. dutzend junge Männer in der Brühe. Sie um an eine der lukrativen Genehmi- schwenken silberne Metallschüsseln, gung zur Ausbeutung zu kommen. in die sie aus tiefen Löchern Schlamm Suchen darf dann jeder, der möchte. Die Felder liegen brach aus dem Flussbett geschaufelt haben. Unter der Bedingung, dass er sich an Hektisch blinken die Schüsseln in der strenge Regeln hält. Die wichtigste: Die Goldproduktion verändert das grellen Sonne. Die Männer haben es Gefundenes Gold wird ausschließlich Wirtschaften der Bevölkerung. Traditi- eilig. Noch ein paar Regenfälle, und für an den Lizenznehmer bzw. dessen onell lebt sie von der Landwirtschaft. einige Monate ist an Arbeit im Fluss Beauftragten verkauft. „Eigentlich gehören alle verfügbaren nicht zu denken, bis er in der Trocken- Arbeitskräfte auf die Felder, jetzt zum zeit wieder begehbar wird. Und nur in Ein Gramm des hier gewonnen Gold- Beginn der Regenzeit. Aber Gold su- seinem Bett ist zu finden, was hier alle staubs ist 6.000 bis 7.000 CFA (zen- chen scheint einfacher und vor allem antreibt: Gold. tralafrikanische Francs, ca. 10 Euro) ergiebiger als die mühsame Feldar- wert. Der Aufkäufer zahlt dafür 3.000 beit und es wurde zur Männerarbeit Seit 1992 wird es hier gewonnen. Sta- – 4.000 CFA, 50% davon behält er für erklärt. So haben die Männer das Geld tistische Zahlen über die Entwicklung den Lizenznehmer ein. Wenn es gut in der Tasche. Den Frauen bleibt die der Fördermengen gibt es nicht. Aber geht, bekommt der Goldgräber also Hausarbeit. Wer einmal leicht ver- noch immer wird Gold gefunden. 2.000 CFA für ein Gramm. Offenkun- dientes Geld genießen konnte, der Die Förderung des wertvollen Me- dig immer noch ein interessantes greift ungern wieder zur Hacke. So talls geschieht unter den wachsamen Geschäft für die jungen Männer, die entstehen Wanderungsbewegungen Augen des Staates, wenn auch nicht beim Aufkäufer Schlage stehen. Das in Richtung auf ergiebigere Vorkom- wirklich unter seiner Aufsicht. Um- hier gewonnene Gold wird u.a. für die men, wenn das heimische Flussbett weltschutzauflagen oder Regeln zum High-Tech Industrie verwendet, Gold nichts mehr hergibt. Die Felder blei- Arbeitsschutz gibt es hier nicht. Fest ist ein sehr guter elektrischer Leiter. ben unbewirtschaftet. im Blick hält das zuständige Ministe- EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Der Goldrausch macht krank Die harte Arbeit im kühlen Wasser fordert ihren Tribut. Die Männer sind anfällig für Infektionskrankheiten. Statt der Feen geben böse Plage- geister in Form von Moskitos ihr Stelldichein, besonders die Malaria grassiert. Der Rücken macht bald nicht mehr mit und es gibt Unfälle. Das Gold findet sich in einer Gesteinsschicht, dem „Bon Coeur“, die sich etwa 1,50 m unter der Oberfläche befindet. Um an diese Schicht zu kommen, werden Löcher in das Flussbett gegraben, allenfalls durch ein paar Zweige abgestützt. Aus deren Boden schaufelt man den goldhaltigen Sand. Eine gefährliche Sache, wenn der lose Kies abrutscht. Das kleine Dorf am Flussufer verfügt über mehrere Ge- schäfte. Zigaretten, Alkohol, Süßigkeiten und Lebensmittel sind im Angebot. Was fehlt sind eine Schule oder eine Gesundheitsstation. Mehr Geld im Umlauf bedeutet leider auch mehr Abfall. Langfristig leidet, neben den Menschen, Frauen waschen im Goldgräber-Fluss ihre Wäsche Bild: Martin Zint auch die Umwelt. Die Arbeit der Goldgräber bedeutet einen schweren Eingriff in das Ökosystem produktion eingesetzten Chemikalien. Fluss. Es wird extrem viel Schlamm Der Direktor vom Bergbauministerium Gründe für Konflikte aufgewühlt. In Folge der enormen zuckt nur mit den Schultern, er weiß um Rohstoffe Verschlammung bilden sich Bakte- es nicht. Ich mache ein paar Fotos rien und das Wasser wird auf weite im Innern des Containers, vielleicht Strecken als Trinkwasser ungeeignet. finde ich jemanden, der mir sagen l Weltweit sind mineralische Roh- Fische können nicht mehr überleben. kann, was in dem Container lagert. stoffe in Regionen der Welt mit Die Löcher der Goldgräber füllen sich Zu meinem Rat, das Zeug fachgerecht instabilen Verwaltungsstrukturen