VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE

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VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Nordrhein-Westfalen
                                                               4/2021

FRIEDHÖFE                STICKSTOFF          VOLKSINITIATIVE
Wertvolle Lebensräume    Zu viel des Guten   Ablehnung im Umweltausschuss
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Editorial

                                                                                                                                                                                   Bernd Schaller
                                                                                   NABU/CEWE/O. Seitz
                          2          Editorial
                                                                                                 Liebe Naturschutzmacherinnen
                          3          Nachrichten aus NRW                                         und Naturschutzmacher,
                          4–7        Natur erleben
                                                                                                was für ein Jahr neigt sich dem Ende       Mit Sorge sehe ich, dass einige Kräfte
                          	Letzte Ruhestätten –
                            ­Friedhöfe als Lebensraum                                           zu! Nach wie vor prägt Corona unser         im Land den dringend nötigen Kli-
                                                                                                Leben, Überschwemmungen haben              maschutz gegen den unverzichtbaren
                          8–9        Spendenaufruf                                              einmal mehr gezeigt, wie wichtig ein       Naturschutz ausspielen wollen. Das ist
                          	Hilfe für die Natur in                                              konsequenter Klimaschutz wäre, und          fatal! Sowohl die Biodiversitätskrise als
                            Nordrhein-Westfalen                                                 unsere Volksinitiative Artenvielfalt        auch die Klimakrise bedrohen unsere
                                                                                                hat über 115.000 Unterstützer*innen        Existenz und sind nur zu lösen, indem
                          10–13 Thema                                                           gefunden. Fatalerweise gehören CDU         wir sie zusammendenken. Konkret be-
                          	    Ernährungskrise – zu viel
                                                                                                und FDP ganz offensichtlich nicht           deutet das, dass wir die erneuerbaren
                                     Stickstoff
                                                                                                dazu. Kurz vor Redaktionsschluss die-      Energien nur naturverträglich ausbau-
                          	Naturschutzgesetz auf
                            Abwegen                                                             ser Ausgabe haben die beiden Regie-         en dürfen. Ansonsten geht vielleicht die
                                                                                                rungsparteien im Umweltausschuss des       „Klima-Waagschale“ nach oben, aber die
                          	Volksinitiative Artenvielfalt
                                     NRW ist abgelehnt
                                                                                                Landtags die Volksinitiative und damit     „Biodiversitäts-Waagschale“ sinkt nach
                                                                                                die überfälligen Verbesserungen im         unten. So gewinnen wir nichts.
                          14–15 NABU vor Ort                                                    Naturschutz knallhart abgelehnt. Auf
                          	
                           Naturschutz und                                                     Seite 13 lesen Sie mehr zu dieser bitte-   Allein auf Planungsbeschleunigung und
                            Wasser­wirtschaft                                                   ren Enttäuschung.                          die Schwächung von Beteiligungsrech-
                                     NABU tagt in Hagen
                                                                                                                                           ten zu setzen, ist der falsche Weg – und
                                                                                               In Düsseldorf hat derweil Hendrik           ganz nebenbei nicht mit EU-Recht zu
                                     Neustart der
                                                                                               Wüst das Amt des Ministerpräsiden-          vereinbaren. Naturverträglich umge-
                                      Kita-­Natur­botschafterInnen
                                                                                               ten übernommen – ein halbes Jahr vor        setzt, können sowohl die Windkraft als
                          16–17 NATZ, die jungen Seiten                                        der Landtagswahl im Mai 2022. Es ist        auch die Solarenergie und zahlreiche
                                                                                               kein Geheimnis: Unter Armin Laschet         andere Maßnahmen viel zur Lösung der
                          18         Artporträt                                                hat NRW in Sachen Klima- und Na-            Krisen und zur Sicherung unserer Le-
                                     Der Goldschakal                                           turschutz keine Fortschritte gemacht.       bensgrundlagen beitragen.
                                                                                               Ob der frische Wind des neuen Mi-
                          19         Querbeet                                                  nisterpräsidenten in der verbleiben-        Ich wünsche Ihnen einen frohen Aus-
                          	Beuys-Babys: Kunst trifft                                          den Zeit dieser Legislaturperiode auch      klang des turbulenten Jahres 2021. Blei-
                            Natur                                                              in die richtige Richtung weht, bleibt       ben Sie gesund und starten Sie gut ins
                                                                                               abzuwarten.                                 neue Jahr!
                          20         Zu guter Letzt
                                                                                                Der NABU NRW steht bereit, an ei-          Dr. Heide Naderer
    IMPRESSUM:
    Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Nordrhein-                          ner nachhaltigen Ausrichtung unseres       Vorsitzende des NABU NRW
    Westfalen, ­Völklinger Straße 7-9, 40219 Düsseldorf, Tel. 0211 / 1­ 59251-0,
    Fax 0211 / 159251-15
                                                                                                Bundeslandes mitzuwirken. Ich gehe
    Vorsitzende: Dr. Heide Naderer; Geschäftsführer: Bernhard Kamp                              fest davon aus, dass die Themen Biodi-
    Redaktion: Hannes Huber (HH), Birgit Königs (BKö)
    Redaktionsbeirat: Monika Hachtel, Stefan Wenzel, Manfred Aletsee,                           versität, Natur- und Artenschutz sowie
    Christian Volk, Bernhard Kamp                                                               natürlich Klimaschutz im Landtags-
    V.i.S.d.P.: Birgit Königs, Lena Dankert (NATZ – die jungen Seiten)
    Anzeigen: Anne Schönhofen, Tel. 0228 / 7667211,                                             wahlkampf Hauptrollen spielen müs-
    Mail: media.agentur@nabu.de                                                                 sen. Der NABU NRW wird sich aktiv
    Layout: Druckhaus Kruse e.K., 46244 Bottrop-Kirchhellen
    Druck: Dierichs Druck + Media GmbH, Kassel; Auflage: 76.302 Ex.                             mit seinen Themen in die Wahlkampf-
    Titel: Schleiereule. Foto: ondrejprosicky - stock.adobe.com
    Redaktionsschluss für Ausgabe 1/2022: 14.01.2022
                                                                                                zeit einbringen.
    Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

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      NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Nachrichten aus NRW

