VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN

Die Seite wird erstellt Hannelore Wenzel
 
WEITER LESEN
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus

Nicht Öl, heisses Wasser                                            Augen auf und rief: ‚Das Wasser ... das Wasser ist ja
wurde gefunden                                                      ganz warm. Das geht nicht mit rechten Dingen zu.‘
                                                                    Sekunden später murmelte er: ‚Ihr wißt ja gar nicht,
                                                                    wie angenehm das ist. Kommt doch und badet mit
Sage und Mythos                                                     mir.‘
                                                                    Er kletterte aus dem Loch, kleidete sich aus und
Einer alten Sage zufolge, so schreibt Johann Schleich               sprang in der Unterhose wieder hinein. Zwei andere
in seinem Buch über heilende Wasser, Heilquellen,                   folgten ihm. Sie gingen in die Hocke und genossen das
Heilbrunnen und Thermen, soll es in Loipersdorf                     warme Wasser. Später eilten alle nach Hause, um von
heiß aus dem Boden gedampft haben. „Dort, wo sich                   dem Erlebnis zu berichten.
heute der Parkplatz der Therme Loipersdorf befindet,                Am nächsten Morgen polterten die Fäuste des Karl
stand einst eine hohle Linde. Bei dieser Linde sah                  Schleninger gegen das Tor seines Nachbarn. Als ihm
man ein schwarzes Männlein mit glühend roten Au­                    aufgemacht wurde, eilte er zu seinem Freund und
gen auf glühenden Kohlen sitzen. Ringsum dampfte                    sagte: ‚Ein Wunder ist geschehen! Ein echtes Wunder.
und qualmte es heiß aus dem Boden. Erst viele, viele                Ich hatte gestern abend und heute nacht zum ersten­
Jahrzehnte später fand man dort das heiße Thermal­                  mal nach vielen Jahren nicht mehr meine Rheumabe­
wasser.“619                                                         schwerden. Ich kann mir auch denken warum: Wir
Noch mystischer als die zitierte Sage liest sich ein                haben eine Wunderquelle entdeckt ...’“
Artikel von Hademar Bankhofer in der Zeitung                        In diesem Stil geht der Bericht über eine ganze Zei-
HEIM und WELT aus dem Jahr 1977, der in der um-                     tungsseite. Nach HEIM und WELT hätten auch Me-
fang- und aufschlussreichen Sammlung von Franz                      diziner und die Gemeindeväter von der heiltätigen
Kowald enthalten ist. Titel des Zeitungsartikels:                   Quelle erfahren, die Nachricht hätte sich schließlich
„Sensationelle Heilerfolge durch eine Zufallsent-                   über Fürstenfeld hinaus verbreitete. Der Zustrom
deckung. Die Quelle mit dem Wunderwasser“.                          zur Quelle sei immer größer geworden, hunderte
Wie soll nun das sensationelle Wasser in Loipers-                   Meter lange Menschenschlangen hätten sich gebil-
dorf entdeckt worden sein?                                          det, Gendarmen sollen eingesetzt worden sein, um
„Die Sonne brannte auf die Felder rund um Loipers­                  Ordnung in das Gedränge zu bringen.
dorf bei Fürstenfeld, als ein paar Bauern gemeinsam                 „Die österreichische Gemeinde Loipersdorf bei Fürs­
daran gingen, eine Zufahrtsstraße zu einigen Äckern                 tenfeld in der Steiermark gleicht einem Wallfahrts­
zu schaffen. Sie hieben mit Spitzhacken fest ins Erd­               ort. Männer und Frauen reisen mit Autobussen und
reich und dachten sich dabei weiter nichts. Plötzlich               Privatwagen an. Sie schieben Holzkarren vor sich
schrie einer: ‚Hier ist eine Quelle!‘ Aus dem Erdreich              her oder tragen Plastikkanister auf dem Rücken. Sie
quoll Wasser hervor. E[s] sprudelte regelrecht, weil                alle holen sich ‚Wunderwasser‘ und hoffen, mit dem
es viel Kohlensäure enthielt. Die Landwirte waren                   köstlichen Naß von Schmerzen und Leiden befreit zu
sich nicht im Klaren, was sie da für eine Entdeckung                werden.“
gemacht hatten. Sie gruben rund um die Quelle ein                   Letztendlich werden noch „wunderbare Heilungen
Loch, damit das Wasser eingefangen werden konnte,                   an der Quelle von Loipersdorf“ angeführt:
und überlegten, ob man damit nicht einige Felder                    Ein junges Mädchen, das seit frühester Kindheit
künstlich bewässern sollte.                                         an Rheuma gelitten hatte, habe siebenmal im Loi-
Da trat einer der Männer zu nahe an das frisch gegra­               persdorfer Wasser gebadet und sei „kerngesund“
bene Becken, glitt auf der nassen Erde aus und fiel                 geworden. Theresia Ferstl aus Neubrennten soll
ins Wasser. Zuerst fluchte er. Dann riß er erstaunt die             einen Monat lang täglich das Wasser gegen Kreuz-
                                                                    schmerzen angewendet haben und fühlte sich wie
619 Johann Schleich, Heilende Wasser. Heilbründl, Heilquellen und   neugeboren. Josef Fritz aus Brunnfeld hätte angeb-
    Thermen in der Oststeiermark (Graz – Wien – Köln 1977) 94
    – 95.                                                           lich zweimal seine Badewanne angefüllt und da-

                                                                                                                            313
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
ungerecht. Die Natur schenkt dieses wunderbare Was­
                                                               ser den Menschen. Da werden dann im Kurzentrum
                                                               Menschen mit den Kräften der Natur geheilt. Und die
                                                               Erfolge wird die Medizin für sich buchen. Das will mir
                                                               nicht in den Kopf...“620

                                                               Suche nach Rohöl
                                                               Im Februar 1972 richtete die Rohoel-Gewinnungs AG
                                                               ein Schreiben an die Gemeinde Loipersdorf, in dem
                                                               Folgendes zu lesen war: „Wie wir Ihnen bereits tele­
                                                               fonisch mitgeteilt haben, hat die Rohoel-Gewinnungs
                                                               AG die Absicht im Gemeindegebiet Loipersdorf, in
                                                               der Ortschaft Neuprenten die Tiefbohrung Binderberg
                                                               1 abzuteufen. Als Zufahrt soll die Gemeindestraße
                                                               abzweigend in Jennersdorf von der Bundesstraße
                                                               50 über Grieselstein-Schaffergraben zur burgenlän­
                                                               disch-steirischen Grenze und von hier in Richtung
                                                               Loipersdorf über die Hartberger-Gemeindestraße bis
                                                               zu einem in Bau befindlichen Güterweg benutzt wer­
                                                               den.“ Hauptproblem waren die Zufahrtsstraßen für
                                                               die schweren Bohrgeräte – das Eigengewicht des
                                                               Fahrzeuges mit der Bohrwinde betrug 37.800 kg
                                                               – kritische Stellen waren die Brunnfeldbrücke, die
                                                               13%ige Steigung nach Hartbergen und die Zufahrt
                                                               zur Bohrstelle in Neubrennten.621 Welche Absicht
                                                               stand dahinter? Aus einer Niederschrift der Berg-
                                                               hauptmannschaft Graz: „Mit der Aufschlußbohrung
                                                               soll die auf der südburgenländischen Schwelle zwi­
                                                               schen dem Fehringer und Fürstenfelder-Becken im
                                                               Westen und dem Westungarischen Becken im Osten
      Rohoel-Gewinnungs AG an die Gemeinde Loipersdorf 1972    gelegene durch die Reflexionsseismik der Rohöl-Ge­
      (Gemeinde Loipersdorf)                                   winnungs AG. nachgewiesene Struktur Binderberg in
                                                               ihrem Scheitelbereich auf ihre Gas- und Ölführung
                                                               untersucht werden. Von besonderem Interesse sind
      durch sein Rheuma überwunden. Karl Tschandl              hiebei die Basisschichten des Tertiärs, vor allem der
      habe zwei Wochen lang täglich seine Beine im Was-        Badener Serie und die der karpatischen Serie. Mögli­
      ser gebadet und sei dadurch die Knieschmerzen            cherweise ist auch der Beckenuntergrund[,] der vor­
      los geworden. Er fürchtete bereits, im Rollstuhl zu      wiegend aus paläozoischen Gesteinen besteht[,] von
      enden. Seiner Frau Maria Tschandl habe das Wasser        ölgeologischem Interesse. Die Bohrung soll bis zum
      gegen Beinschwellung und Krampfadern geholfen.           Grundgebirge niedergebracht werden. Die Tiefenlage
      Dem Briefträger Gustl Kainfeld schließlich sei bei       des Grundgebirges ist bis jetzt noch nicht eindeutig
      einem Bandscheibenleiden Hilfe zuteil geworden.          festgestellt. Sie wird eine voraussichtliche Teufe von
      Als man daran gegangen sei, eine Therme zu er-           2.200 m erreichen.“622
      richten, sei bei den begeisterten Menschen rundum
      große Ernüchterung eingetreten. Dr. Wagner wird
                                                               620 Hademar Bankhofer, HEIM und WELT 1977 (Sammlung Franz
      zitiert: „Ich kann verstehen, daß die Leute enttäuscht       Kowald).
      waren. Aber das Heilwasser wird weiter fließen und       621 Gemeindeamt Loipersdorf, Schreiben der Rohoel-Gewinnungs
                                                                   AG an die Gemeinde Loipersdorf, 10.2.1972 (die Rechtschrei-
      noch eine Zeitlang gratis abgegeben werden, wenn wir         bung entspricht dem Original) sowie Niederschrift einer Be-
      an der zweiten Bohrstelle arbeiten.“ Ein alter Bewoh-        sprechung im Gasthaus Raffel in Jennersdorf am 16.2.1972.
                                                               622 Gemeindeamt Loipersdorf, Niederschrift der Berghauptmann-
      ner von Loipersdorf soll gesagt haben: „Ich finde es         schaft Graz, aufgenommen in Jennersdorf, 22.3.1972.

