Unterstützen und stärken. Gelingende Elternarbeit am Übergang Schule - Beruf - www.aha-mannheim.de
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www.aha-mannheim.de Unterstützen und stärken. Gelingende Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf RZ_Elternbro_A4_32S.indd 1 29.11.11 06:55
Impressum Herausgeber Stadt Mannheim Rathaus E 5 // D-68159 Mannheim Telefon: 06 21 / 293-0 // Fax: 06 21 / 293-95 32 E-Mail: stadtverwaltung@mannheim.de Die Stadt Mannheim ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wird vertreten durch den Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz // Rathaus E 5 // 68159 Mannheim. Projektleitung, Konzeption und Realisierung: Andreas Salewski, Detlef Knapp Textbeiträge: Yasemin Cetinkaya, Karen Hintemann, Chris Ludwig, Detlef Knapp, Tanja König, Sibel Soyer, Musgana Tesfamariam, Zübeyde Turac Mitarbeit: Lena Haupt, Karen Hintemann, Karin Jerg, Christiane Jung, Ulrike Klose, Dr. Tanja Mangold, Ursula Schenck Vertrieb Stadt Mannheim Fachbereich Bildung Abteilung Bildungsplanung/Schulentwicklung Team Übergangsmanagement Schule – Beruf Rathaus E 5, D-68159 Mannheim E-Mail: andreas.salewski@mannheim.de Gestaltung und Layout grafik und form // Heidi Fleig-Golks E-Mail: heidi@grafikundform.de Auflage 500 Stück © Copyright Stadt Mannheim, Mannheim 2011 Für nicht gewerbliche Zwecke sind Vervielfältigungen und die unentgeltliche Verbreitung, auch auszugsweise gestattet. Die Verbreitung auch auszugsweise über elektronische Systeme/Datenträger bedarf der vorherigen Zustimmung alles übrigen Rechte bleiben vorbehalten. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 2 29.11.11 06:55
INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 2 EINLEITUNG 3 1 THEORETISCHER HINTERGRUND 4 1.1 Bildungserfolg und soziale Herkunft 4 1.2 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung 6 1.3 Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf 8 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 9 2.1 Die Experten und Expertinnen 9 2.2 Der Fragebogen 9 2.3 Ergebnisse 10 2.3.1 Sind Eltern für Jugendliche die wichtigste Orientierungsinstanz? 10 2.3.2 Fehlen Eltern häufig Informationen, um ihre Kinder aktiv im Berufsorientierungsprozess zu unterstützen? 10 2.3.3 Fehlen Eltern mit niedrigem Bildungshintergrund und Eltern mit Migrationshintergrund häufig grundlegende Kenntnisse zum deutschen Schul- und Ausbildungssystem? 11 2.3.4 Bleiben viele Eltern den Informationsveranstaltungen zur Berufsorientierung fern? 11 2.3.5 Haben Eltern Hemmschwellen, das Gespräch mit Lehrern und Lehrerinnen zu suchen? 12 2.3.6 Sind Eltern ausreichend in den Berufsorientierungsprozess eingebunden? 13 2.3.6.1 Angebote für Eltern insgesamt 13 2.3.6.2 Angebote für Eltern mit Migrationshintergrund 13 2.3.6.3 Angebote für Eltern aus bildungsfernen Schichten 14 2.3.7 Wie gelingt Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf? 14 3 BEST-PRACTICE-BEISPIELE AUS DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR 15 3.1 LISA – „Übergangsmanagement im Stadtteil für junge Migranten“ 15 3.2 SESAM – starke Eltern – starke Azubis in Mannheim 18 3.3 Modellprojekt Soziale Stadt „Netzwerk – Chancen für Migrantenkinder“ 20 3.4 InDica – Migrantinnen und Migranten weisen den Weg // Elternseminare zu Schule und Beruf 23 4 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 26 5 LITERATURVERZEICHNIS 29 RZ_Elternbro_A4_32S.indd 3 29.11.11 06:55
02 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT VORWORT Vor Ort in den Kommunen entscheidet sich der Erfolg oder Misserfolg von Bildungsbiografien; es werden die Grundlagen für berufliche Perspektiven und gesellschaftliche Teilhabe gelegt und damit auch die Zukunftsfähigkeit einer Region gestaltet. Nur durch gleichwertige Bil- dungschancen für alle in Mannheim lebenden Kinder und Jugendlichen wird es uns dauerhaft gelingen, die Basis für eine tolerante und integrierende Stadtgesellschaft erfolgreich weiter- zuentwickeln. Unser Ziel ist es, Initiativen und Konzepte zu verwirklichen, die Mannheim zu einem Vorbild für Bildungsgerechtigkeit in Deutschland werden lassen. Eine gelingende Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern sowie der erfolgreiche Übergang in die Arbeitswelt ist für eine Region mittlerweile nicht mehr nur eine bildungs- und sozialpolitische Herausforderung, sondern ein wichtiger wirtschaftlicher Standortfaktor. Der demographische Wandel und der damit verbundene Rückgang der Schülerzahlen auf der einen Seite und der sich in einigen Berufsfeldern abzeichnende Fachkräftemangel der Wirtschaft auf der anderen Seite erfordern eine kommunal koordinierte Gestaltung des Übergangs von der Schule in das Berufsleben. Um drohendem Fachkräftemangel wirkungsvoll zu begegnen und die Integration junger Menschen in Beruf und Gesellschaft zu fördern, muss das gesamte Po- tenzial an Auszubildenden erschlossen werden. Es gibt heute keine Königswege in die Berufs- welt oder in weiterführende Bildung mehr. Es besteht vielmehr ein Nebeneinander vielfältiger Übergangswege. Deshalb haben junge Menschen an der Schwelle zum Arbeitsleben heute einen erhöhten Orientierungsbedarf, um nach der Schule den für sie individuell passenden und zukunftsweisenden Weg in Ausbildung und Beruf zu finden. Eltern spielen auf diesem Weg als „Orientierungsinstanz“ ihrer Kinder eine wesentliche Rolle. Es ist deshalb von großer Wichtigkeit, sie möglichst frühzeitig in den Berufsorientierungs- und Berufswahlprozess ihrer Kinder aktiv einzubeziehen. Die Broschüre bietet hierfür notwendige und hilfreiche Informationen und Handwerkszeug, um den für den weiteren Lebensweg jun- ger Menschen so wichtigen Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf in Mannheim bestmöglich unter Mitwirkung der Eltern zu gestalten Ich wünsche Ihnen viele Anregungen und eine erfolgreiche Mitwirkung im Übergang Schule – Beruf. Mannheim, im Oktober 2011 Dr. Peter Kurz Oberbürgermeister RZ_Elternbro_A4_32S.indd 4 29.11.11 06:55
