AUSSEN WIRTSCHAFT BRANCHENREPORT USA - WKO
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AUSSEN WIRTSCHAFT BRANCHENREPORT USA DIE ZUKUNFT DER PERSONENMOBILITÄT TRENDS AUS DEM SILICON VALLEY MOBILITÄTSDIENSTLEISTUNGEN DER ZUKUNFT ERFOLGSFAKTOREN IM SILICON VALLEY SHARED MOBILITY AUTOMATISIERTES FAHREN CONNECTIVITY AUSSENWIRTSCHAFTSBÜRO SAN FRANCISCO OKTOBER 2019
2 Unser vollständiges Angebot zu den Themen Automotive, Urban Technologies, Logistik und Schienenverkehr (Veranstaltungen, Publikationen, Schlagzeilen etc.) finden Sie unter wko.at/aussenwirtschaft/automotive, wko.at/aussenwirtschaft/urban, wko.at/aussenwirtschaft/logistik und wko.at/aussenwirtschaft/schienenverkehr. Eine Information des AußenwirtschaftsBüros San Francisco T +1 650 750 6220 E sanfrancisco@wko.at W wko.at/aussenwirtschaft/us fb.com/aussenwirtschaft twitter.com/wko_aw linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria youtube.com/aussenwirtschaft flickr.com/aussenwirtschaftaustria www.austria-ist-ueberall.at In Zusammenarbeit mit Aggelos Soteropoulos vom future.lab und Asper Mobil Lab der TU Wien Dieser Branchenreport ist im Rahmen der Internationalisierungsoffensive go-international, einer Förder- initiative des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Wirtschaftskammer Österreich für WKO-Mitglieder kostenlos. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen gestattet. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA DER WKO Offenlegung nach § 25 Mediengesetz i.d.g.F. Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH / AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, Redaktion: AUSSENWIRTSCHAFTSBÜRO SAN FRANCISCO, 44 Tehama Street, San Francisci CA 94105, USA T +43 (0)5 90 900-4212, F +43 (0)5 90 900-4094, E sanfrancisco@wko.at, W wko.at/aussenwirtschaft/us Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................... 3 Vorwort ................................................................................................................................ 4 1. Einleitung ................................................................................................................... 5 2. Trends im Mobilitätsmarkt USA / Kalifornien / Silicon Valley................................... 9 2.1 Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen .................................................... 9 2.2 Automatisierung / Automatisiertes Fahren .......................................................... 15 2.3 Elektrifizierung / Elektromobilität......................................................................... 17 2.4 Vernetzung / Connectivity ...................................................................................... 19 2.5 Exkurs: Von der horizontalen zur vertikalen Mobilität .......................................... 21 2.6 Exkurs: Quantencomputing im Verkehrsbereich .................................................. 24 3. Akteure im Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley .................................................... 27 3.1 Wirtschaft / Unternehmen ..................................................................................... 27 3.2 Wissenschaft / Forschung ..................................................................................... 41 3.3 Politik / Staat ......................................................................................................... 42 3.4 Interaktionen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik: Die Rolle von Labs ................................................................................................................. 43 4. Vom Testen zur Implementierung: Rahmenbedingungen, Strategien und Maßnahmen am Beispiel San Francisco ................................................................. 46 4.1 Strategien und Maßnahmen für neue Mobilitätsangebote.................................... 47 4.2 Prozess beim E-Scooter-Sharing .......................................................................... 50 5. Chancen & Erfolgsfaktoren für österreichische Unternehmen, Forschung und Städte im Silicon Valley ........................................................................................... 53 5.1 Erfolgsfaktoren im Silicon Valley .......................................................................... 53 5.2 Chancen im Bereich integrierter Plattformen ...................................................... 56 5.3 Chancen im Bereich der E-Mobilität ..................................................................... 56 5.4 Chancen im Bereich autonomes Fahren ............................................................... 57 5.5 Kooperationsabkommen der Wirtschaftskammer mit der Stanford Universität . 57 6. Fachveranstaltungen & Messen .............................................................................. 58 7. Ressourcen & Ansprechpartner .............................................................................. 61 8. Beteiligte Personen und Institutionen ..................................................................... 68 9. Quellenverzeichnis .................................................................................................. 70 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4 Vorwort Mobilität ist ein Thema, das uns alle bewegt. Wir sind darauf angewiesen, Alltagswege verlässlich und zu vertretbaren Kosten erledigen zu können. Unsere Versorgung mit allerlei Produkten und Dienstleistungen soll ebenso reibungslos funktionieren. Und schließlich ist auch unsere Freizeit von Mobilität geprägt; so sehr, dass heute tatsächlich oft der Weg das Ziel ist. Am Beginn des 21. Jahrhundert steht die mobile Welt vor einem grundlegenden Wandel, der von zwei zentralen Treibern ausgeht: die Mobilitätswende und die Digitalisierung des Verkehrs. Erstens kann nicht länger ignoriert werden, dass der aus dem beschrieben Mobilitätsverhalten resultierende Verkehr einer der großen Verursacher von CO2-Emissionen ist. In den USA sowie in Europa entfallen ca. ein Drittel der Treibhausgase auf den Transport und davon wiederum fast zwei Drittel auf den Straßenverkehr. Diese Zahlen, sowie die Prognosen zur Entwicklung dieses Sektors, unterstreichen die Notwendigkeit, zu handeln. Dieser Trend wird unterstützt durch die Elektrifizierung des Verkehrs und alternativer Fortbewegungsmöglichkeiten. Dies gilt vor allem im urbanen Bereich (vgl. E-Scooter & Fahrräder). Zweitens wirkt sich die Digitalisierung auf den gesamten Wirtschaftssektor aus, der vor einem grundlegenden Wandel steht. Seit ca. 2010 sehen sich die klassischen Akteure im Bereich der Mobilität, die Autoindustrie und ihre Zulieferer, die nationalen und lokalen Verkehrsunternehmen und auch Infrastrukturbetreiber in einer neuen Konkurrenzsituation. Einflussreiche Technologie-Konzerne, viele davon aus dem Silicon Valley, haben diesen Markt für sich entdeckt. Durch