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urologen.info                       Ausgabe 4 • September 2021 • 19. Jahrgang

In dieser Ausgabe:
Uro-Onkologie
Nierenzellkarzinom
EAU-Gidelines: Kombinations-
therapien mit Immuncheckpoint-
Inhibitoren
Pembrolizumab als adjuvante
Therapie nach Nephrektomie
Prostatakarzinom
Aktuelle Studie zu ADT und
Strahlentherapie
Empfehlung zur Testung auf
BRCA 1/2-Mutationen in der
aktuellen S3-Leitlinie zum
Prostatakarzinom

Urologie
Steht die medikamentöse BPH-
Therapie mit Herzinsuffizienz in
Verbindung?

Andrologie
Berichte vom ESHRE 2021
Penile Hämodynamik bei
ED-Patienten mit Angststörung
Covid-19 und Androgenität
Medizinrecht: Elektronische Pati-
entenakte - Aktuelles BGH-Urteil

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INHALT

URO-ONKOLOGIE
112-123   Metastasenchirurgie in der Urologie
          Einsatz und Möglichkeiten der roboterassistierten Laparoskopie
          Nierenzellkarzinom
          Präoperativ erhöhtes C-reaktives Protein mit verschlechterter Nierenfunktion
          und nicht krebsbedingter Mortalität assoziiert
          Nierenzellkarzinom
          Pembrolizumab als adjuvante Therapie nach Nephrektomie
          Metastasiertes klarzelliges Nierenzellkarzinom
          Nivolumab plus Cabozantinib als dritte im Bunde der Erstlinienkombinationstherapien
          mit Immuncheckpoint-Inhibitoren
          Prostatakarzinom mit intermediärem Risiko
          Androgendeprivationstherapie und Strahlentherapie: Randomisierte Phase-III-Studie
          Metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs
          Lutetium-177-PSMA-617 bei Männern mit PSMA-positivem mCRPC
          Immunogenes Priming mit 177Lu-PSMA-617 plus Pembrolizumab
          Aktuelle S3-Leitlinie zur systemischen Therapie des fortgeschrittenen
          Prostatakarzinoms empfiehlt Testung auf BRCA 1/2-Mutationen

ANDROLOGIE
124-129   Kongressbericht vom ESHRE 2021
          Daten zur langfristigen Gesundheit der IVF/ICSI-Kinder und
          neue genetische Ursachen der männlichen Subfertilität
          Werden bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs die Ergebnisse einer
          Androgendeprivationstherapie durch das Baseline-Serumtestosteron beeinflusst?
          Penile Rehabilitation bei erektiler Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie
          Penile Hämodynamik bei Patienten mit erektiler Dysfunktion und Angststörung
          Covid-19 und Androgenität
          Kürzere (CAG)n-Allele im Androgenrezeptor-Gen schützen vor lebensbedrohender COVID-19

Medizinrecht
130-131   Aktuelles Urteil des BGH zur elektronischen Patientenakte

UROLOGIE
132-141   Innovative minimal-invasive Therapieoption bei BPS
          Die konvektive Wasserdampf-Ablation mit dem Rezum™-System
          Verzicht auf antimikrobielle Prophylaxe bei transurethraler Resektion der Prostata sicher?
          Steht die medikamentöse Therapie der BPH mit Herzinsuffizienz in Verbindung?

PHARMAFORUM / Meldungen / NEWS
142-143   mHSPC: Erfolgversprechende Therapie mit Apalutamid plus ADT
          Harnwegsinfektionen: Nitroxolin forte wieder verfügbar
          Neu: Orthomol Natal pre
          Vorhersage schwerer COVID-19-Verläufe anhand von Blut- und Urinwerten
          Impressum

urologen.info September • 2021                                                                         111111
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Uro-Onkologie

                                                  Metastasenchirurgie in der Urologie
                                 Einsatz und Möglichkeiten der roboterassistierten
                                                  Laparoskopie
                                             David Kajaia, Benjamin Hager, Stefan Kliebisch, Karl Weingärtner, Vahudin Zugor
                                 Klinik für Urologie, Kinderurologie und roboterassistierte minimalinvasive Urologie, Bamberg, Sozialstiftung Bamberg

                                Einleitung                              Fallserie                                  terektomie, sowie Ovarektomie mit
                                                                                                                   Radiatio bei Endometriumkarzinom)
                                Die Inzidenz des Nierenzellkarzinoms    Es handelt sich bei den beschriebe-        erforderlich. In diesem Fall war auch
                                liegt bei ca. 15.000 Fällen pro Jahr.   nen Fällen um 3 Patienten der hiesi-       die perioperative Gabe von 3 Erythro-
                                Eine besondere klinische Situation      gen Klinik aus dem Jahr 2020, welche       zytenkonzentraten notwendig. Den-
                                entsteht in einigen Fällen durch das    erfolgreich robotisch-assistiert, mini-    noch war die Entlassung bereits am
                                Auftreten von metachronen Metas-        mal-invasiv operiert werden konnten.       8. postoperativen Tag in subjektiven
                                tasen bzw. Lokalrezidiven. Hier bie-    Der erste Fall betrifft eine weibliche     Wohlbefinden möglich.
                                tet sich dem behandelten Arzt die       80-jährige Patientin mit dem Nach-            Histologisch zeigte sich jeweils der
                                Möglichkeit einer chirurgischen Lo-     weis einer paraaortalen Lymphkno-          Nachweis eines Rezidivs/Metastase
                                kaltherapie im Sinne einer komplet-     tenmetastase, welche 8 Monate nach         des vorbekannten Nierenzellkarzi-
Benjamin Hager,                 ten Resektion. Dies wird sowohl in      vorheriger Nephrektomie nachgewie-         noms. Die Resektionsränder waren
Klinik für Urologie,            der aktuellen S3-Leitlinie, wie auch    sen wurde (Abb. 1).                        jeweils tumorfrei (R0). Bis zum jetzi-
Kinderurologie und ro-
boterassistierte mini-
                                der EAU-Guideline empfohlen. Die           Die Fälle 2 und 3 zeigen jeweils        gen Zeitpunkt (>10 Monate postope-
malinvasive Urologie,           Grundlage hierfür basiert auf retro-    ein Lokalrezidiv eines Nierenzellkar-      rativ) sind keine weiteren Rezidive im
Bamberg                         spektiven Beobachtungsstudien, da       zinoms 6 bzw. 20 Jahre nach vorhe-         Rahmen der Nachsorge bekannt.
                                derzeit keine randomisiert-prospek-     riger Nephrektomie. Beide Patienten
                                tiven Studien verfügbar sind.           waren ebenfalls älter als 80 Jahre. Die    Diskussion
                                   In diesem Artikel stellen wir drei   Lokalrezidive sind in Abbildung 2
                                aktuelle Fallberichte (Tab.) aus dem    und 3 dargestellt.                         Die Metastasenchirurgie, in Bezug
                                Bereich der Metastasenchirurgie, in        Alle drei Fälle konnten robotisch-      auf das Nierenzellkarzinom, stellt si-
                                Bezug auf das Nierenzellkarzinom,       assistiert, laparoskopisch operiert wer-   cherlich eine anspruchsvolle Diszi-
                                vor. Diese Fälle wurden an unse-        den. Eine Konversion auf offen-chirur-     plin dar. Das Operationsgebiet kann
                                rer Klinik robotischassistiert ope-     gisch war in keinem Fall erforderlich.     in erheblichem Maße Verwachsun-
                                riert. Dies soll verdeutlichen, dass    Die Operationszeiten lagen zwischen        gen aufweisen. Bei Auftreten der
                                die Anwendung eines OP-Roboters         113 und 170 Minuten. Der 3. Fall be-       Metastase im Sinne eines Lokalrezi-
                                in einem technisch anspruchsvol-        traf eine 83-jährige Patientin, intrao-    divs besteht hier vor allem die Pro-
                                len Gebiet, mit der Herausforde-        perativ war eine ausgedehnte Adhä-         blematik von Verwachsungen und
                                rung von Verwachsungen und ei-          siolyse nach Voroperationen (offene        einer geänderten Anatomie. Regio-
                                ner geänderten Anatomie, durchaus       lumbale Tumornephrektomie, lapa-           näre Metastasen bzw. Fernmetasta-
                                möglich ist.                            roskopische Cholezystektomie, Hys-         sen können zum Teil ungünstig gele-
                                                                                                                   gen und somit schwierig erreichbar
                                                                                                                   sein. Dennoch wird beim Nieren-
                                                                                                                   zellkarzinom entsprechend der ak-
Fallübersicht
                                                                                                                   tuellen S3-Leitlinie bei metachroner
Patient                  Histologie                 Auftreten       Schnitt-Naht-Zeit      Entlassung              Metastasierung eine Resektion der
                                                                                                                   Metastasen empfohlen, sollte dies
1. Weiblich, 80 J.       LK-Met. paraaortal eines   8 Monate nach        113 min            5. p.o. Tag            technisch möglich sein [1]. Diese
                         vorbekannten NCC           Nephrektomie
                                                                                                                   Empfehlung wird auch in der EAU
2. Männlich, 81 J.       Lokalrezidiv eines NCC     20 J. nach           121 min            4. p.o. Tag            Guideline gegeben [2].
                                                    Nephrektomie                                                      Die Zeit bis zum Auftreten des
                                                                                                                   Lokalrezidivs bzw. der Metastasie-
3. Weiblich, 83 J.       Lokalrezidiv eines NCC     6 J. nach            170 min            8. p.o. Tag
                                                    Nephrektomie
                                                                                                                   rung scheint hierbei ein sehr wich-
                                                                                                                   tiger Prognosefaktor zu. Herout et.