03 13 EINLEITUNG Seit Herbst 2009 arbeitet die durch das Bundesstrukturprogramm Das zweite Kapitel präsentiert die Ergebnisse einer Befragung von Ex- „Lernen vor Ort“ mit Mittel des Bundes und des Europäischen pertinnen und Experten aus Schulen, Kommunen, Kammern, Agentur Sozialfonds geförderte AHA! Bildungsoffensive Mannheim daran, für Arbeit und freien Trägern zur Bedeutung und Ausgestaltung einer Bildungsangebote und -übergänge besser aufeinander abzustimmen, systematischen Elternarbeit im Übergang Schule – Beruf. die Bildungslandschaft zu stärken und die Begeisterung für lebens- langes Lernen zu fördern. Die im dritten Kapitel dargestellten Best-Practice-Beispiele aus Mann- heim und Ludwigshafen zeigen, welche differenzierten Angebotsfor- Ein Handlungsfeld der AHA! Bildungsoffensive Mannheim ist die Stär- men und Herangehensweisen in der Arbeit mit Eltern erforderlich kung und Verbesserung der Elternarbeit am Übergang von der Schule sind, um zielgruppenadäquat zu handeln. In einem abschließenden in Ausbildung und Beruf, ein für junge Menschen und ihren weiteren Kapitel werden Handlungsempfehlungen vorgestellt, die aus dem Lebensweg bedeutsamer Schritt. wissenschaftlichen Fachdiskurs, der eigenen Expertenbefragung und den Erfahrungen aus den Praxisbeispielen abgeleitet und mit wichtigen Eltern sind eine wichtige Orientierungsinstanz für ihre Kinder, wenn Kooperationspartnern in Mannheim gemeinsam entwickelt wurden. es darum geht, den passenden Beruf zu finden oder sich schulisch wei- terzubilden. Können sich Schülerinnen und Schüler am Vorbild ihrer Das Handbuch richtet sich an Institutionen, Multiplikatorinnen und Eltern orientieren, gelingt der Übergang in den Beruf häufig besser. Multiplikatoren sowie an interessierte Bürgerinnen und Bürger, die Deshalb sollen in Mannheim die Informations- und Unterstützungsan- Hintergrundinformationen zum Thema erhalten oder ihre eigene gebote gerade für Eltern, die sich bisher nur wenig mit der Berufsorien- Beratungskompetenz verbessern möchten. Die Broschüre soll all tierung ihrer Kinder beschäftigt haben, in Zukunft optimiert werden. jenen, die Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf betreiben, eine Eltern mit Migrationshintergrund stehen dabei besonders im Fokus, da Unterstützung für die weitere Umsetzung und Optimierung der be- sich Bildungs- und Ausbildungssysteme in den jeweiligen Herkunfts- reits erfolgenden Elternarbeit bieten. Denjenigen, die Elternarbeit am ländern zumeist stark von denen in Deutschland unterscheiden und Übergang Schule – Beruf aufbauen möchten, soll die Broschüre als Ide- deshalb häufig Informationsbedarf besteht. enfindungs- und Informationsmaterial zur Seite stehen. Das vorliegende Handbuch, das in Kooperation mit dem von der Robert Wir möchten uns bei allen Partnern bedanken, die an der Entstehung Bosch Stiftung geförderten LISA-Projekt „Übergangsmanagement im der Broschüre mitgewirkt haben. Unser besonderer Dank gilt dem Stadtteil für junge Migranten“ entstanden ist, gibt einen Überblick Autor Detlef Knapp. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und über den Forschungsstand und enthält die Ergebnisse einer Befragung bei Ihrer Arbeit mit jungen Menschen und deren Eltern am Übergang von Expertinnen und Experten in Mannheim zur Ausgestaltung der von der Schule in das Arbeitsleben viel Erfolg. Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf. Es zeigt gute Beispiele aus Mannheim und der Metropolregion Rhein-Neckar, die die Praxis von Elternarbeit veranschaulichen. Der Aufbau der Broschüre gliedert sich dabei in vier Teile: In einem einführenden Kapitel wird unter Berücksichtigung des aktuellen For- Andreas Salewski Karin Jerg schungsdiskurses auf den Zusammenhang zwischen Bildungserfolg Stadt Mannheim, Fachbereich Bildung Stadt Mannheim, Fachbereich Bildung und sozialer Herkunft und die Rolle der Eltern im Berufsorientierungs- Teamleiter Projektleitung prozess ihrer Kinder eingegangen. Davon abgeleitet werden einige Übergangsmanagement Schule – Beruf AHA! Bildungsoffensive Mannheim grundlegende Anforderungen an Elternarbeit im Übergang Schule – Beruf diskutiert und reflektiert. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 5 29.11.11 06:55
04 1 THEORETISCHER HINTERGRUND Um in das Thema „Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf“ einzuführen, wird nachfolgend zu- nächst ein Überblick über den aktuellen Fachdiskurs gegeben. Ein Ziel des Mannheimer Über- gangsmanagements Schule – Beruf ist es, Jugendliche mit Angeboten zur Berufsorientierung zu erreichen, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft in ihren Bildungschancen benachteiligt sind. Deshalb wird die Frage von Bildungsgerechtigkeit in die Betrachtung einbezogen (1.1 Bildungs- erfolg und soziale Herkunft). In einem nächsten Schritt wird die Bedeutung, die der Elternar- beit am Übergang Schule – Beruf in der Fachliteratur eingeräumt wird, vorgestellt (1.2 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung), um anschließend erste Überlegungen und Anforderungen zur Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf zu erörtern. Der so dargestellte Fachdiskurs bildet gemeinsam mit den bisherigen Erfahrungen mit Elternarbeit in Mannheim den theoretischen Rahmen für die durchgeführte Expertenbefragung. 1.1 Bildungserfolg und soziale Herkunft Zu den entscheidenden Einflussgrößen beim sozialen Status der Eltern unterschiedlich Wechsel vom allgemeinen Schulsystem ins ausfällt. Dieser Erklärungsansatz impliziert, Ausbildungssystem zählt neben den schuli- dass gerade Eltern aus mittleren und höheren schen Leistungen des Kindes und den Selekti- Sozialschichten sehr stark in Bildung investie- onsmechanismen der jeweiligen Bildungsins- ren, um den von ihnen erreichten Sozialstatus titution auch die Bedeutung, die die Familie für ihre Kinder zu erhalten bzw. einen Status- Bildung und insbesondere der Berufsausbil- verlust bei ihren Kindern zu vermeiden (vgl. dung beimisst. Eltern üben somit einen ent- Beicht und Granto 2010). scheidenden Einfluss auf die Kompetenzent- wicklung und auf die Bildungsentscheidung Dass Bildungserfolg nicht losgelöst von der ihrer Kinder aus. Bei der Frage nach den Ursa- sozialen Herkunft betrachtet werden kann, chen sozialer Ungleichheit der Bildungschan- belegen verschiedene empirische Studien, die cen unterscheidet die Fachliteratur zwischen im Folgenden erörtert werden. primären und sekundären Herkunftseffekten. In der Shell Jugendstudie 2006 wird von ei- Der primäre Herkunftseffekt bezeichnet den nem Zusammenhang zwischen den erreich- Einfluss, den die soziale Herkunft der Eltern ten bzw. den angestrebten Schulabschlüssen auf die Kompetenzentfaltung der Kinder ausübt. der Jugendlichen und denen der Eltern berich- tet. Dieser Zusammenhang konnte anhand Der sekundäre Herkunftseffekt beschreibt, der Verteilung der angestrebten bzw. der er- wie die Bedeutung von Bildung wahrgenom- reichten Bildungsabschlüsse der an der Stu- men wird, also die subjektive Bewertung die beteiligten Jugendlichen in Abhängigkeit von Kosten und Nutzen unterschiedlicher vom Schulabschluss der Eltern nachgewiesen Bildungsmöglichkeiten (z.B. die Möglichkeit werden. Drei Viertel der Jugendlichen, die an- einer Ausbildung im Handwerk oder die Mög- gaben, dass ihr Vater und/oder ihre Mutter lichkeit auf einer Hochschule zu studieren). über einen höheren Schulabschluss verfügen, Es wird dabei angenommen, dass die subjek- strebten demnach für sich selbst das Abitur tive Bewertung der Kosten und Nutzen alter- oder die Fachhochschulreife an (vgl. Hurrel- nativer Bildungsmöglichkeiten je nach dem mann und Albert 2006). RZ_Elternbro_A4_32S.indd 6 29.11.11 06:55