314
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                                   Nicht Öl, heißes Wasser wurde gefunden

Geologisches Profil durch das Fürstenfelder Becken (Hilmar Zetinigg, Die Mineral- und Thermalquellen der Steiermark [mit 8 Ta-
bellen, 17 Tafeln und 1 Karte im Anhang, Mitteilung Abt. Geol. und Paläont. Landesmuseum Joanneum, Heft 50/51, Graz 1992/93]
347)

Im Juni 1972 traf ein Bohrtrupp der Rohoel-Gewin-                  „Ausdünnung der Erdkruste“ und wasserleitende
nungs AG in Loipersdorf ein und begann auf dem                     bzw. wasserspeichernde Schichten.623
Binderberg in Neubrennten eine Bohrstelle einzu-
richten. Die Bohrwinde und der Drehtisch wurden
von je einem Dieselmotor mit 175 PS angetrieben,
für das Stromaggregat stand ein Steyr-Dieselmotor
mit 90 PS zur Verfügung. Ziel der Bohrung war das
Aufspüren von Erdöl- oder Erdgasvorkommen. Die
Bohrarbeiten mit dem Bohrturm „Rampler Big 7“
begannen am 18. Juni. In Tag- und Nachschichten
wurden die Arbeiten vorangetrieben.

Thermalwasser – „weißes Gold“
für Loipersdorf
                                                                   Luftaufnahme der Bohrstelle (Foto Langhans)
Weder Erdöl noch Erdgas konnten gefunden werden
– in 1.100 Metern Tiefe stieß man jedoch am 10.
Juli auf 62 Grad heißes Wasser – „weißes Gold“                     623 Pozarnik Herbert, Physiogeographische Darstellung des Ost-
für Loipersdorf. Zwei Grundvoraussetzungen zur                         steirischen Riedellandes zwischen Rittschein – Lafnitz – Raab
                                                                       (Naturwissenschaftl. Diplomarbeit, Graz 1995) 31–32 sowie
Nutzung des Thermalwassers waren gegeben: Eine                         Gemeinde Loipersdorf, Niederschrift der Berghauptmann-
                                                                       schaft Graz in Jennersdorf, 22.3.1972. Die wasserführenden
                                                                       Schichten bestehen aus Kies, Sand und Ton und stammen aus
                                                                       der so genannten „tertiären Beckenfüllung“.

                                                                                                                                       315
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
Bohrstelle am Binderberg (VS Loipersdorf)

      Bohrstelle am Binderberg (VS Loipersdorf)             Bohrstelle am Binderberg (Tourismusverband Loipersdorf)

      Die Bohrung Loipersdorf I (Binderberg) liegt im Be-   In 1.700 Metern stieß man auf eine gasführende
      reich der Senke von Weichselbaum (Burgenland),        Schichte (CO2). Durch die zu geringe Spülung wurde
      die die Südburgenländische Schwelle unterbricht       die Bohrung „ausgeblasen“. Dies wurde als Ausfluss
      und diese in einen südlichen und nördlichen Teil      von Schnee und Eis sichtbar. Damit war man auf das
      gliedert. Ausschlaggebend für das Auffinden von       Vorhandensein von Wasser aufmerksam geworden.
      Thermalwasser war eigentlich ein „Bohrunfall“.        Zunächst gab es jedoch eine hohe CO2-Konzentra-

316
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                                     Nicht Öl, heißes Wasser wurde gefunden

tion, aber nicht genug Wasser.624 Die Bohrung er-                    hauptmann Niederl in der Bezirksbauernkammer in
reichte in 1.645 Metern den paläozoischen Becken-                    Fürstenfeld eine Besprechung des Aktionskomitees
untergrund und wurde in 1.728,70 Metern einge-                       für die Erschließung der Therme Loipersdorf statt.
stellt. Zunächst wurde versucht, Thermalwasser in                    Geleitet wurde sie von Bürgermeister Eder. Die Be-
der karpatischen Schicht zu gewinnen. Dabei stieß                    deutung der Besprechung war durch die Teilnahme
man auf hochmineralisiertes Wasser mit einem be-                     von Landeshauptmannstellvertreter Franz Wegart
sonders hohen Anteil an CO2-Gas. Dieses führte so-                   ersichtlich. Das Aktionskomitee hatte die Aufgabe,
gar zu Eisbildungen am Sondenkopf. Man musste                        die dringend nötigen Vorarbeiten zur Erschließung
daher die Förderung von Thermalwasser aus dieser                     der Therme zu koordinieren. Das Land Steiermark
Tiefe aufgeben und sich auf höhere Bohrschichten                     hatte die Quelle mit dem 4.300 m2 großen Grund-
konzentrieren. Jene Schichte, die schließlich für                    stück gesichert, die wasserrechtlichen Verhand-
das Thermalwasser genützt wurde, liegt in einer                      lungen durchgeführt und die Heilquellengenehmi-
Tiefe zwischen 1.038–1.108 Metern und befindet                       gung eingeleitet. Als vordringliche Ziele wurden
sich damit im Bereich brackischer Schichten aus                      die Ausarbeitung eines Gesellschaftsvertrages, die
der Zeit des Mittelsarmats. Die hier vorhandene                      Gründung einer Betriebsgesellschaft, die Erstellung
höhere Temperatur erklärt sich durch den Aufstieg                    eines Flächennutzungs- und Bebauungsplanes, die
von Wasser und CO2-Gas aus tieferen Schichten des                    Festlegung eines Landschaftsschutzgebietes und
Fürstenfelder Beckens. Das CO2-Gas stammt aus vul-                   die Sicherung der Grundflächen für einen homo-
kanischer Tätigkeit.                                                 genen Ausbau des Kurzentrums festgelegt. Dem
Loipersdorf II (Lautenberg) lag nur 516 Meter ent-                   Komitee wurde das Balneologische Gutachten vor-
fernt und erfasste in einer Tiefe von 1.097–1.172                    gelegt, das die vorzügliche Qualität des Thermal-
Metern die gleichen wasserführenden Schichten wie                    wassers belegte. Vorsitzender des Aktionskomitees
die erste Bohrung. Die beiden Bohrungen erfassen                     wurde LAbg. Schrammel, Bürgermeister Eder sein
sich daher gegenseitig bei der Wasserentnahme.                       Stellvertreter. Die Wasserzusammensetzung ergab
Insgesamt ergibt das Bohrprofil folgende Gliede-                     eine solehaltige Therme, ähnlich jener von Moravce
rung:                                                                (heutiges Slowenien, damals Jugoslawien) mit einer
     0–358,4 m . . . . . . . . . . Unterpannon,                      Schüttung von 84 m3/Tag. Es ist dies eine Natrium-
     bis 1.092,3 m  . . . . . . . Sarmat,                            Chlorid-Hydrogencarbonat-Therme mit meerwas-
     bis 1.224 m . . . . . . . . . Badener Serie,                    serähnlicher Zusammensetzung (6 % Salzgehalt),
     bis 1.645,4 m  . . . . . . . Karpatische Serie ,                geeignet, um Frauenleiden und Bewegungskrank-
     bis 1.728,7 m  . . . . . . . Paläozoikum.625                    heiten zu behandeln.
Nach genauen Untersuchungen und Überlegungen                         Am 13. Dezember 1972 fand in Loipersdorf eine
entschloss sich die Steiermärkische Landesregie-                     Informationsveranstaltung über die Thermalquelle
rung zusammen mit 11 Gemeinden der Region zur                        statt, bei der Landeshauptmann Niederl und LAbg.
Errichtung eines Heilbades, womit mehrere Überle-                    Schrammel, die Bezirkshauptleute von Fürstenfeld
gungen verbunden waren:                                              und Jennersdorf sowie die Bürgermeister der Be-
• wirtschaftliche          Förderung der struktur-                   zirke Jennersdorf und Fürstenfeld teilnahmen. Um
     schwachen Region,                                               der bald einsetzenden Bodenspekulation Einhalt zu
• Errichtung eines Heilbades mit Ausrichtung auf                     gebieten, wurden entsprechende Schutzmaßnah-
     Rheumatismus, Bewegungskrankheiten und                          men im Umkreis der Bohrstelle getroffen. Der Loi-
     Unfallfolgen, das es im Südosten Österreichs                    persdorfer Gemeinderat fasste die entsprechenden
     nicht gab,                                                      Beschlüsse im November 1972.627 Von der Steier-
• zahlreiche österreichische Touristen besuchten                     märkischen Landesregierung wurden der Beginn
     Bäder im benachbarten Ausland.626                               oder die Weiterführung von Veränderungen, die Er-
Am 17. Jänner 1973 fand über Anregung von Landes-                    richtung von Bauwerken und Anlagen sowie von
                                                                     Freileitungen, die Vornahme von Erdbewegungen
624 Schulchronik VS Loipersdorf, 1971/72 sowie Schleich, Heilende    und der Abbau von Bodenbestandteilen verboten.
    Wasser 94 und Informationen von Dkfm. Dr. Horst Wagner.
625 Hilmar Zetinigg, Die Mineral- und Thermalquellen der Steier-
    mark (Mitteilungen Abt. Geologie und Paläontologie Landes-
    museum Graz, Heft 50/51, Graz 1992/93) 130–136 sowie Franz       627 Grenzlandecho, 8.10.1972, 31.12.1972, 28.1.1973, 11.2.1973,
    Brunner, Die ländlichen Siedlungen des Bezirkes Fürstenfeld          Gemeinde Loipersdorf, Kundmachung vom 20.11.1972. Zur
    (Naturwissenschaftl. Dissertation, Graz 1982) 92–95.                 Wasserqualität: Gemeindeamt Loipersdorf, Abschrift des Bal-
626 Entstehungsgeschichte (Historie – baulicher Rückblick), Infor-       neologischen Gutachtens der Technischen Versuchsanstalt am
    mation der Therme Loipersdorf (o. Datumsangabe).                     Forschungsinstitut Gastein, 30.11.1972.

