AUSSEN WIRTSCHAFT BRANCHENREPORT USA - WKO

 
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AUSSEN
WIRTSCHAFT
BRANCHENREPORT
USA
DIE ZUKUNFT DER PERSONENMOBILITÄT
TRENDS AUS DEM SILICON VALLEY

MOBILITÄTSDIENSTLEISTUNGEN DER ZUKUNFT
ERFOLGSFAKTOREN IM SILICON VALLEY
SHARED MOBILITY
AUTOMATISIERTES FAHREN
CONNECTIVITY

AUSSENWIRTSCHAFTSBÜRO SAN FRANCISCO
OKTOBER 2019
AUSSEN WIRTSCHAFT BRANCHENREPORT USA - WKO
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 Unser vollständiges Angebot zu den Themen Automotive, Urban Technologies, Logistik und
 Schienenverkehr (Veranstaltungen, Publikationen, Schlagzeilen etc.) finden Sie unter
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In Zusammenarbeit mit Aggelos Soteropoulos vom future.lab und Asper Mobil Lab der TU Wien

Dieser Branchenreport ist im Rahmen der Internationalisierungsoffensive go-international, einer Förder-
initiative des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Wirtschaftskammer
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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................... 3
Vorwort ................................................................................................................................ 4
1.       Einleitung ................................................................................................................... 5
2.       Trends im Mobilitätsmarkt USA / Kalifornien / Silicon Valley................................... 9
2.1        Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen .................................................... 9
2.2        Automatisierung / Automatisiertes Fahren .......................................................... 15
2.3        Elektrifizierung / Elektromobilität......................................................................... 17
2.4        Vernetzung / Connectivity ...................................................................................... 19
2.5        Exkurs: Von der horizontalen zur vertikalen Mobilität .......................................... 21
2.6        Exkurs: Quantencomputing im Verkehrsbereich .................................................. 24
3.       Akteure im Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley .................................................... 27
3.1        Wirtschaft / Unternehmen ..................................................................................... 27
3.2        Wissenschaft / Forschung ..................................................................................... 41
3.3        Politik / Staat ......................................................................................................... 42
3.4        Interaktionen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik: Die Rolle
           von Labs ................................................................................................................. 43
4.       Vom Testen zur Implementierung: Rahmenbedingungen, Strategien und
         Maßnahmen am Beispiel San Francisco ................................................................. 46
4.1        Strategien und Maßnahmen für neue Mobilitätsangebote.................................... 47
4.2        Prozess beim E-Scooter-Sharing .......................................................................... 50
5.       Chancen & Erfolgsfaktoren für österreichische Unternehmen, Forschung und
         Städte im Silicon Valley ........................................................................................... 53
5.1        Erfolgsfaktoren im Silicon Valley .......................................................................... 53
5.2        Chancen im Bereich integrierter Plattformen ...................................................... 56
5.3        Chancen im Bereich der E-Mobilität ..................................................................... 56
5.4        Chancen im Bereich autonomes Fahren ............................................................... 57
5.5        Kooperationsabkommen der Wirtschaftskammer mit der Stanford Universität . 57
6.       Fachveranstaltungen & Messen .............................................................................. 58
7.       Ressourcen & Ansprechpartner .............................................................................. 61
8.       Beteiligte Personen und Institutionen ..................................................................... 68
9.       Quellenverzeichnis .................................................................................................. 70

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Vorwort

Mobilität ist ein Thema, das uns alle bewegt. Wir sind darauf angewiesen, Alltagswege verlässlich und zu
vertretbaren Kosten erledigen zu können. Unsere Versorgung mit allerlei Produkten und Dienstleistungen
soll ebenso reibungslos funktionieren. Und schließlich ist auch unsere Freizeit von Mobilität geprägt; so
sehr, dass heute tatsächlich oft der Weg das Ziel ist. Am Beginn des 21. Jahrhundert steht die mobile Welt
vor einem grundlegenden Wandel, der von zwei zentralen Treibern ausgeht: die Mobilitätswende und die
Digitalisierung des Verkehrs.

Erstens kann nicht länger ignoriert werden, dass der aus dem beschrieben Mobilitätsverhalten
resultierende Verkehr einer der großen Verursacher von CO2-Emissionen ist. In den USA sowie in Europa
entfallen ca. ein Drittel der Treibhausgase auf den Transport und davon wiederum fast zwei Drittel auf den
Straßenverkehr. Diese Zahlen, sowie die Prognosen zur Entwicklung dieses Sektors, unterstreichen die
Notwendigkeit, zu handeln. Dieser Trend wird unterstützt durch die Elektrifizierung des Verkehrs und
alternativer Fortbewegungsmöglichkeiten. Dies gilt vor allem im urbanen Bereich (vgl. E-Scooter &
Fahrräder). Zweitens wirkt sich die Digitalisierung auf den gesamten Wirtschaftssektor aus, der vor einem
grundlegenden Wandel steht. Seit ca. 2010 sehen sich die klassischen Akteure im Bereich der Mobilität, die
Autoindustrie und ihre Zulieferer, die nationalen und lokalen Verkehrsunternehmen und auch
Infrastrukturbetreiber in einer neuen Konkurrenzsituation. Einflussreiche Technologie-Konzerne, viele
davon aus dem Silicon Valley, haben diesen Markt für sich entdeckt. Durch Automatisierung und
Vernetzung werden etablierte Geschäftsmodelle und Handlungslogiken in Frage gestellt, während sich neue
Geschäftsfelder eröffnen. Die Bedeutung dieses Wandels kann in Europa, wo 3,3 Mio Arbeitnehmer direkt
und indirekt allein von der Automobilproduktion abhängig sind, nicht überbewertet werden. Wer auch in den
kommenden Jahren wettbewerbs- und handlungsfähig bleiben will, muss diese Trends integriert betrachten
und proaktiv die Zukunft mitgestalten.

Die vorliegende Studie wurde vom future.lab und dem aspern.mobil LAB der TU Wien für und mit dem
AußenwirtschaftsBüro San Francisco verfasst. Das Ziel war es, einen fundierten Einblick in ein global
einzigartiges Innovations-Ökosystem zu geben, wo die (Mobilitäts-)Welt von morgen miterfunden wird: das
Silicon Valley. In diese Studie flossen zahlreiche Interviews und persönlichen Gespräche, Erkenntnisse der
aktuellen Fachliteratur, sowie auch der Austausch über Praxiserfahrungen zu Innovationen im
Mobilitätsbereich ein. Sie zeigt an konkreten Beispielen und Analysen die Wirkungen des Wandels deutlich,
welche schon heute den Alltag und das Stadtbild in der San Francisco Bay Area prägen. Es wurde außerdem
ersichtlich, dass Wirtschaft, Wissenschaft und Politik lokal und (inter)national kooperativ agieren müssen,
um diese komplexen und großen Herausforderungen zu bewältigen.

Der Report nennt unterschiedliche Bereiche, in denen österreichische Unternehmen über spezielles Know-
How verfügen. Hier bieten sich Möglichkeiten, auf die Nachfrage im Silicon Valley zu reagieren und so den
Einstieg in den US-Markt zu schaffen. In Summe soll ein Beitrag dazu geleistet werden, den rasanten
Wandel im Mobilitätssektor besser zu verstehen und ihn als Chance zu begreifen, die Mobilität der Zukunft
aktiv mitzugestalten.

