Was rollt auf uns zu? - DEKRA Solutions
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Magazin Alles im grünen Bereich 3/2019 Was rollt auf uns zu? Neue Konzepte für die Mobilität von morgen Technische Sicherheit Fahrzeugprüfung der nächsten Generation Starke Impulse Interview mit Innovator Prof. Dr. Günther Schuh Verkehrssicherheit Größtmöglicher Schutz für die Kleinsten
Editorial Inhalt Was sind die Antriebe der Zukunft? 3/2019 Stefan Kölbl über neue Mobilität 8 Alternative Antriebe Liebe Leserinnen und Leser, was treibt in Zukunft unsere Mobilität an? Wie werden wir in zehn Jahren unterwegs sein? Mit welchen Verkehrsmitteln und mit welchen Antriebskonzepten? In dieser Ausgabe wollen wir Ihnen darauf nützliche Antworten geben. Über das klassi- 08 Wer macht das Rennen? Titelthema sche E-Batterie-Auto hinaus, beleuchten wir Batterie, Brennstoffzelle und Co.: Alternative die Chancen alternativer Antriebe wie zum Antriebstechnologien schicken sich an, die Beispiel der Brennstoffzelle und von synthe- herkömmlichen abzulösen. tischen Kraftstoffen. Und wir schauen dabei ganz genau hin – auch bei neuen Verkehrsmit- 18 „Neues wagen“ teln wie dem gerade viel zitierten E-Scooter. Im Interview: Prof. Dr. Günther Schuh über Denn eines ist uns ganz besonders wich- Innovationen, Reichweiten bei Elektrofahr- tig: Ihre Sicherheit. Deshalb, egal welche zeugen und die Rolle der Verbraucher. Verkehrsmittel und Antriebskonzepte sich in zehn Jahren durchsetzen werden, Sie kön- 20 Die E-Könige nen sich darauf verlassen: DEKRA wird sich Sind die bekanntesten auch die erfolgreichs- unermüdlich jetzt, heute und morgen für die ten Elektro-Pkw? Die Bestseller im Überblick. FOTOS: K.-H. AUGUSTIN, ALLE WEITEREN WIE IM ARTIKEL Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause einsetzen. Ich wünsche Ihnen eine abwechslungs- reiche und auf alle Fälle sichere Lektüre. Ihr Stefan Kölbl 18 Prof. Günther Vorsitzender des Vorstands Schuh im DEKRA e. V. und DEKRA SE Interview 2 DEKRA solutions 3/2019
Inhalt Digital 22E-Scooter 28 Fahrzeug- prüfung PDF-Download 22 32 Eine Sache der Balance Sie möchten DEKRA solutions kompakt als Für Kurzstrecken scheinen E-Scooter ideal zu PDF lesen? Kein Problem, sein. Erfahren Sie, wie Sie auch sicher unter- einfach diese und Rettungs- gasse wegs sein können. andere Ausgaben des Magazins kostenlos 26 Digitale Sicherheit in der Mobilität downloaden unter: Frank Leimbach im Interview über die Zukunft der Fahrzeugprüfung und die Hinter- gründe der Trust-Center-Initiative. dekra-solutions.com 28 Auf dem Weg zur HU 4.0 Die Welt der Fahrzeugprüfung ist voller Unterschiede. Doch überall gleichermaßen stellt sich die Frage nach der Digitalisierung. 32 Bei Stau Rettungsgasse bilden Wie funktioniert sie in Deutschland und in anderen Ländern der Welt? solutions online 34 Unter Hochspannung Das DEKRA Magazin hat In Zertifikatskursen schult DEKRA künftige auch eine eigene Home- page mit Neuigkeiten aus Fachkräfte für Hochvolt-Technik. der Welt von DEKRA – mit Sicherheit spannend. 38 Alarmstufe rot Bei der Kindersicherheit im Straßenverkehr besteht weiterhin akuter Handlungsbedarf. Wir freuen uns auf 42 Die Welt neu kartiert Ihren Besuch: dekra-solutions.com Mit einer ausgeklügelten Idee revolutioniert what3words die Standortbestimmung. Standards 02 Editorial Icons 04 Nachrichten 43 Impressum Webverweis 34 Hochvolt- 42 Information Schulungen Drei-Wort- Vita Adressen
Nachrichten TIC COUNCIL Klima-Standards gefordert Ü berschwemmungen, Waldbrände, Beratungsunternehmen Longitude Die Studie, die im Auftrag des TIC (Tes- Tornados oder Dürrekatastro- hatte die Chefs von Unternehmen mit ting, Inspection and Certification) Coun- phen: Der Klimawandel ist für die einem Umsatz von mehr als 100 Milli- cils der Prüf- und Zertifizierungsbranche globale Wirtschaft zum gefährlichsten onen US-Dollar befragt. Sie verlangten erstellt wurde, ergab zudem, dass über Risiko überhaupt geworden und stellt schnelles Handeln der Politik, um Lie- zwei Drittel der CEOs in den kommenden Cyberattacken oder Umbrüche durch ferketten und Wohlstand zu sichern. Nur zwei Jahren bis zu 14 Prozent mehr für neue Technologien in den Hintergrund. mit Regeln und Standards lasse sich das eine verbesserte Risikominimierung aus- Für wie bedrohlich 400 repräsentativ Pariser Klimaziel einhalten und ein fai- geben wollen. Die Hälfte der Unterneh- befragte Manager aus Europa, Asien rer Wettbewerb gewährleisten, betonten men erstellt bereits einen Jahresbericht, und Nordamerika die Lage halten, über- die Manager. 79 Prozent von ihnen haben um Rechenschaft über ihre Klimaaktivi- raschte auch Experten. Das britische bereits ihre Lieferketten überarbeitet. täten abzulegen. 3-D-DISPLAY Mehr Sicherheit und Komfort im Cockpit Continental will die Displays in Fahrzeugen revolutio- nieren und setzt dabei auf dreidimensionale Effekte. Zusammen mit dem US-Unternehmen Leia Inc. wird eine Cockpitlösung entwickelt, die die dritte Dimension in ein- zigartiger Qualität ins Auto der Zukunft bringen soll. Lichtfelddisplays ermöglichen dem Hersteller zufolge nicht nur eine komfortable 3-D-Wahrnehmung, die gra- fischen Möglichkeiten würden zudem durch Hervorhe- bungen, Akzentuierungen und komplexe Lichteffekte verbessert. Der Dialog zwischen Fahrer und Fahrzeug soll komfortabler, intuitiver und damit sicherer werden; selbst Passagiere auf den Rücksitzen könnten Informa- tionen in Echtzeit erfassen. Das „Natural 3D Lightfield Instrument Cluster“ soll bis 2022 serienreif sein. 4 DEKRA solutions 3/2019