                                                                                                                                       317
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
Die Umgebung der Thermalquelle wurde zum ge-                      zwei Anteile, Fürstenfeld drei Anteile, Loipersdorf
      schützten Landschaftsteil erklärt.                                vier Anteile) sowie der Gemeinde Unterlamm (Bez.
      Im Juli 1973 wurde ein vierwöchiger Probelauf                     Feldbach, 1 Anteil) und Jennersdorf (Burgenland,
      durchgeführt. Kosten des Probebetriebes: 1,2 Mio.                 2 Anteile). Die konstituierende Sitzung erfolgte am
      öS. Die dabei aus dem Boden schießende Heißwas-                   14. Juli 1975 in der Grazer Burg. Wichtigstes Ziel
      serfontäne erreichte eine Höhe von 30 Metern.628                  war zunächst die Realisierung des Heilbades Loi-
      Nach Ende des Probebetriebes titelte die Kleine Zei-              persdorf in zwei Stufen. In einem ersten Schritt
      tung: „Oststeier: Traum vom neuen Heilbad zerrann“                sollte das Freizeitgelände mit Schwimmbecken,
      Und weiter: „Seit zehn Tagen sind die Schieber zuge­              Thermalhallen- und Thermalfreibad, Liegewiesen,
      dreht, kein Tropfen kommt mehr aus der Tiefe. Der                 Sportanlagen, Sauna und Restaurant entstehen. Da-
      Traum vom Kurort und Heilbad Loipersdorf scheint                  nach sollte der Bau eines Kurmittelhauses mit Ho-
      vorläufig ausgeträumt zu sein. Die Baustelle ist ver­             tel, Kurpark sowie zusätzlichen Restaurants, Hotels
      lassen. ... Die Probezeit ist um, die Schüttung des               und Pensionen erfolgen. Hinsichtlich der Infrastruk-
      Bohrloches entsprach nicht den Erwartungen. 30 Ku­                tur mussten die Wasser- und Stromversorgung, die
      bikmeter pro Tag sind für einen großzügigen Ausbau                Abwasserbeseitigung, der Ausbau der Zufahrtsstra-
      zu wenig.“ Der einzige Arbeiter auf der Baustelle                 ßen, die ärztliche Versorgung sowie gastronomische
      war Karl Ferstl. Er versah noch einen Anwesen-                    und Beherbergungsprobleme gelöst werden. Für die
      heitsdienst. Optimistischer war Bürgermeister Eder.               Erhöhung der Wassermenge und der Thermalwas-
      Er drückte der Zeitung gegenüber aus, dass er die                 serhygiene war eine neue Bohrung vorgesehen.631
      Hoffnung nicht aufgäbe.629                                        Die herrschende Stimmung kann recht gut durch
      Ein vom deutschen Hydrologen Prof. Dr. Stefan                     einen Artikel der Kronenzeitung wiedergegeben
                              ­Jentsch erstelltes Gutachten             werden: „In den Hügeln hinter dem oststeirischen
                              ließ wieder Hoffnung auf-                 Fürstenfeld werden bald die Caterpillar zu dröhnen
                              kommen. Er stellte eine Ver-              anfangen. Aus dem schlichten Bauerndorf Loipers­
                              doppelung der Schüttung                   dorf soll mit Millionenaufwand ein fashionables ‚Bad
                              durch technische Maßnah-                  Loipersdorf‘ gezimmert werden.“ Bedenken wegen
                              men und durch das Anzap-                  der Konkurrenz zu den bereits bestehenden Bä-
                              fen eines weiteren Wasser-                dern in Radkersburg und Bad Gleichenberg wurden
                              stockwerkes in Aussicht.630               laut.632 In einem Zeitungsinterview betonte Dr. Wag-
                                                                        ner, dass das Loipersdorfer Konzept ein gänzlich
      Logo der „Thermalquelle                                           anderes sei und daher Loipersdorf eher zu einer
      Loipersdorf“
                                                                        touristischen Belebung der Oststeiermark als zu ei-
                                                                        ner gegenseitigen Konkurrenzierung führen werde.
                                                                        Das Konzept von Loipersdorf, so Dr. Wagner, trenne
                                                                        die Bereiche Intensivbehandlung und Erholung.633
      Gründung der Gesell­                                              Der damalige Thermengeschäftsführer Dr. Wagner
      schaft „Thermalquelle                                             entwickelte das Konzept nach Studien von Ther-
                                                                        menanlagen in Deutschland und Diskussionen mit
      Loipersdorf“                                                      dem Künstler Stefan Maitz sowie dem Studenten
                                                                        Karlheinz Papst (jetziger Landesdirektor des ORF-
      Im Juni 1975 wurde die Gesellschaft mit beschränkter              Landesstudios Burgenland).
      Haftung „Thermalquelle Loipersdorf“ gegründet,
      deren Geschäftsführer wurde Diplomkaufmann Dr.                    631 Südost Tagespost, 15.10.1975, Grenzlandecho, 5.10.1975, Ent-
      Horst Wagner. 85 % waren im Eigentum des Landes                       stehungsgeschichte (Historie – baulicher Rückblick), Infor-
                                                                            mation der Therme Loipersdorf (o. Datumsangabe), Christine
      Steiermark, 15 % im Besitz der neun Umgebungsge-                      Lind, Zukunftsvisionen der Therme Loipersdorf (Projektarbeit
      meinden (Altenmarkt, Blumau, Stein, Übersbach,                        am Österr. Universitätslehrgang für Tourismuswirtschaft an
      Großwilfersdorf, Ilz mit je einem Anteil, Söchau                      der Wirtschaftsuniversität Wien, eingereicht im April 2000) 42
                                                                            (= Lind, Therme Loipersdorf) sowie Gemeindeamt Loipersdorf,
                                                                            Einladung zur konstituierenden Sitzung der Thermalquelle Loi-
      628 Südost Tagespost, 15.2.1973, 22.7.1973, 2.8.1973, Gemeinde-       persdorf Ges.m.b.H., 7.7.1975, Mitteilung des Gemeindeamtes
          amt Loipersdorf, „Verordnung über die Erklärung der Ther-         Loipersdorf an das Amt der Steiermärkischen Landesregie-
          malquelle Loipersdorf bei Fürstenfeld“, Anhörungsverfahren,       rung, 13.6.1975 bzw. Schreiben der Thermalquelle Loipersdorf
          7.2.1973.                                                         Ges.m.b.H., 4.3.1976 (Anteile der Gemeinden).
      629 Kleine Zeitung, 23.8.1973.                                    632 Kronenzeitung, 13.3.1976.
      630 Südost Tagespost, 1.9.1973.                                   633 Treff Fürstenfeld, April 1976.