       Mathias Mitteregger                                     Georg Fürlinger
       future.lab, TU Wien                                     AußenwirtschaftsBüro San Francisco

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1.             Einleitung
Die Mobilität steht derzeit am Beginn eines größeren Wandels. Im verkehrspolitischen und
wissenschaftlichen Diskurs werden vier Mobilitätstrends in den Fokus gerückt. Diese werden für die
Neuformatierung der Mobilität eine Rolle spielen, halten jedoch bereits schon heute, insbesondere in die
Personenmobilität, zunehmend Einzug.1 Diese vier Mobilitätstrends sind 1) Automatisierung, 2)
Elektrifizierung, 3) Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen („Mobility as a Service“) und 4)
Vernetzung. 2,3,4 Der Mobilitätsmarkt ist riesig. Weltweit wurden durch die Automobilindustrie allein in den
Jahren 2017 und 2018 etwa 120 Milliarden Dollar in die Bereiche rund um automatisiertes Fahren,
Elektromobilität, Shared Mobility bzw. Mobilität als Dienstleistung und vernetztes Fahren investiert.5

                                                           Automati-
                                                            sierung

                                Elektro-                  Mobilitäts-                  Shared
                                mobilität                   markt                      Mobility

                                                          Vernetzung

        Abbildung 1: Überblick über derzeitige Mobilitätstrends mit Wirkungen auf den Mobilitätsmarkt (Quelle: eigene
                                                         Darstellung)

Speziell in der Personenmobilität stand bislang vor allem das Besitzen von Fahrzeugen im Vordergrund.
Damit waren jedoch die größten betriebswirtschaftlichen Fehlallokationen verbunden, da ein Auto im
Durchschnitt nur ein bis zwei Stunden pro Tag genutzt wird. Hier zeigt sich zunehmend eine große Dynamik
in der Entwicklung von nutzungseffizienten, geteilten und zunehmend individualisierten Produkten.
Vermehrt gibt es hier neue Angebote der digitalen, oft Startup-basierten Plattformökonomie.6 Anfangs
fokussierte sich diese Angebote noch auf das Auto (Car Sharing). Heute erstrecken sie sich auch über das
Fahrrad bis hin zum E-Scooter, die mittlerweile von zahlreichen unterschiedlichen Unternehmen angeboten
werden und in vielen Städten weltweit zur Verfügung stehen.

1   vgl. Rammler 2019: 126
2   vgl. McKinsey&Company 2016: 12
3   vgl. Bormann et al. 2018: 18
4   vgl. Deloitte 2017: 2
5   vgl. Holland-Letz et al. 2019
6   vgl. Bormann et al. 2018: 12

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Besonders IT-Firmen sowie mit viel Risikokapital ausgestattete Startups bieten hier neue Fahr- und
Nutzungskonzepte des Automobils auf Grundlage ihrer digitalen Kompetenz an. Darüber hinaus stoßen
diese zunehmend auch in andere Bereiche vor. Dadurch werden etablierte Unternehmen im
Mobilitätsmarkt, wie die klassischen Automobilunternehmen aber auch der öffentliche Verkehr, zunehmend
neuer Konkurrenz ausgesetzt. Dies gilt vor allem für die urbanen Mobilitätsmärkte, denn hier ist der Grad
der Individualisierung und Flexibilisierung am größten. Somit gibt es ideale Voraussetzungen, um neue
digitale Plattformökonomien anzubieten.7 So ist gerade in Städten der öffentliche Verkehr weitaus besser
ausgebaut und die wichtigsten Verkehrsknotenpunkte sind zu Fuß erreichbar. Dadurch wird die Nutzung von
autolosen Mobilitätsstilen und Sharing-Angeboten wahrscheinlicher.8

Für die bereits etablierten Unternehmen im Mobilitätsmarkt, wie beispielsweise die traditionellen
Autohersteller oder die öffentlichen Verkehrsunternehmen, bedeuten diese Trends eine starke Umwälzung
und eine zunehmende Thematisierung ihrer Rolle. Bereits heute zeigt sich hier ein beginnender Wandel von
klassischen Fahrzeugherstellern hin zu Mobilitätsdienstleistern. All dies, sowie die Arbeit im Bereich der
vier Mobilitätstrends, stellt die Unternehmen der Branche, seien es traditionelle Automobilunternehmen
oder IT-Firmen, aber auch andere Akteure, wie Städte, vor komplexe Herausforderungen. Diese können
meist nicht mehr allein gemeistert werden. Schon heute zeigen Partnerschaften bzw. Kooperationen
zwischen verschiedenen Automobilunternehmen (z.B. Joint-Venture zwischen Daimler und BMW) 9, zwischen
Automobilunternehmen und Startups (z.B. Investitionen von Ford und VW in das Startup Argo.ai) 10 oder
zwischen Automobilunternehmen und IT-Firmen (z.B. Jaguar und Waymo)11, dass eine Zusammenarbeit
unterschiedlicher Akteure im Bereich dieser neuen Mobilitätstrends unabdingbar ist und zukünftig
vermutlich zunehmen wird. Gleichfalls bedingt der starke Fokus der mit den Mobilitätstrends verbundenen
Mobilitätslösungen auf den städtischen Raum auch eine zunehmende Zusammenarbeit bzw. Abstimmung
zwischen Unternehmen und Städten bzw. deren Akteuren. Auch dies zeigt sich bereits heute am Beispiel der
E-Scooter, für welche in unterschiedlichsten Städten der Welt neue Regeln aufgestellt wurden. Dafür
müssen E-Scooter-Unternehmen und Akteure der städtischen Verwaltung zunehmend zusammenarbeiten.

Der vorliegende Bericht soll einen Überblick über die Entwicklungen rund um die vier Mobilitätstrends
geben. Dazu wird im Speziellen die Situation im Silicon Valley aufgezeigt. Es werden die unterschiedlichen
Akteure im Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley beleuchtet und schließlich auch Chancen und Möglichkeiten
für österreichische Unternehmen, Städte und Forschungsinstitutionen dargelegt. Zudem wird beschrieben,
wie gegenseitig von den Entwicklungen rund um die neuen Mobilitätstrends voneinander gelernt und Know-
How aufgebaut werden kann.

Warum Silicon Valley?

Das Silicon Valley spielt weltweit eine tragende Rolle im Bereich innovativer Technologien und neuer Trends
und ist nach wie vor der unangefochtene Star der weltweiten Startup- und Innovationsszene. Es sind eine
Vielzahl von Faktoren, die die San Francisco Bay Area zu so einem einzigartigen Innovationsökosystem
machen: Vor allem die Diversität der Leute als auch die Breite der (Technologie-) Themen, die hier
behandelt werden, findet man sonst nirgends auf der Welt. So kommen mehr als die Hälfte der Startup-
Gründer von außerhalb der USA. Weltweit führende Forschungseinrichtungen und Top-Universitäten liefern
das intellektuelle Kapital und die Talente, die die Grundlage für die vielen disruptiven Firmen bilden.
Darüber hinaus verhelfen die hohen Summen von Venture Capital – über 40% der US-weiten Venture-
Capital-Finanzierungen – vielversprechenden Ideen im Rekordtempo zur Marktreife. Es sind die
engmaschigen Beziehungsnetzwerke zwischen Personen in diesen Feldern, eingebettet in eine Kultur der
Offenheit und des Experimentierens, die diesen fruchtbaren Boden für Innovation schaffen. 12

7   vgl. Bormann et al. 2018: 12
8   vgl. bmvit 2016: 29
9   vgl. Daimler 2019a
10   vgl. Manager Magazin 2019
11   vgl. Jaguar 2018
12   vgl. Fürlinger 2014

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Gerade auch im Bereich der Mobilität wird deutlich, dass in und um das Silicon Valley die Mobilitätstrends
von morgen entstehen, es zu großen Veränderungen kommt und sich zahlreiche neue Anbieter entwickeln,
die den Mobilitätsmarkt nachhaltig verändern. In den USA gibt es mit etwa 500 Unternehmen im Bereich
Mobilität, die seit 2010 Investments in Höhe von etwa 55 Milliarden Dollar erhielten, die meisten neuen
Unternehmen in diesem Bereich – mit deutlichem Abstand vor China und Deutschland. Trotz der Größe der
USA befindet sich allein die Hälfte davon in der San Francisco Bay Area und damit in und rund um das
Silicon Valley.13, 14

     Abbildung 2: Länder mit der höchsten Anzahl von neuen Unternehmen im Bereich Mobilität und Gesamtsumme der
                                                      Investitionen15

Dass sich diese Mobilitätstrends vor allem rund um das Silicon Valley entwickeln, ist kein Zufall: Die vier
Mobilitätstrends bilden einen großen Markt. Vor allem die im Silicon Valley beheimateten
Technologiekonzerne engagieren sich daher zunehmend im Bereich dieser Mobilitätstrends und sehen hier
neue Geschäftsmodelle. Neben diesen Unternehmen investieren auch im Silicon Valley ansässige
Risikokapitalgeber zunehmend in Startups, die rund um die Mobilitätstrends gegründet werden. Aber auch
die traditionelle Automobilindustrie, von der zahlreiche – und immer mehr - Unternehmen Niederlassungen
bzw. Innovationszentren im Silicon Valley haben, verschieben ihre Forschungs- und Entwicklungsbudgets,
um sich auf diese zukünftigen Mobilitätstrends vorzubereiten. 16