mit Wasser und sind Mückennester. entsorgen zu lassen, nickt er freund- und schwacher Kontrolle der staat- Die Böschungen werden beschädigt, lich. Aber wer soll das bezahlen? n lichen Territorien verbreitet. Erosion wird gefördert. l Der Wert der Rohstoffe ist hoch In den Jahren 2000 – 2004 hat eine Der Autor und angesichts der Trends an den koreanische Firma hier industriell Rohstoffmärkten bald noch höher. Gold gefördert. Ihre Anlagen rosten Martin Zint, vor sich hin, seit die Koreaner die Koordinator der l Bergabbaugebiete, Naturschutzge- Arbeit eingestellt haben. Niemand AG-Erdölprojekt biete oder Waldkonzessionen sind kann oder will uns sagen, warum. Tschad/Kamerun, oft schlecht bewacht. Aber wir werden von einem ehema- war Ende Juli ligen Mitarbeiter herumgeführt. Stolz im Tschad mit l Rohstoffschmuggel oder Falsch- erklärt er uns die verschiedenen Ar- Vertretern des deklarationen des wahren Export- beitsschritte bis hin zum Einschmelzen lokalen Netzwerks wertes sind fast risikofrei. des Goldstaubs in einem Spezialofen. CREMP (Kollektiv Auch die zur Goldscheidung verwen- zur Reflexion über die Ausbeutung von l Falschdeklarationen für Exportzöl- deten Chemikalien lagern noch in Mineralien und Öl) in der Region von Pala le ergeben wichtige Profitprozente einem vergammelten Container. Die unterwegs, um sich ein Bild über die För- – was den Wettbewerb mit ehr- Säcke sind in koreanischer Sprache derung von Gold, Kalk und der Prospek- lichen Marktteilnehmern entschei- beschriftet. Was ist da wohl drin? tion nach Uran und Öl in der Region zu dend verzerrt. Zyankali gehört zu den in der Gold- machen. EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Wirtschaftlicher Profit zählt mehr als Menschenrechte von Enrico Carisch Es ist schon fast eine Binsenwahrheit: Germanium, Elfenbein, Pelze klebt Kindern unter erschreckenden gesund- Rohstoffreiche Länder werden häufig Blut. Bereits gibt es Hinweise wie selbst heitlichen Risiken gewonnen wird und von gewalttätigen Konflikten, orga- Uran and andere radioaktive Materi- über internationale Raffinerien in den nisiertem Verbrechen, Verletzungen alien mithelfen, Kriege zu finanzieren Schmuckhandel einfließen. von Menschenrechten oder Umwelt- und vielleicht auch in terroristische schutzregeln sowie Korruption erfasst. Vorhaben einfließen und dennoch Bloomberg News berichtete kürzlich Diese Verkettung wirkt sich besonders unerkannt durch die Handelsketten ebenfalls, wie Tausende von Kindern verhängnisvoll aus in Ländern mit schlüpfen. in Katanga Kupfer und Kobalt unter schwachen Verwaltungsstrukturen und Bedingungen abbauen, die jede Regel hohem Rohstoffreichtum. Afrikanische Obwohl in den letzten Jahren die der ILO verletzen. Das Kupfer und Länder rangieren hier als Spitzenrei- Kriege in Afrika merklich nachgelassen Kobalt wird für die Herstellung von ter. Jahrelang wüteten da Konflikte, haben, profitieren neue Gruppen oder Mobiltelefonen von Sony, Nokia oder die oft mit politischen, kulturellen „negative Akteure“ von Rohstoffen. Samsung verwendet. In jedem dieser und ethnischen Motiven begründet Jetzt sind es lokale oder regionale Fälle beteuern die renommierten Fir- wurden. In Wahrheit aber ging es den Despoten, die keine politischen Motive men Unwissen über die Herkunft der Krieg führenden Parteien meist um die mehr vorschützen, sondern aus purer mineralischen Stoffe – also ein klares Profite, die sie durch die Kontrolle über Gier mit gewalttätigen Mitteln artisa- Versäumnis in der sonst in jeder Indus- regional vorhandene Rohstoffe für sich nale Bergbaukommunen ausbeuten. trie üblichen Überprüfung der Versor- gewinnen konnten. Die Erlöse, die ihnen Oder ehemalige Milizen verwandeln gungskanäle. n und ihren kriminellen Komplizen aus sich in organisierte Verbrecherban- dem illegalen Handel dieser Produkte den. Oft werden sie unterstützt durch entstanden, übertrafen jede andere korrupte Konspirationen zwischen Einkommensquelle. Aufsichtsbeamten, Politikern und national oder international tätigen Un- Es ist kein Wunder, dass Anführer von ternehmen, die Rebellen und Warlords