Automatisierung und Vernetzung werden etablierte Geschäftsmodelle und Handlungslogiken in Frage gestellt, während sich neue Geschäftsfelder eröffnen. Die Bedeutung dieses Wandels kann in Europa, wo 3,3 Mio Arbeitnehmer direkt und indirekt allein von der Automobilproduktion abhängig sind, nicht überbewertet werden. Wer auch in den kommenden Jahren wettbewerbs- und handlungsfähig bleiben will, muss diese Trends integriert betrachten und proaktiv die Zukunft mitgestalten. Die vorliegende Studie wurde vom future.lab und dem aspern.mobil LAB der TU Wien für und mit dem AußenwirtschaftsBüro San Francisco verfasst. Das Ziel war es, einen fundierten Einblick in ein global einzigartiges Innovations-Ökosystem zu geben, wo die (Mobilitäts-)Welt von morgen miterfunden wird: das Silicon Valley. In diese Studie flossen zahlreiche Interviews und persönlichen Gespräche, Erkenntnisse der aktuellen Fachliteratur, sowie auch der Austausch über Praxiserfahrungen zu Innovationen im Mobilitätsbereich ein. Sie zeigt an konkreten Beispielen und Analysen die Wirkungen des Wandels deutlich, welche schon heute den Alltag und das Stadtbild in der San Francisco Bay Area prägen. Es wurde außerdem ersichtlich, dass Wirtschaft, Wissenschaft und Politik lokal und (inter)national kooperativ agieren müssen, um diese komplexen und großen Herausforderungen zu bewältigen. Der Report nennt unterschiedliche Bereiche, in denen österreichische Unternehmen über spezielles Know- How verfügen. Hier bieten sich Möglichkeiten, auf die Nachfrage im Silicon Valley zu reagieren und so den Einstieg in den US-Markt zu schaffen. In Summe soll ein Beitrag dazu geleistet werden, den rasanten Wandel im Mobilitätssektor besser zu verstehen und ihn als Chance zu begreifen, die Mobilität der Zukunft aktiv mitzugestalten. Mathias Mitteregger Georg Fürlinger future.lab, TU Wien AußenwirtschaftsBüro San Francisco Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5 1. Einleitung Die Mobilität steht derzeit am Beginn eines größeren Wandels. Im verkehrspolitischen und wissenschaftlichen Diskurs werden vier Mobilitätstrends in den Fokus gerückt. Diese werden für die Neuformatierung der Mobilität eine Rolle spielen, halten jedoch bereits schon heute, insbesondere in die Personenmobilität, zunehmend Einzug.1 Diese vier Mobilitätstrends sind 1) Automatisierung, 2) Elektrifizierung, 3) Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen („Mobility as a Service“) und 4) Vernetzung. 2,3,4 Der Mobilitätsmarkt ist riesig. Weltweit wurden durch die Automobilindustrie allein in den Jahren 2017 und 2018 etwa 120 Milliarden Dollar in die Bereiche rund um automatisiertes Fahren, Elektromobilität, Shared Mobility bzw. Mobilität als Dienstleistung und vernetztes Fahren investiert.5 Automati- sierung Elektro- Mobilitäts- Shared mobilität markt Mobility Vernetzung Abbildung 1: Überblick über derzeitige Mobilitätstrends mit Wirkungen auf den Mobilitätsmarkt (Quelle: eigene Darstellung) Speziell in der Personenmobilität stand bislang vor allem das Besitzen von Fahrzeugen im Vordergrund. Damit waren jedoch die größten betriebswirtschaftlichen Fehlallokationen verbunden, da ein Auto im Durchschnitt nur ein bis zwei Stunden pro Tag genutzt wird. Hier zeigt sich zunehmend eine große Dynamik in der Entwicklung von nutzungseffizienten, geteilten und zunehmend individualisierten Produkten. Vermehrt gibt es hier neue Angebote der digitalen, oft Startup-basierten Plattformökonomie.6 Anfangs fokussierte sich diese Angebote noch auf das Auto (Car Sharing). Heute erstrecken sie sich auch über das Fahrrad bis hin zum E-Scooter, die mittlerweile von zahlreichen unterschiedlichen Unternehmen angeboten werden und in vielen Städten weltweit zur Verfügung stehen. 1 vgl. Rammler 2019: 126 2 vgl. McKinsey&Company 2016: 12 3 vgl. Bormann et al. 2018: 18 4 vgl. Deloitte 2017: 2 5 vgl. Holland-Letz et al. 2019 6 vgl. Bormann et al. 2018: 12 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6 Besonders IT-Firmen sowie mit viel Risikokapital ausgestattete Startups bieten hier neue Fahr- und Nutzungskonzepte des Automobils auf Grundlage ihrer digitalen Kompetenz an. Darüber hinaus stoßen diese zunehmend auch in andere Bereiche vor. Dadurch werden etablierte Unternehmen im Mobilitätsmarkt, wie die klassischen Automobilunternehmen aber auch der öffentliche Verkehr, zunehmend neuer Konkurrenz ausgesetzt. Dies gilt vor allem für die urbanen Mobilitätsmärkte, denn hier ist der Grad der Individualisierung und Flexibilisierung am größten. Somit gibt es ideale Voraussetzungen, um neue digitale Plattformökonomien anzubieten.7 So ist gerade in Städten der öffentliche Verkehr weitaus besser ausgebaut und die wichtigsten Verkehrsknotenpunkte sind zu Fuß erreichbar. Dadurch wird die Nutzung von autolosen Mobilitätsstilen und Sharing-Angeboten wahrscheinlicher.8 Für die bereits etablierten Unternehmen im Mobilitätsmarkt, wie beispielsweise die traditionellen Autohersteller oder die öffentlichen Verkehrsunternehmen, bedeuten diese Trends eine starke Umwälzung und eine zunehmende Thematisierung ihrer Rolle. Bereits heute zeigt sich hier ein beginnender Wandel von klassischen Fahrzeugherstellern hin zu Mobilitätsdienstleistern. All dies, sowie die Arbeit im Bereich der vier Mobilitätstrends, stellt die Unternehmen der Branche, seien es traditionelle Automobilunternehmen oder IT-Firmen, aber auch andere Akteure, wie Städte, vor komplexe Herausforderungen. Diese können meist nicht mehr allein gemeistert werden. Schon heute zeigen Partnerschaften bzw. Kooperationen zwischen verschiedenen Automobilunternehmen (z.B. Joint-Venture zwischen Daimler und BMW) 9, zwischen Automobilunternehmen und Startups (z.B. Investitionen von Ford und VW in das Startup Argo.ai) 10 oder zwischen Automobilunternehmen und IT-Firmen (z.B. Jaguar und Waymo)11, dass eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure im Bereich dieser neuen Mobilitätstrends unabdingbar ist und zukünftig vermutlich zunehmen wird. Gleichfalls bedingt der starke Fokus der mit den Mobilitätstrends verbundenen Mobilitätslösungen auf den städtischen Raum auch eine zunehmende Zusammenarbeit bzw. Abstimmung zwischen Unternehmen und Städten bzw. deren Akteuren. Auch dies zeigt sich bereits heute am Beispiel der E-Scooter, für welche in unterschiedlichsten Städten der Welt neue Regeln aufgestellt wurden. Dafür müssen E-Scooter-Unternehmen und Akteure der städtischen Verwaltung zunehmend zusammenarbeiten. Der vorliegende Bericht soll einen Überblick über die Entwicklungen rund um die vier Mobilitätstrends geben. Dazu wird im Speziellen die Situation im Silicon Valley aufgezeigt. Es werden die unterschiedlichen Akteure im Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley beleuchtet und schließlich auch Chancen und Möglichkeiten für österreichische Unternehmen, Städte und Forschungsinstitutionen dargelegt. Zudem wird beschrieben, wie