13Noch vor einigen Jahren wurde das Silicon Valley hauptsächlich mit der Region um die Stanford Universität herum bzw. zwischen den
Orten Redwood City und San José verortet. Mittlerweile ist Silicon Valley geografisch zu einem Synonym der gesamten San Francisco
bzw. San Jose Bay Area geworden, die alle dazwischenliegenden Orte, und oft auch die Region in der East Bay zwischen Berkeley und
Fremont, mit einschließt.
14   vgl. Kässer et al. 2017: 6
15   vgl. ebenda
16   vgl. Krieg et al. (2018): 14

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Andererseits schafft auch die Mentalität und Kultur selbst sowie die relative
schlechte Situation des öffentlichen Verkehrs, der hier im Gegensatz zu Europa     „In den USA gibt es
meist keine Alternative zum Automobil darstellt, außergewöhnliche                  meist nicht so viele
Rahmenbedingungen für das Entstehen neuer Mobilitätslösungen rund um diese         Regulationen und auch
vier Mobilitätstrends. Gleiches gilt für die relativ offene Gesetzgebung in den    die Kultur ist gerade im
USA, wodurch beispielsweise automatisierte Fahrzeuge in Kalifornien auf            Silicon Valley eine
                                                                                   andere, weshalb neue
öffentlichen Straßen getestet werden können. Zudem zeichnet sich das
                                                                                   Mobilitätslösungen
Mobilitäts-Ökosystem Silicon Valley durch eine besonders enge Verknüpfung          meist einfach auf die
von Akteuren aus Wissenschaft (z.B. Universität Stanford und Universität           Straße deployed und
Berkeley) und Unternehmen aus. Zunehmend gilt dies aber auch für die               getestet werden: Fail
Zusammenarbeit mit Akteuren öffentlicher Institutionen (Städte). Diese enge        and Optimize statt Ask
Verknüpfung treibt die Entwicklungen im Bereich der vier neuen                     for Permission.“
Mobilitätstrends stark voran, wodurch die Implementierung neuer                    Experte, Perceptive
Mobilitätslösungen in der Praxis – quasi im Rahmen eines größeren Testlabors –     Automata
stark beschleunigt wird. Es sind letztlich das spezifische Ökosystem des Silicon
Valley und das Zusammenspiel vieler Akteure und Faktoren, die hier eine
wichtige Rolle spielen.

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2.             Trends im Mobilitätsmarkt USA / Kalifornien / Silicon Valley
Wie eingangs beschrieben zeigen sich die vier Mobilitätstrends sehr deutlich im Mobilitätsmarkt Kaliforniens
bzw. des Silicon Valley. Die aktuellen Entwicklungen rund um die vier Mobilitätstrends in Kalifornien werden
im Folgenden kurz beschrieben.

2.1            Shared Mobility bzw. Mobilitätsdienstleistungen
Shared Mobility bezeichnet Mobilitätsdienstleistungen, die eine geteilte Nutzung durch verschiedene
Personen ermöglichen.17 Sie stehen zwischen individueller und öffentlicher Mobilität und bieten Zugang zu
Verkehrsmitteln, ohne diese besitzen zu müssen. 18 Das Anbieten und Buchen wird dabei meist über eine App
und/oder eine Internetplattform geregelt. Den Nutzern stehen dabei meist zwei unterschiedliche
Tarifoptionen zur Verfügung: Während bei den meisten Anbietern das Pay-as-you-Go-Prinzip, also Zahlung
für die effektive Nutzung der Services (auch zeit- und ortsabhängig) besteht, sind zunehmend auch
Mobilitätspakete in Form einer bestimmten Anzahl an Kilometern/Minuten oder komplette Flatrates
(Subscription Service) durch monatliche Zahlung möglich.19 Letzteres hat beispielsweise Uber mit dem Ride
Pass im Sommer 2019 neu eingeführt.20 Hierbei geht es zunehmend auch um die Integration und
Kombination verschiedener (öffentlicher und privater) Verkehrsangebote und unterschiedlicher
Verkehrsmittel über ein einheitliches, digitales Zugangsportal (Plattform, App). So sollen Mobilitätslösungen
auf individuelle Bedürfnisse angepasst und maßgeschneidert werden (Mobility as a Service, MaaS).21

In den letzten Jahren entstand insbesondere in den USA und speziell aus dem Silicon Valley heraus eine
Vielzahl von meist kommerziellen Shared-Mobility-Anbietern. Aktuell werden die unterschiedlichen
Angebote über zwei verschiedene Standortsysteme angeboten: stationsbasierte Systeme (Ausleihen an fixen
Stationen/Standorten) oder stationsunabhängige, sogenannte free-floating oder dockless Systeme. Zudem
können Shared-Mobility-Angebote auch danach unterschieden werden, ob Fahrzeuge (z.B. Car Sharing, Bike
Sharing) oder Fahrten (z.B. Ride Sharing) geteilt werden. Richteten sich Shared Mobility-Angebote zunächst
auf das Auto (z.B. Car Sharing, Ride Sharing, Ride Hailing), so ist in den letzten Jahren eine modale
Differenzierung zu beobachten. So haben auch das (E-)Fahrrad-Sharing und seit dem Jahr 2017 bzw. 2018
das (E-)Scooter-Sharing den Weg in den Mobilitätsmarkt der USA bzw. Kaliforniens gefunden. 22 Es können
also am Mobilitätsmarkt in Kalifornien (bzw. USA) zahlreiche Arten der Shared Mobility unterschieden
werden. Für eine bessere Übersichtlichkeit ist es zielführend, diese grob hinsichtlich ihrem Angebotsraum
einzuteilen, d.h. 1) kurze Strecken, 2) kurze bis mittlere Strecken und 3) mittlere bis lange Strecken (Tabelle
1).

17   vgl. bmvit 2016: 15
18   vgl. Kollosche & Schwedes 2016: 26
19   vgl. Soteropoulos et al. 2019: 192
20   vgl. Uber 2019
21   vgl. Jittrapirom et al. 2017: 14
22   vgl. Clewlow 2018

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                           Tabelle 1: Überblick über die verschiedenen Arten von Shared Mobility im Mobilitätsmarkt

                          kurze Strecken                 kurze bis mittlere Strecken          mittlere bis lange Strecken
                          (0 bis 5 Meilen)                    (5 bis 15 Meilen)                     (über 15 Meilen)

                     (E-)Scooter-Sharing                         Ride Hailing                          Car Sharing
                        (free-floating)                                                             (stationsbasiert)

                     (E-)Fahrrad-Sharing                        Ride Sharing                          Car Sharing
                       (stationsbasiert)                                                             (free-floating)

                     (E-)Fahrrad-Sharing                         Microtransit                         Car Sharing
                        (free-floating)                                                              (peer-to-peer)

1) Kurze Strecken (Mikromobilität)
                                                                                                           „Nicht nur in den USA,
Für kurze Strecken finden sich derzeit sowohl Angebote für (E-)Scooter-Sharing                             sonden weltweit bringen
                                                                                                           E-Scooter Unternehmen
als auch für (E-)Fahrrad-Sharing. Während Ersteres meist nur aus free-floating
                                                                                                           ihr E-Scooter auf die
bzw. dockless Modellen besteht, wird das (E-)Fahrrad-Sharing sowohl im free-                               Straße. Derzeit so
floating Modell als auch im stationsbasierten Modell angeboten. 23                                         schnell wie möglich,
                                                                                                           wenn es von den
Die Entwicklungen der letzten Jahre in diesem Bereich in den USA sind enorm.                               Ressourcen her passt.
Die Anzahl der mit diesen Modellen zurückgelegten Wege hat sich in den USA in                              Der Business-Sense
den letzten fünf Jahren mehr als vervierfacht. Ein besonderer Boom zeigt sich                              sollte aber da sein,
durch das (E-)Scooter-Sharing seit dem Jahr 2018.                                                          daher fokussieren sie
                                                                                                           sich vor allem auf
                                                                                                           größere Städte“
Abbildung 3: Anzahl der in der Mikromobilität zurückgelegten Wege in den
                                                                                                           Projektleiter, Lime
USA 2010 bis 201824

                                                                                                             Solche Fahrräder und
                                                                                                             Scooter säumen
                                                                                                             mittlerweile das
                                                                                                             Straßenbild von San
                                                                                                             Francisco.