05 13 1 THEORETISCHER HINTERGRUND Auch die Autorengruppe Bildungsberichter- trat eine berufsvorbereitende Maßnahme des Nach dem Soziologen Pierre Bourdieu sind Fa- stattung kommt in ihrem Bericht Bildung in Übergangssystems an (vgl. Autorengruppe milien unterschiedlich mit kulturellem, sozia- Deutschland 2008 zu dem Schluss, dass der Bildungsberichterstattung 2008, S. 211). lem und ökonomischem Kapital ausgestattet. sozioökonomische Status der Eltern von ent- Er unterscheidet dabei zwischen drei Formen scheidender Bedeutung für den Bildungser- Aus dem Bereich der Kindheits- und Jugend- kulturellen Kapitals. Inkorporiertes kulturelles folg der Kinder ist. Insbesondere der sozio- forschung liefert Thomas Rauschenbach mit Kapital bezeichnet den Verinnerlichungspro- ökonomische Status der Eltern wirkt sich seinem Konstrukt der „Alltagsbildung“ einen zess erlernter Verhaltensweisen und Disposi- demnach unmittelbar auf die Schullaufbahn- Beitrag zur theoretischen Erklärung des Phä- tionen. Objektiviertes kulturelles Kapital stellt entscheidung aus. So kommen Kinder aus nomens der Bildungsungleichheit. Demnach für ihn z.B. der Besitz von Büchern, eines Com- höheren sozialen Schichten – bei vergleich- lässt sich Bildung nicht auf die schulische puters, eines oder mehrerer Musikinstrumen- baren schulischen Leistungen – eher auf das Bildung bzw. „formale Bildung“ reduzieren, te etc. dar. Der Begriff institutionalisiertes Gymnasium, haben als 15-Jährige einen deut- sondern muss die vielfältigen Formen der kulturelles Kapital umfasst z.B. Titel und for- lichen Kompetenzvorsprung und erreichen informellen Bildung bzw. der Sozialisation male Bildungsabschlüsse. Mit dem Begriff so- überproportional häufig anspruchsvolle be- mitberücksichtigen. Bildung ist dem Kons- ziales Kapital bezeichnet Bourdieu potentielle rufliche Ausbildungsgänge oder ein Studium trukt nach mehr als Schule und umfasst auch Ressourcen, die sich aus dem Besitz sozialer an Hochschulen. Die Autorengruppe berich- den Bereich der non-formalen Bildungsorte Netzwerke ergeben. Diese Ausstattung wirkt tet, „dass 2005 rund ein Fünftel der 30- bis wie Familie, Kindergarten, die Jugendarbeit, sich von Anfang an auf die Erziehung, Bildung 40-Jährigen, deren Eltern nicht über einen Gleichaltrige und sogenannte Peergroups, und Betreuung von Kindern aus und prägt de- Abschluss des Sekundarbereichs II verfügten, Vereine und die Medien. „Vieles, was der ren Lebenschancen (vgl. Rauschenbach 2007). diesen Abschluss selbst nicht erreichten“ (Au- Schule zugerechnet wird – Positives wie Ne- Nach dem Konzept der Alltagsbildung und un- torengruppe Bildungsberichterstattung 2008, gatives, Erfolge wie Niederlagen –, ist in Wirk- ter Berücksichtigung der Tatsache der unter- S. 41). Weiter wurde festgestellt, dass Jugend- lichkeit keineswegs ausschließlich auf Schule schiedlichen Ressourcenausstattung beginnt lichen aus bildungsfernen Haushalten der Zu- zurückzuführen. (…) Migration und soziale die Bildungsungleichheit somit schon vor gang in das duale Ausbildungssystem immer Herkunft erklären die Kompetenzunterschie- dem Schuleintritt. Daher wird die Familie bzw. schwerer fällt: Im Jahr 2006 mündeten ledig- de weit mehr als die jeweilige Schulform“ das Elternhaus als non-formaler Bildungsort lich 41 Prozent der Absolventen mit Haupt- (Rauschenbach 2007, S. 446). Migration muss auch für den Übergang Schule – Beruf als be- schulabschluss im Anschluss unmittelbar in hierbei in Abhängigkeit zur sozialen Herkunft sonders wichtig angesehen und im folgenden eine duale Berufsausbildung. Rund die Hälfte betrachtet werden. Abschnitt näher beschrieben. (ohne Hauptschulabschluss sogar 80 Prozent) RZ_Elternbro_A4_32S.indd 7 29.11.11 06:55
06 1 THEORETISCHER HINTERGRUND 1.2 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung Verschiedene Studien belegen, dass Eltern für setzen. Einstellungen und Werte zu Beruf und Jugendliche die wichtigste Orientierungshilfe Arbeit, die Eltern ihren Kindern vermitteln, bei der Berufswahl darstellen. Die Studien Be- verbinden sich mit dem, wie Kinder ihre Eltern rufswahl in Hamburg 2004 und Berufswahl in in Berufs- und Arbeitsrollen erleben. Be- Hamburg 2006 kommen dabei zu folgendem friedigende oder frustrierende Erfahrungen, Schluss: „Der überragend starke elterliche Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Einfluss bleibt bestimmendes Faktum. Die Eltern in diesem Bereich des Lebens beein- Anstrengungen, Eltern zu möglichst kompe- flussen Haltungen, Einstellungen und Erwar- tenten Begleitern der Berufszielfindung ihres tungen der Kinder in Bezug auf die Berufswahl Kindes zu machen und frühzeitig in den Wahl- und die Berufswelt“ (Puhlman 2005, S. 2). prozess einzubeziehen, müssen deshalb un- vermindert fortgesetzt werden“ (Berufswahl Wie genau sich der Einfluss der Eltern auf die in Hamburg 2006). Auch die Studie „Jugend Berufswahl auswirkt, konnte Beinke (2000) und Beruf“ der Bertelsmann Stiftung (2005) anhand seiner Untersuchungen an Haupt- kommt zu dem Ergebnis, dass die Berufswahl und Realschülern aufzeigen. Die Ergebnisse einer der wenigen Bereiche ist, „in dem Ju- zeigen, dass etwa die Hälfte der untersuchten gendliche ihre Eltern noch um Rat fragen“ und Jugendlichen ihre Kenntnisse über den zu- „in dem sie ihnen noch Kompetenzen einräu- künftigen Beruf durch ihre Eltern erhalten und men“ (Prager und Wieland 2005, S. 9). rund 30 – 40 Prozent der Jugendlichen sich bei ihrer Entscheidung für einen Beruf von ih- Angelika Puhlman beschreibt Eltern als Vor- ren Eltern beraten lassen. Die abschließenden bilder, die durch diese Funktion einen star- Entscheidungen darüber, welchen Beruf die ken Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder Jugendlichen ergreifen wollen, werden jedoch nehmen: „Kinder erleben ihre Eltern auch als von der Hälfte der befragten Jugendlichen au- Berufstätige, als Arbeitsuchende, als Erwach- tonom gefällt (vgl. Herold und Schuch 2002). sene, die weiterlernen oder sich zur Ruhe RZ_Elternbro_A4_32S.indd 8 29.11.11 06:55
