To Deal or Not to Deal? - Unsichere Zeiten in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU - Die Zeitschrift
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Freihandel unter Druck To Deal or Not to Deal? Unsichere Zeiten in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU Stormy-Annika Mildner und Claudia Schmucker | Eine nationalistische Wirt- schaftspolitik wollte Donald Trump im Wahlkampf – kann er sie durch- setzen? Die Gefahr, dass das Weiße Haus in der Handelspolitik auf Pro- tektionismus setzt, ist nicht gebannt. Doch Deutschland und die EU haben Möglichkeiten, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. Die USA sind der wichtigste Absatz- rend frühere Präsidenten – ob Repu- markt für deutsche Warenexporte. blikaner oder Demokraten – zumin- Es überrascht daher wenig, dass die dest im Grundsatz einen freien und handelspolitischen Pläne von US-Prä- offenen Handel unterstützten, scheint sident Donald Trump vielen deut- Trump ein überzeugter Merkantilist schen Unternehmern Sorgen bereiten. zu sein. Für ihn ist Handel ein Nullsu- Die Außenhandelsquote – das Ver- mmenspiel: Exporte sind gut, Importe hältnis von Handel (Exporte und Im- schlecht. Produktion im Inland ist gut, porte) von Waren und Dienstleistun- Produktion im Ausland schlecht. Han- gen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) delsüberschüsse sind gut, Handelsde- – betrug 2016 84,4 Prozent. Jeder fizite schlecht. Die großen Überschüs- vierte Arbeitsplatz hängt in Deutsch- se einzelner Länder wie von Deutsch- land vom Export ab, in der Indust- land, China oder auch Japan sind kein rie ist es sogar mehr als jeder zwei- Zeichen von Wettbewerbsfähigkeit, te. Deutschland ist auf weltweit offe- sondern von unfairem Wettbewerb – ne Märkte angewiesen, und die USA von Währungsmanipulation, Subven- waren in der Vergangenheit stets Ver- tionen und Dumping. Nach Ansicht fechter eines regelbasierten, internati- von Trump ist beispielsweise der Han- onalen Handelssystems – vom Allge- del mit Deutschland nur dann „fair“, meinen Zoll- und Handelsabkommen wenn die Deutschen ebenso viele ame- (GATT, Abschluss 1947) hin zu des- rikanische Autos kaufen würden wie sen Nachfolger, der Welthandelsorga- die Amerikaner deutsche. nisation (WTO, Gründung 1995). Trumps handelspolitische Ide- Präsident Trump hingegen stellt en basieren auf seinem Motto „Ame- dieses regelbasierte und liberale Welt- rica first“. Er will Industriejobs zu- handelssystem infrage und vollzieht rück in die Vereinigten Staaten holen damit einen deutlichen Bruch. Wäh- und Arbeitsplätze schaffen – ohne da- 46 IP • Mai / Juni 2017
To Deal or Not to Deal? bei in Betracht zu ziehen, dass vor al- die Arbeitslosenquote liegt bei un- lem strukturelle Faktoren und nicht ter 5 Prozent. Allerdings haben nicht der Handel für den Verlust der meis- alle gleichermaßen vom wirtschaftli- ten Jobs verantwortlich sind. Auch chen Aufschwung nach der Finanz- das Handelsbilanzdefizit soll verrin- und Wirtschaftskrise profitiert. Die gert werden. Reallöhne sind in den USA seit Jah- An seinem ersten Amtstag kün- ren kaum gestiegen, und viele Mit- digte Trump die Beteiligung der USA telstandsfamilien sind der Ansicht, an der Transpazifischen Partner- dass sich ihre finanziel- schaft (TPP) auf und versprach, das le Situation nicht verbes- Die amerikanische