SUN-to-LIQUID ERNEUERBARE KRAFTSTOFFE Kurz notiert Solares Kerosin Mit „SUN-to-LIQUID“ ist es erstmals gelun- gen, aus konzentriertem Sonnenlicht, Wasser und CO2 solares Kerosin unter realen Bedin- gungen zu produzieren. Das von der EU und der Schweiz geförderte Projekt wurde laut ETH Zürich unter den Bedingungen einer industriellen Kraftstoffproduktion validiert. Verglichen mit fossilem Treibstoff werden KIT die CO2-Emissionen um mehr als 90 Prozent gedrückt. Die solare Kraftstoffproduktion ist am besten für Wüsten geeignet und konkur- riert so nicht mit der Landwirtschaft. Berech- Hochflexibel nungen zufolge kann eine einen Quadrat Das Schweizer Forschungs- kilometer große Anlage am Tag 20.000 Liter institut Empa hat eine flexible Kerosin erzeugen. An einem anderen Projekt Solarzelle auf Polymerfilm arbeitet das Karlsruher Institut für Technolo- vorgestellt, die einen Wir- gie (KIT). Es will Klimaanlagen so umrüsten, kungsgrad von 20,8 Prozent erreicht und damit den Rekord dass sie CO2 aus der Luft filtern, um damit für diese Art von Solarzellen alternative Kraftstoffe herzustellen. bricht. Derzeit liegt der Wirkungsgrad von kommerziell genutzten monokristallinen Silizium-Solarzellen bei maxi- mal 22 Prozent. Polymerfilm- INNOVATIONSBUDGET zellen sind dagegen hochfle- Geld für die Zukunft xibel, können in vielen Formen gefertigt und beispielsweise in Kleidung integriert werden. Die 500 Unternehmen mit den höchsten Plus von 27 Prozent 24,4 Milliarden Euro Ausgaben für Forschung und Entwick- investiert. Die Google-Muttergesellschaft lung weltweit haben ihr Innovationsbud- Alphabet hat sogar 29 Prozent mehr ausge- get 2018 um zehn Prozent auf insgesamt geben. VW lag mit Ausgaben in Höhe von Bulli als Showcar 606 Milliarden Euro erhöht. Allen voran 12,1 Milliarden Euro und einer Steigerung E-Motor, biometrische Fah- hat Onlinehändler Amazon bei einem um vier Prozent auf dem fünften Platz. rer-Identifikation und ein holo- grafisches Infotainmentsystem Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind nur einige Merkmale des von Firmen weltweit 2018 (in Mrd. €) Veränderung Type 20, den VW in seinem Quelle: Ernst & Young zu 2017 Forschungszentrum in Kalifor- nien kreiert hat. Er basiert auf 1 Amazon 24,4 +27 % einem 1962er Typ 2-Bulli, der zukunftsweisend umgebaut 2 Alphabet 18,2 +29 % wurde. Damit einher geht die 3 Samsung 14,4 +11 % Umbenennung des Electronics Research Laboratory (ERL) in 4 Microsoft 12,5 +13 % Engineering Center California 5 Volkswagen 12,1 +4 % (IECC). Rund 180 Mitarbeiter sind hier im Bereich Forschung 6 Apple 12,1 +23 % und Entwicklung bei VW tätig. 7 Intel 11,5 +4 % 8 Roche 10,5 +7 % 9 Johnson & Johnson 9,1 +2 % 10 Abbvie 8,8 +106 % 5 DEKRA solutions 3/2019
Kurz notiert ALTERNATIVE ENERGIEN Planen-Strom Gedanken-Software Als textile Solarzellen sollen Lkw-Pla- Eine Software, die Gedanken nen künftig Strom erzeugen. Laut For- aufschreibt, haben Forscher der Universität Kalifornien in schern des Fraunhofer-Instituts für San Francisco entwickelt. Sie Keramische Technologien und Systeme hat mithilfe von Elektroden in Dresden könnte der Planen-Strom Hirnsignale erkannt und Kühlaggregate oder die Lkw-Ortung zeichnete mit einer Genauigkeit versorgen. Denkbar ist aber auch der von 76 Prozent auf, was die Einsatz des Verfahrens auf schatten- Probanden hörten. spendenden Rollos an Gebäuden. Die Die g edachte Antwort wurde Solarzellen werden direkt auf einem zu 61 Prozent richtig erkannt. Glasfasergewebe hergestellt. Einen ers- Die Zufallsrate liege bei 7 bis 20 ten Prototyp mit einer Effizienz von 0,1 Prozent. Die Wissenschaftler bis 0,3 Prozent gibt es bereits. Dieser versprechen sich von dem Verfahren Hilfe für Wert soll auf fünf Prozent gesteigert Menschen, die sonst nicht werden, damit sich der Strom aus Stoff kommunizieren können. rechnet. Wenn alles wie erhofft funk tioniert, könnte die textile Solarzelle den Wissenschaftlern zufolge in etwa fünf Jahren auf den Markt kommen. STATISTIK Weltweite Absatzmarktstruktur Neuzulassungen von Pkw und Nutzfahrzeugen 2018 (anteilig in Prozent) Quelle: ACEA, IHS MARKIT 2019/2020 Naher Osten/ People-Mover Asien davon China Amerika Europa Afrika Ein fahrerloser Kleinbus 36.642.000 23.220.000 20.407.000 18.012.000 3.648.000 ist jetzt in Wusterhausen/ 46,6 % 29,5 % 25,9 % 22,9 % 4,6 % Dosse im brandenburgischen Landkreis Ostprignitz-Ruppin unterwegs. Im Rahmen eines Forschungsprojekts verbindet er den Bahnhof der knapp 6.000 Einwohner zählenden Gemeinde mit der Ortsmitte Naher Osten/ Asien davon China Amerika Europa Afrika und einem Verbrauchermarkt. 9.083.000 5.326.000 5.806.000 2.997.000 649.000 Gutachten des DEKRA 49,0 % 28,7 % 31,3 % 16,2 % 3,5 % Technology Centers (DTC) in Klettwitz ermöglichten den Probebetrieb. Das Fahrzeug mit sechs Sitzplätzen kann bis zu 15 km/h schnell fahren. Zwar ist ein Sicherheitsfahrer an Bord, die Steuerung auf der vorab einprogrammierten Strecke läuft aber in der Regel automatisiert. 6 DEKRA solutions 3/2019
Nachrichten BATTERIETECHNOLOGIE Voll in nur fünf Minuten Ultraschnelles Laden für E-Autos verspricht der israelische Batterieentwick- ler StoreDot. Mithilfe eines neu entwickelten Batterietyps sei künftig das Stromtanken in fünf Minuten erledigt und das Fahrzeug je nach Modell bereit, bis zu 480 Kilometer zurückzulegen. Basis hierfür sind nach Herstelleranga- ben innovative Werkstoffe und eine neue Akkustruktur. Betont wird, dass die neuen Materialien viel schwerer entflammbar und auch bei hohen Temperatu- ren stabiler seien als herkömmliche Lithium-Ionen-Modelle. Außerdem sei der Herstellungsprozess umweltfreundlicher. Die Kosten für die „Flash“-Batterie sollen, genau wie die der konventionellen Akkus, in den kommenden Jahren sinken. Geplant ist, bis 2021 Batterien für Motorroller auf den Markt zu brin- gen, danach will StoreDot sich einen Pkw vornehmen. FOTOS: TOBIAS SCHWARZ/ISTOCK, CONTINENTAL AG, JULIA DUNLOP/CLIMEWORKS, ABEL VALDENEBRO/ARTTIC, JAKKAPAN/EMPA, JAKKAPAN/EMPA, INTERVIEW „Ständig wahrnehmungsbereit“ MARCO JENTSCH/SCHNITTSTELLE BERLIN, FRAUNHOFER IKTS, FOREST STRIDER/ISTOCK, STORE-DOT.COM, FOTOATELIER KUNDE/DEKRA Dr. Thomas Wagner führt verschiedene Studien zu aktuellen Themen im Kontext der Fahreignung und Verkehrspsychologie durch. Gemeinsam mit s einer Kollegin Dr. Karin Müller beschäftigt sich Wagner mit der Frage, welche neuen Anforderungen es an die Kraftfahreignung für das automatisierte Fahren gibt. Welche besonderen Anforderungen muss ein Fah- gen auf unterschiedlichen rer beim automatisierten Fahren erfüllen? Automatisierungsstufen, oder Wagner: Nach heutiger Gesetzeslage muss der in der unzureichenden Zuver- Fahrer mehr leisten können als die unterstützende lässigkeit der technischen Sys- Technik. Gemäß § 1b StVG muss er ständig wahr- temüberwachung. Der Fahrer nehmungsbereit sein, damit er jederzeit die Fahr- kann infolge eines zu starken zeugsteuerung übernehmen kann. Entweder for- Vertrauens in die Technik dert ihn das System dazu auf oder er muss aufgrund („overtrust“) nachlässig wer- offensichtlicher Umstände erkennen, dass er ein- den, es können neue Risikoszenarios hinzutreten. greifen muss. Da sich der Fahrer zudem kurzfris- Schwächere Verkehrsteilnehmer könnten das Nach- tig abwenden können darf, ergibt sich ein schier sehen haben, da der sogenannte Vertrauensgrund- Dr. Thomas unlösbarer Konflikt. Um die Übernahme wenigstens satz, alle Verkehrsteilnehmer halten sich strikt Wagner, nach Systemaufforderung zu ermöglichen, braucht an die Vorschriften, nur schwer programmierbar Leiter der amtlich es gute Reaktionszeiten, eine rasche Auffassungs- erscheint. anerkannten gabe für die Interpretation der Verkehrssituation Begutachtungsstel- sowie die Fähigkeit, rasch unterschiedliche Aspekte Was passiert, wenn das System ausfällt? len für Fahreignung beim DEKRA e. V. gleichzeitig verarbeiten zu können. Der Fahrer muss übernehmen. Und das ist eine Dresden Herausforderung, wie eine Fülle einschlägiger Labor- Welche Risiken birgt das automatisierte Fahren? und Simulatorstudien zeigt. Diese ergaben, dass die Risiken bestehen in der Datensicherheit, im künfti- Übernahmezeit für die Systemkontrolle bei circa 7 gen Mischverkehr, das heißt, konventionelle Fahr- bis 10 Sekunden liegt, als niedrigster Wert werden 2,8 zeuge teilen sich den Verkehrsraum mit Fahrzeu- Sekunden berichtet, als höchster Wert 40 Sekunden. 7 DEKRA solutions 3/2019