gegenseitig von den Entwicklungen rund um die neuen Mobilitätstrends voneinander gelernt und Know- How aufgebaut werden kann. Warum Silicon Valley? Das Silicon Valley spielt weltweit eine tragende Rolle im Bereich innovativer Technologien und neuer Trends und ist nach wie vor der unangefochtene Star der weltweiten Startup- und Innovationsszene. Es sind eine Vielzahl von Faktoren, die die San Francisco Bay Area zu so einem einzigartigen Innovationsökosystem machen: Vor allem die Diversität der Leute als auch die Breite der (Technologie-) Themen, die hier behandelt werden, findet man sonst nirgends auf der Welt. So kommen mehr als die Hälfte der Startup- Gründer von außerhalb der USA. Weltweit führende Forschungseinrichtungen und Top-Universitäten liefern das intellektuelle Kapital und die Talente, die die Grundlage für die vielen disruptiven Firmen bilden. Darüber hinaus verhelfen die hohen Summen von Venture Capital – über 40% der US-weiten Venture- Capital-Finanzierungen – vielversprechenden Ideen im Rekordtempo zur Marktreife. Es sind die engmaschigen Beziehungsnetzwerke zwischen Personen in diesen Feldern, eingebettet in eine Kultur der Offenheit und des Experimentierens, die diesen fruchtbaren Boden für Innovation schaffen. 12 7 vgl. Bormann et al. 2018: 12 8 vgl. bmvit 2016: 29 9 vgl. Daimler 2019a 10 vgl. Manager Magazin 2019 11 vgl. Jaguar 2018 12 vgl. Fürlinger 2014 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7 Gerade auch im Bereich der Mobilität wird deutlich, dass in und um das Silicon Valley die Mobilitätstrends von morgen entstehen, es zu großen Veränderungen kommt und sich zahlreiche neue Anbieter entwickeln, die den Mobilitätsmarkt nachhaltig verändern. In den USA gibt es mit etwa 500 Unternehmen im Bereich Mobilität, die seit 2010 Investments in Höhe von etwa 55 Milliarden Dollar erhielten, die meisten neuen Unternehmen in diesem Bereich – mit deutlichem Abstand vor China und Deutschland. Trotz der Größe der USA befindet sich allein die Hälfte davon in der San Francisco Bay Area und damit in und rund um das Silicon Valley.13, 14 Abbildung 2: Länder mit der höchsten Anzahl von neuen Unternehmen im Bereich Mobilität und Gesamtsumme der Investitionen15 Dass sich diese Mobilitätstrends vor allem rund um das Silicon Valley entwickeln, ist kein Zufall: Die vier Mobilitätstrends bilden einen großen Markt. Vor allem die im Silicon Valley beheimateten Technologiekonzerne engagieren sich daher zunehmend im Bereich dieser Mobilitätstrends und sehen hier neue Geschäftsmodelle. Neben diesen Unternehmen investieren auch im Silicon Valley ansässige Risikokapitalgeber zunehmend in Startups, die rund um die Mobilitätstrends gegründet werden. Aber auch die traditionelle Automobilindustrie, von der zahlreiche – und immer mehr - Unternehmen Niederlassungen bzw. Innovationszentren im Silicon Valley haben, verschieben ihre Forschungs- und Entwicklungsbudgets, um sich auf diese zukünftigen Mobilitätstrends vorzubereiten. 16 13Noch vor einigen Jahren wurde das Silicon Valley hauptsächlich mit der Region um die Stanford Universität herum bzw. zwischen den Orten Redwood City und San José verortet. Mittlerweile ist Silicon Valley geografisch zu einem Synonym der gesamten San Francisco bzw. San Jose Bay Area geworden, die alle dazwischenliegenden Orte, und oft auch die Region in der East Bay zwischen Berkeley und Fremont, mit einschließt. 14 vgl. Kässer et al. 2017: 6 15 vgl. ebenda 16 vgl. Krieg et al. (2018): 14 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8 Andererseits schafft auch die Mentalität und Kultur selbst sowie die relative schlechte Situation des öffentlichen Verkehrs, der hier im Gegensatz zu Europa „In den USA gibt es meist keine Alternative zum Automobil darstellt, außergewöhnliche meist nicht so viele Rahmenbedingungen für das Entstehen neuer Mobilitätslösungen rund um diese Regulationen und auch vier Mobilitätstrends. Gleiches gilt für die relativ offene Gesetzgebung in den die Kultur ist gerade im USA, wodurch beispielsweise automatisierte Fahrzeuge in Kalifornien auf Silicon Valley eine andere, weshalb neue öffentlichen Straßen getestet werden können. Zudem zeichnet sich das Mobilitätslösungen Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley durch eine besonders enge Verknüpfung meist einfach auf die von Akteuren aus Wissenschaft (z.B. Universität Stanford und Universität Straße deployed und Berkeley) und Unternehmen aus. Zunehmend gilt dies aber auch für die getestet werden: Fail Zusammenarbeit mit Akteuren öffentlicher Institutionen (Städte). Diese enge and Optimize statt Ask Verknüpfung treibt die Entwicklungen im Bereich der vier neuen for Permission.“ Mobilitätstrends stark voran, wodurch die Implementierung neuer Experte, Perceptive Mobilitätslösungen in der Praxis – quasi im Rahmen eines größeren Testlabors – Automata stark beschleunigt wird. Es sind letztlich das spezifische Ökosystem des Silicon Valley und das Zusammenspiel vieler Akteure und Faktoren, die hier eine wichtige Rolle spielen. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
9 2. Trends im Mobilitätsmarkt USA / Kalifornien / Silicon Valley Wie eingangs beschrieben zeigen sich die vier Mobilitätstrends sehr deutlich im Mobilitätsmarkt Kaliforniens bzw. des Silicon Valley. Die aktuellen Entwicklungen rund um die vier Mobilitätstrends in Kalifornien werden im Folgenden kurz beschrieben. 2.1 Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen Shared Mobility bezeichnet Mobilitätsdienstleistungen, die eine geteilte Nutzung durch verschiedene Personen ermöglichen.17 Sie stehen zwischen individueller und öffentlicher Mobilität und bieten Zugang zu Verkehrsmitteln, ohne diese besitzen zu müssen. 18 Das Anbieten und Buchen wird dabei meist über eine App und/oder eine Internetplattform geregelt. Den Nutzern stehen dabei meist zwei unterschiedliche Tarifoptionen zur Verfügung: Während bei den meisten Anbietern das Pay-as-you-Go-Prinzip, also Zahlung für die effektive Nutzung der Services (auch zeit- und ortsabhängig) besteht, sind zunehmend auch Mobilitätspakete in Form einer bestimmten Anzahl an Kilometern/Minuten oder komplette Flatrates (Subscription Service) durch monatliche Zahlung möglich.19 Letzteres hat beispielsweise Uber mit dem Ride Pass im Sommer 2019 neu eingeführt.20 Hierbei geht es zunehmend auch um die Integration und Kombination verschiedener (öffentlicher und privater) Verkehrsangebote und unterschiedlicher Verkehrsmittel über ein einheitliches, digitales Zugangsportal (Plattform, App). So sollen Mobilitätslösungen auf individuelle Bedürfnisse angepasst und maßgeschneidert werden (Mobility as a Service, MaaS).21 In den letzten Jahren entstand insbesondere in den USA und speziell aus dem Silicon Valley heraus eine Vielzahl von meist kommerziellen Shared-Mobility-Anbietern. Aktuell werden die unterschiedlichen Angebote über zwei verschiedene Standortsysteme angeboten: stationsbasierte Systeme (Ausleihen an fixen Stationen/Standorten) oder stationsunabhängige, sogenannte free-floating oder dockless Systeme. Zudem können Shared-Mobility-Angebote auch danach unterschieden werden, ob Fahrzeuge (z.B. Car Sharing, Bike Sharing) oder Fahrten (z.B. Ride Sharing) geteilt werden. Richteten sich Shared Mobility-Angebote zunächst auf das Auto (z.B. Car Sharing, Ride Sharing, Ride Hailing), so ist in den letzten Jahren eine modale Differenzierung zu beobachten. So haben auch das (E-)Fahrrad-Sharing und seit dem Jahr 2017 bzw. 2018 das (E-)Scooter-Sharing den Weg in den Mobilitätsmarkt der USA bzw. Kaliforniens gefunden. 