nordamerikanische Freihandelsab- sert hat. Darüber hinaus Stahlindustrie steht kommen NAFTA neu zu verhandeln. waren bei einer Umfrage Gleichzeitig betonte er im März 2017, des Pew Research Center hinter Trumps Ideen dass er die Unabhängigkeit der USA im August 2016 47 Pro- in der Handelspolitik stärken wol- zent der Befragten der Meinung, dass le. Damit bezog er sich vor allem auf Freihandelsabkommen ihrem Land den Streitschlichtungsmechanismus geschadet hätten. Unter Trump-Un- der WTO, dessen Urteile seiner terstützern stimmten dieser Aussage Ansicht nach nicht länger zu einer sogar 68 Prozent zu. Änderung amerikanischer Geset- In Wirtschaftskreisen finden ze führen sollten. Am 31. März er- Trumps Vorschläge vor allem in In- ließ Trump zudem ein Dekret (Exe- dustriezweigen Unterstützung, die cutive Order), das die Überprüfung unter globalem Wettbewerbsdruck der US-Handelsbeziehungen anord- leiden, wie beispielsweise die Stahl net. Innerhalb von 90 Tagen sollen industrie. Diese setzt sich seit vie- das US-Wirtschaftsministerium und len Jahren für schärfere Anti-Dum- das Büro des US-Handelsbeauftrag- ping-Maßnahmen und einen stärke- ten einen Bericht vorlegen. Darin ren Schutz vor „unfairem“ globalen sollen sie Faktoren prüfen, die mög- Wettbewerb ein. Zusätzlich riefen licherweise zum Handelsbilanzdefi- Anfang Februar 2017 25 US-Unter- zit der USA beitragen, darunter Be- nehmen, darunter auch bedeuten- trug oder unangemessenes Verhalten de Exporteure, die „American Made von Handelspartnern, Freihandelsab- Coalition“ ins Leben, die die Steuer- kommen, die nicht zu den vorherge- vorschläge der Republikaner für eine sagten Effekten geführt haben, man- „Border Adjustment Tax“ (BAT) un- gelnde Durchsetzung von Handelsre- terstützt. General Electric, Boeing, geln seitens der USA oder auch Wäh- Dow Chemical, Eli Lilly, Pfitzer und rungsmanipulation. Oracle gehören zu den prominentes- ten Mitgliedern. Botschaft an die Abgehängten Allerdings formiert sich auch Wi- Trump spricht mit seiner Politik all derstand gegen Trump. Die Initiative jene an, die sich von der Globalisie- „Americans for Affordable Products“ rung abgehängt fühlen. Insgesamt („Amerikaner für bezahlbare Pro- geht es der amerikanischen Wirt- dukte“), zu der viele Einzelhändler schaft gut: Das BIP wuchs 2015 und gehören, spricht sich gegen die neuen 2016 langsam, aber kontinuierlich; Steuerpläne aus. Viele Unternehmen IP • Mai / Juni 2017 47
Freihandel unter Druck in Silicon Valley wie Apple sind stark von reziproken (…) Zugeständnissen vom internationalen Handel abhängig in Bezug auf Kanada oder Mexiko“ und sehen Trumps Ankündigungen zu erhalten.1 Entsprechend könnte sehr kritisch. Gleiches gilt für Unter- Trump die Zölle wieder auf WTO-Ni- nehmen aus Texas, die sich gegen eine veau anheben. Voraussetzung ist aber, Aufkündigung von NAFTA oder zu- dass der Präsident den Kongress kon- sätzliche Zölle auf Importe aus Mexi- sultiert – was keine große Hürde ist. ko aussprechen. Es reicht, wenn der US-Handelsbe- auftragte und weitere Kabinettsmit- Im Ermessen des Präsidenten glieder die zuständigen Kongressaus- Zwar ist die Macht des Präsidenten schüsse unterrichten. in diesen Fragen nicht unbeschränkt. Zahlreiche weitere Gesetze stär- Die Zuständigkeit für die Handels- ken den Handlungsspielraum des politik liegt nach Artikel I, Absatz 8 