Unsere Paargeschichte - Pfarrei Forum
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02/2023 Pfarrblatt Bistum St. Gallen www.pfarreiforum.ch Unsere Paargeschichte Das erste Date, der erste Kuss, Neue App stärkt Zufriedenheit Seite 7 der erste Streit … Warum eine Fachstelle des Bistums St. Gallen Paargeschichten sammelt. Um-Care bei der Care-Arbeit Seiten 2 – 6 Seiten 10 – 11
Editorial Inhalt Kürzlich an einer Hochzeit: Im Saal durften alle THEMA Gäste dem Brautpaar übers Mikrofon Glückwünsche mit auf den Weg geben. Die Kinder wünschten An jenem Abend ihnen Dinge wie viel Spass mit dem Baby, Glück vor 22 Jahren Seiten 3 – 4 und Gesundheit. Die Aussagen der Erwachsenen kamen hingegen nüchterner daher: Durchhaltewillen Paargeschichten für Durststrecken in der Beziehung, die Kraft, auch sammeln ohne sie Tiefpunkte zu meistern und gemeinsam an etwas zu bewerten Seiten 5 – 6 zu arbeiten, auch wenn es gerade nicht so rosig ist, war etwa zu hören. Der Gedanke schlich sich ein, Mit der Gratis- ob Hochzeitswünsche nicht zumindest an diesem App «Resilyou» die speziellen Tag romantischer sein sollten. Die besagte Resilienz stärken Hochzeit zeigte aber auch auf, dass ein Paar zu sein, Seite 7 immer ein Wagnis ist. Man braucht nur an die hohe Scheidungsquote in der Schweiz zu denken. Laut «Er war und blieb Schätzungen des Bundesamts für Statistik werden Professor» Seite 8 sich zwei von fünf heutigen Ehepaaren scheiden lassen, wenn sich das Scheidungsverhalten nicht Eine familiäre ändern sollte. Trotz solcher Statistiken gehen Hochschule Seite 9 Menschen immer wieder Beziehungen ein. Das macht deutlich: Ein Paar sein ist ein Grundbedürfnis und Neue Zukunft für Paarbeziehungen sind so vielfältig wie die Menschen, unsere Enkelkinder die sie knüpfen. Was zeichnet Beziehungen aus gestalten und wie bereichert die Vielfalt an verschiedensten Seiten 10 – 11 Partnerschaften unsere Gesellschaft? Diesen Fragen gehen wir in dieser Ausgabe nach. Leserfrage Seite 11 Kinderseite Seite 12 Nachrichten Seite 13 Medientipps & Agenda Seiten 14 – 15 Titelbild: supersizer /istock Nina Rudnicki Meine Sicht Seite 15 Redaktorin rudnicki@pfarreiforum.ch Zu Besuch in … Seite 16 2 P FA R R E I F O RUM
BEZIEHUNGEN An jenem Abend vor 22 Jahren Texte: paargeschichten.ch Illustrationen: Lea Neuenschwander Was hält Paare zusammen? Wieso trennen sie sich? Und wie schafft man es, dass Alltägliches seinen Zauber behält? Das Projekt paargeschichten.ch sammelt Erzählungen von Paaren. Das Pfarreiforum hat nachfolgend einige davon abgedruckt und die Projektverwortlichen zum Interview getroffen (Seiten 5 und 6). Meine Momo zwischen zwei Buchdeckeln, bis ich sie zum Leben Dort, in Rapperswil «Wenn Momo zuhörte, blühte die Fantasie der Er- erwecke; oder sitzt mir am Küchentisch gegenüber. Zwanzig Jahre, nachdem er sich von mir getrennt zählenden auf wie eine Frühlingswiese. Die Ge- Meine Momo ist meine Frau. Wenn ich ihr eine hat, ruft er an – nach zwanzig Jahren totaler danken, die bisher zu Fuss gegangen sind, beka- vage Idee erzähle, entwickelt sich diese wie von Funkstille ruft er einfach unvermittelt an. Er men plötzlich Flügel», heisst es im gleichnamigen selbst weiter, allein durch ihre Art des Zuhörens. sagt, dass er keine Angst vor der Angst mehr habe Buch von Michael Ende. Ich habe das Privileg, Sie ergänzt einen Gedanken, trifft mit einer Frage und dass er daher diesen Anruf gewagt habe. Ich Momo bei mir zu Hause zu haben: Sie schlummert ins Schwarze oder hört einfach zu, mit den Augen. falle, wie man sagt, aus allen Wolken, freue mich 3
BEZIEHUNGEN eine Bettflasche zu machen. Ich erhitzte sie – und brachte sie ihr ins Zimmer. Anfangs mochte ich das nicht unbedingt. Doch indem sie sehr. Und wir machen ein Treffen ab. In Rappers- mich fragt, ob ich ihr die Bettflasche ma- wil. Dort gehen wir dann zusammen über den che, teilt sie mir mit, habe ich mit der Zeit Seesteg. Er erzählt mir, dass er einen Herzinfarkt verstanden, dass sie ins Bett geht. Und seit hatte. Und dass dieser ihn gelehrt habe, mehr auf ich das verstanden habe, tue ich das fast je- sein Herz zu hören. Er wolle lernen zu lieben. den Abend für sie. Es ist zu unserem gemein- Nach zweihundert Metern auf dem Seesteg sind samen Ritual des Zubettgehens geworden. Ich klar, dass bei wir wieder total verliebt. bringe die Wärmeflasche herein und lege mich dir dafür ande- zu Flora, plaudere mit ihr und lasse den Tag ge- re Hirnareale un- Leidenschaft statt P artnerschaft meinsam mit ihr ausklingen. In manchen Näch- terentwickelt sind!» Sie wollte etwas entgegnen, Geniesse ich Spargeln, tunke ich das Köpfchen in ten muss ich ihr manchmal, wenn ich mit der konnte aber nicht, es ging nicht mehr, wortlos die Sauce, sauge es aus – den Rest werfe ich weg. Bettflasche ins Schlafzimmer komme, ihren Kopf stand sie auf, warf die Serviette auf den halb leer- Es könnte bitter sein, holzig oder schlecht ge- freilegen, um sie küssen zu können, so fest ist sie gegessenen Teller mit dem Riso ai Frutti di Mare, schält. Und genauso halte ich es mit der Paarbe- in ihre Decke eingewickelt. In diesen Nächten ging in die Ferienwohnung zurück, packte ihren ziehung: Endlos spiele ich den Akt des Sich-Verlie- grummelt sie nur; kein «Gute Nacht», kein Kuss, Koffer und fuhr zum Flughafen. Zuhause löschte bens, endlos beschäftige ich mich mit Ouvertüren, keine Aufmerksamkeit. Aber ich weiss selbst sie seine fünfzehn Anrufe in Abwesenheit und mit dem ersten Blick, der ersten Berührung, dem dann, dass wir zusammen sind. Anspruchslos achtzehn SMS. Und blockierte seine Nummer. ersten Kuss, der ersten Vereinigung. Wird es aber und wohlig verlasse ich das Schlafzimmer. Wenn ernst und kommen Paarbeziehungs-Gefühle auf, mich Flora fragt, ob ich ihr ihre Bettflasche ge- Vor dem Velokurierladen habe ich Angst, es könnte, wie die Spargeln, bit- macht habe, fragt sie mich: «Teilen wir diesen Ein paar Tage nachdem ich von einer langen Pil- ter werden, holzig. Und ich breche ab. Auf der ei- Abend?» Sie fragt mich auch: «Gefällt es dir, dein gerreise nach Santiago zurückkam, stand ich in nen Seite, ja, sehne ich mich so sehr nach Zwei- Leben mit mir zu verbringen?» Und: «Weisst du, meinem Velokuriergeschäft, als zwei Frauen he- samkeit, auf der anderen Seite gerate ich wie froh ich bin, dass du hier bist?» Ja, habe ich, reinkamen. Sie fragten mich, ob sie ihre Velorei- dermassen in Panik, sie in einer Partnerschaft zu Flora. Ja, das tun wir. Ja, sehr. «Ja, ich weiss.» fen pumpen könnten. Und so kamen sie ins fixieren – zu monogamisieren, alles auf eine Kar- Gespräch mit mir und den anderen Velokurier- te zu setzen. Wieso kapituliere ich vor der Paar- Der Besserwisser fahrerinnen und -fahrern, die noch im Laden he- beziehung, wo ich doch den Grossteil meines Le- Bei jeder Gelegenheit zückte er sein Handy, um rumstanden oder am Ende ihrer Schicht etwas bens in genau dieser Form von Beziehung gelebt zu googeln, ob nun Selma oder er recht hatte. Im- zusammen trinken wollten. Wir hatten eine gute habe? Oder ist es umgekehrt? Habe ich für mich mer schon hat sie das genervt. Doch dann kam: Zeit, und als sich die muntere Gesellschaft auf- gemerkt, dass die Paarbeziehung selber die Kapi- Sizilien. Sie hatten eine Ferienwohnung in einem zulösen begann, war es Abend geworden. Meine tulation ist? Die Kapitulation vor der Leidenschaft, kleinen mittelalterlichen Städtchen und sassen Geschäftspartner, die eine vor dem ewig Neuen? auf der Piazza beim Nachtessen, gleich gegenüber Frau und ich blieben etwas einer Kirche. Über der Eingangstür stand in tief- länger. Als wir die Tür ab- Die Bettflasche roten Lettern «Chiesa del Purgatorio» – und Wil- schlossen, kam er, dieser In den dreizehn Jahren, in denen ich Flora ken- ly fragte sie, was wohl «Purgatorio» bedeute. eine Moment, der mein Le- ne, gab es vielleicht fünf Abende, an denen ich Ohne zu überlegen, sagte sie es ihm: «Fegefeu- ben verändern sollte: Mein vor ihr ins Bett gegangen bin. Sie geht früh ins er!» Wieso sie das nun wieder wisse, sagt er, und: Heimweg führte mich in dieselbe Bett, manchmal schon vor 21 Uhr. Sie liebt «Wenn du solche Sa- Richtung, die auch mein Geschäfts- ihr Bett. Und wenn sie einmal drin ist, chen weisst, ist es partner einschlug. Doch der ist sie die Königin. Doch wenn Weg der Frau ging in die ent- ich spät von der Arbeit kom- gegengesetzte Richtung. Ich me, Zeit mit ihr verbringen stand unentschlossen da. Die will, ist Flora schon auf dem Frau auch. Mein Geschäftspart- Rückzug. Dieser allabendli- ner rief: «Kommst du …?» Ich che Moment der Trennung aber bewegte mich nicht. Bis fühlte sich für mich viele sie schliesslich zu mir sagte: Jahre lang wie eine Nieder- «Küss mich, aber richtig!» Und lage an. Auch Flora litt un- so habe ich sie geküsst, an ter meiner Enttäuschung. Bis jenem Abend vor 22 Jah- zu dem Tag, vielleicht vor fünf ren. Heute sind wir El- Jahren, als Flora mich bat, ihr tern von drei Kindern. 4 P FA R R E I F O RUM
BEZIEHUNGEN Paargeschichten sammeln, ohne sie zu bewerten Wieso uns Beziehungsgeschichten anderer Paare gut tun, erzählen Madeleine Winterhalter- Häuptle und Matthias Koller Filliger von der Fachstelle Partnerschaft-Ehe-Familie (PEF) des Bistums St. Gallen im Interview. Kürzlich haben sie das Projekt paargeschichten.ch lanciert. Als Projektleiter von paargeschichten.ch wird Matthias Koller Filliger auch selbst zum Autor und zeichnet auf, was andere ihm erzählen. → Im Bild mit Madeleine Winterhalter-Häuptle, Stellenleiterin der PEF. Die Plattform paargeschichten.ch schiedenen Bilder ergeben dann zusammen einen schichten.ch gerade lanciert worden war, hatte sammelt Geschichten unter Liebesanfang. Das Spannende dabei ist, dass zwei ich ihn spontan gefragt, wie er denn eigentlich anderem von Liebesanfängen, Personen, die von ihrem Beziehungsanfang er- seine Frau kennengelernt hatte. Am nächsten Tag Trennungen und Abschieden, zählen, oft ganz unterschiedliche Erinnerungen fragte ich ihn, ob ich ihre eindrückliche Ge- vom Heiraten und Alleine sein: und Bilder haben. Das ist es, was mich fasziniert. schichte aufschreiben und veröffentlichen dürfe. Welches ist Ihre Lieblings Madeleine Winterhalter-Häuptle: Wenn wir an ei- geschichte? Mittlerweile sind rund ner Tagung oder einem Anlass mit den bereits ge- Matthias Koller Filliger: Persönlich mag ich die 70 Geschichten zusammen sammelten Geschichten arbeiten, dann wirkt das Geschichten gerne, die von Liebesanfängen han- gekommen. Wer erzählt Ihnen oft wie ein Katalysator. Viele Personen erinnern deln. Oft erzählen sie vom Kribbeln am Anfang diese Geschichten und wieso? sich dann an ihre eigenen Geschichten und erzäh- einer Beziehung. Gerade auch in der Paarbera- Matthias Koller Filliger: Nehmen wir die Ge- len diese. Das ist es auch, was die Stärke dieses tung sind Liebesanfänge ein wichtiges Element. schichte mit dem Velokurier. In dieser betreten Projektes ausmacht: Die Geschichten sind oft so Wenn man beispielsweise in einer Krise der Fra- zwei Frauen einen Velokurierladen, um ihre Ve- alltäglich und gewöhnlich und doch zeigen sie ei- ge nachgeht, wie alles begonnen hat und warum los zu pumpen. Sie bleiben den ganzen Nachmit- nem sofort auf, was eine Beziehung ausmacht und sich das Paar einmal füreinander entschieden hat. tag dort. Einer der Velokuriere und eine der Frau- was deren Essenz ist. Eine meiner liebsten Ge- Madeleine Winterhalter-Häuptle: Fragt man Per- en küssen sich noch am selben Abend. Heute sind schichten ist «Die Bettflasche». Jeden Abend sonen nach ihren Liebesanfängen, erinnern sich sie seit 22 Jahren verheiratet. Diese Geschichte bringt Floras Partner ihr eine Bettflasche ins diese zunächst oft nicht an ein bestimmtes Ereig- erzählte mir ein Arbeitskollege, als wir zusam- Bett. Das wird zu einem gemeinsamen Ritual, das nis, sondern an viele verschiedene Bilder. Die ver- men im Zug an eine Tagung fuhren. Weil paarge- dabei hilft, die Enttäuschung zu überwinden, 5
BEZIEHUNGEN erzählen oder von der Unfähigkeit, sich auf eine Partnerschaft einzulassen. Matthias Koller Filliger: Kirche und Pastoral be- treten «Heiligen Boden», wenn sie mit Paaren und Familien arbeiten: So heisst ein neuer Leitfaden für die Seelsorge, der nach der letzten Bischofs- synode von den Bistümern Basel und St. Gallen zur Ehe- und Familienpastoral herausgegeben wurde. Dieser betont, wie wichtig es ist, sich vor- behaltlos auf die heutzutage vielfältigen Paar- und Familienrealitäten einzulassen. Genau die- sem seelsorgerischen Ansatz entspricht auch das Projekt paargeschichten.ch. Von wegen vielfältigen P aar- und Familienrealitäten: Welche Rolle spielt der interkulturelle Aspekt? Was können wir etwa von binationalen Paaren oder Madeleine Winterhalter-Häuptle und Matthias Koller Filliger suchten nach einem von Paaren aus einer anderen → Projekt, das sich weiterentwickeln lässt und wurde mit paargeschichten.ch fündig. Kultur lernen? Madeleine Winterhalter-Häuptle: Das Wichtigste ist wohl, zu verstehen, dass wir nicht in einer Bla- se leben. So wie wir und vielleicht unser Bekann- dass Flora gerne früh und ihr Partner stets spät lin. Durch ihn ist auch die Zusammenarbeit mit tenkreis leben, das muss nicht zwangsläufig auch ins Bett geht. Nur weil ich aber diese Geschichte dem Kulturmagazin ERNST und dem Burgdorfer für andere so stimmen. Das soll auch in den Paar- mag, heisst das nicht, dass sie auch anderen ge- Biografischen