22 Es können also am Mobilitätsmarkt in Kalifornien (bzw. USA) zahlreiche Arten der Shared Mobility unterschieden werden. Für eine bessere Übersichtlichkeit ist es zielführend, diese grob hinsichtlich ihrem Angebotsraum einzuteilen, d.h. 1) kurze Strecken, 2) kurze bis mittlere Strecken und 3) mittlere bis lange Strecken (Tabelle 1). 17 vgl. bmvit 2016: 15 18 vgl. Kollosche & Schwedes 2016: 26 19 vgl. Soteropoulos et al. 2019: 192 20 vgl. Uber 2019 21 vgl. Jittrapirom et al. 2017: 14 22 vgl. Clewlow 2018 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
10 Tabelle 1: Überblick über die verschiedenen Arten von Shared Mobility im Mobilitätsmarkt kurze Strecken kurze bis mittlere Strecken mittlere bis lange Strecken (0 bis 5 Meilen) (5 bis 15 Meilen) (über 15 Meilen) (E-)Scooter-Sharing Ride Hailing Car Sharing (free-floating) (stationsbasiert) (E-)Fahrrad-Sharing Ride Sharing Car Sharing (stationsbasiert) (free-floating) (E-)Fahrrad-Sharing Microtransit Car Sharing (free-floating) (peer-to-peer) 1) Kurze Strecken (Mikromobilität) „Nicht nur in den USA, Für kurze Strecken finden sich derzeit sowohl Angebote für (E-)Scooter-Sharing sonden weltweit bringen E-Scooter Unternehmen als auch für (E-)Fahrrad-Sharing. Während Ersteres meist nur aus free-floating ihr E-Scooter auf die bzw. dockless Modellen besteht, wird das (E-)Fahrrad-Sharing sowohl im free- Straße. Derzeit so floating Modell als auch im stationsbasierten Modell angeboten. 23 schnell wie möglich, wenn es von den Die Entwicklungen der letzten Jahre in diesem Bereich in den USA sind enorm. Ressourcen her passt. Die Anzahl der mit diesen Modellen zurückgelegten Wege hat sich in den USA in Der Business-Sense den letzten fünf Jahren mehr als vervierfacht. Ein besonderer Boom zeigt sich sollte aber da sein, durch das (E-)Scooter-Sharing seit dem Jahr 2018. daher fokussieren sie sich vor allem auf größere Städte“ Abbildung 3: Anzahl der in der Mikromobilität zurückgelegten Wege in den Projektleiter, Lime USA 2010 bis 201824 Solche Fahrräder und Scooter säumen mittlerweile das Straßenbild von San Francisco. Auch ein Blick auf das Umsatzwachstum der Anbieter in diesem Bereich zeigt besonders in den letzten zwei 23 vgl. NACTO 2018: 2 24 vgl. NACTO 2018: 4 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
11 Jahren im Bereich der E-Scooter (Lime und Bird) einen großen Anstieg der Verkäufe. Auch im Fahrrad- Sharing (Jump Bikes und Motivate) zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Abbildung 4: Umsatzwachstum ausgewählter Unternehmen im Bereich Mikromobilität, Index nach Umsatz von Bird Oktober 201725 In zahlreichen Städten in den USA gibt es mittlerweile Anbieter von Mikromobilität. Speziell in Kalifornien sind diese in insgesamt zwölf Städten vertreten – Tendenz steigend. Vor allem in den größeren Städten wie San Francisco oder San Jose findet sich sowohl stationsbasiertes (E-)Fahrrad-Sharing als auch (E-)Scooter- Sharing. In drei Städten gibt es nur (E-)Scooter-Sharing (Abbildung 5). Abbildung 5: Mikromobilität in den USA26 „Derzeit wird bereits versucht, die E-Scooter mit anderen Verkehrsmitteln intermodal zu integrieren (z.B. in Verkehrs-Apps). Beispielsweise gibt es eine solche „loose integration“ von Lime E- Scootern bereits in manchen Städten bei Google Maps.“ Projektleiter, Lime Abbildung 6 zeigt, wie viele (E-)Fahrräder bzw. (E-)Scooter in den jeweiligen Städten in Kalifornien vorhanden sind. Hier wird deutlich, dass in der Bay Area, also in San Francisco sowie auch in San Jose, das (E-)Fahrrad-Sharing überwiegt, in Los Angeles oder San Diego hingegen deutlich mehr (E-)Scooter als Fahrräder vorhanden sind.27 25 vgl. FutureEngine 2018 26 vgl. NACTO 2018: 3 27 Dieser Unterschied wird in Kapitel 4 noch detailliert beschrieben. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
12 Abbildung 6: Anzahl der Fahrräder und Scooter der Anbieter in den jeweiligen Städten in Kalifornien28 2) Kurze bis mittlere Strecken Im Bereich kurze bis mittlere Strecken findet in den USA und speziell in Kalifornien das sogenannte Ride Hailing zunehmend Zuspruch. Beim Ride Hailing werden Kunden von anderen Fahrern mitgenommen. Der Fahrtanbieter ist ein kommerzieller Plattform-Anbieter wie Uber oder Lyft. Im Gegensatz zum Ride Sharing (öffentliche Mitnahme) findet die Fahrt nur statt, wenn eine dritte Person mitfährt, die über die Plattform vermittelt wurde.29 Während es Ride Sharing schon früher gab, kamen Ride Hailing Abbildung 7: Befragungsergebnisse zur Angebote in den USA erst im Jahr 2011 mit Uber auf. Diese Nutzung von Ride-Hailing-Services in den werden aber mittlerweile immer häufiger genutzt und spielen USA 2015 und 2018 speziell in den Städten Kaliforniens eine große Rolle in der Alltagsmobilität: Im Jahr 2015 gaben im Rahmen einer USA- weiten Befragung nur 15 % der befragten Personen an, Ride- Hailing-Angebote zu nutzen. Im Jahr 2018 waren es bereits 36 %. Der Anteil hat sich also mehr als verdoppelt (Abbildung 7). 30 Hierbei ist über die letzten Jahre zudem zu beobachten, dass Ride Hailing in den USA zwar von immer mehr Personen, jedoch zunehmend unregelmäßiger genutzt wird.31 Geprägt wird der Markt des Ride Hailings Ride-Hailing-Dienste vor allem durch Uber und zunehmend konkurrieren in US- auch von Lyft. Während Lyft in über 300 Städten zwar stark mit dem privaten Pkw, aber Städten in den USA und in zwei Städten auch mit dem öffentli- in Kanada vertreten ist, operiert Uber chen Verkehr. bereits in über 600 Städten in 65 Ländern Potenziale aus Sicht der weltweit.32 Andere Anbieter auf dem US- Stadt- und Markt sind Juno, Gett oder Via.33 Weitere Verkehrsplanung Unternehmen in diesem Bereich, die werden daher vor allem jedoch verstärkt im asiatischen Markt während Off-Peak- operieren, sind Didi und Grab. Zeiten gesehen. Forscher, Universität Berkeley 28 vgl. NACTO 2018: 6 29 vgl. Sommer 2016: 29 30 vgl. Jiang 2019 31 vgl. Deloitte 2019: 4 f 32 vgl. Iqbal: 2019 33 vgl. Molla 2018 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