07 1 THEORETISCHER HINTERGRUND 1.2 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die der Bertelsmann Stiftung. Mehr als die Hälfte wird zwar nicht explizit nach der Unterstüt- bereits zitierte Studie zur Berufswahl in Ham- der in der Studie befragten Jugendlichen wür- zung im Berufsorientierungsprozess gefragt, burg 2006. Hier wurde eine Rangordnung der den sich mehr Unterstützung bei dem Infor- sondern nach den Wertorientierungen, dem Einflussgrößen auf die Berufswahl der Jugend- mationsprozess wünschen. Der Prozess der Befinden und den Problembewältigungsstra- lichen erstellt. Die Eltern stehen der Studie Informationsbeschaffung und Auswertung tegien der Jugendlichen, die Ergebnisse lassen zufolge für eine relativ gute Einschätzung der steht dabei in Abhängigkeit zum Intellekt und sich aber auf die von den Eltern zu erwartende Stärken und Schwächen der Jugendlichen, dem Grad der Ausbildungsreife der Jugend- Unterstützung der Jugendlichen im Berufso- der berufsorientierende Unterricht erweitert lichen. Insbesondere Hauptschüler klagen rientierungsprozess übertragen. Das Verhält- den Informationshorizont, und im Praktikum über das Fehlen geeigneter Informationen. nis zwischen Jugendlichen und Eltern stellt werden diese Informationen dann einer Reali- Im Gegensatz zu Jugendlichen mit höheren sich dabei als umso ungünstiger dar, je nie- tätsprüfung unterzogen. Die Mehrheit der Ju- Schulabschlüssen, die deutlich mehr Infor- driger die Schichtzugehörigkeit der Jugendli- gendlichen, so die Autoren der Studie weiter, mationsquellen nutzen und die beratende chen ist. versteht die Berufszielfindung als eigene, ak- Unterstützung der Eltern und Geschwister tiv zu bewältigende Aufgabe (vgl. Berufswahl mehr annehmen, sind Hauptschüler in ihrer Der Einfluss der Eltern auf den Bildungsver- in Hamburg 2006). Berufsentscheidung häufiger auf Beratungs- lauf ist also auch im Übergang von der Schule und Unterstützungsangebote (insbesondere in Ausbildung und Beruf aus verschiedenen Deutlich wurde, dass es insgesamt nicht an Berufsberatung) außerhalb der Familie an- Blickwinkeln von großer Bedeutung. Sei es in Informationen zur Berufswahl fehlt. Die Be- gewiesen (vgl. Prager, Jens und Wieland, der Bedeutung des Elternhauses bzw. der Fa- schaffung und Auswertung der vorhandenen Clemens 2005). milie als non-formaler Bildungsort (vgl. Rau- Berufsinformationen bereitet den Jugendli- schenbach 2007), als Vorbild, das berufstätige chen jedoch häufig Schwierigkeiten. Zu die- Einen Zusammenhang zwischen sozialer Her- Väter oder Mütter ihren Kinder vorleben, aber sem Ergebnis kommt die Studie „Jugend und kunft und einem positiven Verhältnis zu den auch hinsichtlich der Einstellungen und Wer- Beruf – Repräsentativumfrage zur Selbst- Eltern erkennt auch Thomas Gensicke (2010) te, die Eltern ihren Kindern in Bezug auf die wahrnehmung der Jugend in Deutschland“ in der Shell Jugendstudie 2010. In der Studie Arbeitswelt vermitteln (vgl. Puhlmann 2005). RZ_Elternbro_A4_32S.indd 9 29.11.11 06:55
08 1 THEORETISCHER HINTERGRUND 1.3 Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf Vor diesem Hintergrund, aus dem deutlich tergrund gesteigert werden kann, gewinnt an wird, dass Eltern als Instanz der Berufsorien- Zuspruch. tierung eine der Schlüsselrollen für Jugendli- che einnehmen, erscheint eine systematische Denn neben der Frage der sozialen Herkunft Integration von Elternarbeit in die Übergangs- sind für den Bildungserfolg insgesamt eben- begleitung junger Menschen von der Schule so wie für die berufliche Integration von Ju- in den Beruf sinnvoll und notwendig. Elternar- gendlichen mit Migrationshintergrund oft beit sollte bereits am Anfang der schulischen auch sprachliche Defizite und kulturelle Un- Berufswegeplanung gefestigt werden, um terschiede von erheblicher Bedeutung (vgl. eine erfolgreiche Unterstützung im Übergang Medvedev, 2011). von der Schule in den Beruf zu ermöglichen. Dies trifft in besonderer Weise auf den Se- Die Analyse des Fachdiskurses zur Beteiligung kundarbereich I zu, in dem sich Übergangs- von Eltern am Berufsorientierungsprozess verläufe tendenziell schwieriger gestalten als bestärkt und bestätigt das Mannheimer Über- im Sekundarbereich II. gangsmanagement Schule – Beruf in seinem bisherigen Bestreben nach mehr Bildungsge- In Anbetracht der aktuellen Integrationspoli- rechtigkeit am Übergang Schule – Beruf und im tik hat auch die interkulturelle Elternarbeit an Bestreben, bestehende Angebote zielgerich- Bedeutung gewonnen. Die unter anderem in tet und systematisch um den Baustein Eltern- dem von der Robert Bosch Stiftung geförder- arbeit zu ergänzen. Insbesondere müssen ten LISA-Projekt „Übergangsmanagement im mit einem solchen Angebot sogenannte „bil- Stadtteil für junge Migranten“ gewonnene Er- dungsferne“ Eltern und „bildungsferne“ Eltern kenntnis, dass die Zusammenarbeit zwischen mit Migrationshintergrund erreicht werden, Eltern mit Migrationshintergrund und beste- um sie für den Berufsorientierungsprozess henden Bildungseinrichtungen verbessert ihrer Kinder zu sensibilisieren und sie dazu zu werden muss, damit der Bildungserfolg von befähigen, die Rolle des kompetenten Beglei- Kindern und Jugendlichen mit Migrationshin- ters auszufüllen. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 10 29.11.11 06:55
09 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT Ergänzend zur Analyse der Fachdiskussion zur Elternarbeit wurde eine Expertenbefragung durchgeführt mit dem Ziel, die in Mannheim gewonnenen Erfahrungen der Experten und Expertinnen am Übergang Schule – Beruf im Umgang mit Eltern zusammenzutragen. 2.1 Die Experten und Expertinnen 31 Experten und Expertinnen – darunter fünf diesem Bereich befragt. Von den Befragten ar- Rektoren und Rektorinnen, neun Lehrer/-in- beiten zehn seit mehr als einem Jahr und bis zu nen, vier Elternvertreter, sechs Mitarbeiter/- fünf Jahren und 14 bereits seit über zehn Jah- innen freier Bildungsträger sowie weitere ren an Schulen, im Bereich Übergang Schule – Experten und Expertinnen verschiedener Beruf. 17 der Expertinnen und Experten sind Institutionen – wurden im Rahmen der Ex- an Haupt- bzw. Werkrealschulen tätig. Zwei pertenbefragung zum Thema Elternarbeit der 31 Befragten gaben an, einen Migrations- am Übergang Schule – Beruf im Zeitraum Juli hintergrund zu haben. 2010 bis Oktober 2010 zu ihren Erfahrungen in 2.2 Der Fragebogen Die Expertenbefragung wurde anhand eines mit einem Methodenmix aus qualitativen und E-Mail-Fragebogens durchgeführt. Die inhalt- quantitativen Fragestellungen. In den zuletzt liche Konzeption basiert auf den Erkenntnis- genannten Fragebedingungen konnten die sen der wissenschaftlichen Forschung und auf Experten und Expertinnen zunächst auf ei- den bisherigen Erfahrungen im Mannheimer ner vierstufigen Skala (1 = stimme völlig zu, Übergangsmanagement Schule – Beruf. 2 = stimme eher zu, 3 = stimme kaum zu, 4 = stimme gar nicht zu) den Grad ihre Zu- Der Fragebogen bestand aus sechs quanti- stimmung zum Ausdruck bringen und diese tativen Fragestellungen mit vorgegebenem im Anschluss anhand von offenen Fragestel- Antwortformat zum Ankreuzen (Mehrfach- lungen begründen. Die Fragestellungen un- nennungen waren bei einigen Fragen mög- terschieden sich in Bezug auf die Betrachtung lich), vier qualitativen Fragestellungen mit von Eltern allgemein, sozial benachteiligten offenen Antwortvorgaben sowie neun Fragen Eltern und Eltern mit Migrationshintergrund. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 11 29.11.11 06:55