Auch ein Blick auf das Umsatzwachstum der Anbieter in diesem Bereich zeigt besonders in den letzten zwei

23   vgl. NACTO 2018: 2
24   vgl. NACTO 2018: 4

                                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
11

Jahren im Bereich der E-Scooter (Lime und Bird) einen großen Anstieg der Verkäufe. Auch im Fahrrad-
Sharing (Jump Bikes und Motivate) zeigt sich eine ähnliche Entwicklung.

Abbildung 4: Umsatzwachstum ausgewählter Unternehmen im Bereich Mikromobilität, Index nach Umsatz von Bird
Oktober 201725

In zahlreichen Städten in den USA gibt es mittlerweile Anbieter von Mikromobilität. Speziell in Kalifornien
sind diese in insgesamt zwölf Städten vertreten – Tendenz steigend. Vor allem in den größeren Städten wie
San Francisco oder San Jose findet sich sowohl stationsbasiertes (E-)Fahrrad-Sharing als auch (E-)Scooter-
Sharing. In drei Städten gibt es nur (E-)Scooter-Sharing (Abbildung 5).

                              Abbildung 5: Mikromobilität in den USA26
                                                                                       „Derzeit wird bereits
                                                                                       versucht, die E-Scooter
                                                                                       mit anderen
                                                                                       Verkehrsmitteln
                                                                                       intermodal zu
                                                                                       integrieren (z.B. in
                                                                                       Verkehrs-Apps).
                                                                                       Beispielsweise gibt es
                                                                                       eine solche „loose
                                                                                       integration“ von Lime E-
                                                                                       Scootern bereits in
                                                                                       manchen Städten bei
                                                                                       Google Maps.“
                                                                                       Projektleiter, Lime

Abbildung 6 zeigt, wie viele (E-)Fahrräder bzw. (E-)Scooter in den jeweiligen
Städten in Kalifornien vorhanden sind. Hier wird deutlich, dass in der Bay Area,
also in San Francisco sowie auch in San Jose, das (E-)Fahrrad-Sharing überwiegt, in Los Angeles oder San
Diego hingegen deutlich mehr (E-)Scooter als Fahrräder vorhanden sind.27

25   vgl. FutureEngine 2018
26   vgl. NACTO 2018: 3
27   Dieser Unterschied wird in Kapitel 4 noch detailliert beschrieben.

                                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
12

       Abbildung 6: Anzahl der Fahrräder und Scooter der Anbieter in den jeweiligen Städten in Kalifornien28

2) Kurze bis mittlere Strecken

Im Bereich kurze bis mittlere Strecken findet in den USA und speziell in Kalifornien das sogenannte Ride
Hailing zunehmend Zuspruch. Beim Ride Hailing werden Kunden von anderen Fahrern mitgenommen. Der
Fahrtanbieter ist ein kommerzieller Plattform-Anbieter wie Uber oder Lyft. Im Gegensatz zum Ride Sharing
(öffentliche Mitnahme) findet die Fahrt nur statt, wenn eine dritte Person mitfährt, die über die Plattform
vermittelt wurde.29

Während es Ride Sharing schon früher gab, kamen Ride Hailing                Abbildung 7: Befragungsergebnisse zur
Angebote in den USA erst im Jahr 2011 mit Uber auf. Diese                  Nutzung von Ride-Hailing-Services in den
werden aber mittlerweile immer häufiger genutzt und spielen                          USA 2015 und 2018
speziell in den Städten Kaliforniens eine große Rolle in der
Alltagsmobilität: Im Jahr 2015 gaben im Rahmen einer USA-
weiten Befragung nur 15 % der befragten Personen an, Ride-
Hailing-Angebote zu nutzen. Im Jahr 2018 waren es bereits 36 %.
Der Anteil hat sich also mehr als verdoppelt (Abbildung 7). 30
Hierbei ist über die letzten Jahre zudem zu beobachten, dass Ride
Hailing in den USA zwar von immer mehr Personen, jedoch
zunehmend unregelmäßiger genutzt wird.31

Geprägt wird der Markt des Ride Hailings        Ride-Hailing-Dienste
vor allem durch Uber und zunehmend              konkurrieren in US-
auch von Lyft. Während Lyft in über 300         Städten zwar stark mit
                                                dem privaten Pkw, aber
Städten in den USA und in zwei Städten
                                                auch mit dem öffentli-
in Kanada vertreten ist, operiert Uber          chen Verkehr.
bereits in über 600 Städten in 65 Ländern       Potenziale aus Sicht der
weltweit.32 Andere Anbieter auf dem US-         Stadt- und
Markt sind Juno, Gett oder Via.33 Weitere       Verkehrsplanung
Unternehmen in diesem Bereich, die              werden daher vor allem
jedoch verstärkt im asiatischen Markt           während Off-Peak-
operieren, sind Didi und Grab.                  Zeiten gesehen.
                                                Forscher, Universität
                                                Berkeley

28   vgl. NACTO 2018: 6
29   vgl. Sommer 2016: 29
30   vgl. Jiang 2019
31   vgl. Deloitte 2019: 4 f
32   vgl. Iqbal: 2019
33   vgl. Molla 2018

                                    Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
13

Blickt man auf die monatlichen Verkäufe seit dem Jahr 2016 (Abbildung 8) in den USA, zeigt sich eine
deutliche Zunahme auf dem US-Markt. Hier wird ebenso ersichtlich, dass der
                                                                                  Sowohl der Ride-
Markt vor allem von Uber dominiert wird (69 %), Lyft jedoch besonders in den      Hailing-Anbieter Lyft als
letzten beiden Jahren deutlich an Marktanteil hinzugewonnen hat. 34               auch Uber haben im
                                                                                       Jahr 2019 den Sprung an
                                                                                       die Börse geschafft.
 Abbildung 8: Entwicklung der monatlichen Verkäufe im Ride Hailing zwischen 2016 und
                                                    März 201913

*indexed to rideshare Jan 2016 sales (=100)

3) Mittlere bis lange Strecken

Im Bereich mittlerer bis langer Strecken ist im Themenfeld der Shared Mobility in
den USA bzw. in Kalifornien insbesondere das Car Sharing von Relevanz. Car-
Sharing-Angebote gibt es in den USA etwa seit dem Jahr 2000. Während es zu
Beginn noch deutlich häufiger stationsbasiertes Car Sharing gab, haben die
zunehmende Digitalisierung und Verbreitung von Smartphones dazu beigetragen,
dass immer mehr free-floating Car-Sharing-Modelle angeboten werden.35
                                                                                       Auch Car Sharing, wie
Dabei ist auch im Bereich des Car Sharings ein Wachstum erkennbar. Dieses              dieses Fahrzeug von GIG
verlief in den letzten Jahren aber eher langsamer, was auch auf die Konkurrenz         Car Share finden sich in
durch andere Shared-Mobility-Angebote, die teilweise überlappend sind,                 zahlreichen Straßen San
                                                                                       Franciscos.
zurückzuführen ist.36 So hat sich die Zahl der Mitglieder bei Car-Sharing-
Anbietern sowie auch die Zahl der Car-Sharing-Fahrzeuge zwischen 2006 und
2016 deutlich erhöht. Zwischen 2014 und 2016 flachte sich diese jedoch ab
(Abbildung 9).