                                                                       IMPULSE FÜR MOBILITÄTSWENDE

                                                                       Bündnis fordert Umdenken bei
Eva Lisges

                                                                       ­klimaschädlicher Verkehrspolitik
Treffen der Verbandspitzen von AbL und NABU NRW im Oktober in          Das Bündnis „Aufbruch Fahr-         sind gestellt. Jetzt gibt es die
Sundern-Hagen.                                                         rad“ hat die Landesregierung        Chance für die schwarz-gelben
                                                                       aufgefordert, ihren Entwurf         Landesregierung zu zeigen, wie
FÜR NATUR UND LANDWIRTSCHAFT                                           zum Fahrrad- und Nahmobili-         ernst sie es tatsächlich mit Kli-
                                                                       tätsgesetz grundlegend nachzu-      maschutz und Mobilitätswende
NABU und AbL im intensiven Austausch
                                                                       bessern. Es kritisierte insbeson-   meint: 25 Prozent Radverkehrs-
Bäuerliche Betriebe erhalten,       weidete Flächen sind für die Na-   dere, dass viele Regelungen zu      anteil bis 2025 müssen in das
die Weidetierhaltung besser         tur wichtig, weil sie eine große   unverbindlich und die Finanzie-     neue Gesetz verbindlich auf-
unterstützen und die Tierhal-       Artenvielfalt beherbergen. So      rung nicht dauerhaft gesichert      genommen werden“, sagte die
tung an die vorhandenen Flä-        profitieren etwa viele Insekten-   seien. Zudem fehle die klare        NABU-Landesvorsitzende Dr.
chen anpassen – all das sind        arten vom Kot der Weidetiere       zeitliche Perspektive.              Heide Naderer.
Ziele, die der NABU und die         – und dienen selbst wiederum       Die Forderungen nach 1.000          Die Mobilitätswende stand auch
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche      zahlreichen Vögeln als Nah-        Kilometern Radschnellwege bis       im Zentrum des vierten NRW-
Landwirtschaft (AbL) in NRW         rung. Auch hinsichtlich Klima-     2025 für den Pendelverkehr und      Naturschutztags, den NABU
künftig verstärkt gemeinsam         schutz und Tierwohl schneide       300 Kilometern überregionaler       und NAJU NRW sowie die Na-
verfolgen wollen. Das haben die     die Beweidung meist besser ab      Radwege pro Jahr, die Unterstüt-    tur- und Umweltschutz-Aka-
Verbandsspitzen im Oktober          als die reine Stallhaltung.        zung der Kommunen, die Ver-         demie NRW unter das Motto
vereinbart.                         Unstrittig ist, dass Beweidung     besserung der Zusammenarbeit        „Naturschutz ist Klimaschutz“
Nötig seien weiterhin auch          sehr arbeitsaufwändig ist und      zwischen Land und Kommunen          gestellt hatten. Mobilitätspolitik
klein­strukturierte Betriebe, die   die Erlöse diesen Aufwand oft-     und die verbindliche Aus- und       müsse zum Ziel haben, Verkehr
Lebensräume erhalten und da-        mals nicht abbilden. Die Rück-     Fortbildung blieben im Gesetz-      dort drastisch zu reduzieren,
bei auskömmlich wirtschaften,       kehr der Wölfe nach NRW ver-       entwurf unberücksichtigt. Das       wo er überflüssig, klima- und
sowie eine flächengebundene         größert diesen Aufwand weiter.     Bündnis fordert zudem eine          gesundheitsschädlich ist. Nach-
Tierhaltung, bei der die Anzahl     Mehrkosten müsse die Gesell-       bessere Verankerung der Bür-        haltige Mobilität stütze sich
der gehaltenen Tiere an die be-     schaft mittragen, damit Weide-     gerbeteiligung. „Die Weichen        zudem auf umweltfreundliche
wirtschaftete Fläche angepasst      tierhaltung finanzierbar bleibt.   für das neue Fahrrad- und           Verkehrsmittel wie Radverkehr
ist. Insbesondere extensiv be-      HH                                 Nahmobilitätsgesetz in NRW          und ÖPNV.                   BKö
                                                                                                           Gertrud Thören
Gudrun Maxam

                                                       Gudrun Maxam

MEHR PLATZ FÜR FALTER!                                                 Ebenfalls Teil des vom Mi-          der schmetterlingsfreundlichen
Erste Auszeichnungen des NABU NRW                                      nisterium für Umwelt, Land-         Umgestaltung ihrer Flächen
                                                                       wirtschaft, Natur- und Ver-         beraten. Schulungen sind auch
Der NABU NRW hat im Rah-            le die Auszeichnung (links), in    brauchschutz NRW geförderten        für das erste Halbjahr 2022 ge-
men des Projektes „Mehr Platz       Dormagen die evangelische Kita     Projektes ist die Ausbildung von    plant. Interessierte können sich
für Falter – Jetzt wird´s bunt!“    „Am Märchenwald“ (Mitte) so-       Multiplikator*innen. Seit No-       unter     www.platzfuerfalter.de
die ersten schmetterlingsfreund-    wie in Odenthal Annika und         vember bildet der NABU NRW          informieren und unter falter@
lichen Gärten ausgezeichnet. In     Thomas Bode für ihren privaten     „Falterfreund*innen“ aus – Na-      NABU-NRW.de für die Kurse
Duisburg erhielt die Gottfried-     Garten (rechts). Weitere werden    turinteressierte, die beispiels-    anmelden.                   HH
Wilhelm-Leibniz Gesamtschu-         folgen.                            weise Kitas und Schulen bei
                                                                                                                                                        3
Weitere ausführliche Nachrichten gibt es unter www.NABU-NRW.de                                                              NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Natur erleben
Gaby Schulemann-Maier

                        Diesem Rotkehlchen dient ein Grabstein als Sitzwarte.

                        Letzte Ruhestätten
                        Friedhöfe gehören zu den letzten ruhigen Rückzugsräumen für Pflanzen und Tiere

