Tübinger Suchttherapietage 2021 - Universitätsklinikum ...
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25. Tübinger Suchttherapietage 2021 Suchttherapie und Suchtforschung im Verlauf eines Vierteljahrhunderts Eine Fortbildungsveranstaltung für alle im Suchtbereich Tätigen (Psychologie, Medizin, Gesundheits- und Krankenpflege, Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Justiz) Tübingen 29. September bis 1. Oktober 2021
Tübinger Suchttherapietage Vorwort Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Herbst 1995 fanden zum ersten Mal die „Tübinger Suchttherapietage“ statt. Keiner hätte damals den Mut gehabt, davon auszugehen, dass dieses Tagungsformat 25 Jahre später noch Bestand haben würde. Aber aus der Idee, ein praxisorientiertes Forum zu schaffen, in dem alle im Suchtbereich Tätigen, sei es aus der Medizin, Psychologie, Krankenpflege oder Sozialpädagogik miteinander in Austausch treten und sich gegenseitig fort- und weiterbilden sollten, wurde ein regelmäßiges klinisch orientiertes Fortbildungsangebot mit wissenschaftlichem Input aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Sozialpädagogik, Ethik und Biologie. Wir blicken zurück auf eine erfolgreiche Geschichte der Tübinger Suchttherapietage mit einer charakteristischen Mischung aus Vorlesungen, Seminaren und Workshops, umfassenden Curricula (z. B. Tabak und Computerspielsucht), praxisorientierten Fortbildungsangeboten zu psychotherapeutischen Fertigkeiten (z.B. motivierende Gesprächsführung, störungsspezifischer Psychotherapie oder im Umgang mit speziellen Zielgruppen) und einer integrierten Weiterbildung zum Zusatztitel „Suchtmedizin“. An dieser Stelle sei allen herzlich gedankt, die zum Erfolg der Tübinger Suchttherapietage beigetragen haben, allen voran den Mitbegründern Prof. Dr. Karl Mann, Prof. Dr. Gerhard Buchkremer und Dipl. Psych. Thomas Bader, den vielen Referentinnen und Referenten, den vielen Teilnehmenden und Mitwirkenden, die über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg mit ihren Beiträgen die Veranstaltung bereichert und zum unverwechselbaren Charakter der Tübinger Suchttherapietage beigetragen haben. Die Tagung zum 25jährigen Bestehen haben wir genutzt, namhafte Experten einzuladen, die uns eine hochaktuelle, spannende Mischung aus Beiträgen zur Forschung, Therapie und leitliniengerechten Behandlung bieten werden. Auf Grund der unklaren Situation bzgl. der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie werden wir ggf. kurzfristig auf ein digitales Format der Veranstaltung wechseln müssen. Es gelten die aktuellen Infos dazu auf unserer Homepage: www.tuebinger-suchttherapietage.de Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und hoffen auf ein Wiedersehen im September 2021 in Tübingen. Tübingen im Januar 2021 Prof. Dr. Anil Batra Dipl.-Psych. Christian Heise Prof. Dr. Götz Mundle
Tübinger Suchttherapietage Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Tagesübersichten Mittwoch, den 29.09.2021 Vormittag: Vorlesungen ................................................................................ 2 Nachmittag: Seminare, Workshops, Kurse ................................................... 3 Donnerstag, den 30.09.2021 Vormittag: Vorlesung, Themenschwerpunkte ............................................... 4 Nachmittag: Seminare, Workshops, Kurse ................................................... 5 Freitag, den 1.10.2021 Vormittag: Vorlesung, Themenschwerpunkte ............................................... 6 Nachmittag: Seminare, Workshops, Kurse ................................................... 7 Tagungsstruktur ...................................................................................................... 8 Organisation ........................................................................................................... 9 Curriculum Tabakabhängigkeit und Entwöhnung ...................................................... 10 Curriculum Computer- und Internetabhängigkeit ..................................................... 11 Abstracts .................................................................................................................. 13 Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung ................................................ 38 Sonderveranstaltungen ........................................................................................... 41 Referenten/innen .................................................................................................... 42 Catering ................................................................................................................... 53 Allgemeine Hinweise und Anmeldung ..................................................................... 55 1
Tübinger Suchttherapietage Tagesübersicht MITTWOCH – 29.09.2021 V O R L E S U N G E N 10:00 – Eröffnung 25. Tübinger Suchttherapietage 13:00 Uhr Grußworte: Prof. Anil Batra Prof. Rainer Thomasius (Präsident DG-Sucht) ??? Vorlesungen: Prof. Dr. Heinz - angefragt -(VL01).............................................................. 13 (Weiter-)Entwicklung des Suchtbegriffes Prof. Dr. Falk Kiefer (VL02).......................................................................... 14 Facetten der internetbezogenen Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter Dr. Klaus Wölfling (VL03)............................................................................. 14 2
Tübinger Suchttherapietage Mittwoch, 29.09.2021 13:15 Uhr Get-together für Nachwuchskräfte in der Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) – siehe S. 43 S E M I N A R E / W O R K S H O P S 15:00 – Akzeptanz- und Commitmenttherapie in der stationären 16:30 Uhr Suchtbehandlung (K01) bis 18:30 Uhr!.................................................... 15 Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Drogenabhängigkeit (K02) bis 18:30 Uhr!................................................ 15 CBASP-Gruppentherapie – Erfahrungen mit PatientInnen mit Substanzgebrauchsstörungen in der Entwöhnungs- phase (K03) bis 18:30 Uhr! ..................................................................... 16 Leistungssensible Therapie für Abhängigkeitserkrankungen – wirksam in der Rückfallprävention und im Einbezug von Angehörigen (K04) bis 18:30 Uhr! .......................................................... 16 Intoxikationen - Notfälle in der Suchttherapie (K05).................................. 16 Ich bin nicht allein - Stellenwert von Selbsthilfegruppen nach therapeutischen Behandlungen (K06)....................................................... 17 17:00 – Psychiatrie und Substitution: Management von Patienten mit 18:30 Uhr Doppeldiagnosen in der Substitutionsbehandlung (K07).......................... 17 Naloxonvergabe an Laien zur Lebensrettung (K08).................................. 17 Die Screen-Technik zur Rückfallbearbeitung und Ressourcenverankerung in der Behandlung Abhängiger (K09)................ 18 19:00 Uhr Öffentlicher Vortrag im Hörsaal Auswirkungen gesellschaftlicher Veränderungen auf die Suchtentwicklung junger Menschen: Anforderungen an die Suchtprävention und -behandlung (Prof. Dr. Rainer Thomasius)..................................................................... 41 3