318
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                                   Gründung der Gesell­schaft „Thermalquelle Loipersdorf“

Architektenwettbewerb für die                                      ging davon aus, dass dieses Wasser auf zumindest
                                                                   100 Jahre gesichert ist.635
Errichtung der Therme                                              Im Mai 1977 lautete eine Zeitungsschlagzeile: „Die
                                                                   Heilwasser-Sintflut. Bange Frage um das neue Bad
Im Juli 1976 wurden die Ergebnisse des Architek-                   im oststeirischen Loipersdorf: Wird es jemals voll
tenwettbewerbes für die Errichtung der Kuranlage                   ausgelastet sein?“ In diesem Zeitungsartikel wurde
in Loipersdorf im Grazer Landhaus präsentiert. Das                 die Sorge zum Ausdruck gebracht, ob Loipersdorf
Siegermodell stammte vom Architekturbüro ­Ilgerl–                  angesichts fehlender Verträge mit Krankenkassen
Peneff–Walch. Den 2. und 3. Platz belegten die Pla-                in absehbarer Zeit voll ausgelastet sein werde. Ein
nungen von Dipl.-Ing. Elfried Huth (Graz) und Dipl.-               weiterer Grund für die Sorge war das reichhaltige
Ing. Kurt Köfer (Wien). Insgesamt beteiligten sich                 Bäderangebot in der Steiermark. In diesen Bädern
sieben Architekturbüros am Wettbewerb. Die Jury                    könnte man sich gegen vielfältige Leiden behandeln
entschied sich vorwiegend deswegen für das erst-                   lassen. Man berief sich auf die Investitionssumme
gereihte Modell, weil bei diesem die Anbindung der                 von 200 Mio. Schilling und zitierte dazu Landesrat
Hotels an die Therme am besten gelöst war.634                      Franz Wegart: „,Wir haben in Loipersdorf Indikati­
                                                                   onen, über die wir in der Steiermark bisher nicht ver­
                                                                   fügt haben.‘ Eine ‚gmahte Wiesn‘ ist das Loipersdorfer
Die zweite Bohrung auf dem                                         Projekt für Wegart aber trotzdem nicht, denn er sagt
                                                                   im gleichen Atemzug: ‚Wir riskieren Investitionsmittel
Lautenberg                                                         in Höhe von 200 Millionen Schilling.‘ Loipersdorf ist
                                                                   ein Risiko, weil niemand sagen kann, ob das Kurzent­
                           Von März bis Juli 1977                  rum voll genutzt werden kann.“ 636
                           stand auf dem Lauten-
                           berg der 47 Meter hohe
                           Bohrturm der hes-                       Spatenstich für die Therme
                           sischen Firma Hein-
                           rich Angers Söhne, ein                  In Loipersdorf ließ man sich keineswegs durch ir-
                           Spezialunternehmen                      gendwelche Bedenken von den gefassten Plänen
                           für      Tiefbohrungen.                 abbringen: Am 21. September 1977 nahmen Lan-
                           Diese Firma führte ge-                  deshauptmannstellvertreter Franz Wegart und Lan-
                           meinsam mit der Wie-                    desrat Christoph Klauser den Spatenstich für das
                           ner Brunnenbaufirma                     Kurzentrum der Therme Loipersdorf vor.
                           Latzel & Kurscha Ges.                   Die technischen Daten des geplanten Baues:
                           m.b.H. eine Bohrung                     • 10 l/sec Thermalwasser mit einer Temperatur
                           durch. Diese Bohrstelle                     von 61°C,
                           war von der ersten rund                 • 7,5 Gramm Mineralsalze pro Liter,
                           einen halben Kilometer                  • Wärmetauscher und Wärmepumpen gewinnen
                           Luftlinie entfernt. Die                     aus dieser Wassermenge 2,300.000 Kilokalo-
                           Bohrung war erfolg-                         rien für Heizungszwecke,
                           reich: In einer Tiefe von               • umbauter Raum 54.000 m3,

Bohrung auf dem Lautenberg 1.100–1.200       Metern                • zwei Becken im Ausmaß von 600 m2 (davon die
1977 (Familie Urschler)    wurde Thermalwasser                         Hälfte überdacht),
                           gleicher Qualität wie                   • 700 m2 Becken als Schwimmbecken von März
das bis dahin erschlossene gefunden, jedoch 60°                        – Oktober.637
C heiß mit einer Schüttung von 500.000 Litern pro                  Im Juli 1977 erfolgte mit Bescheid des Amtes der
Tag. Die Befürchtungen, das Wasser könnte wieder                   Steiermärkischen Landesregierung, veröffentlicht
versiegen, wurden zurückgewiesen: Die Annahme
                                                                   635 Kleine Zeitung, 19.3.1977, 8.5.1977, Kronenzeitung 6.5.1977,
                                                                       Grenzlandecho, 15.5.1977 (Sammlung Franz Kowald), Informa-
                                                                       tionen der Thermalquelle Loipersdorf, 15.5.1977.
                                                                   636 Kronenzeitung, 12.5.1977.
                                                                   637 Schulchronik VS Loipersdorf, 1977/78, Impuls Fürstenfeld (6.
634 Kleine Zeitung und Kronenzeitung, 17.7.1976 sowie Informati-       Jg., Nummer 2, September 1977), Schleich, Heilende Wasser
    onen von Dr. Horst Wagner.                                         95.

                                                                                                                                      319
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
in der Grazer Zeitung, die Anerkennung als Heil-              ligt. Zum Schutz des Brunnenkopfes wurden klein-
      quelle, und zwar als „Natrium-Chlorid-Hydrogen-               flächige Brunnenschutzgebiete mit einem Radius
      carbonat-Therme“. Die amtliche Bezeichnung dafür              von 5 Metern um die Bohrlöcher festgelegt.
      lautete „Therme Loipersdorf“ und umfasste die Boh-            Eine Untersuchung des Institutes für Anorganische
      rungen Loipersdorf I (Austrittstemperatur 48,6°C)             und Analytische Chemie der Universität Graz vom
      und II (Austrittstemperatur 60°C). Wasserrechtlich            18.2.1976 ergab für Loipersdorf I folgende Wasser-
      wurden die Bohrungen I und II ebenfalls vom Amt               charakteristik:
      der Steiermärkischen Landesregierung 1979 bewil-

         Kationen       mg/kg      mval/kg     mval%       Anionen                         mg/kg         mval/kg          mval%
         Ammonium        11,2       0,097       0,09       Fluorid                           2,76         0,145            0,12
         Natrium        2518        109,5      97,16       Chlorid                          2002          56,47           50,10
         Kalium          66,6        1,70       1,51       Bromid                            5,90         0,074            0,06
         Magnesium       5,94       0,489       0,44       Jodid                             0,31         0,002            0,00
         Calcium         16,2       0,808       0,72       Sulfat                            4,21         0,088            0,07
         Barium          0,72        0,01       0,01       Hydrogenphosphat                0,902          0,019            0,01
         Eisen II        1,86       0,067       0,06       Hydrogencarbonat                 3414          55,95           49,65
         Mangan          0,33       0,012       0,01       Summe                          5430,1          112,7           100,0
         Summe         2621,6       112,7      100,0

      Nicht Elektrolyte:                                                           Inhaltsstoffe, pro kg Thermalwasser:
      freies Kohlendioxid: 335 mg/kg
                                                                     Kationen                mg/kg        mval/kg         mval/%
      Kieselsäure: 30 mg/kg
                                                                     Natrium               2370,00        103,10           97,2
      Borsäure: 45,12 mg/kg
                                                                     Kalium                    47,6          1,22          1,15
      Summe der gelösten festen Stoffe:8113,7 mg/kg
                                                                     Calcium                   12,0          0,60          0,56
                                                                     Magnesium                 3,58          0,30          0,28
      Danach ist das Wasser der Therme Loipersdorf als
      „thermaler Natrium-Chlorid-Hydrogencarbonat-Mi-                Eisen (l+2)               0,29          0,01          0,01
      neralsäuerling“ zu bezeichnen.                                 Spurenelemente           17,03          0,87          0,83
                                                                     Anionen                 mg/kg        mval/kg         mval/%
      Wasserqualität nach einer Analyse erstellt im                  Hydrogen­             3180,00          52,12         49,20
      Auftrag der Therme Loipersdorf durch das Insti-                carbonat
      tut für analytische Chemie der Universität Graz                Chlorid                  1871          52,77         49,82
      von Univ.‑Prof. Dr. K. J. Irgolic, 1996:                       Nitrat                    0,50          0,08         0,008
                                                                     Sulfat                    4,11          0,68          0,08
                                                                     Bromid                     4,9         0,061          0,06
                                                                     Jodid                    0,387         0,003         0,003
                                                                     Fluorid                   16,6          0,87          0,82
                                                                     Spurenelemente           0,265         0,008         0,008

                                                                    Summe der gelösten Inhaltsstoffe: 7530 +/‑10 mg/kg.638

                                                                    638 Die Therme (Infomaterial Therme Loipersdorf, 2005), Gemein-
                                                                        deamt Loipersdorf, Bescheid des Amtes der Steiermärkischen
                                                                        Landesregierung, GZ.: 12–188 Lo 1/104–1977 vom 26.7.1977,
                                                                        Anerkennung als Heilvorkommen (Heimquelle) „Therme Loi-
                                                                        persdorf“.