                        W
                                   enn Claus Walter über Fried-              Gruppen zum Sport treffen, zusammen gril-         Alter Baumbestand
                                   höfe erzählt, geht es wenig um            len oder mit den Hunden spazieren gehen,           Nicht jeder Friedhof blickt auf eine über
                                   den Tod und viel um das Leben.            herrscht auf Friedhöfen meist eine große           200-jährige Geschichte zurück wie der Köl-
                        Walter ist neben dem Kölner Melaten-                 Ruhe. Das tut nicht nur uns Menschen gut,          ner Melatenfriedhof. Alte Bäume finden sich
                        friedhof aufgewachsen. Als Kind war der              sondern auch vielen Tieren.“                       dennoch auf vielen Friedhöfen. Und das Al-
                        Friedhof für ihn ein Spielplatz und der Ort,         Das beobachtet auch Biologin Corinne               ter der Bäume ist entscheidend. „Erst nach
                        an dem er mit Freunden Eichhörnchen aus              Buch. Sie arbeitet in der Biologischen Sta-        ungefähr 80 Jahren kommen Eichen und
                        der Hand füttern und Fledermäuse in den              tion Westliches Ruhrgebiet und hat bereits         Linden in ein Alter, in dem Spechte Höh-
                        Grüften beobachten konnte. „Später, als              zahlreiche Friedhöfe in Mülheim an der             len hineinzimmern können“, sagt Walter.
                        ich auf der einen Seite gewohnt und auf              Ruhr floristisch kartiert. Seit 2021 leitet sie    Mächtige, alte Bäume sind für viele Vögel,
                        der anderen Seite gearbeitet habe, konnte            das Projekt „Biodiversität auf Friedhöfen im       aber auch für Fledermäuse, Insekten und
                        ich morgens und abends auf dem Friedhof              westlichen Ruhrgebiet“.                            andere Tiere lebensnotwenig und zugleich
                        durchatmen – und Vögel beobachten. Es               „Friedhöfe gehören zu den artenreichsten            in vielen Städten – und selbst in Wäldern
                        ging gar nicht anders: Irgendwann hatte              Lebensräumen in unseren Städten und sind          – Mangelware.
                        ich die Vogelstimmen alle drauf“, sagt er.           für die Biodiversität gerade in Ballungs-          In Köln brüten Habicht und Sperber, Wald-
                                                                             räumen unersetzlich“, sagt sie. „Auch für          ohreule und Waldkauz sowie Mittel- und
                        Losgelassen hat ihn die Faszination, die von         seltene und gefährdete Arten sind sie wich-        Schwarzspecht auf Friedhöfen. Neun von in
                        Friedhöfen und ihrer Tierwelt ausgeht, nicht         tig – insbesondere für Magerkeitszeiger des        Köln insgesamt elf Fledermausarten kom-
                        mehr. 1985 gründete er mit seinem Freund             Grünlandes und der Ackerbegleitflora. Di-          men hier vor. Und im Totholz alter Bäume
                        Gerd Joeken den AK Friedhöfe des NABU                rekt und indirekt tragen Friedhöfe viel zur        lässt sich selbst der imposante Nashornkäfer
                        Köln und ist bis heute aktiv. „Friedhöfe sind        Lebensqualität im Ballungsraum bei.“               beobachten.
                        wunderbare Rückzugsräume inmitten der                Was aber macht Friedhöfe für Pflanzen, Tie-       Lebendige Hecken
                        Stadt“, sagt Walter. „Während sich in Parks          re und Menschen so wertvoll?                      In der ausgeräumten Agrarlandschaft sind
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                          NATURSCHUTZ in NRW
                                         NRW4/2021
                                             4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Natur erleben
                                                                                                   ten sind ansonsten eher auf Magerrasen und
                                                                                                   weniger intensiv bewirtschafteten Äckern
                                                                                                   zu finden.
                                                                                                   Während Wiesen im Frühling und Sommer
                                                                                                   oft ein prächtiges Bild abgeben, entspricht
                                                                                                   die Optik vom Spätherbst bis in den Vor-
                                                                                                   frühling hinein nicht immer den Ansprü-
                                                                                                   chen und Gewohnheiten vieler Menschen.
                                                                                                   Dabei sind auch verblühte und vertrocknete
                                                                                                   Gräser und Kräuter für die Natur wichtig.
                                                                                                  „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass
Jana Romero

                                                                                                   jede Wiesenfläche einen ordentlich gemäh-
                                                                                                   ten Rahmen braucht, damit die Menschen
                                                                                                   sehen, dass die Fläche nicht einfach verwil-
Der alte Baumbestand auf dem Kölner Westfriedhof hat es diesem Gartenschläfer angetan.             dert, sondern absichtlich so angelegt ist“,
                                                                                                   erzählt Walter. „Wir versuchen, den Nutzen
über die Jahrzehnte viele Hecken ver-               aus heimischen und früchtetragenden Ge-        der Fläche zudem auf einem Schild zu erklä-
schwunden. Auf vielen Friedhöfen gibt es            hölzen besteht, etwa aus Holunder, Liguster    ren. Wenn die Leute verstehen, warum wir
sie noch – sofern sie nicht Sparmaßnahmen           oder Eberesche. So finden Vögel, Insekten
zum Opfer gefallen sind. Insbesondere in            und Schlafmäuse nicht nur Verstecke, son-
den 1990er-Jahren haben viele Kommunen              dern auch Nahrung.
begonnen, ihre Friedhöfe auszuräumen und            Artenreiche Wiesen
pflegeintensive Hecken zu roden. Übrig ge-         Viele Kommunen wandeln heute Rasenflä-
blieben sind mancherorts nur noch pflege-          chen in blumenbunte Wiesen um – oftmals
leichte Rasenflächen und Bäume.                    auch auf Initiative der örtlichen NABU-
Ob Gartenschläfer, Zaunkönig oder Zilp­            Aktiven. Das macht sich in wachsenden
zalp – für viele Tiere sind Hecken jedoch          Beständen von Wildbienen und Schmetter-
unverzichtbare Lebensräume. Dabei kommt            lingen bezahlt. Da die Wiesen auf Friedhö-
es weniger auf die Höhe als vielmehr auf           fen nicht gedüngt werden, fühlen sich dort
die Breite an. Damit Zaunkönige und Co.            auch Pflanzen wohl, die magere Standorte
darin ungestört brüten können, sollte die          benötigen und auf den nährstoffreichen
Hecke mindestens zweireihig angelegt sein.         Äckern und Wiesen verdrängt werden (siehe
Ansonsten sind die Nester für Katzen und           Seite 10).
andere Fressfeinde zu leicht auffindbar und        Biologin Corinne Buch hat etwa floristische
                                                                                                  Karsten Keller

auch menschliche Besucher, die rechts und          Besonderheiten wie Frühlings-Fingerkraut
links der Hecke entlangspazieren, kommen           und Buntes Vergissmeinnicht sowie Acker-
dem tierischen Nachwuchs zu nahe.                  Quellkraut und Ackerröte bei der Kartie-
Und natürlich ist es wichtig, dass die Hecke       rung der Friedhöfe entdeckt. Diese Raritä-     Original und Kopie – viele Menschen freuen sich
                                                                                                  über viel Natur auf Friedhöfen.