Präsidenten. Der Trade Expansi- der Verfassung grundsätzlich beim on Act of 1962 erlaubt es, Zölle oder Kongress. Dieser hat dem Präsiden- Quoten einzuführen, wenn die nati- ten aber in verschiedenen Fällen die onale Sicherheit von Importen beein- Kompetenz übertragen, über präsi- trächtigt wird. Paragraf 122 des Tra- dentielle Bekanntmachungen Zölle de Act of 1974 gibt dem Präsidenten in Handelsabkommen abzusenken das Recht, Zölle von bis zu 15 Pro- oder auch wieder anzuheben. Die- zent und/oder quantitative Import- se Kompetenzübertragung fand erst- beschränkungen für bis zu 150 Tage mals durch den Recipro- einzuführen, wenn ein signifikantes Trump hätte es cal Trade Agreements Act Defizit in der US-Zahlungsbilanz mit of 1934 und später über einem Land vorliegt. Nahezu unbe- in der Hand, Straf- die Implementierungsge- schränkte Kompetenzen werden dem zölle einzuführen setze für Beschlüsse des Präsidenten durch den Trading with GATT, der WTO und für the Enemy Act of 1917 und den In- unterschiedliche Freihandelsabkom- ternational Emergency Economic Po- men statt. Die Befugnis des Präsiden- wers Act of 1977 übertragen. Trump ten über auswärtige Angelegenheiten hat also Spielräume, um Strafzölle auf ermöglicht es ihm auch, bestehende Importe aus China und Mexiko ein- Freihandelsverträge zu kündigen. zuführen. Die gesetzliche Grundlage für das Was bedeutet das für Deutschland Nordamerikanische Freihandelsab- und Europa? 2015 lösten die USA kommen ist das NAFTA-Implemen- Frankreich als wichtigstes Zielland tierungsgesetz. Unter Berufung auf für deutsche Warenexporte ab, und dessen Paragrafen 201 hat Präsident auch 2016 waren die USA Deutsch- Bill Clinton seinerzeit Zölle gesenkt lands wichtigster Exportmarkt. Umge- beziehungsweise abgeschafft. Auf kehrt lagen die USA bei den Warenim- gleicher rechtlicher Basis kann ein porten 2016 auf Platz vier. Deutsch- Präsident aber auch zusätzliche Zölle land hatte 2016 mit den USA einen erheben, um das „allgemeine Niveau Handelsbilanzüberschuss (Waren und 1 H. R. 3450, Section 201, https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/BILLS-103hr3450enr/pdf/BILLS- 103hr3450enr.pdf. 48 IP • Mai / Juni 2017
To Deal or Not to Deal? Bild nur in Printausgabe verfügbar Dienstleistungen) von 67,8 Milliarden Auch die Wirtschaftsbeziehun- Dollar. Der Überschuss ist zwar im gen zwischen der EU und den USA Vergleich zum Vorjahr (77,3 Milliar- sind eng. 2016 gingen (ohne intraeu- den Dollar) deutlich gesunken.2 Den- ropäischen Handel) 20,7 Prozent der noch steht Deutschland im Zentrum gesamten europäischen Exporte in von Trumps Kritik – deutlich mehr die USA und 14,5 Prozent der Impor- als andere EU-Länder. te stammten von dort. Die EU hatte Deutsche und amerikanische Un- insgesamt einen Handelsbilanzüber- ternehmen sind außerdem wichtige schuss mit den USA von 115,3 Milli- Investoren für den jeweils anderen arden Euro.3 Die wichtigste Grund- Markt – tatsächlich sind die Vereinig- lage in den transatlantischen Wirt- ten Staaten das wichtigste Zielland schaftsbeziehungen sind die gegen- für deutsche Direktinvestitionen im seitigen Direktinvestitionen. Die Ausland (Foreign Direct Investments, europäischen FDI in den USA betra- FDI). Rund 28 Prozent der deutschen gen ungefähr das Achtfache der euro- FDI lagen 2014 in den USA (Bestände). päischen FDI in Indien und