Unser Wald Natur und Wirtschaftsfaktor zugleich
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Inhalt Vorwort 4 Der Wald – Natur und Wirtschaftsfaktor zugleich 6 Das Ökosystem Wald 6 Deutschland: Zu einem Drittel bewaldet 7 Wald nützt, schützt und bietet Erholung 7 Wem gehört der Wald? 10 Der Wald ist natürlicher Lebensraum 11 Betretensrecht für alle 13 Herausforderungen an den Wald 14 Wald und Klima 16 Landschaftsnutzung und Waldflächen 19 Zum Wald gehört das Wild 20 Die Entwicklung des Jagdrechts 20 Wildschäden am Wald 22 Die Forstwirtschaft – Verantwortung für viele Generationen 23 Oberstes Prinzip: Die Nachhaltigkeit 23 Der Waldbau macht es möglich – nachhaltige Waldwirtschaft 23 Zertifizierung nachhaltiger Waldwirtschaft 24 Naturschutz und Forstwirtschaft 25 Natura 2000 im Wald 26 Saat- und Pflanzgut wird streng überwacht 26 Genetische Vielfalt erhalten und nutzen 26 Forstschutzmaßnahmen 27 Die Vermarktung des Holzes 27 Forstpolitik: Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen 28 Forstpolitik der Bundesregierung 28 Charta für Holz 29 Waldstrategie 2020 30 Fördermaßnahmen für die Forstwirtschaft 30 Forstliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union 31 Luftreinhaltepolitik für den Wald 32 Rohstoff Holz: Vielseitig und umweltfreundlich 33 Die Wälder der Erde: Internationale Zusammenarbeit ist gefragt 36 Anhang 39 Kleines Waldlexikon 39 Anschriften von Behörden und Organisationen 40 3
Vorwort „Unser Wald – Natur und Wirtschafts- faktor zugleich.“ Liebe Bürgerinnen und Bürger, unsere Wälder spielen in vielfacher Hinsicht eine unserer Zeit konkret bedeutet, ist die gemeinsame große Rolle in unserem Leben: Ein Drittel der deut- verantwortungsvolle Aufgabe von Waldbesitzern, schen Landfläche ist mit Wald bedeckt. Dahinter Verwaltung und Politik. Und zwar weit über unsere verbergen sich mehr als elf Millionen Hektar arten- Landesgrenzen hinweg: Die Vereinten Nationen reiche, hochwertige Wälder mit stetig zunehmen- haben das Jahr 2011 zum „Internationalen Jahr der den Holzvorräten – den größten in ganz Europa. Wälder“ ausgerufen. So soll weltweit auf die Chancen Sie liefern uns unverzichtbare Rohstoffe und sorgen einer nachhaltigen Bewirtschaftung und auf die im Wirtschaftszweig Forst und Holz für Lohn und Erhaltung und Entwicklung der Wälder zum Nutzen Brot von etwa 1,3 Millionen Menschen. Sie prägen heutiger wie künftiger Generationen aufmerksam unsere Landschaften, bieten Erholung und sind gemacht werden. Wertschätzung der knappen eine Quelle unserer kulturellen Identität. Darüber Ressource Wald und ein sorgsamer Umgang mit ihr hinaus beeinflussen sie mit ihrem reichen Schatz sind nicht überall selbstverständlich. an Pflanzen und Tieren maßgeblich das Klima. Das müssen wir bei der Waldbewirtschaftung immer in Auch in unserem Land wollen wir uns noch weiter Erinnerung behalten! für die Wälder einsetzen. Wissenswertes rund um den Wald und Veranstaltungen zu Natur und Holz Wälder sind wichtige Naturgüter und Ökosysteme, stehen im Mittelpunkt der deutschen Initiative die auch morgen noch im dicht besiedelten Deutsch- zu dem Internationalen Jahr unter der Schirmherr- land vielfältige Funktionen erfüllen sollen. Deshalb schaft von Bundespräsident Christian Wulff. muss es unser Ziel sein, sie in gutem Zustand zu Wir wollen den Menschen zeigen, wie sehr unser bewahren. Das erreichen wir über eine nachhaltige heutiges Leben mit dem Wald und seinen Produkten Forstwirtschaft. Den Menschen zu zeigen, was das in verwoben ist – ja von ihm abhängt. Wir haben ein 4
stattliches „Waldkulturerbe“ übernommen, welches Diese Broschüre gibt einen umfassenden Überblick wir bewusst pflegen müssen, um es an unsere Kinder über den Wald und seine verschiedenen Nutzungs- weitergeben zu können. möglichkeiten. Wir möchten damit auf seine Funk- tionen aufmerksam machen und Ihr Bewusstsein Ein Blick zurück zeigt: Der Mensch hat durch die dafür schärfen. Denn weitsichtiges Engagement Nutzung von Land, Wald und Gewässern mannig- bleibt eine Aufgabe für uns alle. Doch wie können faltig Kulturlandschaften geprägt. Land- und Sie persönlich dazu beitragen? Zum Beispiel, indem Forstwirtschaft, Fischerei und Ernährungswirtschaft Sie unterschiedliche heimische Holzarten kaufen. gestalten die Lebensräume für eine große biologi- Dabei sollten Sie auf die Siegel PEFC oder FSC achten. sche Vielfalt. Darum wollen wir eine Forstwirtschaft Diese stehen für Holz aus nachhaltiger Waldbewirt- mit naturnahen Wäldern und einem breiten Spek- schaftung. Denn eine zukunftsorientierte Nutzung trum an standorttypischen Bäumen und Sträuchern. des Waldes hat in Deutschland eine lange Tradition. Im Blickpunkt stehen aber auch zahlreiche andere Lassen Sie uns diese konsequent fortsetzen und heimische Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, anderen ein Vorbild sein! die im Wald beheimat sind. Die Nationale Bio- diversitätsstrategie ist dabei der aktive Beitrag der Bundesregierung. Wir müssen die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen des Waldes harmonisch in Ilse Aigner Einklang bringen. Den Weg dorthin weist die Wald- Bundesministerin für Ernährung, strategie 2020. Landwirtschaft und Verbraucherschutz 5
Der Wald – Natur und Wirtschaftsfaktor zugleich Das Ökosystem Wald Der Wald in Deutschland besteht aus über 7 Milliar- den1 Bäumen. Jeder Einzelne davon ist ein einzig- artiges Wunderwerk der Natur. Der Baum produ- ziert seine Biomasse, wie alle grünen Pflanzen, aus Kohlendioxid (CO2), Wasser und Sonnenenergie. Tagsüber nehmen die Blätter das Kohlendioxid aus der Luft auf und erzeugen daraus mit Hilfe des Chlorophylls Traubenzucker, der als Energiequelle und Baustoff für weitere chemische Prozesse benö- tigt wird. Durch die Verkettung der Zuckermoleküle entsteht beispielsweise Zellulose, der Hauptbestand- teil von Holz. Als „Abfallprodukt“ wird dabei noch Sauerstoff (O2) freigesetzt. Ein 100-jähriger Eichenwald, bei dem ein Baum ca. 130.000 Blätter als biologische Solarzellen hat, filtert jährlich ca. 11.000 Kilogramm Kohlendioxid pro Hektar aus der Luft. Solch ein Wald bindet jährlich rd. 3.000 Kilogramm Kohlenstoff pro Hektar zu organischen Substanzen wie Holz, Blättern und Rinde. Durch diesen Vorgang (die Photosynthese) werden bis zu 8.000 Kilogramm Sauerstoff frei- gesetzt; dies entspricht dem Jahresbedarf von 17 Menschen. Gleichzeitig arbeitet der Baum wie eine an heißen Sommertagen angenehm kühl ist. Durch Klimaanlage. Die Wurzeln der Eiche als ein Modul den Niederschlag erhält der Boden das Wasser im des Wasserkreislaufs im Wald saugen jährlich etwa Kreislaufsystem wieder zurück. Außerdem filtern die 40.000 Liter Wasser aus dem Boden, das die Blätter Blätter im Jahr etwa eine Tonne Staub und Verunrei- wieder verdunsten. Die dabei entstehende Ver- nigungen aus der Luft, der Wald wirkt also wie ein dunstungskälte sorgt dafür, dass es im Wald selbst riesiger Staubsauger. 1 Quelle: Zweite Bundeswaldinventur (BWI2). Die Zahl bezieht sich auf Bäume mit mehr als 7 cm Stammdurchmesser in 1,30 m Höhe über dem Boden. 6