                                                                                                  die Flächen so angelegt haben, steigert das
                                                                                                  die Akzeptanz enorm.“

                                                                                                  Wasser ist Leben
                                                                                                  Was in Gärten funktioniert, bewährt sich
                                                                                                  auch auf Friedhöfen: Teiche bereichern die
                                                                                                  lebendige Vielfalt immens. Selbst in klei-
                                                                                                  nen Tümpeln siedeln sich Kröten, Molche
                                                                                                  und Frösche an, Libellen und andere In-
                                                                                                  sekten nutzen sie als Kinderstube. Wild-
                                                                                                  bienen kommen an heißen Sommertagen
                                                                                                  zum Trinken und Vögel nehmen ein erfri-
                                                                                                  schendes Bad. „Aus Sorge vor Unfällen mit
                                                                                                  Kindern sind viele Friedhofsverwaltungen
                                                                                                  zurückhaltend mit Teichen. Wenn sich das
Marc Pfeifer

                                                                                                  Wasser ist Leben – auch Eichhörnchen haben
                                                                                                  Durst.

                                                                                                                                                    5
                                                                                                                      NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Natur erleben
                                                                                                                             Aufgrund der Entstehungsgeschichte sind
                                                                                                                             sie über das gesamte Stadtgebiet verteilt und
                                                                                                                             dienen daher vielen Tier- und Pflanzenarten
                                                                                                                             als Trittsteinbiotope. Sie liegen zwar nicht
                                                                                                                             direkt nebeneinander, aber die Abstände
                                                                                                                             zueinander sind so klein, dass halbwegs
                                                                                                                             mobile Arten wie Insekten und Vögel die
                                                                                                                             Distanzen überwinden können und sich
                                                                                                                             somit ausbreiten und mit Artgenossen aus
                                                                                                                             der Nachbarschaft paaren können. Für den
                                                                                                                             Fortbestand der verschiedenen Arten ist
                                                                                                                             diese Möglichkeit zur Ausbreitung und zur
                                                                                                                             Vermischung des Genpools überlebenswich-
                                                                                                                             tig. Friedhöfe sind daher gerade im sehr
                                                                                                                             urbanen Raum oftmals auch wertvolle Ele-
Claus Walter

                                                                                                                             mente des Biotopverbunds.

                                                                                                                             Trauer und Lebensfreude
               Alte Bäume, Hecken und viel Ruhe – parkartige Friedhöfe sind wertvolle Lebensräume.                           Selbstverständlich sind Friedhöfe in erster
                                                                                                                             Linie Orte der Trauer, der Besinnung und
               Gelände entsprechend absichern lässt, sind                     Wertvoll für die Tierwelt sind auch die auf    der Einkehr. Sie erfüllen jedoch nebenbei
               Teiche jedoch eine tolle Aufwertung für                        Friedhöfen oftmals häufigen Frühblüher.        noch eine ganze Reihe weiterer Funktionen.
               Friedhöfe“, sagt Walter. Selbst Gewässer im                    Ob Schneeglöckchen, Krokusse oder Blau-        Diese Ökosystemfunktionen stehen nicht in
               Hosentaschenformat nutzen der Tierwelt.                        sterne, Gefingerter Lerchensporn, Busch-       Konkurrenz zur eigentlichen Bestimmung.
               Der NABU Köln etwa hat begonnen, klei-                         windröschen oder Echte Primel – gerade im      Im Gegenteil: Sie unterstützen diese.
               ne steinerne Vogeltränken in der Nähe der                      zeitigen Frühjahr sind ihre Blüten nicht nur   Friedhöfe sind etwa wichtig für das Stadt-
               Wasserzapfstellen zu installieren.                             optisch, sondern auch naturschutzfachlich      klima. In den größtenteils mit Beton und
               Buntes Blütenangebot                                           wertvoll, wenn ausgehungerte Hummelkö-         Asphalt versiegelten Städten dienen sie als
               In blütenreichen Beeten, Rabatten und auf                      niginnen brummend die ersten Ausflüge          grüne Lungen. Sie reinigen die Luft von
               den Gräbern selbst finden Insekten Pollen                      unternehmen.                                   Feinstaub und anderen Schadstoffen. Wäh-
               und Nektar – sofern die Bepflanzung na-                        Dunkelheit und echte Nachtruhe                 rend Gebäude und Straßen die Hitze des
               turnah ist und nicht nur exotische Pflanzen                    Friedhöfe schließen üblicherweise mit Ein-     Tages speichern, kühlt die Luft über dem
               zum Einsatz kommen. Hier hat der NABU                          bruch der Dunkelheit ihre Tore. Für die        unversiegelten Boden in der Nacht ab. Re-
               die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt,                     Natur hat das gravierende Effekte: Nachts      gen versickert und kann über die Pflanzen
                                                                              gehört der Friedhof Fledermäusen und           langsam verdunsten – der Wasserhaushalt
                                                                              Nachtfaltern, Igeln und Bilchen, Erdkröten     profitiert.
                                                                              und Käfern. In Städten, die nie zur Ruhe
                                                                              kommen und in denen nachts selbst in           Friedhöfe der Zukunft
                                                                              Parks Menschen zusammenkommen, ist             Während Parks und Grünzüge regelmä-
                                                                              das eine große Besonderheit – insbesondere     ßig durch Bebauung bedroht sind, scheint
                                                                              auch mit Blick auf die Beleuchtung.            der Flächendruck den Friedhöfen nichts
                                                                              Denn während große Teile unserer Städ-         anhaben zu können. Wer würde schon eine
                                                                              te nachts massiv ausgeleuchtet sind, finden    Wohnsiedlung auf einem Friedhof errich-
                                                                              Tiere auf Friedhöfe zumindest kleinere         ten? So abwegig, wie das auf den ersten Blick
                                                                              Areale, in denen es wirklich dunkel wird.      wirkt, ist das leider nicht. Auch Friedhöfe
                                                                              Das ist immens wichtig, denn „Lichtver-        stehen unter Druck.
                                                             Karsten Keller