Alternative Antriebe Komfortabel, schnell und flexibel soll sie sein, die mobile Zukunft – doch vor allem auch umweltverträglich. Welche Antriebe haben das Zeug dazu, diese Anforderungen zu erfüllen? Ein Überblick über die alternativen Antriebe. Text Michael Specht M 59,4 obilität gehört zu den Grund stange sein. Fahrzeugherstellern, die ihre bedürfnissen des modernen Men Zielwerte nicht einhalten, drohen Hun schen. Der weltweite Bestand derte Millionen Euro Strafen – ganz zu aller Kraftfahrzeuge wächst kontinuier schweigen vom Imageverlust. „Vor allem lich. Waren es 2005 noch 892 Millionen Gramm pro Kilometer – so viel CO2 umweltbewusste wie auch preissensitive gewesen, lag die Zahl laut der Organi darf der Flottenausstoß der ab 2030 Kunden dürften sich von Marken abwen sation Internationale des Constructeurs in der EU verkauften Neuwagen eines den, die es nicht schaffen, ihre CO2-Vorga d’Automobiles (OICA) zehn Jahre später Herstellers maximal betragen ben einzuhalten. Drohende Strafzahlun schon bei 1,28 Milliarden. Doch vor dem gen werden den Blick der Verbraucher auf d Hintergrund der Klimaschutzdebatten um das Thema schärfen“, sagt Klaus Schmitz, Emissionen und den Verbrauch an fossi Auch wenn wir seit vielen Jahrzehnten Leiter des Automotive-Geschäfts in Zen len Ressourcen stell sich die Frage, wie die komfortabel konventionelle Kraftstoffe traleuropa bei der Unternehmensberatung t mobile Zukunft aussehen könnte. Welche tanken, um nahezu grenzenlos mobil zu Arthur D. Little. nachhaltigen Alternativen gibt es zu den sein: Ein Umdenken findet statt. Allesamt Millionen von Benzin- und Dieselmotoren, stehen die Fahrzeughersteller unter poli h die heute weltweit unterwegs sind? tischem wie gesellschaftlichem Druck, Bevölkerungswachstum, verbunden saubere alternative Antriebe für ihre c mit einem gesteigerten Verkehrsaufkom Produkte zu entwickeln. Schon für Ende men, lässt den Energieverbrauch weiter 2020 schreibt die EU-Kommission einen steigen. 2050 werden laut den Verein durchschnittlichen Flottenausstoß von 95 a ten Nationen (UN) 9,8 Milliarden Men Gramm CO2 pro Kilometer vor. Und dies schen auf der Erde leben. „Der Bestand wird längst nicht das Ende der Fahnen an Fahrzeugen dürfte dann bei knapp zwei Milliarden, die Zahl der Erstzulas m sungen bei jährlich über 120 Millionen liegen“, schätzt Peter Fintl, Manager des Beratungs- und Engineering-Konzerns r Altran. Laut einer Statistik des Verbands der Automobilindustrie (VDA) in Deutsch land lag die weltweite Zahl der Erstzulas e sungen 2018 noch bei rund 84 Millionen. W
en? enn s R d a H2 B nt at rie a te b rie - B ffz st re e o nn lle - E- Fu el Er E10 dg as 0 B io -E th an ol Die mobile Zukunft Alternativen zu herkömmli chen Kraftstoffen stehen in den Startlöchern. Es gilt, Nachhaltigkeit und Energie effizienz optimal zu vereinen
Alternative Antriebe Batterie- antrieb OPTIMIERUNGS- UND INVESTITIONSPOTENZIALE D ie derzeit größten Erwartungen wer den in den Elektroantrieb gesetzt. „Batterieautos sind gut, aber nicht für alle Anforderungen“, sagt Bert Hell wig, Spezialist für Elektromobilität bei ZF. Die Gründe sind hohes Batterie gewicht, hohe Kosten, ein – bezogen auf die Masse – äußerst geringer Energie Jaguar I-Pace inhalt und damit verbunden eine relativ Zwei E-Motoren leisten geringe Reichweite. In Kompaktmodel jeweils 200 PS und len wie dem BMW i3 wiegt der Akku rund insgesamt ein maximales Drehmoment von 696 Nm 300 Kilogramm. In Mittelklasse-SUVs wie dem Audi e-tron, Jaguar I-Pace, Mercedes EQC oder auch in der Limousine Tesla Model S kann er auch das Doppelte wie gen. Pläne bei Toyota sehen vor, schon in den kommenden Jahren die Feststoffbat terie serienreif zu haben. Sie soll bei deut lich weniger Gewicht mehr Energie spei chern können. Ein konkretes Datum hat der japanische Hersteller allerdings noch nicht genannt. In der Kritik stehen Batterien auch auf grund ihres sogenannten CO2-Rucksacks. 80 Denn zu ihrer Herstellung wird sehr viel Energie benötigt. Bei großen Elektrofahr zeugen fällt dies wegen der deutlich grö ßeren und leistungsstärkeren Batterien stärker ins Gewicht als bei kleinen. Doch werden die Umweltbilanzen über den gesamten Lebenszyklus – bestehend aus Herstellung, Nutzung über 200.000 Kilo meter und Verwertung – betrachtet, dreht neue E-Modelle will sich das Ganze mit der Zeit zugunsten des VW bis 2025 auf den Battery Electric Vehicles (BEV). Dies hat Markt bringen zumindest Mercedes-Benz in seiner Ana 10 DEKRA solutions 3/2019
lyse „Lifecycle Compact“ ermittelt. Der Stuttgarter Fahrzeughersteller verglich die Umweltverträglichkeit seiner Modelle und die Umweltbilanzen verschiedener Antriebskonzepte über ihren gesamten Lebenszyklus. In die Berechnung flossen Rohstoffgewinnung, Produktion, Nutzung und Verwertung ein. Danach liegen batte- rieelektrische Modelle – bei einer durch- schnittlichen Laufleistung von 200.000 Kilometern – hinsichtlich der CO2-Bilanz im Vorteil gegenüber konventionellen Antrieben. Denn selbst beim heutigen EU-Strom-Mix kommen sie auf etwa 45 Prozent der Gesamtemissionen und glei- chen so den höheren Energiebedarf bei der Produktion aus. „Die Optimierung der Bat- terietechnologie und -produktion bietet ein großes Potenzial für weitere Einspa- rungen“, sagt Jochen Hermann, Leiter Ent- Audi e-tron wicklung CASE (Connected, Autonomous, Modularer Elektrifizierungsbaukasten Bei Audi soll 2025 Shared, Electric) und Entwicklung eDrive (MEB) genannte Plattform soll ab 2020 jedes zweite verkaufte bei Mercedes-Benz Cars. nicht nur konzernweit für die Marken VW, Fahrzeug ein E- oder Hybridmodell sein Die größte Elektro-Offensive der Audi, Seat und Skoda genutzt werden und Branche geht momentan allerdings von dadurch die gewünschten Skaleneffekte Volkswagen aus. Der Wolfsburger Kon- erzielen, sondern auch anderen Marken zern begann 2016 mit der Entwicklung als offene Architektur zur Verfügung ste- einer komplett neuen Architektur, aus- hen. Als Erster nahm kürzlich Ford die schließlich gedacht für den batterieelek- Chance wahr und entwickelt auf Basis des trischen Antrieb. Rund sieben Milliarden MEB nun ein kompaktes Elektroauto für Euro investierte Volkswagen bislang. Die den europäischen Markt. 11 DEKRA solutions 3/2019
