Vier Jahre Präventions-gesetz - Knappschaft-Bahn-See
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129. Jahrgang · März I April 2019 Vier Jahre Präventions- gesetz KUNDENBEFRAGUNG IN DER RENTENVERSICHERUNG WAS MAN ÜBER MINIJOBS WISSEN MUSS NEUE GERINGFÜGIGKEITSRICHTLINIEN 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 1 03.04.19 14:21
blickpunkt blickpunkt Vier Jahre Präventionsgesetz Wie sind Gesundheitsförderung und Prävention umgesetzt 3 und bei den Menschen angekommen? Ergebnisse der Kundenbefragung in der 14 Deutschen Rentenversicherung fokus knappschaft-bahn-see Was man über Minijobs wissen muss – 21 Daten und Fakten 2018 Neue Geringfügigkeits-Richtlinien verabschiedet 25 Eine Zusammenfassung der Änderungen Der Sozialgerichtsprozess – Grundzüge des 33 sozialgerichtlichen Verfahrens berichte und informationen Sozialkompass Europa 38 Soziale Sicherheit in Europa im Vergleich Veränderungen in den Organen der 39 Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 71. Nachtrag zur Satzung der 39 Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 72. Nachtrag zur Satzung der 40 Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 73. Nachtrag zur Satzung der 41 Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 43 Personalnachrichten 43 Impressum Titelbild: Mit dem Präventionsgesetz soll die Gesundheitsförderung und Präven- tion in den Lebenswelten der Menschen – Kindergarten, Schule, Betrieb oder Pflegeeinrichtung – gestärkt werden. Foto: ©A-Digit - gettyimages.de Amtliches Mitteilungsblatt der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 2 03.04.19 14:21
Blickpunkt ©A-Digit - gettyimages.de Claus Bockermann Vier Jahre Präventionsgesetz Wie sind Gesundheitsförderung und Prävention umgesetzt und bei den Menschen angekommen? Gesundheitsidentifikation und bewusster Umgang mit den eigenen Gesundheitspotenzialen, möglichst für jedermann und in allen Lebenssituationen – unter anderem damit tritt das Präventionsge- setz aus dem Sommer 2015 an. Doch wie steht es 2019, vier Jahre später, um den Transfer der gesetzlichen Vorschriften in den Lebens- und Gesundheitsalltag der Menschen? Sind anwendbare Maßnahmen entstan- den, lassen sich erste Erfolge beschreiben? Bei Eingabe des Stichwortes „Umset- Primärprävention der gesetzlichen gesundheitsförderlichen Lebensumfel- zung Präventionsgesetz“ bei be- Krankenversicherung (GKV). Insofern des. Sie tragen dazu bei, dass gerade kannten Suchmaschinen im Internet finden sich keine Ausführungen zum lebensstilbedingte Krankheiten gar erscheinen Treffer, die sich zum Teil Impfschutz sowie zur Früherkennung, nicht erst entstehen oder in ihrem so lesen: „Gesetz ohne Wirkung“, Selbsthilfe und Pflegeversicherung. Verlauf positiv beeinflusst werden, die „Umsetzung hakt in den Details“ Menschen gesund aufwachsen und oder „Präventionsgesetz kommt nur gesund älter werden und ihre Lebens- mühsam voran“. Dies sind nur einige 1. Das Präventionsgesetz1 qualität steigt.“2 Beispiele, die jedoch einen durchaus 1.1 Ziele und Erwartungen ernüchternden Eindruck vermitteln. „Gesundheit ist die Grundlage für Das ist der Auftakt der Zielsetzung des Doch entspricht dieser Eindruck der die Entfaltungsmöglichkeiten jeder Präventionsgesetzes und begründet Realität? einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen dessen Notwendigkeit. Die Allgemein- Bürgers und ist Voraussetzung für die gültigkeit dieses Präludiums ist quasi Ohne einen Anspruch auf Vollständig- Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens. zeitlos und dürfte daher sowohl zum keit zu haben, stellt der nachfolgende In einer Gesellschaft des längeren Inkrafttreten des Gesetzes als auch Artikel in seinem Verlauf dar, mit Lebens sind gezielte Gesundheits- davor und aktuell unbestritten sein. welchen Zielen und Erwartungen der förderung und Prävention in jedem Aber warum dann ein Präventions- Gesetzgeber mit dem Präventions Lebensalter von entscheidender gesetz? Viele Akteure, vorneweg die gesetz angetreten ist und wie die Bedeutung. Gesundheitsfördernde und gesetzlichen Krankenkassen, haben Umsetzung erfolgte. Die Inhalte bezie- primärpräventive Maßnahmen richten seit Beginn des Jahrtausends im Feld hen sich hierbei auf die nichtärztliche sich an das Verhalten des Einzelnen der Gesundheitsförderung und Präven- verhaltens- und verhältnisbezogene ebenso wie an die Gestaltung eines tion bereits erhebliche Anstrengungen 3-4 2019 Kompass I 3 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 3 03.04.19 14:21
blickpunkt Abb. 1: Ausgaben für Prävention in den Jahren 2012 bis 2015 (in Euro je Versicherten) 2012 2,35 0,40 0,66 2013 2,61 0,42 0,78 2014 2,75 0,45 0,96 2015 2,87 0,54 1,08 Primäre Prävention Außerbetriebliche Gesundheitsförderung Betriebliche Gesundheitsförderung Quelle: KNAPPSCHAFT, auf Grundlage der Präventionsberichte des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) unternommen. Trotzdem war die Erwartungshaltung: Einerseits steht fest und verständigen sich auf ein politische Auffassung, dass nicht weit- er als Doktrin über allem Tun und gemeinsames Vorgehen. reichend genug diejenigen Menschen Handeln, andererseits findet er sich erreicht werden, die den größten ge- immer wieder zwischen den Zeilen und N ationale Präventionsstrategie. sundheitlichen Nutzen von Leistungen durchzieht so wie ein roter Faden die Die Sozialversicherungsträger ver- zur Prävention hätten. Mit dem Gesetz Umsetzung. ständigen sich mit den Ländern und soll daher die Gesundheitsförderung unter Beteiligung der BA und den und Prävention in den Lebenswelten 1.2 Neue Strukturen kommunalen Spitzenverbänden auf der Menschen – Kindergarten, Schule, Um diese grundsätzliche Intention zu die konkrete Art der Zusammenar- Betrieb oder Pflegeeinrichtung – erreichen, beschreibt das Präventions- beit bei der Gesundheitsförderung gestärkt werden. Unabhängig vom gesetz einige strukturelle Neuerungen. (Nationale Präventionsstrategie). sozialen Status der sich dort Aufhal- Leitgedanke ist daher die Schaffung Kommunen, Kindertagesstätten tenden wird so ein niedrigschwelliger einer verlässlichen und operationali- (Kitas), Schulen, Betriebe und Pfle- und breiter Zugang zu gesundheits- sierten Zusammenarbeit der Sozialver- geeinrichtungen stehen hierbei im förderlichen Angeboten ermöglicht. sicherungsträger unter Einbeziehung Fokus.3 der verantwortlich Handelnden in Gesunde Lebensbedingungen zu Bund, Ländern und Kommunen. Diese 1.3 Ausgaben bis 2015 erhalten, sie zu erweitern oder auch Struktur stellt sich wie folgt dar: Das festgelegte Zielebündel fokussiert neu zu erschaffen und dabei die in und prägt das letztlich zu erreichen ihren individuellen sozialen Räumen Stärkung der Zusammenarbeit Gewünschte. Denn so