10 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 2.3 Ergebnisse Die Ergebnisse der Expertenbefragung zur Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf folgen sie- ben zentralen Fragestellungen im Fragebogen: 1. Sind Eltern für Jugendliche die wichtigste Orientierungsinstanz? 2. Fehlt es den Eltern häufig an Informationen, um ihre Kinder aktiv im Berufsorientierungs- prozess zu unterstützen? 3. Fehlen Eltern mit Migrationserfahrung und Eltern mit niedrigem Bildungshintergrund häufig grundlegende Kenntnisse zum deutschen Schul- und Ausbildungssystem? 4. Bleiben viele Eltern den Informationsveranstaltungen zur Berufsorientierung fern? 5. Haben Eltern Hemmschwellen, das Gespräch mit Lehrern und Lehrerinnen zu suchen? 6. Sind Eltern ausreichend in den Berufsorientierungsprozess eingebunden? 7. Wie gelingt Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf? In Kapitel 4 werden diese Fragestel- lungen dazu verwendet, Handlungsempfehlungen abzuleiten, auf welche Weise Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf erfolgreich und systematisch gelingen kann. 2.3.1 Sind Eltern für Jugendliche die wichtigste Orientierungsinstanz? Die Experten/-innen stimmten auf einer vier- te (47 Prozent) der Experten/-innen an, dass stufigen Skala mehrheitlich der Aussage zu, die Jugendlichen ihre Kenntnisse über den dass die Eltern für Jugendliche die wichtigste zukünftigen Beruf durch ihre Eltern vermit- Orientierungsinstanz bei der Berufswahl sind telt bekämen. Lediglich die Aussage, dass die (M = 2,03) und begründeten ihre Zustimmung Jugendlichen ihre Kenntnisse über den zu- anschließend mit der Vorbildfunktion der künftigen Beruf durch den berufsorientie- Eltern und dem Vertrauen, welches den Eltern renden Unterricht erhalten, fand eine höhere von den Jugendlichen entgegengebracht wird. Zustimmung (65 Prozent). Die Experten/-in- Als weiteren Grund benannten die Experten/- nen schrieben den Eltern die Rolle der akti- innen die Berufserfahrung und die beruflichen ven Unterstützer im Berufsorientierungspro- Kontakte der Eltern. Auf die Frage, wodurch zess zu. So werden die Eltern als Vorbild, als bzw. über wen die Jugendlichen ihre Kennt- Motivator, Berater, Impulsgeber, als Arbeit- nisse über ihren zukünftigen Beruf erhielten – nehmer mit „Vitamin B“ und als Helfer im hier waren wie oben beschrieben Mehrfach- Bewerbungsverfahren beschrieben. nennungen möglich –, gaben etwa die Hälf- 2.3.2 Fehlen Eltern häufig Informationen, um ihre Kinder aktiv im Berufsorientierungsprozess zu unterstützen? Nach Meinung der Experten und Expertinnen der einzelnen Berufsbilder und Berufsfelder, stellen die Eltern die wichtigste Orientierungs- deren Anforderungen und Voraussetzungen instanz bei der Berufswahl ihrer Kinder dar, es sowie Informationen zum Bewerbungsverfah- fehle ihnen aber häufig an Informationen, um ren fehlen. Im Weiteren wurde der Mangel an ihre Kinder aktiv im Berufsorientierungspro- Informationen zu den vielfältigen Schul- und zess zu unterstützen. Insbesondere würden Bildungswegen benannt. den Eltern Informationen zu der Spannbreite RZ_Elternbro_A4_32S.indd 12 29.11.11 06:56
11 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 2.3 Ergebnisse 2.3.3 Fehlen Eltern mit niedrigem Bildungshintergrund und Eltern mit Migrationshintergrund häufig grundlegende Kenntnisse zum deutschen Schul- und Ausbildungssystem? Zunächst wurden die Experten und Expertin- eigene Berufsausbildung) und aufgrund des nen danach gefragt, ob ihrer Erfahrung nach niedrigen Bildungsniveaus fehlen (27 Prozent Eltern mit Migrationshintergrund häufig nur der Nennungen). geringe Kenntnisse über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem besitzen. In dieser Die Experten und Expertinnen stimmten Fragebedingung stimmten die Experten und ebenfalls der Aussage zu, dass Eltern mit nied- Expertinnen auf einer vierstufigen Skala mehr- rigem Bildungsniveau häufig grundlegende heitlich dieser Aussage zu (Mittelwert = 1,60). Kenntnisse zum deutschen Schul- und Ausbil- dungssystem fehlen (M = 1,60). Sie begründe- Als Gründe hierfür wurden die mangelnde ten ihre Zustimmung damit, dass diese Eltern- Beherrschung der deutschen Sprache und gruppe oft überfordert sei, ihnen nicht selten der geringe Integrationsgrad genannt (39,5 das Interesse fehle oder es an Eigeninitiative Prozent der abgegebenen Nennungen). Als mangele. Diese Gründe wurden oftmals mit wichtig wurde ferner angesehen, dass die- dem Hinweis auf die in dieser Gruppe häufig sen Eltern oftmals Kenntnisse aufgrund ihrer anzutreffenden multiplen Problemlagen be- eigenen beruflichen Sozialisation (z.B. keine nannt. 2.3.4 Bleiben viele Eltern den Informationsveranstaltungen zur Berufsorientierung fern? Die Experten und Expertinnen stimmten der der Berufsorientierung ihrer Kinder einneh- Aussage, dass viele Eltern den Informati- men können. Eltern seien zudem häufig der onsveranstaltungen zur Berufsorientierung Meinung, dass berufliche Orientierung alleine fern bleiben, mehrheitlich zu (M = 1,89). Das Aufgabe und Angelegenheit der Schule sei. Fernbleiben sehen sie darin begründet, dass Auch äußere Faktoren (z.B. Größe der Veran- den Eltern sehr häufig der Bezug zu den Info- staltung, keine persönliche Kontaktaufnahme veranstaltungen fehle. Ursache hierfür seien zu Lehrern und Lehrerinnen, Beratern und Be- einerseits sprachliche Barrieren, andererseits raterinnen usw. möglich) hätten Einfluss auf könnten Eltern oftmals nicht nachvollziehen, die Teilnahme von Eltern an Informationsver- was sie dort erwartet und welche Rolle sie in anstaltungen zur Berufsorientierung. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 13 29.11.11 06:56
12 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 2.3 Ergebnisse 2.3.5 Haben Eltern Hemmschwellen, das Gespräch mit Lehrern und Lehrerinnen zu suchen? In Bezug auf die Frage, ob Eltern eine Hemm- In Bezug auf Eltern mit Migrationshintergrund schwelle haben, das Gespräch mit Lehrern empfehlen die Experten und Expertinnen, mit und Lehrerinnen zu suchen, stimmten die be- speziellen Gesprächsangeboten auf diese El- fragten Expert/-innen der Aussage insgesamt terngruppe zuzugehen, um diese verstärkt zu eher zu (M = 2,17). Die Gruppe der Rektoren aktivieren. Darunter fallen sowohl Anregun- und Rektorinnen (M = 2,50) und der Eltern- gen, wie mit sprachlichen Barrieren umgegan- vertreter (M = 2,50) neigt eher zu einer Ab- gen werden kann, als auch die Einbeziehung lehnung der Aussage. Die Gruppe der Lehrer/ von Personal mit Migrationshintergrund, um -innen, Träger und Sonstigen tendiert eher zu eine höhere Akzeptanz zu schaffen. Dolmet- einer Zustimmung. scher, Familienangehörige oder Schüler, die als solche