320
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                          Gründung der Gesell­schaft „Thermalquelle Loipersdorf“

Schaffelbad (Sammlung Kowald)

Eröffnung des Schaffelbades                               besteht. ... Bezüglich
                                                          Unterkünfte für Kur­
1978 war es dann soweit: Das „Schaffelbad“ wurde          aufenthalte müssen
am 14. Juli als erster Teilbetrieb der Therme Loipers-    wir Sie zur Zeit noch
dorf nach zehn Monaten Bauzeit eröffnet. Es gab           enttäuschen: Es exis­
zwei Thermalbecken mit einer Wasserfläche von             tieren solche in nächs­
70 m2 – eines im Freien mit 36°C, das andere über-        ter Nähe erst ab 1980.
dacht mit 38°C. In einer Information der Therme           Es sind jedoch in den
Loipersdorf aus dieser Zeit hieß es: „Sie finden hier     Hotels und Pensionen
eine gemütliche Bauernhausatmosphäre zusammen             der umliegenden Ort­
mit moderner Hygiene und Ozonentkeimung; ein              schaften schöne und
ländlicher Bau ist mit weitgehend ursprünglicher          preiswerte      Zimmer
Einrichtung erhalten geblieben und eine glückliche        vorhanden. Für einen    Logo des Schaffelbades 1983
                                                                                      (Sammlung Kowald)
Mischung zwischen angestammter Architektur und            Zubringerdienst ist
Thermalbadebetrieb gefunden worden. Die im Som­           gesorgt.“
mer relativ offene Anlage präsentiert sich im Winter      In diesem ersten „Schaffelbad“ konnten erste Er-
z. T. als Hallenbad, sodaß ein ganzjähriger Betrieb ge­   fahrungswerte für den Bau wie auch die technische
währleistet ist. Diese Maßnahme wurde auch deshalb        Ausstattung, die verwendeten Materialien (Mari-
gesetzt, weil der Besuch in den ersten Monaten nach       nebronze, säurefester Nirosta und Titan-Stahl), die
der Eröffnung im Sommer 1978 alle Erwartungen             Abkühlung des Thermalwassers, den Energieauf-
übertroffen hat. ...                                      wand und die Entkeimung gewonnen werden. Der
Der Eintritt ins Schaffelbad wurde bewußt mäßig ge­       Beginn des Badebetriebes war sehr einfach, trotz-
halten, er entspricht dem Ergebnis einer Meinungsum­      dem kamen bis zu 600 Besucher täglich.639
frage. Für den mehrfachen Besuch werden überdies er­
mäßigte Blockkarten verkauft, welche gültig bleiben,      639 Information der Therme Loipersdorf (o. Datumsangabe) und
                                                              Entstehungsgeschichte (Historie – baulicher Rückblick) sowie
solange das Schaffelbad in seiner jetzigen Funktion           Informationen von Dr. Horst Wagner.

                                                                                                                             321
VII. THERME LOIPERSDORF - TOURISMUS - NICHT ÖL, HEISSES WASSER WURDE GEFUNDEN
Luftaufnahme des Schaffelbades 1978 (Foto Langhans Fürs-            Schaffelbad 1978 (Deutsch Frieda, Dietersdorf)
      tenfeld)

      Ein Zeitungsartikel im Mai 1979 mit der Schlagzeile                 weber aus Fürstenfeld.643 Der Spatenstich für die bei-
      „Fitness und Rehabilitation in Loipersdorf“ drückte                 den nächsten Hotels – Kowald und Leitner – folgte
      in Kurzform aus, in welche Richtung man in der                      im September 1980.644
      Therme Loipersdorf noch während der Bauarbeiten
      dachte: Ein medizinisches Konzept, für das der ärzt-
      liche Direktor der Stolzalpe, Univ.-Prof. Dr. Buchner,              Die Therme selbst
      gemeinsam mit einem Internisten, einem Physiothe-
      rapeuten und einigen Kurärzten gewonnen werden                      Am 21. September 1979 gab es den Spatenstich und
      konnte, sollte einen optimalen Behandlungserfolg                    zugleich den Baubeginn der Therme. Die Finanzie-
      garantieren. Das zweite Standbein sollten Gesund-                   rung des Projektes: Das Grundkapital betrug 80
      heitsbewusstsein, Freizeiteinrichtungen, die heil-                  Mio. Schilling. Es kam zu 85 % vom Land Steiermark
      kräftige Wirkung der Thermalquelle und das Ange-                    und zu 15 % von den beteiligten Gemeinden. 60 Mio.
      bot einer naturbelassenen Umwelt sein. Loipersdorf                  Schilling waren ein Kredit der Österreichischen Ho-
      sollte kein Ghetto für Kranke sein.640                              teltreuhand (ÖHT). In den folgenden 5 Jahren stellte
      Die Südost-Tagespost schrieb: „Der große Sturm aufs                 das Land Steiermark jährlich 40 Mio. Schilling zur
      kleine „Schaffelbad“. Zitiert wird folgender Spruch                 Verfügung. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 483
      aus dem Gästebuch des Schaffelbades: „Kumman                        Mio. Schilling. 300 Mio. entfielen auf den Thermen-
      bin i mit zwoa Kruckn, hab mi nimma können nieder­                  bau selbst, 150 Mio. flossen in die Infrastruktur
      buckn. Nach 21mal baden bin i gangen kerzengrad!                    (Strom, Telefon, Wasserversorgung ...), der Rest wa-
      Sagt’s mir, wo gibt’s no so a Bad?“ 641                             ren Architektenhonorare.
      Bereits am 20.9.1978 wurde die 25.000ste Be-                        Für die Errichtung von Hotels holte Bürgermeister
      sucherin – Frau Inge Orthofer aus Hausmannstät-                     Eder im Auftrag des Landes Optionen für Grund-
      ten – von LR Wegart begrüßt und erhielt einen Ge-                   stückskäufe ein. Von den Besitzern Fetz, Griesba-
      schenkskorb.642                                                     cher, Strobl, Gollinger und Ferstl wurden insgesamt
                                                                          24 ha zum m2-Preis von öS 47 bzw. öS 50 erwor-
                                                                          ben.
      Die ersten Hotels                                                   Zwei Jahre später, am 24.9.1981, wurde der Ther-
                                                                          menbad-Bereich mit Innen- und Außenbecken sowie
      Im März 1979 erfolgte der Spatenstich zum ersten                    dem Umkleide- und Kabinentrakt mit 78 Kabinen
      Hotel, dem „Thermenhotel Stoiser“. Die Planung                      eröffnet. Es gab einen Zugang über einen Wen-
      stammte ebenfalls vom Architekturbüro Ilgerl–Pe-                    delgang zum Hotel Stoiser. Auch das Hotel Stoiser
      neff–Walch, gebaut wurde es von der Firma Dom-                      wurde damals eröffnet.
                                                                          Die Eintrittspreise betrugen bei der Eröffnung:
      640 Treff Fürstenfeld, Mai 1979.
      641 Südost-Tagespost, 27.4.1979 (Sammlung Franz Kowald).
      642 Information der Therme Loipersdorf, 20.9.1978 und Treff Fürs-   643 Südost Tagespost, 20.3.2979.
          tenfeld, 36. Folge, Oktober 1978 (Sammlung Franz Kowald).       644 Grenzlandecho, 28.9.1980 (Sammlung Franz Kowald).