Institut entstanden. geschichten widergespiegelt werden. Gerade pla- fallen muss und dass sie auf die Geschichte ge- Madeleine Winterhalter-Häuptle: Gerade durch nen wir eine Zusammenarbeit mit dem St. Galler nauso positiv reagieren wie ich. diese Zusammenarbeit mit ausserkirchlichen Verein Aida, der sich im Bereich Bildung und Be- Partnern ist das Projekt unglaublich vielfältig gegnung fremdsprachiger Frauen engagiert. Die Wie geht man damit um, wenn und damit anschlussfähig für verschiedene Men- Beziehungsgeschichten dieser Frauen werden in jemandem eine Geschichte schen geworden. Die Redaktion vom Magazin paargeschichten.ch aufgenommen und berei- nicht gefällt, die einem selbst ERNST zum Beispiel machte ganz verschiedene chern so das Projekt. viel bedeutet? Beiträge, auf die wir als kirchliche Arbeitsgrup- Madeleine Winterhalter-Häuptle: Es ist gerade das pe nicht gekommen wären, wie beispielsweise → www.paargeschichten.ch Ziel von paargeschichten.ch nicht zu bewerten eine Reportage mit einem Kellner, der über zwei- oder zu interpretieren. Es ist zentral, Menschen hundert Hochzeiten begleitet hat oder ein Ge- Text: Nina Rudnicki nach ihren Geschichten zu fragen und sie erzäh- spräch mit einer Scheidungsanwältin. Erwähnen Bilder: Ana Kontoulis len zu lassen. Die Geschichten können verschie- möchte ich auch die Reportage über eine Seelsor- denes auslösen: Faszination und Befremden, Fra- gerin im Trauercafé in Gossau, die dort mit den gen und Wiedererkennen. Sie handeln von vielen Paargeschichten gearbeitet hat und auf diese Wei- STETS NEUE Höhepunkten, aber auch von schwierigen Mo- se viele weitere berührende Erzählungen der Teil- menten wie Trennung und Abschied. Diese Brei- nehmenden über ihre Beziehungen zu hören be- G ESCHICHTEN te an Geschichten ist ein Schatz, der aufzeigt, kam. Das Projekt paargeschichten.ch wird von dass Paarbeziehungen ganz unterschiedlich ab- IG PEF-Pastoral Deutschschweiz verant- laufen und gestaltet werden können. Stichwort Trauercafé: Ist das wortet und von der Inländischen Mission Matthias Koller Filliger: Und gerade deshalb ist es ein Beispiel dafür, wie die sowie den röm.-kath. Kantonalkirchen ein Projekt, in dessen Mittelpunkt die Wertschät- Paargeschichten in der Praxis Aargau, Luzern, Deutschfreiburg und zung steht. Etwa die Wertschätzung dessen, was zum Einsatz kommen sollen? Zürich und den Bistümern Sitten die gemeinsame Geschichte eines Paares aus- Madeleine Winterhalter-Häuptle: Genau. Mit den (Oberwallis) und St. Gallen finanziert. macht. Paargeschichten kann man in bestehenden Grup- Die Webseite paargeschichten.ch wird pen arbeiten, einen Anlass zum Thema Paarge- fortlaufend mit neuen Geschichten Die Geschichten können nicht schichten entwickeln oder diese als Türöffner in erweitert. Die Fachstelle Partnerschaft- nur auf paargeschichten.ch die Einzelseelsorge einfliessen lassen. Wie bereits Ehe-Familie (PEF) des Bistums St. Gallen gelesen werden, sondern sind erwähnt, löst es bei allen Personen eigene Emo- ist Mitglied bei der IG PEF und setzt das auch im Kulturmagazin Ernst tionen und Erinnerungen aus, wenn sie eine der Projekt Paargeschichten im Bistum erschienen. Wie ist es zu dieser Paargeschichten hören. Wir betonen dabei im- St. Gallen um. Zusammenarbeit gekommen? mer, wie wichtig es ist, nicht über andere Ge- Matthias Koller Filliger: Die Idee zum Projekt schichten zu werten und zu urteilen. Nicht alle → Weitere Infos unter pef-sg.ch. Paargeschichten kam 2020 vom St. Galler Jour- Geschichten sind eingängig oder romantisch. Es nalisten und dramaturgischen Berater Mark Rik- gibt Geschichten, die von Dreiecksbeziehungen 6 P FA R R E I F O RUM
AKTUELL Mit der Gratis-App «Resilyou» die eigene Resilienz stärken Um Zufriedenheit und Resilienz zu fördern, hat die Evang.-ref. Kirche des Kantons St. Gallen eine Gratis-App entwickelt: «Resilyou». Sie hilft zu reflektieren, was einem Freude bereitet und wofür man dankbar ist. Die App entstand in einem «Design Thinking»-Kurs an der HSG. positiven Mustern aufbauen. Doch das geht nicht Nutzer können dieses Gefühl nur schwer be- von heute auf morgen. Wir fangen langsam mit schreiben: Es ist etwas Magisches, was da pas- einem Trampelpfad an, dieser wird zu einer Land- siert. Wir haben mit «Resilyou» auch das Ziel, strasse und idealerweise durch tägliches Training Freundschaften zu vertiefen, denn diese sind das wird daraus am Ende eine positive Autobahn. Allerwichtigste für eine starke Resilienz und na- türlich auch, wie Studien zeigen, für ein erfülltes Wie funktioniert die App? Leben. Kocholl: Die App ist eine Art digitales Tagebuch. Ich schreibe dort jeden Tag eine kurze Reflexion Von der HSG-Welt in die auf. Zum Beispiel drei Punkte, für die ich dank- Kirchen-Bubble: War das ein bar bin. Später, in einer Krise, kann ich mir die Kulturschock? Liste dann anschauen. Und meistens geht’s mir Kocholl: Schon etwas. Ich bin überhaupt nicht dann schon besser, weil ich viel Positives verges- kirchlich erzogen, stand Religion und Kirche aber sen habe. Zum anderen kann ich Zwischenstopps schon immer eher positiv gegenüber. Anfangs einlegen, zum Beispiel nach 20 Tagen, und die wurde ich wegen des eher verstaubten Images Einträge auf Muster prüfen. Wenn ich zum Bei- der Kirche sehr positiv überrascht. Teilweise ha- spiel viel Dankbares im Beruf empfinde, aber we- ben mich die Reformierten sehr inspiriert in die- nig in Freundschaften und in der Familie, merke ser für mich recht neuen Welt. Die Zusammenar- ich: Vielleicht sollte ich an meinem Privatleben beit war von einer sehr wertschätzenden Kultur etwas ändern. Besonders stolz bin ich auf die geprägt. Das ist in der Wirtschaft nicht immer Funktion, dass wir die Tagebuch-Einträge mit ei- so. Beim Tempo hingegen dürften die Kirchen ner anderen Person teilen können. gerne einen Zahn zulegen (lacht). Was habe ich davon? Die App, eine Art digitales Tagebuch, Kocholl: Zum einen üben Sie Ihre Resilienz kon- * Meike Kocholl (27) hat an der Universi- → regt zum Nachdenken über Fragen wie sequenter, wenn Sie mit einer Freundin oder ei- tät St. Gallen (HSG) einen Master in «Wofür bin ich dankbar?» an. Download: www.resilyou.com nem Freund eine Abmachung treffen. Wenn Sie «Business Innovation» abgeschlossen. eine Push-Nachricht erhalten und erfahren, wo- für Ihre Partnerin oder Ihr Partner dankbar ist, Was bietet Ihre App dann motiviert das, selbst dranzubleiben. Zum Text: Raphael Rauch / kath.ch «Resilyou»? anderen kann Sie die Person auf neue Gedanken Bild: zVg. Meike Kocholl*: Mit «Resilyou» können Sie in bringen. Und aus der Psychologie wissen wir, fünf Minuten pro Tag Ihre mentale Stärke trai- dass Teamwork zusammenschweisst. Es tut