fungieren, können helfen, Sprach- Um bestehende Hemmschwellen zu überwin- barrieren zu überwinden. Des Weiteren kön- den, empfehlen die Experten und Expertin- nen Jugendliche mit Migrationshintergrund, nen, die strukturellen Rahmenbedingungen die sich in der Berufsausbildung befinden, zu optimieren. Vorgeschlagen wird eine kon- als positives Beispiel herangezogen werden. krete Strukturierung der Gesprächsorgani- Neben dem Appell, vorurteilsfrei zu agieren, sation mit geregelten Rahmenbedingungen kann auch der Kontakt mit der Zielgruppe zur Steigerung der Gesprächsbereitschaft über Vertreter oder Schlüsselpersonen von der Eltern. Darunter fallen beispielsweise ein Migrationsvereinigungen gesucht werden. bindendes Informationsgespräch pro Jahr, Zudem sollte Infomaterial in der jeweiligen feste Sprechzeiten und die stärkere Einforde- Muttersprache bereitgestellt werden. rung der Elternbeteiligung durch die Schule. Weiterhin legen die Experten und Expertin- Für die Gruppe der Eltern mit niedrigem Bil- nen nahe, dass Lehrkräfte eine konstruktive dungsniveau empfehlen die Experten und lösungsorientierte Zusammenarbeit mit den Expertinnen, neben den allgemeinen Eltern- Eltern suchen sollten, statt Probleme ohne Lö- angeboten Angebotsformen zu gestalten, die sungsansatz zu benennen. spezifisch auf diese Zielgruppe ausgerichtet sind. Als Beispiele werden der Einsatz von so- Elterngespräche sollten zudem nicht nur bei genannten sozialen Dolmetschern, die aktive, schulischen Problemen der Kinder eingefor- persönliche und adressatengerechte Anspra- dert werden. Lehrer/-innen sollten grundsätz- che der Eltern, das Einfühlen in die soziale lich an einem transparenten und wertschät- Situation und in den kulturellen Hintergrund zenden Beziehungsverhältnis mit den Eltern genannt. Weiterhin wird die Verknüpfung interessiert sein. Bedacht wird aber auch der von Elternkontakten mit anderen Angeboten, damit verbundene hohe zeitliche und perso- beispielsweise ein PC-Kurs für Eltern, in der nelle Aufwand. Schule benannt. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 14 29.11.11 06:56
13 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 2.3 Ergebnisse 2.3.6 Sind Eltern ausreichend in den Berufsorientierungsprozess ein- gebunden? Neben der Einschätzung, dass Eltern eine darauf zu erfahren, mit welchen Angebotsfor- wichtige Orientierungsinstanz im Berufs- men jene Eltern erreicht werden können, die orientierungsprozess ihrer Kinder sind, ist ein in der Vergangenheit nicht für den Besuch weiteres zentrales Ergebnis der Befragung die von Informationsveranstaltungen zur Berufs- mehrheitliche Einschätzung der Experten und orientierung gewonnen werden konnten. Expertinnen, dass Eltern nicht ausreichend in Hierzu wurden die drei folgenden Bezugsrich- den Berufsorientierungsprozess eingebunden tungen betrachtet: Mit welchen Angebotsfor- sind (M = 2,77). men können (1) Eltern insgesamt, (2) Eltern mit einem Migrationshintergrund und (3) Ein weiteres Augenmerk bei der Befragung Eltern aus bildungsfernen Schichten besser der Experten und Expertinnen richtete sich erreicht werden. 2.3.6.1 Angebote für Eltern insgesamt kleineren Kreis durch professionelle Berater, zerinnen zu gestalten oder aber eine Veran- Vorstellung von Projekten und Praktika der ei- staltung sowie Materialien (Flyer, Broschüren, Anhand der Expertenmeinungen ist deutlich genen Kinder, Teilnahme der Eltern bei Ausbil- Elternbriefe, Einladungen und Infomappen) geworden, dass Eltern insgesamt einen bes- dungsplatzbörsen, gemeinsamer Besuch von auch in der entsprechenden Herkunfts- seren Bezug zum schulischen Alltag und so- BIZ (Berufsinformationszentren), Börsen und sprache anzubieten. Zum anderen werden mit auch zur beruflichen Orientierung ihres Workshops für Eltern. Ergänzend zu den ge- spezifische Angebote für Eltern mit Migra- Kindes entwickeln müssen. Wie bereits bei nannten Angeboten schlagen die Experten/- tionshintergrund (68,3 Prozent der gültigen den Empfehlungen zum Abbau von Hemm- innen vor (17,9 Prozent der Nennungen), Nennungen) benannt, die nicht explizit die schwellen wird auch hier von den Experten Eltern mit Hilfe moderner Kommunikations- Überwindung von Sprachbarrieren themati- und Expertinnen darauf hingewiesen, dass mittel (E-Mail, Facebook, Internetportale) zu sieren sondern den jeweils kulturellen Hin- individuelle Angebote und Gruppenangebote erreichen oder mittels Printprodukten für die tergrund miteinbeziehen. Beispiele hierfür zur Zusammenführung und zum Beziehungs- Thematik zu sensibilisieren. sind Veranstaltungen mit Unternehmern und aufbau mit den Eltern notwendig sind. Die Unternehmerinnen sowie Ausbildern und individuellen Angebotsformen umfassen 28,4 2.3.6.2 Angebote für Eltern mit Migrations- Ausbilderinnen mit Migrationshintergrund, Prozent der vorgeschlagenen Angebotsfor- hintergrund Veranstaltungen mit Migrationsverbänden men. Beispiele hierfür sind Elternsprechtage, als sogenannte Gatekeeper und Multiplika- Einzelgespräche, persönliche Anschreiben, Um Eltern mit Migrationshintergrund besser toren, „einfachere“ Informationsmaterialien, Hausbesuche, Ansprechpersonen in der Schu- in den Berufsorientierungsprozess einzube- persönliche Ansprache und Wertschätzung le und ein Elternbegleitbuch in verschiedenen ziehen, schlagen die befragten Experten zu- unter Einbeziehung von Mitarbeitern und Sprachen. Die Gruppenangebote umfassen nächst Angebotsformen mit einem expliziten Mitarbeiterinnen mit Migrationshintergrund. 53,7 Prozent der vorgeschlagenen Angebots- Fokus auf die Überwindung von Sprachbarrie- Weitere 10 Prozent enthalten normative An- formen. Darunter befinden sich z.B. verpflich- ren vor. In diese Kategorie fallen 21,7 Prozent regungen und Wünsche, wie zum Beispiel die tende Informationsabende mit Schülern und der vorgeschlagenen Angebote. Aneignung interkultureller Kompetenzen auf Eltern, Schulfeste, Veranstaltungen in den Vorgeschlagen werden hier z.B. Veranstaltun- Seiten der Akteure. Ausbildungsbetrieben, spezielle Angebote im gen entweder mit Übersetzern und Überset- RZ_Elternbro_A4_32S.indd 15 29.11.11 06:56