China zu- Laut Bundesbank waren im gleichen sammengenommen.4 Jahr 4725 deutsche Unternehmen mit Einige von Trumps Ankündigun- unmittelbaren und mittelbaren Inves- gen in Sachen Investitionen in die titionen in den USA präsent. Infrastruktur und niedrigere Unter- 2 BEA, U.S. Trade in Goods and Services by Selected Countries and Areas, 1999-present, https://www.bea.gov/newsreleases/international/trade/trad_geo_time_series.xls. 3 Europäische Kommission, Generaldirektion Handel, Statistics, Top Trading Partner, http:// trade.ec.europa.eu/doclib/html/122530.htm. 4 Europäische Kommission, Generaldirektion Handel, Countries and Regions: United States, http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/united-states/. IP • Mai / Juni 2017 49
Freihandel unter Druck nehmenssteuern könnten auch deut- gela Merkel mit Wirtschaftsvertre- schen und europäischen Firmen zu- tern im Weißen Haus im März 2017. gute kommen. Eine Voraussetzung Das Unternehmen werde jedoch auch für die Teilhabe an dem erhofften nicht von seinen Plänen abweichen, Infrastrukturboom ist jedoch, dass ab 2019 in seinem Werk in San Luis die Regierung ausländische Unter- Potosí in Mexiko die BMW-3er-Li- nehmen nicht durch „Buy-Ameri- mousine zu bauen.6 Joe Kaeser, Vor- can“-Klauseln bei öffent- standsvorsitzender von Siemens, das Die EU ist abhängig lichen Aufträgen aus- an 60 Produktionsstandorten 50 000 schließt. Und wenn das Mitarbeiter in den USA beschäftigt, von offenem, regel- Weiße Haus Zölle auf me- bot bei dem Treffen an, den Umfang basiertem Handel xikanische Produkte er- des Ausbildungsprogramms zu ver- heben würde, bekämen doppeln.7 Das deutsche „duale Sys- das auch deutsche und europäische tem“ der Berufsausbildung trifft an- Unternehmen zu spüren. Besonders gesichts erheblicher Defizite im Bil- deutsche Autobauer und ihre Zulie- dungsbereich nicht erst seit dem Re- ferer, die erheblich in Mexiko inves- gierungswechsel auf großes Interesse. tiert haben, wären von Zöllen auf Was viele in Europa beunruhigt: Warenexporte aus Mexiko betroffen. Ein Großteil von Trumps handels- Auch die „Border Adjustment Tax“, politischen Ideen ist mit den Regeln die viele Republikaner im Abgeord- der WTO nicht vereinbar. Und hier- netenhaus fordern, wäre ein schwe- in liegt eines der größten Risiken: rer Schlag für die deutsche und euro- Deutschland und die EU sind abhän- päische Export industrie. gig von einem offenen und regelba- Dabei leisten deutsche Unterneh- sierten Handel. Die WTO ist der seit men in den USA einen wichtigen Bei- Jahren stockenden Verhandlungen in trag zur US-Wirtschaft. Nicht nur die der Doha-Runde zum Trotz immer deutsche Bundesregierung, auch die noch der wichtigste Garant d afür. Unternehmen selbst bemühen sich Wenn Trump seine Ankündigungen intensiv, der US-Administration zu wahr macht und die Urteile des WTO- erklären: Was deutschen Unterneh- Streitschlichtungsmechanismus igno- men schadet, schadet letztlich auch riert oder sich die USA sogar gänzlich den USA. Beispielsweise hat BMW aus der WTO zurückziehen, wird das mit seinen Investitionen in Spar- gesamte multilaterale Handelssystem tanburg (South Carolina) 9000 Ar- ins Chaos gestürzt. beitsplätze im eigenen Unternehmen und 45 000 bei Zulieferern geschaf- Ein „Deal“ mit Trump? fen.5 BMW werde auch weiterhin Das zentrale Handelsprojekt der EU in den USA investieren, unterstrich war in den vergangenen drei Jahren Vorstandsvorsitzender Harald Krü- die Transatlantische Handels- und In- ger beim Besuch von Kanzlerin An- vestitionspartnerschaft. Trump selbst 5 „Lehrlinge im Weißen Haus“, Süddeutsche Zeitung, 19.3.2017. 6 „So reagiert der BMW-Chef auf Trumps Drohungen“, https://www.welt.de/wirtschaft/artic- le161215040/So-reagiert-der-BMW-Chef-auf-Trumps-Drohungen.html. 7 „Lehrlinge im Weißen Haus“, a.a.O. (Anm. 5). 50 IP • Mai / Juni 2017