psy- nieren. Die App fragt zum Beispiel: «Wofür bist chisch gut, mit jemandem zusammen ein Projekt du heute dankbar? Auf was bist du heute stolz? zu stemmen. Wichtig ist, dass es keine fremde Wer hat dich heute inspiriert – und warum?» Person ist, sondern eine, die ich kenne und die Wenn man das regelmässig macht, stärkt das die mich so annimmt, wie ich bin. eigene Resilienz. Warum ist das wichtig? Warum ist das so? Vielleicht wäre ich zu einer Kocholl: Dafür gibt es mehrere wissenschaftlich fremden Person ehrlicher? belegte Gründe. Einerseits greift zum Beispiel, Kocholl: Vielleicht. Es ist womöglich auch erst- was wir im Fachjargon Neuroplastizität nennen. mal einfacher, zu einer fremden Person offen zu Das ist die Eigenschaft des Gehirns, durch Trai- sein. Als Menschen haben wir aber eine Sehn- ning veränderbar zu sein. Im Hirn gibt es ganz sucht in uns, so erkannt zu werden, wie wir wirk- viele Verbindungen zwischen verschiedenen Ner- lich sind – und trotzdem noch vom Gegenüber venzellen. Vergleichen kann man diese mit Auto- angenommen zu werden. Genau dieses Gefühl bahnen, die oft automatisiert ablaufen. Manch- bekommt man, wenn man das Tagebuch mit ei- mal sind unsere Autobahnen aber negative nem guten Freund teilt oder mit einer Partnerin Meike Kocholl Muster. Deswegen müssen wir Autobahnen mit oder mit Geschwistern. Die Nutzerinnen und Master in «Business Innovation» 7
AKTUELL «Er war und blieb Professor» Was bleibt von Papst Benedikt XVI.? Die Nachrufe, die nach seinem Tod erschienen sind, betonen seine theologische Strahlkraft, aber auch sein mangelndes Fingerspitzengefühl und die mangelhafte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Verständnis für die Situation in der Schweiz «Joseph Ratzinger war natürlich schon während meines Studiums präsent durch seine Lehre. Das erste Mal bewusst getroffen – also nicht im Rah- men einer grösseren Veranstaltung – habe ich ihn dann in Castel Gandolfo, als er mich zum Bischof ernannte», so der St. Galler Bischof Markus Büchel gegenüber kath.ch. Der St.Galler Bischof erinnert sich an eine Privataudienz: «Das ist eine sehr schö- ne Erinnerung. Ich habe nicht in Rom studiert und mir war es ein wichtiges Anliegen, ihm zu sagen, dass ich dennoch mit Rom eng verbunden bin. Es war ein sehr gutes und offenes Gespräch. Ich habe ihm viel von der Praxis hier erzählt und er zeig- te viel Verständnis für unsere Situation in der Schweiz. (...) Er war natürlich als Papst ein ande- rer als zuvor als Professor. Sein Pontifikat begann auch in einer schwierigen Zeit, in der die Ge- schichte mit der Pius-Bruderschaft gerade hoch- kochte. Ich weiss, dass Papst Benedikt XVI. sehr unter dieser Spaltung gelitten hat. Er war stets um die Einheit der Kirche bemüht – und das habe ich sehr befürwortet. Aber er hat auch zum Woh- le der Gemeinschaft Konzessionen gemacht, die nicht für alle verständlich waren. Er suchte die Einheit und hat damit auch Fortschritt verhin- dert. Seine Entscheidungen hat Papst Benedikt XVI. sicherlich mit grosser Sorge getroffen, aber wir hätten uns vieles anders vorstellen können.» Rücktritt als wichtigstes Vermächtnis Joseph Ratzinger war von seiner Wahl am 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht → «Abgesehen von einigen theologischen Schriften, am 28. Februar 2013 Papst und damit der 265. Bischof von Rom. die man auch nach seinem Tod noch lesen wird, ist wohl das wichtigste Vermächtnis von Papst Benedikt XVI. die Tatsache seines Rücktritts», wird Eva-Maria Faber, Professorin an der Theo- ben konstitutiv ist: die je neue Forschung, die gängers. «Der auferstandene und gekreuzigte Je- logischen Hochschule Chur, in einem Interview Überprüfung blinder Flecken, die wissenschaft- sus war das Ziel, zu dem uns Papst Benedikt führ- auf bluewin.ch zitiert. Mit diesem innovativen liche Neugier auf das bisher noch nicht Wahrge- te, indem er uns an die Hand nahm. Möge er uns Schritt habe er den Weg gebahnt, «lange Zeiten nommene. Dass die Geschichte und das mensch- helfen, in Christus die Freude des Glaubens und der Überforderung oder gar der Amtsunfähigkeit liche Leben sich den Ideen nicht einfach fügen, die Hoffnung des Lebens wiederzuentdecken.» von Päpsten zu vermeiden». Offen blieben «wei- wurde in manchen Hinsichten eher geglättet und terhin Fragen zum Status und zum Auftreten ei- ausgeblendet.» Das habe auch Wunden und Op- Stolperstein in den Weg gelegt nes emeritierten Papstes. In seinen Jesusbüchern fer hinterlassen. «Ein kluger und erfahrener Hirte», nannte der stellte er Jesus in erster Linie als ‹Lehrer› dar – Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der heilende, in menschliche Gemeinschaft ein- Feinfühliges Denken Georg Bätzing, den verstorbenen Benedikt XVI. tauchende Jesus tritt dahinter zurück.» So ähn- «Grosser Lehrmeister der Glaubensunterwei- bei einer Medienkonferenz. Doch Benedikt habe lich ist es laut Eva-Maria Faber vielleicht auch mit sung», würdigte Papst Franziskus seinen verstor- während seiner Amtszeit «auch manchen Stolper- Papst Benedikt. «Er war und blieb Professor, im benen Vorgänger Benedikt XVI. «Sein scharfes stein in den Weg gelegt (...) Nicht immer haben Sinne eines Lehrers.» Er habe sich auf manche und feinfühliges Denken war nicht selbstbezogen, wir, seine Landsleute, uns leicht mit ihm getan.» Disputationen eingelassen. «In anderen Hinsich- sondern kirchlich, weil er uns immer zur Begeg- ten – das ist bei aller Pietät zu ergänzen – fehlte nung mit Jesus führen wollte», so Franziskus bei Auswahl: Stephan Sigg dieser ‹Professur› das, was für akademisches Le- einer Generalaudienz nach dem Tod seines Vor- Bild: Mark Bray / wikimedia 8 P FA R R E I F O RUM
AKTUELL Eine familiäre Hochschule Der St. Galler Lukas Gemeinder (27) arbeitete bisher im Kaufmännischen Bereich und suchte einen Beruf, der ihn mehr erfüllt. Jetzt studiert er an der Theologischen Hochschule Chur. Wie er haben viele der Studierenden vor dem Theologiestudium in anderen Berufen gearbeitet. Helena Hofstetter-Bischof, → Simon Sigg und Lukas Gemeinder (v. links) aus dem Bistum St. Gallen – hier in einem der Vorlesungsräume der Hochschule – studieren in Chur Theologie. «I ch engagiere mich schon seit längerem eine Zukunft hat.» Ihn motiviere die Arbeit mit sind.» Etwa fünfzig bis sechzig Personen studie- freiwillig in der Kirche», erzählt Lukas Jugendlichen. «Ich spüre eine Offenheit gegen- ren an der Theologischen Hochschule Chur. Die- Gemeinder (27) aus St. Gallen, «dabei über Religion und auch ein Bedürfnis nach Spiri- se Zahl sei seit Jahren stabil. «Heute beginnen habe ich immer mehr gespürt, dass mich diese tualität. Ich bin überzeugt von der frohen Bot- die wenigsten direkt nach der