Milizen, Rebellengruppen und Militärs abgelöst haben. Sie profitieren von sich oft in jahrelange brutale Kon- den gleichen strukturellen Mängeln, trollkriege um Rohstoffe verzahnten. die schon immer die illegale Ausbeu- Denn wer in den Besitz von Rohstoffen tung von Rohstoffen ermöglichte. gelangte, konnte damit rechnen, dass er sie unerkannt in die internationale Handelsströme einschleusen konnte, Tranzparenz fehlt ohne einen Nachweis für die legale Eigentümerschaft, Herkunft oder Weil in den internationalen Handels- Einhaltung arbeitsrechtlicher oder öko- ketten kein Nachweis der legalen Ei- logischer Gesetze leisten zu müssen. gentümerschaft oder Normen zur Her- Der Autor Seit einigen Jahren prüfen viele Länder kunftsbescheinigung gefordert wird, mit dem Kimberley-Prozess wenigstens landen Mineralien, Edelsteine oder Enrico Carisch ist Mitglied die Herkunft von Diamanten und in Hölzer bei führenden Unternehmen der Expertengruppe des einigen Waldregionen gibt es Her- und Verbrauchermärkten der Welt, UNO Sicherheitsrates für kunftszeugnisse für Holz. obwohl sie mit schlimmen Gewaltak- Somalia, Liberia, DR Kon- ten und Menschenrechtsverletzungen go, Sudan. Er ist zustän- gewonnen wurden. So wurde in einer dig für wirtschaftliche Rohstoffe finanzieren Kriege kürzlich von der Financial Times durch- Aspekte von Waffenem- geführten Untersuchung nachgewie- bargo-Verletzungen. Abgesehen von dieser relativ gerin- sen, wie Cassiterit aus kongolesischen gen Menge von Diamanten und Holz Bergwerkregionen, die von Militärs In den nächsten Monaten wird er mit der können praktisch alle Naturschätze zur kontrolliert werden, über verschiedene Gesellschaft für technische Zusammen- Konflikt fördernden Finanzierung miss- Verarbeitungs- und Handelsschritte in arbeit (GTZ) ein Vorhaben zur Rohstoff- braucht werden. In Untersuchungen den Elektronik-Produkten von Micro- zertifizierung in den elf afrikanischen der UNO und anderen Gremien soft, Panasonic oder Toshiba landen. Mitgliedsländern der Internationalen werden nicht mehr nur Konfliktdia- Ein anderer Artikel von Assosiated Konferenz der Region Große Seen leiten. manten nachgewiesen. Auch an Gold, Press (AP) deckte erst vor wenigen Zinn, Kassiterit oder Coltan, selbst an Wochen auf, wie Gold von Klein- Silber, Wolfram, Kupfer, Kobalt, Holz, bergwerken in Senegal und Mali von EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Erdölprojekt Tschad/Kamerun - Erfahrungen aus der Netzwerkarbeit von Martin Petry „Die Organisation 'Ökumenischer stützt von der Weltbank, ist die bisher engagieren würden, war nicht selbst- Friedensdienst' möchte, um Gewalt vor- größte privatwirtschaftliche Investition verständlich. Erdöl stand nicht auf der zubeugen, Konflikte antizipieren sowie im Afrika südlich der Sahara. Seit 2003 Tagesordnung der Mitarbeitenden. Kapazitäten für Konfliktbearbeitung gehört der Tschad nun zu den erdöl- Außerdem beschlich uns alle Mut- und schaffen und unterstützen. Das Erdöl- exportierenden Ländern. Nur ein sehr Ratlosigkeit angesichts der unüber- projekt Tschad-Kamerun scheint dafür kleiner Teil der Erlöse floss in Projekte, schaubaren Problematik. Aber auf eine Eingangstür zu bieten“, schrieb die der Bevölkerung zu Gute kamen. einmal waren wir mittendrin. Projekt- Nobert Kenné, der Direktor dieser kame- Aber wirkliche Entwicklung hat bisher partner, lokale Menschenrechts- und runischen Friedensorganisation im Janu- nicht stattgefunden, die Menschen Friedensorganisationen, EIRENE-Fach- ar 1998. Kenné hatte damals als erster leben weiter in Armut. Direkt neben kräfte, alle wurden zu Betroffenen. begriffen, dass die Netzwerkarbeit zum und zum Teil in von Armut geprägten Das Annehmen der Herausforderung Erdölprojekt Friedensarbeit war und das Dörfern um die Bohrlöcher und ent- Erdölprojekt hieß für viele Beteiligte, Potential hatte, zur Reduzierung von lang der Pipeline entstand eine zweite Routinen, Grenzen und Mandate über- Gewalt beizutragen. „Welt“, die Welt der Erdölkonzerne, schreiten, auch bei EIRENE. Seit 1997 hochmodern und mit allem Luxus stellen sich Mitarbeitende aus vielen ausgestattet: 