Tübinger Suchttherapietage Tagesübersicht DONNERSTAG – 30.09.2021 V O R L E S U N G E N 9:00 – Themenschwerpunkt 1: Verhaltens- und Verhältnisprävention 12:00 Uhr Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz: eine Evaluation der Auswirkungen Prof. Dr. Ludwig Kraus (VL04)..................................................................... 19 Glücksspielsucht: Zur Effektivität verhältnispräventiver Maßnahmen des Spieler- und Jugendschutzes Dr. Tobias Hayer (VL05).............................................................................. 19 Rauchverbote, akzeptierte Maßnahmen zur Prävention des Rauchens? Prof. Dr. Rainer Hanewinkel (VL06)............................................................ 20 9:00 – Themenschwerpunkt 2: Computerspiel- und Internetabhängigkeit 12:00 Uhr Gaming Disorder, Klaus Wölfling (VL07)..................................................... 20 Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der problematischen Nutzung von Computerspielen und sozialen Medien im Jugendalter – Ergebnisse aus einer repräsentativen Stichprobe, Lutz Wartberg (VL08)...................... 20 Pathologisches Kaufen – Wieviel Evidenz fehlt noch für die Diagnose Kaufsucht? Prof. Dr. Astrid Müller (VL09)................................................... 20 9:00 – Themenschwerpunkt 3: Grundlagen der Suchtentwicklung 12:00 Uhr Biologische Aspekte - was bestimmt de Entwicklung der Sucht? Prof. Dr. Rainer Spanagel (VL10)................................................................ 21 Hormone und Gender-Aspekte: Relevanz für die Entwicklung von Sucht Prof. Dr. Bernd Lenz (VL11)....................................................................................... 21 Wie können (verordnete) Medikamente die Entwicklung von Sucht bestimmen? Prof. Dr. Ursula Havemann-Reinecke (VL12).............................................. 21 12:15 – Vortrag (Ort: Hörsaal) 13:00 Uhr Stationäre medizinische Rehabilitation für Jugendliche mit substanzbedingten Erkrankungen Prof. Dr. Rainer Thomasius (VL13) ............................................................ 21 4
Tübinger Suchttherapietage Donnerstag, 30.09.2021 S E M I N A R E / W O R K S H O P S 15:00 Uhr Grundlagen Motivierende Gesprächsführung (K10) bis 18:30 Uhr! …….. 23 Dialektisch Behaviorale Therapie für Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörungen und Abhängigkeitserkrankungen DBT-Sucht (K11) bis 18:30 Uhr! ………………………………………........................... 23 Schematherapie in der Suchtbehandlung (K12) bis 18:30 Uhr!................ 24 Integrierte Behandlung bei Medikamentenabhängigkeit (K13) .................. 24 Pathologisches Glücksspielen im Alter (K14) …………………………….... 24 Forschungsprojekte der DG-Sucht Nachwuchsgruppe: Sucht im Jugendalter, Alkohol & Schwangerschaft, sexualisierter Substanzkonsum „Chemsex“ (K15)............................................................ 25 17:00 Uhr Medien und Computerspielsucht – Die Ambulante Therapie beim Caritasverband der Diözese Augsburg e.V. (K16)...................................... 25 Möglichkeiten und Grenzen der Therapie bei Patienten mit Sucht- und Psychosediagnose (K17)............................................................................ 26 Therapeutisches Bogenschießen - Psychotherapie mit Pfeil und Bogen an einer psychosomatischen Klinik (K18)................................................... 26 Die gestufte Aktivhypnose – Der Tübinger Weg zwischen Fremd- und Selbstsuggestion K19)............................................................................... 26 5
Tübinger Suchttherapietage Tagesübersicht FREITAG – 1.10.2021 V O R L E S U N G E N Themenschwerpunkt 1 -3 finden parallel statt 9:00 – Themenschwerpunkt 4: Verläufe von Suchtentwicklungen 12:00 Uhr Medizinische Rehabilitation bei Abhängigkeitsstörungen: Konzepte und Ziele im Wandel, Prof. Dr. Andreas Koch (VL14)......................................... 27 Sucht verläuft sich nicht – Transgenerationale Entwicklungsverläufe bei Suchtstörungen, Prof. Dr. Michael Klein (VL15).......................................... 27 Konsumverläufe und Lebenssituation von Methamphetamingebrauchern PD Dr. Uwe Vertheim (VL16)....................................................................... 28 9:00 – Themenschwerpunkt 5: Therapieprozesse im Wandel 12:00 Uhr Frühintervention bei Internetbezogenen Störungen – Ergebnisse der iPIN Studie, Hannah Hoffmann (VL17)................................................................ 28 Medikamente bei Medikamentenabhängigkeit Prof. Dr. Dirk Wedekind (VL18)................................................................... 29 Risiken und Therapie durch Cannabiniode Prof. Dr. Ulrich Preuss (VL19)..................................................................... 29 9:00 – Themenschwerpunkt 6: Tabakabhängigkeit und Tabakentwöhnung 12:00 Uhr Neue Evidenzen zur Tabakentwöhnung bei nikotinabhängigen Rauchern mit psychischer oder somatischer Komorbidität Prof. Dr. Stefan Mühlig (VL20)..................................................................... 29 Computergestützte Kurzinterventionen zum Rauchstopp: Wer profitiert? Prof. Dr. Sabina Ulbricht (VL21).................................................................. 30 Digital rauchfrei – aktuelle Evidenz und Beispiele für mHealth-Angebote zur Tabakentwöhnung, Peter Lindinger (VL22)........................................... 30 12:15 – Vortrag (Ort: Hörsaal) 13:00 Uhr Suchtmedizin – Aufgaben der Zukunft, Liberalisierung der Ziele Prof. Dr. Markus Backmund (VL23)............................................................. 30 6
Tübinger Suchttherapietage Freitag,1.10.2021 S E M I N A R E / W O R K S H O P S 15:00 – Komorbiditaet, Familie, Digitalisierung, Ausbildung - Sucht im Kontext 16:30 Uhr der Adoleszenz (K20) bis 18:30 Uhr!.......................................................... 31 Aufbaukurs Motivierende Gesprächsführung (K21) bis 18:30 Uhr!............ 31 Wir müssen Alkoholabhängige auch medikamentös behandeln (K22)....... 31 Psychiatrische Pharmakotherapie für Nicht-Mediziner (K23)..................... 32 Was erwarten wir von der Suchtkrankenhilfe - was wünschen wir uns von den Therapeuten (K24)........................................................................ 32 7