Matura mit dem Arbeit mehr erfüllt als meine berufliche Tätigkeit schaft der Kirche und möchte diese weitertragen.» Theologiestudium. Die meisten haben schon eine im Kaufmännischen. Zudem habe ich in den letz- Mit Anfang 30 verspürte er die Motivation, sich Berufsausbildung absolviert und zum Teil auch ten Jahren wieder stärker zum Glauben zurück- persönlich vermehrt mit existenziellen und phi- mehrere Jahre im Beruf gearbeitet.» Viele der gefunden und mich schliesslich für das Theolo- losophischen Fragen auseinanderzusetzen und Studierenden kommen laut René Schaberger aus giestudium entschieden mit dem kirchlichen den Glauben zu hinterfragen und zu begründen. den Kantonen Graubünden, St. Gallen und Zü- Dienst als Ziel.» Das Studium gefalle ihm: «Die «Ich arbeite schon seit einigen Jahren in der Pfar- rich. Es gebe auch vereinzelte Gasthörer im Ren- unterschiedlichen Fächer wie etwa Musik, Litur- reiseelsorge und wollte mein Wissen erweitern tenalter, die die eine oder andere Vorlesung be- gie-Wissenschaft, Kirchengeschichte und Spra- und vertiefen.» Für Chur hat er sich entschieden, suchen. chen machen das Studium sehr spannend und weil die Hochschule dort klein und familiär sei. vielseitig. Dank des breiten Spektrums kann man «Man kennt sich persönlich, isst und diskutiert Text: Katja Hongler persönliche Stärken und Schwächen in einzelnen zusammen am Mittagstisch. Ich habe bereits Re- Bild: zVg. Fächern gut kompensieren. Auch wenn es manch- ligionspädagogik studiert und zwar in Luzern. mal sehr theoretisch ist, wird immer auch ein Ich wollte noch eine andere Hochschule kennen praktischer Bezug hergestellt.» lernen und entschied mich auch deshalb für ONLINE- Chur.» Umfeld reagiert erstaunt INFOVERANSTALTUNGEN Einer der Studierenden aus dem Bistum St. Gal- 50 bis 60 Studierende Interessierte erhalten bei den Online- len ist auch Simon Sigg (32), Religionspädagoge «Das grosse Plus der Theologischen Hochschule Informationsveranstaltungen am 13. und und Jugendseelsorger in Gossau. Er absolviert ein Chur ist die Nähe von Hochschule und Seminar», 21. Februar, jeweils 19.30 Uhr, kompakt berufsbegleitendes Studium im bischöflichen hält René Schaberger, Rektoratsassistent an der die wichtigsten Informationen zum Studienprogramm. «Mein Umfeld reagiert Hochschule, fest. «Es wird nicht nur Theologie Studium der Theologie an der TH Chur manchmal ein bisschen erstaunt, dass ich als jun- gelehrt, sondern wir ermöglichen den Studieren- sowie einen Einblick in die Institution. ger Mensch Theologie studiere und ich spüre den auch eine ganzheitliche Persönlichkeitsbil- Es werden auch Fragen beantwortet. auch eine gewisse Spannung in Bezug auf die Kir- dung.» Auch bezeichnet René Schaberger die gute che», sagt er. «Auch wenn mich die Skandale oder Betreuung der Studierenden als einen Mehrwert. → Anmeldung: www.thchur.ch/info die vielen Kirchenaustritte traurig und nach- «Wir können auch individuelle Studienprogram- denklich stimmen, denke ich, dass die Kirche me anbieten für Studierende, die berufstätig 9
AKTUELL Eine neue Zukunft für unsere Enkelkinder gestalten Was würde sich verändern, wenn all die in unserer Gesellschaft geleistete unbezahlte Care-Arbeit fortan entlöhnt würde? Diesen und weiteren Fragen geht die Toggenburger Theologin Ina Praetorius in ihrem neuen Buch nach. → Ina Praetorius setzt sich für eine Wirtschaft ein, in deren Mittelpunkt die Fürsorge statt der Profit steht. «Es liegt in der Natur der Frauen, für andere zu interessiert sind, dass sich möglichst nichts än- schaft und eine Politik, die nicht den Profit we- sorgen und sie zu pflegen. Sie machen das gerne dert.» Bessere Löhne für Pflegeberufe sowie wirt- niger Menschen, sondern das Wohlergehen aller und daher brauchen sie nicht mehr Lohn»: Mit schaftliche Wertschätzung und beispielsweise in die Mitte stelle. Entsprechend ist das Buch in diesem und vielen weiteren Mythen möchte die Entlöhnung der unbezahlten Care-Arbeit, die An- die vier Teile «Altlasten entsorgen», «Unterwegs Toggenburger Theologin Ina Prae- im postpatriarchalen Durcheinan- torius mit ihrem neuen Buch «Um- der», «Anders sehen, anders spre- Care» aufräumen. Zusammen mit «Es braucht eine Wirtschaft chen» und «Handeln für eine gute der deutschen Ökonomieprofes- und Politik, die das Wohl Zukunft» unterteilt. Die Autorinnen sorin Uta Meier-Gräwe hat Ina Prae- begeben sich beispielsweise auf die torius im Buch 61 Textbausteine zu- ergehen aller Menschen in Spurensuche nach «Bullshit-Jobs» – sammengestellt, die zum kritischen die Mitte stellen.» also Jobs, die zwar gut bezahlt, aber Denken anregen und zum eigensin- von den Menschen, die sie ausüben, nigen Handeln einladen sollen. Die Texte können gehörige – meist Frauen – für Familienmitglieder als überflüssig empfunden werden. Sie gehen der einzeln für sich oder in beliebiger Reihenfolge ge- leisten: Das hätte laut Ina Praetorius massive Ver- Frage nach, wie es sein kann, dass manche gut- lesen werden. schiebungen zur Folge, die die Prioritäten in un- verdienenden Eltern es befürworten, dass Kita- serer Gesellschaft verändern würden. «Und das Betreuerinnen wenig verdienen. Und sie be- Prioritäten in der Gesellschaft macht gerade den Befürwortern der gängigen pa- schreiben, welches Verständnis von Wirtschaft Das Buch greift mit dem Krieg in der Ukraine, der triarchal geprägten Ökonomie Angst.» sie sich für ihre Enkelkinder wünschen. Krise in der Pflege und der Coronapandemie auch aktuelle Themen auf, die in den letzten Jahren in «Bullshit-Jobs» aufspüren Kolumnen in Handelszeitung der öffentlichen Wahrnehmung stark präsent wa- Ina Praetorius bezeichnet sich selbst als postpa- Den Anstoss, dieses Buch zu schreiben, kam vom ren oder sind. Corona habe etwa gezeigt, dass es triarchale Denkerin. Als solche setzt sie sich etwa Patmos-Verlag. Dieser war auf die Kolumnen von bessere Arbeitsbedingungen und Löhne braucht, mit ihren Büchern oder dem Verein «Wirtschaft Ina Praetorius und Uta Meier-Gräwe aufmerksam um dem Personalmangel in den Pflegeberufen ent- ist Care» für eine Fürsorge-zentrierte Wirtschaft geworden, die die beiden regelmässig für die gegenzuwirken. «Den Menschen ist das zwar be- ein. In ihrem neuen Buch schreibt sie dazu: Ziel deutsche Tageszeitung Handelsblatt schrieben. wusst und die Pflegeinitiative befindet sich in der müsse es sein, sich aus dem postpatriarchalen Die Kolumnen beleuchteten laut der Bucheinlei- Umsetzungsphase», sagt Ina Praetorius. «Aber es Durcheinander in eine lebensfreundlich organi- tung «die Zusammenhänge zwischen den an den gibt starke Gegenkräfte im Parlament, die daran sierte Zukunft zu bewegen. Es brauche eine Wirt- Rand gedrängten Bereichen der Wirtschaft und 10 P FA R R E I F O RUM