hehr und lebenden Menschen abzuholen, mitzu- der Akteure in der Prävention und ausgerichtet am Wohlbefinden des nehmen und langfristig für Gesund- Gesundheitsförderung. Menschen die Ziele auch sind, sind sie heit zu begeistern: Das ist sicherlich Nicht nur wie bisher die gesetz- mitunter auch abstrakt. Sie bemessen der wesentliche, am humanitären liche Krankenversicherung, auch sich, gerade auch weil Beitragsgelder Gedanken ausgerichtete Zielekanon die gesetzliche Renten-, Unfall-, der Sozialversicherung im Spiel sind, des Präventionsgesetzes. Wie auch und Pflegeversicherung sowie die letztlich an definierten und konkreten schon vor Juli 2015 geht es dabei aber private Krankenversicherung werden Kennzahlen. Ziel erreicht weil Kenn- nicht um die dauerhafte Versorgung durch ausdrückliche Nennung zahl gesteigert? So viel vorab: Die Prä- des Individuums mit Präventionsleis eingebunden. In einer Nationalen ventionsausgaben sahen schon 2015 tungen, sondern um die Förderung Präventionskonferenz (NPK) legen im Ursprung des Präventionsgesetzes gesundheitlicher Eigenverantwortung die Sozialversicherungsträger unter vorzeigbar aus (vgl. Abb. 1). Denn und Strukturen mit dem Bestreben die Beteiligung insbesondere von Bund, auch vor Inkrafttreten des Gesetzes Eigenkompetenz zu erkennen und zu Ländern, Kommunen, der Bundes förderten die Krankenkassen Maßnah- stärken. Der genannte Zielekanon ist agentur für Arbeit (BA) und der men zur Gesundheitsförderung und gleichzeitig die gesundheitspolitische Sozialpartner gemeinsame Ziele Prävention in erheblichem Umfang 4 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 4 03.04.19 14:21
Abb. 2: Mindest-Förderungsbeträge für das Jahr 2016 Mindestbetrag Mindestbetrag Orientierungswert zur Stärkung der zur Stärkung der Mindestbetrag für Ausgaben der Betrieblichen Gesundheitsförderung für Präventionsausgaben individuellen Prävention Quelle: KNAPPSCHAFT Gesundheitsförderung in Lebenswelten 7,00 Euro 3,00 Euro 2,00 Euro 2,00 Euro je Versicherten je Versicherten je Versicherten je Versicherten und mit jährlichen Steigerungsraten. den. Sofern die Ausgaben einzelner bessere Versorgung der Menschen mit Sie boten und bieten ihren Versicher- Krankenkassen diesen Mindestbetrag Primärprävention durch intensivere ak- ten zahlreiche Leistungen zur primären nicht erreichen, kommen die nicht teursübergreifende Zusammenarbeit. Prävention an und unterstützen die verausgabten Mittel der Arbeit in den Notwendig dafür war eine angepasste betriebliche sowie außerbetriebliche regionalen BGF-Koordinierungsstellen Infrastruktur hinsichtlich der Gremien Gesundheitsförderung. Das Ausgabe- zugute. Auch für Leistungen zur Ge- und Zuständigkeiten. volumen dafür betrug 317 Mio. Euro sundheitsförderung und Prävention in im Jahr 2015 bei fast 5,5 Mio. direkt Lebenswelten wird ein Mindestbetrag War es bis Mitte 2015 vor allem die erreichter Menschen4. Die Kranken- von jährlich zwei Euro je Versicherten GKV, die sich als Sozialversiche- kassen investierten mit 4,49 Euro eingeführt (vgl. Abb. 2).5 rungszweig um die Prävention und je Versicherten deutlich mehr in die Gesundheitsförderung in Deutschland primäre Prävention als den für das Jahr Jährlich mehr als 500 Mio. Euro mit inhaltlich und vor allem finanziell ver- 2015 gesetzlich verankerten Orientie- definierten Ausgabensteigerungen, dient gemacht hat, ergibt sich mit der rungswert in Höhe von 3,17 Euro. basierend auf der Veränderung der neu eingeführten NPK ein erweitertes jährlichen Bezugsgröße, sollen die Trägerbündnis. Aktuelle Träger der NPK, 1.4 Mehr Geld, mehr Förderung? Kranken- und Pflegekassen so für die einen Sitz im Gremium haben, sind Die in dieser Höhe eingebrachten Be- Gesundheitsförderung und Präven- die gesetzlichen und privaten Sozial- träge werden jedoch vom Gesetzgeber tion investieren. Gemäß nationaler versicherungen vertreten durch ihre als nicht ausreichend für die mit dem Präventionsstrategie liegt dabei der Spitzenorganisationen (vgl. Abb. 3). Die Präventionsgesetz verfolgten Ziele Schwerpunkt auf der Gesundheitsför- dargestellte Gremienlandschaft wird in erachtet. Der Richtwert für Ausgaben derung in Settings6 wie Kitas, Schulen, ihren Zuständigkeiten, Aufgabenstel- der Krankenkassen für die Leistungen Kommunen, Betrieben und Pflegeein- lungen und dem Erreichten bezie- zur Primärprävention, zur Betrieb- richtungen mit insgesamt mindestens hungsweise Umgesetzten nachfolgend lichen Gesundheitsförderung (BGF) rund 300 Mio. Euro jährlich. näher beleuchtet. und zur Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren wird auf jährlich 2.2 Nationale Präventionsstrategie sieben Euro je Versicherten erhöht. Die 2. Organisation Aufgabe der NPK ist es, in engem Zu- scheinbar einfache Rechnung: mehr auf Bundesebene sammenwirken der Träger die nationa- Geld, mehr Gesundheitsförderung. 2.1 Angepasste Infrastruktur le Präventionsstrategie zu entwickeln Zur Stärkung der Gesundheit der Auf Bundesebene definieren die beiden und sie fortzuschreiben. Die Strategie Beschäftigten werden die Krankenkas- strukturellen Neuerungen NPK und Na- umfasst insbesondere: sen verpflichtet, einen Mindestbetrag tionale Präventionsstrategie zu einem von jährlich zwei Euro je Versicherten großen Teil auch bereits die metho- für Leistungen zur BGF aufzuwen- dische Umsetzung, beispielweise die 3-4 2019 Kompass I 5 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 5 03.04.19 14:21
blickpunkt Vereinbarung von bundesein- Fünftes Buch Sozialgesetzbuch Die Orientierung an Lebensphasen mit heitlichen, trägerübergreifenden (SGB V) anregen. ihrer lebensweltbezogenen Präventi- Rahmenempfehlungen (Bundesrah- on zielt darauf ab, grundsätzlich alle menempfehlungen) zur Gesund- Das Präventionsgesetz sieht eine Menschen an ihren jeweiligen Orten heitsförderung und Prävention in Le- Geschäftsstelle der NPK vor. Die des Lebens, Lernens und Arbeitens zu benswelten einschließlich Betrieben. Geschäftsstelle unterstützt die Mit- erreichen. Zusätzlich zu den Zielen und glieder der NPK bei der Entwicklung Zielgruppen beschreiben die Bundes- Alle vier Jahre (erstmalig zum und Fortschreibung der nationalen rahmenempfehlungen die konkreten 1. Juli 2019): Erstellung eines träger- Präventionsstrategie.7 Die Geschäfts- Handlungsfelder und das Leistungs- übergreifenden Berichts über die stelle ist bei der Bundeszentrale für spektrum. Ebenfalls enthalten sind die Abb. 3: Nationale Präventionsstrategie (§ 20d SGB V) Präventions stimmberechtigt: forum Die Nationale Präventionskonferenz - NPK-Träger einmal Die Träger der Nationalen Präventionskonferenz (NPK): - PKV-Verband* berät Mitglieder (seit Februar 2017) jährlich - GKV-Spitzenverband beratend: durchgeführt -D eutsche Gesetzliche Unfallversicherung