Deutschland: Zu einem Drittel Die Nutzfunktion bewaldet Unter der Nutzfunktion versteht man die wirtschaft- Deutschland ist eines der waldreichsten Länder der liche Bedeutung des Waldes: EU. Rund 11,1 Mio. Hektar, ein Drittel der Gesamt- ó Er liefert den nachwachsenden, umwelt- und fläche unseres Landes, sind mit Wald bedeckt. klimafreundlichen Rohstoff und Energieträger Regional schwankt der Bewaldungsanteil sehr Holz, stark, z. B. zwischen 3 % im Landkreis Dithmarschen ó ist Rohstoffbasis für die heimische Holz- und (Schleswig-Holstein) und 64 % im Landkreis Regen Papierwirtschaft, (Bayern). ó ist Grundlage für die Einkommen der Wald- besitzer und In den letzten vier Jahrzehnten nahm bei uns der ó bietet Arbeitsplätze gerade im struktur- Wald um ca. 1 Mio. Hektar zu. Mit 68 % wurde wieder schwachen ländlichen Raum. ein beachtlicher Laub- und Mischwaldanteil er- reicht. Auch stieg der Anteil der über 80-jährigen Da fossile Rohstoffe, wie z. B. Erdöl und Erdgas, Bestände auf ein Drittel der Waldfläche an. Die nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, Holzvorräte in Deutschland liegen bei 320 Kubikme- erlangt der Rohstoff Holz wieder eine zunehmende tern je Hektar; das entspricht ca. 3,4 Mrd. Kubikme- Bedeutung. Holz kann einer der wichtigsten Roh- tern Gesamtvorrat. Im europäischen Vergleich hat stoffe der Zukunft werden. In deutschen Wäldern Deutschland damit einen führenden Platz. Dies alles steht dafür ein hohes Nutzungspotenzial zur Verfü- ist das Ergebnis der Bemühungen, nach den großen gung. Waldverwüstungen des 19. Jahrhunderts und den Kahlschlägen infolge der beiden Weltkriege wieder Die Schutzfunktion ertragreiche und ökologisch wertvolle Wälder auf- zubauen. Der Wald erfüllt außerdem eine Vielzahl von Funk- tionen, die dem Schutz von Mensch und Umwelt Die weitere Anhebung des Laub- und Mischwald- dienen: anteils ist weiterhin ein wichtiges Ziel. Privatwald- ó Er reguliert den Wasserhaushalt und sichert besitzer und Gemeinden können dabei über staat- unsere Trinkwasserversorgung, liche Fördermaßnahmen unterstützt werden. ó wirkt ausgleichend auf unser Klima und reinigt die Luft, ó bindet Kohlendioxid in der Biomasse und trägt dadurch zur Verminderung des sog. Treibhaus- Wald nützt, schützt und bietet effektes bei, Erholung ó schützt vor Geröll- und Schneelawinen sowie vor Erosion, Der Wald spielte für die Menschen schon immer ó schützt vor Lärm, eine wichtige Rolle. Ursprünglich versorgte er sie ó trägt wesentlich zum Biotop- und Artenschutz mit Nahrung, Brennholz, Werk- und Baustoffen und bei und lieferte Futter für ihre Haustiere. Der Wald hat also ó hat positive Auswirkungen auf das Landschafts- immer viele Funktionen erfüllt. bild. 7
Die Erholungsfunktion Der Wald – ein Kulturgut Auch für Freizeit und Erholung spielt der Wald eine Die Bedeutung des Waldes für den Menschen ist mit wichtige Rolle. Vor allem Menschen aus den Städten seinen Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen kei- und Ballungszentren nutzen ihn, um Entspannung neswegs vollständig erfasst. Der Wald ist tief in der und Erholung zu finden. Der Wald erfüllt auch eine Kultur unseres Landes verwurzelt. Die Worte Wald Funktion für die Gesundheit. und Baum sind in vielen Redensarten und Sprich- worten enthalten („vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen“, „auf dem Holzweg sein“). Sie sind in zahlreichen Sitten und Gebräuchen gegenwärtig (z. B. Weihnachtsbaum und Maibaum), in Ortsbe- zeichnungen (z. B. Walda, Holzheim, Vahrenholz oder Eberswalde) und in Familiennamen („Förster“ und „Köhler“) überliefert und mit Märchen, Sagen, Liedern und Gedichten („Hänsel und Gretel“, „Von drauß vom Walde komm ich her“) eng verknüpft. Wald und Bäume sind in Dichtung, Literatur, Ma- lerei und Musik aller Epochen lebendig geblieben. Von Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten, stammt der Ausspruch „Holz ist ein einsilbiges Wort, aber dahinter verbirgt sich eine Welt der Märchen und Wunder“. 8
Kleine Waldchronik 12.000 v. Chr. (Altsteinzeit) 1961 Zunehmende Erderwärmung, Kältesteppe ent- Die Forsterhebung dokumentiert im früheren wickelt sich zu Wald (Zeit nomadisierender Jäger Bundesgebiet eine Waldfläche von 7,2 Mio. ha und und Sammler). einen Holzvorrat von 165 m3/ha; der Laubholzanteil beträgt 30 %. 1800 v. Chr. (Bronzezeit) Beginn der Nutzung von Wäldern für die Holzkohle- 1975 produktion zum Schmelzen der Erze, konzentriert Bundeswaldgesetz auf wenige Erzlagerstätten. 1982 Christi Geburt Großflächige Waldschäden aufgrund von über weite Land schon teilweise dichter besiedelt. Ein Viertel Entfernungen (auch grenzüberschreitend) durch die der Waldfläche gerodet. Luft verbreitete Schadstoff-Fernemissionen. 800 (Karolingerzeit) 1987 Anhaltende Rodungstätigkeit, auch in weniger Laut erster Bundeswaldinventur stieg im früheren siedlungsgünstigen Gebieten. Bundesgebiet die Waldfläche auf 7,8 Mio. ha, der Holzvorrat auf 302 m3/ha und der Laubholzanteil auf 1000 37 %. Rodungen großen Ausmaßes. Wälder teilweise schon in desolatem Zustand. 2002 Die zweite Bundeswaldinventur weist für ganz 1300 Deutschland eine Waldfläche von 11,1 Mio. ha, einen Angst vor Holznot (frühe Energiekrise). Erste obrig- Holzvorrat von 320 m3/ha und einen Laubholzanteil keitliche Forstordnungen („Weistümer“). Versuche, von 40 % nach. die hemmungslose Holznutzung und das ungezü- gelte Roden zu unterbinden. 2008 Die Inventurstudie, als Beitrag zum Kyoto-Protokoll, 1500 untermauert in den Ergebnissen die Daten aus der Wald auf seine heutige Ausdehnung zurückge- Bundeswaldinventur 2002. Es werden insbesondere drängt (ca. 30 % der Gesamtfläche). Danach Anfän- die Daten zur Kohlenstoffvorratveränderung im ge einer geregelten Forstwirtschaft. Wald erfasst. Die Waldfläche hat insgesamt zuge- nommen und der Holzvorrat pro Hektar stieg weiter 1700 an. Mit Zunahme der Bevölkerung nach 30-jährigem Krieg wieder Angst vor Holznot. Anstoß zu wissen- 2010 schaftlich begründeter Forstwirtschaft. Erste Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass sich das Anbauversuche mit ausländischen Baumarten. Bundeswaldgesetz grundsätzlich bewährt hat. Er beschließt kleine Änderungen, um aktuellen 1800 Anforderungen gerecht zu werden . Erste Meisterschulen. Später Forstfakultäten an Hochschulen. Nach 1825 intensive Wiederauf- 2011 forstungsversuche. In Revolutionsjahren um 1848 Von der Generalversammlung der Vereinten Natio- nochmals viele Waldungen verwüstet, große nen wurde das Jahr 2011 zum „Internationalen Jahr Heidegebiete entstehen. der Wälder“ erklärt. Damit soll weltweit auf die gro- ße Bedeutung der nachhaltigen Bewirtschaftung, 1850 der Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung der Forstwissenschaft und Forstwirtschaft nehmen Wälder zum Nutzen heutiger und künftiger Genera- beträchtlichen Aufschwung. Auf großen Flächen tionen aufmerksam gemacht werden. Der Beitrag entstehen ertragreiche Wälder. Deutschlands ist eine bundesweite Kampagne mit den Bundesländern und vielen Dachorganisationen. 1950 Wiederaufforstung der im Zweiten Weltkrieg und infolge der Reparationshiebe entstandenen ausge- dehnten Kahlflächen. 9