LESERFRAGE Warum braucht es den kirchlichen Sozialdienst? Ina Praetorius, Uta Meier-Gräwe: Um-Care. Wie Sorgearbeit die Wirtschaft revolutioniert. → Patmos-Verlag. 160 S. den vermeintlich höheren Sphären aus Geld, Ge- Sabine F. betritt das Büro des kirchlichen Sozialdienstes winn und Geopolitik». Die Autorinnen erweiter- (KSD) der Seelsorgeeinheit Werdenberg. Ihr Mann ist kürz- ten für das Buch ihre Kolumnen und ordneten sie lich an Krebs gestorben, nachdem die 53-Jährige ihn drei thematisch. Jahre gepflegt hatte. Globale Bewegung Das Paar lebte von seinem Einkommen, zuletzt von Krankentaggeldern und Ersparnissen. «Unser Buch ist ein Element einer schnell und glo- Zeit für Freundschaften gab es kaum und die familiären Kontakte waren spannungsgeladen. bal wachsenden Bewegung», sagt Ina Praetorius Nun ist sie mit der Administration überfordert, aktuell hat sie wenig Geld, sein Konto ist und nennt als Beispiele das Buch «Die Erschöp- gesperrt. Sabine F. sehnt sich nach Ruhe, Trost und Sicherheit. Der Seelsorger überweist fung der Frauen» der Geschlechterforscherin sie an den KSD. Franziska Schutzbach oder die Bücher zum The- ma Care-Arbeit und einer neuen Zeitkultur der Zusatzeinkommen nötig deutschen Journalistin Teresa Bücker. Ende Feb- Hier verschaffen wir uns gemeinsam einen Überblick. Wir klären Fragen bezüglich des ruar wird zudem der Sammelband «Wirtschaft Nachlassinventars und der Witwenrente, erhalten vom Pfarramt finanzielle Hilfe, um eine neu ausrichten» erscheinen, an dem Ina Praetori- Miete zu bezahlen und erstellen Budgets für verschiedene Zukunftsszenarien. Daraus wird us mitgewirkt hat. In dem Band werden Beweg- ersichtlich, dass Sabine F. ein Zusatzeinkommen benötigen wird. Immer wieder nehmen gründe und Perspektiven care-politischer Initia- wir uns Zeit für die widersprüchliche Gefühlswelt von Sabine F., für ihre biographischen tiven vorgestellt, die seit der Covid-19-Pandemie Rückblicke und Zukunftsfragen. Nach einigen Monaten sind die Finanzen gesichert. Sabi- an Bedeutung gewinnen. Gemeinsam ist den 25 ne F. besucht regelmässig einen Trauertreff und kann sich bei Bewerbungsgesprächen vor- Initiativen in Deutschland, Österreich und der stellen. Sie fühlt sich nun sicherer und ist zuversichtlich, den weiteren Weg selbstständig Schweiz, dass sie sich mit vielseitigen Aktionsfor- zu bewältigen. maten dafür einsetzen, Care-Arbeit sichtbarer zu machen und zu einer gesellschaftlichen und wirt- Scham und Angst schaftlichen Anerkennung zu verhelfen. Im Juni Wenn sich Menschen mit persönlichen, familiären oder finanziellen Problemen an die Kir- ist zudem eine Tagung in Bayern geplant, an der che wenden, braucht es sowohl seelsorgerliche Begleitung und finanzielle Unterstützung sich die unterschiedlich gelagerten Initiativen als als auch sozialarbeiterisches Fachwissen. Denn obwohl unser Sozialsystem grundsätzlich einheitliche Bewegung neu verstehen können. Ina gut ist, fallen Menschen durch die Maschen. Und nicht wenigen fällt es schwer, sich im So- Praetorius spricht von einer «grossen Transfor- zialsystem zurechtzufinden. Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? An wen kann ich mation», deren Ziel das Wohlbefinden aller statt mich wenden? Hinzu kommen Scham und Angst vor Behörden. Für manche Klienten und der Profit einzelner sei. Das Buch richtet sich der- Klientinnen ist es darum einfacher, mit einem KSD Kontakt aufzunehmen. Hier ist es mög- weil an all jene, die wegen Doppelbelastungen im lich, flexibel und schnell zu reagieren sowie genügend Zeit zu haben für umfassende Be- Alltag wenig Zeit zum Lesen haben, sich aber auf ratungen. Dank lösungsorientierter Zusammenarbeit ist ein KSD oft ein Brückenbauer zu kurze Denkanstösse einlassen möchten. den staatlichen Stellen. Text: Nina Rudnicki Vor allem für Working Poor Bilder: pixabay.com / zVg. Mit der Gründung eines KSD verankert die Seelsorgeeinheit ihr soziales Engagement auch strukturell. Dabei muss sie strategische Entscheidungen fällen: Welche Bedürfnisse beste- hen vor Ort, welche Angebote gibt es bereits und welche Leistungen und Projekte soll der KSD erbringen. In der Region Werdenberg erhalten vor allem Working Poor (d. h. Men- schen, deren Lohn kaum zum Leben reicht) finanzielle Unterstützung. Zudem hat der kirch- liche Sozialdienst Werdenberg etwa eine Lebensmittelabgabestelle eröffnet, eine Diako- niewoche organisiert sowie Computerkurse für Menschen mit kleinem Budget angeboten. Dies wurde nur möglich dank einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Pastoralteam, den Sozialfachstellen vor Ort und vielen Freiwilligen. Snjezana Gajski Sozialarbeiterin, KSD Werdenberg, Caritas St. Gallen-Appenzell Ina Praetorius Leserfragen an info@pfarreiforum.ch 11
Besuch beim Papst Grosse Ehre fü vier Sternsing r erinnen von Lütisburg Sie durften die SG: Schweiz am Neujahrsg ottes mit Papst Fran dienst Der Papst, Petersdom, Vatikan und die Sternsingerinnen Sarina, Christina, Madlen und Leona aus Lütisburg SG mitten zisk drin! Sie vertraten die Schweizer Sternsinger beim Papst im in Rom vertre us Vatikan. Sie trafen auf andere Sternsingergruppen aus ten. Europa, besuchten die Schweizergarde, Missionswerke und die Schweizer Botschaft. Als Höhepunkt sassen sie beim Gottesdienst mit Papst Franziskus in der vordersten Reihe. nswerk © Romano Siciliani, Kindermissio dlen (v. l. n. r.) Sternsinger- Gruppen aus Deutsc Christina, Sarina , Leona und Ma und Schweiz (in der Mitte) feie hland, Ungarn , Slowakei, S üdtirol nst in der ersten sassen beim Neujahrsgottesdie Papst Franziskus. rten den N eujahrsgottesdienst mit Reihe. Christina erzählt: «Es war sehr eindrücklich, wie gross der Petersdom ist und wir konnten ganz nahe beim Papst sein.» Auch Leona wird die Neujahrsmesse noch lange in Erinnerung bleiben: «Es war superschön, den Papst aus der Nähe zu erleben.» Sie war erstaunt über die Auflösung Quiz Unterschiede zwischen einem Gottesdienst in Lütisburg und der Lösungen aus der letzten Neujahrsmesse mit dem Papst im Vatikan. Sarina freute sich, Ausgabe 1/2023 dass es mit dem Treffen von Kardinal Koch trotz des Todesfalles des emeritierten Papstes Benedikt XVI. doch noch geklappt hat: 1N, 2E, 3U, 4J, 5A, 6H, 7R «Ich habe gemerkt, dass Kardinal Koch aus einem tiefen Glauben Text: Katja Hongler; Bilder: zVg. Lösungswort: NEUJAHR heraus lebt. Er hat das Sternsingen sehr schön erklärt.» Für Leona war alles gut: «An diesen Tagen war für mich das Sternsingen cool und Das Pfarreiforum gratuliert der Gewinnerin Mailin die Stadt Rom zu erleben.» Madlen hatte noch einen Wunsch: Smolarz ganz herzlich! «Rom hat mir so gut gefallen. Ich möchte eigentlich noch länger bleiben.»