Spitzenverband - Bund von der Bundes - S ozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau - Länder vereinigung - Deutsche Rentenversicherung Bund - Kommunale Prävention und Spitzenverbände Gesundheits - Bundesagentur für Arbeit förderung e. V. - Sozialpartner entwickelt, schreibt fort - Patientenvertretung (BVPG) - B VPG als Vertreterin des Präventionsforum Nationale Präventionsstrategie umfasst unterstützt Geschäftsstelle der NPK bei Bundesrahmen- Präventionsbericht der Bundeszentrale für empfehlungen gesundheitliche Aufklärung zu berücksichtigen in *Verband der Privaten Krankenver- Landesrahmenvereinbarungen sicherung; stimmberechtigte Mit- Quelle: GKV-Spitzenverband wirkung im Fall einer angemesse- nen finanziellen Beteiligung der Unternehmen, die die Pflege- Gesetzliche Kranken-, Pflichtversicherung durchführen, schließen Zuständige Stellen an Programmen und Projekten im Unfall-, Renten- und in den Ländern Sinne der Bundesrahmenempfeh- Pflegeversicherung lungen (vgl. § 20e Abs. 1 SGB V) Entwicklung der Gesundheitsförde- gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Beiträge der Sozialversicherungsträger rung und Prävention mit Angaben angesiedelt. und die weiterer Organisationen. Die zu den Ausgaben für die Leistungen Empfehlungen bilden den Orien- der Mitgliedsorganisationen der 2.2.1 Bundesrahmenempfehlungen tierungsrahmen zur Sicherung und Träger der NPK, den Zugangswe- Am 19. Februar 2016 wurden die Bun- Weiterentwicklung der Qualität von gen, den erreichten Personen, den desrahmenempfehlungen8 erstmals Gesundheitsförderung und Prävention. erreichten gemeinsamen Zielen und verabschiedet. Sie sind das erste Auch manifestieren sie die Zusam- Zielgruppen, den Erfahrungen mit fixierte und wahrnehmbare Statement, menarbeit der für die Erbringung von der Qualitätssicherung und der Zu- das schriftliche Bekenntnis einer Leistungen zuständigen Träger und sammenarbeit sowie zu möglichen trägerübergreifenden Kooperation. Die Stellen unter Beachtung der Ziele. Schlussfolgerungen. Rahmenempfehlungen definieren als gemeinsame Ziele „gesund aufwach- Die Rahmenempfehlungen werden von Die NPK kann zudem Modellvor- sen“, „gesund leben und arbeiten“ der NPK fortlaufend weiterentwickelt. haben nach Maßgabe des § 20g sowie „gesund im Alter“. Die fortgeschriebene Fassung vom 29. August 2018 wurde am 24. Sep- tember 2018 beim Präventionsforum 6 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 6 03.04.19 14:21
in Dresden vorgestellt. Insbesondere 2.2.2 Präventionsbericht Erstes Präventionsforum im die Ausführungen zum Ziel „Gesund Um den trägerübergreifenden Bericht September 2016 leben und arbeiten“ und damit zur über die Entwicklung der Gesundheits- Im Mittelpunkt standen insbesonde- arbeitsweltbezogenen Prävention, Ge- förderung und Prävention in den Jahren re Kooperations- und Vernetzungs- sundheits-, Sicherheits- und Teilhabe- 2015 bis 2018 zu erstellen, haben die möglichkeiten zur Umsetzung der förderung nehmen einen großen Raum stimmberechtigten NPK-Mitglieder ein im Februar 2016 verabschiedeten ein. Kranken- als auch Renten- und unabhängiges Forschungsinstitut be- Bundesrahmenempfehlungen zur Unfallversicherungsträger haben hier auftragt. Auf Basis mehrerer Konzepte Gesundheitsförderung und Präven- gleichermaßen einen Unterstützungs- sollte ein Eckpunktepapier entwickelt tion in Lebenswelten und Betrieben. auftrag. und in diesem insbesondere Vorschlä- Die Ergebnisse aus dem Forum ge für die methodische Umsetzung wurden in die NPK transferiert. Weiterhin sind in den erneuerten der für den Bericht vorgesehenen Empfehlungen die möglichen Beiträ- Abfragen und Erhebungen aufgezeigt Zweites Präventionsforum ge der Sozialversicherungsträger zur werden. Darunter fallen beispielsweise im Oktober 2017 betrieblichen Gesundheitsförderung, Abfragen zum Umsetzungsstand der Es ging schwerpunktmäßig um die zum betrieblichen Eingliederungsma- Bundesrahmenempfehlungen und Fragen, ob kommunale Prävention nagement sowie zu den betrieblichen Landesrahmenvereinbarungen sowie bereits wirkt und wie Gesundheits- Aufgaben der Gefährdungsbeurtei- zu den von den beteiligten Akteuren förderung gestärkt werden kann; lung aufgabenbezogen dargestellt. gesammelten Erfahrungen mit der zusätzlich wurde auch die Arbeits- Zugangswege für Betriebe werden Zusammenarbeit. welt im Rahmen zweier Workshops ausführlich beschrieben, zum Beispiel in den Blick genommen. Übergeord- über die neugeschaffenen regionalen Nach Vorlage des Eckpunktepapiers netes Ziel der Veranstaltung war es, Koordinierungsstellen der GKV, den wurde seitens der NPK-Mitglieder be- Weiterentwicklungsmöglichkeiten Firmenservice der Deutschen Ren- schlossen, wie die berichtsrelevanten für die Bundesrahmenempfehlungen tenversicherung oder die regionalen Informationen zu ermitteln sind. Die der NPK ab 2018 zu identifizieren. Präventionsdienste der Unfallversiche- gesetzliche Kranken- und Pflegeversi- rungsträger. cherung, die gesetzliche Unfall- und Drittes Präventionsforum Rentenversicherung und die private im September 2018 Ein Erfolg wird der lebens- und Krankenversicherung sind aufgefordert, Die Teilnehmer gingen der übergrei- arbeitsweltbezogenen Prävention, die erforderlichen Auskünfte gegen- fenden Frage nach, wie ein koordi- Gesundheits-, Sicherheits- und Teilha- über dem Institut zu erteilen.9 Die niertes und abgestimmtes Zusam- beförderung nur dann beschieden sein, beratenden Mitglieder der NPK (Bund, menwirken zum einen grundlegend und das betonen die neuen Rahmen- Länder, Kommunen, BA, Sozialpartner, und zum anderen im Hinblick auf empfehlungen noch intensiver, wenn Vertretungen der Patienten, Präventi- die gemeinsamen Ziele der NPK und die jeweiligen Verantwortlichen und onsforum/Bundesvereinigung Präven- der Nationalen Arbeitsschutzkonfe- die adressierten Zielgruppen sie zu tion und Gesundheitsförderung e. V.) renz (NAK) erreicht werden kann. Der ihrer eigenen Sache machen und ein und/oder die durch sie vertretenen Fokus lag auf der Prävention und Ge- gesamtgesellschaftliches Vorgehen Organisationen sind auf freiwilliger sundheitsförderung in der Arbeits- praktiziert wird. Basis eingeladen, Auskünfte zu geben. welt. Daneben wurden in Workshops auch die Ziele „Gesund aufwachsen“ Die Überarbeitung in dem relativ Das Erscheinen des Berichts ist für den und „Gesund im Alter“ berücksich- kurzen Zeitintervall zeigt, dass sich die 1. Juli 2019 vorgesehen. tigt. Wiederum übergeordnetes Ziel NPK den gemachten Erfahrungen mit war es, Weiterentwicklungsmöglich- der Umsetzung der ersten Bundesrah- 2.3 Präventionsforum keiten für die Bundesrahmenemp- menempfehlungen von 2016 und den Ein Präventionsforum, welches einmal fehlungen abzuleiten. Veränderungen in der Gesundheits- im Jahr zusammenkommt, berät die landschaft aktiv stellt. Zum Beispiel NPK. Es setzt sich aus Vertretern der Alle Foren sind umfangreich doku- konnte erreicht werden, dass der für die Gesundheitsförderung und Prä- mentiert und mit weiteren Infos zur Verband der Privaten Krankenversiche- vention maßgeblichen Organisationen Aufgabe und Arbeitsweise des Präven- rungsunternehmen e. V. durch seinen und Verbänden sowie der stimmbe- tionsforums über die Homepage der Beitritt zur NPK nun auch die Rahmen- rechtigten und beratenden Mitglieder BVPG10 aufrufbar. empfehlungen mitgestaltet und somit der NPK zusammen. Durchgeführt wird den privat Versicherten zugänglich das Forum von der Bundesvereinigung macht. Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG). 3-4 2019 Kompass I 7 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 7 03.04.19 14:21