14 2 EXPERTENBEFRAGUNG ZUR ELTERNARBEIT 2.3 Ergebnisse 2.3.6.3 Angebote für Eltern aus bildungs- benannt, die sich als unterstützende und flan- fernen Schichten kierende Maßnahmen zusammenfassen las- sen. Beispiele für diese Kategorie, auf die 75,9 In der Fragebedingung Differenzierung nach Prozent der gültigen Nennungen entfallen, Angebotsformen für Eltern mit niedrigem sind verpflichtende Einladungen, persönliche Bildungsniveau gaben die Experten und Ex- Gespräche, unterschriebene Rücklaufzettel, pertinnen 54 gültige (n = 54) Nennungen ab. Erstkontakt über Vertrauenslehrer/-innen, Die Nennungen umfassen zunächst eine Rei- Elternfrühstück, offene Elternabende, per- he themenzentrierter Angebote, z.B. Eltern- sönliche Begleitung durch Mitarbeiter/-innen sprechtage mit Betrieben, Betriebsbesich- freier Träger bei Infoveranstaltungen, Abho- tigungen, Informationsveranstaltungen mit lung der Eltern durch Mitarbeiter/-innen frei- Lehrern und Lehrerinnen sowie Berufsbera- er Träger, Familienpaten und -patinnen und tern und Berufsberaterinnen in den Ausbil- wertschätzender Umgang mit Verständnis für dungsbetrieben und Weiterbildungsangebo- individuelle Probleme. Die Kategorie „Sonsti- te. 16,7 Prozent der gültigen Nennungen fallen ge Nennungen“ enthält 7,4 Prozent der gülti- in diese Kategorie. Weiter wurden Angebote gen Nennungen. 2.3.7 Wie gelingt Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf? Als Voraussetzung für eine gut gelingende El- Beispiele hierfür sind: Respektvoller Umgang ternarbeit sehen die Befragten auf der Struk- mit Eltern, Vertrauensbasis aufbauen, Beglei- turebene eine gut geordnete, langfristige und tung des Kindes, Jugendliche stärken, persön- kooperative Netzwerkarbeit zwischen Eltern, licher Kontakt zu den Eltern, Begleitung der Schulen, anderen Institutionen, die für den Familie, Rückhalt geben, Motivation aufbauen. Übergang Schule – Ausbildung relevant sind, und der Wirtschaft. Die personale Kontinuität Weitere Vorschläge lassen sich auf der Struk- bei den Anbietern und Anbieterinnen der An- turebene zusammenfassen und beziehen sich gebote zur Berufsorientierung, die mit Eltern auf die personelle Kontinuität bei den An- im engen Kontakt stehen, wurde ebenfalls als bietern und Anbieterinnen der Angebote zur eine wichtige Voraussetzung genannt. Berufsorientierung und die Forderung nach kontinuierlicher Elternarbeit. Die Angebote Die Experten und Expertinnen wurden ab- der Beratung und Unterstützung zur Berufs- schließend gefragt, welche Aspekte gelunge- orientierung müssen, so die Empfehlung der ne Elternarbeit beinhaltet. Der überwiegende Experten/-innen, langfristig angelegt sein. Anteil der Nennungen (77 Prozent der Nen- Genannt wurden bspw. eine erfolgreiche Zu- nungen) lässt sich auf der Beziehungsebene sammenarbeit mit der Schule, Kooperation, zusammenfassen: Für die befragten Experten gute Netzwerkarbeit, Zusammenarbeit und zeichnet sich eine gelungene Elternarbeit Ergänzung aller an der Berufsorientierung Be- durch eine stabile und angenehme Bezie- teiligten, Beharrlichkeit, ständiger Informati- hungsebene aus, in der ein vertrauensvoller onsaustausch, langfristig angelegte Angebote und respektvoller Umgang mit Eltern gege- der Beratung und Unterstützung. ben ist sowie ein kontinuierlicher und konst- ruktiver Informationsaustausch geboten wird. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 16 29.11.11 06:56
15 3 BEST-PRACTICE-BEISPIELE AUS DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR Im Austausch mit den freien Trägern aus der Metropolregion Rhein-Neckar, die im Rahmen des Übergangs Schule – Beruf tätig sind, ist deutlich geworden, dass die Arbeit mit den Eltern wäh- rend dieser Phase von hoher Bedeutung ist. Diese gestalten Elternarbeit am Übergang Schule – Beruf auf vielfältige Weise. Beispiele hierfür sind Informationsveranstaltungen zum Thema Schul- und Ausbildungssystem sowie Bewerbungs- und Berufsberatungsverfahren. Außerdem werden von den Trägern Gruppen- und Einzelberatungen, Hausbesuche, unterschiedliche Formen von Elterntreffs, der gemeinsame Besuch von Ausbildungsmessen mit Eltern sowie Informationsmaterial angeboten. Um einen Einblick zu geben, wie Elternarbeit am Übergang Schule-Beruf gestaltet werden kann, werden in den vier folgenden Abschnitten Elternprojekte exemplarisch dargestellt. Die Träger wurden hierzu gebeten, ihre Erfahrungen anhand von aus- gewählten Projekten zu beschreiben (3.1. – 3.4.). Der Text folgt der Eigendarstellung der Träger. 3.1 LISA „Übergangsmanagement im Stadtteil für junge Migranten“ Begegnungsstätte Westliche Unterstadt e.V. (BWU) Träger Das Projekt wurde modellhaft im Quartier „Westliche Unterstadt“ durchgeführt, das mit einem Zielgruppe Migrantenanteil von über 50 Prozent und 140 Nationalitäten eines der ethnisch heterogen- sten Quartiere der Stadt ist. Das Projekt ermöglichte es, anknüpfend an ein im Stadtteil be- reits bestehendes Angebotsspektrum zur gesellschaftlichen und beruflichen Integration von Migranten, neue Ansätze zur Einbindung von Eltern und Migrantenorganisationen in die Be- rufsfindung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu erproben. Ziel des Projektes war es, die erfolgreichen Elemente nach Projektabschluss in das kommunale Übergangsmanagement Schule – Beruf zu überführen. Die konkrete Projektumsetzung wurde durch die fest im Quartier verankerte Begegnungs- Handlungsbedarf stätte Westliche Unterstadt e.V. (BWU) wahrgenommen. Wichtigster Kooperationspartner war die Johannes-Kepler-Werkrealschule. Im Laufe des Projektes wandelte sich die Schule zu einer reinen Werkrealschule, die seit dem Schuljahr 2010/11 über eine eigene 10. Klasse verfügt. Weitere Partner des LISA-Projektes waren u.a. das Interkulturelle Bildungszentrum (ikubiz), der Ausbildungsverbund und die Arbeitsagentur. Hinzu gekommen ist im Transferjahr der Interna- tionale Bund (IB). RZ_Elternbro_A4_32S.indd 17 29.11.11 06:56
16 3 BEST-PRACTICE-BEISPIELE AUS DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR 3.1 LISA „Übergangsmanagement im Stadtteil für junge Migranten“ Das LISA-Projekt war zu Beginn auf zwei Jahre angelegt und wurde dann in ein drittes, soge- nanntes Transferjahr, übernommen. Ziele Eltern der Johannes-Kepler-Werkrealschule und des Stadtteils Westliche Unterstadt am Übergang Schule – Beruf informieren, beraten und unterstützen durch: / Informationsveranstaltungen, Elternsprechstunde, Einzelfallberatungen, Schulungen, Beglei- tung zu Ausbildungsbörsen/Praktika, Elterntreff etc. / Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen / Gewinnung von Multiplikatoren / Unterstützung von Schülern und Schülerinnen und Eltern bei der Suche nach Praktika und Ausbildungsplätzen/weiterführenden Schulen … Projektumsetzung: In der Johannes-Kepler-Werkrealschule: / Besuch der Elternabende der 7., 8., 9. und 10. Klassen. / Regelmäßige Informationsveranstaltungen für Eltern der Schüler aus den Klassenstufen 7 - 9, später auch 10. Seit 2009 in Kooperation mit der Berufsberatung der Arbeitsagentur. Themen waren: „Berufsorientierung“, „Berufswahl“, „schulische und betriebliche Ausbildung“, „wei- terführende Schulen“ etc. / Besuch schulischer Veranstaltungen wie „offenes Klassenzimmer mit offenem Elterntreff“, „Sportgala“ oder „Musicalaufführung“. Durch Stände mit Informationsmaterial und einem Flyer zum LISA-Projekt wurde die Beratungsarbeit unterstützt. / Eigener Stand/Beratungsangebot (+ Übersetzungshilfe für