112                                                                                                           urologen.info September • 2021
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Uro-Onkologie

al beschreibt in einer Serie von 54      schen 70 und 110 min und zeigt in
Patienten, dass ein Zeitraum größer      einer Übersicht, welche mehrere re-
zwei Jahren ab Diagnosestellung des      trospektive Studien zusammenfasst,
Primärtumors bis zum Auftreten des       dass die durchschnittliche Operati-
Rezidivs, mit einem Langzeitüber-        onszeit bei 167 min lag. Die Entlas-
leben assoziiert war [3].                sung war in seiner Serie zwischen
   Die systemische Therapie scheint      dem 2. und 8. postoperativen Tag
aktuell, im Falle einer Resektabilität   erfolgt.
keine primäre Option zu sein. Mögli-
cherweise könnte diese aber im Rah-      Fazit
men eines multimodalen Ansatzes
zukünftig, insbesondere im Zeitalter     Zusammenfassend zeigt sich, dass
der Immuncheckpoint-Inhibitoren,         die Entfernung von Lokalrezidiven
zum Einsatz kommen [4].                  bzw. regionären Metastasen, eines                        Abb. 1: Computertomographie mit Nachweis einer einschmelzenden
                                                                                                  ca. 2,6 x 4,5 cm großen Metastase paraaortal links in der ehemali-
   Traditionell wurden diese Ope-        zuvor behandelten Nierenzellkarzi-                       gen Nierenloge.
rationen offen-chirurgisch durch-        noms, robotisch-assistiert durchge-
geführt [5, 6]. Verschieden neuere       führt werden kann. Zukünftig ist zu
operative Techniken wurden in den        erwarten, dass in diesem Bereich die
letzten Jahren beschrieben, so be-       Verwendung eines OP-Roboter-Sys-
richtet z.B. Sanli et al. [7] über die   tems noch häufigere Anwendung fin-
laparoskopische Resektion. Neue-         den wird. Es gilt nun diese Patienten
re Arbeiten beschreiben auch den         in größeren Studien zusammenzu-
Einsatz der robotischen Chirurgie        fassen um die Qualität und die lang-
auf diesem Gebiet [8-10] , diese         fristigen Verläufe mit hoher Evidenz
Ergebnisse können wir bestätigen.        bewerten zu können.                ◄
Die präsentierten Fallbespiele zei-
gen, dass im Bereich der Metasta-        Korrespondenzadresse: Benjamin Hager, Kli-
                                         nik für Urologie, Kinderurologie und roboter-
senchirurgie, die Anwendung ei-          assistierte minimalinvasive Urologie, Buger-
nes OP-Roboters möglich ist, auch        strasse 80, 96049 Bamberg.
                                                                                                  Abb. 2: Computertomographie mit Nachweis eines Lokalrezidiv
wenn dies operativ anspruchsvoll                                                                  (ca. 3,5 cm) im Bereich der rechten Nierenloge.
ist. Dem Operateur kommen hier
jedoch im Vergleich zur konventi-        Literatur:
onellen Laparoskopie die Vorteile,       [1] Doehn C, Grunwald V, Steiner T, et al.
                                         2016. The Diagnosis, Treatment, and Follow-
wie die dreidimensionale Sicht, arti-    up of Renal Cell Carcinoma. Dtsch Arztebl
kulierte Instrumentenbewegungen,         Int 113: 590-596
                                         [2] Bedke J, Albiges L, Capitanio U, et al.
ein ausgefilterter Handtremor, die er-   2021. The 2021 Updated European Associa-
gonomische Arbeitsposition des Ope-      tion of Urology Guidelines on Renal Cell Car-
                                         cinoma: Immune Checkpoint Inhibitor-based
rateurs, sowie eine verkürzte Lern-      Combination Therapies for Treatment-nai-
kurve, entgegen. Aufgrund dessen         ve Metastatic Clear-cell Renal Cell Carcino-
                                         ma Are Standard of Care. Eur Urol 2021. doi:
ist zu erwarten, dass mit der weiter     10.1016/j.eururo.2021.04.042
zunehmenden Verfügbarkeit robo-          [3] Herout R, Graff J, Borkowetz A, et al.
                                         2018. Surgical resection of locally recurrent
tischer Systeme und ihrer Verbrei-       renal cell carcinoma after nephrectomy: On-
tung, zukünftig solche Operationen       cological outcome and predictors of survival.
                                         Urol Oncol 36: 11 e11-11 e16                             Abb. 3: Magnetresonanztomographie mit Nachweis eines Lokalrezidiv
immer häufiger robotisch-assistiert      [4] Tanguay S, Pisters LL, Lawrence DD,                  (ca. 5,0 cm) im Bereich der rechten Nierenloge.
durchgeführt werden.                     et al. 1996. Therapy of locally recurrent re-
                                         nal cell carcinoma after nephrectomy. J Urol
   In den drei oben beschriebenen        155: 26-29
Fällen lagen die Schnitt-Naht–Zeiten     [5] Sandhu SS, Symes A, A’Hern R, et al.
                                         2005. Surgical excision of isolated renal-bed     laparoscopic ultrasound assistance. Urology
zwischen 113 und 170 min. Die Ent-       recurrence after radical nephrectomy for renal    85: 1206-1210
lassung war zwischen dem 4. und          cell carcinoma. BJU Int 95: 522-525               [9] Ghandour R, Miranda AF, Singla N, et al.
                                         [6] Master VA, Gottschalk AR, Kane C, et          2020. Feasibility and Safety of Robotic Exci-
8. postoperativen Tag möglich. Dies      al. 2005. Management of isolated renal fossa      sion of Ipsilateral Retroperitoneal Recurrence
liegt im vergleichbaren Rahmen zur       recurrence following radical nephrectomy. J       After Nephrectomy for Renal Cell Carcinoma.
                                         Urol 174: 473-477; discussion 477.                Urology 145: 159-165
konventionell-laparoskopischen Ope-      [7] Sanli O, Erdem S, Tefik T, et al. 2012. La-   [10] Boni A, Cochetti G, Ascani S, et al. 2018.
ration in diesem Gebiet. Sanli et al.    paroscopic excision of local recurrence of re-    Robotic treatment of oligometastatic kidney
                                         nal cell carcinoma. JSLS 16: 597-605              tumor with synchronous pancreatic metasta-
[7] berichtet in seiner eigenen Ar-      [8] Gilbert D, Abaza R. 2015. Robotic exci-       sis: case report and review of the literature.
beit über eine Operationszeit zwi-       sion of recurrent renal cell carcinomas with      BMC Surg 18: 40.

urologen.info September • 2021                                                                                                                                     113113
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Uro-Onkologie

                         Nierenzellkarzinom
                         Präoperativ erhöhtes C-reaktives Protein mit verschlechterter
                         Nierenfunktion und nicht krebsbedingter Mortalität assoziiert
 • Bei Patienten mit     Die operative Behandlung von Nierentumoren ist ein Balanceakt zwischen onkologischer Kontrolle und
 einem Nierenzell-       dem Erhalt der globalen Nierenfunktion. Insofern ist nach den aktuellen Richtlinien der European Associa-
karzinom der Stadi-      tion of Urology und der American Society of Clinical Oncology die medizinische Bewertung der Risiko-
 en 1 und 2 war ein      faktoren für Niereninsuffizienz in die Abwägung einer partiellen Nephrektomie bei ausgewählten
  erhöhtes CRP vor       Patienten einzubeziehen. In neueren nephrologische Studien wurde das C-reaktive Protein (CRP) unter
                         anderen neuen Risikofaktoren/Biomarkern für die Entwicklung von Niereninsuffizient identifiziert. Aktuell
 der Nephrektomie
                         wurde die Assoziation von präoperativem CRP und nicht krebsbedingter Mortalität (NKM) bei Patienten
unabhängig mit fort-
                         analysiert, die sich der Operation eines lokalisierten Nierenzellkarzinoms (NZK) unterzogen.

                         I
  schreitender Ver-
 schlechterung der          n die retrospektive Analyse flos-     Das Alter war mit 59 bzw. 60 Jah-         Ein erhöhtes CRP war statistisch
Nierenfunktion und          sen Daten von 1.987 Patienten         ren in beiden Gruppen etwa gleich.     signifikant mit der Entwicklung ei-
 mit nicht krebsbe-         aus mehreren Zentren ein, die         Männer waren mit 36,8% vs. 27,8%       ner De-novo-eGFR
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Uro-Onkologie

                         Nierenzellkarzinom (NZK)
                         Pembrolizumab als adjuvante Therapie nach Nephrektomie
                       Bei nahezu jedem zweiten Patienten mit einem Nierenzellkarzinom (NZK) im Frühstadium kommt
                       es nach der Operation zu einem Rezidiv. Dennoch gibt es bei lokoregionalem NZK keine gemeinhin
                       akzeptierte evidenzbasierte adjuvante Therapie. Als eine interessante Strategie in dieser Situation
• Mit Pembrolizumab bietet sich die adjuvante Immuntherapie an. In der Studie KEYNOTE-564 sollte Pembrolizumab als
hatten Patienten mit adjuvante Therapie für Patienten mit NZK gegenüber Placebo bewertet werden.