blickpunkt Abb. 4: Auflistung BZgA-Aufträge Datenbank „Prävention und Gesundheitsförderung im Setting“ • Sicherstellung eines aktuellen Wissenstandes zur Wirksamkeit von Prävention und Gesundheitsförderung im Setting Aufbau eines GKV-Internetportals • Praxisgerechte Informationen für Setting-Verantwortliche und Multiplikatoren über Leistungen der Krankenkassen gemäß Leitfaden Prävention Öffentlichkeitsarbeit • Logo, Corporate Design, Kommunikation der GKV-Leistungen Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC) • Erhalt der Struktur und Ausstattung der Koordinierungsstellen sowie Weiterentwicklung der Arbeit zur Unterstützung der Krankenkasse auf Landesebene Allgemeine Forschung/Anwendungsforschung Interventionskonzepte für vulnerable11 Zielgruppen in der Lebenswelt Kommune • Ältere Menschen • Menschen mit Behinderungen • Menschen mit Migrationshintergrund • Alleinerziehende Gesundheitsförderung bei Arbeitslosen • Weiterentwicklung des Kooperationsprojektes von GKV und BA, zukünftig auch mit kommunalen Grundsicherungsträgern und Arbeitsagenturen Quelle: KNAPPSCHAFT, in Anlehnung an das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes; RS 2016/326 vom 6. Juli 2016 3. Bundeszentrale für der Wirtschaftlichkeit sowie zu den 3.2 Aufträge gesundheitliche Aufklärung für die Durchführung notwendigen Das mit der BZgA eingegangene Durch das Präventionsgesetz ergibt Kosten, vereinbaren der Spitzenver- Auftragsverhältnis steht gleichwohl in sich eine weitere, wesentliche Neue- band Bund der Krankenkassen und die einem juristischen Spannungszustand rung. Es verpflichtet den GKV-Spitzen- Bundeszentrale für gesundheitliche zu seiner dauerhaften Umsetzung. verband „zur Unterstützung der Kran- Aufklärung erstmals bis zum 30. No- Denn unberührt von der seit dem kenkassen bei der Wahrnehmung ihrer vember 2015.“13 1. Juli 2016 in Umsetzung befindli- Aufgaben zur Gesundheitsförderung chen Zusammenarbeit ist eine vom und Prävention in Lebenswelten für in 3.1 Vereinbarung GKV-Spitzenverband initiierte Klage der gesetzlichen Krankenversicherung Bereits im Herbst 2015 hatte der vor dem Landessozialgericht Berlin- Versicherte, insbesondere in Kinderta- GKV-Spitzenverband gemeinsam mit Brandenburg anhängig. Grund dafür geseinrichtungen, in sonstigen Einrich- den Verbänden der Krankenkassen ist die im Sozialgesetzbuch festgelegte tungen der Kinder- und Jugendhilfe, auf Bundesebene einen Vereinba- gesetzliche Verpflichtung, dass der in Schulen sowie in den Lebenswelten rungsentwurf angefertigt und ihn GKV-Spitzenverband jährlich über älterer Menschen und zur Sicherung mit der BZgA weiterentwickelt. Trotz 30 Mio. Euro an die BZgA für Präven- und Weiterentwicklung der Qualität der frühzeitigen Vorbereitung kam es tionsprojekte überweisen muss. Dies der Leistungen … die Bundeszentrale erst im Juni 2016 zur beiderseitigen ist mit grundlegenden, verfassungs- für gesundheitliche Aufklärung ab Unterschrift. Mit der unterzeichneten rechtlichen Zweifeln behaftet, denn dem Jahr 2016 insbesondere mit der Vereinbarung bestand die Vorausset- hier wird per Gesetz vorgegeben, dass Entwicklung der Art und der Qualität zung für eine konkrete Beauftragung Beitragsgelder der Sozialversicherung krankenkassenübergreifender Leistun- sowie für die Verwendung der Mittel an eine nachgeordnete Bundesbehörde gen, deren Implementierung und deren im Sinne des Auftragsverhältnisses. zu zahlen sind. wissenschaftlicher Evaluation“ zu Die Auftragserteilung erfolgt ebenso beauftragen.12 wie die Abnahme von Auftragsergeb- Unabhängig von der anhängigen nissen beziehungsweise Meilensteinen Klage, sie hat keine aufschiebende Dazu heißt es weiter: „Das Nähere über innerhalb von Arbeitsplänen durch die Wirkung, ist das Gesetz auszuführen. die Beauftragung der Bundeszentrale Fachkonferenz Prävention. So wurden ab 1. Juli 2016 die in Abb. 4 für gesundheitliche Aufklärung nach dargestellten Aufträge erteilt. Absatz 3, insbesondere zum Inhalt und Umfang, zur Qualität und zur Prüfung 8 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 8 03.04.19 14:21
3.3 Ergebnisse genbezogenen Gesundheitsförderung 4. Organisation auf Landesebene In der Umsetzung der Aufträge zeigen und Prävention“15. Damit werden die 4.1 Landesrahmenvereinbarungen sich erste Ergebnisse: Bei der bereits aufgelaufenen Mittel für die Stärkung Zur Umsetzung der Präventionsstra- 2016 begonnenen personellen Auf- der soziallagenbezogenen Gesund- tegie unter Berücksichtigung der stockung der Koordinierungsstellen heitsförderung und Prävention in Bundesrahmenempfehlungen und der Gesundheitliche Chancengleichheit den Ländern und Kommunen direkt Ziele der Gemeinsamen Deutschen (KGC) und bei der Umsetzung des nutzbar gemacht. Für die Umset- Arbeitsschutzstrategie sowie unter Projektes „Verzahnung von Arbeits- zung des Förderprogramms wird ein Beachtung gesundheitsbezogener und Gesundheitsförderung“ konnten kriterienbasiertes Verfahren etabliert, Landes- und kommunaler Schwer- Mittel im einstelligen Millionenbereich welches die Anforderungen an die punktsetzungen schließen die Länder verausgabt werden. Mit der Freischal- BZgA-Beauftragung langfristig erfüllt. Rahmenvereinbarungen. Zuständig tung der Internetseite des GKV-Bünd- Das Förderprogramm dient dazu, die hierfür sind jeweils die Krankenkassen nisses ist zudem ein wichtiger Teil der Bundesrahmenempfehlungen auf und -verbände, auch für die Pflege- Öffentlichkeitsarbeit vollzogen. Das Bundes-, Landes- und kommunaler kassen, die Träger der Renten- und GKV-Bündnis für Gesundheit stellt sich Ebene im Verantwortungsbereich Unfallversicherung sowie die zuständi- hier wahrnehmbar als gemeinsame der gesetzlichen Krankenkassen mit gen Stellen in der Landesregierung. Die Initiative der gesetzlichen Krankenkas- verantwortlichen Partnern in außer- Partner erbringen dabei Leistungen der sen