NACHRICHTEN Video lässt in Domsingschule blicken St. Gallen. Ob Singlager, Probewochenende oder Konzertreisen: Ein neuer Film gibt Einblick hinter die Kulissen der Domsingschule der Diözesanen Kirchenmusikschule St. Gallen und zeigt in verschie- denen Szenen, mit welcher Begeisterung die jungen Menschen mitmachen. Die Domsingschule be- steht aus drei Chorgruppen: Vorchor – Kinderchor – Jugendchor. Vor den Auftritten seien sie immer mega nervös, aber bereits nach den ersten Tönen sei die Nervosität jeweils verflogen, heisst es im Clip, der die Zuschauerinnen und Zuschauer mitnimmt in den Alltag der Domsingschule. Gepflegt wird ein breites Repertoire an weltlichen Liedern von Pop und Jazz bis hin zu Filmmusik und Volks- liedern. (red./nar) → www.kirchenmusik-sg.ch/domsingschule/ton-und-bild BISTUM ST. GALLEN St.Gallen Walzenhausen Teufen Libingen Als Hellebardier im Geborgen fühlen in Einsatz der Gemeinde Walzenhausen. Claude Frei aus Walzenhausen ist seit zweieinhalb Jahren Schweizergardist. Als Libingen. In Libingen bei Mosnang hat es in den ver- solcher durfte er die Beerdigung des ehemaligen gangenen zehn Jahren keinen einzigen Austritt ge- Papstes Benedikt XVI. im Januar als Hellebardier geben. Thomas Franck, Verwaltungsdirektor des Ka- begleiten. Insgesamt waren bei der Beerdigung tholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen, 30 bis 40 Gardisten im Einsatz. «Es war wirklich bestätigt gegenüber dem Tagblatt: «Den letzten Aus- eine ganz spezielle Situation und Atmosphäre», tritt in Libingen gab es 2007.» Auch wenn die Kirch- sagt Claude Frei gegenüber dem St. Galler Tag- gemeinde mit heute rund 230 Mitgliedern zu den blatt. Besonders für jene Schweizergardisten, die kleinsten des Kantons gehört, wären statistisch ei- Papst Benedikt XVI. noch persönlich gedient hät- nige Austritte zu erwarten gewesen. Über die Grün- ten. Frei erinnert sich gerne an ein Erlebnis mit de, weshalb es nicht dazu kam, kann Thomas Franck dem ehemaligen Papst. Jedes Jahr am 6. Dezem- allerdings nur mutmassen. So spiele wohl die Tatsa- ber besuchen die Gardisten ihren Vorgesetzten che, dass es eine ländliche und weitläufige Region als Samichlaus und Schmutzli. Zusammen mit ei- sei, eine Rolle. «In solchen Gemeinden kennt man nem anderen Gardisten durfte der Appenzeller, sich noch.» Während die städtisch geprägten Regi- verkleidet als Schmutzli, dem Papst einen Besuch onen einen grösseren Rückgang verzeichnen, sind abstatten. Durch seine deutsche Herkunft kann- die Austrittsquoten im Ländlichen grundsätzlich tie- te dieser die Tradition und mochte sie auch sehr fer. Der Verwaltungsdirektor schlussfolgert: «Offen- gerne. Der Walzenhauser hat sich durch seinen bar gibt es ein Gemeindeleben, in dem man sich ge- Bruder und den Ministrantendienst zu seiner Be- borgen und gut aufgehoben fühlt.» (red./nar) rufswahl inspirieren lassen. (red./nar) Pfarreileben durch den Krieg verändert Teufen. Anfang März im vergangenen Jahr kamen im Rahmen einer privat organisierten humanitären Aktion 120 Geflüchtete aus der Ukraine nach Teufen. Im Interview mit kath.ch berichtet Diakon Stefan Staub nun, wie sich das Pfarreileben dadurch verändert hat. Mittlerweile leben laut Staub nur noch 64 Geflüchtete in Teufen und Umgebung, weil die anderen in ihre weniger gefährliche, westukrainische Heimat zurückgekehrt sind. «Alle sind anfangs privat untergekommen», beschreibt Staub die grosse Hilfsbe- reitschaft. Inzwischen konnten so manche Ukrainerinnen und Ukrainer in Sozialwoh- nungen einziehen, weil sie arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen. «In Fabriken, im Spi- tal, im Service, als Automechaniker», sagt er. Einige seien dem FC Teufen beigetreten, andere Jugendliche in der Pfadi oder in der Jubla untergekommen. (kath.ch/nar) Bilder: Domsingschule, Teufen, Schweizergarde: zVg.; Libingen: wikimedia.org 13
MEDIENTIPPS & AGENDA Tipp Klezmer-Band «Cheibe Balagan» Bekannt aus dem Kinohit «Wolkenbruch» sorgt die Zürcher Klezmer-Band mit unglaublicher Virtuosität für Hochstimmung und volle Säle, wo immer sie aufspielen. «Cheibe Balagan» entstand aus einer grossen Begeisterung für Klezmer, einer jüdischen Musikrichtung aus Osteuropa. Ein besonderes Augenmerk von «Cheibe Balagan» liegt auf dem Spiel mit der jiddischen Sprache, die für Schweizerdeutsch- Sprechende sonderbar vertraut klingt und der Musik Nähe und Sympathie verleiht. 3. Februar 2023, Fabriggli Buchs, 20.00 Uhr Fernsehen Radio Der Lauf der Dinge Die Kunst zu trösten Wim Studer weiss: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Wenn die Kinderknie aufgeschlagen sind, der erste Liebes- Der frühere Banker und verwitwete 16-fache Grossvater kummer drückt, wenn ein geliebter Mensch gestorben ist will sich nach und nach von seinen Besitztümern trennen: oder ein Plan sich zerschlägt: immer brauchen Menschen «Wenn Du ein Ding versorgst und es die nächsten ein, zwei Trost. Nichts kann dabei schnell hingesagt werden. Trösten Jahre nicht mehr brauchst, so brauchst du es gar nie mehr braucht Aufmerksamkeit, liebevolles Zuhören, manchmal und kannst es ruhig weggeben.» Diese Dok-Sendung ist langes Schweigen und viel Geduld. Sätze wie «Stell’ Dich Folge 2 der SRF-Reihe «Der Lauf der Dinge». nicht so an!» oder «Das wird schon wieder!» haben da → Samstag, 4. Februar, SRF2, 19.20 Uhr keinen Platz. Es geht vielmehr darum, sich als Tröstende der Trauer auszusetzen und ganz allmählich mit dem leidenden Mensch Papa! Menschen in neue Hoffnung hinein zu wachsen. In der Was macht das Vaterwerden mit Männern? Wissenschaftler Sendung erzählen Menschen, die getröstet wurden und die untersuchen, wie sich Männer psychisch und physisch Trost spenden. während der Schwangerschaft, der Geburt und in den → Sonntag, 5. Februar 2023, Bayern 2 und danach als Podcast ersten Jahren mit ihren Kindern verändern. Diese Doku- mentation fragt Gehirnforscher, Gynäkologen, Soziologen Online und Psychologen zu ihren Forschungsergebnissen. Und sie begleitet drei Männer in Deutschland, Frankreich und Schweden auf ihrem Abenteuer, Papa zu werden und Vater zu sein. → Samstag, 4. Februar 2023, Arte, 22.50 Uhr Der bayerische Papst Himmlischer Spass – Hat Gott Humor? Zum Tod von Papst Benedikt XVI. zeigte der BR am Religion erleben – die Sendereihe «Stationen» zeigt 1. J anuar den 90-minütigen Film «Der bayerische Papst». Stationen einer persönlichen Entwicklung oder Stationen Die Doku blickt zurück auf entscheidende Stationen im des K irchenjahres, Feste anderer Religionen oder Stationen Leben von Joseph Ratzinger, sie sucht Wurzeln und des Lebens: Die Sendung fragt, wie Menschen denken und Spuren in der bayerischen Heimat des Papstes und lässt glauben. Dieses Mal passend zur Fasnacht: Hat Gott Humor? Wegbegleiter und Zeitzeugen zu Wort kommen. → Mittwoch, 15. Februar, BR, 19 Uhr → Film online ansehen: www.pfarreiforum.ch/derbayerischepapst Bilder: zVg. (oben), SRF, Larissa Klinker / Arte, BR 14 P FA R R E I F O RUM