                                                                              schmutzung“ ist für einige Tierarten keine     Das kommt nicht zuletzt daher, dass sich
                                                                              Befindlichkeitsstörung, sondern ein echtes     die Bestattungsformen seit Jahren verän-
                                                                              Problem.                                       dern. Waren früher platzintensive Erdbe-
               Ob Ehrenmal oder Gruft, Grabkapelle oder alter                 Biotope als Trittstein                         stattungen der Normalfall, geht heute der
               Baumbestand: Auf Friedhöfen finden Fledermäuse
               wertvolle Quartiere.
                                                                              Wie alle Großstädte hat auch Köln im Laufe     Trend hin zu kleinen Urnengräbern. Mitun-
                                                                              der Jahrhunderte eine Vielzahl an kleinen      ter werden die Urnen noch nicht einmal in
               den Kontakt mit den Friedhofsgärtnerei-                        Dörfern „geschluckt“ – die Dörfer wurden       Gräber versenkt, sondern kommen in einem
               en zu suchen, um für insektenfreundliche                       nach und nach eingemeindet. Und fast jedes     Kolumbarium in eine Wandnische. Fried-
               Pflanzen zu werben. Da viele Menschen für                      Dorf hat einen Friedhof mitgebracht. In den    wälder und einfachste anonyme Bestat-
               die Gräber ihrer Angehörigen einen Dauer-                      86 Stadtteilen Kölns gibt es heute 55 städ-    tungen in Rasenflächen werden verstärkt
               pflegevertrag abschließen, ist der Einfluss                    tische Friedhöfe. Manche sind nur einen        nachgefragt.
               der Gärtnereien auf die Grabgestaltung                         halben Hektar groß, andere erstrecken sich     In Köln bieten Friedhöfe auch so genannte
               groß.                                                          über stattliche 60 Hektar.                     Bestattungsgärten an – attraktiv gestalte-
       6
                 NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Natur erleben
Genossenschaft Kölner
Friedhofsgärtner eG

Bestattungsgarten auf dem Kölner Südfriedhof: Großzügige Gartenanlage mit integrierten Grabstellen und viel Platz für Insekten und Vögel.

te Gärten, in denen die Gräber integriert            In vielen Orten Nordrhein-Westfalens
werden. Das klassische Einzel- oder Doppel-          kümmern sich NABU-Aktive und andere
grab ist vielerorts deutlich auf dem Rückzug.        Naturfreund*innen darum, dass Friedhöfe
Da ist es kein Wunder, dass Kommunen                 nicht nur ein Ort der Toten, sondern auch
Friedhöfe entwidmen und verkleinern                  der lebendigen Vielfalt bleiben – sei es auf
möchten, um Kosten zu sparen und Platz               dem Terrassenfriedhof in Essen oder auf
für neuen Wohnraum zu schaffen. Nicht                den Friedhöfen Bottrops. Das ist kein neues
nur für Ruhe suchende Menschen wäre                  Phänomen: In Köln haben die Aktiven bei
das ein herber Verlust – da sind sich Claus          ihrer Arbeit Nistkästen entdeckt, die ihre
Walter und Corinne Buch einig: Für die               Vorgänger 1940 aufgehängt haben. Dazu
Stadtnatur sind Friedhöfe existenziell wich-         Vogeltränken aus dem Jahr 1936 – damals
tig. Während Buch verstärkt die Vegetation           hieß der NABU noch „Bund für Vogel-
kartieren wird, möchte der NABU Köln bis             schutz“. Friedhöfe als Lebensraum zu be-
2025 alle Vogelvorkommen auf den städti-             greifen und zu schützen, hat im NABU also
schen Friedhöfen dokumentieren. Auch um              eine lange Tradition. Und wer aufmerksam
Argumente zu haben, wenn es darum geht,              hinschaut, kann es nicht übersehen: Es
Friedhofsflächen gegen andere Nutzungsan-            lohnt sich!                               HH
sprüche zu verteidigen.
Fotos: Birgit Röttering

                                                                                                            Claus Walter

Aus einer unscheinbaren Fläche (links) hat der NABU Köln ein buntes Fledermausbeet entwickelt.              Einsatz für Fledermäuse in großer Höhe mit voller
                                                                                                            Sicherheitsausrüstung.
                                                                                                                                                                7
                                                                                                                              NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Hilfe für die Natur in Nordrhein-Westfalen
Gemeinsam mit dem NABU NRW Tiere, Pflanzen und
Lebensräume schützen

                                               Liebe Naturfreundin,
                                               lieber Naturfreund!
       Dürresommer wie in den beiden vergangenen Jahren blieben
       der heimischen Natur als Stresstest in diesem Jahr weitgehend
       erspart. Dafür haben die verheerenden Auswirkungen von Dauerregen, Über-
       schwemmungen und Hochwasser im Juli mit Todesopfern und großer Zerstö-
       rung uns alle tief erschüttert. Uns wurde überdeutlich vorgeführt, auf welche
       katastrophalen Ereignisse wir uns auch in unseren Breitengraden zukünftig
       klimabedingt einstellen müssen.

       Neben dem großen menschlichen Leid hat die Verwüstung auch die Natur
       schwer getroffen. Beides hängt miteinander zusammen und wir müssen die
       richtigen Schritte ergreifen, dass solche Ereignisse nicht wieder zu einer Kata-
       strophe führen. Die Natur hat ein beachtliches Regenerationspotenzial, aber
       dafür müssen wir Flüsse und Bäche wieder als dynamische Lebensräume aner-
       kennen, ihnen, wie der restlichen Natur, den nötigen Raum zurückgeben und
       unsere Eingriffe auf das Nötigste reduzieren.

       Mit der in diesem Sommer beim Landtag eingereichten und von über 115.000
       Menschen im Land unterzeichneten Volksinitiative Artenvielfalt NRW haben
       wir neben der Sicherung von lebendigen Gewässern und Auen sieben weitere
       Forderungen an die Politik gestellt. Unsere Politiker*innen müssen dem unge-
       bremsten Verlust von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen zwischen Rhein und
       Weser endlich auf allen Ebenen entgegenwirken. Die vielen erfolgreichen Arten-
       und Biotopschutzprojekte des NABU in Nordrhein-Westfalen sind ein eindrück-
       licher Beweis, dass der Schutz von Natur und Umwelt funktioniert und dass ein
       lebenswertes NRW für kommende Generationen keine Utopie ist.

       Helfen Sie mit Ihrer Spende, damit der NABU seltene Lebensräume wie Feucht-
       wiesen und Heiden am Niederrhein und im Münsterland oder das Große Torf-
       moor in Ostwestfalen auch in Zukunft erhalten kann. Lassen Sie uns gemeinsam
       mit praktischen Maßnahmen Falter und andere Insekten fördern, Greifvögel
       schützen und Amphibien retten.

       Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

       Ihre Dr. Heide Naderer
       NRW-Landesvorsitzende

Fotos: Sandra Griesenbeck; Hans-Martin Kochanek; Sandra Malz, Picasa; Bernd Schaller.
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
NABU
                                                    hstoff Holz. Der
                     r al s ei n Forst für den Ro                         isch
       Wald ist m eh                                     ächen als olog
                                                                  ök
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                     be  ns rä um  e fü r die vielen Tiere
       wertvolle Le                              n wird.
                           hützt und erhalte
        dort leben, gesc

                                                                             In der intensi
                                                                                            v genutzten
                                                                            räume selten                Landschaft
                                                                                            geworden. D            sind artenre
                                                                                                        urch Flächen            iche Lebens-
                                                                            kümmert sich                             kauf, Pacht
                                                                                            der NABU um                           und Pflege
                                                                           im Land.                       Feuchtwiese
                                                                                                                      n, Moore un
                                                                                                                                   d Heiden

                                                                        Selbst ehemalige „Allerweltsarte
                                                                                                         n“ wie Rauch- und Mehl-
                                                                        schwalbe stehen heute als gefä
                                                                                                       hrdet auf der Roten Liste. Mit
                                                                        konkreten Artenschutz-Maßnahm
                                                                                                          en hilft der NABU bedrohten
                                                                        Tierarten und Pflanzengesellsch
                                                                                                        aften in Nordrhein-Westfalen.

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Stichwort: Hilfe für Natur in NRW
VOLKSINITIATIVE Ablehnung im Umweltausschuss - FRIEDHÖFE
Thema
Wolfgang Jargstorff - stock.adobe.com

                                        Stickstoffquelle Nummer eins: Ein Teil des Stickstoffs gelangt sofort in die Atmosphäre statt in den Boden.

                                        Ernährungskrise                                                                                               ist die kritische Belastungsgrenze deutlich
                                                                                                                                                      überschritten. Im übrigen Bundesgebiet
                                                                                                                                                      sieht es kaum besser aus.
                                        Zu viel Stickstoff gefährdet die biologische Vielfalt
                                                                                                                                                      Wie wirkt sich zu viel Stickstoff auf

                                        I
                                             n Sachen Ernährung gibt es in den                 Stickstoff ist lebenswichtig                           die Natur aus?
                                             westlichen Industriestaaten eine be-              Auf den ersten Blick mag sich die Dramatik             1. Vegetation und Fauna verarmen
                                             denkliche Parallele zwischen Mensch               nicht sofort erschließen. Stickstoffverbin-            Auf hohe Stickstoffkonzentrationen im Bo-
                                        und Natur: Beide kämpfen mit zu viel                   dungen sind für Pflanzen lebenswichtig und             den sind nur sehr wenige Pflanzen ange-
                                        ungesunden Nahrungsmitteln. Während                    ermöglichen ihnen ein kräftiges Wachstum.              passt. Denn natürlicherweise überwiegen in
                                        Menschen zu viel Zucker konsumieren,                   Daher gehört Stickstoff auch zu den wich-              Deutschland Landschaften mit niedrigem
                                        leiden Pflanzen und Lebensräume unter                  tigsten Düngern in der Landwirtschaft. Die             oder mittleren Nährstoffniveau. Von den
                                        zu viel Stickstoff. Beides macht auf Dauer             Entwicklung des Stickstoff-Kunstdüngers                hohen Stickstoffwerten profitieren daher
                                        krank.                                                 nach dem Haber-Bosch-Verfahren hat die                 nur sehr wenige Arten, die sich dann mas-
                                                                                               heute üblichen Ernteerträge erst möglich ge-           senhaft vermehren und alle anderen Arten
                                        „Der Stickstoffüberschuss in unseren Land-             macht. Wo ist also das Problem?                        verdrängen.
                                        schaften ist eines der Top 3-Themen im Na-             Auf alle Flächen in Deutschland gelan-                 Typisch sind etwa Wiesen, auf denen nur
                                        turschutz“, sagt Dietrich Cerff, Vorstands-            gen heute über die Luft enorme Mengen an               noch Gräser und der gelbe Löwenzahn blü-
                                        vorsitzender der NABU-Naturschutzstation               Stickstoff. Besonders stark schlägt sich der           hen, statt einer bunten Vielfalt an Kräu-
                                        Niederrhein. „Kaum ein anderes Problem                 Nährstoff in Landschaften mit hoher Vege-              tern wie Salbei, Margerite, Flockenblume,
                                        macht der biologischen Vielfalt so sehr zu             tation nieder, etwa in Wäldern. Und natür-             Kartäusernelke und Klappertopf. Im Wald
                                        schaffen – und kaum ein anderes steht den-             lich sind auch Schutzgebiete betroffen. Die            verdrängen Brennnessel, Brombeere und
                                        noch so wenig im Fokus der Öffentlichkeit.“            Folge: In fast allen Schutzgebieten in NRW             Springkraut die natürliche Vegetation. „Die
                                                                                                                                                      Flächen sind zwar üppig grün, es fehlt aber
                                                                                                                                                      der bunte Reichtum an Arten“, sagt Cerff.
                                                                                                                                                      „Und wo die Pflanzenvielfalt einbricht,
                                                                                                                                                      schwindet auch die Vielfalt der Tiere.“
                                                                                                                                                      2. Mikroklima
                                                                                                                                                      Verschärft wird der Rückgang der Tier-
                                                                                               NABU/Marcus Bosch
                                        NABU/Natalie Meyer

                                                                                                                                                      artenvielfalt durch die Veränderung des
                                                                                                                                                      Mikroklimas in einst nährstoffarmen Le-
                                                                                                                                                      bensräumen. Wo zuvor die Sonne durch die
                                                                                                                                                      schüttere Vegetation hindurch den Boden
                                                                                                                                                      erwärmte und wärmeliebende Insekten Le-
                                        Grün-gelb statt bunt: Nährstoffreiche und artenarme Löwenzahnwiese gegenüber nährstoffarmer und
                                        artenreicher Blumenwiese. Doch selbst Löwenzahnwiesen sind inzwischen selten, weil der Löwenzahn
                                                                                                                                                      bensraum fanden, beschatten heute hohe
                                        weggespritzt wird – die Blattrosetten nehmen den ertragreicheren Gräsern zu viel Platz weg.                   Gräser und Brennnesseln den Boden. Für
                      10
                                                       NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
Thema
viele Insektenarten sind diese Lebensräu-           Genau genommen:
me zu schattig und zu feucht – und damit            Stickstoffverbindungen
verloren.
3. Schädigung von Raupen                            Unsere Luft besteht zu 78 Prozent aus
Vor allem bei Eichen ist bekannt, dass sich         molekularem Stickstoff (N2). In dieser
bei zu hohen Stickstoffkonzentrationen die          Form ist er unkritisch. Problematisch
Blätter so verändern, dass sie für Schmet-          sind Stickstoffverbindungen wie Stick-

