VERWALTUNGSGERICHT TRIER - URTEIL IM NAMEN DES VOLKES - in Rheinland-Pfalz

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7 K 1010/18.TR

                                                      Veröffentlichungsfassung!

         VERWALTUNGSGERICHT
               TRIER
                                 URTEIL
                       IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit
der Initiative Bürgerbegehren Kordel gegen die Beteiligung der Ortsgemeinde
Kordel am Ausbau der B 422 (Beschluss des Gemeinderates vom 9. Mai 2017,
TOP 2), vertreten durch ***,
                                                                     - Klägerin -

                                   gegen

den Gemeinderat Kordel, vertreten durch den Ortsbürgermeister der
Ortsgemeinde Kordel, Kreuzfeld, 54306 Kordel,
                                                                    - Beklagter -

Prozessbevollmächtigte:     Rechtsanwälte Meiborg & Kollegen, Hindenburgplatz
                            3, 55118 Mainz,

wegen       Kommunalverfassungsrechts
-2-

hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom
26. Juni 2018, an der teilgenommen haben

        ***
        ***
        ***
        ***
        ***

für Recht erkannt:

        Die Klage wird abgewiesen.

        Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

        Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
        Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

                                      Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens,
welches auf die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses des Beklagten über
die Beteiligung der Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 gerichtet ist.

Die Bundesstraße B 422 führt u. a. durch die Ortsgemeinde Kordel (Ortsdurchfahrt)
– Ortsgemeinde –. In diesem Bereich entstand bereits im Jahr 2014 hinsichtlich der
Bordsteinanlage Sanierungsbedarf. Daher beschloss der Beklagte am 16. April
2014, dass der Bürgermeister der Ortsgemeinde nach Abstimmung mit dem
Landesbetrieb Mobilität – LBM – eine Firma mit der Sanierung beauftragen solle.

In einer Sitzung des Beklagten vom 11. Dezember 2014 stellte sich sodann heraus,
dass die Ortsdurchfahrt Kordel in das Investitionsprogramm des Bundes
aufgenommen wurde. In der Folge beriet der Beklagte über die Möglichkeit eines
gemeinschaftlichen Ausbaus der Ortsdurchfahrt sowie einer gemeinschaftlichen
Planung mit dem LBM. Nachdem – wie in der Niederschrift zur Sitzung vermerkt –
dargelegt wurde, dass die Bordsteinsanierung nur eine temporäre Lösung darstelle,
fasste der Beklagte folgenden Beschluss:

„Der Ortsgemeinderat Kordel beschließt im Grundsatz, dem Ausbau der
-3-

Ortsdurchfahrt im Zuge des Ausbaues der Bundesstraße 422, Welschbillig – Kordel,
gemäß der noch abzustimmenden Planung mit dem Landesbetrieb Mobilität
zuzustimmen.“

Nach Abschluss der Planung durch den LBM stellte dieser in einer Sitzung des
Gemeinderates am 9. Mai 2017 die geplanten Maßnahmen vor. Diese beinhalteten
insbesondere eine Verengung der Fahrbahn und die Schaffung von Parkplätzen
und Grünflächen in den hierdurch freiwerdenden Bereichen. Hierbei war
vorgesehen, dass der Baulastträger der Straße für die Maßnahmen an der
Fahrbahn aufkommt, während die Ortsgemeinde die Kosten für die Arbeiten an den
Gehwegen und Zufahrten sowie anteilig für die Maßnahmen an den Grünflächen
tragen sollte. Insgesamt belief sich die Kostenschätzung für Gehweganlagen,
Parkplätze, Angleichungen und Straßenbeleuchtung sowie für eine eventuell
erforderliche Außengebietsentwässerung auf rund 505.000 Euro.