Tübinger Suchttherapietage Tagungsstruktur Tübinger Suchttherapietage Vorlesungen finden vormittags statt und behandeln Aspekte zu aktuellen Themen der Suchttherapie und Suchtforschung. Am Donnerstag und Freitag finden zwei Vorlesungsblöcke (Themenschwerpunkte) parallel statt. Der Eintritt ist im Grundpreis enthalten. Seminare, Workshops, Kurse, werden mit der Gesamtdauer von 90 oder 180 Min. angeboten und vermitteln theoretische und praktische Kenntnisse aus unterschiedlichen Bereichen der Suchttherapie. Der Eintritt ist nicht im Grundpreis enthalten. Seminare müssen einzeln hinzugebucht werden. Vortragsfolien Die Folien der Vorträge und Seminare der Referenten/innen stellt der Veranstalter nicht zur Verfügung und werden nicht zum Download bereitgestellt. Bei Interesse wenden Sie sich bitte direkt an den entsprechenden Referenten. Räume Die Räume werden aus organisatorischen Gründen erst während der Veranstaltung zugeteilt. Sie erhalten bei der Anmeldung im Tagungsbüro eine Raumübersicht. Catering Sie sind eingeladen das Cateringangebot im 1. OG des Neubaus der Klinik zu nutzen. Sie erhalten dort kostenfrei Kaffee, Tee und Wasser, sowie Obst und Gebäck. Zusätzlich bietet der Tübinger Förderverein für abstinente Alkoholabhängige e.V. eine Saftbar an. Tragen Sie zur Identifizierung als Teilnehmer bitte Ihr Namenschild. Zusätzlich können Snacks, Gebäck und Süßwaren und Mittagessen am Kiosk des Café Hölderlin käuflich erworben werden. Fortbildungspunkte Landesärztekammer Baden-Württemberg Die Veranstaltung ist bei der LÄK-BW zertifiziert. Bitte bestätigen Sie Ihre Anwesenheit in den Listen jeder Veranstaltung durch Unterschrift. Anders als in den Vorjahren erhalten Sie dieses Jahr die Punkte-Bescheinigungen vor Ort. Sonderveranstaltungen Curriculum Tabakabhängigkeit und Entwöhnung (24. bis 1.10.2021) Der Eintritt ist nicht im Grundpreis enthalten. Eine gesonderte Anmeldung ist erforderlich. Übersicht siehe S. 10 / Abstracts siehe S. 33 Curriculum Computer- und Internetabhängigkeit (24. bis 30.09.2021) Der Eintritt ist nicht im Grundpreis enthalten. Eine gesonderte Anmeldung ist erforderlich Übersicht siehe S. 11 / Abstracts siehe S. 36 Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung (22.03.2021 bis 1.10.2021) Satellitenkurs zu den Tübinger Suchttherapietagen in Zusammenarbeit mit der Bezirksärztekammer Südwürttemberg - siehe S. 38 Treffen Nachwuchsgruppe der DG-Sucht (29.09.2021 um 13:15 Uhr) siehe S. 41 Öffentlicher Vortrag Prof. Rainer Thomasius (29.09.2021 um 19:00 Uhr) siehe S. 41 8
Tübinger Suchttherapietage Organisation Träger Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Calwerstr.14, 72076 Tübingen Tübinger Förderverein für abstinente Alkoholabhängige e.V. Calwerstr.14, 72076 Tübingen Baden-Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation Karlstr. 2, 72072 Tübingen Veranstalter: Prof. Dr. Anil Batra; Dipl. Psych. Christian Heise; Prof. Dr. Götz Mundle Tagungsorganisation: Matthias Pforr Klinisch - wissenschaftlicher Beirat Bader, T., Tübingen Höcker, W., Reichenau Batra, A., Tübingen Kiefer, F., Mannheim Bilke-Hentsch, O., Luzern Längle, G., Bad Schussenried Böning, J., Würzburg Mundle, G., Berlin Bühringer, G., München Richter, B., Wiesloch Dedner, C., Winnenden Soyka, M., Bernau Fallgatter, A., Tübingen Stetter, F., Porta Westfalica Friederich, H., Zwiefalten Thomasius, R., Hamburg Günthner, A., Speyer Veltrup, C., Freudenholm-Ruhleben Heise, Ch., Renchen Zemlin, U., Oppenweiler-Wilhelmsheim Hermle, L., Göppingen Anerkennung Die Tagung wird als Fortbildungsveranstaltung von der Landesärzte- und Landespsychotherapeutenkammer anerkannt. Wir danken den folgenden Firmen für die finanzielle Unterstützung: Camurus Gmbh 1.500 € (Leistung: Standfläche 3 Tage) neuraxpharm Arzneimittel GmbH 1.000 € (Leistung: Standfläche 2 Tage) synlab Services GmbH 500 € (Leistung: Standfläche 1 Tag) 9
Tübinger Suchttherapietage Curriculum Tabakabhängigkeit CURRICULUM TABAKABHÄNGIGKEIT UND ENTWÖHNUNG 24. bis 1.10.2021 Organisation und Leitung: Prof. Dr. A. Batra Wissenschaftlicher Aktionskreis Tabakentwöhnung (WAT) e.V. 20stündiges Curriculum „Curriculum Tabakabhängigkeit und Entwöhnung“ Mittwoch, 24. März 2021 Zeit Seminar Referent Themen Einführung; Epidemiologie und gesundheitliche 14:30 – Aspekte des Rauchens; Neurobiologische 16:00 CT1 Batra Grundlagen der Tabakabhängigkeit 16:30 – Diagnostik der Tabakabhängigkeit 18:00 CT2 Batra Donnerstag 25. März 2021 9:00 – CT3 Batra Medikamentöse Therapie der Tabakabhängigkeit 10:30 11:00 – CT4 Friederich Psychische Erkrankungen und Tabakabhängigkeit 12:30 14:00 – CT5 Lindinger Motivierung und niederschwellige Interventionen 15:30 16:00 – CT6 Zeep Praxisteil: Programm Nichtraucher in 6 Wochen I 17:30 Freitag 26. März 2021 Neue Evidenzen zur Tabakentwöhnung bei Mühlig nikotinabhängigen Rauchern mit psychischer oder somatischer Komorbidität Vorlesungen Computergestützte Kurzinterventionen zum 9:00 – Ulbricht Rauchstopp: Wer profitiert? 12:00 Digital rauchfrei – aktuelle Evidenz und Beispiele Lindinger für mHealth-Angebote zur Tabakentwöhnung 13:30 – CT7 Zeep Praxisteil: Programm Nichtraucher in 6 Wochen I 15:30 Hinweis: Geschlossene Veranstaltung, einzelne Einheiten nicht buchbar. Abstracts ab Seite: 33 Anmeldung: www.tuebinger-suchttherapietage.de 10
Tübinger Suchttherapietage Curriculum Internetabhängigkeit CURRICULUM INTERNET- UND COMPUTERSPIELABHÄNGIGKEIT 24. bis 30.09.2021 Organisation und Leitung: Prof. Dr. Anil Batra und Dr. Kay Petersen Universitätsklinikum für Psychiatrie und Psychotherapie Mittwoch, 24. März 2021 Zeit Seminar Referent Themen 09:00 – Einführung - Einblick in problematische 10:30 CC1 Petersen Internetanwendungen 11:00 – Diagnostik der Computerspiel- / Internetabhängigkeit 13:00 CC2 Petersen 14:30 – Behandlungsstrategien bei Jugendlichen mit 16:00 CC3 Barth exzessiver Mediennutzung 16:30 – Behandlungsstrategien bei Erwachsenen mit 18:00 CC4 N.N. exzessiver Mediennutzung Donnerstag 25. März 2021 Pathologisches Kaufen – Wieviel Evidenz fehlt noch Müller für die Diagnose Kaufsucht Vorlesungen 9:00 – Wölfling Internet Gaming Disorder 12:00 Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der problematischen Nutzung von Computerspielen und Wartberg sozialen Medien im Jugendalter – Ergebnisse aus einer repräsentativen Stichprobe 13:30 – Brandhorst / Beratung bei Angehörigen von Personen mit 15:00 CC5 Hanke exzessivem Internetgebrauch Hinweis: Geschlossene Veranstaltung, einzelne Einheiten nicht buchbar. Abstracts ab Seite: 36 Anmeldung: www.tuebinger-suchttherapietage.de 11
Tübinger Suchttherapietage Abstracts A B S T R A C T S 12