                                                                                               NABU/Oscar Klose
terlingsraupen nicht mehr verträglich sind.         oxide oder Ammoniak, die in zu großer
Was für den Forst zunächst positiv klingen          Menge vorliegen. Wenn im aktuellen
mag, hat für die Natur insgesamt fatale Fol-        Zusammenhang von Stickstoff die Rede
gen. Denn viele Vögel brüten genau dann,            ist, sind diese Stickstoffverbindungen
wenn sich die Raupen über das Eichenlaub            gemeint.                                   Ausgeschwemmte Nährstoffe landen in Gewässern und
hermachen – und füttern mit den Larven                                                         lassen sie „umkippen“.
ihre stets hungrigen Küken. Ohne Raupen
verhungert der Vogelnachwuchs.                    5. Grundwasser, Seen und Flüsse              Atmosphäre. Ein weiteres Drittel stammt
4. Saurer Boden                                   Waldböden können bis zum hundertfa-          aus Auspuffen und Schornsteinen. Es wird
Stickstoff, der in Form von Ammoniak in           chen ihres natürlichen Stickstoffgehalts     bei Verbrennungsprozessen frei.
den Boden gerät, führt zur Versauerung. In        speichern. Inzwischen sind jedoch in
der Folge werden wichtige Mineralstoffe aus       vielen Böden die Puffer randvoll. Da-        Wie sehen die Lösungen aus?
dem Boden gespült und im schlimmsten              her schwemmt der Regen neu hinzu-            Es hilft nur eines: Die Stickstoffemissionen
Fall für Pflanzen giftiges Aluminium freige-      kommenden Stickstoff aus. Das belas-         müssen runter! Beim Autoverkehr waren
setzt. Während den Bäumen also Stickstoff         tet das Grundwasser – und damit unser        nicht ohne Grund die Umweltverbände so
in Hülle und Fülle zur Verfügung steht, feh-      Trinkwasser. Auch viele Seen, Flüsse         hinterher, dass die Abgasreinigung besser
len andere Nähr- und Mineralstoffe. Dann          und Meere leider sehr unter zu hohen         wird und die kriminellen Abschaltvorrich-
wachsen Bäume zwar stark, werden dabei            Stickstoffkonzentrationen.                   tungen verfolgt werden. Denn die Abgas-
aber krank – wie ein Mensch, der zu viel          6. Feinstaub                                 reinigung soll den Ausstoß von Stickoxiden
Zucker isst. Schlecht ausgebildete Wurzeln,       Als Ammoniak freigesetzter Stickstoff        reduzieren.
dürre Kronen und Bäume, die anfällig sind         ­reagiert mit anderen Luftschadstoffen       Noch wichtiger sind Änderungen in der
gegen Stürme und Krankheiten, sind die             und bildet Feinstaub – eine Gefahr für      Landwirtschaft. Insgesamt gilt es, das
Folge.                                             die menschliche Gesundheit.                 Düngeniveau zu senken – und damit den
Verschärft wird das Problem dadurch, dass                                                      Stickstoffüberschuss. Daneben hat die neue
saure Böden zwar für Bakterien attraktiv          Woher kommt der Stickstoff?                  Düngeverordnung endlich festgeschrieben,
sind, nicht aber für Pilze. Fast alle Bäume       In Deutschland stammen rund zwei Drit-       dass Gülle emissionsarm ausgebracht wird –
leben jedoch in Symbiose mit Pilzen im Bo-        tel der Stickstoffemissionen aus der Land-   sie muss also etwa mit Schläuchen direkt auf
den, dem so genannten Mykorrhiza. Geht es         wirtschaft. Vor allem bei der Düngung        den Boden gebracht statt großräumig ver-
den Pilzen im Boden schlecht, leiden auch         mit Gülle oder Stickstoff-Kunstdünger        spritzt werden. In anderen Ländern gibt es
die Bäume.                                        gelangen Stickstoffverbindungen in die       diese Regelung bereits seit Jahrzehnten.
                                                                                               Eine zentrale Stellschraube ist zudem die
                                                                                               Tierhaltung. Hier gilt es, die großen Tier-
                                                                                               dichten zu verringern – also weniger Tiere
                                                                                               pro Fläche zu halten, wie es in der Biohal-
                                                                                               tung schon heute vorgeschrieben ist. Zum
                                                                                               einen steht damit mehr Fläche zur Verfü-
                                                                                               gung, um die Gülle auszubringen. Zum an-
                                                                                               deren kann ein größerer Anteil des Futters
                                                                                               direkt vor Ort produziert statt importiert
                                                                                               werden. Denn wer Viehfutter aus Südame-
                                                                                               rika einschifft, importiert damit auch den
                                                                                               darin gebundenen Stickstoff.
                                                                                               Und was kann jeder Einzelne tun, um die
                                                                                               Stickstoffüberschüsse zu reduzieren? Weni-
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                                                                                               ger Auto fahren, Ökostrom beziehen und so
                                                                                               den Kohleausstieg beschleunigen, weniger
                                                                                               Fleisch konsumieren und wenn, dann auf
                                                                                               bio achten, um den Einsatz von Mineral-
                                                                                               dünger und importiertem Viehfutter zu re-
                                                                                               duzieren. Klar ist: Für den NABU wird das
                                                                                               Thema Stickstoffüberschüsse noch jahrelang
Stickstoffquelle Nummer 2: Abgase aus Verbrennungsmotoren.                                     weit oben auf der Agenda stehen.           HH
                                                                                                                                                11
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Thema
     Bernd Schälte / Landtag NRW

                                                                                                                   
                                                                                                          