                         I
intermediär/hohem,
                             n der Multicenterstudie der allen randomisierten Patienten (In- re Endpunkt erfüllt (die mediane
    Hochrisiko- oder
                             Phase III, KEYNOTE-564, wird tention-to-Treat (ITT)-Population). DFS-Rate war in beiden Behand-
M1 NED-Nierenzell-
                             Pembrolizumab als Monothe- Hauptsächlicher sekundärer End- lungsarmen nicht erreicht, HR
   karzinom eine ge-
                             rapie versus Placebo bei Patien- punkt war das Gesamtüberleben 0,68; p=0,0010 ). Der Anteil Pa-
genüber Placebo kli-
                             ten mit histologisch bestätigtem (OS). Sicherheit und Tolerierbar- tienten mit DFS nach 24 Monaten
   nisch bedeutsame
                       klarzelligen NZK als adjuvante The- keit waren weitere sekundäre End- betrug mit Pembrolizumab 77,3%
   Verlängerung des
                       rapie geprüft. Intermediär- bis Hoch- punkte, die bei allen behandelten vs. 68,1% mit Placebo (Abb.). Der
    krankheitsfreien
                       risiko-Tumor (pT2, Grad 4 oder sar- Patienten registriert wurden.                DFS-Benefit war einheitlich in allen
       Überlebens.
                       komatoide Histologie, N0 M0; oder                                                Subgruppen nachweisbar.
                       pT3 jeden Grades, N0 M0, Hochrisi- Patienten
 • Es handelt sich um
                       ko-pT4, jeden Grades, N0 M0; oder Mitte 2019 waren 994 Patienten 1:1 Sekundärer Endpunkt:
    die erste positive pT jedes Stadium, jeder Grad, N+ in einen Pembrolizumab- (n=496) Gesamtüberleben
 Phase-III-Studie mit M0 oder M1 NED (no evidence of oder Placebo-Arm (n=498) rando- Die geschätzte OS-Rate nach 24
 einem Checkpoint- disease; kein Nachweis des Tumors misiert worden. Die Baseline-Cha- Monaten betrug mit Pembrolizumab
    inhibitor für das  nachdem der Primärtumor plus Weich- rakteristika zwischen den Behand- 96,6% vs. 93,5% mit Placebo. Es wur-
 Nierenzellkarzinom teilmetastasen vollständig reseziert ≤1 lungsarmem waren im Allgemeinen den insgesamt 51 OS-Ereignisse re-
in der adjuvanten Si- Jahr seit der Nephrektomie). Die Pa- gut ausgewogen. Bis zum Daten- gistriert (18 im Pembrolizumab-Arm,
         tuation.      tienten hatten sich ≤12 Wochen vor schnitt am 14. Dezember 2020 be- 33 im Placeboarm). Das mediane OS
                       der Randomisierung der Nephrekto- trug das mediane Follow-up 24,1 war in beiden Armen nicht erreicht
    • Die Ergebnisse   mie unterzogen, hatten systemische Monate (14,9–41,5). Keine Patien- worden (HR, 0,54, 95% KI 0,30–
  von KEYNOTE-564 Therapien und hatten einen ECOG- ten verbleiben auf der Studienme- 0,96; p=0,0164); Mit Pembrolizumab
      sprechen für     PS 0 oder 1. Die Studienmedikati- dikation.                                      betrug die geschätzte OS-Rate nach
    Pembrolizumab      on wurde bis zu 17 Zyklen (≈1 Jahr)                                              24 Monaten 96,6% versus 93,5%
   als eine potenziel- verabreicht.                           Primärer Endpunkt:                        mit Placebo.
   le neue Standard-      Der primäre Endpunkt war krank- Krankheitsfreies Überleben
 behandlung für Pa- heitsfreies Überleben (DFS) nach Bei der ersten vorher festgelegten Sicherheit
  tienten mit NZK in Beurteilung des Untersuchers bei Interimsanalyse war der primä- Mit Pembrolizumab erlitten 470 Pati-
der adjuvanten Situ-                                                                                    enten (96,3%) ≥1 allgemeines uner-
          ation.                                                                                        wünschtes Ereignis (AE). Mit Place-
                                                                                                        bo waren es 452 Patienten (91,1%).
 • Die Untersuchung              ▼ Krankheitsfreies Überleben (%)                                       Allgemeine AEs der Grade 3–5 ka-
  wird für die Evalu-          100                                                                      men bei 158 Patienten (32,4%) im
                                                                       HR 0,68 (95% KI, 0,53–0,87)
  ierung des bedeut-                                                             p = 0,0010             Pembrolizumab-Arm und bei 88
 samem sekundärem                80                                                                     Patienten (17,7%) im Placeboarm
 Endpunkts Gesamt-                                                                                      vor. Keine Tode wurden im Zusam-
   überleben fortge-             60                                                                     menhang mit Pembrolizumab regis-
          setzt.                                                           % Ereignisse Median (95% KI) triert. Als häufigste immunbezoge-
                                                                 Pembro           22,0    NE (NE–NE)
                                 40                              Placebo          30,3    NE (NE–NE)    ne AEs traten Hypothyreoidismus
                                                                 Medianes Follow-up:
                                                                 24,1 (14,9–41,5) Monate                der Grade 1–2 (Pembro/Placebo:
                                                                                                        21,1:3,6) und Hyperthyreoidismus
                                 20
                                           Pembro 12-Monatsrate 24-Monatsrate                           der Grade 1–2 (Pembro/Placebo:
                                                     85,7%      77,3%
                                           Placebo 76,2%        68,1%                                   11,9:0,2) auf.               Red. ◄
                                   0
                                       0     5     10     15    20     25    30     35    40     45        Choueiri TK, Tomczak P, Park SH, et al. 2021.
                                                                     Monate                                Pembrolizumab versus placebo as post-ne-
                                                                                                           phrectomy adjuvant therapy for patients with
                                                                                                           renal cell carcinoma: Randomized, double-
                              Abb.: Kaplan–Meier-Schätzungen des krankheitsfreien Überlebens nach Be-      blind, phase III KEYNOTE-564 study. J Clin
                              handlungsarmen. HR = Hazard Ratio; KI = Konfidenzintervall.                  Oncol 39(suppl 15), abstr LBA5.

 116                                                                                                    urologen.info September • 2021
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Uro-Onkologie

Metastasiertes klarzelliges Nierenzellkarzinom
Nivolumab plus Cabozantinib als dritter im Bunde der Erstlinien-
kombinationstherapien mit Immuncheckpoint-Inhibitoren
Neue Studienergebnisse von Immuncheckpoint-Inhibitoren bei fortgeschrittenem Nierenkrebs
bestätigen einen Überlebensbenefit mit Cabozantinib plus Nivolumab, Pembrolizumab plus Axitinib
und Ipilimumab plus Nivolumab. Diese Kombinationstherapien sind als Erstlinienbehandlung für
fortgeschrittenen Nierenkrebs von der European Association of Urology empfohlen.

V
            on drei randomisierten,                  IMDC-Risiko. Das Gremium für            als sekundärer Endpunkt erreichte
            kontrollierten Phase-III-                die RCC-Guidelines empfiehlt die-       Nivolumab plus Cabozantinib einen
            Studien, mit denen die Im-               se Kombinationen mit Tyrosinkina-       signifikant vorteilhaften Benefit gegen-
            muncheckpoint-Blockade                   se-Inhibitoren plus Immuntherapie       über Sunitinib (HR 0,60; p=0,0010 ).
(PD-1 oder seines Liganden PD-L1)                    weiterhin über die IMDC-Risikogrup-     Die Interimsergebnisse beruhen auf
bei fortgeschrittenem, klarzelligem                  pen hinweg für therapienaive Patien-    einem medianen Follow-up von
Nierenzellkarzinom (NZK) untersucht                  ten mit fortgeschrittenem NZK und       18,1 Monaten. Die unabhängig
wird, sind seit kurzem neue Studi-                   die duale Immuntherapie mit Ipili-      festgestellte objektive Ansprech-
endaten mit einem längeren Follw-                    mumab plus Nivolumab für Patien-        rate betrug 56% versus 27% – dar-
up verfügbar. Das CheckMate-9ER-                     ten mit intermediärem und ungüns-       unter 8% Komplettansprechen mit
Ergebnis weist für die Kombination                   tigem IMDC-Risiko.                      Nivolumab plus Cabozantinib und
von Cabozantinib plus Nivolumab                         Als jüngste Studie des behand-       4% mit Sunitinib. Die Effektivität
einen verbesserten Benefit für pro-                  lungsnaiven metastasierten klar-        wurde unabhängig von der IMDC-
gressionsfreies Überleben (PFS) und                  zelligen NZK wurde CheckMate            Risikogruppe oder dem PD-L1-Sta-
Gesamtüberleben (OS) nach. Das                       9ER publik gemacht. In ihr waren        tus festgestellt.
Update von Keynote-426 zeigte                        651 Patienten zu Nivolumab plus            Behandlungsbezogene unerwünsch-
einen anhaltenden OS-Benefit für                     Cabozantinib (n=323) oder Sunitinib     te Ereignisse vom Grad 3 traten bei
Pembrolizumab plus Axitinib in der                   (n=328) randomisiert worden. Als pri-   61% der Patienten unter Nivolumab
Intention-to-Treat-Population, mit ei-               märer Endpunkt war das von einem        plus Cabozantinib und bei 51% un-
nem PFS-Benefit über alle Internati-                 unabhängigen zentralen Review be-       ter Sunitinib auf.                Red. ◄
onal Metastatic Database Consorti-                   wertete PFS in der Intention-to-Treat
um (IMDC)-Subgruppen. Ein Update                     (ITT)-Population mit Nivolumab plus     Bedke J, Albiges L, Capitanio U, et al. 2021.
                                                                                             Updated European Association of Urology
von CheckMate 214 bestätigte den                     Cabozantinib gegenüber Sunitinib        guidelines on renal cell carcinoma: Nivolum-
langfristigen Benefit von Ipilimumab                 signifikant verlängert (16,6 Monate     ab plus cabozantinib joins immune checkpoint
                                                                                             inhibition combination therapies for treatment-
plus Nivolumab bei Patienten mit                     vs. 8,3 Monate; Hazard Ratio [HR]       naïve Metastatic clear-cell renal cell carcino-
intermediärem und ungünstigem                        0,51; p
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Uro-Onkologie