Tübinger Suchttherapietage Abstracts MITTWOCH – 29.09.2021 V O R L E S U N G E N WAS HABEN WIR IN 25 JAHREN ERFORSCHUNG UND BEHANDLUNG DER ALKOHOLABHÄNGIGKEIT ERREICHT, UND WAS HABEN WIR NICHT ERREICHT? Karl Mann Mi, 29.09.2021 10:00 bis 11:00 Uhr Nr.: VL01 1. Was wir erreicht haben. Die motivierende Gesprächsführung wurde zwar schon früher entwickelt, hat sich aber erst in den letzten Jahren international durchgesetzt. Damit veränderte diese neue Psychotherapie (im weiteren Sinn) die Behandlung von Suchtkranken. Sie wurde auch für andere Bereiche psychischer Störungen nutzbar gemacht und hat sogar Eingang in die somatische Medizin gefunden. Dies ist vielleicht der eklatanteste Fortschritt der Suchtforschung der letzten 25 Jahre, auf den wir zurecht stolz sein können. Betrachtet man die Psychotherapie von Alkoholkranken, so haben deutlich weniger kontrollierte Studien zu einzelnen Verfahren (CBT, Reizexposition) stattgefunden als in den 25 Jahren zuvor. Ausnahmen sind große Studien in den USA (MATCH) und England (UKATT), wo allerdings aus unserer Sicht „niedrig dosierte“ Verfahren angewandt wurden (zum Teil nur 2-3 Sitzungen) mit eher bescheidenem Erfolg. Eine Ausnahme stellen neurobiologisch fundierte Verhaltensmodifikation wie zB Formen des impliziten Lernens dar. In der Pharmakotherapie der Alkoholabhängigkeit wurden vermehrt Anstrengungen unternommen, wobei eher auf den Einsatz von Medikamenten in der primär ärztlichen Versorgung abgezielt wurde. Acamprosat, Naltrexon, Baclofen (in Frankreich) und Nalmefen wurden zugelassen, nur hat es keiner gemerkt. Tatsächlich sind die Effektstärken im Vergleich zu Plazebo (jeweils plus Beratung) eher niedrig und der Erfolg in der Fläche ist verschwindend gering, wenn einmal von dem Hype um Baclofen in Frankreich abgesehen wird. Vor diesem sehr ernüchternden Hintergrund sei auf zwei Entwicklungen hingewiesen, die evtl. zu deutlich verbesserten Ergebnissen der Therapie und ihrer Inanspruchnahme führen könnten. Es geht um die individualisierte Therapie („Precision Medicine“) und das Therapieziel einer Trinkmengenreduktion (Details siehe unten). 2. Was wir nicht erreicht haben: Hier ist sicher zunächst die Erstellung von S3 Leitlinien zu nennen. Dieser höchst komplexe und teure Ansatz analysiert die vorhandene Forschungsliteratur und leitet daraus praktische Handlungsempfehlungen ab, wobei alle betroffenen Berufsgruppen und Verbände einbezogen werden, inklusive von Patientenvertretern. Auf der strukturellen Seite ist es gelungen, im Rahmen der BMBF geförderten vier Suchtforschungsverbünde sechs Professuren für Suchtforschung einzurichten. Davon existieren im Moment noch vier, Zukunft ungewiss. Schauen wir nach Frankreich, dann haben dort inzwischen 23 neu gegründete Professuren mit Abteilungen für Suchtmedizin an Universitätskrankenhäusern ihre Arbeit aufgenommen. Eine solche Entwicklung muss angesichts der epidemiologischen Zahlen auch für uns das Ziel sein, davon sind wir weit entfernt. Wie vor 25 Jahren gelangen nur rund 10% der betroffenen Patienten in eine spezialisierte Behandlung. Die Anderen lehnen eine Therapie aus unterschiedlichen Gründen ab. Hier muss eine deutliche Verschiebung der Angebote in den primären Versorgungsbereich (zB Hausärzte, Notfallambulanzen, Beratungsstellen etc) erfolgen und damit verbunden eine Ausweitung und gezielte Schulung. Bisher scheiterten solche Versuche nicht nur an den angeblich fehlenden Mitteln, sondern auch am Widerstand der Hausarztverbände selbst und der um ihre Klientel fürchtenden Fachkliniken. Meines Erachtens würde die Umstrukturierung dank der deutlich größeren Zahl erreichter Patienten zu einer vermehrten Nachfrage auch nach stationären Behandlungen führen. 13
Tübinger Suchttherapietage Abstracts 3. Was könnte weiterführen? Auf die kontrollierten Studien zum Training des implizierten Lernens (Wiers, Lindenmeier) zusätzlich zu einer Standardbehandlung wurde schon hingewiesen. Nach den aktuellen Studien könnte damit ein um 5-10% verbessertes Ergebnis (Abstinenz) erzielt werden. Bei dem etwas hochtrabend „Präzisionsmedizin“ genannten Ansatz geht es darum, homogenere Subgruppen von Patienten zu identifizieren, um sie dann gezielter behandeln zu können. Beispiele sind Reizexposition oder Reward-Trinken. Schließlich wäre der Versuch einer Trinkmengenreduktion zu nennen. Sehr aktuelle Analysen zeigen, dass dies offenbar auch für Alkoholabhängige möglich sein kann. Beispiele werden gegeben. (WEITER-)ENTWICKLUNG DES SUCHTBEGRIFFES Falk Kiefer Mi, 29.09.2021 11:00 bis 12:00 Uhr Nr.: VL02 Das Wort „Sucht“ geht auf „siechen“ zurück, das Leiden an einer Krankheit bzw. Funktionsstörung. Bereits 1888 definierte Meyers Konversationslexikon „Sucht“ als ein in der Medizin veraltetes Wort, das früher ganz allgemein Krankheit bedeutete, z. B. in Schwindsucht, Wassersucht, Fettsucht, Fallsucht, Gelbsucht und Magersucht. Diese historischen Krankheitsbezeichnungen beschrieben meist nur das auffälligste Symptom. Später wurde Sucht auch als krankhaftes Verlangen verstanden (Tobsucht, Mondsucht). Daraus entstand im 20. Jahrhundert der moderne Suchtbegriff im Sinne einer Abhängigkeit. Anfänglich bezog er sich nur auf die Trunksucht, später wurden auch andere Abhängigkeiten als Sucht bezeichnet. Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existierte der Begriff Sucht von 1957 bis 1963. Danach wurde er durch die Begriffe Missbrauch und Abhängigkeit ersetzt mit dem Ziel, die Stigmatisierung Erkrankter zu vermeiden und deutlich zu machen, dass es sich bei Abhängigkeiten um Krankheiten handelt. Die aktuellen diagnostischen Systeme DSM-V und das ICD-11 bringen in Bezug auf den Suchtbegriff und seine empirische und diagnostische Fundierung erneut einige Änderungen mit sich, z.B. die Abkehr von kategorialen Entscheidungen zugunsten dimensionaler Einschätzungen (und abgesenkter Schwellen) oder die Einführung von „Verhaltenssüchten“ . Ein Anstieg der Prävalenzzahlen von suchtbezogenen Störungen ist hierdurch zu erwarten und auch eine zukünftig stärkere Gewichtung von frühen Interventionsformen, z.B. das Angebot gezielter Kurzinterventionen bei noch leichten bis moderaten „use disorders“. FACETTEN DER INTERNETBEZOGENEN STÖRUNGEN IM KINDES-, JUGEND- UND ERWACHSENENALTER Klaus Wölfling Mi, 29.09.2021 12:00 bis 13:00 Uhr Nr.: VL03 14