13 Blickt man auf die monatlichen Verkäufe seit dem Jahr 2016 (Abbildung 8) in den USA, zeigt sich eine deutliche Zunahme auf dem US-Markt. Hier wird ebenso ersichtlich, dass der Sowohl der Ride- Markt vor allem von Uber dominiert wird (69 %), Lyft jedoch besonders in den Hailing-Anbieter Lyft als letzten beiden Jahren deutlich an Marktanteil hinzugewonnen hat. 34 auch Uber haben im Jahr 2019 den Sprung an die Börse geschafft. Abbildung 8: Entwicklung der monatlichen Verkäufe im Ride Hailing zwischen 2016 und März 201913 *indexed to rideshare Jan 2016 sales (=100) 3) Mittlere bis lange Strecken Im Bereich mittlerer bis langer Strecken ist im Themenfeld der Shared Mobility in den USA bzw. in Kalifornien insbesondere das Car Sharing von Relevanz. Car- Sharing-Angebote gibt es in den USA etwa seit dem Jahr 2000. Während es zu Beginn noch deutlich häufiger stationsbasiertes Car Sharing gab, haben die zunehmende Digitalisierung und Verbreitung von Smartphones dazu beigetragen, dass immer mehr free-floating Car-Sharing-Modelle angeboten werden.35 Auch Car Sharing, wie Dabei ist auch im Bereich des Car Sharings ein Wachstum erkennbar. Dieses dieses Fahrzeug von GIG verlief in den letzten Jahren aber eher langsamer, was auch auf die Konkurrenz Car Share finden sich in durch andere Shared-Mobility-Angebote, die teilweise überlappend sind, zahlreichen Straßen San Franciscos. zurückzuführen ist.36 So hat sich die Zahl der Mitglieder bei Car-Sharing- Anbietern sowie auch die Zahl der Car-Sharing-Fahrzeuge zwischen 2006 und 2016 deutlich erhöht. Zwischen 2014 und 2016 flachte sich diese jedoch ab (Abbildung 9). 34 vgl. Gessner 2019 35 vgl. Populus 2018: 8 36 vgl. Roberts 2017 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
14 Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl von Mitgliedern und Fahrzeugen von Car-Sharing-Anbietern in den USA 2006 bis 201637 4) Vergleich Rückblickend betrachtet wird deutlich, dass die Adoptionsrate im Bereich Shared Mobility in den USA bei neueren Angeboten wie dem Ride Hailing oder dem (E-)Scooter-Sharing deutlich schneller verlief als bei früheren Angeboten wie dem Car Sharing oder dem (E-)Fahrrad-Sharing: Während die Adoptionsrate beispielsweise bei den (E-)Scootern im ersten Jahr ihrer Verfügbarkeit bereits bei 3,6 % lag, lag sie beim Car Sharing bei nur etwa 0,9 % (Abbildung 10). Dies liegt unter anderem an der zunehmenden Verbreitung von Smartphones in den USA in den letzten Jahren, welche die neuen Angebote für mehr Personen nutzbar machen. Es liegt ebenso an mehr privatem Kapital für Startups im Bereich Mobilität, was es den Unternehmen ermöglicht, eine höhere Anzahl von Fahrzeugen in kürzerer Zeit zur Verfügung zu stellen. 38 Abbildung 10: Adoptionsrate von unterschiedlichen Shared-Mobility-Angeboten nach dem ersten Jahr ihrer Verfügbarkeit in den USA 39 5,0% 4,5% 4,3% 4,0% 3,6% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,6% 1,5% 0,9% 1,0% 0,5% 0,0% Car Sharing Fahrrad Sharing Ride Hailing E-Scooter Sharing (verfügbar seit 2000) (verfügbar seit 2010) (verfügbar seit 2011) (verfügbar seit 2018) 37 vgl. Shaheen et al. 2018: 3 38 vgl. Populus 2018: 8 f 39 vgl. Clewlow 2018 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
15 2.2 Automatisierung / Automatisiertes Fahren Automatisiertes Fahren bezeichnet die (vollständige) Übernahme der Längs- (Geschwindigkeit halten, Gas geben und Bremsen) und Querführung (Lenken) eines Fahrzeugs durch ein System.40 Die Automatisierung von Fahrzeugen wird Solche automatisierten nach der Einteilung J3016 der Society of Automotive Engineers (SAE) in insgesamt Testfahrzeuge von GM sechs Stufen eingeteilt (Tabelle 2). Cruise werden in einigen Straßen San Franciscos getestet. Tabelle 2: Stufen der Automatisierung41 Quer- und Umgebungs- Operational Level Name Beschreibung Rückfallebene Längsführung beobachtung Design Domain Fahrer führt alle Fahraufgaben aus No Driving Der Fahrer fährt eigenständig, auch wenn 0 Automation Fahrer Fahrer keine n/a unterstützende Systeme vorhanden sind. (keine Automation) Fahrerassistenzsysteme helfen bei der Driver Assistance Fahrer und Fahrzeugbedienung bei Längs- oder Fahrer Fahrer Limitiert 1 (Assistenzsysteme) System Querführung (nicht gleichzeitig). Ein oder mehrere Fahrerassistenzsysteme Partial Driving helfen bei der Fahrzeugbedienung bei Automation Längs- und gleichzeitiger Querführung, System Fahrer Fahrer Limitiert 2 (Teilauto- Fahrer muss System dauerhaft matisierung) überwachen. System führt alle Fahraufgaben aus Conditional Driving Rückfall-bereiter Automatisiertes Fahren mit der Erwartung, Automation Nutzer (wird zum 3 dass der Fahrer auf Anforderung zum System System Limitiert (Bedingte Automa- Fahrer auf der Eingreifen reagieren muss. tisierung) Rückfallebene) Automatisierte Führung des Fahrzeugs mit High Driving der Erwartung, dass der Fahrer auf Automation Anforderung zum Eingreifen reagiert. Ohne 4 System System System Limitiert (Hochauto- menschliche Reaktion steuert das matisierung) Fahrzeug weiterhin autonom. Fahrer muss System nicht dauerhaft überwachen. Vollständig automatisiertes Fahren, bei Full Driving dem die dynamische Fahraufgabe unter Automation 5 jeder Fahrbahn und Umgebungsbedingung System System System Unlimitiert (Vollauto- wie von einem menschlichen Fahrer matisierung) durchgeführt wird. Derzeit werden zunehmend teilautomatisierte Funktionen (Level 2), wie „Besonders der Uber- beispielsweise Stau-Assistenten, in Serienfahrzeugen verbaut. Auch der Unfall im Jahr 2018 in Autopilot von Tesla, deren Fahrzeuge in den USA und insbesondere in Arizona hat dazu Kalifornien hohe Verkaufszahlen erzielen, steht auf dieser Stufe. Der Fahrer geführt, dass die muss hier das System dauerhaft überwachen und jederzeit in der Lage sein, Unternehmen, die sofort die Steuerung des Fahrzeugs übernehmen zu können. automatisiertes Fahren in Kalifornien testen, noch vorsichtiger agieren, da man Angst vor einem weiteren Unfall hat, was die Entwicklung automatisierter Fahrzeuge (insbesondere hinsichtlich der Akzeptanz von Seiten der Bevölkerung) zurückwirft.“ Experte und Keynote Speaker Automatisiertes Fahren 40 vgl. VDA 2015 41 vgl. SAE International 2018: 19 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