To Deal or Not to Deal? erwähnte TTIP im Wahlkampf nie, weltweit – sind durchaus gerechtfer- machte jedoch als Präsident schnell tigt. Die Antwort darauf ist jedoch deutlich, dass er bilaterale Verträge nicht, den Zugang zum eigenen Markt abschließen will, die auch für die USA zu blockieren. Die Antwort liegt in ei- ein „guter Deal“ sind. Bislang geht die nem regelbasierten gemeinsamen Vor- EU davon aus, dass TTIP unter seiner gehen gegen unfaire Wett- Präsidentschaft auf Eis liegt. Der de- bewerbsbedingungen im Trump braucht signierte Handelsbeauftragte Robert Rahmen der WTO. Der Firmen, die Arbeits- Lighthizer betonte jedoch bei seiner EU-Botschafter in Wa Anhörung im Kongress im März 2017, shington, David O’Sulli- plätze schaffen dass er offen dafür sei, die TTIP-Ver- van, betonte in einer Rede handlungen wiederaufzunehmen. am 8. Februar: „Wir freuen uns auf Mit einer schnellen Wiederauf- die Gespräche mit der neuen US-Re- nahme der Verhandlungen sollte man gierung, wie wir das transatlantische allerdings nicht rechnen. In Frank- Verhältnis weiter ausbauen können reich und Deutschland stehen Wah- und dabei die Ideen zu berücksich- len an. Und mit der Wahl Trumps tigen, die diese einbringen möchte.“9 hat das ohnehin umstrittene Projekt Die Suche nach Kooperationspart TTIP in Europa nicht gerade an Be- nern in den USA darf sich dabei nicht liebtheit gewonnen.8 Die Strategie der nur auf Regierungsmitglieder be- EU ist daher richtig, 2017 die Han- schränken. Gleichzeitig sollten die delsbeziehungen mit anderen wich- Kontakte zwischen Vertretern des tigen Handelspartnern auszubauen Europäischen Parlaments und dem und die Freihandelsabkommen mit US-Kongress intensiviert werden. Japan, Mexiko und dem Mercosur Der Transatlantic Legislators̓ Dialo- zügig abzuschließen. Denn die USA gue kann dafür eine gute Grundlage sind ein wichtiger, aber nicht der al- bilden. Wichtige Stimmen sind wei- leinige Handelspartner der EU. terhin der Trans atlantic Business Unabhängig von TTIP sollte die Dialogue (TABD) zu den Handels- EU auf allen Ebenen den konstruk- und Investitionsmöglichkeiten sowie tiven Dialog über Freihandel mit der der Transatlantic Economic Council neuen US-Administration suchen. (TEC) zur Zusammenarbeit in Regu- Dabei muss sie den USA gleichzei- lierungsfragen. Für Trump, der sich tig deutlich machen, welche Inter- als „Dealmaker“ sieht, sind die Stim- essen und Werte sie verfolgt. Man- men der Unternehmen, die Arbeits- che handelspolitischen Bedenken der plätze in den USA schaffen, von zen- Trump-Administration – mangelnder traler Bedeutung. Schutz geistigen Eigentums interna- Kurz: Die EU muss alles daran- tional, unfairer Wettbewerb durch setzen, konstruktiv mit dem neuen Überkapazitäten oder auch unglei- US-Präsidenten umzugehen. Gleich- cher Marktzugang bei Investitionen zeitig sollte sie jedoch jegliche Verstö- 8 Trump’s Pick for Trade Envoy Open to Continued EU Trade Talks, Politico, 21.3.2017. 9 Keynote speech von David O’Sullivan beim Global Ties 2017 Strategic Dialogue: www. euintheus.org/press-media/keynote-speech-by-david-osullivan-at-the-global-ties-2017-strate- gic-dialogue-a-shared-vision-of-transatlantic-leadership-through-international-exchanges/ IP • Mai / Juni 2017 51