Tübinger Suchttherapietage Abstracts MITTWOCH – 29.09.2021 SEMINARE / WORKSHOPS AKZEPTANZ- UND COMMITMENTTHERAPIE IN DER STATIONÄREN SUCHTBEHANDLUNG Friederike Wernz, Sabine Schneider Mi, 29.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K01 Das Tübinger Modell ist ein seit Jahrzehnten bewährtes, stationäres Psychotherapieprogramm für Patienten mit Alkoholabhängigkeit und komorbiden psychischen Störungen. Unter anderem hat es sich deswegen so lange bewährt, weil es regelmäßig dem aktuellen wissenschaftlichen Stand angepasst wurde. Mit der letzten Novelle des Therapieprogramms wurde nun die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) eingeführt. ACT ist ein störungsübergreifendes Behandlungskonzept, das der dritten Welle der Verhaltenstherapie zugeordnet wird. ACT geht davon aus, dass psychische Gesundheit nicht mit der Abwesenheit belastender innerer Zustände gleichzusetzen ist. Es kommt u. a. nicht darauf an, „richtig“ zu denken oder Gefühle „in den Griff zu bekommen“. In der ACT-Logik leiden Menschen nicht an ihren Diagnosen, sondern an psychischer Inflexibilität in verschiedenen Dimensionen, die individuell sehr unterschiedlich sein können und die therapeutischen Ansatzpunkte der ACT darstellen. Insofern verfolgt ACT die Förderung psychischer Flexibilität in den sechs Dimensionen: Defusion, Selbst als Kontext, Achtsamkeit, Akzeptanz, Werte und engagiertes Handeln. In diesem Workshop wird, neben einer Einführung in die Grundlagen der ACT, das sechswöchige Gruppenpsychotherapieprogramm mit den Elementen kognitive Verhaltenstherapie, Psychoedukation, Soziale Kompetenzgruppe und ACT vorgestellt und die Inhalte für die Teilnehmer, ganz im Sinne von ACT, anhand praktischer Übungen erlebbar gemacht. ACHTSAMKEITSBASIERTE RÜCKFALLPRÄVENTION BEI DROGENABHÄNGIGKEIT Mathias Hardt Mi, 29.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K02 Der Suchtforscher Alan Marlatt (1941–2011) entwickelte zusammen mit seinen Kollegen mehrere Verfahren zur Rückfallvorbeugung. Die jüngste Entwicklung ist das verhaltenstherapeutische Gruppenprogramm „Mindfulness-Based Relapse Prevention“ (MBRP; Bowen et al. 2012). Dieses Programm kombiniert kognitiv-verhaltenstherapeutische mit achtsamkeitsbasierten Interventionen. Achtsamkeit ist „eine bestimmte Art und Weise aufmerksam zu sein: Absichtsvoll, im gegenwärtigen Moment und nicht wertend“ (Kabat-Zinn 1994). Es handelt sich dabei um einen Bewusstseinszustand, der automatisiertem Suchtverhalten nachweislich entgegenwirken kann. Im Therapiezentrum Brückle wurde 2014 ein Programm zur achtsamkeitsbasierten Rückfallprävention eingeführt und evaluiert. Seither wurde das Programm stetig weiterentwickelt und an die Anforderungen in der Rehabilitation angepasst. Die Teilnehmer des Seminars lernen die Inhalte und Methoden der Indikationsgruppe „Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention“, sowie deren wissenschaftlichen Hintergrund kennen. Zudem wird im Seminar vermittelt, wie das Konzept der Indikationsgruppe auch auf ambulante und unterschiedliche stationäre Settings übertragen werden kann. Die Teilnehmer lernen praxisnah, wie Suchtpatienten möglichst effektiv bei der Entwicklung von achtsamkeitsbasierten Kompetenzen angeleitet werden können. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Motivierung der Patienten zur Entwicklung von Selbstmanagement und „Life-Balance“. 15
Tübinger Suchttherapietage Abstracts CBASP-GRUPPENTHERAPIE – ERFAHRUNGEN MIT PATIENTINNEN MIT SUBSTANZGEBRAUCHSSTÖRUNGEN IN DER ENTWÖHNUNGSPHASE Christian Lorenz Mi, 29.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K03 Die CBASP-Methode bedient sich therapeutischer Techniken aus kognitiven, interpersonellen, systemischen und tiefenpsychologischen Verfahren und wird seit den 90er Jahren erfolgreich zur Behandlung von chronischen Depressionen eingesetzt (McCullough, . Daneben empfiehlt sich der Einsatz im Zusammenhang mit der Behandlung von Persönlichkeits- und Substanzgebrauchsstörungen (Caspar, 2012; Penberthy et al., 2014)). Im stationären Rahmen ist die Anwendung im Gruppensetting verbreitet. In diesem Workshop werden der Einsatz der CBASP-Gruppentherapie bei stationären und teilstationären PatientInnen mit Gebrauchsstörungen verschiedener Substanzen und komorbiden affektiven und / oder Persönlichkeitsstörungen in der Entwöhnungsphase beschrieben und ausgewählte Elemente (Prägungsgeschichte, Übertragungshypothese, interpersonelle Diskriminationsübungen, kontingente persönliche Reaktionen und interpersonelle Dimensionen von Craving und Rückfallgeschehen) demonstriert. Der Workshop richtet sich an TeilnehmerInnen mit geringer oder keiner Erfahrung in der CBASP-Methode. LEISTUNGSSENSIBLE THERAPIE FÜR ABHÄNGIGKEITSERKRANKUNGEN – WIRKSAM IN DER RÜCKFALLPRÄVENTION UND IM EINBEZUG VON ANGEHÖRIGEN Martin Fleckenstein, Thomas Lüddeckens Mi, 29.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K04 Abstinenz bei einer Abhängigkeitserkrankung ist nicht selbstverständlich, sondern eine täglich zu erbringende Leistung. Die Betroffenen könnten stolz auf ihren getroffenen Abstinenzentscheid sei, doch erleben sie meistens Schuld- und Schamgefühle. Diese Gefühle verringern die Selbstwirksamkeitserwartung und Veränderungsmotivation Betroffener. Es ist deshalb wichtig, dass Betroffene eine positive Haltung gegenüber dem neuen Lebensentwurf einnehmen können. Es wird die neue Kurzintervention „Leistungssensible Suchttherapie“ (LST) vorgestellt, welche aus drei Gruppensitzungen (eine mit Beteiligung nahestehender Personen) besteht und eine, von Stolz und Ehrlichkeit geprägte, Haltung gegenüber der eigenen Erkrankung fördern und damit Rückfällen vorbeugen soll. Es werden die Bedeutung der Emotionen Scham/Schuld und Stolz für den Suchtausstiegsprozess diskutiert. Des Weiteren werden die nahestehenden Personen der Erkrankten und die von ihnen erbrachten Leistungen in den Fokus gerückt. Es werden Forschungsergebnisse präsentiert, die zeigen, dass die LST wirksam in der Rückfallprävention während einer stationären Entwöhnungsbehandlung und in der Einbindung von Angehörigen nach der Behandlung ist. INTOXIKATIONEN - NOTFÄLLE IN DER SUCHTTHERAPIE Benjamin Kreifelts Mi, 29.09.2021 15:00 bis 16:30 Uhr Nr.: K05 Intoxikationen stellen einerseits ein intrinsisches Symptom stoffgebundener Abhängigkeitserkrankungen und andererseits eine große Herausforderung für die Behandler dar. Neben den Entzugssyndromen sind Intoxikationen einer der häufigsten Gründe für die notfallmäßige Vorstellung in einer suchtmedizinischen Einrichtung bzw. die Aufnahme einer suchtmedizinischen Behandlung. Dabei ist zu beachten, dass gerade schwere Intoxikationen lebensbedrohlich verlaufen können, damit häufig als interdisziplinärer medizinischer Notfall zu werten sind und ein entsprechendes Management erfordern. Neben Alkohol und Medikamenten mit Abhängigkeitspotential ist es gerade der Bereich der illegalen Drogen, der ein weites Spektrum möglicher Intoxikationssyndrome und –komplikationen bietet. Durch die rasante Entwicklung bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) hat sich dieses 16