400 Bohrbrunnen zur Organisationen diesem Projekt in Kongo, Sudan, Angola, Tschad, Liberia, Förderung des Erdöls, eine 1000 km seiner Komplexität trotz der eigenen Sierra Leone gehören zu den ressour- lange Pipeline durch den Regenwald Unzulänglichkeiten. Daraus entstand cenreichen Ländern Afrikas. Bekannt und ein Offshore Terminal vor der At- ein internationales Netz von Personen geworden sind sie allerdings durch das lantikküste Kameruns, ein verzweigtes und Organisationen, die gemein- ungeheure Ausmaß an Gewalt und Röhren- und Straßennetz, Unterkünfte sam auf den Lauf der Dinge Einfluss Brutalität, mit der Konflikte in diesen für hunderte von Mitarbeitern unzäh- nahmen. Die internationale Netzwerk- Ländern ausgetragen wurden und wer- liger Firmen aus der ganzen Welt, ein und Advocacyarbeit hat zu konkreten den. An diesen Konflikten sind fast im- satellitengestützes Kommunikations- Ergebnissen geführt. Dazu gehören mer auswärtige Parteien und Akteure system, riesige Lagerhallen und Werk- der Schutz von zivilgesellschaftlichen beteiligt, Regierungen, Unternehmen, stätten und ein Projektkraftwerk mit Akteuren, ihre internationale Anerken- Finanzinstitutionen, Sicherheitsfirmen, 120 Megawatt Leistung (vier Mal so nung sowie Rahmenbedingungen, die Waffenhändler. Sie beeinflussen durch viel wie die bisher im Tschad erzeugte Korruptionsbekämpfung ermöglichen. ihre Beziehungen und Aktivitäten Leistung). Neue Gewaltausbrüche gefährden den Verlauf der Konflikte. Der legale immer wieder das einmal Erreichte. und illegale Abbau von Rohstoffen Entwicklung für die lokale Bevölke- im Besonderen trägt über vielfältige rung hat nicht stattgefunden; ihre Schutz von zivilgesellschaftlichen Weise zur Verschärfung bestehender Rechtsansprüche auf Entschädigung Akteuren Konflikte und zur Entstehung neuer müssen die von Umsiedlung und Konflikte bei. In manchen Ländern negativen Auswirkungen der Erd- Im März 1998 kam es in der Erdölregi- entstanden so genannte Bürgerkriegs- ölförderung Betroffenen in zähem on zu massiver Repression und Gewalt. ökonomien, in denen der Abbau und Ringen geltend machen. Inzwischen In vielen Dörfern, in denen EIRENE, die Vermarktung wertvoller Rohstoffe fließt ein großer Teil der Erlöse in die Brot für die Welt und Misereor Pro- eine zentrale Rolle im Konfliktgesche- Aufrüstung des tschadischen Militärs. jekte unterstützten, wurden Menschen hen spielen. In Afrika gibt es bisher Die Konflikte und die Bereitschaft, ermordet, vergewaltigt und gefoltert. kein Beispiel, wo Erdölförderung zu Gewalt anzuwenden, nimmt wieder Die Regierung wollte die Region kurz Entwicklung und Frieden beigetragen zu. Ständig entstehen neue Rebellen- vor der Bauphase des Erdölprojekts ein hätte. Im Gegenteil, Erdölförderung bewegungen. für alle Mal „befrieden“. Auch in all führte zu Fehlentwicklungen, Um- den Jahren danach wurden Menschen weltzerstörungen, Bürgerkriegen und Die Problematik der Erdölförderung verfolgt und Konflikte mit größter Gewalt. „The Paradox of Plenty“ oder in einem von Konflikten geprägten Härte ausgetragen. der „Ressourcenfluch“ wird das heute Land war schon vor 10 Jahren bekannt, genannt. als die Planungen in eine konkrete Im Februar 2008 aber gab es wieder Phase eintraten. Das Gefahrenpoten- einen dramatischer Höhepunkt, als Re- Erölvorkommen im Tschad tial konnten viele von uns erahnen, bellen die Hauptstadt erreichten. Noch und in Kamerun aber dass sich tschadische und kame- während der Kämpfe, aber vor allem runische Entwicklungsorganisationen danach, kamen politische Oppositi- Das Erdölprojekt Tschad-Kamerun, sowie Mitarbeitende von EIRENE, Brot on und Zivilgesellschaft massiv unter betrieben von ExxonMobil (Esso), für die Welt, Misereor und Amnesty Druck. Wie 1998, als internationale ChevronTexaco und Petronas, unter- International zu diesem Erdölprojekt Aktionen das Morden und Plündern EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt stoppten, so funktionierte auch dieses sich geändert wie an zwei Beispielen Es hat sich etwas verändert Mal das internationale Netz. Welt- deutlich wird. Ungerecht niedrige