16 Zudem stellt Kalifornien einen der US-Bundesstaaten dar, in welchem automatisiertes Fahren höherer Stufen auf öffentlichen Straßen von Unternehmen getestet werden darf. Hierbei muss jedoch weiterhin ein Sicherheitsfahrer an Bord sein, der das System „In letzter Zeit überwacht. Mittlerweile besitzen insgesamt 63 Unternehmen eine Zulassung schrauben die zum Testen automatisierter Fahrzeuge in Kalifornien. Die Anzahl der Unternehmen im Bereich des Unternehmen hat dabei in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Abbildung automatisierten Fahrens 11). ihre Erwartungen hinsichtlich der Abbildung 11: Entwicklung der Anzahl der Unternehmen mit einer Zulassung zum Testen Schnelligkeit des automatisierter Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen in Kalifornien 2015 bis 201942 technologischen Fortschritts eher 80 herunter.“ 63 Professor im Bereich 60 48 Mobilitätsforschung, Universität Berkeley 40 20 20 7 11 0 „There are still lots of 2015 2016 2017 2018 2019 challenges on the fundamental research, Während anfänglich Unternehmen große Euphorie hinsichtlich automatisierten on the fundamental engineering and on the Fahrens zeigten, wird zunehmend klar, dass die Automatisierung von product side” … “the Fahrzeugen eine große Herausforderung darstellt und große Anstrengungen, challenge of actually Ressourcen und viel Zeit benötigt werden. In den letzten Jahren wurden zwar building a real product mehr und mehr Testkilometer auf öffentlichen Straßen sowie auch im and deploying it so that Simulator zurückgelegt und verstärkt neue Startups in Kalifornien rund um das people can use it has Thema automatisiertes Fahren gegründet. Dennoch liegt eine Entwicklung zum turned to be more vollautomatisierten Fahrzeugen der Stufe 5 noch in weiter Ferne. difficult than I expected.” Dmitri Dolgov, Waymo verfügt derzeit als einziges Unternehmen in Kalifornien über die Lizenz, CTO Waymo Fahrzeuge auch ohne Fahrer zu testen. Ihre Tests, wie der automatisierter Ride-Hailing-Service (Waymo One), finden in Chandler, Arizona, statt. Sie „Services mit werden weiterhin von einem Sicherheitsfahrer begleitet und finden nur in automatisierten einem sehr begrenzten, in zahlreichen Tests bereits befahrenen Bereich Fahrzeugen wird es in statt.43 Für einen solchen automatisierten Ride-Hailing-Service („Derived AV nächster Zukunft in den Passenger Service“) besitzen in Kalifornien derzeit nur die Unternehmen Zoox, USA insbesondere in AutoX, Pony.ai und Waymo eine Erlaubnis. 44 Aber auch die Unternehmen Gebieten geben, in denen die Fahrzeuge Daimler und Bosch wollen bis Ende des Jahres 2019 in San Jose einen solchen sicher operieren Service in einem kleinen, bestimmten Gebiet zwischen Stadtzentrum und West können. Der Gewinn, der San Jose anbieten.45 Die California Public Utilities Commission (CPUC) hat Ende mit den Services Mai 2018 zudem das Pilot-Programm „Driverless AV Passenger Service“ erwirtschaftet werden beschlossen, mit dem ein solcher Service zukünftig auch ohne kann, ist erstmal Sicherheitsfahrer betrieben werden kann. Hierbei muss jedoch immer eine nachrangig.“ Verbindung zwischen den Passagieren und den „remote operators“ bestehen. Projektmanager, Auch solche Systeme, die nur in bestimmten Bereichen und unter bestimmten Perceptive Automata Bedingungen operieren, entsprechen der Stufe 4. Aufgrund der Komplexität ist davon auszugehen, dass es in absehbarer Zeit auch von Waymo keine App geben wird, mit der man in einem beliebigen 42 vgl. California Department of Motor Vehicles 2019a 43 vgl. Marshall 2018 44 vgl. California Public Utilities Commission 2019 45 vgl. Daimler 2019b Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
17 Bereich, beispielsweise in Palo Alto, abgeholt und ein beliebiges Ziel automatisiert anfahren kann. 46 Vorstellbar ist hingegen, dass die Gebiete, in welchen die entwickelten Services angeboten werden, zunehmen werden. Die große Herausforderung Automatisierung bedingt zudem auch, dass Unternehmen, insbesondere die klassische Automobilindustrie und Technologieunternehmen, stärker zueinander finden und erkennen, dass sie im Bereich der Mobilität aufeinander angewiesen sind. 47 2.3 Elektrifizierung / Elektromobilität Vor dem Hintergrund von Ressourcenverknappung und Klimawandel gewinnen alternative Antriebskonzepte, insbesondere elektrisch angetriebene Fahrzeuge, gegenüber fossilen Brennstoffen an Bedeutung. Der Elektroantrieb scheint dabei kurz- bis mittelfristig die tragfähigste und produkttechnologische Lösung zu sein, um die Luft- und Lärmemissionen von Fahrzeugen zu minimieren.48 Die zunehmende Elektrifizierung zeigt sich vor „Der elektrische Antrieb allem bei Autos, schließt aber auch Fahrräder (E-Bikes) oder Scooter (E- scheint gerade bei Scooter) mit ein. kleineren Fahrzeugen derzeit am tragfähigsten. Bei großen bzw. Bei den elektrisch angetriebenen Fahrzeugen können dabei folgende Arten schweren Fahrzeugen, unterschieden werden:49 wie Bussen oder Lkw, Elektrofahrzeug (Battery Electric Vehicle, BEV): Elektromotor hat hingegen der generiert Antriebsenergie vollständig aus einer mit Strom geladenen Wasserstoff-Antrieb Batterie Vorteile.“ Professor im Bereich Plug-in Hybridfahrzeug (Plug-in Hybrid Electric Vehicle, PHEV): Antriebstechnologien, Kombination von klassischem Verbrennungsmotor und Elektromotor; Universität Standford Elektromotor mit am Netz aufladbarer Batterie In den USA zeigt sich der Trend der zunehmenden Elektrifizierung von Für Kalifornien wurde Fahrzeugen besonders im Bundesstaat Kalifornien. Dies liegt unter anderem an von Gouverneur Edmund den für Kalifornien formulierten Zielen der Politik sowie den vorhandenen G. Brown im Februar Möglichkeiten zur Förderung der Anschaffung von E-Fahrzeugen.50 Blickt man 2018 mit einer auf die Entwicklung der Verkaufszahlen der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge Durchührungs- (BEV, PHEV) in den USA und speziell in Kalifornien, zeigt sich ein enormer verordung beschlossen, Anstieg bei den verkauften elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (Abbildung dass is zum Jahr 2030 in Summe fünf Millionen 12). Im Jahr 2017 wurden allein in Kalifornien 96.000 elektrisch angetriebene elektrich angetriebene Fahrzeuge, und damit die Hälfte aller in den USA verkauften elektrisch Fahrzuge auf den angetriebenen Fahrzeuge, verkauft. Und dies, obwohl Kalifornien nur einen Straßen Kaliforniens Anteil von 12 % an der gesamten Bevölkerung der USA aufweist. Zwischen 2013 unter egs sein sollen. und 2017 hat sich die Zahl der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge in Kalifornien verdoppelt und auch bei der Gesamtanzahl aller seit 2010 verkauften elektrisch angetriebenen Fahrzeuge weist Kalifornien mit 366.000 Fahrzeugen einen Anteil von 49 % aller Fahrzeuge in den USA (749.000 Fahrzeuge) auf. 46 vgl. Beiker 2019a 47 vgl. ebenda 48 vgl. Bormann et al. 2018: 13 49 vgl. Kollosche & Schwedes 2016: 19 f 50 vgl. Lutsey 2018: 13 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