Tübinger Suchttherapietage Abstracts Spektrum in den vergangenen Jahren noch deutlich erweitert. Das Seminar befasst sich mit dem klinischen Erscheinungsbild, der Diagnostik, der Therapie und dem (interdisziplinären) Patientenmanagement bei Suchtmittelintoxikationen. ICH BIN NICHT ALLEIN - STELLENWERT VON SELBSTHILFEGRUPPEN NACH THERAPEUTISCHEN BEHANDLUNGEN Barbara Herzog Mi, 29.09.2021 15:00 bis 16:30 Uhr Nr.: K06 In dem Workshop beschreiben Aktive verschiedener Sucht-Selbsthilfegruppen aus eigener Erfahrung, was ihnen auf dem Weg der Genesung besonders hilfreich war - Zitat eines Betroffenen: "Medizinische und psychologische Therapien sowie andere professionelle Unterstützungsangebote haben mir wieder Boden unter die Füße gebracht" und "Was mich dann im täglichen Leben über Wasser gehalten hat, war die Selbsthilfegruppe". Die Leiterin der Kontaktstelle für Selbsthilfe, Barbara Herzog, beschreibt die Beratungs- und Unterstützungsangebote im SOZIALFORUM TÜBINGEN e.V. und moderiert die anschließende offene Fragerunde. PSYCHIATRIE UND SUBSTITUTION: MANAGEMENT VON PATIENTEN MIT DOPPELDIAGNOSEN IN DER SUBSTITUTIONSBEHANDLUNG Jamil El Kasmi Mi, 29.09.2021 17:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K07 Ein erheblicher Anteil der Patienten in Substitutionsbehandlung hat neben der Abhängigkeitsdiagnose – häufig von nicht nur einer Substanz – mindestens eine weitere psychiatrische Diagnose. Der Umgang mit diesen Erkrankungen, die (psycho- )pharmakologische Mitbehandlung, die psychosoziale Beratung und die Unterstützung der Patienten im Alltag können durch diese Komorbidität(en) immer wieder zu einer Herausforderung für alle an der Suchthilfe beteiligten Einrichtungen und Personen werden. Daher kann eine Substitutionsbehandlung über multiprofessionelle Schwerpunktpraxen oder Ambulanzen psychiatrischer Kliniken eine Verbesserung der Lebenssituation dieser Patienten bedeuten. Ob dies tatsächlich so ist und wie dies umgesetzt werden kann, bzw. welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten ein solches "setting" bietet, soll an Hand der Erfahrungen aus der nun 2 jährigen Substitutionsambulanz der PP.rt Reutlingen erläutert und diskutiert werden. Anhand von Fallbeispielen sollen verschiedene Situationen und Herausforderungen verdeutlicht werden. NALOXONVERGABE AN LAIEN ZUR LEBENSRETTUNG Thomas Pfister, Cornelia Schartner, Sandra Kristen Mi, 29.09.2021 17:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K08 In Deutschland sterben jährlich über 1000 Drogenkonsumierende. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um eine opioidbedingte Überdosierung, die das Atemzentrum lähmt. Zumeist sind die Betroffenen nicht alleine. Hätten die anderen Anwesenden Zugriff auf Naloxon, könnten Sie schnell Überlebenshilfe leisten. Naloxon als wirksames Mittel gegen Atemlähmung steht den Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland aber kaum zur Verfügung. Dabei ist die Vergabe des Naloxons an geschulte Laien in über 20 Ländern weltweit (z. B. USA, Kanada, Italien, Frankreich, England) seit Jahren bewährte Praxis. Die WHO, die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogengebrauch und das Bundesministerium für Gesundheit empfehlen daher die Take-Home Vergabe. Mit der Zulassung des Naloxon-Nasensprays im September 2018 ist die Vergabe in Deutschland vereinfacht worden. Als Vorreiter in Baden-Württemberg bieten der Drogenverein Mannheim und die Aidshilfe Tübingen seither regelmäßige Trainings für Drogengebrauchende an. In Tübingen in ddZusammenarbeit mit der Uniklinik Abt. Suchtmedizin auch auf der Entzugsstation. Wir wollen mit dem Workshop motivieren, sich für die Naloxonvergabe einzusetzen und sie 17
Tübinger Suchttherapietage Abstracts möglichst vor Ort zu etablieren. Dazu bringen wir gerne unsere Erfahrungen aus Mannheim und Tübingen zur Organisation und Durchführung von Naloxon-Take-Home-Vergabe Trainings ein. DIE SCREEN-TECHNIK ZUR RÜCKFALLBEARBEITUNG UND RESSOURCENVERANKERUNG IN DER BEHANDLUNG ABHÄNGIGER Sebastian Müller Mi, 29.09.2021 17:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K09 Bei der Screen-Technik handelt es sich ursprünglich um eine Technik zur Trauma-Exposition. Suchterkrankungen beeinträchtigen ebenso wie Traumafolgestörungen die Funktionen der zentralen Stressverarbeitung. Verfahren die sich in der Psychotraumatologie bewährt haben sind daher auch in der Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen gut einsetzbar. Im Workshop wird nach einer kurzen Einführung in die Psychotraumatologie die Screen-Technik zur Rückfallbearbeitung nach dem Göttinger Protokoll anhand von Videoausschnitten vorgestellt. Die Screen-Technik eignet sich zur Rückfallbearbeitung bei Abhängigen ganz besonders, da diese den empathischen Zugang zu dem rückfälligen Patienten erleichtert, die Bagatelisierungstendenz reduziert und viele Details des Rückfallgeschehens sichtbar werden lässt. Durch die gemeinsame Betrachtung des „Rückfallfilms“ werden vermiedene Emotionen sichtbar. Das Suchtnetzwerk wird aktiviert. Damit werden sowohl die vermiedenen Gefühle, Gedanken und Körpersensationen, wie auch das Craving für den Therapieprozess zugänglich. Der Patient konfrontiert sich selbst mit dem Rückfall, kann eine negative Kognition und ein negatives Bild in das aktivierte Suchtnetzwerk setzen und alternatives Verhalten bahnen. Die Teilnehmer lernen, wie Patienten möglichst effektiv zur Rückfallbearbeitung via Screen-Technik angeleitet werden können und durch die Entwicklung eines ressourcenorientierten Alternativfilms ihre Bewältigungsfähigkeiten steigern können. 18
Tübinger Suchttherapietage Abstracts DONNERSTAG – 30.09.2021 V O R L E S U N G E N DAS NEUE-PSYCHOAKTIVE-STOFFE-GESETZ: EINE EVALUATION DER AUSWIRKUNGEN Ludwig Kraus Do, 30.09.2021 9:00 bis 10:00 Uhr Nr.: VL04 Abstract Einleitung: Als Reaktion auf die zunehmende Ausbreitung von neuen psychoaktiven Stoffen (NpS) in Deutschland trat im November 2016 das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) in Kraft. Die Untersuchung der Auswirkungen des Gesetzes auf Konsumierende, Suchthilfe, Strafverfolgung und den Markt war Gegenstand einer Evaluation, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und zwischen August 2017 und Juli 2019 durchgeführt wurde. Ziel des Vortrags ist es, auf der Grundlage qualitativer und quantitativer Beobachtungen die Auswirkungen des Gesetzes vorzustellen, die Wirkungsweise des Gesetzes zu diskutieren und Empfehlungen zu geben. Methode: Zur qualitativen Beurteilung der Auswirkungen des NpSG wurden leitfadengestützte, narrative Interviews mit NpS-Konsumierenden, Mitarbeitenden der Suchthilfe und Strafverfolgungsbehörden durchgeführt. Zudem wurden rechtsmedizinische Institute und das medizinische Personal in Kliniken zu Vergiftungsfällen befragt. Weiterhin wurden toxikologische Daten aus der Akutversorgung, der forensischen Psychiatrie, dem Justizvollzug und Abstinenzkontrollprogrammen, der