weit wurden Protestbriefe, Faxe und Entschädigungstarife für Familien, die Nach wie vor sind die tschadische E-Mails an die tschadische Regierung Land oder anderen Besitz wegen des Gesellschaft und die Erdölförderung geschrieben. In Europa und den USA Erdölprojekts verloren, waren vor- geprägt und umgeben von einem wurden unzählige Gespräche zwischen geschlagen worden. Über eine Reihe riesigen Gewalt- und Konfliktpo- PolitikerInnen und VertreterInnen der internationaler Kontakte gelang es, tential. Die genannten Ergebnisse tschadischen Zivilgesellschaft organi- Esso dazu zu zwingen, die tschadische zusammengenommen haben ein siert, um Offenheit für einen Dialog- und kamerunische Zivilgesellschaft an Verhandeln auf gleicher Augenhöhe und Friedensprozess zu schaffen. Die der Festsetzung der Entschädigungs- ermöglicht und damit den Betroffenen deutsche Arbeitsgruppe Erdölprojekt tarife zu beteiligen, was zu deutlichen Perspektiven eröffnet, um Angst und Tschad-Kamerun spielte dabei wieder Verbesserungen des ursprünglichen Hoffnungslosigkeit zu überwinden. eine zentrale Rolle als Koordinierungs- Entschädigungsplans geführt hat. Als Die internationale Netzwerkarbeit hat stelle für die vielfältigen Initiativen. im Mai 2001 Präsident Idriss Deby alle die schwächeren Akteure so gestärkt, Kandidaten zur Präsidentschaftswahl dass sie im Rahmen des Erdölprojekts Internationale Anerkennung von zi- verhaften ließ, konnte über einen handlungsfähig wurden gegenüber vilgesellschaftlichen Organisationen informellen Zugang der Präsident der der Regierung und Esso und sich so für Weltbank persönlich mobilisiert wer- ihre Rechte einsetzen konnten. Weltbank, ESSO und die tschadische den. Innerhalb kurzer Zeit waren die Regierung waren lange nicht bereit, Kandidaten wieder frei. Kooperationen und Dynamik, die mit Bevölkerung und Zivilgesellschaft Veränderungen schaffen zu verhandeln, da diese für sie keine Schaffung von günstigeren Rah- Verhandlungspartner darstellten. Die menbedingungen für Korruptions- Gewaltsame Konflikte im Tschad betroffenen Menschen in der Erdöl- bekämpfung haben komplexe Ursachen und lange region waren nicht organisiert, ihre Geschichten – es gibt keine einfachen Versuche, sich zu einer Interessensge- In einer tschadischen Kontrollkom- Lösungen und Rezepte. Das Erdölpro- meinschaft zusammenzuschließen wur- mission zur Beaufsichtigung der jekt schuf zusätzliche Komplexität. den von der Regierung lange verboten Verwendung der Erdöleinnahmen sind Kooperationen auf nationaler und und von Esso untergraben. Das hat RepräsentantInnen der tschadischen internationaler Ebene waren nötig, Zivilgesellschaft um voranzukommen. Die Dynamik der vertreten und Netzwerkarbeit hatte ihren Ursprung versuchen mitzu- in der Zusammenarbeit von Organisati- wirken, dass die onen, deren Wirkungskreise sich bisher Erdöleinnahmen nur wenig berührten. Entwicklungs-, für Entwicklungs- Menschenrechts-, Friedens-, und Um- maßnahmen ver- weltorganisationen kooperierten mit wendet werden. Politik und Wissenschaft. Diese Koo- Mit begrenztem perationen produzierten ständig neue Erfolg – aber Handlungsoptionen (und natürlich immerhin: es gibt auch viele Konflikte) und ermöglich- diese Institution. ten ein Agieren in vielen Arenen. Die Daneben hat sich Kooperationen waren nicht strategisch eine tschadische durchgeplant, es war selten möglich Plattform der vorauszusehen, was wirklich gesche- internationa- hen würde. Es ging oft chaotisch zu, len Kampagne es gab viele Rückschläge und Enttäu- "Publish what you schungen, aber irgendjemandem fiel pay" gebildet. Mit trotzdem immer ein nächster Schritt dieser Kampagne ein. Es gab wenig strategische Pla- wollen zivilgesell- nungsprozesse, aber kontinuierlich schaftliche Organi- strategische Entscheidungen durch sationen weltweit Schlüsselakteure im Netzwerk. Nötig dafür sorgen, dass war die Bereitschaft zum Handeln, Unternehmen gerade auch, wenn nicht zu übersehen und Regierungen war, wo das alles hinführte. transparenter werden und über Und jetzt? Zahlungsströme Rechenschaft 1. Zivilgesellschaft stärken heißt ablegen. Wenn