322
Titel
                                                                     Untertitel

Luftaufnahme der Baustelle vom Juli 1978 (Foto Langhans Fürstenfeld)

Hotelier Franz Stoiser bei der Beckengleiche 1981 (Foto Langhans Fürstenfeld)

                                                                                  323
Einzeleintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . öS 55,–   Franz Fromm unternahmen einen Vorstoß, „damit
           Gruppen ab 15 Personen . . . . . . . . . . . öS 48,–               die ins Kreuzfeuer geratene Therme Loipersdorf rasch
           Zehnerblock  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . öS 480,–    vollendet werde.“ Die Fertigstellung der Therme
           Kindereintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . öS 35,–     wurde als lebenswichtiges Anliegen für den gesam-
           Ermäßigter Eintritt ab 18.30 Uhr . . . . öS 45,–                   ten Bezirk angesehen. In einem Interview mit der
      Die Öffnungszeiten im Schaffelbad waren von 11                          Kleinen Zeitung übte Landeshauptmann Dr. Krainer
      Uhr bis 21 bzw. 21.30 (Sauna), im Thermenbad von                        heftige Kritik an den jeweiligen Verantwortlichen
      9 bis 14 Uhr – Montag und Dienstag Ruhetag.                             für die Kostensteigerungen: an Geschäftsführer Dr.
      Im November 1981 konnte die Tennishalle mit 2                           Horst Wagner und Ing. Udo Matzold sowie an den po-
      Hallenplätzen und den davor gelegenen Freiplätzen                       litisch Verantwortlichen, Landeshauptmannstellver-
      mit einem großen Tennisturnier in Betrieb genom-                        treter Franz Wegart und Landesrat Christoph Klau-
      men werden. In der Zeit zwischen Dezember 1981                          ser. Dr. Wagner und Ing. Matzold wurden schließlich
      und August 1983 wurden schließlich alle übrigen                         als Geschäftsführer abgelöst. In den Zeitungen war
      Bereiche des Kurzentrums in Betrieb genommen.                           die Rede vom „Bauernopfer von Loipersdorf“. In der
      Eine chronologische Abfolge dieser Zeit:                                Glosse der Kleinen Zeitung „Der Auf-Wecker“ gab
      Dezember 1981: Garderobentrakt im Untergeschoß                          es folgenden Kommentar: „Zu spät hat man erkannt,
      29. Dezember 1981: Restaurant und Caféhaus im                           daß die Wellen in Loipersdorf viel zu hoch schlagen.
           Erdgeschoß,                                                        Und daß aus der Melkkuh ‚Land Steiermark‘ keine
      März 1982: Teil des Sauna-Bereiches mit einer Sau-                      fette Milch mehr zu pressen ist.“646
           nakabine,                                                          Die Thermenbesucher waren von solchen Mel-
      10. August 1982: Bereich des Erlebnisbades auf der                      dungen unbeeindruckt: 1.500–1.600 Gäste kamen
           untersten Etage in direkter Verbindung mit dem                     täglich, ein Besucherrekord nach dem anderen
           Freibereich,                                                       wurde übertroffen. Von Jänner bis September 1982
      11. August 1982: 1.000.000ster Besucher – Eröff-                        kamen 270.000 Besucher. Loipersdorf wurde in
           nung des Kindergartens,                                            kurzer Zeit zum absoluten Hit in der steirischen
      19. September 1982: Fertigstellung der Therme I,                        Thermenlandschaft. Doch nicht nur der „normale“
      23. September 1982: Eröffnung des Hotels Kowald,                        Thermengast kam in großer Zahl – zahlreiche Sport-
      Oktober 1982: Liegewiese mit Höhensonne und                             ler wurden durch Baldur Preiml angezogen. Die Ös-
           ­Videoraum,                                                        terreichische Schi-Nationalmannschaft war bereits
      26. November 1982: Fertigstellung des Therapiebe-                       im September 1982 in Loipersdorf.647
           reiches,                                                           Mit 1. Juli 1983 wurde Ing. Mag. Gerhard Wieder-
      November 1982: Prof. Baldur Preiml beginnt mit                          mann zum alleinigen Geschäftsführer der Therme
           einer Kursreihe,                                                   bestellt. Er stammte aus Niederösterreich, war Pro-
      26. Dezember 1982: Inbetriebnahme des SB-Restau-                        kurist bei Leykam und Geschäftsführer der Fer-
           rants im Untergeschoß,                                             tighausfirma „Sturia“ und leitete die Therme bis
      Dezember 1982: Fertigstellung des Saunadorfes,                          1986.648
      August 1983: Eröffnung des Hotels Leitner.645                           Im Oktober 1983 brachte die Kleine Zeitung eine Se-
                                                                              rie mit dem Titel „Der Bauskandal von Loipersdorf“.
      In der Presse wurde über die hohen Kosten des                           Die Serie bezog sich auf den Kontrollamtsbericht
      Thermenbaues geklagt. Die Kleine Zeitung schrieb                        des Landesrechnungshofes. Der Landesrechnungs-
      am 25. März 1982: „Wie eine Therme explodiert“.                         hof kam in seinem 1.000-seitigen Bericht zur An-
      Baukostenerhöhungen um 8–12 % und teure Mate-                           sicht, die Therme hätte ohne Qualitätsverlust mit
      rialien für das aggressive Wasser wurden ins Tref-                      wesentlich geringerem Investitionsaufwand errich-
      fen geführt, wenn es darum ging, die Kostenstei-                        tet werden können.649
      gerungen beim Bau zu begründen. Die Kronenzei-
      tung bezeichnete die Vorgänge als „Polit-Pingpong“.
      Vierzehn Bürgermeister und Bezirkshauptmann Dr.

      645 Entstehungsgeschichte (Historie – baulicher Rückblick), Infor-      646 Kleine Zeitung, 25.3.1982, 27.3.1982 und 30.3.1982, Kronen-
          mation der Therme Loipersdorf (o. Datumsangabe), Informati-             zeitung (?), (Sammlung Franz Kowald).
          onen von Dr. Horst Wagner sowie Lind, Therme Loipersdorf 61.        647 Kleine Zeitung und Südost-Tagespost, 14.7.1982 bzw. 9.9.1982,
          Die Thermeneintrittspreise und Öffnungszeiten stammen von               Kronenzeitung, 20.9.1982 (Sammlung Franz Kowald).
          einem Informationsblatt der Therme Loipersdorf (Sammlung            648 Kleine Zeitung, 27.7.1983 (Sammlung Franz Kowald).
          Franz Kowald).                                                      649 Kleine Zeitung, 9.–13.10.1983 (Sammlung Franz Kowald).

324
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                          Die Brandkatastrophe vom 24. September 1983

Prof. Baldur Preiml –                                     Laufen in der Therme mit anschließendem Gratis-
                                                          Eintritt ein. Nach Aufzeichnungen von Josef Lind
Sportdirektor von Loipersdorf                             nahmen während des Jahres 1982 über 7.100 Läufer
                                                          an diesen Lauftreffs teil. Prof. Preiml blieb bis 1987
                              Ein Vorwort von Prof.       in Loipersdorf. Er nahm danach ein Angebot im
                              Baldur Preiml – „Vater      Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport
                              des österreichischen        an und wurde Leiter der Sportabteilung.650
                              Springerwunders“ – zu
                              einem Buch von Oscar
                              Schellbach über „po-        Die Brandkatastrophe
                              sitives Denken“ gab
                              den Anstoß. Ein Satz        vom 24. September 1983
                              daraus: „In unserem
                              Sinne des Erfolges, der
                              uns die Freude am Da­
                              sein immer mehr erhö­
Prof. Baldur Preiml (Samm- hen soll, müssen wir
lung Kowald)                  diese Kräfte aktivieren,
                              trainieren und für das
Gute in unserer Welt einsetzen.“ Den ersten Kontakt
zu Prof. Preiml fand Josef Lind bei einem Biotrai-
ningskurs in Bad Tatzmannsdorf. Preiml war dort
als Vortragender anwesend. In weiterer Folge war
Preiml gemeinsam mit Willi Dungl auf Besuch bei
Familie Lind, besichtigte die Gegend und entschied
sich, das Schigymnasium in Stams zu verlassen und
in der Therme Loipersdorf tätig zu sein. Ab 1. Ok-
tober 1981 war Baldur Preiml „Sportdirektor von
Loipersdorf“.                                             Die Brandkatastrophe 1983 (Foto Langhans)
Bei einem Seminar in Seggauberg lernte schließ-
lich auch Dr. Wagner Prof. Baldur Preiml persön-
lich kennen. Die Therme Loipersdorf wurde nun             In der Nacht vom 24. auf den 25. September 1983
auf den „gesunden Gast“ ausgerichtet, dem Freude          kam es zum „Jahrhundertbrand“ von Loipersdorf,
und Unterhaltung bei einem Thermenaufenthalt              dem das Erd- und Untergeschoß der Therme zum
geboten werden sollten. Prof. Preiml verkörperte          Opfer fielen. Als Brandursache galt der Defekt
diese Grundeinstellung und war damit ein idealer          eines Saunaofens. Glück im Unglück war, dass die
Werbeträger. Seine Idee von den fünf Säulen einer         technischen Anlagen im Kellergeschoß und das Er-
gesunden Lebensweise, bestehend aus Bewegung,             lebnisbad nicht zerstört wurden. Dr. Horst Wagner
Entspannung, Ernährung, Umwelt, Bewusstsein,              drückte dies in einem markanten Satz aus: „Das
ließ sich gut in das Thermenkonzept integrieren.          Gold der Therme lag im Keller!“
Die Südost-Tagespost brachte über Preiml einen Zei-       Die Kleine Zeitung widmete dem Thermenbrand die
tungsartikel mit dem Titel „Ein Staatswappen na­          Titelseiten ihrer Ausgaben vom 25. und 26. Septem-
mens Baldur“. In diesem Artikel heißt es: „Sieben         ber 1983 mit der Schlagzeile „Brandursache: Riesige
Kilometer hinter Fürstenfeld sitzt ein Mann, der in       Schlamperei“. Im Blattinneren gab es Schlagzeilen
Österreich hohes Ansehen genießt. ... Dort startet Bal­   wie „700 gegen das flammende Inferno“, „So gut wie
dur Preiml seine vierte Karriere. Der Mann, der die ös­   kein Brandschutz“, „Die Helfer schafften mit Kübeln
terreichischen Adler mit Körndln und Müsli fütterte,      Wasser herbei“, „Enormer Verlust für die Region“, „Nur
ist für die im Aufbau begriffene Therme Loipersdorf
soviel wert wie ein Staatswappen, das renommierten,
                                                          650 Informationen von Dr. Horst Wagner und Josef Lind. Das Zitat
traditionsreichen Unternehmen verliehen wird.“                stammt aus dem Vorwort von Prof. Preiml zu Oscar Schellbach,
In den Hotels Kowald und Stoiser wurde „Naturkü-              Mein Erfolgssystem. Positive Lebensführung in Theorie und
                                                              Praxis (Freiburg i. Breisgau, 26. Auflage 1981) 5. Südost-Tages-
che“ angeboten, Prof. Preiml führte das regelmäßige           post, 30.10.1981 (Sammlung Franz Kowald).