Anteil des Waldes in den Bundesländern (in %) Baden-Württemberg 38 Bayern 36 Brandenburg und Berlin 35 Hessen 42 Mecklenburg-Vorpommern 23 Niedersachsen, Hamburg und Bremen 24 Nordrhein-Westfalen 26 Rheinland-Pfalz 42 Saarland 38 Wem gehört der Wald? Sachsen 28 Den Besitz am Wald teilen sich private Personen, Sachsen-Anhalt 24 Körperschaften (vor allem Gemeinden und Städte) und der Staat (vor allem die Bundesländer). Die Schleswig-Holstein 10 Privatwaldeigentümer in Deutschland haben einen überwiegend klein strukturierten und zersplit- Thüringen 32 terten Waldbesitz. Diese Eigentumsform hält 44 % der Waldfläche in Deutschland. Die Betriebe des Deutschland insgesamt 31 Körperschaftswaldes haben eine durchschnittliche Waldfläche von 175 Hektar. Die flächenmäßig größ- Quelle: BWI2 ten Betriebe gehören den Ländern. Ein staatliches Forstamt bewirtschaftet zwischen 8.000 und 15.000 Hektar Landeswald und nimmt zumeist auch Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse Betreuungsaufgaben für den Privat- und Kommu- nalwald wahr. Der Bund selbst besitzt derzeit rund Viele der rd. 2 Millionen Waldeigentümer in 410.000 Hektar Wald, der vorwiegend militärisch Deutschland haben einen kleinen und teilweise genutzt wird. noch zersplitterten Waldbesitz, der nur schwer zu bewirtschaften ist. Forstwirtschaftliche Zusam- menschlüsse sollen als Selbsthilfeeinrichtungen die wirtschaftliche Situation dieser Betriebe verbessern. So können viele Betriebsarbeiten als gemeinsame Dienstleistung ausgeführt werden. Dazu gehören u. a. die Ernte von Holz, das Anlegen und Pflegen von Forstkulturen, Bestandspflegearbeiten sowie der Bau und die Unterhaltung von Wegen. Außer- dem können Forstprodukte gemeinsam vermarktet oder Maschinen zur gemeinsamen Nutzung ange- schafft werden. Solche Formen der Zusammenarbeit gibt es bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. In Deutschland gibt es derzeit rd. 4.300 forstwirtschaft- liche Zusammenschlüsse mit mehr als 400.000 Mit- gliedern, die zusammen ca. 3,8 Mio. Hektar Wald besitzen. Das entspricht knapp einem Drittel unserer Waldfläche. Mobile Entrindungsmaschine 10
Waldverteilung in Deutschland Der Wald ist natürlicher Lebensraum Die heutige Verteilung von Wald, landwirtschaft- lichen Nutzflächen, Verkehrs- und Siedlungsflä- chen ist das Ergebnis menschlichen Handelns über Jahrhunderte hinweg. Der verbliebene Wald ist kein unberührter Urwald mehr. Er ist ein von Menschen geprägter Wirtschaftswald. Die Lebensgemeinschaf- ten des Waldes sind gegenüber dem ursprünglichen Zustand zwar verändert, dennoch sind unsere Wäl- der in großen Teilen naturnah. Forstwirtschaft – eine naturnahe Nutzung Die Forstwirtschaft nutzt bei der Bewirtschaftung natürliche Abläufe, mit denen ökologisch und öko- nomisch wertvolle Wälder entwickelt werden. Die Bewirtschaftung des Waldes kommt in Deutschland fast ohne Pflanzenschutz- und Düngemittel aus. Durch die Ernte von Holz werden dem Wald nur in geringem Umfang Nährstoffe entzogen, da die nähr- stoffreicheren Äste und die Blätter/Nadeln zumeist überwiegend im Wald verbleiben. Nach neueren Studien gibt es zwischen naturnahen bewirtschafte- ten Mischwäldern und unbewirtschaftetem Na- turwald nur geringe Unterschiede hinsichtlich der Artenvielfalt. Artenvielfalt wird gefördert Das Ökosystem Wald bietet einer Vielzahl von Tier- arten Lebensmöglichkeiten, unter anderem auch Quelle: BWI2 seltenen Vogelarten, Fledermäusen, Amphibien und Artenvielfalt im Wald (von links): obere Reihe = Wildkatze, Waldmaus, Schwarzspecht, Igel, Spinne; untere Reihe = Gemeiner Schneeball, Fingerhut, Frauenschuh, Fliegenpilz, Heidelbeere. 11
Reptilien. Viele Insektenarten und Bodenlebewesen Niederwald finden dort noch die Lebensbedingungen vor, die Niederwald war früher eine weit verbreitete außerhalb des Waldes durch intensive menschliche Bewirtschaftungsart, die der Erzeugung von Nutzung selten geworden sind. Brennholz, Rebpfählen oder Rinde zum Gerben von Leder diente. Dabei werden die Bäume alle Der Wald bietet auch einer Vielzahl gefährdeter 15 bis 20 Jahre gefällt („auf den Stock gesetzt“). Pflanzenarten eine Lebensgrundlage. Das gilt be- Die Verjüngung erfolgt durch neues Austreiben sonders für solche Arten, die nährstoffärmere, durch aus den Wurzelstöcken („Stockausschlag“) oder mineralische Düngung nicht beeinflusste Standorte den Wurzeln („Wurzelbrut“). Charakteristisch benötigen. sind die mehrstämmigen Wuchsformen dieser Stockausschläge. Das Vorkommen seltener Tier- und Pflanzenarten wird zudem durch gezielte Maßnahmen begünstigt, Mittelwald wie etwa durch Eine früher weit verbreitete Kombination aus ó den Aufbau, die Pflege und die Erhaltung natur- Hoch- und Niederwald. Er besteht aus einer naher Waldränder, Unterschicht („Hauschicht“) aus Stockaus- ó das Belassen von Alt- und Totholz im Wald, schlägen, die zur Gewinnung von Brennholz alle ó die Erhaltung und Pflege von Sonderbiotopen im 15 bis 30 Jahre kahl geschlagen wird und einer Wald, wie z. B. von Feuchtgebieten, Heiden und Oberschicht aus „Kernwüchsen“ (aus Samen Trockenrasen, entstandene Bäume), die in längeren Umtriebs- ó den Schutz von bestimmten Arten, wie Wald- zeiten zu starkem Nutzholz heranwächst. ameisen, Fledermäusen, Vögeln oder Orchideen, ó die gezielte Erhaltung, Pflege oder Nachzucht Hochwald seltener Baumarten wie Wildobst, Eiben oder Die heute in Deutschland vorwiegende Betriebs- Elsbeeren sowie durch art bei der Waldbewirtschaftung. Im Hochwald ó die Erhaltung historischer Waldnutzungsformen geht die Verjüngung auf natürlichem oder wie Nieder- oder Mittelwald. künstlichem Wege aus Samen hervor. Totholz fördert die Artenvielfalt. Die Waldameise hat für den Wald große ökologische Bedeutung. 12