                         Prostatakarzinom mit intermediärem Risiko
                         Androgendeprivationstherapie und Strahlentherapie:
                         Randomisierte Phase-III-Studie
 • Bei Patienten mit     Über die Rolle der Androgendeprivationstherapie (ADT) zusammen mit Strahlentherapie (ST) bei
  Intermediärrisiko-     Patienten mit Intermediärrisiko-Prostatakrebs (IRPC) bestehen nach wie vor gegensätzliche Auffas-
Prostatakrebs (IRPC)     sungen. Das betrifft insbesondere jene Patienten, die eine dosiseskalierte ST (DEST) erhalten.
führt eine ergänzen-     Aktuell testeten kanadische Forscher ihre Hypothese, dass eine DEST den Benefit der ADT entweder
 de ADT über 6 Mo-       kompensiert oder ihn sogar effektiver macht.

                         S
  nate zur Strahlen-              echshundert Patienten mit      sind in der Abbildung ersichtlich.      nur Alter und PSA 10–20 ng/ml
  therapie mit 70 Gy              IRPC wurden für sechs Be-      Von 126 Patienten mit BV bekamen        prädiktive Variable.
  (ST70) oder dosi-               handlungsmonate auf drei       92 nach der initialen Behandlung
 seskaliert mit 76 Gy             Studienarme randomisiert:      eine Salvage-ADT. Bei den DEST76-       Toxizität
(DEST76) zu einer si-    ADT plus ST mit 70 Gy (ADT+ST70)        Patienten war dieser Anteil signifi-    In der DEST76-Gruppe blieb der
 gnifikanten Verbes-     vs. ADT plus einer DEST mit 76 Gy       kant höher ( p=0,001). Außerdem         normale Testosteronspiegel im
serung beim bioche-      (ADT+DEST76) vs. DEST mit 76 Gy         kam es bei insgesamt 40 Patienten       Studienverlauf stabil. Bei Patien-
 mischen Versagen.       alleine (DEST76). Primärer Endpunkt     (6,7%) zum Rezidiv – zumeist me-        ten mit ADT dauerte es 20 Mo-
  • Gegenüber ei-        war biochemisches Versagen (BV).        tastasiert (36/40). Die Anwendung       nate bis der normale Testosteron-
 ner DERT76 alleine      Sekundäre Endpunkte waren Gesamt-       der ADT führte zu signifikant ge-       spiegel wiederhergestellt war. Bei
scheint sich das Risi-   überleben (OS) und Toxizität.           ringerer Progression.                   Patienten mit und ohne ADT stellte
ko zu verringern, bei        Die Studienarme waren nach Al-                                              sich bei 32% bzw. 18% kein nor-
 vergleichbarem OS       ter, vorbestehenden Morbiditäten,       OS für ADT+ST70,                        maler Testosteronspiegel je wie-
 an Prostatakrebs zu     Performance-Status, klinischem Tu-      ADT+DEST76 bzw. DEST76                  der ein ( p
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          119
Uro-Onkologie

                                  Metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs (mCRPC)
                                  Lutetium-177-PSMA-617 bei Männern mit PSMA-positivem mCRPC
• Mit 177Lu-PSMA-617              Metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs (mCRPC) ist trotz aller neuer therapeutischer
   plus Standardbe-               Fortschritte ausnahmslos fatal. Aktuell ist die zielgerichtete Radioligandentherapie mit 177Lu-markier-
handlung wurden ein               tem prostataspezifischem Membranantigen (PSMA) ein vielversprechender neuer Therapieansatz. Mit
 gegenüber alleiniger             dem Radioliganden 177Lu-PSMA-617 werden PSMA-exprimierende Zellen und deren Mikroumgebung
Standardbehandlung                einer Betastrahlung ausgesetzt. Mit der internationalen Open-label-Studie der Phase 3 VISION sollte
                                  bei Männern mit PSMA-positivem mCRPC eine Behandlung mit 177LuPSMA-617 plus Standardbe-
  verbessertes radio-
                                  handlung (SOC; standard of care) im Vergleich zu alleiniger SOC bewertet werden.
graphisches progres-

                                  D
sionsfreies Überleben
                                    ie Patienten wurden                          617 (Hazard Ratio (HR), 0,67). Un-       gegenüber der SOC alleine deut-
 und ein verlängertes
                                    im Verhältnis 2:1 auf                        ter der alternativen Hypothese wur-      lich verbessert (medianes OS, 15,3
Gesamtüberleben er-
                                    eine Gruppe mit 177Lu-                       de von einem medianen rPFS von 6         vs. 11,3 Monate; HR, 0,62; p
Uro-Onkologie

Metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs (mCRPC)
Immunogenes Priming mit 177Lu-PSMA-617 plus Pembrolizumab
Mit Immuncheckpoint-Inhibitoren konnte bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem                                        • Eine einzelne Pri-
Prostatakrebs (mCRPC) bislang nur eine relativ begrenzte Antitumoraktivität festgestellt werden,                                       mingdosis 177Lu-
sofern sich keine Mikrosatelliteninstabilität als Hinweis auf eine defekte DNA-Mismatch-Reparatur                                        PSMA-617 mit
nachweisen ließ. Bei solchen Patienten sollte ein immunogenes Priming mit einer Radioligandenthe-                                       nachfolgendem
rapie unter Umständen die Voraussetzung für das Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren                                              Pembrolizumab
herbeiführen. Daten hierzu wurden auf dem ASCO 2021 präsentiert. Untersucht wurde, ob mit
                                                                                                                                     führte bei einer Sub-
einer einzelnen Dosis 177Lu-PSMA-617 ein immunogener Primingeffekt bewirkt werden kann, um
                                                                                                                                       gruppe mCRPC-
bei Männern mit mCRPC das Ansprechen auf Pembrolizumab zu verbessern.
                                                                                                                                     Patienten ohne hohe