Alternative Antriebe 1839 „Auf lange Sicht wird sich das Brennstoff zellenfahrzeug durchsetzen“, glaubt ZF-Experte Hellwig. Die von McKinsey im Auftrag des H2 Hydrogen Councils Ende 2017 durch geführte Studie „Scaling up Hydrogen“ zeigt, dass im Jahr 2050 knapp 20 Prozent präsentierte der britische Physiker und Jurist Sir William Grove seine Idee: elektrische Energie- des weltweiten Energiebedarfs durch Was gewinnung durch Oxidation von Brennstoff serstoff gedeckt werden könnten. Wasserstoff mit Sauerstoff zellenantrieb Den Ton in dieser Technologie geben momentan Mercedes-Benz, Hyundai, vor allem aber Toyota an. Alle drei Marken 22.500 Kilometer lokal emissionsfrei und VIELVERSPRECHENDE haben schon Serienfahrzeuge mit Brenn nahezu lautlos zurück. Ende 2019 soll der stoffzelle auf dem Markt. Bei Toyota fällt weiterentwickelte Fuel Cell Electric Truck TECHNOLOGIE dem Wasserstoff eine Schlüsselrolle zu. (FCET) an den Start gehen. Die Brennstoff „Brennstoffzellenfahrzeuge sind der viel zellentechnologie des Lkw stammt aus E ine interessante Alternative zum versprechendste Weg zum umweltfreund der Limousine Mirai. Hyundai und das Batterieauto stellt nach wie vor der lichen Auto“, sagt Yoshikazu Tanaka. Der Schweizer Unternehmen H2 Energy sind Brennstoffzellenantrieb dar. Bei der Chefingenieur des Toyota Mirai sieht Was im April 2019 das Joint Venture Hyundai Energiebilanz kommt er auf ähnlich gute serstoff besonders für Nutzfahrzeuge als Hydrogen Mobility eingegangen und wol Werte. In einer Brennstoffzelle entsteht die beste Alternative zum Diesel an, weil len bis 2025 insgesamt 1.600 Brennstoff durch das Zusammenbringen von Was die Brennstoffzellentechnik bei gleicher zellen-Elektro-Lkw – vornehmlich in der serstoff und Sauerstoff Strom. Der treibt Reichweite deutlich weniger Platz und Schweiz – einführen. einen Elektromotor an. Als Emissions Gewicht einnehme, als Batterien es täten. Auch auf der Schiene kristallisieren produkt fällt lediglich Wasserdampf an. Schon vor zweieinhalb Jahren startete sich die Vorteile von Wasserstoff und Wasserstoff gilt als ideales Speicherme Toyota zusammen mit dem Lkw-Hersteller Brennstoffzelle heraus. In Niedersach dium, er lässt sich mithilfe erneuerbarer Kenworth ein Pilotprojekt im Hafen von sen pendelt seit September 2018 auf einer Energien direkt aus Wasser abspalten, Long Beach. Seitdem legten die beiden Nebenstrecke ohne elektrische Oberlei aber auch aus Klärschlamm und Bio US-Hauber mit Brennstoffzellenantrieb tung im Elbe-Weser-Netz ein Regionalzug masse gewinnen. Zudem brauchen Auto laut Unternehmensangaben mehr als mit einem Wasserstoff-Brennstoffzellen fahrer ihr Nutzungsprofil fast nicht zu antrieb. Die Landesnahverkehrsgesell ändern, der Tankvorgang dauert wie bei schaft Niedersachsen (LNVG) hat mit dem Diesel oder Benzin nur wenige Minuten. Coradia iLint des französischen Bahnkon Alpha und Beta Seit 2017 sind zwei Lkw mit Brennstoffzellenantrieb von Toyota/Kenworth im Testbetrieb unterwegs
Coradia iLint Das Zugmodell von Alstom wurde 2018 mit dem Green-Tec Award in der Kategorie „Mobilität“ ausgezeichnet zerns Alstom den weltweit ersten wasser- stoffbetriebenen Personenzug im Linien verkehr im Einsatz. „Diesel hat seine Zukunft hinter sich, Wasserstoff seine Zukunft noch vor sich“, sagt Rainer Peters, Sprecher der LNVG. 2021 soll eine fest in stallierte Wasserstofftankstelle in Betrieb gehen und Alstom 14 weitere Wasserstoff- züge an die LNVG liefern. E in weiterer Ansatz zur CO2-Reduzie- rung wäre, die Vielfalt der verwen- deten Energiequellen zu erhöhen. Heute fahren wir zu mehr als 96 Prozent mit konventionellen Motoren, die mit fos- silen, also erdölbasierten Brennstoffen angetrieben werden. Was läge also näher, als Benzin und Diesel synthetisch und gleichzeitig CO2-neutral herzustellen? Dies ginge zum einen über regenerativ erzeug- ten Wasserstoff, zum anderen über orga- nische Abfälle. Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, lassen sich prinzipi- ell maßgeschneidert durch reine Molekül- ketten zusammensetzen und verbrennen damit deutlich sauberer als ihre raffinier- ten Pendants. Das Problem bisher: Die Her- stellung ist noch teuer. Dennoch könnten E-Fuels zu einer festen Größe im Verkehrs- wesen werden und einen immensen Bei- trag zum Klimaschutz leisten, so eine E-Fuels Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Demnach kann der Energiebedarf aller Verkehrsträger der EU – dazu gehören MASSGESCHNEIDERTE auch Lkw, Schiffe und Flugzeuge – im Jahr 2050 zu mehr als 70 Prozent von E-Fuels KRAFTSTOFFE gedeckt werden. 13 DEKRA solutions 3/2019
Alternative Antriebe VW Polo 1.0 TGI mit CNG Erdgas Der Dreizylinder kann sowohl mit Erdgas als auch mit herkömmlichem Benzin betrieben werden REGENERATIVE ENERGIEGEWINNUNG U nter den restlichen 30 Prozent befin- nen Power-to-Gas-Anlage im Emsland. plett mit Bio-CNG versorgen“, sagt Ulrike det sich Erdgas. Mit Compressed Den Strom liefern Windkraftanlagen. Kurze, Marketingleiterin bei Verbio. Natural Gas (CNG) betriebene Moto- Alternativen zu fossilem Erdgas lassen Dennoch gilt CNG als Problemkind der ren emittieren im Vergleich zu Diesel und sich auch aus organischen Abfällen erzeu- Autoindustrie. Trotz eines recht großen Benzinern rund 20 Prozent weniger CO2 gen. Hierbei entsteht Bio-Methan. Auch Modellangebots – allein der Volkswagen- und bis zu 95 Prozent weniger Stickoxide dieses ließe sich effizient in die vorhan- Konzern hat 19 CNG-Fahrzeuge – haben (NOx). Zudem werden im direkten Ver- dene Infrastruktur einbinden. „Mit einer Autofahrer Vorbehalte gegenüber der Gas- gleich kaum Rußpartikel ausgestoßen. Betankung durch Bio-CNG sind Fahr- technik. „Nur vier Prozent der potenziel- Nahezu CO2-neutral sähe die Energiebi- zeuge nahezu klimaneutral