Im Anschluss an die Präsentation des LBM ermächtigte der Gemeinderat den
Ortsbürgermeister zum Abschluss einer Bau- und Unterhaltungsvereinbarung mit
dem LBM und beauftragte die Verwaltung zur Stellung entsprechender
Förderanträge in Abstimmung mit dem LBM. Des Weiteren beschloss der Beklagte
mehrheitlich,

„den Ausbau der B 422 – Ortsdurchfahrt Kordel, gemäß der vorgestellten Planung
des Landesbetriebs Mobilität in Trier, mit zu tragen.“

Am 7. September 2017 reichte der Vertreter der Klägerin daraufhin beim
1. Beigeordneten der Ortsgemeinde Kordel 31 Unterschriftenlisten ein, welche
jeweils den Antrag enthielten, folgende Fragestellung zum Bürgerentscheid zu
stellen:

„Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderates vom 9. Mai 2017 TOP 2
mit folgendem Wortlaut aufgehoben wird: „Der Ortsgemeinderat Kordel beschließt,
den Ausbau der B 422 – Ortsdurchfahrt Kordel, gemäß der vorgestellten Planung
des Landesbetriebs Mobilität in Trier, mit zu tragen.“

Zur Begründung ist auf den Unterschriftenlisten im Wesentlichen ausgeführt, die
-4-

vom LBM geplante Maßnahme, die zu geringerem Parkplatzangebot und zu einer
schwierigeren Befahrbarkeit der Straße führe sowie erhöhte Aufwendungen bei der
Pflege der Grünflächen mit sich bringe und erhöhte wiederkehrende Beiträge der
Grundstückseigentümer erforderlich mache, sei aus Sicht der Interessenvertreter
des Bürgerbegehrens nicht zu rechtfertigen. Von daher richte sich das
Bürgerbegehren gegen den vom Gemeinderat gefassten Beschluss. Des Weiteren
wird auf den Unterschriftenlisten für weitere Informationen auf die Homepage
www.direkte-demokratie-kordel.de    verwiesen.    Auf   dieser   findet   sich   eine
„Erklärung“, wonach das Bürgerbegehren sich gegen die vorgestellte Planung zur
B 422 und die damit verbundenen Kosten und nicht gegen den Grundsatzbeschluss
aus dem Jahr 2014 richte. Ziel des Bürgerbegehrens sei eine Änderung der
bisherigen Planung auf das Notwendigste und damit eine Reduzierung der Kosten
(http://acc142.etis-gmbh.eu/wp-content/uploads/2017/09/Erkl%C3%A4rung-zum-
B%C3%BCrgerbegehren-B422.pdf, zuletzt abgerufen am 26. Juni 2018).

Insgesamt hatten 232 Personen diesen Antrag unterschrieben (bei der letzten
Kommunalwahl 2014 waren in der Ortsgemeinde Kordel 1.723 Personen
wahlberechtigt).

In einer öffentlichen Sitzung vom 20. Dezember 2017 wies der Beklagte nach
voriger Stellungnahme des Vertreters der Klägerin das Bürgerbegehren
mehrheitlich als unzulässig zurück. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass
das Bürgerbegehren sich im Kern auf die Aufhebung des Grundsatzbeschlusses
vom 11. Dezember 2014 richte. Diesbezüglich sei jedoch die Viermonatsfrist nach
§ 17 a Abs. 3 S. 1 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom
31.Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2017
(GVBl. S. 21)) – GemO – abgelaufen.

Daraufhin hat die Klägerin am 7. Februar 2018 Klage erhoben und einen Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung hat sie zunächst
vorgetragen, erst am 9. Mai 2017 habe ein konkreter Beschluss vorgelegen, auf
dessen Basis eine Willensbildung im Hinblick auf eine Beteiligung der Ortsgemeinde
stattfinden konnte, da die konkrete Planung und Darstellung der Kosten vorher nicht
bekannt gewesen seien. Das Bürgerbegehren selbst richte sich nicht gegen den im
Grundsatz beschlossenen Ausbau der B 422, sondern gegen die Umgestaltung der
-5-

Bürgersteige „in dieser Tragweite“. Insbesondere seien die Unterzeichner gegen
weitere erhebliche Mehrbelastungen durch wiederkehrende Beiträge durch die
„konkrete Planung“ (Unterstreichung im Schriftsatz der Klägerin). Der Ausbau der
B 422 könne offensichtlich auch auf andere Art und Weise stattfinden. So habe der
Vertreter der Klägerin in der Gemeinderatssitzung vom 20. Dezember 2017
bemängelt, dass versäumt worden sei, mit ihm als Vertreter des Bürgerbegehrens
mögliche Lösungswege zu erarbeiten.

Nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, der geplante Ausbau sei im nächsten halben
Jahr zurückgestellt und Entscheidungen der Ortsgemeinde würden erst nach
Abschluss des Hauptsacheverfahrens getroffen, erklärten die Beteiligten das
Eilverfahren übereinstimmend für erledigt. Die Kosten des erledigten Verfahrens
legte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 20. März 2018 (7 L 1011/18.TR)
der Klägerin auf.

Nunmehr trägt die Klägerin ergänzend vor, Gegenstand des Bürgerbegehrens sei
die Nichtbeteiligung der Ortsgemeinde an der gemeinsamen Planung, d. h. „quasi“
ein Ausstieg aus der gemeinsamen Planung gewesen. Hätte der Gemeinderat
hingegen eine alternative Planung beschlossen, sei diese nicht umsetzbar
gewesen, da sie unter dem Genehmigungsvorbehalt des LBM stünde. Gerade dies
wäre jedoch mit einer erheblichen Rechtsunklarheit behaftet.

Die Klägerin beantragt,

      festzustellen, dass das Bürgerbegehren gegen die Beteiligung der
      Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 (Beschluss des Gemeinderates
      vom 9. Mai 2017, TOP 2) zulässig ist.

Der Beklagte beantragt,

      die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die in § 17 a Abs. 3 S. 1 GemO normierte Frist zur
Einreichung eines Bürgerbegehrens sei versäumt, da das Bürgerbegehren sich in
erster Linie gegen den ursprünglichen Grundsatzbeschluss richte. Würde die
-6-

Vollziehung dieses Beschlusses gemäß Beschluss vom 9. Mai 2017 aufgehoben,
wäre der ursprüngliche Beschluss zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt weiterhin
existent, obschon die Ortsgemeinde an der Umsetzung dieses Beschlusses
gehindert wäre. Daher ziele das Begehren letztlich nicht auf eine bestimmte
Gestaltung der Ortsdurchfahrt ab, sondern darauf, die ursprüngliche Zustimmung
zurückzunehmen und auf den Ausbau insgesamt zu verzichten. Der ursprüngliche
Beschluss sei nicht lediglich eine unverbindliche (politische) Erklärung gewesen.
Vielmehr sei ihm Verbindlichkeit zugekommen, da das LBM auf dieser Grundlage
die Planung begonnen und hierzu Aufwendungen getätigt habe. Diese Planung
würde obsolet, wenn die Ortsgemeinde die weitere Beteiligung hieran ablehnen
würde. Des Weiteren sei ein Verstoß gegen § 17 a Abs. 2 Nr. 4 GemO nicht
ausgeschlossen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von
den   Beteiligten   zur   Gerichtsakte    gereichten   Schriftsätzen   sowie   den
Verwaltungsakten der Verbandsgemeinde Trier-Land. Die genannten Unterlagen
lagen vor und sind zum Gegenstand der Beratung gemacht worden.

                              Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung
– VwGO –), ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Klage ist als Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit zulässig.
Beteiligte sind hierbei auf der Aktivseite die Bürgerinitiative als gemeindliches
„Quasi-Organ“ sowie auf der Passivseite der die Zulässigkeit verneinende
Gemeinderat als „Kontrastorgan“ (OVG RP, Urteil vom 06. Februar 1996 – 7 A
12861/95 –, Rn. 32, juris; OVG RP, Beschluss vom 10. Oktober 2003 – 7 B
11392/03 –, Rn. 10, juris).

Die Fähigkeit der Klägerin, am Verfahren beteiligt zu sein, folgt aus § 61
Nr. 2 VwGO analog, denn das Recht nach § 17 a Abs. 1 Satz 1 GemO steht der
-7-

Bürgerinitiative als solcher zu. Dies muss sie vor dem Hintergrund der Garantie
effektiven Rechtsschutzes auch selbst geltend machen können (OVG RP,
Beschluss vom 6. April 1987 – 7 B 16/87.OVG –, ESOVG) – wobei sie gemäß
§ 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Vertreter, hier ***, vertreten wird.

II. Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist
jedoch unbegründet, denn das Bürgerbegehren der Klägerin ist unzulässig.

In materieller Hinsicht setzt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens voraus, dass es
eine Angelegenheit der Ortsgemeinde betrifft (§ 17 a Abs. 1 S. 1 GemO), welche
nicht unter den Katalog des § 17 a Abs. 2 GemO fällt. Formell zulässig ist das
Bürgerbegehren,    wenn    es    schriftlich   innerhalb   von   vier   Monaten     nach
Beschlussfassung eingereicht wird (§ 17 a Abs. 3 S. 1 GemO), die zu entscheidende
Gemeindeangelegenheit in Form einer mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden
Frage enthält, begründet ist, bis zu drei Vertreter benennt (§ 17 a Abs. 3 S. 2 GemO)
und die erforderliche Zahl an Unterschriften erreicht wurde, wobei die
Unterschriftenlisten jeweils den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens enthalten
müssen (§ 17 a Abs. 3 S. 3 bis 6 GemO).

Vorliegend betrifft das Bürgerbegehren zwar einen zulässigen Gegenstand (1.) und
wahrt die viermonatige Frist des § 17 a Abs. 3 S. 1 HS. 2 GemO (2.). Auch entfaltet
der vorangegangene Beschluss vom 11. Dezember 2014 hinsichtlich des jetzigen
Bürgerbegehrens keine Sperrwirkung (3.), jedoch mangelt es an einer hinreichend
bestimmten Frage (4.).

1. Das Bürgerbegehren betrifft einen zulässigen Gegenstand, denn bei der Frage,
ob der Ortsgemeinderat Kordel den Ausbau der Bundesstraße B 422
– Ortsdurchfahrt Kordel – gemäß der vorgestellten Planung des LBM in Trier
mitträgt, handelt es sich um eine Angelegenheit der Ortsgemeinde. Maßgeblich ist
insoweit,   dass   nicht   der   Ausbau        der   gemäß   §    5     Abs.   1   S.   1
Bundesfernstraßengesetz (Gesetz vom 8. Juni 1980, BGBl I 2007,1206; zuletzt
geändert durch Gesetz vom 14. August 2017, BGBl I 2017, 3122, juris) – FStrG –
in der Baulast des Bundes stehenden Fahrbahn der B 422 durch den LBM als
Straßenbaubehörde (§ 49 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz (Gesetz vom 1. August
1977 (GVBl. 1977, 273), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2018 (GVBl. S.
-8-

92) – LStrG – Gegenstand des streitgegenständlichen Gemeinderatsbeschlusses
ist, sondern vielmehr, ob im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ausbaus der B 422
auch die vom LBM geplanten Maßnahmen an den gemäß § 5 Abs. 3 FStrG in der
Baulast der Ortsgemeinde stehenden Flächen vorgenommen werden sollen und
inwiefern diese sich an den Kosten beteiligt.

Auch    sind    die   in   Rede     stehenden   Angelegenheiten     nicht   nach
§ 17 a Abs. 2 GemO der Entscheidung durch Bürgerentscheid entzogen.
Insbesondere betrifft die Entscheidung, den Ausbau gemäß der Planung des LBM
mitzutragen, keine konkreten Abgabensätze (§ 17 a Abs. 2 Nr. 4 GemO). Dieser
Ausschlussgrund betrifft kommunale Steuern, Gebühren und Beiträge und ist nur
auf die Abgabensätze, d. h. auf die Höhe der erhobenen Abgaben bezogen (PdK
RhPf B-1, GemO § 17a, Ziff. 3.3.5., Rn. 19, beck-online). Hingegen umfasst § 17 a
Abs. 2 Nr. 4 GemO weder die Entscheidung über die Erhebung einer Abgabe (vgl.
PdK RhPf B-1, GemO § 17a, Ziff. 3.3.5., Rn. 19, beck-online), noch über die
grundsätzliche Beteiligung der Ortsgemeinde an einer kostenauslösenden
Maßnahme als solche.