I
                                                                                                                                      Mutationslast oder
       n die einarmige Studie der      Patienten und                            raten beliefen sich auf 44%, 28%
                                                                                                                                      mit Mikrosatelliten-
       Phase 1b wurden chemo-          Tumorcharakteristika                     bzw. 17%.
                                                                                                                                     instabilität zu dauer-
       therapienaive mCRPC-Pa-         Für jedes der drei Schemata wurden
                                                                                                                                     haftem Ansprechen.
       tienten aufgenommen, die        jeweils sechs Patienten aufgenom-        Genomanalysen
       unter zumindest einer vo-       men. Das mediane Alter betrug 64         Von 14 Patienten (78%) einschließ-
                                                                                                                                       • Die Ergebnisse
rausgegangenen antiandrogenen          (51-80) Jahre. Bei 44% der Patien-       lich aller dauerhaften Responder
                                                                                                                                      weisen auf einen
Therapie (Abirateron und/oder En-      ten lagen viszerale Metastasen vor.      waren genomische Daten verfüg-
                                                                                                                                        immunogenen
zalutamid) eine Progression erlitten   Die mediane Anzahl der PSMA-po-          bar. Ein Teilnehmer war Träger ei-
                                                                                                                                      Primingeffekt der
hatten. Die Patienten mussten ≥3       sitiven Läsionen zu Baseline betrug      ner Mutation in einem DNA-Repa-
                                                                                                                                     Radioligandenthera-
mit 68Ga-PSMA-11 PET nachge-           20 (Bereich: 6 bis 50+). Zur Progres-    raturgen (BRCA1, Nonresponder),
                                                                                                                                           pie hin.
wiesene PSMA-positive Läsionen         sion war es bei sechs Patienten mit      keiner hatte eine hohe Mikrosa-
und eine messbare Krankheit ge-        vorausgegangenem Abirateron, bei         telliteninstabilität und alle hatten
mäß RECIST1.1-Kriterien haben. Es      vier mit Enzalutamid und bei acht        eine niedrige Tumormutationslast                     • Nach Einschätzung
wurde keine Auswahl nach geno-         mit beiden gekommen.                     ≤5 Mutationen/Megabase).                              der Autoren wurde
mischen Kriterien vorgenommen.                                                                                              Red. ◄
                                                                                                                                      das Regime gut to-
Die Patienten wurden der Reihe         Sicherheit                                                                                           leriert.
nach in eines von drei Schemata        Es trat keine dosislimitierende To-
aufgenommen:                           xizität auf. Ein behandlungsbezo-        Aggarwal RR, Sam SL, Koshkin VS, et al.
A) Eine Einzeldosis 177Lu-PSMA-        genes unerwünschtes Ereignis (AE)        2021. Immunogenic priming with 177Lu-
                                                                                PSMA-617 plus pembrolizumab in metastatic
617 (7,4 GBq) und 28 Tage spä-         war vom Grad ≥3 (entzündliche Ar-        castration resistant prostate cancer (mCRPC):
ter der Beginn mit Pembrolizumab       thritis, Schema B). Es gab keine hä-     A phase 1b study. J Clin Oncol 39(15_suppl):
                                                                                5053-5053
(200 mg IV Q3W);                       matologischen AEs der Grade ≥3.
B ) Eine Einzeldosis 177Lu-PSMA-
617 zugleich mit der ersten Verab-     Effektivitäts-
reichung von Pembrolizumab;            parameter
C ) Eine Einzeldosis 177Lu-PSMA-       Die ORR betrug 8/18                                                                                              P
617 am Tag 1 des 2. Zyklus (C2D1)      (44%). Die mediane                                                               P
nach Beginn der Behandlung mit         DOR war noch nicht                                                               P
                                                                                                                        P
Pembrolizumab (C1D1).                  erreicht worden. (Be-
   Die Patienten wurden bis zur        reich 1,9+ - 15,9+ Mo-                                                      P
                                                                                                           P
bestätigten      radiographischen      nate). Vier Patienten (2                                            P
oder klinischen Progression mit        vom Schema A, 1 vom                                         P
Pembrolizumab behandelt.               Schema B, 1 vom Sche-                                   P
   Primärer Endpunkt war die Si-       ma C) mit dauerhaftem                                 P
                                                                                             P                                 Anhaltende Behandlung
cherheit. Hauptsächliche sekun-        partiellem Ansprechen                             P                                     Objektives Ansprechen
däre Endpunkte umfassten das           blieben für 5,4+, 8,9+,                          P                                   P Progression
PSA-Ansprechen, die objektive An-      9,2+ bzw. 17,8+ Mo-                              RP                                  RP Rückzug des Patienten
                                                                                    P
sprechrate gemäß RECIST1.1-Krite-      nate auf der Studien-                        P
rien (ORR), die mediane Dauer des      therapie. Das mediane                   RP
Ansprechens (DOR) und das radi-        rPFS betrug 6,5 Mona-           0        2            4         6       8       10      12    14    16     18    20
ographisch progressionsfreie Über-     te. Die PSA30, PSA50
leben (rPFS).                          und PSA90 Ansprech-          Abb.: Dauer der Behandlung in Monaten.

urologen.info September • 2021                                                                                                                         121121
Uro-Onkologie

                      Interview mit Prof. Dr. med. Axel Heidenreich
                      S3-Leitlinie zur systemischen Therapie des fortgeschrittenen
                      Prostatakarzinoms empfiehlt Testung auf BRCA 1 / 2-Mutationen
                      In der letzten Aktualisierung der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom wurden umfangreiche
                      Erneuerungen vorgenommen. Einer der wichtigsten ist die Überarbeitung des Kapitels zur
                      systemischen Therapie des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms. Auf der Basis neuer Evidenz
                      soll Patienten, die nach einer Vortherapie mit den neuen hormonellen Substanzen ein Krankheits-
                      progress erleiden, eine Testung auf BRCA1/2-Mutationen angeboten werden. Wir sprachen
                      mit Prof. Dr. Axel Heidenreich, der an der Überarbeitung der aktuellen S3-Leitlinie mitgewirkt
                      hat.

                      H
                                err Prof. Heidenreich, bisher   Prostatakarzinoms behandelt wer-       get darstellen: PTEN, mismatch re-
                                richtete sich die Indikati-     den, die Testung bereits angeboten     pair deficiency Gene, etc.
                                on zur systemischen Thera-      werden sollte, da wir wissen, dass
                      pie des fortgeschrittenen Prostata-       alle Patienten über kurz oder lang

                                                                                                       ?
                      karzinoms nach labortechnischen,          in den Progress kommen.                    Inwieweit sind auch beim
                      radiologischen und klinischen Kri-                                                   Prostatakarzinom bereits
                      terien. Nun ist mit der Testung auf                                                  Resistenzen gegen PARP-

                                                                ?
                      BRCA 1/2-Mutationen die persona-               Kann die Flüssigbiopsie die       Inhibitoren aufgetreten?
                      lisierte Tumortherapie beim Prosta-            Gewinnung von Tumorgewe-
                      takarzinom angekommen.                         be ersetzen und gibt es be-       Prof. A.H.: Es ist davon auszu-
Prof. Dr. Dr. h.c.
                                                                reits klinische Erfahrungen mit        gehen, dass sich Resistenzen ge-
Axel Heidenreich,                                               der alternativen Bestimmung von        gen die neuen Therapievarianten

                      ?
Direktor der Klinik       Ab welchem Stadium der                BRCA 1/2-Mutationen im zirku-          im Sinne einer Überlebensstrate-
für Urologie, Köln
                          Krankheit und welchen Pa-             lierenden Tumor-DNA?                   gie der Tumorzellen ausbilden. Er-
                          tienten sollte eine Testung                                                  kennbar wird dies an der media-
                      auf BRCA 1/2-Mutationen ange-             Prof. A.H.: Es gibt bereits Unter-     nen progessionsfreien Zeit, die ja
                      boten werden?                             suchungen, die die Verlässlich-        auch nur bei 7,4 Monaten gelegen
                                                                keit einer liquid biopsy gegen-        ist. Für den klinischen Alltag be-
                      Prof. Axel Heidenreich: Die thera-        über der molekularpathologischen       deutet dies, dass wir die Patienten
                      peutische Effektivität von Olaparib       Analyse aus archiviertem Gewe-         auch bei der Option des Einsatzes
                      wurde im Rahmen der PROfound              be analysiert haben. Im Rahmen         neuer, zielgerichteter Substanzen
                      Studie bei Patienten mit metasta-         der PROfound-Studie konnte ge-         auf die Progression und die Not-
                      siertem kastrationsresistenten Pros-      zeigt werden, dass sich bei knapp      wendigkeit weiterer Systemtherapi-
                      tatakarzinom bei Progress un-             78% der Patienten die ctDNA zur        en vorbereiten und aufklären müs-
                      ter Abirateron oder Enzalutamid           molekularen Analyse nutzen ließ.       sen. Kommt es zu einer Progression,
                      evaluiert. Es wurden 2 Patienten-         Eine Übereinstimmung mit den Re-       können die neu aufgetreten Metas-
                      kollektive gebildet: Patienten mit        sultaten aus archiviertem Gewebe       tasen wiederum biopsiert und mo-
                      Mutationen für BRCA 1/2 und ATM           fand sich bei ca. 80% der Patien-      lekular analysiert werden.
                      wurden der Gruppe A zugeordnet,           ten, so dass die Fehlerrate in der
                      solche mit anderen Mutation der           Detektion von BRCA 1/2-Mutatio-

                                                                                                       ?
                      DDR-Genen der Gruppe B. Eva-              nen relativ gering ist. Wir persön-        Kann bei PCa-Patienten mit
                      luiert wurde der mögliche thera-          lich favorisieren die molekularpa-         familiärer Vorbelastung von
                      peutische Benefit von Olaparib            thologische Analyse von Biopsien           einem vermehrten Auftre-
                      bei Vorliegen einer entsprechen-          aus neu diagnostizierten progredi-     ten von BRCA 1/2-Mutationen
                      den Mutation. Die positiven Er-           enten Metastasen, da die Ausbeu-       in der Keimbahn ausgegangen
                      gebnisse der PROfound-Studie              te in Bezug auf das Vorliegen von      werden?
                      führten zu der Zulassung von              BRCA 1/2 Mutationen etwas hö-
                      Olaparib, so dass im Prinzip al-          her ist, nachdem auch die soma-        Prof. A.H.: Das vermehrte Auftre-
                      len Patienten, die mit Abirateron/        tischen Mutationen erkannt wer-        ten der Keimbahnmutationen kommt
                      Prednison oder Enzalutamid im Sta-        den können. Zum anderen testen         insbesondere bei Familien vor, die
                      dium des metastasierten hormon-           wir auf weitere molekulare Altera-     die Diagnose Prostatakarzinom in
                      naiven oder kastrationsresistenten        tionen, die ein therapeutisches Tar-   drei aufeinanderfolgenden Genera-