Darüber hinaus sind Naturwaldreservate und die Kernzonen von Nationalparks aus der forst- wirtschaftlichen Nutzung herausgenommen. Das ermöglicht eine ungehinderte Entwicklung der natürlichen Waldgesellschaften und ihre wissen- schaftliche Erforschung. In seiner Gesamtheit ist der Wald also nicht nur eine Ansammlung von Bäumen, sondern eine komplexe Lebensgemeinschaft. Der wirtschaftende Mensch gestaltet, erhält und nutzt sie. Das geschieht im Ein- klang mit der Natur und nicht gegen sie. Betretensrecht für alle Nach § 14 des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) ist jedermann das Betreten des Waldes aller Eigentums- arten zum Zwecke der Erholung gestattet. Das schließt Joggen, Fahrradfahren (Mountainbike) und vergleichbare Aktivitäten ein, sofern sie nicht im Rahmen organisierter Veranstaltungen erfolgen. Dieses Betretensrecht ist ein weitgehendes Zuge- ständnis an die Bevölkerung, dass es so für andere Flächen nicht gibt. Es verpflichtet die Waldbesucher aber gleichzeitig zu einem verantwortungsvollen Verhalten gegenüber der Natur und den Interessen der Waldbesitzer. Die einzelnen Bundesländer haben zum Betretens- recht weitergehende Regelungen getroffen, die von jedem Waldbesucher beachtet werden müssen. Dazu zählen z. B. ó Betretensverbote für Forstkulturen und Schonungen sowie für Waldbestände, in denen Hunde im Wald Holz eingeschlagen wird, ó Einen generellen „Leinenzwang“ in freier ó das Rauchverbot vom 1. März bis 31. Oktober Natur gibt es nicht. eines jeden Jahres, ó Einschränkung: z. B. während der Setz- ó das Verbot der Verletzung von Bäumen (z. B. und Brutzeiten vom 1. April bis 15. Juli durch Schnitzereien), aber auch (§ 33 Waldgesetz Niedersachsen) oder ó das Gebot, sich im Wald ruhig zu verhalten und abseits von Wegen (§ 3 Waldgesetz die Hauptwege während der Dämmerung Nordrhein-Westfalen). nicht zu verlassen, um das Wild nicht unnötig zu ó Das Führen von Hunden vom Kraftfahrzeug stören. aus ist verboten. Vom Fahrrad oder vom ó Das Betreten jagdlicher oder forstlicher Einrich- Pferd aus ist es erlaubt (Tierschutzgesetz tungen ist verboten. beachten). ó Das Picknicken und Schlafen im Wald ist erlaubt, nicht jedoch offenes Feuer und das Errichten von Zelten und Hütten. ó Aus Gründen des Natur- und Artenschutzes kann das Betreten auf die Waldwege beschränkt werden. 13
eine standortgerechte Baumartenwahl, ein geeig- Pferde im Wald neter Waldaufbau sowie stabile Waldränder. Aller- ó Das Reiten im Wald auf Straßen und Wegen ist dings haben die Sturmkatastrophen von 1990, die grundsätzlich erlaubt (§ 14 BWaldG). Orkane „Wiebke“ und „Vivian“, die Orkane „Lothar“ ó Einschränkungen und Beschränkung auf Reit- (1999), „Kyrill“ (2007) und „Xynthia“ (2010) deutlich wege sind nach Landesrecht möglich. (z. B. gemacht, dass waldbauliche Maßnahmen nur be- § 26 Waldgesetz Niedersachsen, § 50 ff. Land- grenzt Sturmschäden vorbeugen können. Denn von schaftsgesetz Nordrhein-Westfalen oder § 38 diesen Sturmkatastrophen waren nicht nur wind- Naturschutzgesetz Baden-Württemberg). wurfgefährdete Nadelbaumreinbestände, sondern ó Kommunen können ihrerseits Reitwege aus- auch stabile Laubmischwälder betroffen. weisen und Landkreise eine Kennzeichnungs- pflicht für Reitpferde einführen. Sturmschäden im Wald Jahr Menge (Mio. m3) 1967 13,5 1972 17,3 Herausforderungen an den Wald 1975 2,2 1984 9,2 Seit die Menschen sesshaft wurden und Flächen für 1990 73,8 ihre Äcker, Weiden und Siedlungen sowie Holz zum 1993 2,2 Bauen, Kochen und Heizen benötigten, haben sie 1999 35,0 in das Gefüge des Waldes eingegriffen. Zunächst unwesentlich, mit zunehmendem Anwachsen der 2007 37,0 Bevölkerung aber immer massiver. Heute ist der 2008 5,0 Wald neuen Belastungen z. B. durch Stoffeinträge, 2010 5,0 (vorläufig) Klimawandel und Zerschneidung durch immer mehr Verkehrswege ausgesetzt. Quelle: BMELV Aufgrund der viele Jahrzehnte dauernden Lebens- zeit der Bäume ist der Wald vielen abiotischen und biotischen Gefahren ausgesetzt. Zu den abiotischen Gefahren zählen Sturm, Feuer, Schnee, Eis und Frost. In Deutschland haben Stürme die weitaus größte Bedeutung. Sie können häufig katastrophale Schäden anrichten. Die Anzahl der Stürme hat in den letzten Jahren spürbar zugenom- men. Gegen Wind- bzw. Sturmwurf helfen vorbeu- gende waldbauliche Maßnahmen. Dazu gehören Die Folgen eines Windwurfes. 14
Waldbrände entstehen in Deutschland zwar häufig, Der Zustand des Waldes wird zudem durch vom entwickeln sich aber nur selten zu großen Flächen- Menschen verursachte Luftverunreinigungen aus bränden. Im langjährigen Durchschnitt ereignen Industrieanlagen, Verkehr, Kleinverbrauch, Haus- sich in Deutschland jährlich ca. 1.100 Waldbrände halten und Landwirtschaft belastet. mit einer Gesamtschadfläche von ca. 700 ha. Die meisten Brände werden in der Zeit von Mitte März Ein leicht zu erkennender Indikator für den Gesund- bis Mitte Mai verzeichnet. Die Hauptursachen sind heitszustand des Waldes ist die Kronenverlichtung. Brandstiftung und menschliche Fahrlässigkeit. Der Ausmaß und Entwicklung der Kronenverlichtung Wald in den nördlichen und östlichen Bundeslän- werden seit 1984 im früheren Bundesgebiet und seit dern ist besonders durch Brände gefährdet, da es 1990 auch in den neuen Bundesländern in der bun- dort auf trockenen Standorten einen hohen Anteil desweiten Waldzustandserhebung überwacht. Sie leicht brennbarer Kiefernwälder gibt. erfolgt auf einem systematischen Stichprobennetz jährlich in den Monaten Juli/August nach einem Bei den biotischen Gefahren rangieren die Schäden einheitlichen Verfahren, das seit 1987 auch in der durch Insekten, insbesondere durch Borkenkäfer Europäischen Union und weiteren europäischen und einige Schmetterlingsarten, ganz vorne. Be- Staaten angewendet wird. Die Kronenverlichtung, sonders gefährlich sind unter den Borkenkäfern der d. h. die Abweichung vom Idealbild eines voll Buchdrucker (Ips typographus) und der Kupfer- belaubten Baumes, wird hierbei in 5 %-Stufen ge- stecher (Pityogenes chalcographus) vor allem an schätzt, die zu „Schadstufen“ zusammengefasst Fichten; unter den Schmetterlingen die Nonne (Lym- werden. Bäume der Schadstufe 0 gelten als „ge- antria monacha) und die Forleule (Panolis flammea) sund“. Die Schadstufe 1 ist als „Warnstufe“ zu inter- an Fichten und Kiefern, der Eichenwickler (Tortrix pretieren. Die Stufen 2 bis 4 repräsentieren geschä- viridana), der Schwammspinner (Lymantria dispar) digte Waldflächen. Die Kronenverlichtung wird und die beiden Frostspanner (Operophtera brumata, aber auch durch die Witterung, Insekten und starke Erannis defoliaria) vor allem an Eichen oder auch der Samenproduktion beeinflusst. Eichenprozessionsspinner (Thanmetopoea proces- sionea L.), der neben Blattfraß an Eichen vor allem allergische Reaktionen bei Hautkontakt auslöst. Schadbilder der Fichte: (von links) Fichte gesund (Schadstufe 0): hat sattgrüne Nadeln und alle sechs bis sieben Nadeljahrgänge. Schadstufe 1: die Krone ist leicht verlichtet, sie trägt noch vier bis fünf Nadeljahrgänge. Schadstufe 2: schon stärker verlichtete Fichte, sie hat nur noch etwa die Hälfte ihres Nadelkleides und bildet lang herabhängende Sekundärtriebe („Angsttriebe“). Schadstufe 3: starke Auflichtung der gesamten Krone, nur noch zwei bis drei Nadeljahrgänge (skelettartiges Aussehen), Nadeln sind teilweise stark gelb oder braun gefärbt. 15