2. Ferner wurde die in § 17 a Abs. 3 S. 1 HS 2 GemO angeordnete Viermonatsfrist
gewahrt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für den Fristbeginn nicht der Beschluss
des Gemeinderates vom 11. Dezember 2014, sondern der Gemeinderatsbeschluss
vom 9. Mai 2017 maßgeblich, denn das Bürgerbegehren richtet sich erkennbar
gegen die Mittragung der am 9. Mai 2017 vorgestellten, konkreten Planung des
LBM.

Dies wird zunächst – gemäß den Ausführungen im gerichtlichen Beschluss vom 20.
März 2018, die das Gericht sich im vorliegenden Verfahren zu eigen macht – an der
Fragestellung des Bürgerbegehrens deutlich, denn durch die Wiedergabe des
Gemeinderatsbeschlusses wird dort ausdrücklich auf die konkrete Planung Bezug
genommen. Ebenso bezieht sich die Begründung des Bürgerbegehrens mehrfach
auf die in der Gemeinderatssitzung vom 9. Mai 2017 vorgestellte Planung des LBM.
So wird zunächst geschildert, dass „nach den Vorstellungen des Landesbetriebs“
die Fahrbahn verkleinert und zusätzlich Grünflächen sowie Verkehrsinseln angelegt
werden sollen. Sodann wird erläutert, dass der Gemeinderat beschlossen habe,
-9-

„diesen Ausbau“ mitzutragen und dargestellt, welche Kosten hiermit verbunden
sind. Zusammenfassend ist „diese Maßnahme“ aus Sicht der Interessenvertreter
des Bürgerbegehrens nicht zu rechtfertigen.

Demgegenüber kommt an keiner Stelle der Begründung mit hinreichender
Deutlichkeit zum Ausdruck, dass das Bürgerbegehren sich im Kern gegen die
Beteiligung der Ortsgemeinde am gemeinschaftlichen Ausbau der Bundesstraße
als solche richtet. Insbesondere findet der Beschluss vom 11. Dezember 2014 in
der Begründung des Bürgerbegehrens keinerlei Erwähnung. Auch wird in der im
Internet abrufbaren „Erklärung“, auf die die Unterschriftenlisten Bezug nehmen,
ausdrücklich dargelegt, dass das Bürgerbegehren sich nicht gegen den
Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2014 richte, sondern lediglich eine Änderung der
Planung auf das Notwendigste begehrt werde.

3. Der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens steht des Weiteren
nicht entgegen, dass der Gemeinderat bereits am 11. Dezember 2014 beschlossen
hat – Grundsatzbeschluss –, im Grundsatz dem Ausbau der Ortsdurchfahrt im Zuge
des Ausbaues der B 422 gemäß der noch abzustimmenden Planung mit dem LBM
zuzustimmen, ohne, dass dies Gegenstand eines Bürgerbegehrens war.

Ungeachtet der Frage, inwieweit sogenannte wiederholende Grundsatzbeschlüsse
die Frist zur Einreichung eines zulässigen Bürgerbegehrens erneut in Lauf setzen
(dies bejahend: VG Koblenz, Urteil vom 10. Juli 2001 – 2 K 216/01.KO –, juris; VGH
BW, Urteil vom 13. April 1993 – 1 S 1076/92 –, juris), ist der Beschluss vom
9. Mai 2017 jedenfalls deshalb tauglicher Gegenstand des Bürgerbegehrens, weil
er in   seiner sachlichen    Reichweite   über den     Grundsatzbeschluss     vom
11. Dezember 2014 hinausgeht.

Während der Beschluss vom 11. Dezember 2014 sich auf eine grundsätzliche
Zustimmung zum Ausbau der Ortsdurchfahrt im Zuge des Ausbaus der B 422
beschränkt, betrifft der streitgegenständliche Beschluss die Mittragung der
konkreten Planung, einschließlich der Beteiligung an den Kosten, durch die
Ortsgemeinde.    Diese   –   den    Grundsatzbeschluss     konkretisierende   und
ausführende – Entscheidung des Gemeinderates ist erneut zulässiger Gegenstand
eines Bürgerbegehrens, denn erst die Kenntnis der konkreten Planung ermöglicht
- 10 -

es den Bürgern, Für und Wider der Maßnahmen abzuwägen und sich eine
abschließende Meinung zum Ausbau der B 422 zu bilden.