dar. Gemeinsames Anliegen ist es, betrieblichen Lebenswelten konkret Gesundheitsförderung und Prävention Gesundheitsförderung und Prävention und praktikabel umzusetzen. Das auf Basis ihrer jeweiligen gesetzlichen in Lebenswelten voranzubringen. Auf im Jahr 2019 gestartete Programm Grundlagen. der Seite finden Fachkräfte aus Kitas, wird zum einen eine Unterstützung Schulen oder kommunalen Lebenswel- beim Aufbau gesundheitsförderlicher In allen Bundesländern wurden ten konkrete Praxishilfen und Infor- Steuerungsstrukturen in den verant- Landesrahmenvereinbarungen (LRV) mationen rund um das Engagement wortlichen Ebenen der Kommunen und unterzeichnet, zuletzt im Juli 2018. Auf der gesetzlichen Krankenkassen für zum anderen zielgruppenspezifische Basis eines einheitlichen Entwurfs der gesunde Lebenswelten. Darüber hinaus Präventions- und Gesundheitsförde- stimmberechtigten NPK-Mitglieder informiert sie über aktuelle Entwick- rungsmaßnahmen bieten. haben die einzelnen Länder unter lungen aus dem GKV-Bündnis für Berücksichtigung der Landesspezifika Gesundheit.14 Im ersten Schritt können antragsbe- ihre jeweilige LRV entwickelt. So steht rechtigte kreisfreie Städte und Kreise zum Beispiel in der Präambel der LRV Im großen Stil konnte die gesetzliche – abhängig von ihrem Deprivations- NRW17: Zielsetzung der Beauftragung jedoch index16 – für den Aufbau gesundheits- bisher nicht erreicht werden, denn förderlicher Steuerungsstrukturen im „Ziel ist es, die nationale Präventions- von den in 2016 und 2017 an die BZgA Rahmen einer degressiven Förderung strategie unter Beachtung gesund- gezahlten Beitragsgeldern in Höhe von von bis zu fünf Jahren Fördergelder der heitsbezogener Landes- und kommu- 64,7 Mio. Euro hat die BZgA lediglich GKV erhalten. Eigenanteile der Kom- naler Schwerpunktsetzungen im Land 8,1 Mio. Euro verausgabt. Unter Einbe- munen sind dabei vorgesehen. Eines Nordrhein-Westfalen umzusetzen. zug aller Mittel und der Fortführung der Programmziele an dieser Stelle ist … Die vorliegende Vereinbarung bietet der bestehenden Aufträge bis Ende die Schaffung von Nachhaltigkeit über den Rahmen sowohl bewährte Ansätze 2018 liegen mehr als 73 Mio. Euro für den Förderzeitraum hinaus. Später und Kooperationen der Prävention und die soziallagenbezogene Gesundheits- sollen durch ein zweites Förderangebot Gesundheitsförderung fortzuführen, förderung ungenutzt auf dem Konto verstärkt vulnerable Zielgruppen in weiterzuentwickeln bzw. auszubauen der BZgA. einem deutlicheren Maße als bisher als auch neue Maßnahmen oder Initia- Profiteur gesundheitsförderlicher und tiven zu vereinbaren und gemeinsam 3.4 Förderprogramm primärpräventiver Interventionen sein. voranzubringen. Dies kann sowohl Um dieser nicht gewollten Verwerfung Dieses Angebot kann von Kommunen landesweit als auch regional begrenzt entgegenzutreten, wurde ein wei- unabhängig von deren Deprivations- entsprechend der jeweiligen Bedarfe terer Auftrag ins Leben gerufen, das grad in Anspruch genommen werden. geschehen. Die Partner stimmen sich „Förderprogramm GKV-Bündnis für Gesundheit zur Stärkung der sozialla- 3-4 2019 Kompass I 9 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 9 03.04.19 14:21
blickpunkt in der trägerübergreifenden Zusam- die Aussage getroffen werden, dass in trags übergreifend auf Bundesebene zu menarbeit bedarfsbezogen ab.“ NRW die Förderung der Lebenswelten klären und auszuführen sind, während in der kommunalen Praxis angekom- das operative Geschäft den Kranken- In dieser und ähnlichen Ausführun- men ist und anfängt, die Menschen kassen respektive ihren Verbänden in gen erklären alle LRV-Beteiligten mit vor Ort zu erreichen. den Bundesländern zu verbleiben hat. der LRV und ihren Maßnahmen einen Gegründet wurde in diesem Zuge die Beitrag zu leisten, die Gesundheit und Das GKV-Bündnis für Gesundheit18 „Kooperationsgemeinschaft zur kas- damit die Lebensqualität der Men- macht das Erreichte und Fortent- senartenübergreifenden Umsetzung schen im jeweiligen Bundesland zu wickelte bereits in Teilen sichtbar. von regionalen BGF-Koordinierungs- verbessern. Das Bündnis ist eine gemeinsame stellen für die Beratung und Unterstüt- Initiative der gesetzlichen Kranken- zung von Unternehmen im Bereich der 4.2 Stand der Umsetzung kassen zur Weiterentwicklung und betrieblichen Gesundheitsförderung“. Im Jahr 2018 weisen die sechzehn LRV Umsetzung von Gesundheitsförderung In dieser Gemeinschaft arbeiten die sehr unterschiedliche Umsetzungs- und Prävention in Lebenswelten. Die Krankenkassen und -verbände auf stände auf. Während das Land Berlin dazu entwickelte Homepage liefert Bundesebene zusammen. Dazu gehö- drei Jahre nach Inkrafttreten des einige landesbezogene Informationen, ren der Verband der Ersatzkassen e. V. Präventionsgesetzes den formalen Un- Schwerpunkte und konkrete Projekte (vdek), der AOK-Bundesverband, der terzeichnungsakt bewerkstelligt hat, der gesetzlichen Krankenkassen in den BKK Dachverband e. V., die Innungs- sind in anderen Bundesländern neue Ländern und greift dort auch die KGC- krankenkassen, die KNAPPSCHAFT und Programme und Maßnahmen aus der Kooperationen und die Zusammenar- die Sozialversicherung für Landwirt- Taufe gehoben worden beziehungs- beit mit Jobcentern und Agenturen für schaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) weise hat man alle Partner der LRV in Arbeit auf. unter der Federführung des BKK bestehende Projekte einbezogen, um Dachverband e. V. so trägerübergreifend zu agieren und aufzutreten. 5. Regionale 5.1 Beratung online anfordern BGF-Koordinierungsstellen Ergebnis der gemeinschaftlichen Es gibt dabei (noch) nicht die eine de- Der Gesetzgeber hat, um insbesondere Umsetzung ist ein internetbasiertes tailliertere Übersicht über alle aus den mehr kleine und mittelständische Un- Informations- und Beratungsportal einzelnen LRV resultierenden Program- ternehmen (KMU) zu Nutznießern von (vgl. Abb. 5). Über diese Plattform me, Ergebnisse und Erfolge. Eine solche Leistungen der Gesundheitsförderung können alle interessierten Firmen das liefert der erste NPK-Präventionsbe- zu machen, neben der Erhöhung des Fachwissen und die BGF-Kompetenzen richt. Im Stile eines föderalen Aufbaus versichertenbezogenen Mindestausga- der beteiligten Krankenkassensysteme berichten die LRV-Verantwortlichen der bewertes den Zugangsweg in den Blick landesbezogen abrufen. Bundesländer unabhängig vonein- genommen. Im Fokus stehen die ge- ander und in individueller Art über nannten Unternehmen, weil 99 Prozent KMU und Kleinstunternehmen, die erfolgreich initiierte Maßnahmen und der Betriebe KMU sind und dort 60 Pro- bisher nicht wussten, an wen sie sich Projekte. zent der Beschäftigten Deutschlands bei Fragen zu Gesundheitsförderungs- arbeitet. Zum