Von größerer Bedeutung sind zudem die nicht un- mittelbar sichtbaren Auswirkungen des Eintrags von Luftverunreinigungen, vor allem die Veränderun- Weniger Emissionen gen in Waldböden. Sie werden auf Dauerbeobach- Zwischen 1990 und 2008 gingen in Deutschland tungsflächen im Wald intensiv untersucht. Zu den ó die Schwefeldioxid-Emissionen um 91 % hier erhobenen Parametern gehören z. B. Kronen- ó die Stickstoffoxid–Emissionen um 52 % zustand, phänologische Daten, Waldboden, Nadel-/ ó die Ammoniak–Emissionen um 13 % und Blattchemie, Baumzuwachs, Streufall, Konzentrati- ó die Emissionen flüchtiger Kohlenwasserstoffe on in der Luft und Einträge bestimmter Schadstoffe, (ohne Methan) um 66 % zurück. Bodenwasser, Bodenvegetation und Witterungs- daten. Die Stoffeinträge (Depositionen) in Waldbe- ständen liegen deutlich über dem Eintrag im Frei- land. Grund hierfür ist die Filterwirkung der Bäume. Wald und Klima Die Eintragsraten von Schwefel und Stickstoffver- bindungen sind in den Wäldern seit den 80er Jahren deutlich zurückgegangen. Dennoch übersteigen Wald und Forstwirtschaft sind über vielfältige die Depositionen auf nahezu allen Messflächen Wechselwirkungen mit dem Klima verbunden. Sie im Wald die kritischen Werte (Critical Loads) für sind daher für den Klimaschutz von großer Bedeu- Stickstoff- und Säureeinträge, bei denen schädliche tung: Wälder in Deutschland speichern in der ober- Veränderungen der Ökosysteme zu befürchten sind. und unterirdischen Biomasse (in allen Pflanzentei- Das bedeutet, dass eine Versauerung der Böden und len, in Tieren und im Boden) über 1,2 Mrd. Tonnen damit ein Verlust ihrer Filterwirkung droht. Kohlenstoff und binden derzeit jährlich weitere 4,7 Mio. Tonnen. Sie gleichen den Wasserhaushalt Die anhaltend hohen Stickstoffeinträge wirken und die Strahlungsverhältnisse aus und mildern gleichzeitig versauernd und düngend. Diese „Über- Temperaturextreme. Andererseits bestimmen Klima düngung“ (Eutrophierung) der Waldökosysteme und Witterung den Standort und damit die Stabilität führt zu einer Veränderung der Pflanzengemein- und Produktivität von Waldökosystemen. schaften und zur Artenverarmung. Stickstoffein- träge belasten aber nicht nur die Waldökosysteme, Holz besteht zur Hälfte aus Kohlenstoff, der beim sondern gefährden darüber hinaus auch die Qualität Wachstum der Bäume als Kohlendioxid (CO2) aus der des Grundwassers. Luft entnommen wird. Eine einfache Formel der 16
Natur lautet: Aus CO2, Wasser und Sonnenenergie Kohlenstoffbindung durch zusätzlichen Vorratsauf- wird Holz, Zucker und Sauerstoff. Für jedes Kilo- bau begrenzt. Zudem steigt bei älteren Wäldern die gramm Holz werden der Atmosphäre rund 4 kg CO2 Gefahr von Sturmschäden. entnommen und als Kohlenstoff in Holz dauerhaft gebunden. Wald und Holz sind also ein riesiger na- Das CO2-Minderungspotenzial des Waldes lässt sich türlicher „Kohlenstoffspeicher“ für die Atmosphäre. durch nachhaltige Forstwirtschaft und die kontrol- lierte Entnahme von Holz erhalten und optimieren. Umgekehrt führt Waldzerstörung zu Kohlenstoff- Holzeinschlag bedeutet zwar zunächst eine Ver- freisetzung. Die Wälder der Erde speichern die minderung der Kohlenstoffvorräte und damit der Hälfte des gesamten Kohlenstoffvorrates der Land- CO2-Bindung im Wald, durch Wiederaufforstung ökosysteme. Durch Abholzung und Brandrodung, und Wachstum wird diese Lücke jedoch geschlossen. insbesondere in den tropischen Regionen, werden Junge Bäume treten an die Stelle der alten, wachsen derzeit jährlich über 13 Mio. ha Wald zerstört. mit größerer Dynamik und binden erneut Kohlen- Aufforstungen gleichen nur einen Teil aus, so dass stoff. Das positive Klimaschutzpotenzial des Waldes immer noch rund 5 Mio. ha Waldverlust pro Jahr kann in einem kontinuierlichen Prozess gesichert verbleiben. Die globale Waldzerstörung ist damit für und gesteigert werden, wenn das gewachsene Holz fast 20 % der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen genutzt, zu langlebigen Produkten verarbeitet wird verantwortlich. Internationale Programme und oder/und fossile Energieträger ersetzt. Maßnahmen zur Vermeidung von Entwaldung und Waldzerstörung leisten deshalb einen unmittelba- Vier Wege führen vom Holz zum ren Beitrag zum Klimaschutz. Ohne internationalen Klimaschutz Waldschutz und eine nachhaltige Waldwirtschaft können die globalen Klimaschutzziele nicht erreicht Kohlenstoffspeicher im Wald und in Holzprodukten: werden. Ein Waldbau, der stetig vorratsreiche Wälder aufbaut und Böden sowie Moore schützt, sichert In nicht bewirtschafteten Urwäldern stellt sich lang- den Kohlenstoffspeicher Wald. fristig eine natürliche Balance zwischen CO2-Auf- In Gebäuden, Möbeln und anderen langlebigen nahme (Wachstum) und -Abgabe (Verrottung) ein. Holzprodukten bleibt der Kohlenstoff über viele Es wird also kein zusätzlicher Kohlenstoff gebunden. Jahre gebunden. In Deutschland sind derzeit ca. Jüngere Wälder binden durch ihr kräftiges Wachs- 118 Mio. Tonnen Kohlenstoff so gespeichert. Durch tum größere Mengen an Kohlenstoff. Große Teile ein Einfamilienhaus in Holzbauweise (mit etwa 30 der deutschen Wälder sind mittlerweile in einem Kubikmetern Holz in der Konstruktion) werden der höheren Alter, in dem das Baumwachstum wieder Atmosphäre dauerhaft über 25 t CO2, durch einen abflacht. Damit sind die Kapazitäten für weitere Dachstuhl aus Holz bis zu 8,4 t CO2 entzogen. 17