unterwegs“, len Käufer finden diese Kraftstoffe inte lanz mit synthetisch erzeugtem Erdgas sagt Stephen Neumann, Volkswagen-Kon- ressant“, so die Studie „Autotrends 2018“ aus. Zum Beispiel ginge dies durch rege- zernbeauftragter CNG-Mobilität. Aktuell im Auftrag der Creditplus Bank. Manch nerativ erzeugten Strom über die Zwi- sind laut Bio-Energieproduzent Verbio in einem ist ein 700-Bar-Drucktank unter schenstation Wasserstoff. Audi etwa geht Deutschland bereits 23 Prozent Bio-Erd- dem Wagen nicht geheuer, einem ande- diesen Weg. Die Ingolstädter speisen seit gas aus Reststoffen im Netz. „Damit ren das dünne Versorgungsnetz Euro- über fünf Jahren ihr e-Gas in das deutsche ließe sich die derzeit vorhandene CNG- pas – eine Ausnahme bilden hier Italien Erdgasnetz ein. Es stammt aus einer eige- Flotte von circa 100.000 Fahrzeugen kom- und Deutschland. Auch ist der gegenüber einem Benziner höhere Fahrzeugpreis für viele nicht gerade verlockend. „Dafür sind in der Praxis Einsparungen bei den Kraft- stoffkosten von 34 Prozent im Vergleich zum Diesel und 49 Prozent im Vergleich zum Benziner möglich“, heißt es bei Seat. Die spanische Volkswagen-Tochter setzt verstärkt auf CNG. CNG-Modelle Sowohl in Pkw als auch bei den Nutzfahrzeugen ist CNG-Antriebstechnologie bereits im Einsatz 14 DEKRA solutions 3/2019
E100 Bio-Ethanol HERSTELLUNGS- 1860 PROZESS IM FOKUS E inen deutlich stärker reduzieren- den Einfluss auf die CO2-Emissionen könnte Bio-Ethanol haben. Europa müsste dazu dem Beispiel Brasiliens fol- gen und den alternativen Kraftstoff nicht nur zu zehn Prozent (E10) beimischen, son- verwendete Nikolaus August Otto FOTOS: OSTAPENKO OLENA/ISTOCK, JAGUAR, AUDI AG (2), TOYOTA, ALSTOM, VOLKSWAGEN AG (2) dern ihn auch als Reinkraftstoff (E100) Äthylalkohol (Ethanol) als Kraftstoff anbieten. In dem südamerikanischen Land für den Betrieb des Prototyps ist reines Ethanol an rund 32.000 Tank- seines Verbrennungsmotors stellen verfügbar. Allerdings erfordert dies eine technische Anpassung der Motoren. Und: Damit Ethanol einen positiven Bei- trag zur Energiebilanz leisten kann, müs- sen besonders beim Herstellungsprozess möglichst wenig Energie und Wasser ver- braucht werden, muss der Anbau der Bio- masse frei von Stickstoffdüngemitteln sowie Pestiziden sein und darf der Land- schaftsverbrauch nicht auf Kosten der Erschließung neuer Nutzflächen gehen. und von daher mit Unsicherheit behaf- tet“, sagt Klaus Schmitz. Der Automotive- Experte von Arthur D. Little sieht zudem in der staatlichen Unterstützung einen höchst relevanten Faktor. „Subventio- nen und Regulierung nehmen entschei- denden Einfluss auf die Verbreitung von Technologien“, sagt Schmitz. Er erläutert: B atterie, Wasserstoff, E-Fuels, Erd- „Während dies in Deutschland eher unter gas, Ethanol: Welcher alternative Klimagesichtspunkten betrieben wird, Energieträger sich letztlich als erfolgt es beispielsweise in China als sehr Antriebsform im Lauf der nächsten Jahr- konsequente Industriepolitik. Es wundert zehnte durchsetzen wird, bleibt selbst nicht, dass das Reich der Mitte zum größ- für Fachleute schwierig vorherzusagen. ten Markt für Elektroautos aufgestiegen „Dies ist stark vom technischen Fort- ist – und diese Position wohl auch lang- schritt und von Regulierungen abhängig fristig beibehalten wird.“ 15 DEKRA solutions 3/2019
Alternative Antriebe Brennstoffzelle, Batterie oder E-Fuels – wie funktionieren die Antriebskonzepte? Stromnetz Quellen: Bosch, DEKRA, EnBW Autoren: ETM cp, Johannes Winterhagen Infografik: Benjamin Hartmann iBatteriei iWasserstoff-i itankstellei iElektrolysei iWasserstofftanksi Für die Wasserstoffgewinnung wird Wasser mit Hilfe von Strom in seine Bestandteile iElektromotori Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Somit wird elektrische in chemische Energie umgewandelt. Elektronischer Stromfluss iBrennstoff-i izellen-Stacki In der Brennstoffzelle iLuftsauerstoff (O2)i dient der gasförmige Wasserstoff als „Treibstoff“. In einem Membran Elektronen- chemischen Prozess reagiert er mit abgabe Kathode (-) Sauerstoff. Dabei wird die im Wasserstoff gespeicherte Energie als Strom freigegeben. iGasförmiger Dieser treibt den i2 Vom Molekül iWasserstoff (H2)i izum Atomi Elektromotor an. Sauerstoffmoleküle spalten sich durch i3 Wasser Elektronenannahme ientstehti in einzelne Atome Treffen zwei auf. Nur diese H2 Anode (+) Wasserstoff- können die Gas- atome auf ein diffusionsplatte Sauerstoffatom, passieren. i1 Gasdiffusionsplatte gehen sie imit Katalysatori eine stabile In einem katalytischen Verbindung ein: Brennstoff- Prozess gibt der Wasser- Wasser. zellenantrieb stoff sein Elektron (e-) ab. Nur als Proton (p+) kann er die Membran passieren.
CO2 iVerbrenneri iZapfsäulei Bei einem Verbrennungsmotor wird ein Kraftstoff-Luft-Gemisch in einem Zylinder entzündet und verbrannt. Chemische Energie wird in mecha- nische Arbeit umgewandelt. Ein CO2 wesentlicher Bestandteil eines Ver- brennungsmotors ist der Kolben, der dabei hilft, die Energie des Kraftstoffs in Bewegung umzuwandeln. E-Fuels E-Fuels sind synthe- tisch hergestellte Kraft- stoffe, die in gängigen Verbrennungsmotoren iTanki genutzt werden können und dort sauberer verbrennen. Rohstoff- quellen können Fette, iLithium-Ionen-Batteriei Pflanzenreste, Erdgas Beim Ladevorgang oder Wasser und CO2 iSynthesei wandern Lithium-Ionen sein. Die Herstellung Der per Elektrolyse gewonnene zur negativen Elektrode ist derzeit noch Wasserstoff reagiert mit dem aus der (Kathode). Dort speichern sehr aufwändig und Luft gewaschenen oder in einer sie Elektronen aus einer kostenintensiv. Biogasanlage produzierten CO2 zu externen Stromquelle. Beim Methan. In weiteren Verfahrensschritten Entladevorgang gibt Lithium kann daraus E-Diesel, E-Benzin oder Folienbeutel in der negativen Elektrode auch E-Kerosin entstehen. Elektronen ab. Diese können einen externen Verbraucher betreiben. Trennschicht iE-Ladesäulei Kathode DC-Schnellladesäule Trennschicht bis 350 kWh oder Anode AC-Normalladesäule bis 43 kWh (in Europa) iEinzelzellei iRotori iBatterie-Stacki Aufgabe des Elektromotors ist es, elektrische in mechanische Energie zu wandeln, indem der Rotor durch elektrische Felder in eine Drehbewegung versetzt wird. iStatori iWechselrichteri Den von der Batterie bereitgestellten Gleichstrom wandelt der Wechselrichter in Wechselstrom um, Batterie- um ihn dem Motor zur Verfügung zu stellen. Der antrieb Wechselrichter steuert auch die Wechselstrom- frequenz und somit auch die Motordrehzahl.