Vergiftungs-Informations-Zentrale sowie der Kriminaltechnik gesammelt und analysiert. Schließlich wurde auf bereits vorhandene Daten und Analysen zurückgegriffen, u.a. Behandlungsnachfrage, Drogennot- und Drogentodesfälle, Bevölkerungsbefragungen und verschiedene Module des Informationssystems zu neuen psychoaktiven Stoffen und Medikamenten (Phar-Mon NPS). Ergebnisse & Diskussion: Die Ergebnisse werden im Rahmen des Vortrages vorgestellt und diskutiert. GLÜCKSSPIELSUCHT: ZUR EFFEKTIVITÄT VERHÄLTNISPRÄVENTIVER MAßNAHMEN DES SPIELER- UND JUGENDSCHUTZES Tobias Hayer Do, 30.09.2021 10:00 bis 11:00 Uhr Nr.: VL05 Mit der Expansion des nationalen Glücksspielmarktes und der damit verbundenen Zunahme der Spielanreize stellt sich mehr denn je die Frage nach Erfolg versprechenden Maßnahmen des Spieler- und Jugendschutzes. Während vor allem Glücksspielanbieter einen an Qualitätskriterien gebundenen Präventionsansatz bevorzugen, mehren sich die Hinweise aus der Forschung, dass die in anderen Suchtfeldern bewährten quantitätsbezogenen Maßnahmen wie Verfügbarkeitsreduktionen oder Werberestriktionen auch im Glücksspielbereich mit Positiveffekten assoziiert sind. Übergeordnetes Ziel des Vortrages ist es, den aktuellen Forschungsstand zur Effektivität einzelner Spieler- und Jugendschutzes mit dem Schwerpunkt "Verhältnisprävention" aufzubereiten und zusammenzufassen. Den Hintergrund bildet ein aktueller systematischer Review, der insgesamt 115 Evaluationsstudien mit Wirksamkeitsnachweisen umfasst und kritisch bewertet. Dabei sollen die folgenden Themen angesprochen werden: (1) Welche verhältnispräventiven Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen erweisen sich als effektiv und sollten daher obligatorischer Bestandteil eines umfassenden, am Spielerschutz orientierten Regulationsansatzes sein? (2) In welchen Bereichen gibt es Forschungslücken bzw. Erkenntnisdefizite? (3) Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich konkret aus diesen Erkenntnissen für Politik und Praxis? Flankierende Anmerkungen zu guter bzw. schlechter wissenschaftlicher Praxis runden den Vortrag ab. 19
Tübinger Suchttherapietage Abstracts RAUCHVERBOTE, AKZEPTIERTE MAßNAHMEN ZUR PRÄVENTION DES RAUCHENS? Rainer Hanewinkel Do, 30.09.2021 11:00 bis 12:00 Uhr Nr.: VL06 Vor über einer Dekade wurden im Bund und in den Ländern Nichtraucherschutzgesetze implementiert. Seitdem gelten in Deutschland Rauchverbote in öffentlichen Einrichtungen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und zum großen Teil auch in der Gastronomie. Andere Staaten haben darüber hinaus auch Rauchverbote in privaten Autos oder auch in öffentlichen Parks und Stränden erlassen. Studien zur Wirksamkeit diese Rauchverbote im Hinblick auf die Prävention des Rauchens in der Bevölkerung aber auch die Gesundheit von Rauchern und Nichtrauchern werden dargestellt und diskutiert. Empfehlungen für Deutschland werden abgeleitet. GAMING DISORDER Klaus Wölfling Do, 30.09.2021 9:00 bis 10:00 Uhr Nr.: VL07 - UNTERSCHIEDE UND GEMEINSAMKEITEN BEI DER PROBLEMATISCHEN NUTZUNG VON COMPUTERSPIELEN UND SOZIALEN MEDIEN IM JUGENDALTER – ERGEBNISSE AUS EINER REPRÄSENTATIVEN STICHPROBE Lutz Wartberg Do, 30.09.2021 10:00 bis 11:00 Uhr Nr.: VL08 Hintergrund: Eine problematische Nutzung von Computerspielen wurde inzwischen in die zukünftig gültige, elfte Version des Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, ICD-11) aufgenommen. Als weitere potentiell problematische Anwendung im Internet wird im Jugendalter in der internationalen Literatur häufig die Nutzung sozialer Medien genannt. Allerdings war bislang unklar, wie häufig ein derartiges Problemverhalten in Deutschland auftritt. Die vorliegende Studie hatte das Ziel neben Prävalenzschätzungen für problematischen Gebrauch von sozialen Medien und Computerspielen, beide Anwendungen hinsichtlich der Zusammenhänge zu psychosozialen Aspekten zu vergleichen. Methodik: Eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von Jugendlichen im Altersbereich zwischen 12 und 17 Jahren wurde telefonisch befragt. Mit einem standardisierten Fragebogen wurde ein problematischer Gebrauch von sozialen Medien und Computerspielen sowie verschiedene weitere psychosoziale Aspekte erhoben. Ergebnisse: Es zeigte sich, dass substanzielle Anteile der Jugendlichen in Deutschland von einem problematischen Gebrauch von sozialen Medien und Computerspielen betroffen sind. Bei den Zusammenhängen beider Verhaltensmuster zu psychosozialen Aspekten zeigten sich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Diskussion: Die Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer Bedeutung für Forschung und Praxis eingeordnet. PATHOLOGISCHES KAUFEN – WIEVIEL EVIDENZ FEHLT NOCH FÜR DIE DIAGNOSE KAUFSUCHT? Astrid Müller Do, 30.09.2021 11:00 bis 12:00 Uhr Nr.: VL09 Charakteristisch für Pathologisches Kaufen sind ein unwiderstehlicher Kaufdrang, eine starke gedankliche Vereinnahmung durch das Thema Kaufen und Kontrollverlust über den Warenkonsum, der sowohl offline als auch im Rahmen von Internetkäufen auftreten kann. Es handelt sich um einen chronischen, episodenhaften Verlauf mit exzessiven Kaufepisoden, die vorrangig der Emotionsregulation dienen. Der entgleiste Warenkonsum resultiert in finanziellen, psychischen und familiären Problemen und kann mit Beschaffungsdelinquenz einhergehen. Typische psychische Begleiterkrankungen sind Depressionen, Ängste, Pathologisches Horten, Binge-Eating-Störung sowie substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen und andere süchtige Verhaltensweisen. Laut einer Metaanalyse 20
Tübinger Suchttherapietage Abstracts neigen ca. fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu suchtartigem Kaufverhalten, wobei Frauen und jüngere Menschen häufiger betroffen zu sein scheinen. In den letzten 10 Jahren wurden viele Studien veröffentlicht, die Ähnlichkeiten zwischen Pathologischem Kaufen und substanzgebundenen Abhängigkeiten sowie Pathologischem Spielen fanden, was für eine nosologische Einordnung von Pathologischem Kaufen als Störung in Zusammenhang mit abhängigem Verhalten spricht. Der Beitrag informiert über das Störungsbild und fasst den bisherigen Forschungsstand sowie Überlegungen zur Klassifikation zusammen. BIOLOGISCHE ASPEKTE - WAS BESTIMMT DE ENTWICKLUNG DER SUCHT? Rainer Spanagel Do, 30.09.2021 9:00 bis 10:00 Uhr Nr.: VL10 - HORMONE UND GENDER-ASPEKTE: RELEVANZ FÜR DIE ENTWICKLUNG VON SUCHT Bernd Lenz Do, 30.09.2021 10:00 bis 11:00 Uhr Nr.: VL11 Im Geschlechtsvergleich leiden Männer meist häufiger als Frauen unter Süchten. Dies ist belegt für substanzgebundene Abhängigkeiten beispielsweise von Alkohol, Tabak und Cannabis sowie für pathologisches Glücksspiel und die Internet-spielerkrankung. Neben sozialen Effekten