Materialsubstitution: Zusätzlich kann Holz Roh- was einen mehrfachen Beitrag zum Klimaschutz stoffe ersetzen, deren Gewinnung und Herstellung bedeutet. in der Prozesskette vergleichsweise mehr Energie benötigen. Diese Materialsubstitution ist damit ein Die Klimaänderung stellt auch die Forstwirtschaft wichtiger Beitrag zur Reduktion von Treibhausgas- vor Herausforderungen. Sie zu erfüllen, ist Voraus- emissionen. Bei der Herstellung und Entsorgung setzung dafür, dass vitale und ertragsstarke Wäl- eines massiven Hauses entstehen im Vergleich zu der auch in Zukunft ihren Anforderungen gerecht einem holzbasierten Haus rund 75 % mehr Kohlen- werden können. Die Wachstumsbedingungen der dioxid und es wird etwa 60 % mehr fossile Energie Baumarten können sich – regional unterschiedlich benötigt. – ändern, z. B. durch veränderte Niederschlags- perioden oder durch veränderte Frost- und Hitze- Energieeinsparung: Holz ist von Natur aus ein perioden. Durch den langfristigen Generations- schlechter Wärmeleiter – und damit ein vorzüg- wechsel können sich unsere langlebigen Wälder licher Dämmstoff. Der Bedarf an Heizenergie im aber nur langsam und schrittweise an das veränder- Winter (Heizöl, Erdgas) sowie an Kühlenergie im te Klima anpassen. Daher werden regionale Voraus- Sommer (Strom) kann damit enorm reduziert wer- sagen zu Klimaänderungen als Entscheidungshilfen den, bei Neubauten wie bei Altbausanierungen. Zu für eine Baumartenwahl bei der Verjüngung und einem deutlichen Beitrag zum Klimaschutz kommen für eine zielgerichtete Durchforstung benötigt. Die noch mehr Lebensqualität und gesünderes Wohnen Klimaprognosen sind aber noch mit großen Unsi- hinzu. cherheiten behaftet. Auch erschweren nicht vorher- gesehene Wechselwirkungen zwischen Klima und Energiesubstitution: Die Energieerzeugung aus z. B. Schaderregern die Entscheidung über Anpas- Holz – meist Rest- oder Altholz – ersetzt fossile sungsmaßnahmen. Brennstoffe. Es gelangt nur der Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre, der zuvor durch die heranwach- Die Schwierigkeiten werden am Beispiel der Fichte senden Bäume gebunden wurde (CO2-Kreislauf). Der deutlich. Die Fichte ist in Deutschland der häufigste in Kohle, Öl und Gas gebundene Kohlenstoff bleibt Waldbaum und wirtschaftlich besonders bedeut- dort weiter erhalten. Die Energiesubstitution leistet sam. Weil die Fichte schnell wächst, wird sie vieler- so einen direkten Beitrag zur Vermeidung von Treib- orts außerhalb ihrer natürlichen Standorte ange- hausgasemissionen. Werden Holzerzeugnisse erst baut. Fichten gelten jedoch als anfällig gegenüber nach ihrer Nutzung in Holz- oder Papierprodukten Wärme, Trockenheit und Windwurf sowie indirekt energetisch verwendet (Kaskadennutzung), folgt die dem dadurch zunehmenden Borkenkäferbefall. Da- Energiesubstitution auf eine Materialsubstitution, her lohnt sich in manchen Regionen der Anbau von 18
Gefördert wird die Schutzkalkung von Waldböden. Verkehrswege zerschneiden unsere Wälder. Fichten wegen geänderter klimatischer Bedingun- Landschaftsnutzung und gen bereits heute kaum noch. In Zukunft dürfte dies Waldflächen noch mehr Regionen betreffen. In der Vergangenheit wurden viele öffentliche und Eine größtmögliche Anpassungsfähigkeit der Wald- private Bauvorhaben (Straßen, Siedlungen und In- bestände verringert die Anfälligkeit des Waldes. dustrieanlagen) in Waldgebiete gelegt. Dies hat vor Daher sollte der Wald vielfältig strukturiert werden allem in den dicht besiedelten und ohnehin waldar- durch eine Vielfalt an Baumarten mit ihren unter- men Gebieten Deutschlands zu einer Reduzierung schiedlichen Eigenschaften. So sind Buche, Kiefer der vorhandenen Waldfläche geführt. Außerdem und Douglasie im Vergleich zur Fichte widerstands- wurden große zusammenhängende Wälder durch fähiger gegen Trockenheit und Wärme. Auch ist der Straßen-, Schienen- und Leitungstrassen zerschnit- Klimawandel nur einer unter mehreren Stressfakto- ten und in immer kleinere Waldflächen zerstückelt. ren für den Wald. Belastungen durch Luftverunrei- nigungen können durch den Klimawandel verstärkt Gleichzeitig wuchs der Waldanteil vor allem im werden. Deswegen sollten waldbauliche Maßnah- ländlichen Raum durch Aufforstung und natürliche men den Aufbau stabiler, gemischter und vielfältiger Wiederbewaldung von Flächen, die aus der land- Wälder fördern, um eine Risikominimierung und wirtschaftlichen Nutzung ausgeschieden sind. -verteilung zu erreichen. Zudem sind Maßnahmen abzuwägen hinsichtlich ihrer Zielsetzungen und Ziel einer verantwortungsvollen, zukunftsorientier- möglicher Konflikte zu anderen Waldfunktionen wie ten Flächennutzungs- und Forstpolitik muss es sein, Nutzfunktionen und Schutzfunktionen. Der derzeiti- nicht nur den Waldanteil insgesamt zu erhalten und ge Kenntnisstand und die vielfältigen standörtlichen zu erhöhen, sondern vor allem die dicht besiedelten Bedingungen und Anforderungen an die Wälder er- Bereiche unseres Landes vor weiteren Rodungen lauben keine abschließende Bewertung der Entwick- und Waldzerschneidungen zu bewahren. Denn lung und keine starren waldbaulichen Vorgaben. gerade in den Ballungsgebieten kommt den Leistun- gen des Waldes im Rahmen seiner Schutzfunktionen (z. B. Wasser-, Lärm-, Lawinenschutz) und für die Erholung eine besondere Bedeutung zu. 19
Zum Wald gehört das Wild Damwild Schwarzwild Die Entwicklung des Jagdrechts Ausgelöst durch die Revolution von 1848 wurde in Deutschland das Jagdregal abgeschafft. Von nun In der Vorzeit war die Jagd eine der Hauptnahrungs- an stand jedem Grundbesitzer auf seinem Grund quellen des Menschen. und Boden das Jagdrecht zu. Allerdings führte die Bejagung auf allen Flächen, egal wie groß und ohne Als die Menschen sesshaft wurden, verlor die Jagd Rücksicht auf den Wildbestand insgesamt, bald zu ihre Vorrangstellung, blieb aber wichtige Lieferan- einem dramatischen Rückgang der Wildbestände. tin von Nahrung und Gebrauchsgegenständen. Das Um ein Verschwinden der Wildbestände zu verhin- Recht des freien Tierfangs galt weiterhin. Ab 800 dern, wurde das Jagdrecht in fast allen deutschen n. Chr. wurden von den Königen und in ähnlicher Ländern neu geregelt (u. a. Reviersystem mit Min- Weise auch von der Kirche große Waldgebiete zu destgröße der Jagdbezirke, Jagdgenossenschaften, Bannforsten erklärt, in denen sie sich die Jagd vorbe- Schonzeiten, Wild- und Jagdschadensersatz) und da- hielten und die Verletzung ihres Vorrechts bestraf- mit die zentralen Pfeiler des deutschen Jagdsystems ten. In den zwischen den Bannforsten gelegenen festgelegt. In den 1920er Jahren wurde die Jagdaus- Allmenden, die Gemeineigentum der Bevölkerung übung – ausgehend von den bestehenden Jagdrevie- waren, konnten die Bauern zunächst noch frei jagen, ren mit einem verantwortlichen Jäger (Eigentümer aber auch hier wurden sie im Laufe der Zeit von der oder Pächter) – dem Primat der Wildhege und des Jagdausübung verdrängt. Tierschutzes im Interesse der Allgemeinheit unter- geordnet. Durch das Reichsjagdgesetz von 1934 und Im 16. Jahrhundert brachte das Schwinden der kö- die gleichzeitige Aufhebung von 17 Landesjagdge- niglichen Gewalt ein Machtwachstum der Landes- setzen wurde erstmals ein einheitliches Jagdrecht fürsten, die das Jagdrecht für sich allein in Anspruch für Deutschland erlassen. nahmen (Jagdregal). Die Bauern durften auf ihren Flächen nicht mehr jagen und hatten auch keinen Heute findet die Jagd in Deutschland ihre rechtliche Anspruch auf Ersatz von Schäden, die das Wild Grundlage im Bundesjagdgesetz, ergänzt durch anrichtete (Wildschäden), oder Schäden, die durch die Bundesjagdzeitenverordnung und die Bundes- Jäger bei der Jagdausübung entstanden (Jagd- wildschutzverordnung. Sie bilden zusammen einen schäden). Rahmen, der durch die einzelnen Landesjagdgesetze und deren Ausführungsbestimmungen konkretisiert wird. 20