Gelingen eines mög- leistungen wenden sollen, ist somit Die Umsetzung der LRV NRW beispiels- lichst unbürokratischen und niedrig- der gewünschte niedrigschwellige Weg weise erfolgt gemeinsam mit dem Lan- schwelligen Leistungszugangs sind die geebnet. Der Zugang zum Portal ist deszentrum für Gesundheit in Bochum Krankenkassen per Gesetz verpflichtet, denkbar einfach: und der dort ansässigen KGC. Über Betrieben über „gemeinsame regionale diese Kooperation wurde ein Antrags- Koordinierungsstellen“ Beratung und Auf bgf-koordinierungsstellen.de verfahren zur Förderung von Projekten Unterstützung anzubieten.19 die Postleitzahl eingeben. in Lebenswelten nach § 20a SGB V Dort den kurzen Fragebogen ausfül- durch die Krankenkassen/-verbände in Die Krankenkassen und -verbände ha- len, um das Anliegen zu erfassen, NRW entwickelt. Über dieses Verfahren ben den Auftrag unter Beachtung der und absenden. wurden bisher mehr als 80 Anträge be- föderalistischen Ausprägung Deutsch- Innerhalb von zwei Werktagen arbeitet und viele davon konkretisiert lands gemeinsam umgesetzt. Konsens meldet sich ein Präventionsexperte an den Start gebracht. Insofern kann ist, dass bestimmte Elemente des Auf- der angebundenen Krankenkassen. 10 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 10 03.04.19 14:21
Abb. 5: Beratungsportal der BGF-Koordinierungsstelle Dieser stimmt mit dem Betriebsver- antwortlichen des Unternehmens einen Beratungstermin ab, führt eine auf den Bedarf abgestimmte Beratung durch und dokumentiert sie fallbezogen. Über den vorbeschriebenen Weg wird faktisch eine Krankenkasse per Algo- rithmus ausgewählt. Die Beratung ist absolut neutral. Weiterhin haben die Unternehmen selbstverständlich die Möglichkeit, direkt eine ihr bekann- te Krankenkasse anzusprechen, um individuelle Beratungs- und Unterstüt- zungsleistungen zur BGF zu erhalten. Im Mai 2017 an den Start gegangen, wurden über das Portal viele Hundert Beratungsgespräche anberaumt und sicherzustellen.20 Dafür stellen die weitergehende und spezifische Fragen. durchgeführt. Neben der Möglich- Krankenkassen Mittel zur Verfügung. Für eine vertiefende und adressatenge- keit, sich über das Portal direkt oder rechtere Beratung zu den Inhalten und indirekt eine Beratung einzuholen, Mit dem aufgrund des Pflegepersonal- zum Nutzen von BGF ist die Entwick- bietet es zahlreiche Vorab- und Begleit- Stärkungsgesetzes veränderten § 20b lung neuer Formate notwendig. Diesen informationen zur BGF: Arbeitgebern SGB V, sind die Verbände der Pflege- Anforderungen stellen sich die BGF- werden Nutzen und Vorteile von BGF, branche explizit in die Zusammenar- Koordinierungsstellen. der Prozess der Gesundheitsförderung, beit einzubinden. der Weg von der BGF hin zu einem ganzheitlichen betrieblichen Gesund- 5.3 Weiterentwicklung der Beratung 6. Umsetzung bei der heitsmanagement (BGM) und die Neben dem Portal steuern die Länder KNAPPSCHAFT Handlungsfelder der unterstützenden über die BGF-Koordinierungsstellen Seit Sommer 2015 sind die auf Basis BGF-Maßnahmen dargestellt. weitere Aktivitäten. Im Fokus steht des Präventionsgesetzes geänderten dabei die Durchführung von Veranstal- Vorgaben in den §§ 20 ff SGB V in Ver- 5.2 Netzwerke fördern tungen. Hierbei kommen in der Regel bindung mit dem Leitfaden Prävention Die BGF-Koordinierungsstellen beraten Verantwortliche aus den Betrieben die maßgebliche Richtschnur für die nicht nur, sondern fungieren in den und überbetriebliche Multiplikato- KNAPPSCHAFT, Leistungen der primä- Bundesländern auch als regionale ren zusammen, um die Arbeit der ren Prävention und Gesundheitsförde- Netzwerkförderer. Um die Angebo- BGF-Koordinierungsstellen und die rung umzusetzen. Dies geschieht zum te zielgenau auszurichten und den Möglichkeiten betrieblicher Gesund- einen in Form der bereits erläuterten Bekanntheitsgrad der BGF-Koordinie- heitsförderung kennenzulernen sowie gesundheitspolitischen Gremienarbeit rungsstellen zu steigern, kooperieren sich auszutauschen. Die Formate der auf allen Ebenen, zum anderen in der die Krankenkassen mit den Vertretun- Veranstaltungen sind dabei höchst un- Erbringung konkreter, präventiv wir- gen der Arbeitgeber (z.B. Industrie- und terschiedlich. Neben Podiumsdiskus- kender Leistungen. Die KNAPPSCHAFT Handelskammern, Handwerkskam- sionen werden auch der Austausch mit erfüllt den gesetzlichen Auftrag der mern sowie Arbeitgeberverbänden), dem Plenum, Vorträge und Workshops Umsetzung gesundheitsförderlicher der Renten- und Unfallversicherung angeboten. Setting-Leistungen nicht nur finanziell und weiteren Partnern. Gemeinsam ist vollumfänglich, sondern auch auf der man bestrebt, einen einfachen Zugang Die Beratungspraxis zeigt die oft- inhaltlich-operativen Ebene in vielfälti- zu BGF-Maßnahmen für Unternehmen mals nicht ausreichende Wirkung der ger Art und Weise. Erstberatungen. Unternehmen haben 3-4 2019 Kompass I 11 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 11 03.04.19 14:21
blickpunkt 6.1 Lebenswelt „Schule“ sten Setting-Projekten in den Regionen dorf und in weiteren Netzwerken mit. In den außerbetrieblichen Lebenswel- und einzelnen Bundesländern wie Gemeinsam mit den Netzwerkpartnern ten engagiert sich die KNAPPSCHAFT beispielsweise werden Unternehmen und Beschäftig- mit eigenen Präventionsprojekten „Gesundheitslotsen für Migran- te in den verschiedenen Branchen dazu insbesondere in Schulen. Die Maßnah- tinnen und Migranten der Landes- befähigt, die Herausforderungen eines men werden qualitativ hochwertig mit hauptstadt, Stuttgart“, gesunden und gleichzeitig erfolgrei- verschiedenen Kooperationspartnern „Gesundheitsförderung in Quartie- chen Arbeitens zu bewältigen. umgesetzt. Im Präventionsprojekt ren der Sozialen Stadt, Berlin“, „Sterneküche macht Schule“ beispiels- „Hannoversches Präventionsprojekt Ein Aushängeschild von gelebter Zu- weise verbessert die KNAPPSCHAFT für Kinder psychisch kranker Eltern“ sammenarbeit stellt die Kooperation gemeinsam mit dem Sternekoch oder von Firmenservice der Deutschen Ren- Stefan Marquard deutschlandweit die „Bildung und Gesundheit“ in NRW tenversicherung Knappschaft-Bahn- Schulverpflegung. Der Profikoch schult sowie auf Bundesebene zum Beispiel See (KBS) und der KNAPPSCHAFT dar. die Küchenteams der Schulen und gibt die Projekte Sie ist möglich durch das einzigartige Verbesserungsvorschläge für gesunde „Bewusst – Gesund – Aktiv: Gesund- Verbundsystem der KBS. Vor dem Hin- Ernährung an die Verantwortlichen. heitsförderung für Migrant/-innen tergrund des demografischen Wandels im Quartier“, und den stetigen Veränderungen in Im Projekt „wICHtig“ steht die Ver- Spielebox „Aufgetischt“. der Arbeitswelt unterstützen beide mittlung von Gesundheitswissen rund Bereiche des