Lehrer/-innen) an den Eltern- sprechtagen der Schule. / Schulungen für Eltern, z.B. Einführung ins Internet (Recherche zu Bewerbungstipps, Stellen- börsen usw.). / Mit einer Lehrerin wurde das Projekt „JOB-Kompass“ entwickelt und umgesetzt. JOB-Kom- pass verfolgt das Ziel, Schüler/-innen und Eltern mit dem Thema Bewerbungsverfahren ver- traut zu machen. Der JOB-Kompass ist in modifizierter Form in die Berufsorientierung der nachfolgenden 8. Klassen der Schule eingeflossen. / Im Rahmen der Akquise von Praktikumsplätzen fand in den Klassenstufen 7 und 8 eine Ein- führung in das Thema Praktikum (Sinn und Zweck, wie finde ich ein Praktikum, wer hilft mir?) statt. Dies führte zur Beratung und Unterstützung der Schüler/-innen/Eltern beim Suchen von offenen Praktikumsstellen und Schreiben von Bewerbungen für Praktika (später auch für Ausbildungsplätze). / Gemeinsame Besuche von weiterführenden Berufsschulen, Praktika, „Jobs for Future“- Messen sowie anderen Ausbildungsmessen/-börsen in Mannheim. / Angebot eines Elternfrühstücks/Elternstammtischs in der Schule bzw. im Café Filsbach (BWU). Im letzten Projektjahr wurde ein durch die Schule organisierter und durch das Projekt begleiteter wöchentlicher Elterntreff im Café der Schule eingerichtet. / Kooperation mit der zuständigen Berufsberaterin der Arbeitsagentur durch gemeinsame In- formationsveranstaltungen und Teilnahme an durchgeführten Unterrichtseinheiten in den 8. Klassen zum Berufswahlplan, um auf die Projektangebote aufmerksam zu machen sowie Begleitung der Klassen ins Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit (BIZ). RZ_Elternbro_A4_32S.indd 18 29.11.11 06:56
17 3 BEST-PRACTICE-BEISPIELE AUS DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR 3.1 LISA „Übergangsmanagement im Stadtteil für junge Migranten“ / Vermittlung und Begleitung von Eltern und Schülern und Schülerinnen zu Terminen bei der Berufsberaterin. / Eigene Informationsstände bei Stadtteilfesten, Vorstellung des Projektes bei verschiedenen Veranstaltungen wie Frauenstammtisch, Kinderbasar im Café Filsbach. / Regelmäßige wöchentliche Sprechstunde im Büro in der BWU, Beratungsangebote, auch in den Abendstunden. / Infoveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen, z.B. „Lateinamerika- nischer Frühstückstreff“ im Café Filsbach, in der „Italienisch-katholischen Mission“, in Zusam- menarbeit mit der IAL-CISL Germania (u.a. im Stadthaus), in der Yavuz Sultan Selim Moschee. / Wertschätzende Elternarbeit ist schon ab der 5. Klasse sinnvoll (Eltern sind zu diesem Zeit- Besonders erfolgreiche Methoden punkt motiviert und interessiert). / Die enge Zusammenarbeit mit Schulleitung, Lehrern und Lehrerinnen und Schülern und Schülerinnen erwies sich als sehr wichtig. Über diese Schiene wurden Eltern erreicht bzw. an das Projekt vermittelt. / Schulveranstaltungen immer aufsuchen, mit eigenem Stand vertreten sein („Gesicht“ zum Projekt). / Enge Kooperation mit der Berufsberatung der Arbeitsagentur. / Konkrete Einzelfallberatung ist wichtig, d.h. Elternsprechtage haben mehr Effizienz als Eltern- informationsabende. / Flyer und selbst entwickeltes Elterninfoheft waren als niederschwelliges Angebot sehr hilf- reich. / Angebote offen gestalten – z.B. beim Elterntreff (Frühstück, Stammtisch) nicht nur Themen zum Übergang Schule – Beruf anbieten sondern auch Themen wie „Hilfe, mein Kind ist in der Pubertät“, Bewerbungshilfe für Eltern, Beratungsangebote für Eltern, etc. / Bei der Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen vorhandene Strukturen nutzen (z.B. monatliches Frühstück in der Yavuz Sultan Selim Moschee). Robert Bosch Stiftung // Stadt Mannheim Förderung/Finanzträger Begegnungsstätte STADT MANNHEIM² Kontakt Westliche Unterstadt e.V. Fachbereich Bildung / I 6, 1-2 // 68159 Mannheim Übergangsmanagement Schule – Beruf Telefon: 06 21 / 2 58 46 Rathaus E 5 // D-68159 Mannheim Fax: 06 21 / 1 56 78 22 www.mannheim.de E-Mail: projekt-lisa@filsbach.com www.filsbach.com Herr Andreas Salewski (Teamleiter) Telefon: 06 21 / 2 93-99 69 Fax: 06 21 / 2 93-98 77 E-Mail: andreas.salewski@mannheim.de RZ_Elternbro_A4_32S.indd 19 29.11.11 06:56
18 3 BEST-PRACTICE-BEISPIELE AUS DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR 3.2 SESAM – starke Eltern – starke Azubis in Mannheim Träger Interkulturelles Bildungszentrum Mannheim gGmbH Zielgruppe Hauptzielgruppe sind die Eltern von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, um diese bei der Unterstützung ihrer Kinder beim Übergang Schule – Beruf zu stärken. Ab der 7. Klasse der Werkrealschulen werden die Schüler/-innen und Eltern bis zum Übergang nach der allgemeinbildenden Schule begleitet. Der Schwerpunkt liegt auf Eltern türkischer Herkunft, der größten Migrantengruppe in Mannheim. Handlungsbedarf In Mannheim leben derzeit fast 100.000 Menschen mit Migrationshintergrund. Davon sind 24.088 türkischer Herkunft (mit und ohne deutschen Pass). Das sind 7,4 Prozent aller Ein- wohner/-innen. Im Schuljahr 2009/10 gab es 825 Abgangsschüler/-innen in den Mannheimer Hauptschulen. Davon waren 257 Mädchen und Jungen türkischer Herkunft (31 Prozent). Insge- samt schafften 117 Schüler/-innen den direkten Zugang in einen Ausbildungsplatz im Dualen System, jedoch nur 18 davon mit türkischem Hintergrund (15 Prozent). Die Zahlen machen deutlich, dass hier gezielte Maßnahmen notwendig sind, um Mädchen und Jungen türkischer Herkunft den Übergang in eine duale Ausbildung direkt nach der Schule zu erleichtern. Viele Schüler/-innen geben dem Wunsch der Eltern nach und wollen eine weiter- führende Schule besuchen. Im individuellen Einzelfall ist das nicht immer eine sinnvolle Ent- scheidung. In diesen Fällen bedarf es viel Informations- und Überzeugungsarbeit bei Jugendli- chen und Eltern, um sie von den Vorteilen einer Ausbildung zu überzeugen. Eine weitere Folge der Unkenntnis über das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem ist der große Anteil türki- scher Schüler/-innen an den Abgängern und Abgängerinnen ins BEJ/BVJ. Jahrelange Erfahrungen haben immer wieder bestätigt, dass der Elternkontakt und seine Pflege von großer Bedeutung beim Übergang Schule – Beruf sind. Bestätigt wurde dies durch eine Studie des Deutschen Jugendinstituts die zeigt, dass Eltern den größten Einfluss bei der Berufs- findung ihrer Kinder haben. Ziele des Projekts Deshalb soll das Projekt Eltern das Handwerkszeug liefern, das sie benötigen, um ihre Kinder im Berufswahlprozess unterstützen zu können. Darüber hinaus will SESAM die Beratungs- und Un- terstützungskompetenz der Eltern von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund erhöhen, um sie als Partner im Berufswahlprozess ihrer Kinder zu gewinnen. RZ_Elternbro_A4_32S.indd 20 29.11.11 06:56
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