Voraussetzungen für Frieden und die Zahlungen konstruktive Konfliktbearbeitung öffentlich werden, schaffen kann Entwick- lung eingefordert Zivilgesellschaft wurde gestärkt durch werden. Ausbildung und finanzielle Förderung, 10 EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt Südwind - Studie über Diamantenhandel Die neue Studie von Südwind e.V. - Institut für Ökonomie und Ökume- ne behandelt die soziale Dimension der Förderung und Verarbeitung von Diamanten. In ihr werden die Arbeitsbedingungen der informellen Diamantenförderung in der DR Kongo und Sierra Leone dargestellt. Dabei zeigt sich, dass die Veränderungen der Handelswege von Diamanten keine Auswirkungen auf die oftmals schlech- te Lebens- und Arbeitssituation vieler Schürfer in den Förderländern haben. 90 Prozent der weltweit geförderten Diamanten werden in Indien geschlif- Erdölraffinerie im Tschad Bild: Martin Zint fen. Die Arbeitsbedingungen von ca. eine Million ArbeiterInnen der Branche sind trotz Verbesserungen mangel- aber vor allem auch durch den Schutz rung verbundenen Konflikte und sozi- haft und führten 2008 zu gewalttä- von Schlüsselpersonen, die Förderung alen Verwerfungen werden damit die tigen Streiks in den Diamantenschlei- der internationalen Vernetzung, dem Angelegenheit von uns als Verbrau- fereien. Schaffen von Zugängen, Farbe beken- cherInnen. Die Probleme und Konflikte nen und Rückhalt geben und gemein- haben mit unserem Lebensstil zu tun. Im weiteren beleuchtet die Studie den samen Lernprozessen. Wir sind in unheilvoller Weise hinein- deutschen Diamanten-Markt, dessen verstrickt in diese Gewalt und Bürger- Daten zahlreiche Lücken aufweisen. 2. Sich auf Prozesse einlassen und kriege. Die intensive Berichterstattung Zwar wird der Weg der Rohdiaman- sich als Handelnder (als Beteili- angesichts der Rohstoffknappheit ten sehr genau erfasst, aber über die gter) begreifen macht es uns allen deutlich. Ein neues deutschen Importe von geschliffenen Nachdenken über Mobilität, Ressour- Steinen gibt es nur sehr allgemeine Personen (nicht Organisationen) haben cen- und Energieverbrauch hat begon- Angaben: So werden die bereits zu das internationale Netzwerk initiiert nen und muss auf persönlicher und Schmuck verarbeiteten Steine nicht und gestaltet. Sich einlassen, bereit politischer Ebene intensiviert werden. erfasst; die Daten über die Umsätze sein Dinge zu tun, die so nicht in der des Einzelhandels sind sehr ungenau Arbeitsplatzbeschreibung stehen, war 5. Durch Networking Gefühle der und über den Absatz der in der Indus- ein zentraler Faktor. Empörung und Hilflosigkeit trie verarbeiteten Diamanten gibt es „überschreiten“ nahezu keine Angaben. 3. Komplexes Networking als Antwort auf komplexe Konflikt- Empörung, Frustration, Gefühle der Die Verbände der Branche unterstüt- situationen Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit zen zwar internationale Initiativen, angesichts der unüberschaubaren die eine Verbesserung der Arbeits- Nur durch die Zusammenarbeit hat sich Komplexität der Konflikte und der dingungen in den Minen und Schlei- die Kraft für Veränderung entwickelt. übermächtigen Akteure sind „treue“ fereien anstreben, verfolgen jedoch Dazu gehört, die Gemeinsamkeiten mit Begleiter unseres Engagements. In der keinen deutschen Ansatz. Die Studie Akteuren außerhalb der bekannten Zusammenarbeit können wir diese schließt daher mit Vorschlägen, wie „Szenen“ suchen und entdecken. In Gefühle überwinden. n deutsche Abnehmer auf die gesamte die entstehenden Beziehungen inve- Lieferkette der Diamanten stärker stieren, Kontakt halten, vernetzen. In Kontakt: ag-erdoel@t-online.de Einfluss nehmen können. Zusammenarbeit mit anderen Organi- sationen die Zugänge zu politischen Der Autor Die Südwind-Studie wird im Septem- und wirtschaftlichen Entscheidungs- ber erscheinen und kann bezogen trägern suchen und dabei das Gewicht Martin Petry ist freier werden unter: der eigenen Organisation nutzen. Berater für Konflikt- transformation. The- 4. Zusammenhänge sehen matisch beschäftigt er SÜDWIND e.V., und nutzen sich im Besonderen mit Friedel Hütz-Adams Frieden muss von innen wachsen", das Konflikten in Kontexten Lindenstr. 58-60 ist eine recht gesicherte Erkenntnis der Rohstoffförderung, 53721 Siegburg beim Frieden schaffen. Aber - wo ist mit Gewaltökonomien und Bürgerkriegen. Tel: 02241-259 735 / Fax - 51308 "außen" bei globalen Themen? Erdöl Sieben Jahre arbeitete er im Niger und im www.suedwind-institut.de wird vor allem in der industrialisierten Tschad als EIRENE-Fachkraft in Dorfent- Welt verbraucht. Die mit der Förde- wicklungsprogrammen. EIRENE-Rundbrief 3/2008 11