Verbundsystems gemein- um den heranwachsenden Körper im 6.3 Lebenswelt „Arbeit“ sam Betriebe dabei, die Gesundheit Vordergrund. Über ärztliche Informati- Gesundheit im Kontext der Arbeit ist der Mitarbeiter zu stärken und damit ons- und Fragestunden für Jugendliche eine weitere Lebenswelt, in der die deren Beschäftigungsfähigkeit zu und Eltern, durchgeführt vom Verein KNAPPSCHAFT sich engagiert. Bundes- erhalten. Interessierte Firmen erhal- Ärztliche Gesellschaft zur Gesund- weit unterstützt sie zentral und dezen- ten durch diese Kombination sowohl heitsförderung – ÄGGF e. V., werden tral eine Fülle von Betrieben diverser Leistungen zur Rehabilitation als auch Fragen und Unklarheiten zu sexueller Branchen aktiv bei der Umsetzung Maßnahmen zur Gesundheitsförde- Gesundheit, Vorsorge und Impfungen von Maßnahmen der BGF. Im Zyklus rung und Primärprävention. Neben zielgruppengerecht aufgegriffen und einer Sensibilisierung zum Thema BGF der direkten Beratung von Betrieben geklärt. und eines unternehmensinternen, gibt es betriebsübergreifende Aktivi- organisatorischen Aufbaus, geht es täten und Veranstaltungen, die das Getreu ihrem Markenslogan „für meine über Analyseleistungen zur Erhebung Leistungsportfolio der Krankenkasse Gesundheit“ setzt sich die KNAPP- der gesundheitlichen Situation und die KNAPPSCHAFT und des Firmenservice SCHAFT zudem mit der „Hackedicht Maßnahmenplanung in die konkrete der KBS niedrigschwellig und attraktiv – Schultour der KNAPPSCHAFT“ und Leistungserbringung und anschließen- präsentieren. „Firewall Live“ gemeinsam mit dem de Auswertung der Interventionen. Deutschen Kinderschutz Bund Bundes- verband e. V. für ein gesundheitsför- Darüber hinaus ist die KNAPPSCHAFT 7. Fazit derliches Aufwachsen und Miteinander in allen Bundesländern aktiv in den Wie eingangs dargestellt, förderten von Kindern und Jugendlichen ein. BGF-Koordinierungsstellen, die inter- die Krankenkassen auch schon im Jahr essierten Unternehmen eine Erstbera- 2015 Maßnahmen zur Gesundheitsför- 6.2 Weitere Projekte tung und Information zum Thema BGF derung und Prävention in erheblichem Darüber hinaus beteiligt sich die anbieten. Falls gewünscht werden auch Umfang. Das Präventionsgesetz ist KNAPPSCHAFT in Kooperation mit konkrete BGF-Maßnahmen angebahnt. also nicht auf gänzlich unkultivier- anderen Krankenkassen/-verbänden Die KNAPPSCHAFT wirkt im „Regiona- ten Boden gefallen. Im Jahr seines und Fachinstitutionen an verschieden- len Netzwerk Gesundheit!“ in Düssel- Inkrafttretens und danach verstärkten 12 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 12 03.04.19 14:21
Abb. 6: Anzahl der direkt erreichten Personen und Gesamtausgaben je Versicherten die Krankenkassen ihr Engagement in 5.000.000 10,00 € Lebenswelten wie Kitas und Schulen 4.500.000 9,00 € und erreichten mehr Beschäftigte in 4.000.000 8,00 € Betrieben (vgl. Abb. 6). 3.500.000 7,00 € Die durchschnittlichen Ausgaben je 3.000.000 6,00 € Versicherten sind von 2015 mit 4,49 2.500.000 5,00 € Euro über 2016 mit 6,64 Euro auf 2.000.000 4,00 € 7,18 Euro im Jahr 2017 jeweils deut- 1.500.000 3,00 € lich gestiegen. Damit wurde 2017 der Orientierungswert von 7,17 Euro 1.000.000 2,00 € überschritten21. Die Auswertung lässt 500.000 1,00 € neben der rein monetären Darstel- 0 0€ 2012 2013 2014 2015 2016 2017 lung aber auch den Schluss zu, dass das Präventionsgesetz zunächst eher Betriebliche Gesundheitsförderung Setting im Settingbereich angekommen ist. individuelle Gesundheitsförderung Gesamtausgaben je Versicherten Die Steigerungsrate der erreichten Quelle: KNAPPSCHAFT, auf Grundlage der MDS-Präventionsberichte 2013 bis 2018 Personen dort ist im Vergleich zur BGF signifikant höher. Die individuelle Prävention stagniert. Der MDS-Prä- Mit den hinter der quantitativen Gesundheitsförderung und Prävention ventionsbericht 2018 empfiehlt: „Mit Erweiterung liegenden, vielfältigen erkrankungsrelevante Risikofaktoren Erreichen des Orientierungswertes Maßnahmeninhalten jedenfalls leistet positiv beeinflussen. sowie der Mindestausgabenwerte wird die GKV ihren wichtigen Beitrag zur sich zukünftig der weitere Ausbau Bewältigung sozial bedingt ungleicher vermutlich abschwächen. Ausbaufähig Gesundheitschancen. Dies ist umso Claus Bockermann ist unter diesen Bedingungen aber existenzieller vor dem Hintergrund ei- KBS/KNAPPSCHAFT insbesondere der Netzwerkansatz, der ner gleichzeitig immer älter werdenden Prävention, betriebliche Gesund im Bereich der arbeitsweltbezogenen Bevölkerung und dem Wissen, dass heitsförderung und Bonus Gesundheitsförderung und Prävention Knappschaftstr. 1 seine Wirksamkeit zur Erreichung von 44799 Bochum Kleinbetrieben gezeigt hat.“ FUSSNOTEN 1 esetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vom 17. Juli 2015. G 2 Drucksache 18/4282 auf https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/042/1804282.pdf, Seite 21. 3 Bundesministerium für Gesundheit, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/praeventionsgesetz.html 4 MDS-Präventionsbericht 2016 unter https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/praeventionsbericht/ praeventionsbericht.jsp 5 § 20 Absatz 6 SGB V. 6 zum Begriff „Setting“ siehe unter www.gesundheitsfoerdernde-hochschulen.de/B_Basiswissen.../B2_Setting-Ansatz.html 7 § 20e SGB V. 8 Bundesrahmenempfehlungen auf https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/npk/nationale_praeventionskonferenz.jsp 9 § 20d Absatz 4 Satz 5 SGB V. 10 https://www.bvpraevention.de/cms/index.asp?snr=11241&inst=bvpg 11 Vulnerable Personengruppen, aufgrund ihrer körperlichen und/oder seelischen Konstitution ( z.B. Behinderung, psychische Störung, Schwangerschaft, hohes Alter) oder/und aufgrund ihrer besonderen sozialen Situation ( z.B. obdachlose Frauen) verletzlichere (vulnerable) Personenkreise. 12 § 20a Absatz 3 SGB V. 13 § 20a Absatz 4 SGB V. 14 www.gkv-buendnis.de. 15 Förderprogramm GKV-Bündnis für Gesundheit zur Stärkung der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung und Prävention vom 8. Mai 2018. 16 Deprivation meint hier den gemessenen Zustand der sozioökonomischen Benachteiligung. 17 Landesrahmenvereinbarung Nordrhein-Westfalen. 18 www.gkv-buendnis.de/wir-in-den-laendern/uebersicht 19 § 20b Absatz 3 SGB V. 20 vergleiche Pernack, Ulrike, Referatsleiterin Prävention und Gesundheitsförderung beim vdek Berlin, in personalmagazin 10.18, www.personalmagazin.de, www.haufe.de/personal 21 MDS-Präventionsbericht 2018 unter https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/praeventionsbericht/ praeventionsbericht.jsp 3-4 2019 Kompass I 13 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 13 03.04.19 14:21