34   vgl. Gessner 2019
35   vgl. Populus 2018: 8
36   vgl. Roberts 2017

                                         Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
14

     Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl von Mitgliedern und Fahrzeugen von Car-Sharing-Anbietern in den USA 2006 bis
                                                           201637

4) Vergleich

Rückblickend betrachtet wird deutlich, dass die Adoptionsrate im Bereich Shared Mobility in den USA bei
neueren Angeboten wie dem Ride Hailing oder dem (E-)Scooter-Sharing deutlich schneller verlief als bei
früheren Angeboten wie dem Car Sharing oder dem (E-)Fahrrad-Sharing: Während die Adoptionsrate
beispielsweise bei den (E-)Scootern im ersten Jahr ihrer Verfügbarkeit bereits bei 3,6 % lag, lag sie beim Car
Sharing bei nur etwa 0,9 % (Abbildung 10). Dies liegt unter anderem an der zunehmenden Verbreitung von
Smartphones in den USA in den letzten Jahren, welche die neuen Angebote für mehr Personen nutzbar
machen. Es liegt ebenso an mehr privatem Kapital für Startups im Bereich Mobilität, was es den
Unternehmen ermöglicht, eine höhere Anzahl von Fahrzeugen in kürzerer Zeit zur Verfügung zu stellen. 38

            Abbildung 10: Adoptionsrate von unterschiedlichen Shared-Mobility-Angeboten nach dem ersten Jahr ihrer
                                                   Verfügbarkeit in den USA 39

     5,0%

     4,5%                                                                     4,3%

     4,0%
                                                                                                      3,6%
     3,5%

     3,0%

     2,5%

     2,0%
                                                 1,6%
     1,5%
                         0,9%
     1,0%

     0,5%

     0,0%
                     Car Sharing            Fahrrad Sharing               Ride Hailing          E-Scooter Sharing
                (verfügbar seit 2000)    (verfügbar seit 2010)        (verfügbar seit 2011)   (verfügbar seit 2018)

37   vgl. Shaheen et al. 2018: 3
38   vgl. Populus 2018: 8 f
39   vgl. Clewlow 2018

                                        Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
15

2.2           Automatisierung / Automatisiertes Fahren
Automatisiertes Fahren bezeichnet die (vollständige) Übernahme der Längs-
(Geschwindigkeit halten, Gas geben und Bremsen) und Querführung (Lenken)
eines Fahrzeugs durch ein System.40 Die Automatisierung von Fahrzeugen wird
                                                                                                                       Solche automatisierten
nach der Einteilung J3016 der Society of Automotive Engineers (SAE) in insgesamt
                                                                                                                       Testfahrzeuge von GM
sechs Stufen eingeteilt (Tabelle 2).                                                                                   Cruise werden in einigen
                                                                                                                       Straßen San Franciscos
                                                                                                                       getestet.
Tabelle 2: Stufen der Automatisierung41

                                                                                      Quer- und       Umgebungs-                         Operational
     Level           Name                         Beschreibung                                                       Rückfallebene
                                                                                    Längsführung      beobachtung                       Design Domain
                                                                 Fahrer führt alle Fahraufgaben aus
                  No Driving
                                    Der Fahrer fährt eigenständig, auch wenn
       0          Automation                                                          Fahrer            Fahrer           keine               n/a
                                    unterstützende Systeme vorhanden sind.
              (keine Automation)
                                      Fahrerassistenzsysteme helfen bei der
               Driver Assistance                                                     Fahrer und
                                        Fahrzeugbedienung bei Längs- oder                               Fahrer           Fahrer           Limitiert
       1      (Assistenzsysteme)                                                       System
                                          Querführung (nicht gleichzeitig).
                                    Ein oder mehrere Fahrerassistenzsysteme
                Partial Driving
                                       helfen bei der Fahrzeugbedienung bei
                 Automation
                                      Längs- und gleichzeitiger Querführung,           System           Fahrer           Fahrer           Limitiert
       2          (Teilauto-
                                          Fahrer muss System dauerhaft
                 matisierung)
                                                    überwachen.
                                                                 System führt alle Fahraufgaben aus
              Conditional Driving                                                                                   Rückfall-bereiter
                                    Automatisiertes Fahren mit der Erwartung,
                 Automation                                                                                         Nutzer (wird zum
       3                              dass der Fahrer auf Anforderung zum             System            System                            Limitiert
              (Bedingte Automa-                                                                                      Fahrer auf der
                                           Eingreifen reagieren muss.
                  tisierung)                                                                                         Rückfallebene)
                                    Automatisierte Führung des Fahrzeugs mit
                 High Driving           der Erwartung, dass der Fahrer auf
                 Automation         Anforderung zum Eingreifen reagiert. Ohne
       4                                                                              System            System          System            Limitiert
                 (Hochauto-              menschliche Reaktion steuert das
                 matisierung)       Fahrzeug weiterhin autonom. Fahrer muss
                                       System nicht dauerhaft überwachen.
                                      Vollständig automatisiertes Fahren, bei
                 Full Driving
                                      dem die dynamische Fahraufgabe unter
                 Automation
       5                            jeder Fahrbahn und Umgebungsbedingung             System            System          System           Unlimitiert
                  (Vollauto-
                                       wie von einem menschlichen Fahrer
                 matisierung)
                                                durchgeführt wird.

Derzeit werden zunehmend teilautomatisierte Funktionen (Level 2), wie                                                  „Besonders der Uber-
beispielsweise Stau-Assistenten, in Serienfahrzeugen verbaut. Auch der                                                 Unfall im Jahr 2018 in
Autopilot von Tesla, deren Fahrzeuge in den USA und insbesondere in                                                    Arizona hat dazu
Kalifornien hohe Verkaufszahlen erzielen, steht auf dieser Stufe. Der Fahrer                                           geführt, dass die
muss hier das System dauerhaft überwachen und jederzeit in der Lage sein,                                              Unternehmen, die
sofort die Steuerung des Fahrzeugs übernehmen zu können.                                                               automatisiertes Fahren
                                                                                                                       in Kalifornien testen,
                                                                                                                       noch vorsichtiger
                                                                                                                       agieren, da man Angst
                                                                                                                       vor einem weiteren
                                                                                                                       Unfall hat, was die
                                                                                                                       Entwicklung
                                                                                                                       automatisierter
                                                                                                                       Fahrzeuge
                                                                                                                       (insbesondere
                                                                                                                       hinsichtlich der
                                                                                                                       Akzeptanz von Seiten
                                                                                                                       der Bevölkerung)
                                                                                                                       zurückwirft.“
                                                                                                                       Experte und Keynote
                                                                                                                       Speaker
                                                                                                                       Automatisiertes Fahren

40   vgl. VDA 2015
41   vgl. SAE International 2018: 19

                                                 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
16

Zudem stellt Kalifornien einen der US-Bundesstaaten dar, in welchem automatisiertes Fahren höherer
Stufen auf öffentlichen Straßen von Unternehmen getestet werden darf. Hierbei
muss jedoch weiterhin ein Sicherheitsfahrer an Bord sein, der das System         „In letzter Zeit
überwacht. Mittlerweile besitzen insgesamt 63 Unternehmen eine Zulassung         schrauben die
zum Testen automatisierter Fahrzeuge in Kalifornien. Die Anzahl der              Unternehmen im
                                                                                 Bereich des
Unternehmen hat dabei in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Abbildung
                                                                                 automatisierten Fahrens
11).
                                                                                       ihre Erwartungen
                                                                                       hinsichtlich der
Abbildung 11: Entwicklung der Anzahl der Unternehmen mit einer Zulassung zum Testen    Schnelligkeit des
automatisierter Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen in Kalifornien 2015 bis 201942      technologischen
                                                                                       Fortschritts eher
     80                                                                                herunter.“
                                                                               63      Professor im Bereich
     60                                                             48                 Mobilitätsforschung,
                                                                                       Universität Berkeley
     40
                                                        20
     20           7                 11