Schwerpunkt Coltanabbau im Kongo von Ilona Auer-Frege Die Demokratische Republik Kongo verfügt über reiche Vorkommen der Rohstoffe Kupfer, Kobalt, Gold, Zinn und Coltan. Coltan enthält das seltene und teure Metall Tantal, das im che- mischen Anlagenbau, in der Raumfahr- tindustrie und in der Computer- und Kommunikationstechnologie verarbeitet wird. Tantal begegnet uns im täglichen Leben als unverzichtbarer Bestandteil von Mobiltelefonen oder Spielkonso- len. Etwa zwei Drittel des weltweiten Vorkommens von Coltan liegen in der DR Kongo. Nach mehr als vier Jahren Krieg wach- sen derzeit im Kongo wieder Friedens- hoffnungen. Und doch bestimmen im gesamten Osten der DR Kongo die staatliche Armee sowie bewaffnete Rebellengruppen und Warlords den Rohstoffmarkt. In ihren Kämpfen geht es darum, die Kontrolle über die wich- tigsten Abbaugebiete zu erlangen und zu verteidigen. Die Armeeführer teilen sich die Märkte auf und organisieren mit den lokalen Zwischenhändlern die Einkäufe, den Transport im Land und den Export der Ware zu interna- tionalen Händlern in Kampala, Kigali, Lusaka oder Nairobi. Artisanaler Kleinbergbau in Mosambik Bild: BGR Das Leiden der Bevölkerung im Ost- Coltan aufgebaut und von der Regie- Gewaltökonomie kongo wird kein Ende haben, solange rung oder ruandischen Militärs eigene sich einzelne Profiteure im momen- Unternehmen gegründet. Coltan, das Eine Gewaltökonomie ist ein tanen Ausmaß am Rohstoffhandel nach Ruanda und Uganda exportiert Wirtschaftssystem, in dem die bereichern. Die Gewinne, die erwirt- wurde, wird meist über Belgien und Wirtschaftsleistungen einer Region schaftet werden, fließen in die Hände Dubai nach Malaysia, Deutschland, in durch Gewalt gefördert werden und einer kleinen Anzahl von kongole- die Schweiz, die Niederlande, Belgien, ihrerseits wieder dazu beitragen, sischen Familien bzw. der Offiziere der Großbritannien, Indien, Pakistan, dass Gewalt finanziert und verlän- Rebellengruppen im Land. Mit diesen die USA und Russland verschifft oder gert wird. Das wirtschaftliche Wohl Geldern werden politische Dynastien geflogen. Hauptabnehmer waren die wichtiger Konfliktakteue ist eng mit im Kongo aufrecht erhalten, vor allem USA und Deutschland, seit 2002 ist der Fortsetzung der gewalttätigen aber Waffen erworben, mit denen alle es China. Die produzierten Rohstoffe Verhältnisse verknüpft. Rebellen- Parteien ihr Kriegshandwerk fortfüh- werden nur zu einem geringen Anteil gruppen, Mafia-Clans oder Warlords ren können. korrekt versteuert und legal ins Aus- nutzen die Machtlosigkeit der land gebracht. Bevölkerung und der Regierung aus, Die Rolle von Ruanda beim um die Kontrolle über ein Territori- Handel mit Coltan Vielmehr bedienen sich die Händler um und die Märkte zu erlangen und und Zwischenhändler vieler Zwischen- diese dann auszubeuten. Ein ge- Das Nachbarland Ruanda spielt beim schritte, um ihre Waren unbehelligt meinsames Merkmal dieser Akteure Handel von Coltan und Cassiterite ins Ausland zu transferieren und die ist, dass sie mit Gewalt vorgehen, eine große Rolle. Mit der Übernah- Profite für sich zu gewinnen. In vielen um Profite zu machen, indem sie me der Kontrolle über den Osten des Fällen befördern die Transporteure die z.B. Schutzgelder und illegale Zölle Landes wurden zuerst die gelagerten Waren auch gar nicht über offizielle einfordern, Waren beschlagnahmen Vorräte an Mineralien geplündert. Grenzübergänge, sondern mit Booten, oder Waffen- und Drogenhandel Anschließend wurden eigene Struk- Flugzeugen oder Geländewagen über betreiben. turen zum Abbau von Cassiterite/ unkontrollierte Grenzabschnitte. Auf 12 EIRENE-Rundbrief 3/2008