„Neues wagen“ Weniger Debatten um Reichweiten und mehr Mut zur Innovation – so sollten wir die Voraussetzungen für ein neues Mobilitätsverhalten schaffen, meint Prof. Dr. Günther Schuh. Interview Michael Specht Herr Professor Schuh, welchen alterna- Wie sollte am sinnvollsten die Wasser- tiven Antrieb sehen Sie Ende des kom- stoff-Infrastruktur aufgebaut werden? menden Jahrzehnts vorn? Hier müsste sich die Branche eigentlich Es wird nicht den einen Antrieb, sondern komplett neu erfinden und Wasserstoff in eher ein Sowohl-als-auch geben. Wir müs- großen Mengen und möglichst aus rege- sen es uns jetzt leisten, in zwei Infrastruk- nerativen Quellen herstellen. turen zu investieren, in die Wasserstoff- und in die Batterietechnologie. Ließe sich das nicht gut über die Wind- krafträder realisieren? Was ist mit den sogenannten Designer- Solange es hier Überkapazitäten – sprich: Kraftstoffen? keine Balance im Netz – gibt, kann man E-Fuels können massiv dazu beitragen, die das sicher bis zu einem gewissen Grad CO2-Emissionen deutlich zu senken, denn machen. Aber wird das auch in zehn Jah- auch in 10 oder 20 Jahren benötigen wir ren noch der Fall sein? Dann brauchen wir noch Kolbenmotoren, die flüssige Kraft- andere Lösungen. stoffe verbrennen. Der entscheidende Vor- teil bleibt klar deren hohe Energiedichte. Machen die OEMs bei der Elektromobi- Keine Batterie wird hier jemals mithalten lität alles richtig? können. Zudem können die Autofahrer Vielleicht haben unsere OEMs zu lange weiterhin normal tanken und ihr gesam- gezögert, bis sie von der Notwendig- tes Nutzungsprofil beibehalten. keit und Größe des Markts für E-Fahr- zeuge überzeugt waren. Jetzt investieren Damit wären ja eigentlich batterieelek- sie jedenfalls vehement in E-Mobility trische SUVs, die fast 2,5 Tonnen wie- mit allen ihnen zur Verfügung stehen- gen, der falsche Weg in die Elektromo- den Mitteln. Es kommt nun auf uns, die bilität, oder? Kunden und Verbraucher, an, ob wir uns Elektrische SUVs sind ökonomisch nicht trauen und auch innovativ genug sind, sinnvoll. Sie können Batteriekapazität, unser Mobilitätsverhalten entsprechend Reichweite und Fahrgeschwindigkeit phy- umzustellen. Wenn 25 Prozent aller Pkw sikalisch nicht vernünftig unter einen in Deutschland nie mehr als 150 Kilome- Hut bringen. ter am Tag fahren, frage ich mich schon, Batterien werden auch in Zukunft warum die meisten potenziellen Autokäu- nicht wesentlich leichter und leistungs fer noch sagen, ihnen reiche die Reich- fähiger sein. Deshalb wäre es sinnvoller, weite der heutigen E-Autos nicht aus. den rein batterieelektrischen Antrieb auf kleinere Fahrzeuge zu reduzieren und grö- Mit Ihrem 2015 gegründeten Unterneh- ßere beispielsweise in Verbindung mit men e.GO Mobile AG und nicht zuletzt einer Brennstoffzelle als einem sogenann- durch das StreetScooter-Projekt haben ten Range-Extender zu betreiben. Sie im Elektrofahrzeugmarkt starke 18 DEKRA solutions 3/2019
Interview Prof. Dr. Günther Schuh Der Ingenieur und Wirtschaftsingenieur ist seit 2002 Inhaber des Lehrstuhls für Produktions- systematik an der RWTH Aachen und leitet den Bereich Technologiemanagement am Fraun- hofer-Institut für Produktionstechnologie IPT. Neben dem wissenschaftlichen Engagement ist er unternehmerisch aktiv und war unter anderem 2010 Mitgründer der StreetScooter GmbH. Seit April 2015 ist Professor Schuh Vorsitzender des Vorstands der von ihm gegründeten e.GO Mobile AG. Impulse gesetzt. Gilt die e.GO Mobile AG eigentlich noch als Start-up? Formal ja, weil es noch keinen positiven Cash flow gibt. Lieber wäre es mir allerdings, wir wären kein Start-up, weil viele Menschen mit dieser Bezeichnung stets etwas „Nichtprofes sionelles“ assoziieren. Das Gegenteil ist bei uns der Fall. Wir stellen derzeit pro Monat zwischen 40 und 50 neue Mitarbeiter ein. An unserem Produktionsstandort in Aachen sind mittlerweile 470 Menschen tätig. Derzeit setzen Sie zu 100 Prozent auf den elektrischen Antrieb. Was unternehmen Sie, um Lieferengpässe bei den Batteriezellen auszuschließen? Wir arbeiten mit mehreren Lieferanten zusammen und mindern so das Risiko. Gene rell würde ich es sehr begrüßen, wenn hier in Europa eine eigene Zellproduktion aufgebaut werden würde. Wie wollen Sie zukünftig den CO2-Ruck- sack, der vor allem bei der Zellenfertigung entsteht, möglichst klein halten? Das schaffen wir, indem wir zum einen die Batterien selbst so klein halten, wie es nur FOTO: WOLTERFOTO/IMAGO geht. Zum anderen stehen wir in engem Kon takt zu den Lieferanten, um hier gemeinsam den Herstellungsprozess in Richtung CO2-Re duzierung und Nachhaltigkeit zu optimieren. Lesen Sie das gesamte Interview auf: dekra-solutions.com
E 1 Die - Nissan Leaf 3 Könige Die Bestandszahlen offenbaren die Top 10 der weltweit meistgefahrenen batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge (BEV: Battery Electric Vehicle). Wo und von BAIC welchem Modell die meisten unterwegs sind EC-Series sowie weitere Infos gibt’s in der Übersicht. Text Carina Belluomo 7 6 BMW i3 Tesla Model X Modell 1 Nissan Leaf 2 Tesla Model S 3 BAIC EC-Series 4 Tesla Model 3 5 Renault Zoe Weltweiter Bestand 363.940 243.200 172.850 148.080 114.310 Top-Länder USA 129.540 USA 144.760 Nur in China USA 141.280 Frankreich 67.170 nach jeweiligem Japan 115.130 China 29.290 Kanada 6.800 Deutschland 17.790 Fahrzeugbestand* Norwegen 37.560 Norwegen 19.460 Norwegen 9.570 Produktionszeitraum Seit 2010 Seit 2012 Seit 2017 Seit 2017 Seit 2012 Hersteller Nissan, Japan Tesla, USA BJEV, China Tesla, USA Renault, Frankreich Reichweite 285 km 450 km 206 km** 415 km 159 km Leistung 110 kW 310 kW 30 kW 258 kW 68 kW 20 DEKRA solutions 3/2019
Service 2 Tesla Model S 5 4 Renault Zoe Tesla Model 3 9 10 FOTOS: NISSAN, BAIC, FABIAN KIRCHBAUER/BMW, EASTON CHANG/TESLA, TESLA (2), RENAULT, EQ, JAC, BYD, IMAGOTRES/DIGITAL VISION VECTORS/GETTY IMAGES JAC iEV 8 Chery eQ BYD e5 6 BMW i3 7 Tesla Model X 8 Chery eQ 9 JAC iEV 10 BYD e5 108.560 106.490 90.100 87.750 86.880 * Kumulierte USA 37.130 USA 66.040 Nur in China Nur in China Nur in China Neuzulassungen (= Bestand) der Norwegen 19.190 China 11.740 Top-10-Modelle jeweils zum 31.12.2018 Deutschland 17.340 Norwegen 11.160 ** Nach NEFZ Seit 2013 Seit 2015 Seit 2018 Seit 2017 Seit 2018 Quelle: Zentrum BMW, Deutschland Tesla, USA Chery, China JAC Motors, China BYD, China für Sonnenenergie- und Wasserstoff- 309 km 375 km 301 km** 355 km** 400 km** Forschung Baden- Württemberg (ZSW), 125 kW 310 kW 30 kW 110 kW 160 kW Stand: März 2019 21 DEKRA solutions 3/2019