      0                                                                                „There are still lots of
                2015               2016                 2017    2018          2019     challenges on the
                                                                                       fundamental research,
Während anfänglich Unternehmen große Euphorie hinsichtlich automatisierten             on the fundamental
                                                                                       engineering and on the
Fahrens zeigten, wird zunehmend klar, dass die Automatisierung von
                                                                                       product side” … “the
Fahrzeugen eine große Herausforderung darstellt und große Anstrengungen,               challenge of actually
Ressourcen und viel Zeit benötigt werden. In den letzten Jahren wurden zwar            building a real product
mehr und mehr Testkilometer auf öffentlichen Straßen sowie auch im                     and deploying it so that
Simulator zurückgelegt und verstärkt neue Startups in Kalifornien rund um das          people can use it has
Thema automatisiertes Fahren gegründet. Dennoch liegt eine Entwicklung zum             turned to be more
vollautomatisierten Fahrzeugen der Stufe 5 noch in weiter Ferne.                       difficult than I expected.”
                                                                                       Dmitri Dolgov,
Waymo verfügt derzeit als einziges Unternehmen in Kalifornien über die Lizenz,         CTO Waymo
Fahrzeuge auch ohne Fahrer zu testen. Ihre Tests, wie der automatisierter
Ride-Hailing-Service (Waymo One), finden in Chandler, Arizona, statt. Sie              „Services mit
werden weiterhin von einem Sicherheitsfahrer begleitet und finden nur in               automatisierten
einem sehr begrenzten, in zahlreichen Tests bereits befahrenen Bereich                 Fahrzeugen wird es in
statt.43 Für einen solchen automatisierten Ride-Hailing-Service („Derived AV           nächster Zukunft in den
Passenger Service“) besitzen in Kalifornien derzeit nur die Unternehmen Zoox,          USA insbesondere in
AutoX, Pony.ai und Waymo eine Erlaubnis. 44 Aber auch die Unternehmen                  Gebieten geben, in
                                                                                       denen die Fahrzeuge
Daimler und Bosch wollen bis Ende des Jahres 2019 in San Jose einen solchen
                                                                                       sicher operieren
Service in einem kleinen, bestimmten Gebiet zwischen Stadtzentrum und West             können. Der Gewinn, der
San Jose anbieten.45 Die California Public Utilities Commission (CPUC) hat Ende        mit den Services
Mai 2018 zudem das Pilot-Programm „Driverless AV Passenger Service“                    erwirtschaftet werden
beschlossen, mit dem ein solcher Service zukünftig auch ohne                           kann, ist erstmal
Sicherheitsfahrer betrieben werden kann. Hierbei muss jedoch immer eine                nachrangig.“
Verbindung zwischen den Passagieren und den „remote operators“ bestehen.               Projektmanager,
Auch solche Systeme, die nur in bestimmten Bereichen und unter bestimmten              Perceptive Automata
Bedingungen operieren, entsprechen der Stufe 4.

Aufgrund der Komplexität ist davon auszugehen, dass es in absehbarer Zeit
auch von Waymo keine App geben wird, mit der man in einem beliebigen

42   vgl. California Department of Motor Vehicles 2019a
43   vgl. Marshall 2018
44   vgl. California Public Utilities Commission 2019
45   vgl. Daimler 2019b

                                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
17

Bereich, beispielsweise in Palo Alto, abgeholt und ein beliebiges Ziel automatisiert anfahren kann. 46
Vorstellbar ist hingegen, dass die Gebiete, in welchen die entwickelten Services angeboten werden,
zunehmen werden. Die große Herausforderung Automatisierung bedingt zudem auch, dass Unternehmen,
insbesondere die klassische Automobilindustrie und Technologieunternehmen, stärker zueinander finden
und erkennen, dass sie im Bereich der Mobilität aufeinander angewiesen sind. 47

2.3           Elektrifizierung / Elektromobilität
Vor dem Hintergrund von Ressourcenverknappung und Klimawandel gewinnen alternative
Antriebskonzepte, insbesondere elektrisch angetriebene Fahrzeuge, gegenüber fossilen Brennstoffen an
Bedeutung. Der Elektroantrieb scheint dabei kurz- bis mittelfristig die tragfähigste und
produkttechnologische Lösung zu sein, um die Luft- und Lärmemissionen von
Fahrzeugen zu minimieren.48 Die zunehmende Elektrifizierung zeigt sich vor            „Der elektrische Antrieb
allem bei Autos, schließt aber auch Fahrräder (E-Bikes) oder Scooter (E-              scheint gerade bei
Scooter) mit ein.                                                                     kleineren Fahrzeugen
                                                                                       derzeit am tragfähigsten.
                                                                                       Bei großen bzw.
Bei den elektrisch angetriebenen Fahrzeugen können dabei folgende Arten
                                                                                       schweren Fahrzeugen,
unterschieden werden:49
                                                                                       wie Bussen oder Lkw,
     Elektrofahrzeug (Battery Electric Vehicle, BEV): Elektromotor                    hat hingegen der
            generiert Antriebsenergie vollständig aus einer mit Strom geladenen        Wasserstoff-Antrieb
            Batterie                                                                   Vorteile.“
                                                                                       Professor im Bereich
           Plug-in Hybridfahrzeug (Plug-in Hybrid Electric Vehicle, PHEV):
                                                                                       Antriebstechnologien,
            Kombination von klassischem Verbrennungsmotor und Elektromotor;            Universität Standford
            Elektromotor mit am Netz aufladbarer Batterie

In den USA zeigt sich der Trend der zunehmenden Elektrifizierung von                   Für Kalifornien wurde
Fahrzeugen besonders im Bundesstaat Kalifornien. Dies liegt unter anderem an           von Gouverneur Edmund
den für Kalifornien formulierten Zielen der Politik sowie den vorhandenen              G. Brown im Februar
Möglichkeiten zur Förderung der Anschaffung von E-Fahrzeugen.50 Blickt man             2018 mit einer
auf die Entwicklung der Verkaufszahlen der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge          Durchührungs-
(BEV, PHEV) in den USA und speziell in Kalifornien, zeigt sich ein enormer             verordung beschlossen,
Anstieg bei den verkauften elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (Abbildung              dass is zum Jahr 2030 in
                                                                                       Summe fünf Millionen
12). Im Jahr 2017 wurden allein in Kalifornien 96.000 elektrisch angetriebene
                                                                                       elektrich angetriebene
Fahrzeuge, und damit die Hälfte aller in den USA verkauften elektrisch                 Fahrzuge auf den
angetriebenen Fahrzeuge, verkauft. Und dies, obwohl Kalifornien nur einen              Straßen Kaliforniens
Anteil von 12 % an der gesamten Bevölkerung der USA aufweist. Zwischen 2013            unter egs sein sollen.
und 2017 hat sich die Zahl der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge in Kalifornien
verdoppelt und auch bei der Gesamtanzahl aller seit 2010 verkauften elektrisch
angetriebenen Fahrzeuge weist Kalifornien mit 366.000 Fahrzeugen einen Anteil
von 49 % aller Fahrzeuge in den USA (749.000 Fahrzeuge) auf.

46   vgl. Beiker 2019a
47   vgl. ebenda
48   vgl. Bormann et al. 2018: 13
49   vgl. Kollosche & Schwedes 2016: 19 f
50   vgl. Lutsey 2018: 13

                                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Abbildung 12: Verkaufszahlen elektrisch angetriebener Fahrzeuge in Kalifornien, den neun weiteren ZEV-Staaten und
den restlichen Bundesstaaten 2010 bis 201751

Auch beim Anteil elektrisch angetriebener Fahrzeuge an allen neu zugelassenen                    Mit der „Zero Emission
Fahrzeugen liegt Kalifornien an der Spitze aller US-Bundesstaaten: So lag der Anteil             Vehicle (ZEV)
der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge an allen neu zugelassenen Fahrzeugen in                   regulation“ wurden in
                                                                                                 Kalifornien sowie in
Kalifornien im Jahr 2018 bei 7,8 %, während er in den USA insgesamt bei 1,96 % lag.
                                                                                                 neun anderen
Zudem hat sich dieser Anteil vor allem in den letzten Jahren deutlich erhöht                     Bundesstaaten
(Abbildung 13).52 Zum Vergleich dazu lag er in Österreich im Jahr 2018 bei 2,54 % 53             steigende Anteile der
und weltweit bei 2,2 %.54                                                                        jährlich verkauften
                                                                                                 elektrisch
                                                                                                 angetriebenen
Abbildung 13: Entwicklung des Anteils elektrisch angetriebener Fahrzeuge (BEV, PHEV) an          Fahrzeuge festgelegt.
allen neu zugelassenen Fahrzeugen in Kalifornien55

     50%

     40%

     30%

     20%
                                                                                      0,0784
     10%0,025                0,032    0,031          0,036           0,0502

      0%
        2013                 2014      2015           2016            2017                2018

Besonders in den Städten in der Bay Area bzw. des Silicon Valley zeigt sich dabei ein hoher Anteil elektrisch
angetriebener Fahrzeuge an allen verkauften Fahrzeugen (Abbildung 14).