Freihandel unter Druck ße gegen internationale Handelsre- Chancen zu verhelfen; soziale Siche- geln strikt ahnden. rungssysteme, die Menschen ein Auf- fangnetz bieten, die ihre Arbeit ver- Gegen Protektionismus loren haben; Arbeitsmarktreformen, Um Trumps protektionistischen Ab- die aktiv dabei helfen, Menschen sichten entgegenzuwirken, muss die wieder in den Arbeitsmarkt zu inte- internationale Gemeinschaft ein deut- grieren; und eine starke soziale Part- liches Zeichen für offene Märkte set- nerschaft – all das kann helfen, das zen. Die Welt schaut da- Wirtschaftswachstum inklusiver zu Die G20 müssen die bei auf die G20, die in die- gestalten. Nichts davon muss sich ne- sem Jahr unter deutscher gativ auf den Handel auswirken. Vorteile des Welthan- Präsidentschaft stattfin- Gerade die EU sollte sich für dels besser erklären det. Aufgrund amerikani- Freihandel und gegen Protektionis- scher Vorbehalte haben die mus stark machen. Die Verabschie- G20-Finanzminister und Notenbank- dung des Handelsabkommens zwi- chefs bei ihrem Treffen in Baden-Ba- schen der EU und Kanada (CETA) den im März zum ersten Mal ihr Ver- im Europaparlament ist ein gutes Zei- sprechen nicht wiederholt, sich dem chen. Aber die EU sollte noch größe- Protektionismus in allen seinen For- re Anstrengungen unternehmen, in- men entgegenzustellen. Stattdessen nere Blockaden zu überwinden, da- einigte man sich lediglich auf die all- mit sie ein durchsetzungsfähiger Ak- gemeine Formulierung: „Wir arbeiten teur im Welthandel bleibt. Klar ist: daran, den Beitrag von Handel auf un- Wenn Regierungsverantwortliche in sere Volkswirtschaften zu stärken.“ der EU der heimischen Anti-Globali- Spätestens beim G20-Gipfel in sierungsstimmung nicht überzeugter Hamburg sollten die Mitglieder ihr begegnen, könnte – gerade in Zeiten Versprechen mit Nachdruck wieder- von Trump – der internationale Han- holen und zuvor eingeführte pro- del erheblichen Schaden nehmen. tektionistische Maßnahmen wieder abschaffen. Dazu wäre eine Stär- Dr. Stormy-Annika kung der Monitoring-Kapazitäten Mildner leitet die der WTO wichtig. Die G20 sollte die Abteilung Außenwirt- schaftspolitik beim WTO beauftragen, protektionistische Bundesverband der Maßnahmen eindeutiger zu klassifi- Deutschen Industrie zieren und ihren Einfluss auf Wachs- (BDI); sie ist zudem tum und Arbeitsmarkt zu messen. B20-Sherpa. Nur so kann der Protektionismus in seine Schranken verwiesen werden. Gleichzeitig müssen die G20-Mit- Dr. Claudia glieder auf nationaler Ebene die Vor- Schmucker leitet das teile des Welthandels besser erklären. Programm Globalisie- rung und Weltwirt- Dabei müssen sie auch jene anspre- schaft im Forschungs- chen, die sich zurückgelassen fühlen. institut der Deutschen Mehr Anstrengungen in den Berei- Gesellschaft für Aus- chen Bildung und lebenslanges Ler- wärtige Politik (DGAP). nen, um diesen Menschen zu neuen 52 IP • Mai / Juni 2017
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