4. Letztlich scheitert die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens jedoch daran, dass die
Anforderungen des § 17 a Abs. 3 S. 2 GemO nicht erfüllt werden, da seitens des
Vertreters    des     Bürgerbegehrens           keine   konkreten,   konstruktiven
Alternativvorschläge zur vorgeschlagenen Planung des LBM benannt wurden.
Diesbezüglich verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß
§ 117 Abs. 5 VwGO analog zunächst auf die Ausführungen im Beschluss der
Berichterstatterin vom 20. März 2018, welche weiterhin Geltung beanspruchen.

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Soweit die Klägerin sich nunmehr in Reaktion auf den gerichtlichen Beschluss vom
20. März 2018 darauf beruft, das Bürgerbegehren sei in der Sache darauf gerichtet,
dass eine Beteiligung der Ortsgemeinde am gemeinsamen Ausbau der
B 422 gänzlich unterbleiben soll, lässt dies die Richtigkeit der gerichtlichen
Erwägungen im vorgenannten Beschluss unberührt. Allein maßgeblich zur
Auslegung eines Bürgerbegehrens sind nämlich dessen konkrete Fragestellung
sowie die zugehörige Begründung. Bereits hieraus muss sich unzweideutig
ergeben, worauf das Bürgerbegehren in der Sache gerichtet ist, denn nur dann ist
für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens erkennbar, wofür sie sich mit ihrer
Unterschrift aussprechen. Hieran fehlt es vorliegend jedoch, denn gemäß obigen
Ausführungen ließ sich der Begründung des Bürgerbegehrens gerade nicht
entnehmen, dass die Klägerin grundsätzlich eine Beteiligung der Ortsgemeinde
Kordel am gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 verhindern wollte. Diese fehlende
Bestimmtheit kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, denn
andernfalls würde der Bürgerwille nachträglich verfälscht.

Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Klägerin, ihre Ausführungen in der
Klagebegründung, wonach die Ortsgemeinde die Erarbeitung alternativer
Lösungsvorschläge versäumt habe, beziehe sich allein auf die Regelung des § 17
a Abs. 5 GemO, und ließe daher nicht den Rückschluss zu, der Vertreter und die
Unterzeichner des Bürgerbegehrens seien grundsätzlich mit einer Beteiligung der
Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 einverstanden, letztlich irrelevant. Im
Übrigen belegt das Protokoll zur Gemeinderatssitzung vom 20. Dezember 2017,
- 11 -

dass der Vertreter des Bürgerbegehrens entgegen seiner nunmehrigen Behauptung
durchaus alternative Lösungswege zur Durchführung der Maßnahme unter
Verringerung der Beitragslast der Grundstückseigentümer, z. B. durch eine
Sondersatzung, für möglich hielt.