MEINE SICHT Agenda Begegnung Als Kind im Vorschulalter mochte ich das Fest «Maria Lichtmess» am 2. Februar gar Seniorenvortrag: nicht. Tags darauf räumte unsere Mutter Staatsanwaltschaft den Christbaum und die Krippe weg. Wie schade! und Untersuchungsamt Donnerstag, 2. Februar 2023, Wir liebten es, mit den Schafen und Hirten der grossen Krippen- landschaft zu spielen. Dabei fühlten wir uns glücklich und froh. 14.30 bis 16.00 Uhr Wie leer war unser Wohnzimmer nach dem Aufräumen! Es lud nicht mehr zum Spielen und Verweilen ein. Welche Aufgaben und Kompetenzen hat die Staatsanwaltschaft? Was ist ein Antragsdelikt, was ein Offizialdelikt? Wie wird ermittelt, Als stille Beobachterin welche Verfügungen werden erlassen und wie gelangen wir zu Urteilen? Jahrzehnte später freue ich mich auf das Hochfest «Darstellung Beat Fehr zeigt Einblicke in seine spannende und herausfordernde Arbeit des Herrn» am 2. Februar. Im Schein vieler Kerzen höre ich die bei der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen / Untersuchungsamt Worte des Evangeliums und fühle mich wie eine stille Beobach- St. Gallen. Nach dem Vortrag sind alle zum gemütlichen Beisammensein terin der Szene, als der greise Simeon Jesus in seine Arme nimmt. in der Kaffeestube eingeladen. Keine Anmeldung erforderlich. Vor meinem inneren Auge sehe ich den Holzdruck «Simeon» von Weitere Infos: www.abtwil.kathsg.ch Walter Habdank. Behutsam halten die langen knochigen Hände → Kath. Pfarramt Abtwil von Simeon das Kind. Mit Güte und Liebe betrachtet er den Klei- nen. Freude, Dank und Glück strahlen aus dem alten, vom lan- Zaubermärchen gen Leben gezeichneten Gesicht. Auch Jesus schaut mit weit ge- öffneten Augen zu Simeon. Aber nicht nur, das hell erleuchtete «Das Sonnenschloss» Köpfchen des Kindes neigt sich zur Seite. Es blickt in die Ferne, Jeweils Sonntags, 29. Januar bis zu uns. Ich fühle mich angesprochen. Erwidere ich seinen Blick? 19. Februar 2023, 11.00 Uhr Frei für Neues Gestärkt durch die Begegnung mit dem Kind gehe ich meinen Wer knickt nachts die schönsten Blumen auf der Bergwiese? Was Vittorio, Weg, bin frei für Neues, Unerwartetes. Vielleicht gelingt es mir, der jüngste der drei Brüder entdeckt, ist gleichzeitig der Beginn seiner Mitmenschen in einem neuen Licht zu sehen, frisch auf sie zuzu- Liebe zur geheimnisvollen Prinzessin Aurelia. Auch sie liebt ihn, ist aber gehen und offen zu sein für ihre Freuden und Sorgen. Ich wün- gefangen in der Gewalt eines Ungeheuers. Das Märchen ist für Kinder ab sche es mir und uns a llen. fünf Jahren geeignet. Weitere Infos: www.figurentheatermuseum.ch → Figurentheater Museum, Herisau Demenz erleben: Simulator und Referate 8. bis 26. Februar 2023 Mit dem Demenzsimulator erleben Besucherinnen und Besucher in alltäg- lichen Situationen, wie sich Demenz anfühlt und vor welchen Heraus forderungen Betroffene stehen. Zwei Fachreferate am 12. Februar um 11.00 Uhr und am 22. Februar um 19.00 Uhr ergänzen die Ausstellung der etwas anderen Art. Die Ausstellung wird von der evang. und der kath. Kirchgemeinde Altstätten mitverantwortet und durch die Memory Clinic des Spitals Altstätten, der Spitex RhyCare, der Pro Senectute Rheintal, dem Entlastungsdienst Rheintal sowie dem Hospizdienst Rheintal unterstützt und fachlich begleitet. Weitere Infos: www.prestegg.ch Sr. Marianne-Franziska Imhasly → Museum Prestegg, Altstätten Kloster Wurmsbach Kontemplative Exerzitien: Einführung und Vertiefung 12. bis 17. März 2023 Die Kontemplativen Exerzitien führen durch Übungen der Wahr nehmung von Natur, Leib und Atem in ein stilles Dasein vor Gott. Die Teilnehmenden haben die Bereitschaft, sich auf die Stille, innere Prozesse und geistliche Begleitung einzulassen. Weitere Informationen und baldmöglichste Anmeldung: Sr. M. Fabienne Bucher, mafabucher@gmail.com, www.exerzitiengruppe-stgallen.ch → Seminar und Bildungshaus St. Wiborada, St. Gallen Bild: zVg. 15
ZU BESUCH IN … 9642 Adressänderungen: bitte wenden Sie sich Auflage 122 930, erscheint 12 mal im Jahr. 2. Ausgabe 2023, 1. bis 28. Februar 2023 Peter Burkhard aus Ebnat-Kappel arbeitet als Unternehmensberater bei der Würth Financial Services AG in Rorschach. Ist der → direkt an Ihr Pfarramt. neue Parlamentspräsident des Katholischen Konfessionsteils in St. Gallen, geht er gerne ins Klosterbistro. Diplomat Ebnat-Kappel. Und wie im Wallis sind es auch im Toggenburg die «tief verwurzelten Traditionen» und die Kultur, die ihn und Zuhörer faszinieren und vor denen er grossen Respekt hat. Als Beispiel nennt der 59-Jährige das «Einschellen», die Viehschauen oder Gestaltungskonzept: Die Gestalter AG, St. Gallen den Toggenburger Naturjodel. Es sei ein wunderbares und vielfältiges Tal und durch den Umzug nach Ebnat-Kappel als Vor über 30 Jahren zog Peter Burkhard junge Familie – die Kinder waren damals fünf und drei Jah- von St. Gallen nach Ebnat-Kappel. re, das Jüngste kam im Toggenburg zur Welt – sei auch der Druck: SL Druck + Medien AG, Mels Die «tief verwurzelten» Traditionen Anschluss ans Dorfleben nicht schwer gefallen. Nach Ebnat- im Toggenburg faszinieren den neuen Kappel zu ziehen, dafür hatte sich Peter Burkhard wegen sei- Layout: Cavelti AG, Gossau höchsten St. Galler Katholiken bis nes Berufes entschieden. Bei seinem damaligen Arbeitgeber, heute. Er wünscht sich eine liberalere der Winterthur Versicherungen, wurde ein neuer Innendienst- Kirche. leiter für die Generalagentur Wattwil gesucht. «Ich wollte den Job und so zogen wir um», sagt er. Was es bedeutet, wenn eine Dorfgemeinschaft eine einzelne Person oder eine Familie mitträgt und wie viele Traditionen Das Gegenüber einschätzen ein Kirchenleben mit sich bringt, das gepflegt wird: Peter In Ebnat-Kappel war Peter Burkhard ab dem Jahr 2000 wäh- Burkhard, neuer höchster St. Galler Katholik, erzählt, wie er rend 18 Jahren in der Kirchenverwaltung – für das Amt wur- vor vielen Jahren durch seine Frau der Kirche näher kam. Bis de er angefragt. Seit 2007 politisiert er zudem im Kollegium, dahin hatte er zwar die katholische Sekundarschule flade in dem Parlament des Katholischen Konfessionsteils des Kantons Herausgeber: Verein Pfarrblatt im Bistum St. Gallen St. Gallen und vor allem an Weihnachten und Ostern die Got- St. Gallen. «Ich fand damals, dass unsere Kirchenverwaltung tesdienste besucht. «Ansonsten nahm ich aber nicht gross am eine Verbindung ins Parlament haben sollte, da es immer von kirchlichen Leben teil», sagt der neue Parlamentspräsident gegenseitigem Vorteil ist, wenn man die Personen hinter den des katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen. Das Verwaltungen kennt», sagt er über seine Motivation, sich ins Amt wird er bis Ende November 2024 innehaben. Durch sei- Kollegium wählen zu lassen. Sich selbst beschreibt Peter Burk- T 071 230 05 31, info@pfarreiforum.ch ne Frau, eine Walliserin, änderte sich seine Beziehung zur Kir- hard als Zuhörer, Realist und Diplomat. Ihm sei es wichtig, sein Redaktion: Stephan Sigg (Leitung), che. «Als ich meine Frau als junger Mann in ihrem Heimatdorf Gegenüber einschätzen zu können und dessen Meinung zu ken- Webergasse 9, 9000 St. Gallen Katja Hongler, Nina Rudnicki im Lötschental besuchte, war gerade der Pfarrer gestorben nen. In seinen zwei Jahren als Präsident wird er vier Kollegi- und ich wurde in die Totenwache eingeteilt. Es war die Auf- umssitzungen leiten und dabei die Eröffnungsreden halten. gabe des ganzen Dorfes, mehrere Tage neben dem Leichnam «Die Kirche kann ich in diesem Amt nicht verändern. Aber ich zu wachen», sagt er. «Auf diese Weise kommst du automatisch kann in den Reden meine Gedanken kundtun. Ich bin höchst ins Kirchenleben rein und wirst Teil davon.» liberal. Meiner Meinung nach wäre es Zeit für das Frauenpries- tertum und die Aufhebung des Zölibats», sagt er. Ans Dorfleben anschliessen Seit über 30 Jahren lebt Peter Burkhard, der in der Stadt Text: Nina Rudnicki St. Gallen aufgewachsen ist, mit seiner Familie nun schon in Bild: Ana Kontoulis
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