                                                                                                                                 325
Die Brandkatastrophe (Foto Langhans)

       Bilder der Zerstörung durch den Brand (Foto Langhans)

      Impressionen der Katastrophe (Michael Prantl, Fürstenfeld)

326
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                 Die Brandkatastrophe vom 24. September 1983

Der Tag danach (Foto Langhans)

                                                                               327
Um 23.30 Uhr wurde die Unterhaltungssendung
                                                             „Tanzmusik auf Bestellung“ unterbrochen und Feu-
                                                             erwehrmänner wurden zum Einsatz aufgerufen.
                                                             Durch die fehlenden Hydranten konnten umfang-
                                                             reichere Löscharbeiten im Anfangsstadium des
                                                             Brandes nicht durchgeführt werden. Außerdem fehl-
                                                             ten eigene Feuerwehrzufahrten, Autos von Schaulus-
                                                             tigen behinderten die ersten Feuerwehrfahrzeuge.
                                                             In der Dachkonstruktion fehlten feuerhemmende
                                                             Zwischenwände, die Einsatzkräfte wussten nicht
                                                             über Strom- und Gasleitungen Bescheid.
                                                             Zuerst wurde Abschnittsalarm, danach Bezirks­
                                                             alarm ausgelöst. Schließlich wurden Feuerwehren
                                                             aus anderen steirischen Bezirken und aus dem
      Zeitungsschlagzeilen zum Thermenbrand (Franz Gether)   Burgenland angefordert. Insgesamt waren ca. 700
                                                             Feuerwehrmänner der Bezirke Weiz, Feldbach,
                                                             Graz-Umgebung und aus dem Burgenland mit 70
                                                             Löschfahrzeugen im Einsatz. Mit Tanklöschfahrzeu-
      (noch) eine Ruine“. Ursache des Brandes war aus da-    gen wurde Wasser herbeigeschafft, auch das Ther-
      maliger Sicht der Ofen der Biosauna, in der es keine   malbad wurde leergepumpt. Die Therme selbst war
      Aufgüsse gab und es daher zu einem Hitzestau kam.      nicht zu retten, ein Übergreifen des Feuers auf das
      Außerdem stand der Ofen zu nahe an der Holzwand,       angebaute Kur- und Thermenhotel Stoiser konnte
      die Luft dahinter konnte nicht zirkulieren. Als der    verhindert werden. Das Gebäude wurde stark in
      Ofen um etwa 21 Uhr abgeschaltet wurde, brannte        Mitleidenschaft gezogen, die gewaltige Hitze ließ
      in der Zwischenwand bereits die Holzverschalung.       die Fenster des Gebäudes bersten.
      Das Reinigungspersonal bemerkte Brandgeruch            Unliebsame Details der Katastrophe: Schaulustige
      und schlug Alarm. Die ersten Helfer versuchten mit     kamen sogar aus der Obersteiermark und behin-
      den zwei in der Therme vorhandenen und den zehn        derten die Einsatzkräfte. Einrichtungsgegenstände,
      Feuerlöschern des benachbarten Hotels Stoiser den      Telefone, Elektrogeräte wurden von Thermenange-
      Brand zu löschen. Die Löscharbeiten konzentrierten     stellten zwar ins Freie gebracht, fielen dort aber
      sich auf den Saunatrakt, an die bereits brennende      Dieben in die Hände. Die Feuerwehr war deswegen
      Dachkonstruktion dachte niemand. Über Feuermel-        gezwungen, eine eigene Wache aufzustellen.651
      der wurde um 22.45 Uhr Alarm ausgelöst, der zu-
      nächst wegen der häufigen Fehlalarme in der Zeit
                                                             651 Kleine Zeitung, 26.9.1983 und Informationen von Dr. Horst
      davor ebenfalls für einen solchen gehalten wurde.          Wagner.

328
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                              Die Brandkatastrophe vom 24. September 1983

Das Schaffelbad wurde nach dem Brand wieder zur                    Inbetriebnahme des ersten Teilbereiches der
Stütze des Thermenbetriebes. Es wurde durch einen                  Gastronomie nach dem Brand;
Gang mit dem Erlebnisbad verbunden und so wäh-                9. Februar 1985: Inbetriebnahme der geheizten und
rend der Wiederaufbauphase geführt. Es war die                     verglasten winterfesten Ruheterrasse;
einzige Einnahmequelle in dieser Zeit. Trotz dieser           19. April 1985: Eröffnung des Untergeschoßes – Gar-
Bedingungen besuchten immerhin 219.000 Gäste                       derobentrakt, Solarien und Videoräume;
die Therme, das „Hotel Vier Jahreszeiten“ wurde               29. April 1985: Inbetriebnahme des Therapiebe-
1984 eröffnet. Am 12. Mai 1984 konnten das Unter-                  reiches mit Fangoaufbereitung im Unterge-
wasserrestaurant und eine provisorische Küche im                   schoß;
Erlebnisbad eröffnet werden.                                  28. Juni 1985: Saunadorf und Wasserrutsche gingen
Nachdem die Schadensbedeckung mit der Versiche-                    in Betrieb, das auf Erdgeschoßniveau liegende
rung in Höhe von 205 Mio. Schilling geregelt war,                  Thermenbad-Außenbecken wurde fertig gestellt
konnte im August 1984 mit dem Wiederaufbau zur                     und zur Benützung freigegeben;
Therme II begonnen werden. Die Therme II planten              2. September 1985: Eröffnung des Innenbereiches
die Architekten Hans Ilgerl und Attila Simonyi, das                des Thermenbades sowie aller weiteren Be-
neue Schaffelbad Attila Simonyi.652                                reiche im Erdgeschoß;
Die genaue Brandursache konnte unmittelbar nach               29. September 1985: Offizielle Eröffnung des Wie-
der Brandkatastrophe nicht geklärt werden. Im Ok-                  deraufbaues.
tober 1986 wurden Ing. Karl Berger – zuständig für
die Bauaufsicht und Franz Radl – verantwortlich für
den Brandschutz – in einer Berufungsverhandlung
beim Oberlandesgericht in Graz freigesprochen. Ein
Gutachten war davon ausgegangen, dass der Sauna­
ofen zu nahe an der Holzwand gestanden sei und
dies zum Brand geführt habe. Ein Privatgutachter
und der Sachverständige der Wiener Feuerwehr wi-
derlegten diese Ansicht und waren der Meinung,
dass der Saunaofen als Brandursache nicht in Frage
käme. Der Brand hatte sich in kurzer Zeit ausge-
breitet, war also kein Glimmbrand. Dipl.-Ing. Pe-
rutka von der Wiener Feuerwehr sah Brandstiftung
als die wahrscheinlichste Ursache des Brandes an.
Weil sich die Brandsachverständigen nicht auf eine
Brandursache einigen konnten, konnte auch das Ge-
richt keine Schuldzuweisung treffen.653

Stationen des Wiederaufbaues
30. Juni 1984: Eröffnung des Hotels „Vier Jahres-
    zeiten“;
August 1984: Beginn der Aufbauarbeiten (Therme
    II);
23. März 1984: Eröffnung des Erlebnisbades mit
    Verbindungsgang zum Schaffelbad;
12. Mai 1984: Eröffnung des Unterwasserrestaurants
    und der provisorischen Küche im Erlebnisbad,