Ebenso wenig verfängt der Einwand der Klägerin, der Beschluss einer
Alternativplanung wäre mit erheblicher Rechtsunklarheit behaftet gewesen, da er
unter dem Genehmigungsvorbehalt des LBM gestanden hätte. Die Klägerin
verkennt insoweit, dass die Fragestellung eines Bürgerbegehrens bereits dann
hinreichend bestimmt ist, wenn das Ziel des Bürgerbegehrens unzweifelhaft
erkennbar ist, d. h., wenn deutlich wird, was im Falle eines erfolgreichen
Bürgerentscheids umgesetzt werden soll. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der
Vertreter des Bürgerbegehrens konkrete Alternativen zu der vorgestellten Planung
des LBM benannt hätte. Ungeachtet der Erforderlichkeit erneuter Abstimmungen
mit dem LBM wäre hierdurch nämlich deutlich geworden, welche Baumaßnahmen
aus Sicht der Ortsgemeinde Kordel realisiert werden sollen, inwiefern die
Ortsgemeinde Kordel sich an den Kosten beteiligen soll und worauf erneute
Verhandlungen mit dem LBM gerichtet wären. Selbst wenn die Umsetzung des
Beschlusses letztlich an einer fehlenden Einigung mit dem LBM gescheitert wäre,
würde dies nichts daran ändern, dass hierdurch zunächst sowohl für die
Unterzeichner des Bürgerbegehrens als auch für die Gemeinderatsmitglieder
erkennbar gewesen wäre, was bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid einem
Gemeinderatsbeschluss gleichstünde. Hierbei liegt es in der Natur des
Sachgegenstandes, dass die Umsetzung des Bürgerentscheids von der Einigung
mit dem LBM abhängig wäre. Sofern eine Einigung mit dem LBM nicht zustande
gekommen wäre, wäre der Gemeinderat sodann verpflichtet gewesen, erneut über
die weitere Vorgehensweise zu entscheiden, wobei – soweit bei fehlender Einigung
mit dem LBM möglich – der im Bürgerentscheid zum Ausdruck gekommenen Wille
zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 17 a Abs. 8 S. 3 GemO).

Dies zugrunde gelegt, verbleibt es im Ergebnis dabei, dass weder für die
Unterzeichner des Bürgerbegehrens, noch für die Mitglieder des Gemeinderates
erkennbar war, wie die Ortsgemeinde Kordel im Falle eines erfolgreichen
Bürgerentscheids nach Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Mai 2017
verfahren sollte. Obschon hierdurch feststünde, dass die Ortsgemeinde Kordel die
- 12 -

vom LBM vorgestellte konkrete Planung in dieser Form nicht mittragen würde, wäre
sie nämlich weiterhin an den Beschluss vom 11. Dezember 2014 gebunden.

Dieser Beschluss enthält die verbindliche Entscheidung des Beklagten, sich im
Rahmen eines gemeinschaftlichen Ausbaus an den Baumaßnahmen an der B 422
zu beteiligen und hierzu eine Abstimmung mit dem LBM herbeizuführen. Eine
solche Vorgehensweise entspricht Ziffer 11 (1) der Richtlinien für die rechtliche
Behandlung von Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen (bekannt gemacht
mit   Allgemeinem       Rundschreiben     Straßenbau          (ARS)    Nr.   14/2008     des
Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 14. August 2008
(Verkehrsblatt   2008,    S.   459),    geändert      durch    ARS     Nr.   12/2012     des
Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 10.08.2012
(VkBl.2012, S. 828); in Rheinland- Pfalz anwendbar gemäß Verwaltungsvorschrift
des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau über die
„Rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten“, MinBl. 2009, 126, MinBl. 2014, 94,
juris, – Ortsdurchfahrtenrichtlinie –), wonach die besonderen Verhältnisse der
Ortsdurchfahrten mit geteilter Baulast es in der Regel nicht zulassen, dass der Bund
oder die Gemeinde in ihrem eigenen Aufgabenbereich bauen, ohne zugleich auch
Aufgaben zu berühren, die für den anderen Baulastträger von Bedeutung sind.
Diese gemeinschaftlichen Maßnahmen sind daher im Wesentlichen im Wege
gegenseitiger    Kostenbeteiligung        zu       lösen,     Ziffer   11     (1)   S.     3
Ortsdurchfahrtenrichtlinie.

Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei dem Beschluss vom 11. Dezember 2014
nicht lediglich um eine unverbindliche, politische Erklärung. Vielmehr sollte
hierdurch im Verhältnis zum LBM erkennbar die bindende Grundlage zum
gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 und damit eine Planungsgrundlage für den
LBM geschaffen werden. Zugleich stand hiermit auf Seiten der Ortsgemeinde
Kordel fest, dass sie im Zuge eines gemeinschaftlichen Ausbaus mit dem LBM die
seitens der Ortsgemeinde erforderlichen weiteren Maßnahmen zur Sanierung der
Bordsteinanlage der B 422 realisieren würde. Hintergrund dieser Entscheidung war
ausweislich des Gemeinderatsprotokolls vom 11. Dezember 2014, dass die im
Vorfeld    am     16.      April   2014        vom      Gemeinderat          beschlossenen
Sanierungsmaßnahmen an der Bordsteinanlage der B 422 mit Blick auf den
vorhandenen Sanierungsbedarf nur eine temporäre Lösung darstellten. Insoweit
wollte der Beklagte erkennbar die Gelegenheit nutzen, im Zuge der vom Bunde
- 13 -

ohnehin geplanten Baumaßnahmen die übrigen, seitens der Ortsgemeinde Kordel
notwendigen Maßnahmen zu realisieren.