18 Abbildung 12: Verkaufszahlen elektrisch angetriebener Fahrzeuge in Kalifornien, den neun weiteren ZEV-Staaten und den restlichen Bundesstaaten 2010 bis 201751 Auch beim Anteil elektrisch angetriebener Fahrzeuge an allen neu zugelassenen Mit der „Zero Emission Fahrzeugen liegt Kalifornien an der Spitze aller US-Bundesstaaten: So lag der Anteil Vehicle (ZEV) der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge an allen neu zugelassenen Fahrzeugen in regulation“ wurden in Kalifornien sowie in Kalifornien im Jahr 2018 bei 7,8 %, während er in den USA insgesamt bei 1,96 % lag. neun anderen Zudem hat sich dieser Anteil vor allem in den letzten Jahren deutlich erhöht Bundesstaaten (Abbildung 13).52 Zum Vergleich dazu lag er in Österreich im Jahr 2018 bei 2,54 % 53 steigende Anteile der und weltweit bei 2,2 %.54 jährlich verkauften elektrisch angetriebenen Abbildung 13: Entwicklung des Anteils elektrisch angetriebener Fahrzeuge (BEV, PHEV) an Fahrzeuge festgelegt. allen neu zugelassenen Fahrzeugen in Kalifornien55 50% 40% 30% 20% 0,0784 10%0,025 0,032 0,031 0,036 0,0502 0% 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Besonders in den Städten in der Bay Area bzw. des Silicon Valley zeigt sich dabei ein hoher Anteil elektrisch angetriebener Fahrzeuge an allen verkauften Fahrzeugen (Abbildung 14). 51 vgl. ebenda 52 vgl. Szczesny 2018 53 vgl. bmvit 2019: 2 54 vgl. Irle 2019 55 vgl. EVAadoption 2019 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
19 Abbildung 14: Anteil von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (BEV, PHEV) an allen neu verkauften Fahrzeugen 2017 56 „Hinsichtlich 2.4 Vernetzung / Connectivity automatisiertem Fahren Das Thema Vernetzung bzw. Connectivity spielt gerade im Zusammenhang mit ist die Vernetzung der Automatisierung von Fahrzeugen eine immer größere Rolle.57, 58 Besonders unverzichtbar, da sich bei den Services der Shared Mobility ist Vernetzung die Voraussetzung für den viele Vorteile automatisierter Zugriff auf das jeweilige Fahrzeug per App oder Web-Portal durch die Fahrzeuge (z.B. Fahrzeugnutzer.59 In Zukunft wird es insbesondere diese digitale Verkehrsfluss) erst Vernetzungskompetenz sein, die die Mobilitätswirtschaft auszeichnet. Als Basis einstellen, wenn diese neuer Dienstleistungen und Betriebskonzepte, wie dem automatisierten vernetzt sind. Dies ist Fahren, können so wachsenden Teils der mobilitätswirtschaftlichen Erlöse bei wenigen generiert. Hingegen wird sich mit der reinen Produktion von Fahrzeugen immer automatisierten weniger Geld verdienen lassen.60 Fahrzeugen vielleicht noch kein Problem, wohl Die Vernetzung von Fahrzeugen kann danach unterschieden werden, mit wem aber bei einer zunehmenden oder was das jeweilige Fahrzeug vernetzt ist: „Vehicle to Everything“ oder V2X Fahrzeuganzahl“ beschreibt den Zustand vollständiger Kommunikationsfähigkeit von Fahrzeugen Professor im Bereich – sei es untereinander (V2V), mit der Infrastruktur (V2I/ I2V), mit mobilen Mobilitätsforschung, Endgeräten von Fußgängern (V2P) oder Netzwerken (V2N) und entfernten Universität Berkeley Datenzentren.61 Die USA stellt neben Europa und China den größten Markt im Bereich der Vernetzung von Fahrzeugen dar. 62 Im Jahr 2018 waren in den USA bereits 39,1 Millionen vernetzte Fahrzeuge (Connected Cars) auf den Straßen 56 vgl. Lutsey 2018: 4 57 vgl. Rammler 2016: 14 58 vgl. Bönninger et al. 2018: 97 59 vgl. Johannig & Mildner 2015: 4 60 vgl. Rammler 2019: 135 61 vgl. Shladover 2018: 191. 62 vgl. Statista 2017: 16 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
20 unterwegs. Dies entspricht einer Durchdringungsrate von knapp einem Drittel der Pkw (31,1 %). In Zukunft wird diese Zahl noch weiter zunehmen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Anzahl der Connected Cars bis zum Jahr 2023 auf 95,7 Millionen ansteigen und eine Durchdringungsrate von 73,6 % erreicht wird. 63 Abbildung 15: Anzahl von Connected Cars und Durchdringungsrate in den USA 2017 - 2023 (geschätzt)64 120 100% 90% Durchdringungsrate in Prozent 100 Connected Cars in Millionen 80% 70% 80 60% 60 50% 40% 40 30% 20% 20 10% 29,3 39,1 49,7 60,8 72,1 83,8 95,7 0 0% 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Anzahl von Connected Cars Durchdringungsrate Für die Datenübertragung können verschiedene drahtlose Kommunikationstechnologien zum Einsatz kommen.65 Primär anwendbare Technologien sind hierbei ITS-5G (WLAN IEEE 802.11p), der zellulare Mobilfunk (LTE-Vehicular/LTE Advanced oder zukünftig 5G) sowie das digitale Broadcasting, wie z.B. DAB (Digital Audio Broadcasting), DAB+, DMB (Digital Multimedia Broadcasting) oder DAB-IP. Derzeit ist noch vollkommen offen, welche Kommunikationstechnologie sich in Zukunft im Zusammenhang mit dem automatisierten Fahren durchsetzen wird: Während die Europäische Kommission das Konzept eines komplementären Kommunikations-Mixes mit dem Einsatz hybrider Kommunikationstechnologien verfolgt, wird in den USA durch die Behörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit in einem Gesetzesentwurf der Standard ITS-G5 für die (Nahbereichs-)Kommunikation favorisiert.66 Xapix: Die Daten-Orchestrierungsplattform Die Daten-Orchestrierungssoftware von Xapix wurde 2016 in Berlin gegründet und hat heute ihren Hauptsitz in San Francisco. Sie ist eine einfache Drag-and-Drop-Oberfläche, die die direkte Interaktion zwischen Systemen abstrahiert. Die Plattform bietet eine flexible Lösung, die für interne Zwecke oder für gemeinsame Anstrengungen mit anderen Organisationen verwendet werden kann. Mit Xapix können Unternehmen Daten von mehreren Endpunkten in einem einzigen internen Modell zusammenfassen und präsentieren, auf das alle Abteilungen über einen einheitlichen Kanal zugreifen können. 67 63 vgl. Statista 2019 64 vgl. ebenda 65 vgl. ebenda 66 vgl. Sänn et al. 2017: 62 67 https://coverager.com/xapix-raises-2m/ Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
21 Xapix ist eine Orchestrierungsplattform für digitale Mobilitätsdienste, die für Fahrzeughersteller, Zulieferer und Dienstleister geschaffen wurde. Diese Software soll es Mobilitätsunternehmen ermöglichen ihre Dienste schneller und sicherer zu skalieren. Unternehmen wie Daimler Fleetboard, BMW und Goodyear sind bereits Kunden von Xapix.68 Auch der österreichische Investor Andreas Schwarzenbrunner von Speedinvest sah die Notwendigkeit einer solchen Software und investierte in Xapix. Er ist der Meinung, dass das Organisieren und Orchestrieren von Daten aus unterschiedlichen Datenbanken, alten und neuen Systemen nicht nur eine enorme Herausforderung für Unternehmen darstellt, sondern auch sehr viel Zeit und Geld kostet. Seiner Meinung nach wird dieses Problem durch das Wachstum des API-Marktes (Popularität von Web-APIs, Anzahl öffentlicher und privater APIs, Notwendigkeit einer sicheren API- Lebenszyklus-Verwaltung usw.) und das enorme Wachstum der Mobilitätsdaten aufgrund autonomer Fahrzeuge und neuer Wege noch verstärkt von Mobilitätsanbietern und Dienstleistungsmodellen. Xapix ermöglicht die Nachverfolgung der Nutzung und Leistung von APIs. Interne und externe Benutzer erhalten Zugriff und dieser kann individuell verwaltet werden. 