tragen hormonelle Einflüsse zu diesen Geschlechtsunter-schieden bei. Süchtiges Verhalten ist mit genetischen Varianten des Androgenrezeptors, des Östro-genrezeptors, der Aromatase und der 5-alpha Reduktase assoziiert. Translationale Studien zeigen, dass sowohl adulter als auch früher pränataler Androgenexzess mit Konsum und Abhängigkeit von Suchtstoffen sowie assoziierten Phänotypen zusammenhängt. Die direkte Androgengabe erhöht im Tiermodell beispielsweise die Alkoholpräferenz; beim Menschen lassen sich veränderte periphere Androgenspiegel bei Suchterkrankungen zeigen. Im Tiermodell beeinflusst die frühe vorgeburtliche Androgenrezeptor-modulation das adulte Alkoholtrinkverhalten; übereinstimmend damit deuten Biomarker auch beim Menschen an, dass hohe pränatale Androgenlast mit der Entstehung und dem Verlauf von Sucht-erkrankungen im Erwachsenenalter zusammenhängt. Aus den konvergierenden Befunden zur Bedeu-tung von Sexualhormonen bei Süchten ergeben sich neuartige präventive und therapeu-tische Forschungsansätze. WIE KÖNNEN (VERORDNETE) MEDIKAMENTE DIE ENTWICKLUNG VON SUCHT BESTIMMEN? Ursula Havemann-Reinecke Do, 30.09.2021 11:00 bis 12:00 Uhr Nr.: VL12 - STATIONÄRE MEDIZINISCHE REHABILITATION FÜR JUGENDLICHE MIT SUBSTANZBEDINGTEN ERKRANKUNGEN Rainer Thomasius Do, 30.09.2021 12:15 bis 13:00 Uhr Nr.: VL13 Die Gemeinsame Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und Verbände hat im Auftrag der DGKJP, BAG KJPP und BKJPP eine konsentierte Stellungnahme zur stationären medizinischen Rehabilitation für Jugendliche mit substanzbedingten Erkrankungen vorgelegt. Dieser Stellungnahme hat sich die Deutsche Rentenversicherung weitestgehend angeschlossen. Mit dem Flexirentengesetz vom Dezember 2016 haben nun alle chronisch kranken Kinder und Jugendlichen einen Rehabilitationsanspruch gegenüber der Rentenversicherung, explizit auch suchtkranke Kinder und Jugendliche, wenn durch die Rehabilitation die beeinträchtigte Gesundheit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann und dies Einfluss auf die spätere Erwerbsfähigkeit haben kann. Mit dieser Neuerung werden die Voraussetzungen für angemessene Behandlungsangebote für suchtkranke Kinder und Jugendliche deutlich 21
Tübinger Suchttherapietage Abstracts verbessert. Die medizinische Rehabilitation von suchtkranken Kindern und Jugendlichen hat zum Ziel, den jungen Patienten eine dauerhafte Eingliederung in Schule, Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu ermöglichen. Dem dienen die Erhaltung der Abstinenz, die weitgehende Behebung oder der Ausgleich von körperlichen und seelischen Störungen, das Aufholen von durch den Konsum akkumulierten Entwicklungsdefiziten und der Erwerb und die Stabilisierung sozialer Kompetenz. Notwendig ist die Integration von ärztlich-therapeutischen, pädagogischen und heilpädagogisch-/fachtherapeutischen Elementen in ein Gesamtkonzept. Der multiprofessionelle Therapieansatz fokussiert dabei vor allem auch den Bezug zur Alltagsrealität. Eine wichtige Rolle spielt die gelebte Umsetzung therapeutisch gewonnener Erkenntnisse auf der Handlungsebene, das Einüben neuer Fähigkeiten im Alltag und deren Anwendung unter Realbedingungen. 22
Tübinger Suchttherapietage Abstracts DONNERSTAG – 30.09.2021 SEMINARE / WORKSHOPS GRUNDLAGEN MOTIVIERENDE GESPRÄCHSFÜHRUNG Clemens Veltrup Do, 30.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K10 Das Motivational Interviewing (MI) ist mit dem Ziel entwickelt worden, die Änderungsbereitschaft bei Menschen mit Suchtmittelproblemen zu erhöhen. Das klientenzentrierte und direktive Vorgehen ermöglicht die Reduzierung von Ambivalenz bezüglich einer Verhaltensänderung sowie den Aufbau von intrinsischer Motivation. Das MI hat sich vielfältig bewährt, Studien belegen die Wirksamkeit (Effektivität und Effizienz) dieser psychologischen Intervention. Als "Betriebssystem" im Beratungs- und Behandlungssystem für Menschen mit Störungen durch psychotrope Substanzen ist es international verbreitet. Der Kurs ist übungsorientiert. Neben der theoretischen Wissensvermittlung sollen in kurzen Kleingruppenübungen und Rollenspielen praktische Kenntnisse erworben werden. Alle Materialien des Kurses werden den TeilnehmerInnen per E-Mail zur Verfügung gestellt. Die TeilnehmerInnen sollen notwendige praktische Kenntnisse erhalten, um eigenständig motivationsfördernde Gespräche zur Änderung des problematischen Konsumverhaltens durchführen zu können. DIALEKTISCH BEHAVIORALE THERAPIE FÜR PATIENTEN MIT BORDERLINE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN UND ABHÄNGIGKEITSERKRANKUNGEN DBT- SUCHT Thorsten Kienast Do, 30.09.2021 15:00 bis 18:30 Uhr Nr.: K11 Die Behandlung von Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörungen (BPS) in Kombination mit einer bestehenden Suchterkrankung stellt besondere Anforderungen an den Therapeuten und sein Team. Häufig tragen Störungen der Abstinenzmotivation, ein ausgeprägtes Suchtmittelverlangen und die Aktivierung dysfunktionaler Verhaltensschemata zu wiederholtem Suchtmittelkonsum bei und gefährden den weiteren Verlauf der gesamten Behandlung. Um den Therapieverlauf erfolgreich zu gestalten, müssen diese Faktoren auf besondere Weise in den therapeutischen Prozess integriert werden. Weiterhin fordern konsumbedingte neurobiologische Regenerationsprozesse während der frühen und längerfristigen Abstinenz eine gestufte Herangehensweise durch den Therapeuten, damit Überforderungen der Patienten bei der Umsetzung der Therapieziele vermieden werden. Wir haben in Zusammenarbeit mit Prof Marsha Linehan ein Behandlungskonzept für Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörung und komorbider Abhängigkeitserkrankung entwickelt und als ambulantes und stationäres Konzept evaluiert. Es lässt sowohl durch seine speziellen Rahmenbedingungen als auch durch seine inhaltliche Struktur eine zeitgleiche Behandlung beider Störungen zu. Spezifische DBT-Gruppentherapien, Suchttherapiegruppen und Einzelgespräche berücksichtigen insbesondere motivationale Aspekte und werden von verschiedenen Berufsgruppen des therapeutischen Teams durchgeführt. In diesem Workshop werden die therapeutischen Basisfertigkeiten zur Behandlung dieser Patientengruppe vermittelt und geübt. Aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung dieses Behandlungskonzeptes wird ein Update über den aktuellen Stand gegeben. Neu in diesem Kurs ist das Training spezieller Skills bei Abhängigkeitserkrankungen: - Hierarchisierung der Therapieziele - Skills in der in der DBT-Sucht - Dialektische Abstinenz - Attachment Strategien Literatur zur Vorbereitung für diesen Workshop sind: Kienast T, Roediger E, Kensche M, Foerster J, Daig I, Heinz A (2009) Evidenzbasierte 23
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