Schwerpunkt oder andere staatliche Angebote und diese verlangen für ihre Dienstleis- tungen viel Geld, so dass die Familien der Arbeiter meist keine ausreichende Versorgung erhalten. Neben den harten Arbeitsbedin- gungen zerstören vor allem die militärischen Auseinandersetzungen das Leben der örtlichen Bevölkerung: Diejenigen Truppen, die ein Gebiet erobern oder verteidigen wollen, nutzen alle Elemente des Terrors, um die Menschen gefügig zu machen und Zugriff auf deren Ressourcen zu erhal- ten. Dörfer werden geplündert, um die Armeen zu ernähren. Widerständische Bewohner werden vertrieben oder sofort getötet. Kinder, z. T. noch unter zehn Jahren, werden in großer Zahl gewaltsam oder mit Versprechungen als Soldaten rekrutiert. Frauen und Mädchen werden systematisch verge- waltigt, um Angst und Kooperations- willigkeit in den Gemeinden zu erzeu- gen. Seit 1998 sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen ca. 4,5 Mio. Menschen im Osten der DR Kongo durch direkte Kriegshandlungen oder in Folge von Vertreibung, zerstörten Ernten, blockierten Wegen und be- handelbaren Krankheiten ums Leben Flughäfen dient Bestechung dazu, die Familien. Die lokalen Einkäufer nutzen gekommen. Fast die Hälfte davon Sicherheitskontrollen zu umgehen. zudem aus, dass es wegen fehlender waren Kinder unter zwölf Jahren. Ca. Straßen und Transportmöglichkeiten 800 000 Menschen sind derzeit allein Die Kriegsjahre haben dazu geführt, keinen Zugang zu alternativen in den Provinzen Nord- und Südkivu dass die großen staatlichen Abbau- Märkten gibt, auf denen die Schür- auf der Flucht vor Kriegshandlungen. firmen geschlossen wurden oder nur fer bessere Preise erzielen könnten. Sie können deshalb ihre Felder nicht noch einen Bruchteil ihrer Förder- Die Arbeiter werden so für minimale bestellen und sind auf internationale mengen produzieren. Der Abbau von Löhne oder Preise ausgebeutet, Kin- Hilfe angewiesen, die sie jedoch in vie- Erzen ist heute fast vollständig priva- derarbeit und unerträgliche Arbeitsbe- len Fällen nicht rechtzeitig erreicht. tisiert, d.h. in den Händen von kleinen dingungen sind alltäglich. Im südlichen n Abbauunternehmen oder selbständig Katanga gibt es z.B. ca. 60.000 Männer arbeitenden Schürferfamilien, die ihre und Jungen (teilweise erst sieben Jahre Erträge an Zwischenhändler verkaufen. alt) die als Lohnarbeiter in den Minen Diamanten, Coltan und Kupfer werden arbeiten. so in Kleinstbetrieben produziert, die vielfach keine Lizenzen vom Staat er- Die Jungen werden häufig als Trä- Die Autorin werben, keine Steuern bezahlen, kaum ger eingesetzt. Der Verdienst liegt in die Infrastruktur der Region investie- zwischen 1 bis 40 Dollar pro Tag, Frau Dr. Ilona ren, arbeitsrechtlich nicht organisiert abhängig vom Metallgehalt des Erzes. Auer-Frege ist sind und der Willkür ihrer Ankäufer Wie mineralhaltig das Gestein ist, das Koordinatorin des unterliegen, die die Preise auf einen die Schürfer an die Mittelsmänner Ökumenischen Bruchteil des Weltmarktpreises fest- verkaufen, kann von ihnen selbst nicht Netzes Zentral- setzen. bestimmt werden. Damit besteht die afrika. große Gefahr, dass die Minenarbeiter Zunächst bedeutet die unorganisierte von den Ankäufern betrogen wer- Das Ökumenische und in den Händen einzelnen Arbeiter den. Es wird per Hand geschürft, eine Netz Zentralafrika liegende Gewinnung von Rohstoffen, Schicht dauert zwölf Stunden. Es gibt (ÖNZ) ist ein Zusammenschluss kirchlicher dass das unternehmerische Risiko den kaum Schutzkleidung, erleichternde Organisationen, die mit Kirchen und Produzenten aufgebürdet wird. Wenn Maschinen oder Geräte oder Begren- zivilgesellschaftlichen Organisationen in sie mit ihrer Handarbeit keine Erträge zungen der erlaubten Arbeitszeit. Im der Region der Großen Seen (DR Kongo, erwirtschaften, gibt es kein soziales Umfeld der Abbaugebiete gibt es nur Ruanda, Burundi) verbunden ist. Sicherungssystem für sie und ihre wenige Gesundheitsdienste, Schulen (www.oenz.de) EIRENE-Rundbrief 3/2008 13
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