69 2.5 Exkurs: Von der horizontalen zur vertikalen Mobilität Neben den oben beschriebenen Trends im Bereich der Personenmobilität, die sich vor allem auf die Mobilität am Boden konzentrieren, zeigen sich auch im Bereich der Mobilität in der Luft neue Trends, die zukünftig eine deutliche Veränderung in der Mobilität erwarten lassen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die Luftfahrt enorm entwickelt. Neue Zukunftstechnologien machen es möglich, den Luftraum, insbesondere über Großstädten, sinnvoll zu nutzen. Im Fokus stehen dabei besonderes Solche Fluggeräte Drehflügler, also flexible Kleinflugzeuge, die beispielsweise als Lufttaxis könnten schon bald als den Transport von Personen auf kurzen Strecken durch senkrechtes Starten weiteres Verkehrsmittel in der Stadt von morgen und Landen (vertikale Mobilität) übernehmen könnten: Das Zeitalter des dienen. individuellen Luftverkehrs rückt immer näher. 70 Insbesondere Startups im Silicon Valley (z.B. Kitty Hawk), aber auch Unternehmen wie Uber (Uber Elevate), die klassischen Flugzeugbauer wie Airbus, Boeing oder Embraer und zunehmend auch die klassischen Autobauer arbeiten an solchen Fluggeräten. 71 Beispielsweise beteiligt sich Daimler in diesem Rahmen am Startup Volocopter. Derzeit sind solche Fluggeräte meist bemannte Drohnen, die mit Elektroantrieb senkrecht starten können. Die Entwicklung geht dahin, dass der Passagier als Pilot nicht viel mehr übernehmen muss, als das Ziel auszuwählen. Auch hier wird intensiv an der automatisierten 68 https://www.crunchbase.com/organization/xapix-io#section-overview 69 https://medium.com/speedinvest/why-we-invested-in-xapix-ee044365b82c 70 vgl. Köllner 2018 71 vgl. Horváth & Partners 2019 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
22 Navigation gearbeitet.72 Der Vorteil solcher Fluggeräte liegt vor allem in der beschleunigten Fortbewegung, insbesondere in von Stau geplagten Städten.73 So können die „Schon 2025 werden Passagiere während des gesamten Transports stets an Bord bleiben und Flugtaxis in großen müssen nicht umsteigen.74 Der Markt für solche Flugtaxis wird daher vor allem Städten auf ersten, festgelegten Routen in größeren Städten und Metropolregionen mit vielen Staus gesehen. Das Passagiere betrifft vor allem Singapur, China oder Dubai aber auch die USA und Australien, transportieren.“ da die Politik dort – im Gegensatz zu Europa – offener für die Erprobung neuer Experte, Horváth & Technologien ist.75 Uber Elevate beispielsweise konnte Los Angeles und Dallas Partners in den USA sowie Melbourne (im Sommer 2019) als Partnerstädte für die Tests ihrer Flugtaxis gewinnen.76 Startups in diesem Bereich – auch aus Kalifornien - erhielten bis Ende 2018 Investitionen über mehrere Millionen Dollar. Dabei sticht vor allem das Unternehmen Joby Aviation mit Sitz in Santa Cruz sowie Moller International aus Dixon in Kalifornien hervor. Weitere Unternehmen sind zudem Lilum und Volocopter aus Deutschland. Abbildung 16: Generierte Investitionen von Startups im Bereich fliegender Taxis bis Ende 201877 Generell schreitet die technologische Entwicklung fliegender Taxis auch deshalb voran, da für den Luftraum zwar strenge Sicherheitsauflagen bestehen, der Luftverkehr jedoch deutlich einfacher zu kontrollieren ist, da – anders als auf der Straße – kein öffentlicher oder individueller Verkehr unterwegs ist.78 Kitty Hawk: elektrische Lufttaxis Die Kitty Hawk Corp. mit Hauptsitz in Mountain View, Kalifornien, baut elektrische Transportlösungen, um Menschen vom Verkehr zu befreien und den CO2-Ausstoß zu verringern. Das Portfolio des Unternehmens umfasst Cora, ein Zwei-Personen-Lufttaxi, Flyer für den personalisierten Flug und Heaviside. Die Mission des von Google-Mitbegründer Larry Page unterstützten Startups ist es, den Traum, selbst zu fliegen, Wirklichkeit werden zu lassen. Bei Kitty Hawk werden sichere, leise und autonom fliegende Flugzeuge 72 vgl. Köllner 2018 73 vgl. Köllner 2018 74 vgl. Gärtner 2018: 24 75 vgl. Köllner 2018 76 vgl. Uber Elevate 2019 77 vgl. Mobility Foresights 2019 78 vgl. Horváth & Partners 2019 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
23 konstruiert, designt und gebaut.79 Der Österreicher Robert Preissl ist seit 3 Jahren bei Kitty Hawk und für Sensordatefusion ("sensor fusion") zuständig. Hierbei geht es um die Verknüpfung von mehreren Sensoren mit dem Ziel, möglichst genau und stabil wichtige Größen, wie Position und Geschwindigkeit des Fliegers, zu jedem Zeitpunkt zu bestimmen. Somit sollen Fehler oder Ausfälle einzelner Sensorkomponenten abgefangen werden. Heaviside Kitty Hawk stellte diesen Oktober, bei der renommierten TechCrunch Konferenz in San Francisco, ihr drittes Flugzeug vor: Heaviside, abgekürzt als HVSD. Es ist ein autonom fliegendes voll elektrisches Einpersonen-Flugzeug, das rund 100-mal leiser ist als ein Hubschrauber und dabei nur ein Drittel eines Autos wiegt.80 Die acht Propeller des Flugzeugs kippen zusammen mit ihren Elektromotoren, sechs am vorderen Hauptflügel und zwei an den Vorderflügeln, für VTOL-Zwecke nach unten und für den vertikalen Flug nach vorne. Laut Kirsten Korosec von TechCrunch, kann dies eine Reisegeschwindigkeit von über 200 Meilen pro Stunde mit sich bringen und Sie in 15 Minuten von San Jose nach San Francisco bringen – eine Strecke von 55 Meilen.81 Das Unternehmen hofft, dass Heaviside für den persönlichen Flugverkehr und den Flugtaxidienst eingesetzt wird. Das Flugzeug wird seit zwei Jahren im Geheimen entwickelt und getestet, sowohl mit als auch ohne Pilot. Die Benutzeroberfläche ist jedoch für Benutzer ohne Pilotenlizenz konzipiert. 82 Kitty Hawk hat einige hochkarätige Konkurrenten im aufkommenden Flugtaxiraum. Insbesondere plant Uber im Jahr 2020 mit Testflügen seines eigenen Uber-Air-Dienstes zu beginnen. Der kommerzielle Start ist für 2023 geplant. Der Fahrdienstleister gab bekannt, dass es mit fünf Luft- und Raumfahrtunternehmen zusammenarbeite, um Flugzeuge für diesen Dienst zu bauen. Weiterhin absolvierte das deutsche Startup Lilium Anfang dieses Jahres bereits einen Testflug mit einem eigenen fünfsitzigen Flugzeug. 83 Die Regulierung des Luftraums bleibt dabei eine große Herausforderung, die eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden bedarf, um eine Neugestaltung und Neudefinition des Luftraummanagements zu erreichen. Cora Kitty Hawks autonomes Zweipassagier-Flugzeug, Cora, verfügt über ein Lufttüchtigkeitszeugnis für Versuche und wird seit drei Jahren in Neuseeland getestet, wobei Boeing kürzlich als strategischer Partner für das Projekt gewonnen wurde.84 79 https://www.crunchbase.com/organization/kitty-hawk#section-overview 80 https://www.theverge.com/2019/10/3/20897336/kitty-hawk-electric-aircraft-heaviside-mile-range-flight-time-google-larry-page 81 https://www.aviationtoday.com/2019/10/04/kitty-hawk-reveals-ultra-quiet-heaviside-evtol-design/ 82 https://www.aviationtoday.com/2019/10/04/kitty-hawk-reveals-ultra-quiet-heaviside-evtol-design/ 83 https://www.theverge.com/2019/10/3/20897336/kitty-hawk-electric-aircraft-heaviside-mile-range-flight-time-google-larry-page 84 https://transportup.com/headlines-breaking-news/vehicles-manufactures/kitty-hawks-new-project-heaviside-prioritizes-noise- reduction/ Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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