Micromobility Eine Sache der Balance Mit den E-Scootern kommen neue Mobilitätsmöglichkeiten, aber auch neue Risiken auf die Straße. Worauf Sie als Nutzer achten sollten. Text Hildegard Suntinger S tadtregierungen sehen in der Micromobility schneller als zu Fuß, kraftsparender als mit dem ein wichtiges Mittel, um zukunftsorientierte Fahrrad und unabhängig von den öffentlichen Ver- Mobilitätskonzepte umzusetzen. Durch den kehrsmitteln – Distanzen von wenigen Kilometern E-Scooter-Verleih könnten die Lücken im öffentlichen sind im Nu geschafft. Doch neu ist die Idee nicht. Verkehrsnetz geschlossen und eine nahtlose Fortbe- 1916 war die Londoner Aktivistin Lady Florence Nor- wegung ermöglicht werden. Andererseits bringen die Ausstattung man eine der Ersten, die einen motorisierten Tret- Fahrzeuge auch neue Risiken mit sich. Ob sie sich tat- Eine von zwei roller fuhr. Nach dem Zweiten Weltkrieg vom Auto sächlich dauerhaft durchsetzen, wird nicht zuletzt voneinander verdrängt, ist er jetzt wieder da: handlicher, moder- unabhängigen von den gesetzlichen Rahmenbedingungen und den Bremsen, Klingel ner und mit elektrischem Antrieb. Sicherheitsstandards abhängen. sowie der Gashebel Die Integration der E-Scooter in die Verkehrssys- Vor allem für Kurzstrecken scheinen die Elektro- sind ergonomisch teme der Gegenwart hat allerdings Tücken. Diverse kleinstfahrzeuge ein ideales Verkehrsmittel zu sein: angeordnet Studien, die die National League of Cities (NLC) in den USA durchgeführt hat, ergaben, dass es an Infrastruk- tur für die neuen Verkehrsteilnehmer mangelt. Zudem sei das Verhalten der E-Scooter-Nutzer, die unbefugt Gehsteige befahren und selten Helm tragen, proble- matisch, weil sie sich und andere Verkehrsteilnehmer und Fußgänger gefährdeten. Diesen Umgang mit den vor allem als Leihfahrzeug genutzten E-Rollern erklärt die NLC mit der mangelnden Vertrautheit mit der Tech- nik und mit den örtlichen Nutzungsregelungen. In der Unfallstudie, die Austin Public Health für die Stadt Austin kurz nach der Einführung der E-Scooter in Auf- trag gegeben hatte, wird der Mangel an Erfahrung als Unfallursache besonders deutlich: Zwei Drittel der Unfallopfer waren Fahranfänger. Knapp die Hälfte der Verunfallten erlitt Kopfverletzungen. Individuelle Regelung Die Problematik zeigt sich auch in europäischen Städ- ten, wo sich Unfälle und Beschwerden von Verkehrs teilnehmern häufen. In Wien gab es im vierten Quar- tal 2018 an die 200 Unfälle mit E-Scootern. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit Österreich sind 23 DEKRA solutions 3/2019
Vernetzt App des Verleihers downloaden, registrieren und E-Scooter am gewünschten Standort per Scan des QR-Codes anmieten 35 % der verletzten E-Scooter- Fahrer erlitten Knochenfrakturen1 die größten Unfallrisiken Kollisionen mit Gehsteigkanten, Abbiegen, Übersehen- werden durch andere Verkehrsteil- nehmer sowie Spurrillen. Die tech- nischen Sicherheitsstandards sowie die Nutzungsvorschriften sind bis dato länder- und sogar 37 % der Unfallopfer waren mit städtespezifisch geregelt. In überhöhter Geschwindigkeit PUBLIC HEALTH, 2019; 2 STUDIE „MICROMOBILITY IN CITIES“, NATIONAL LEAGUE OF CITIES, 2019 unterwegs2 Österreich und der Schweiz sind QUELLEN: 1 STUDIE „DOCKLESS ELECTRIC SCOOTER-RELATED INJURIES STUDY“, AUSTIN E-Scooter per Gesetz mit Fahrrä- dern gleichgesetzt. In Madrid dür- fen Elektroroller nur auf Radwegen genutzt werden. In der brasilianischen Metro pole São Paolo hat die Stadtregierung kurz nach dem Marktstart unter anderem die Helmpflicht einge- führt. Im New Yorker Stadtteil Manhattan sind die E-Scooter ganz verboten. Um weltweit einheitliche Anforderungen an Hersteller und Nutzer von Elek trokleinstfahrzeugen zu entwickeln, wurde ein tech- nisches Komitee der Internationalen elektrotechni- schen Standardisierungsorganisation (IEC) ins Leben Sicherheit artbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gerufen, das ab Herbst 2019 tagen soll. Die Füße sollten und einer Motorleistung von bis zu 600 Watt. Zur leicht schräg zur Pflichtausstattung zählen Klingel, Scheinwerfer, Ausstattung beachten Fahrtrichtung Schlussleuchte, Rückstrahler und Seitenreflektoren In Deutschland liegt es an den Herstellern, die All- positioniert sein, sowie zwei unabhängig voneinander funktionierende um auf dem gemeine Betriebserlaubnis (ABE) für ihre Fabrikate E-Scooter eine Bremsen. Es besteht keine Helmpflicht. beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zu beantragen. Die bessere Balance Wer den Kauf eines E-Scooters plant, sollte aller- E-Scooter gelten in Deutschland als Kraftfahrzeuge, zu haben dings noch weitere technische Aspekte bedenken. So deshalb besteht Versicherungs- und Kennzeichen- fiel in Wien auf, dass auf das Handsignal beim Abbie- pflicht für Modelle, die schneller als 6 km/h fahren gen nach rechts verzichtet wird – weil auch der Gas- können. Zugelassen sind Fahrzeuge mit einer bau- hebel rechts ist. „Wenn man mit 20 km/h vom Gas 24 DEKRA solutions 3/2019
1 Micromobility 6 2 »Zu den technischen 7 Schwachstellen von E-Scootern zählen die Reifen. Vollgummi Details im ist wartungsfrei, aber kompensiert Überblick Unebenheiten kaum. Die Verkehrsvorschriften Ballonreifen wirken sowie die Ausstattung von E-Scootern sind international dämpfend, können nicht einheitlich geregelt. aber auch einen Platten 5 bekommen« 4 Luigi Ancona, 6 DEKRA Unfallforschung 3 geht, kann das eine abrupte Bremswirkung haben“, erklärt DEKRA Unfallforscher Luigi Ancona. Er emp- fiehlt einen Blinker, auch weil es bei instabilem Roll- verhalten grundsätzlich riskant ist, die Hand von der Lenkstange zu nehmen. In den NLC-Studien gab die Hälfte der Unfallopfer Technische Pflichtausstattung an, dass der Unfall durch Unebenheiten verursacht in Deutschland gewesen sei. „Unebenheiten in der Straßenoberfläche 1 Klingel und Kanten wirken wie ein Schlag auf die Lenkstange 2 Scheinwerfer und können einen leicht aus der Balance bringen“, 3 Schlussleuchte 4 Rückstrahler erläutert Ancona. Größere Reifen bieten mehr Stabi- 5 Seitenreflektoren lität. Zusätzliche Fahrsicherheit bringen dämpfende 6 Zwei voneinander unabhängig Ballonreifen statt harter Vollgummireifen. Abschlie- funktionierende Bremsen ßend betont der Experte, dass die Fahrweise eines E-Scooters nicht so intuitiv sei, wie von den Nutzern FOTOS: DENNIS LEWCZENKO; POSTPRODUKTION: MICHAEL STACH angenommen. Besonders Bremsen sei eine Sache des Empfehlungen Fahrgefühls. Der E-Scooter wird durch Gewichtsverla- 7 Helm gerung gesteuert. Das braucht Körperspannung, und Blinker die Füße sollten leicht schräg zur Fahrtrichtung ste- Knie- und Ellbogenschoner Lenkstange mit beiden Händen bedienen hen – wie auf einem Snowboard. „So hat man mehr Größere und dämpfende Ballonreifen Kraft aus den Beinen und kann den Oberkörper bes- (statt harter Vollgummireifen) ser kontrollieren – vor allem beim Beschleunigen und Angemessene Geschwindigkeit Bremsen“, so Ancona. Verkehrszeichen beachten Um die Risiken bei der ersten Fahrt zu reduzie- Kein Alkohol am Steuer ren, gehen in Deutschland manche Verleiher von Vor der ersten Fahrt auf gesichertem Gelände Testfahrten absolvieren E-Scootern dazu über, Sicherheitskurse anzubie- Körperspannung halten ten. Beim First-Ride-Training sollen Bremsmanöver, Füße leicht schräg zur Fahrtrichtung Kurvenfahrt und Verhalten in Gefahrensituationen positionieren (wie auf Snowboard) geübt werden. Auch in Schweden soll eine virtuelle Fahrschule Elektrorollerfahrern dabei helfen, mehr Sicherheitsbewusstsein zu entwickeln. 25 DEKRA solutions 3/2019