Hiervon ausgehend wäre die Ortsgemeinde Kordel im Falle eines erfolgreichen
Bürgerentscheids, d. h. bei Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Mai
2017 verpflichtet, alternative Lösungswege zu entwickeln, um den grundsätzlich
beschlossenen gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 mit dem LBM zu realisieren.
Hierbei wäre sie nach § 17 a Abs. 8 GemO an den Bürgerentscheid gebunden, ohne
dass sie überhaupt erkennen könnte, in welchem Ausmaß der Vertreter und die
Unterzeichner des Bürgerbegehrens eine Beteiligung der Ortsgemeinde am Ausbau
der B 422 sowie die Durchführung von Baumaßnahmen an den in der Baulast der
Ortsgemeinde stehenden Bürgersteigen billigen würden. So wäre z. B. völlig offen,
ob eine Fahrbahnverengung geringeren Ausmaßes, eine verminderte Anzahl an
Parkplätzen und eine weniger pflegeintensive Gestaltung der Grünflächen dem
Willen des Vertreters und der Unterzeichner des Bürgerbegehrens entsprächen
oder letztlich im Widerspruch zu dem Bürgerentscheid stünden. Ebenso wenig wäre
erkennbar, wie hinsichtlich der Sanierung der Bordsteinanlage verfahren werden
sollte. Obschon es sich bei der B 422 anders als in dem der Entscheidung des OVG
(OVG RP, Beschluss vom 3. März 2017 – 10 D 10454/17 –, juris)
zugrundeliegenden Fall nicht um eine Gemeinde-, sondern eine Bundesstraße
handelt, machen diese Erwägungen deutlich, dass im Falle eines erfolgreichen
Bürgerentscheids eine vergleichbare Unsicherheit hinsichtlich der weiteren
Verfahrensweise einträte.

Eine derartige Situation läuft dem Zweck eines Bürgerbegehrens, welches im
Gegensatz zum Einwohnerantrag (§ 17 GemO) nicht lediglich die Befassung des
Gemeinderates mit der streitgegenständlichen Angelegenheit, sondern gemäß § 17
a Abs. 8 S. 1 GemO eine verbindliche Entscheidung herbeiführen soll, zuwider.
Insbesondere die Anordnung einer Gültigkeit der Entscheidung über einen Zeitraum
von drei Jahren (§ 17 a Abs. 8 S. 3 GemO) verdeutlicht, dass Sinn und Zweck eines
Bürgerbegehrens die Herbeiführung von Rechtsklarheit sowie die Befriedung von
zwischen Bürgern und Gemeinderat entstandenen Unstimmigkeiten ist. Dieses Ziel
kann jedoch nicht erreicht werden, wenn durch Bürgerbegehren wie dem
vorliegenden die Durchführung einer konkreten, im Einzelnen ausgearbeiteten
Planung verhindert würde, ohne dass zugleich konstruktiv dargelegt wird, wie
stattdessen verfahren werden soll.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

IV. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 709
Zivilprozessordnung.

V. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124 a VwGO).
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                                  Rechtsmittelbelehrung

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung
der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen. Dabei
müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige nach Maßgabe des § 67
VwGO vertretungsbefugte Person oder Organisation vertreten lassen.

Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Trier, Egbertstraße 20a, 54295 Trier, schriftlich
oder nach Maßgabe des § 55a VwGO als elektronisches Dokument zu stellen. Er muss das
angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus
denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem
Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz,
Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, schriftlich oder nach Maßgabe des § 55a VwGO als
elektronisches Dokument einzureichen.

Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
   Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
   Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
   beruht oder

5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend
   gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

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