122                                                                                                urologen.info September • 2021
Uro-Onkologie

tionen oder bei mehr als 3 erstgra-    rapie gibt. Die Sequenz der medi-        Befund Docetaxel zu applizieren.
digen Verwandten haben. Zudem          kamentösen Therapie des mCRPC            Hatten die Patienten primär eine
finden wir BRCA 1/2 häufiger bei       ist abhängig von der Vortherapie         Chemo-Hormontherapie erhalten,
sehr jungen Männern mit lokal fort-    des metastasierten hormonnaiven          gibt man in der 2. Linie meist Abi-
geschrittenem und entdifferenzier-     PCa, das heutzutage ja bereits in        rateron oder Enzalutamid.
ten PCa sowie bei Männern mit ei-      allen Metastasierungsstadien mit ei-        Die Entscheidung, welche Thera-
nem intraductalen Tumorwachstum.       ner kombinierten Hormontherapie          pie in der Sequenz gegeben wird, ist
In diesen Fällen sollte eine moleku-   oder einer Hormon-Chemothera-            aber von vielen individuellen Fak-
larpathologische Analyse veranlasst    pie behandelt wird.                      toren wie dem geriatrischen Assess-
werden. Es ist aber in der Familen-       Zunächst sollte man sich an der       ment bei über 70-Jährigen, den Ko-
anamnese nicht nur nach dem PCa,       PSA-Verdopplungszeit orientieren:        morbiditäten, der Symptomatik, der
sondern auch nach dem Vorhan-          Liegt diese bei >10 Monaten und          Anzahl und Lokalisation der Metas-
densein von Mamma- und Ovari-          ist eine konventionelle bildgebende      tasen sowie natürlich dem Wunsch
alkarzinom zu fragen, die ebenso       Diagnostik negativ, kann prinzipi-       des Patienten abhängig.          ◄
mit einem erhöhten PCa Risiko bei      ell mit einer weitergehenden The-
den männlichen Verwandten ver-         rapie abgewartet werden, da es im        Herr Prof. Heidenreich herzlichen
bunden sein können.                    Mittel mehr als 1,5 Jahre dauert, bis    Dank für das Gespräch.
                                       sich eine progrediente Metastasie-
                                       rung darstellt. Bei Patienten mit ver-   Das Interview führte Malgorzata Klafke

?
   mCRPC-Patienten mit Nach-           muteter Oligometastasierung kann
   weis einer BRCA 1/2-Muta-           ein PSMA-PET/CT veranlasst und
   tion soll eine Therapie mit         eine lokale Therapie der Metasta-
dem PARP-Inhibitor Olaparib an-        sen durchgeführt werden. Bei PSA-
geboten werden. Welche uner-           Verdopplungszeit unter 10 Monaten
wünschten Ereignisse können            und unauffälliger Bildgebung sollte
während der PARP-Therapie              Apalutamid, Darolutamid oder En-
gehäuft auftreten?                     zalutamid gegeben werden, nach-
                                       dem die SPARTAN, ARAMIS bzw.
Prof. A.H.: Insgesamt wird die The-    PROSPER Studie einen signifikan-
rapie mit Olaparib sehr gut vertra-    ten Benefit sowohl in Bezug auf das
gen. Im Vordergrund der Toxizitä-      metastasenfreie Überleben von 2
ten stehen die Anämie (21% versus      Jahren und das Gesamtübeleben
5%) sowie eine Übelkeit.               von 10-12 Monaten nachgewie-
                                       sen haben. Waren die Patienten
                                       im Stadium des mHSPC mit Abi-

?
     Und welche Rolle spielt die       rateron, Apalutamid oder Enzalu-
     Chemotherapie bei Patienten       tamid behandelt, bietet sich in al-
     mit fortgeschrittenem PCa?        ler Regel die Chemotherapie mit
Für die Anwendung von Docetaxel        Docetaxel an. Hatten die Patien-
und Cabazitaxel liegen wissen-         ten eine Chemo-Hormontherapie
schaftliche Evidenz und langjäh-       erhalten, können in zweiter Linie
rige Therapieerfahrung vor. Die-       Abirateron oder Enzalutamid ge-
se fehlen für den PARP-Inhibitor       geben werden.
Olaparib. Wie entscheidet der             Zeigen sich bei den Patienten in
Therapeut bei schnellem Krank-         der bildgebenden Diagnostik Me-
heitsprogress unter den antihor-       tastasen, kann bei Progress nach
monellen Substanzen?                   alleiniger ADT entsprechend der
                                       Studienlage Abirateron, Enzalu-
Prof. A.H.: Die Entscheidung, wel-     tamid oder Docetaxel appliziert
che Therapiesequenz bei welchem        werden. Hatten die Patienten ini-
Patienten zur Anwendung kommen         tial eine kombinierte Hormonthera-
soll, ist in der Tat sehr schwierig,   pie erhalten, erfolgt die Testung auf
da es keine großen, vergleichenden     BRCA 1/2, um bei positivem Nach-
klinischen Studien zur Sequenzthe-     weis Olaparib und bei negativem

urologen.info September • 2021                                                                                                       123123
Andrologie

           Highlights vom ESHRE 2021
           Daten zur langfristigen Gesundheit der IVF/ICSI-Kinder,
           neue genetische Ursachen der männlichen Subfertilität

           K
                   ann die Reproduktionsmedizin die         (mit/ohne Kryozyklen) vorgenommen           später übertragen werden (OR 1,06, 95%
                   sinkenden Fertilitätsraten ausglei-      wurde. Verglichen wurden 51.417 ART-        CI 1,00-1,13). Die Ursache für die verzö-
                   chen? Diese Frage beantwortete           und 37.832 spontan konzipierte Kinder       gerte Entwicklung vermutete Maria Buhl
           Prof. Alice Goisis aus London mit einem          von subfertilen Frauen, die zum Teil me-    Borgström aus dem dänischen Herlev
           eindeutigen Nein. Auch wenn die Be-              dikamentös behandelt worden waren.          im „Mehraufwand” für die Eizelle, die
           handlungen zunehmend effektiver wer-             Basis der Auswertung bildete die nie-       akkumulierten DNA-Schäden des Sper-
           den, bleibe der Netto-Effekt auf die Ge-         derländische Omega-Kohorte. Laut Dr.        miums zu reparieren.
           samtzahl geborener Kinder klein. „Der            Mandy Spaan aus Amsterdam entfielen            Hier kommt der Qualität der Eizellen
           gesellschaftliche Trend zur späten Fami-         157 Krebsdiagnosen auf ART- und 201         eine führende Rolle zu: Oozyten hoher
           lienplanung wird sich dadurch nicht aus-         auf Non-ART-Kinder. Im Vergleich mit        Qualität gelingt dies nach einer brasili-
           gleichen lassen”, so die Demographin.            der Normalbevölkerung war das Risiko        anischen Untersuchung weitaus besser
           Die assistierte Reproduktion (ART) ist           bei IVF nicht erhöht. Bei ICSI-Kindern      als defekten Eizellen. Praktisch bedeutet
           nach ihrer Überzeugung deshalb sicher            lag es höher – bedingt durch vier Fälle     dies: Da die Qualität der Eizellen nicht
           nicht die „Wunderwaffe” gegen die zu-            von Melanomen. Ein Kryotransfer ging        zu ändern ist, sollten die Samenzellen
           nehmende Kinderlosigkeit.                        in diesem Kollektiv nicht mit einem hö-     möglichst effektiv aufbereitet und se-
                                                            heren Krebsrisiko einher.                   lektiert werden.
           COVID 19: Infektionsrisiko via
           Samenzellen relativ gering                       Samenspende-Kinder                          Per Test-TESE beste
                                                            perinatal normal                            Biopsie-Probe finden