51   vgl. ebenda
52   vgl. Szczesny 2018
53   vgl. bmvit 2019: 2
54   vgl. Irle 2019
55   vgl. EVAadoption 2019

                                     Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Abbildung 14: Anteil von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (BEV, PHEV) an allen neu verkauften Fahrzeugen 2017 56

                                                                                           „Hinsichtlich
2.4            Vernetzung / Connectivity
                                                                                           automatisiertem Fahren
Das Thema Vernetzung bzw. Connectivity spielt gerade im Zusammenhang mit                   ist die Vernetzung
der Automatisierung von Fahrzeugen eine immer größere Rolle.57, 58 Besonders               unverzichtbar, da sich
bei den Services der Shared Mobility ist Vernetzung die Voraussetzung für den              viele Vorteile
                                                                                           automatisierter
Zugriff auf das jeweilige Fahrzeug per App oder Web-Portal durch die
                                                                                           Fahrzeuge (z.B.
Fahrzeugnutzer.59 In Zukunft wird es insbesondere diese digitale                           Verkehrsfluss) erst
Vernetzungskompetenz sein, die die Mobilitätswirtschaft auszeichnet. Als Basis             einstellen, wenn diese
neuer Dienstleistungen und Betriebskonzepte, wie dem automatisierten                       vernetzt sind. Dies ist
Fahren, können so wachsenden Teils der mobilitätswirtschaftlichen Erlöse                   bei wenigen
generiert. Hingegen wird sich mit der reinen Produktion von Fahrzeugen immer               automatisierten
weniger Geld verdienen lassen.60                                                           Fahrzeugen vielleicht
                                                                                           noch kein Problem, wohl
Die Vernetzung von Fahrzeugen kann danach unterschieden werden, mit wem                    aber bei einer
                                                                                           zunehmenden
oder was das jeweilige Fahrzeug vernetzt ist: „Vehicle to Everything“ oder V2X
                                                                                           Fahrzeuganzahl“
beschreibt den Zustand vollständiger Kommunikationsfähigkeit von Fahrzeugen
                                                                                           Professor im Bereich
– sei es untereinander (V2V), mit der Infrastruktur (V2I/ I2V), mit mobilen
                                                                                           Mobilitätsforschung,
Endgeräten von Fußgängern (V2P) oder Netzwerken (V2N) und entfernten                       Universität Berkeley
Datenzentren.61

Die USA stellt neben Europa und China den größten Markt im Bereich der Vernetzung von Fahrzeugen dar. 62
Im Jahr 2018 waren in den USA bereits 39,1 Millionen vernetzte Fahrzeuge (Connected Cars) auf den Straßen

56   vgl. Lutsey 2018: 4
57   vgl. Rammler 2016: 14
58   vgl. Bönninger et al. 2018: 97
59   vgl. Johannig & Mildner 2015: 4
60   vgl. Rammler 2019: 135
61   vgl. Shladover 2018: 191.
62   vgl. Statista 2017: 16

                                       Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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unterwegs. Dies entspricht einer Durchdringungsrate von knapp einem Drittel der Pkw (31,1 %). In Zukunft
wird diese Zahl noch weiter zunehmen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Anzahl der Connected Cars
bis zum Jahr 2023 auf 95,7 Millionen ansteigen und eine Durchdringungsrate von 73,6 % erreicht wird. 63

Abbildung 15: Anzahl von Connected Cars und Durchdringungsrate in den USA 2017 - 2023 (geschätzt)64

                                    120                                                                     100%
                                                                                                            90%

                                                                                                                   Durchdringungsrate in Prozent
                                    100
      Connected Cars in Millionen

                                                                                                            80%
                                                                                                            70%
                                    80
                                                                                                            60%
                                    60                                                                      50%
                                                                                                            40%
                                    40
                                                                                                            30%
                                                                                                            20%
                                    20
                                                                                                            10%
                                          29,3    39,1      49,7     60,8         72,1     83,8      95,7
                                      0                                                                     0%
                                          2017    2018     2019      2020         2021    2022       2023

                                                 Anzahl von Connected Cars           Durchdringungsrate

Für die Datenübertragung können verschiedene drahtlose Kommunikationstechnologien zum Einsatz
kommen.65 Primär anwendbare Technologien sind hierbei ITS-5G (WLAN IEEE 802.11p), der zellulare
Mobilfunk (LTE-Vehicular/LTE Advanced oder zukünftig 5G) sowie das digitale Broadcasting, wie z.B. DAB
(Digital Audio Broadcasting), DAB+, DMB (Digital Multimedia Broadcasting) oder DAB-IP. Derzeit ist noch
vollkommen offen, welche Kommunikationstechnologie sich in Zukunft im Zusammenhang mit dem
automatisierten Fahren durchsetzen wird: Während die Europäische Kommission das Konzept eines
komplementären Kommunikations-Mixes mit dem Einsatz hybrider Kommunikationstechnologien verfolgt,
wird in den USA durch die Behörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit in einem Gesetzesentwurf der
Standard ITS-G5 für die (Nahbereichs-)Kommunikation favorisiert.66

Xapix: Die Daten-Orchestrierungsplattform

Die Daten-Orchestrierungssoftware von Xapix wurde 2016 in Berlin gegründet und hat heute ihren Hauptsitz
in San Francisco. Sie ist eine einfache Drag-and-Drop-Oberfläche, die die direkte Interaktion zwischen
Systemen abstrahiert. Die Plattform bietet eine flexible Lösung, die für interne Zwecke oder für gemeinsame
Anstrengungen mit anderen Organisationen verwendet werden kann. Mit Xapix können Unternehmen Daten
von mehreren Endpunkten in einem einzigen internen Modell zusammenfassen und präsentieren, auf das
alle Abteilungen über einen einheitlichen Kanal zugreifen können. 67

63   vgl. Statista 2019
64   vgl. ebenda
65   vgl. ebenda
66   vgl. Sänn et al. 2017: 62
67   https://coverager.com/xapix-raises-2m/

                                                          Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Xapix ist eine Orchestrierungsplattform für digitale Mobilitätsdienste, die für Fahrzeughersteller, Zulieferer
und Dienstleister geschaffen wurde. Diese Software soll es Mobilitätsunternehmen ermöglichen ihre
Dienste schneller und sicherer zu skalieren. Unternehmen wie Daimler Fleetboard, BMW und Goodyear sind
bereits Kunden von Xapix.68 Auch der österreichische Investor Andreas Schwarzenbrunner von Speedinvest
sah die Notwendigkeit einer solchen Software und investierte in Xapix. Er ist der Meinung, dass das
Organisieren und Orchestrieren von Daten aus unterschiedlichen Datenbanken, alten und neuen
Systemen nicht nur eine enorme Herausforderung für Unternehmen darstellt, sondern auch sehr viel Zeit
und Geld kostet. Seiner Meinung nach wird dieses Problem durch das Wachstum des API-Marktes
(Popularität von Web-APIs, Anzahl öffentlicher und privater APIs, Notwendigkeit einer sicheren API-
Lebenszyklus-Verwaltung usw.) und das enorme Wachstum der Mobilitätsdaten aufgrund autonomer
Fahrzeuge und neuer Wege noch verstärkt von Mobilitätsanbietern und Dienstleistungsmodellen. Xapix
ermöglicht die Nachverfolgung der Nutzung und Leistung von APIs. Interne und externe Benutzer erhalten
Zugriff und dieser kann individuell verwaltet werden. 69

2.5           Exkurs: Von der horizontalen zur vertikalen Mobilität
Neben den oben beschriebenen Trends im Bereich der Personenmobilität,
die sich vor allem auf die Mobilität am Boden konzentrieren, zeigen sich auch
im Bereich der Mobilität in der Luft neue Trends, die zukünftig eine deutliche
Veränderung in der Mobilität erwarten lassen. Im Laufe der letzten
Jahrzehnte hat sich die Luftfahrt enorm entwickelt. Neue
Zukunftstechnologien machen es möglich, den Luftraum, insbesondere über
Großstädten, sinnvoll zu nutzen. Im Fokus stehen dabei besonderes                   Solche Fluggeräte
Drehflügler, also flexible Kleinflugzeuge, die beispielsweise als Lufttaxis         könnten schon bald als
den Transport von Personen auf kurzen Strecken durch senkrechtes Starten            weiteres Verkehrsmittel
                                                                                    in der Stadt von morgen
und Landen (vertikale Mobilität) übernehmen könnten: Das Zeitalter des
                                                                                    dienen.
individuellen Luftverkehrs rückt immer näher. 70