Trust-Center-Initiative Gemeinsam mit anderen Prüforganisationen hat DEKRA die Trust-Center-Initiative gestartet. Erklärtes Ziel ist die ist die Weiterentwicklung der sicherheits- Einrichtung einer herstellerunabhängigen Fahrzeug- relevanten Systeme des einzelnen Fahr- datenplattform, die den direkten Zugang zu den prüfungs- zeugs durch Software-Updates „over the relevanten Daten und Systemfunktionen des Fahrzeugs Air“ während des Lebenszyklus. Das heißt, dass dem Halter über Nacht neue oder ver- gewährleistet. Im Interview erläutert Frank Leimbach, besserte Funktionen teilweise auch nur Leiter der Konzernrepräsentanz Technische Angelegen zeitweilig zur Verfügung gestellt wer- den und damit der adäquate Prüfumfang heiten des DEKRA e. V., was es damit auf sich hat. vom individuellen Ausstattungsstand des Text Matthias Gaul Fahrzeugs abhängt. Die aktuellen System- funktionen und Softwarestände kennen zunächst nur das Fahrzeug und der Her- steller. Wir benötigen für die unabhän- Herr Leimbach, hat die Hauptunter- gige Prüfung jedoch originäre, vollstän- suchung, wie wir sie heute kennen, dige und unmodifizierte Daten, die nicht angesichts der zunehmend vom Backend des Herstellers stammen. vernetzten und automatisierten Daher fordern wir die Vermittlung der Fahrzeuge ausgedient? Daten aus dem Fahrzeug an einen Ganz im Gegenteil, der periodischen Fahr- unabhängigen Datentreuhänder. zeugüberwachung kommt vor diesem Hin- Nur mit einer herstellerunabhängi- tergrund sowie der Komplexität der Sys- gen Plattform können wir unserer teme zukünftig eine noch viel größere hoheitlichen Aufgabe der Fahrzeug Bedeutung zu. Gerade bei automatisier- überwachung gerecht werden. ten Fahrzeugen ist die verlässliche Funk- tion der mechanischen Komponenten wie Lenkung und Bremse absolute Vorausset- zung für sichere Mobilität und muss über Frank Leimbach den Lebenszyklus erhalten bleiben. Sys- Leiter Konzern- temfunktionen wie Spurhalten, Spurwech- repräsentanz sel oder Notbremsen und Ausweichen wer- Technische den über komplexe Sensorik realisiert, Angelegenheiten die auf die mechanischen Komponenten DEKRA e. V. zurückgreift und deshalb davon abhängig ist. Eine regelmäßige Prüfung durch einen unabhängigen Dritten hat sich bewährt und sollte aus gutem Grund beibehalten werden. Welche Vorteile hätte in diesem Zusammenhang das von DEKRA und anderen Prüforganisationen vorgeschlagene Trust Center? Der wesentliche Unterschied zwischen heutigen und zukünftigen Fahrzeugen
Internet- Anbieter zeugs selbst vornehmen zu können. Die zukünftige Gesetzgebung für automa- tisierte Fahrzeuge wird international Datentreuhänder bei der UNECE in Genf vorangetrieben. Der einzige Weg, um Sicherheit DEKRA ist hier über die internationale und einen fairen Zugang für alle Dachorganisation aller Überwacher und Beteiligten zu gewährleisten. Technischen Dienste, CITA, vertreten und hat eine beratende Rolle. Die Reali- sierung des Trust Centers hängt letztend- lich davon ab, ob wir den Gesetzgeber davon überzeugen können, dass das Third-Party-Prinzip auch Fahrzeugdaten zukünftig beibehalten wird. Hersteller Backend- Server Server des Strafver- Datentreuhänders folgungs- behörde Fahrzeughalter stimmt zu Versicherer Welche Chancen Überwachungs- räumen Sie der Trust- organisation Center-Initiative ein? Zulieferer FOTO: STEFFEN FUCHS/DEKRA; ILLUSTRATIONEN: ISTOCK Insbesondere seitens der Hersteller gibt es nach wie vor kräftigen Wider- stand – sie favorisieren die sogenannte NEVADA-Schnittstelle (NEVADA = Neut- ral Extended Vehicle for Automated Data Werkstatt Access). Hierbei werden interessierten Automobil- Dritten Daten über das Backend des Her- Club stellers angeboten. Doch diese Daten sind selektiert und damit gegebenenfalls nicht mehr vollständig oder sogar modifiziert. ... Da sich der Umfang der Fahrzeugfunkti- onen zukünftig stetig verändern kann, ist es zwingend erforderlich, die Daten- auswahl für die Prüfung abhängig vom jeweils aktuellen Ist-Zustand des Fahr- 27 DEKRA solutions 3/2019
Auf dem Weg zur HU 4.0 Modernste Prüfanlagen Die periodische Fahrzeugprüfung muss mit der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung der Fahrzeuge Schritt halten
Fahrzeugsicherheit Die periodische Fahrzeugprüfung der Zukunft wird datengetrieben sein. Schon heute laufen zahlreiche Prozesse digitalisiert und automatisiert ab. Bestes Beispiel hierfür ist die von DEKRA in der südchinesischen Stadt Shenzhen im Frühjahr 2019 eröffnete Prüfstation. Shenzhen auf bis zu 20. Und da in der von DEKRA geplanten Prüfstation in Peking Text Matthias Gaul vier Prüfspuren zur Verfügung stehen sol- len, wird der Fahrzeugdurchlauf dort noch stärker sein. Dabei ist der Name DEKRA D ie Fahrzeugprüfung läuft wie am ein gewichtiges Pfund im größten Auto- Fließband; sequenziell absolvieren mobilmarkt der Welt mit einem hohen die Fahrzeuge einen Prüfstand nach Anspruch an die Sicherheit der Fahrzeuge. dem anderen. Die Erfassung der Ist-Werte und der Abgleich mit den Soll-Daten erfol- Internationale Unterschiede gen teilweise automatisiert, den Licht- Weltweit betrachtet sind die Unterschie- test übernimmt ein Roboter. Allein diese de im Hinblick auf die wiederkehrende kurze Aufzählung macht schon deutlich: Untersuchung der im Verkehr befind- In der Prüfstation von DEKRA in Shenz- lichen Fahrzeuge (Periodical Techni- hen kommt jede Menge Hightech zum cal Inspection = PTI) groß. In der EU ist Einsatz. Die einzelnen Prüfschritte wer- die aktuellste rechtliche Grundlage für den dabei von verschiedenen Mitarbeitern die Fahrzeugüberwachung in den Mit- durchgeführt. Diese Art der Arbeitsteilung ermöglicht zugleich deutlich höhere Kapa- zitäten. Denn während DEKRA zum Bei- spiel in Deutschland in einer Prüfspur pro Stunde zwei bis drei Fahrzeuge unter die Lupe nimmt, beläuft sich die Zahl in Shenzhen (China) Seit März 2019 ist die erste DEKRA Prüfstation in China in Betrieb. Arbeitsteilung und teilweise Automatisierung im chinesischen System der Fahrzeugüberwachung machen vergleichsweise hohe Stückzahlen von Prüfungen möglich 29 DEKRA solutions 3/2019
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