           E
                   ine Infektion mit dem COVID-19-

                                                            E                                           A
                   Virus scheint die weibliche Fertilität         inlinge nach Samenspende sind                  ls große Hilfe für den Tag der
                   nicht wesentlich zu vermindern, wie            aus geburtshilflicher Sicht nicht              tatsächlichen ICSI hat sich am
           eine spanische Studie mit 46 betroffenen               „schlechter dran”. Sie werden                  Centrum für Reproduktionsme-
           Kinderwunsch-Patientinnen nahelegt, so           nach umfangreichen britischen Daten         dizin und Andrologie (CeRA) in Münster
           Dr. Maria Cruz Palomino aus Madrid.              sogar signifikant seltener früh geboren,    die Test-TESE kleiner Portionen der ver-
               Bei Mann wirkt sich die Infektion kurz-      haben seltener ein (sehr) niedriges Ge-     schiedenen Biopsie-Proben von Män-
           fristig negativ auf die Samen-Parameter aus.     burtsgewicht, seltener kongenitale Ano-     nern mit Azoospermie erwiesen. Die
           Dabei ist offen, ob es ein direkter Effekt des   malien – aber häufiger ein erhöhtes Ge-     Probe wird enzymatisch aufbereitet und
           Virus oder aber der viralen Erkrankung per       burtsgewicht. Zu diesem Schluss kam         die Zahl der Spermien bestimmt, wäh-
           se ist, betonte Dr. Allen Pacey aus Shef-        Dr. Christopher Allen aus Aberdeen bei      rend die restliche TESE-Probe kryokon-
           field. Derzeit fehlen Daten zu langfristi-       der Auswertung der nationalen Daten         serviert wird.
           gen Auswirkungen auf die Samen-Qua-              von 196.293 Einlings-Geburten. Auch            Bei 872 mikrochirurgischen TESE-Bi-
           lität und den Hormonstatus.                      bei Zwillingen (92.550 Geburten) stuf-      opsien von 198 Männern stimmten bei
              Eine Transmission der Infektion über Sa-      te er das perinatale Outcome als „nor-      73,6 % der aufgetauten Proben die Ergeb-
           men scheine bei ART-Maßnahmen nicht              mal” ein: kein signifikanter Unterschied    nisse am Tag der ICSI mit der Test-TESE
           gegeben, sei aber auch nicht völlig auszu-       bei (sehr) Frühgeburtlichkeit, (sehr) ge-   überein. Wie Dr. Sabine Kappes berich-
           schließen, so der Androloge. Bei asym-           ringem Geburtsgewicht, kongenitalen         tete, finden sich in 99 % der Kryo-TESE-
           ptomatischen Männern mit positivem Test          Anomalien.                                  Proben Spermien, wenn in der Test-TESE
           besteht seiner Ansicht ein geringes (
Andrologie

SNPs im FSHß-Gen beim Mann                         Spermiogramm: aktualisierte                      ART-Programmen müssten unbedingt grö-
klinisch bedeutsam                                 Normwerte auf breiterer Basis                    ßere Anstrengungen unternommen wer-
                                                                                                    den, um evidenzbasierte Empfehlungen

Z                                                  D
        umindest ein Teil der Kinderwunsch-                   ie Normwerte der Samen-Pa-            zu ermöglichen.
        Patienten mit idiopathischer Steri-                   rameter im WHO-Handbuch                  Für Professor Wolfgang Schulze aus
        lität könnte von einer genetischen                    werden aktualisiert, der Postko-      Hamburg könnte ein hoher DFI (DNA
Untersuchung der FSH-Varianten profitie-           italtest wird nicht mehr empfohlen. Der          Fragmentation Index) eine neue Indika-
ren: Neun Single-Nucleotide-Polymorphis-           DNA-Fragmentationsindex (DFI) sollte nur         tion für eine TESE darstellen, da diese
men (SNPs) im FSHß-Gen sind signifikant            in speziellen Konstellationen bestimmt           Schäden posttestikulär entstehen. Der
assoziiert mit verminderten FSH-Spiegeln.          werden. Diese Neuerungen der WHO-                Androloge ist geistiger Vater des welt-
Anders als bei Frauen spielen beim Mann            Leitlinien kündigten Experten beim Me-           weit ersten Babies, das 1993 in Koope-
Polymorphismen im FSH-Rezeptor-Gen                 dea-Symposium an, bei dem die Andro-             ration mit dem Fertility Center Hamburg
keine wichtige Rolle.                              logie zentrales Thema war.                       nach ICSI mit Kryo-TESE-Spermien ent-
  In einer genomweiten Validierungsstudie              Das Spermiogramm ist die Basis bei           standen ist. Heute werden in diesem
bei 1.127 Patienten mit Oligozoospermie            der klinischen Entscheidung für eine der         Zentrum jährlich rund 160 (Kryo)TESE-
haben Forscher um Dr. Maria Schubert               ART-Techniken. Die Interpretation ist „au-       Zyklen durchgeführt, erläuterte Dr. Ro-
in Münster ausgeprägte klinische Effekte           toritäts-basiert”, so Dr. Nicolas Garrido        bert Fischer.
von zwei SNPs (rs1103005, rs10835638)              als Direktor der spanischen IVI-Founda-             Bei Männern mit Azoospermie mit
als spezifische ätiologische Faktoren ge-          tion, die Qualität in weiten Bereichen           normalen Werten von FSH und Inhi-
zeigt. Und damit die Grundlage geschaf-            eher eine Schätzung. Die neuen WHO-              bin B rät Professor Schulze zu Biopsien
fen für eine Therapie in Form einer FSH-           Normwerte beruhen zwar auf mehr Pati-            in ein bis zwei Regionen, bei erhöh-
Behandlung. Ob sich dadurch die Chance             enten, die Überschneidung zwischen fer-          tem FSH und vermindertem Inhibin B
auf eine weniger intensive Therapie bei            til und infertil ist aber immer noch relativ     in drei bis vier Regionen. Zur Beurtei-
dieser Art der Infertilität bietet, bleibt in      breit, kritisierte der Urologe Dr. Sandro        lung stützt er sich auf die Histopatho-
kontrollierten Studien zu klären. Für ihren        Esteves aus Campinas/Brasilien.                  logie, bei der sich in 0,5-1 % maligne
Vortrag ist die Referentin mit dem Clinical                                                         Läsionen finden. In einem Drittel der
Science Award for Oral Presentation der            Nutzen Zusatztests?                              Fälle stimmen seiner Erfahrung nach,
ESHRE ausgezeichnet worden.                                                                         die Ergebnisse von Histopathologie und

                                                   U
                                                             m die Qualität der Spermien            feuchter Aufbereitung von (Kryo)TESE-
Embryonen: Langes Lagern                                     besser einzuordnen, werden             Proben nicht überein.
unbedenklich                                                 häufig kostenpflichtige Tests
                                                   angeboten (IMSI, PICSI, MACS-Sor-                Bei NOA mehr Eizellen

D
         ie längere Lagerung vitrifizierter        ting, DFI) – trotz weitgehend fehlender          notwendig
         Embryonen ist – anders als im ver-        Evidenz für einen Nutzen. Seit Jahren

                                                                                                    B
         gangenen Jahr von einer chinesi-          kontrovers diskutiert wird der DFI, der                  ei nicht-obstruktiven Formen las-
schen Gruppe berichtet – nicht nachteilig:         nach Auffassung von Garrido nur im Fall                  sen sich in 63% ICSI-fähige Sa-
Klinische, geburtshilfliche und perinata-          durchgängig schlechter Embryo-Quali-                     menzellen gewinnen. In diesen
le Parameter bei Kryozyklen unterschie-            tät durchzuführen ist.                           Fällen ist es günstig, wenn mehr Eizel-
den sich in einer italienischen Studie mit            Sein brasilianischer Kollege sieht das völ-   len fertilisiert werden können, da die
2.688 Single-Embryo-Transfers nicht. Ver-          lig anders: Im Androfert-Zentrum gilt der        Befruchtungs- und Blastozystenraten
glichen wurden Kryozeiträume zwischen              DFI als wichtiges Kennzeichen der Fertili-       reduziert sind, ergänzten Dres. Este-
zwei Monaten und drei Jahren.                      tät und Implantation. Wegen des erhöhten         ves und Fischer.
   Dies bestätigte sich auch in einer Aus-         Risikos für Aborte und Komplikationen in           Als Besonderheit hat Professor Schulze
wertung der Daten des Fertility Center             der Schwangerschaft (Gestations-Diabe-           bei mehreren Männern mit OAT-Syndrom
Hamburg und des UnikiD in Düsseldorf:              tes, Präeklampsie) wird der Parameter vor        eine völlig normale Histologie gefunden.
Beide Zentren konnten keinen Effekt auf            jeder ART-Behandlung erhoben.                    Allerdings degenerierten die Samenzel-
die kumulative Schwangerschafts- und                                                                len auf ihrem Weg zur Epididymis, weil
Geburtenrate feststellen, kommentier-              DFI bleibt umstritten                            offenbar die Peristaltik der testikulären
te Dr. Jens Hirchenhain, Düsseldorf,                                                                Tubuli „lahmgelegt” war.               ◄

                                                   D
beim Symposium Reprofacts.               ◄                  ie widersprüchliche Beurteilung
Autorin: Dr. Renate Leinmüller, Wiesbaden
                                                            beruht in erster Linie auf man-         Autorin: Dr. Renate Leinmüller, Wiesbaden
                                                            gelnder Forschung und niedri-
Berichte vom 37. Jahrestreffen der ESHRE, 26.06.                                                    Bericht zum Medea-Symposium „Male infertility
bis 1.07 2021 und vom Symposium Reprofacts am
                                                   gen Fallzahlen in den Studien. Angesichts        virtual preceptorship: The male partner in front
09.07.2021 in Frankfurt.                           der Relevanz des männlichen Faktors in           stage to improve ART success”, 29. Mai 2021

urologen.info September • 2021                                                                                                                          125125
Andrologie

                                 Werden bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs
 • Die Post-hoc-Ana-             die Ergebnisse einer Androgendeprivationstherapie
  lyse liefert gegen-
  wärtig den besten              durch das Baseline-Serumtestosteron beeinflusst?
 Nachweis dafür, dass            Bislang wurde die klinische Beziehung zwischen Baseline-Testosteronspiegel und der Progression
   sich bei hormon-              von fortgeschrittenem Prostatakrebs (PCa) bei hormonnaiven Patienten nur spärlich untersucht.
 naiven Patienten mit            Aktuell wurde die Hypothese getestet, dass ein Testosteronmangel bei PCa-Patienten, die sich einer
  fortgeschrittenem              kontinuierlichen ADT unterziehen, neue prognostische Möglichkeiten eröffnen kann.