Insbesondere Startups im Silicon Valley (z.B. Kitty Hawk), aber auch
Unternehmen wie Uber (Uber Elevate), die klassischen Flugzeugbauer wie Airbus, Boeing oder Embraer und
zunehmend auch die klassischen Autobauer arbeiten an solchen Fluggeräten. 71 Beispielsweise beteiligt sich
Daimler in diesem Rahmen am Startup Volocopter. Derzeit sind solche Fluggeräte meist bemannte Drohnen,
die mit Elektroantrieb senkrecht starten können. Die Entwicklung geht dahin, dass der Passagier als Pilot
nicht viel mehr übernehmen muss, als das Ziel auszuwählen. Auch hier wird intensiv an der automatisierten

68   https://www.crunchbase.com/organization/xapix-io#section-overview
69   https://medium.com/speedinvest/why-we-invested-in-xapix-ee044365b82c
70   vgl. Köllner 2018
71   vgl. Horváth & Partners 2019

                                         Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Navigation gearbeitet.72

Der Vorteil solcher Fluggeräte liegt vor allem in der beschleunigten
Fortbewegung, insbesondere in von Stau geplagten Städten.73 So können die                        „Schon 2025 werden
Passagiere während des gesamten Transports stets an Bord bleiben und                             Flugtaxis in großen
müssen nicht umsteigen.74 Der Markt für solche Flugtaxis wird daher vor allem                    Städten auf ersten,
                                                                                                 festgelegten Routen
in größeren Städten und Metropolregionen mit vielen Staus gesehen. Das
                                                                                                 Passagiere
betrifft vor allem Singapur, China oder Dubai aber auch die USA und Australien,
                                                                                                 transportieren.“
da die Politik dort – im Gegensatz zu Europa – offener für die Erprobung neuer
                                                                                                 Experte, Horváth &
Technologien ist.75 Uber Elevate beispielsweise konnte Los Angeles und Dallas                    Partners
in den USA sowie Melbourne (im Sommer 2019) als Partnerstädte für die Tests
ihrer Flugtaxis gewinnen.76

Startups in diesem Bereich – auch aus Kalifornien - erhielten bis Ende 2018 Investitionen über mehrere
Millionen Dollar. Dabei sticht vor allem das Unternehmen Joby Aviation mit Sitz in Santa Cruz sowie Moller
International aus Dixon in Kalifornien hervor. Weitere Unternehmen sind zudem Lilum und Volocopter aus
Deutschland.

                 Abbildung 16: Generierte Investitionen von Startups im Bereich fliegender Taxis bis Ende 201877

Generell schreitet die technologische Entwicklung fliegender Taxis auch deshalb voran, da für den Luftraum
zwar strenge Sicherheitsauflagen bestehen, der Luftverkehr jedoch deutlich einfacher zu kontrollieren ist,
da – anders als auf der Straße – kein öffentlicher oder individueller Verkehr unterwegs ist.78

Kitty Hawk: elektrische Lufttaxis

Die Kitty Hawk Corp. mit Hauptsitz in Mountain View, Kalifornien, baut elektrische Transportlösungen, um
Menschen vom Verkehr zu befreien und den CO2-Ausstoß zu verringern. Das Portfolio des Unternehmens
umfasst Cora, ein Zwei-Personen-Lufttaxi, Flyer für den personalisierten Flug und Heaviside. Die Mission
des von Google-Mitbegründer Larry Page unterstützten Startups ist es, den Traum, selbst zu fliegen,
Wirklichkeit werden zu lassen. Bei Kitty Hawk werden sichere, leise und autonom fliegende Flugzeuge

72   vgl. Köllner 2018
73   vgl. Köllner 2018
74   vgl. Gärtner 2018: 24
75   vgl. Köllner 2018
76   vgl. Uber Elevate 2019
77   vgl. Mobility Foresights 2019
78   vgl. Horváth & Partners 2019

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konstruiert, designt und gebaut.79 Der Österreicher Robert Preissl ist seit 3 Jahren bei Kitty Hawk und für
Sensordatefusion ("sensor fusion") zuständig. Hierbei geht es um die Verknüpfung von mehreren Sensoren
mit dem Ziel, möglichst genau und stabil wichtige Größen, wie Position und Geschwindigkeit des Fliegers, zu
jedem Zeitpunkt zu bestimmen. Somit sollen Fehler oder Ausfälle einzelner Sensorkomponenten
abgefangen werden.

Heaviside

Kitty Hawk stellte diesen Oktober, bei der
renommierten TechCrunch Konferenz in San
Francisco, ihr drittes Flugzeug vor: Heaviside,
abgekürzt als HVSD. Es ist ein autonom fliegendes voll
elektrisches Einpersonen-Flugzeug, das rund 100-mal
leiser ist als ein Hubschrauber und dabei nur ein
Drittel eines Autos wiegt.80 Die acht Propeller des
Flugzeugs kippen zusammen mit ihren Elektromotoren, sechs am vorderen Hauptflügel und zwei an den
Vorderflügeln, für VTOL-Zwecke nach unten und für den vertikalen Flug nach vorne. Laut Kirsten Korosec
von TechCrunch, kann dies eine Reisegeschwindigkeit von über 200 Meilen pro Stunde mit sich bringen und
Sie in 15 Minuten von San Jose nach San Francisco bringen – eine Strecke von 55 Meilen.81

Das Unternehmen hofft, dass Heaviside für den persönlichen Flugverkehr und den Flugtaxidienst eingesetzt
wird. Das Flugzeug wird seit zwei Jahren im Geheimen entwickelt und getestet, sowohl mit als auch ohne
Pilot. Die Benutzeroberfläche ist jedoch für Benutzer ohne Pilotenlizenz konzipiert. 82

Kitty Hawk hat einige hochkarätige Konkurrenten im aufkommenden Flugtaxiraum. Insbesondere plant Uber
im Jahr 2020 mit Testflügen seines eigenen Uber-Air-Dienstes zu beginnen. Der kommerzielle Start ist für
2023 geplant. Der Fahrdienstleister gab bekannt, dass es mit fünf Luft- und Raumfahrtunternehmen
zusammenarbeite, um Flugzeuge für diesen Dienst zu bauen. Weiterhin absolvierte das deutsche Startup
Lilium Anfang dieses Jahres bereits einen Testflug mit einem eigenen fünfsitzigen Flugzeug. 83

Die Regulierung des Luftraums bleibt dabei eine große Herausforderung, die eine enge Zusammenarbeit
mit den Behörden bedarf, um eine Neugestaltung und Neudefinition des Luftraummanagements zu
erreichen.

Cora

Kitty Hawks autonomes Zweipassagier-Flugzeug, Cora, verfügt über ein
Lufttüchtigkeitszeugnis für Versuche und wird seit drei Jahren in
Neuseeland getestet, wobei Boeing kürzlich als strategischer Partner für
das Projekt gewonnen wurde.84

79   https://www.crunchbase.com/organization/kitty-hawk#section-overview
80   https://www.theverge.com/2019/10/3/20897336/kitty-hawk-electric-aircraft-heaviside-mile-range-flight-time-google-larry-page
81   https://www.aviationtoday.com/2019/10/04/kitty-hawk-reveals-ultra-quiet-heaviside-evtol-design/
82   https://www.aviationtoday.com/2019/10/04/kitty-hawk-reveals-ultra-quiet-heaviside-evtol-design/
83   https://www.theverge.com/2019/10/3/20897336/kitty-hawk-electric-aircraft-heaviside-mile-range-flight-time-google-larry-page

84    https://transportup.com/headlines-breaking-news/vehicles-manufactures/kitty-hawks-new-project-heaviside-prioritizes-noise-
reduction/

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