In Deutschland ist das Jagdrecht ein an Grund und Boden gebundenes Eigentumsrecht. Es wird von den Grundeigentümern selbst ausgeübt oder verpachtet. Mehr als 80 % der Jagdfläche befinden sich in priva- ter Hand. Das Jagdrecht ist die Pflicht, auf einem bestimmten Gebiet Wildtiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu hegen und die Befugnis, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Nicht alle Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, werden auch bejagt. Greifvögel, Luchs, Wildkatze, Fischotter, Auer- und Haselwild sind z. B. ganzjährig geschont. Die Hegeverpflichtung obliegt aber auch bei diesen Arten gleichermaßen dem Jagdrechtsin- haber. Dachs Die beiden tragenden Säulen unseres Jagdwesens sind das so genannte Reviersystem und die dem Inhaber des Jagdrechts auferlegte Pflicht zur Hege. Zur Hege des Wildes sind Grundeigentümer und Jagdpächter durch das Bundesjagdgesetz verpflichtet. Hegepflicht heißt: ó Pflicht zum Erhalt eines artenreichen und gesunden Wildbestandes, ó Pflege und Sicherung seiner Lebensgrund- lagen sowie ó Gefahren (z. B. Wildseuchen) abwehren. Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, vor allem Wildschäden, möglichst vermieden werden. Auerhahn In unserem hoch industrialisierten und dicht be- siedelten Land leisten Jäger damit einen wichtigen Beitrag für das Wild – gleichgültig, ob es aufgrund von Jagdzeiten erlegt werden darf oder aufgrund Reviersystem bedeutet, dass die Jagd nur in von Schonzeiten nicht bejagt werden darf. Die Hege sog. Jagdbezirken (Revieren) ausgeübt werden ist zugleich eingebettet in den allgemeinen Biotop- darf. Vom Grundsatz her erfasst das Bundesjagd- und Artenschutz. Maßnahmen der Revierinhaber gesetz dabei alle Grundflächen in Deutschland zur Lebensraumverbesserung, wie z. B. das Anlegen und teilt sie in Jagdbezirke ein, so dass ein von Hecken, Streuobstwiesen oder Feuchtbiotopen, flächendeckendes System von Revieren besteht. dienen nicht nur dem jagdbaren Wild, sondern Das Reviersystem begründet so eine konkrete kommen auch vielen anderen Tier- und Pflanzenar- örtliche Zuständigkeit und die persönliche ten zugute. So profitiert beispielsweise die Wildkatze Verantwortung der Jagdausübungsberechtig- von Lebensraumberuhigungen in Rotwildgebieten. ten (Grundeigentümer und Jagdpächter) für ihr Ohne das ehrenamtliche Engagement der Jägerin- Revier. Es gewährleistet zudem eine Wildbewirt- nen und Jäger für die Natur müssten diese Aufgaben schaftung/ein Wildtiermanagement auf wild- vom Staat wahrgenommen werden. biologisch vernünftigen Flächengrößen. 21
Mit Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. Sep- Wenn die Schalenwildbestände (Rot-, Dam-, Reh- tember 2006 ist die Zuständigkeit für die Jagdgesetz- wild; Wildschweine) zu hoch sind oder diese zu gebung zwischen Bund und Ländern neu geordnet häufig gestört werden, verursachen die Tiere Schä- worden. Der Bund braucht sich nun nicht mehr auf den im Wald und auf landwirtschaftlichen Flächen. Rahmenvorschriften zu beschränken, sondern kann Betroffen davon sind nicht nur die wirtschaftlichen detaillierte Regelungen erlassen. Gleichzeitig räumt Interessen der Land- und Forstwirte. Auch das natür- die Föderalismusreform den Ländern ein umfang- liche Verjüngungspotenzial des Waldes und das Ziel reiches Abweichungsrecht ein. Nur das Recht vielfältiger, naturnaher und klimastabiler Wälder der Jagdscheine bleibt ausschließlich dem Bund kann beeinträchtigt werden. Eine konsequente vorbehalten. Erfüllung der Abschusspläne unter Berücksichti- gung einer biologisch angemessenen Alters- und Geschlechterstruktur des Wildes und der waldbau- Wildschäden am Wald lichen Erfordernisse ist hierfür ebenso wichtig wie eine Verbesserung der Lebensbedingungen des Wildschäden durch Schalenwild können im Wald Wildes. entstehen ó durch Verbiss an Keimlingen, Knospen und Trie- Eine der Ursachen für das Entstehen von Wild- ben (vor allem durch Rehwild), schäden ist die Beunruhigung des Wildes, das sich ó durch Fegen (Hirsche und Rehböcke reiben ihr als Reaktion darauf in ruhige Ecken des Einstands- Geweih an jungen Waldbäumen), gebietes zurückzieht. Untersuchungen belegen, dass ó durch Schälen (Rot-, Dam-, Muffel- und Sikawild die Wildschäden in Gebieten mit starkem Besucher- äsen Rinde und freiliegende Wurzeln jüngerer verkehr (Spaziergänger, Jogger, Mountainbiker, Pilz- Bäume). sammler usw.) bei gleichen Wildbeständen bis zu dreimal höher sein können als in ruhigen Regionen. Daher gilt es, in der Zukunft vor allem in Problem- zonen neben einer Wildbestandsregulierung auch Maßnahmen zur Lebensraumberuhigung (Wege- gebot, Leinenzwang für Hunde usw.) durchzufüh- ren. Darüber hinaus werden Wildschäden von weite- ren Faktoren wie z. B. der Witterung, der Verteilung des Wildes und den Schwankungen der natürlichen Lebensbedingungen beeinflusst. Nach dem Bundesjagdgesetz darf Schalenwild, mit Ausnahme von Schwarzwild, nur im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden. Die wichtigsten Grundlagen für den Abschussplan sind der Zustand Rehbock der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung, und die körperliche Verfassung des Wildes. Insgesamt gehen die Wildschäden zwar zurück, re- gional gibt es jedoch zum Teil erhebliche Probleme durch Verbiss- und Schälschäden. Schalenwild Alle Huftiere mit gespaltenen Klauen (Schalen), Gezielte waldbauliche Maßnahmen zur Lebens- die dem Jagdrecht unterliegen, heißen in der raumverbesserung des Wildes (Äsung, Einstand), die Jägersprache Schalenwild. Zum Schalenwild Anpassung der Wildbestände an die waldbaulichen gehören die Hirschartigen (Rot-, Dam-, Sikawild, Erfordernisse und die Lenkung des Erholungsver- Rehe), die Rinderartigen (Gemsen, Steinbö- kehrs (Wildruhezonen) sind der richtige Weg, den cke, Wildschaf/Mufflon) und die Wildschweine alle Betroffenen gemeinsam gehen müssen. So wer- (Schwarzwild). den stabile, gesunde Mischwälder aufgebaut und gleichzeitig der Bestand unserer im Wald lebenden wiederkäuenden Schalenwildarten gesichert. 22