                                 D
   Prostatakrebs ein
  niedriges Baseline-                        ie Post-hoc-Analyse wur-       -Antagonist) unterzogen. Das Ge-         5–6, 7–10) standen für 812 Männer
  Serumtestosteron                           de anhand der gepool-          samtüberleben (OS), das progressi-       vollständig zur Verfügung.
 ungünstig auf das Er-                       ten Daten zweier großer        onsfreies Überleben (PFS) und die
   gebnis einer kon-                         prospektiver Parallelarm-      Zeit bis zum PSA-Anstieg wurden          Effektivitätsanalysen
   tinuierlichen ADT             studien der Phase IIIb mit einjähri-       hinsichtlich des Effektes des Baseli-    Die nicht adjustierten Kaplan-Mei-
       auswirkt.                 gem Follow-up durchgeführt. Alle           ne-Serumtestosterons als kontinuier-     er-Kurven von 138 Männern mit
                                 Patienten der vereinten Studienpo-         liche Variable bewertet. Sie wurden      einem Baseline-Serumtestosteron-
                                 pulation hatten sich einer kontinu-        für niedriges (
Andrologie

bodentrainings wurde durch Bio-          plus 20 mg/d Tadalafil den anderen      se Analyse waren 1.723 Patienten                  • Für die penile Re-
feedback oder Elektrostimulation         Interventionen als erheblich überle-    und 13 Interventionen involviert.                 habilitation nach ra-
deutlich erhöht.                         gen. Aber auch 10 mg/d Atorvasta-       Die Rangfolge der Therapien nach                  dikaler Prostatekto-
   In einer weiteren Gruppe mit 301      tin plus 50 mg Sildenafil bei Bedarf,   der 6-Monate-Ansprechrate wurde                   mie erwies sich die
Patienten und vier Therapien erwies      VCD, 20 mg/d Tadalafil, 10 mg/d         von 50 mg Sildenafil bei Bedarf an-               Kombinationsthera-
sich VCD plus 50 mg/d Sildenafil         Vardenafil und 5 mg/d Vardenafil        geführt. Danach folgten 100 mg/d                  pie der Monothera-
gegenüber 50 mg/d Sildenafil wie         erreichten deulich bessere mittle-      Sildenafil, 50 mg/d Sildenafil und                pie in gewisser Wei-
auch intraurethralem Alprostadil         re IIEF-Scores als verschiedene an-     Beckenbodentraining mit Biofeed-                     se überlegen.
125–250 µg als überlegen.                dere Interventionen. Die Wirksam-       back. Allerdings waren die meisten
   Aus 13 Studien mit 1.052 Pati-        keit von PDE5-Inhibitoren scheint       Unterschiede zwischen den Inter-                   • Die Kombination
enten gingen Ergebnisse der mittle-      durch das Einnahmeschema (regel-        ventionen nicht signifikant.                      eines Vakuum-Kon-
ren IIEF-Scores für ≥6 Monate nach       mäßig oder bei Bedarf) nicht be-                                              Red. ◄      striktionsgeräts plus
RP hervor. Von 16 zur Anwendung          einflusst zu sein.                                                                         PDE5-Inhibitor er-
gekommenen Interventionen wa-               Zehn Studien liefern verwertba-      Feng D, Liu S, Yang Y, et al. 2021. Generating    schien empfehlens-
                                                                                 comprehensive comparative evidence on
ren acht im Vergleich zu Placebo         re Ergebnisse bezüglich des Anteils     various interventions for penile rehabilitation           wert.
mit einer signifikanten Verbesse-        Patienten von dem sechs oder mehr       in patients with erectile dysfunction after
                                                                                 radical prostatectomy: a systematic review
rung des mittleren IIEF-Scores as-       Monate nach der RP ein IIEF-Score       and network meta-analysis. Transl Androl
soziiert: Darunter erwies sich VCD       ≥22 erreicht worden war. In die-        Urol 10:109-124.

Penile Hämodynamik bei Patienten mit erektiler Dysfunktion
und Angststörung
Für die Diagnose arterieller erektiler Dysfunktion (ED) ist penile Echo-Color-Doppler-Ultrasonogra-                                  • Bei Bestätigung
phie (PCDU) der „Goldstandard“. Allerdings wird seine Verlässlichkeit bei Patienten mit Angststö-                                   des hämodynami-
rung aufgrund falsch positiver Ergebnisse in Zweifel gezogen. Diesbezüglich sollte die hämodynami-                                   schen Profils bei
sche Penisreaktion auf die intrakavernöse Injektion (IKI) von Alprostadil bei Patienten mit
                                                                                                                                     ED-Patienten mit
angstbezogener ED bewertet werden.
                                                                                                                                   schwerer Angststö-

P
          atienten mit nicht organi-     der Grad der Angst einen ehebli-        den Gruppen 3 und 4 nur bei 70%                   rung ließen sich sol-
          scher ED und einem IIEF-5-     chen negativen Einfluss auf die dy-     bzw. 75% der Patienten diesen Cut-                 che Patienten an-
          Score zwischen 5 und 7         namische PSV. Im Einzelnen hatten       off-Wert innerhalb von 20 Minuten                  hand der PSV- und
          wurden gebeten, den Ge-        die Gruppen 1, 2 und 3 nach 5, 10       nach der IKI ( p
Andrologie

    • Die Prädiktion                                Covid-19 und Androgenität
   des Risikos für mit                              Kürzere (CAG)n-Allele im Androgenrezeptor-Gen schützen vor
SARS-CoV-2 infizier-
  te Patienten mit le-                              lebensbedrohender COVID-19
   bensbedrohlichen
                                                    Epidemiologische Studien lassen erkennen, dass eine SARS-CoV-2-Infektion bei Männern und Frauen
Komplikationen kon-                                 gleich häufig ist. Aber unabhängig vom Alter ist das Ergebnis der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-
 frontiert zu werden,                               19) bei Männern in der Regel ungünstiger als bei Frauen. Die unterschiedliche Schwere der COVID-19-
erreicht 77% Genau-                                 Verläufe könnte eine Erklärung in Unterschieden im Wirtsgenom finden. Aktuell wurde die genetische
igkeit, 81% Präzision,                              Variabilität anhand von Polyaminosäue-Motiven ins Auge gefasst. Unter derartigen Polymorphismen ist
 77% Sensitivität und                               die Anzahl der CAG-Wiederholung im ersten Exon des Androgenrezeptor (AR)-Gens bekannt, die im
     78% Spezifität.                                AR-Protein als unterschiedlich langer Polyglutamintrakt ausgeprägt ist und die Androgenität beeinflusst.

                                                    I
  • Ein stark andro-        n den kodierenden Abschnit-                                 zige Gen identifiziert, dessen CAG-      holungen in der Fall- und der Kon-
  genaktiver Andro-         ten aller Gene wurde mittels                                Polymorphismus eine Assoziation          trollgruppe (Abb.).
 genrezeptor ist ein        WES („whole exome sequen-                                   mit der Schwere von COVID-19-Ver-
potenzieller Schutz-        cing“) nach Polyaminosäure-                                 läufen mit befriedigender Genauig-       Testosteron-AR-Axe bei
faktor vor schwerem         Motiven gefahndet. Verglichen                               keit und Präzision liefert (Sensitivi-   längerem (CAG)n-Allel
 COVID-19-Verlauf. wurden 230 Patienten mit BIPAP-                                      tät 64%, Spezifität 55%).                Von 61 Patienten (43 den Geno-
• In geeigneten klini- Beatmung und 108 Patienten mit                                                                            typ ≤19 und 18 den Genotyp ≥25
schen Studien sollte- endotrachealer Intubation (Fallgrup-                              Anzahl der CAG-Wieder-                   CAG-Repeats repräsentierend) waren
 untersucht werden, pe) mit 200 Kontrollen, die keine                                   holungen im AR-Gen bei                   Interviews verfügbar, die nach der
ob sich bei Patienten Hospitalisierung benötigten.                                      Fällen und Kontrollen                    Infektion unter Verwendung des And-
mit schweren Krank-                                                                     Die männlichen Patienten wurden          rotest [Millar AC, et al. 2016. CMAJ
 heitsverläufen Mor- Allein die Länge des Glutamin-                                     anhand der CAG-Allelen im AR-            188(13):E321–30.] geführt worden
 bidität und Mortali- trakts im AR beeinflusst das                                      Gen in die Kategorien mit ≤22 und        waren. Damit sollte nachgewiesen
       tät durch       COVID-19-Ergebnis                                                ≥23 CAG-Wiederholungen einge-            werden, dass die verminderte AR-
  Testosteronsubsti- Mittels logistischer Regression wurde                              teilt. Bei den Männern der asympto-      Aktivität zu Anzeichen und Symp-
   tution verringern   das Androgenrezeptor (AR)-Gen aus                                matischen Kohorte war der Anteil         tomen eines Hypogonadismus führt.
        ließen.        40 ausgewählten Genen mit Amino-                                 derjenigen mit
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