blickpunkt ©boschettophotography - gettyimages.de ThorsTen misChe Ergebnisse der Kundenbefragung in der Deutschen Rentenversicherung Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Träger) sind verpflichtet, in geeigneten Bereichen ein Benchmarking durchzuführen, um einen kontinuierlichen und systematischen Vergleich untereinander 1 zu ermöglichen. Daher wird eine Vielzahl von Parametern für die Dimensionen „Wirtschaftlichkeit“, „Quali- tät und Prozesse“, „Kundenorientierung“ und „Mitarbeiterorientierung“ trägerbezogen gegenübergestellt. Für den Vergleich hinsichtlich der „Kundenorientierung“ ist unter anderem die Zufriedenheit der Kunden zu ermitteln. Darüber hinaus wird den RV-Trägern im Rahmen der Kundenbefragungen ermöglicht, ihre Stärken und Schwächen auf Basis der Befragungsergebnisse zu analysieren und Verbesserungspotenziale sowie handlungsorientierte Maßnahmen zur Optimierung der Kundenzufriedenheit zu erschließen. Ausgangssituation Befragungsmethodik Bestimmung der Die Deutsche Rentenversicherung Adressatenkreis Grundgesamtheiten Bund ist für die Organisation des Im Rahmen der Kundenbefragung Eine Grundgesamtheit bezeich- Qualitäts- und Wirtschaftlichkeits- 2017/2018 wurden erneut Rentner, net die Menge aller statistischen wettbewerbs der RV-Träger verant- Versicherte und von den Betriebs- Einheiten (auch Merkmalsträger, wortlich.2 Für die Konzeption der prüfdiensten betreute Arbeitge- Untersuchungseinheit, Erhebungs- dafür erforderlichen Befragungen ber zu den vier Produktgruppen einheit) mit übereinstimmenden ist unter Beteiligung der Deutschen „Rente“, „Teilhabe“, „Auskunft und Identifikationskriterien, also hier Rentenversicherung Knappschaft- Beratung“ sowie „Betriebsprüfung“ die Gesamtmenge der anlassbe- Bahn-See (KBS) eine trägerübergrei- anlassbezogen befragt. Als Anlass zogen ausgewählten Kunden aus fende Arbeitsgruppe eingerichtet. zählte jeweils die Inanspruchnahme der in einem weiteren Schritt die einer entsprechenden Dienstleis- Befragungsteilnehmer per Stichpro- Seit 2008 finden regelmäßig Kun- tung aus der jeweiligen Produkt- benziehung resultieren. denbefragungen in der Renten- gruppe in einem festgelegten versicherung statt. Nachfolgend Zeitraum. Bei allen RV-Trägern wurden zur Er- werden die wesentlichen metho- mittlung der statistischen Grundge- dischen Grundlagen der Befragung Die Befragung erfolgte grundsätz- samtheiten einheitlich für die Pro- aufgezeigt und erläutert sowie die lich im Rahmen einer Stichproben- duktgruppen „Rente“ und „Teilhabe“ Ergebnisse der Kundenbefragung auswahl. Hierbei wurden nach einer die Bescheide, für die Produktgrup- 2017/2018 aus Sicht der KBS darge- im Folgenden näher beschriebenen pe „Auskunft und Beratung“ die stellt. Methodik Kunden aus einer „Grund- Beratungsleistungen des Monats gesamtheit“ per Zufallsstichprobe Oktober 2017 herangezogen. Für die befragt. 14 I Kompass 3-4 2019 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 14 03.04.19 14:21
Produktgruppe „Betriebsprüfungen“ dass 95 Prozent der Stichproben, Die statistische Sicherheit (Signi- sind bei den meisten RV-Trägern die man zufällig aus einer Grund- fikanzniveau) sollte mindestens die Prüfmitteilungen/-bescheide gesamtheit auswählt, einen 95 Prozent betragen, das heißt im Zeitraum August bis Oktober Parameter richtig wiedergeben.5 die Irrtumswahrscheinlichkeit 2017 berücksichtigt worden. Bei der sollte nicht größer als 5 Prozent KBS war dieser Zeitraum aufgrund Die Genauigkeit, Fehlerspanne: sein. der Zahl der zu prüfenden Arbeit- Sie gibt an, mit welcher Genau- ©boschettophotography - gettyimages.de geber auf die Zeit von Mai bis igkeit man einen Parameter Bei der Genauigkeit der Schät- Oktober 2017 zu erweitern, um eine schätzt, das heißt wie weit der zung wird empfohlen, eine statistisch aussagefähige Anzahl durch die Stichprobe ermittelte Abweichung von höchstens ± 0,1 erreichen zu können (vgl. Abb. 1). Wert vom „wahren“ Wert (der (bei einer zugrundeliegenden Grundgesamtheit) abweichen Skala von 1 bis 5) zu tolerieren. Stichprobenumfang kann. Konkret wird hier die Breite Aus diesen Grundgesamtheiten sind des Konfidenzintervalls festge- Bei der Schätzung der Streuung werden die Werte der Globalzu- friedenheit mit den einzelnen Abb. 1: Adressatenauswahl Produkten von sämtlichen RV- Trägern aus den Befragungen in Anlassbezogene schriftlich-postalische Kundenbefragung 2013 herangezogen. zu vier Produktgruppen: Auskunft und Sind alle Größen festgelegt, so kommt Rente Teilhabe Betriebsprüfung Beratung zur Bestimmung des Stichproben- umfangs folgende Standardformel Auskunft oder Prüfmitteilung oder zur Anwendung6: Bescheid im Bescheid im Beratungsleistung Bescheid zwischen Oktober 2017 Oktober 2017 n = 4 * (z²(1-a/2) * Sˆ2 ) / KIB² im Oktober 2017 Mai und Oktober 2017 n = Stichprobenumfang z(1-a/2) = (1-a/2) - Quantil der Standard- auf der Basis einer mathematisch- legt, das heißt die Grenzen nach normalverteilung statistischen Standardformel nach unten und nach oben um den a = Irrtumswahrscheinlichkeit dem Zufallsprinzip die für valide „wahren“, jedoch unbekannten Sˆ2 = geschätzte Populationsvarianz und belastbare Aussagen erforder- Wert eines Parameters. Legt KIB = KonfidenzIntervallsbreite lichen repräsentativen Stichproben man fest, dass die Abweichung gezogen worden. höchstens ± 0,1 betragen soll, so Ausgehend von einer erwarteten toleriert man, dass der durch die Rücklaufquote von mindestens Der Umfang der zu wählenden Stichprobe ermittelte Wert um 20 Prozent mussten so jeweils rund Stichprobe hängt dabei grundsätz- ± 0,1 vom Wert der Grundgesamt- 1.200 Kunden in den einzelnen lich von mehreren Parametern ab, heit abweichen kann. Produktgruppen per Stichproben- die teilweise geschätzt beziehungs- ziehung angeschrieben werden. weise vorgegeben werden müssen.3,4 Die Standardabweichung: Soweit die Grundgesamtheit Festzulegen beziehungsweise zu eines RV-Trägers in einer dieser Dazu zählen unter anderem: schätzen ist darüber hinaus noch Produktgruppen weniger als 1200 die Streuung in Form der Stan- Kunden umfasste, wurde hier eine Die statistische Sicherheit dardabweichung der Einzelwerte Vollerhebung durchgeführt, das (bzw. invers als Irrtumswahr- um den Mittelwert der Grundge- heißt sämtliche Kunden, also die scheinlichkeit): samtheit. gesamte Grundgesamtheit dieser Sie gibt allgemein an, mit welcher Produktgruppe wurde befragt. Wahrscheinlichkeit ein Parame- Aus den Vorbefragungen wurden ter (z. B. ein Mittelwert) richtig grundlegende Erkenntnisse ge- In der gesamten Deutschen Renten geschätzt wird. Beispielsweise wonnen, die in der Befragung 2017 versicherung ergaben sich so als bedeutet ein Wert von 95 Prozent, berücksichtigt wurden: 3-4 2019 Kompass I 15 25.3.19_Kompass_3_4_2019.indd 15 03.04.19 14:21
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