652 Schleich, Heilende Wasser 95.
653 Kleine Zeitung, 21.10.1986 (Sammlung Franz Kowald), Tip
    Fürstenfeld, November 1986 und mündliche Auskunft von
    Franz Radl.                                               Nach der Entfernung des Brandschutts (Foto Langhans)

                                                                                                                     329
Plan der Therme (Gemeinde Loipersdorf)

330
VII. Therme Loipersdorf – Tourismus
                                                        Die Brandkatastrophe vom 24. September 1983

Luftaufnahme vom Wiederaufbau 1985 (Foto Langhans)

Der Wiederaufbau war mit 208 Mio. Schilling we-         ihn gesetzt hätten. Toni Innauer – Olympiasieger in
sentlich billiger als die erste Therme, die Bauzeit     Lake Placid 1980 sowie Judoweltmeister und Olym-
wurde um 49 Tage unterschritten.654                     piasieger Peter Seisenbacher waren als Nachfolger
Wenige Monate nach der erfolgreichen Wiedereröff-       im Gespräch.656
nung der Therme kündigte Mag. Wiedermann im
Februar 1986 als Thermenchef. Ein „Buchhaltungs-
fehler“ in Höhe von öS 150.000,– und Probleme           Die weitere Entwicklung der
der innerbetrieblichen Atmosphäre sollen laut Zei-
tungsberichten die Ursachen gewesen sein. Nachfol-
                                                        Therme
ger von Ing. Mag. Wiedermann wurde Mag. Roman
Perisutti (ab 1.1.1987). Mag. Dr. Leopold Gartler war   Seit Mai 1987 kann das Wellenbad mit 60 cm hohen
1986 interimistischer Geschäftsführer.655 Mag. Pe-      Wellen und einer Wassertemperatur von 25°C von
risutti leitete die Therme bis 1992. Nach der Auf­      sportlichen Schwimmern benützt werden. Im Mai
lösung seines Dienstverhältnisses leitete Prokurist     1988 wurde die „Schönheitsfarm“ der Therme Loi-
Mag. Georg Weber in Zusammenarbeit mit Proku-           persdorf eröffnet. Inhaber war Harry Krainz.
rist Manfred Körper interimistisch die Therme. 1993     In den Folgejahren wurde durch diverse Um- und
übernahm Wolfgang Riener die Geschäftsführung.          Neubauten das Angebot für die Gäste erweitert und
Im April 1987 verließ Baldur Preiml Loipersdorf und     verbessert. Dazu zählen etwa die Kräuter-Soft-Sauna
wechselte in das Unterrichtsministerium. In einem       (März 1989), der Komfort-Ruheraum (Dezember
Zeitungsinterview deutete er als Grund dafür an,        1989), das Acapulco-Becken und die Acapulco-Bar
dass zu viele Menschen zu große Erwartungen in          (Mai 1990), das Saunadorf mit Kneipp-Strecke und

654 Kronenzeitung, 30.9.1985 (Sammlung Franz Kowald).   656 Kleine Zeitung und Kronenzeitung, 15.4.1987 (Sammlung
655 Kleine Zeitung, 3.2.1986 (Sammlung Franz Kowald).       Franz Kowald).

                                                                                                                    331
Sonnen-Ruheraum (August 1990), das Café-Restau-            Hirschmann anwesend. In den Monaten Septem-
      rant „Ballongarten“ (Oktober 1991), der Sandstrand         ber und Oktober 2001 wurde das Thermalaußen-
      mit Strandkörben (Juli 1993), der „Megalithische           becken saniert. Im Oktober 2001 wurde auch der
      Kraftwanderweg“ am Thermenhügel (September                 Spatenstich für das „Thermenland Congress Center
      1993) und der „Radiästhesie-Lehrpfad“ am Kraft­            Loipersdorf“ vorgenommen. Der Bau wurde im Sep-
      hügel (April 1995).                                        tember 2002 eröffnet. Im Thermalbad wurden 2002
      Neue Hotels:                                               und 2003 der Komfortruheraum und der Lift sowie
      Juli 1989 „Hotel Stoiser-Garni“                            die Kräutersauna, der Whirlpool und die Infrarot-
      August 1990 „Sporthotel Krainz“                            Sauna im Schaffelbad III geschaffen und in Betrieb
      Dezember 1991 „Hotel Thermenresidenz“ (Familie             genommen.657
      Fauster)
      Oktober 1992 „Thermalhotel Leitner“ und „Hotel
      Landhaus Römerstein“.
      Ein eindeutiger Hinweis auf den Aufwärtstrend der          Angebote und
      Therme Loipersdorf sind die Besucherzahlen:
                                                                 Kapazitäten der Therme
          August 1982  . . . . . .      1,000.000ster Besucher   Loipersdorf
          März 1988 . . . . . . . .     3,000.000ster Besucher
          November 1989 . . . .         4,000.000ster Besucher   Die Wasserfläche beträgt 3.000 m2, das Gesamtareal
          Mai 1991 . . . . . . . . .    5,000.000ster Besucher   20.000 m2. Die Angebote umfassen:
          September 1992 . . .          6,000.000ster Besucher
          Juni 1995 . . . . . . . . .   7,777.777ster Besucher   •   Thermalbad: Innen- und Außenbecken, Gesamt-
                                                                     wasserfläche 710 m2, Wassertemperaturen 36°
      Im Juli 1995 war Baubeginn für den Umbau zum                   bzw. 38° C im Warmwasserbereich, 24° C im
      „Schaffelbad-Neu“. Elf Monate später konnte bereits            Kaltwasserbecken, 500 Liegen;
      der Badebetrieb im Schaffelbad aufgenommen wer-            • Saunadorf: 1.300 m2 insgesamt, 50 m2 Was-
      den. Bei der offiziellen Eröffnung am 5. Juli 1996 war         serbecken, diverse Saunakabinen, Pools und
      Landeshauptmann Waltraud Klasnic anwesend. Die                 Becken, Wärmebänke, Solarien, Freihof, Trink-
      Bausumme betrug 160 Mio. Schilling. Es entstand                brunnen und Saunabar;
      ein „Zentrum des Loslassens“ mit einer Wasserflä-          • Erlebnisbad: 23.000 m2 Gesamtfläche, 920 m2
      che von insgesamt 250 m2 sowie einem steirischen               Wasserfläche (Wassertemperaturen zwischen
      und einem römischen Saunabereich. Die Besucher-                24° und 34° C), Großwasserrutsche und ver-
      zahl wurde mit 300 limitiert. Mit der Eröffnung des            schiedene Einrichtungen wie Kuschelwand,
      Schaffelbades wurde ein neues Logo entworfen und               Wärmebucht, Whirlpool, Liegebuchten, Wild-
      damit gleichzeitig eine neue Werbelinie gesetzt.               bach, Grotten und Wasserfall;
      Am 9. Jänner 1997 erreichte die Therme Loipersdorf         • Eltern-Kind-Bereich für Eltern mit Kindern von
      als erste Therme weltweit die ISO-Zertifizierung.              0–7 Jahren;
      Im Oktober 1998 war Baubeginn für den Umbau des            Freibereich mit
      „Erlebnisbades Neu“, im Juni 1999 wurde mit dem            • Wellenbad: Süßwasserbecken mit ca. 370 m2
      Umbau der Sauna im Thermenbad begonnen. Der                    Wasserfläche, Wassertemperatur 24° C, Mee-
      Umbau des Erlebnisbades war mit der offiziellen Er-            resstrand mit Wellenmaschine mit ca. 60 cm
      öffnung im Juli 1999 abgeschlossen. Die Attraktion             hohen Wellen;
      bei der Eröffnung war „Jump the Pool“ – Snowboar-          • Acapulco-Bad: ca. 660 m2 Wasserfläche, 24° C
      der landeten im Acapulco-Becken. Die Sonnensauna               Wassertemperatur mit Familienrutsche, 25 m-
      wurde zwei Monate später fertig gestellt. Die Ge-              Schwimmbahnen, Sprungbecken und Wasser-
      samtfläche dieses Saunabereiches beträgt 1.300 m2.             fall;
      Im April 2000 begann der Ausbau des Schaffelbades          • Kinderfreibecken „Moby Dick“, 36 m2 Wasser-
      III. Der Ausbau war im März 2001 abgeschlossen.                fläche, 36° C Wassertemperatur.
      Neue Becken, Sauna- und Ruheräumlichkeiten, ein
      Kneipp-Bach, ein Seepavillon, eine Saunabar und
      der neue Beauty-Salon „Oasia“ wurden geschaf-
                                                                 657 Entstehungsgeschichte (Historie – baulicher Rückblick), Infor-
      fen. Bei der Eröffnung am 8. März war LR Gerhard               mation der Therme Loipersdorf (o. Datumsangabe).

332
Sie können auch lesen