Die Forstwirtschaft – Verantwortung für viele Generationen Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Vor dem Eine weitere Besonderheit in der Forstwirtschaft ist Hintergrund knapper fossiler Rohstoffe aus krisen- das dort bereits vor langer Zeit eingeführte Prinzip gefährdeten Regionen der Erde leistet die Waldnut- der Nachhaltigkeit, das seit der Konferenz für Um- zung in Deutschland einen wichtigen Beitrag zur welt und Entwicklung (UNCED) der Vereinten Nati- Zukunftssicherung unserer Volkswirtschaft. Holz ist onen 1992 in Rio de Janeiro verstärkt Berücksichti- ein wertvoller Rohstoff und einheimischer Energie- gung in anderen Lebens- und Wirtschaftsbereichen träger, der angesichts deutlich steigender Energie- findet. Darunter versteht man das Ziel, andauernd preise eine ungeahnte Renaissance erfährt. und optimal die vielfältigen ökonomischen, ökolo- gischen und sozialen Leistungen des Waldes zum Der Wald in Deutschland und die Wälder der Erde Nutzen der gegenwärtigen und zukünftigen Gene- haben eine weitreichende Bedeutung für nahezu rationen sicherzustellen. Entstanden ist die Idee der alle Bereiche unseres Lebens, für Rohstoff- und Ener- Nachhaltigkeit in Mitteleuropa, als sich zum Ende gieversorgung, Ernährung, Arbeit, Klima, Wasser des Mittelalters die Holzknappheit verschärfte und und Boden, Pflanzen- und Tierarten, Naturerleben, schließlich zur Ausplünderung und Zerstörung der Erholung und Kultur. Wälder führte. Das Nachhaltigkeitsprinzip bezog sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch vorran- Auch die Wälder in Sibirien, am Amazonas, auf den gig auf die stetige Holznutzung. Seit Anfang des indonesischen Inseln und im Kongobecken sind 20. Jahrhunderts, vor allem seit Ende des Zweiten nicht nur für die dort lebenden Menschen von Be- Weltkrieges, beinhaltet dieser Grundsatz auch das deutung, sondern auf vielfältige Weise untrennbar Streben nach der optimalen und dauerhaften Ge- mit uns, unserer Umwelt und unserer Lebensqualität währleistung sämtlicher Funktionen des Waldes. verbunden. Der Waldbau macht es möglich Oberstes Prinzip: – nachhaltige Waldwirtschaft Die Nachhaltigkeit Aufgabe des Waldbaus ist es, den Wald so zu bewirt- Durch die langen Produktionszeiträume, das exten- schaften, dass alle seine vielfältigen Leistungen dem sive Wirtschaften auf großer Fläche, die Abhängig- Menschen dauerhaft nutzbar bleiben. Die Vielzahl keit von den natürlichen Standortbedingungen der vom jeweiligen Standort und Waldbesitzer (Boden, Klima usw.) und die Störung durch Natur- abhängigen forstlichen Betriebsziele führt auch ereignisse (Stürme, Schnee- und Eisbruch, Insekten) zu einer Vielfalt von waldbaulichen Verfahren und unterscheidet sich die Forstwirtschaft von anderen Waldbildern. Produktionszweigen. 23
Im Waldbau gibt es keine schematischen Verfah- Diese Bewirtschaftungsidee hat befruchtend auf rensregeln, die überall gelten. Es regiert vielmehr andere waldbauliche Verfahren gewirkt. das „Gesetz des Örtlichen“, d.h. die lokalen Standort- bedingungen. Dabei werden heute im Allgemeinen Durch die unterschiedlichen Waldbaumethoden folgende Grundsätze angestrebt: werden unterschiedliche Strukturen geschaffen und ó Erhaltung und Aufbau strukturreicher Misch- die Vielfältigkeit im Wald erhöht. Um diese zu unter- wälder, stützen, wurde im Jahr 2007 die nationale Bio- ó Anbau standortgerechter Baumarten und diversitätsstrategie im Bundeskabinett verabschie- Herkünfte, det. Die Biodiversität, das heißt Vielfalt der Ökosys- ó Nutzung der Naturverjüngung, wo Boden und teme, Vielfalt der Arten und die genetische Vielfalt Vorbestand es zulassen, innerhalb der Arten, ist ein Ergebnis einer lange ó weitgehender Verzicht auf Kahlhiebe, zurückreichenden evolutionären Entwicklung und ó möglichst stufiger Waldaufbau zur vollen gleichzeitig Voraussetzung für deren Weiterentwick- Ausnutzung des Boden- und Luftraums, lung und Anpassung an sich verändernde Bedingun- ó dem Einzelbestand angepasste Pflegeintensität, gen in der Zukunft. Diese gilt es auch im Wald zu ó bestandsschonende Holzernte, erhalten. ó Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Beim derzeitigen Trend zur naturnahen Waldwirt- schaft entstehen mehr Mischwaldbestände mit Das in Deutschland dominierende waldbauliche hohem Naturverjüngungsanteil und langen Verjün- System ist der Hochwald. Dabei erfolgt am Ende gungszeiträumen. Auf Kahlschläge wird weitgehend eines langen Produktionszeitraumes von 80 bis zu verzichtet. 200 Jahren und länger, je nach Baumart, eine einzel- stammweise bis kleinflächige Nutzung. Die Verjün- gung durch natürliche Aussaat der Altbäume oder Zertifizierung nachhaltiger durch gezielte Saat und Pflanzung kann dabei auch Waldwirtschaft 30 Jahre dauern und einen gleitenden Übergang zur nächsten Waldgeneration bringen. Eine Sonderform Zur Eindämmung der anhaltenden Zerstörung von des Hochwaldes ist der Plenterwald. Hier stehen Wäldern vor allem in den Tropen sind die nachhal- Bäume unterschiedlichsten Alters nebeneinander. tige Waldbewirtschaftung und der legale Holzein- Die Verjüngung findet hierbei mehr oder weni- schlag unverzichtbare Voraussetzungen. ger kontinuierlich statt. Im Plenterwald wird eine einzelstammweise Nutzung durchgeführt. In den Um hierfür ein klares Signal zu setzen, hat die Bun- dadurch entstehenden Freiräumen kann sich die desregierung am 17.01.2007 die Beschaffungsrege- bereits vorhandene Naturverjüngung entwickeln. lung des Bundes für Holzprodukte erlassen. Damit müssen sämtliche durch die Bundesverwaltung beschafften Holzerzeugnisse nachweislich aus um- weltgerechter, sozial verträglicher und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen (siehe auch: www. bmelv.de, Suchbegriff: Holzbeschaffung). Als Nachweis werden derzeit die Zertifikate des PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Cer- tification Schemes) und des FSC (Forest Stewardship Council) sowie vergleichbare Nachweise im Einzel- fall akzeptiert. Die Regelung bietet den Zertifizie- rungssystemen einen Anreiz, ihre Anforderungen weiterzuentwickeln. Wenn sich diesem klaren Signal noch weitere öffentliche Verwaltungen, die Wirtschaft sowie Verbraucherinnen und Verbraucher anschließen und vermehrt zertifizierte Holzprodukte nachfragen würden, könnte das auch über unsere Landesgren- zen hinaus Anreize für die Unterstützung nach- haltiger Waldwirtschaft geben. 24
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