                                                                                                       
     Naturschutzgesetz                                                                                       

     auf Abwegen
     CDU und FDP wollen Landesnaturschutzgesetz schwächen

     D
              ie Novelle des Landesnaturschutz-         den zugrunde liegenden Flächenverbrauch        ensvotum gegenüber der Fachkompetenz in
              gesetzes droht den Naturschutz zu         einzudämmen, der etwa durch neue Bauge-        den Bezirksregierungen“, kritisieren BUND,
              schwächen und die Naturschutz-            biete oder Straßenbauten verursacht wird       NABU und LNU.
     Aktiven im Land auszubremsen. Zu die-              und Kompensationen überhaupt erst nötig        Die geplante Änderung zeuge von fragwür-
     sem Schluss kommen NABU, BUND und                  macht. Der dramatische Schwund der biolo-      digen Motiven. So sollen die Beiräte binnen
     LNU in einer gemeinsamen Stellungnah-              gischen Vielfalt würde so weiter angeheizt,    einer Frist von sechs Wochen Stellungnah-
     me, die Ende September an den Landtag              warnen die Naturschutzverbände.                men abgeben, um Verfahren zu beschleu-
     ging. Die Verbände fordern CDU und FDP                                                            nigen. Dazu müssten jedoch die Natur-
     dringend auf, ihre Änderungsvorschläge             Mehr Druck auf Naturschutzbeiräte              schutzbeiräte sehr viel öfter als bisher tagen.
     zurückzuziehen.                                    Die Gesetzesinitiative der Regierungsfrak-     Das führe zu einem Mehraufwand in den
                                                        tionen sieht zudem vor, dass die ehrenamt-     Verwaltungen, der an anderer Stelle von
     „Der vorgelegte Änderungsentwurf behin-            lich besetzten Beiräte künftig in sehr viel    denselben Parteien beklagt wird. Häufigere
     dert und schwächt die konsequente Um-              kürzerer Zeit Stellungnahmen zu örtlichen      Sitzungstermine mit zugleich höherem Zeit-
     setzung des wichtigen naturschutzrecht-            Planverfahren abgeben müssen. Zudem            druck erschweren zudem das ehrenamtliche
     lichen Instruments der Eingriffsregelung           sollen bei strittigen Planungen die Bezirks-   Engagement und machen dieses unattraktiv,
     in NRW“, heißt es in der Stellungnahme.            regierungen als übergeordnete Instanzen        warnt der NABU.                             HH
     CDU und FDP versuchten, Kompensati-                nicht länger beteiligt werden. „Das geht zu
     onsmaßnahmen für Eingriffe in Freiflächen          Lasten des Naturschutzes, ist ein Affront
     ihrerseits als Flächenverbrauch zu titulieren      gegen das ehrenamtliche Engagement in
     und diese deutlich zu reduzieren – anstatt         den örtlichen Beiräten sowie ein Misstrau-
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                            NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
Thema
Bernd Schaller

Am 23. Juli 2020 hatten NABU, BUND und LNU vor dem Landtag den Startschuss für die Volks­
initiative gegeben. Am 9. November 2021 enttäuschte der Umweltausschuss dann alle Hoffnungen.

Volksinitiative abgelehnt
Schwarz-Gelb ignoriert Stimmen für mehr Artenvielfalt

F
       assungslosigkeit bei NABU, BUND             Umweltpolitikerinnen und Umweltpolitiker        Fataler NRW-Sonderweg beim
       und LNU: Mit den Stimmen von                von CDU und FDP klar für ein „Weiter so“        Insektenschutz
       CDU und FDP hat der Umweltaus-              entschieden.                                    Besonders fatal ist die Ablehnung der Volks-
schuss des Landtags am 9. November die                                                             initiative vor dem Hintergrund der jüngsten
Forderungen der Volksinitiative Artenviel-         „Bittere Enttäuschung“                          Vorgänge im Naturschutz in NRW – etwa
falt NRW rundum abgelehnt. Die Initiato-           „Das ist eine bittere Enttäuschung für uns,     beim Insektenschutz: Während andere
rinnen und Initiatoren kritisieren diesen          für alle 115.000 Unterstützerinnen und Un-      Bundesländer das Insektenschutzpaket des
Beschluss scharf und bezeichnen ihn als            terstützer der Volksinitiative und für die      Bundes umsetzen, versucht NRW, das auf
„Schlag ins Gesicht von mehr als 115.000           gesamte Natur in unserem Land. CDU und          Bundesebene mühsam beschlossene Vorha-
NRW-Bürger*innen, die vom Landtag                  FDP müssen damit die Verantwortung für          ben aufzuweichen. So hat etwa das NRW-
die Verabschiedung eines Handlungspro-             den zunehmenden Verlust an Artenvielfalt        Umweltministerium einen Erlass herausge-
gramms Artenvielfalt NRW eingefordert              und die ökologische Verarmung NRWs über-        geben, der umfangreiche Ausnahmen vom
hatten.“ SPD und Grüne haben für die               nehmen“, sagte die NABU-Landesvorsitzen-        Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Natur-
Volksinitiative gestimmt.                          de Dr. Heide Naderer.                           schutzgebieten vorsieht. Demnach sollen in
                                                   Die Naturschutzverbände kündigten an,           NRW Betriebe von den neuen Auflagen be-
Angesichts des fortschreitenden Arten-             trotz der akuten Enttäuschung weiter für die    freit werden können, wenn 30 Prozent ihrer
schwunds und des ungebremsten Flächen-             Inhalte der Volksinitiative zu kämpfen. Nach    Ackerfläche in Naturschutzgebieten liegen
fraßes sei dies ein „naturschutzpolitischer        der aktuellen Entscheidung des Umweltaus-       oder sie Umsatzeinbußen von 15 Prozent
Offenbarungseid“. CDU und FDP hätten               schusses wird sich der Landtag Ende Novem-      nachweisen können.
damit die Chance verpasst, zum Ende der            ber – und damit nach Redaktionsschluss die-     Der NABU kritisierte das scharf. „Hier
Legislaturperiode etliche Fehlentwicklungen        ser Ausgabe – noch einmal abschließend mit      wird – offenbar in enger Abstimmung mit
der vergangenen Jahre zu korrigieren und die       der Volksinitiative befassen müssen. In der     den Landwirtschaftsverbänden und ohne
Weichen für mehr Artenvielfalt in NRW zu           Regel folgt er jedoch den Voten der fachlich    Kooperation mit dem Naturschutz – be-
stellen, klagten die Verbände.                     zuständigen Ausschüsse. „Wenn hier und          absichtigt, bundesrechtlich vorgegebene
NABU, BUND und LNU hatten mit der                  jetzt nicht die Forderungen der Volksinitia-    Regelungen zu unterhöhlen“, sagte Naderer.
Volksinitiative acht zentrale Handlungsfelder      tive aufgenommen werden, dann werden es         Offenbar sehe die Landesregierung den kon-
für mehr Artenvielfalt aufgezeigt und einen        die Wählerinnen und Wähler an der Wahl-         sequenten Schutz der Naturschutzgebiete
grundsätzlichen Politikwechsel eingefordert.       urne am 15. Mai 2022 tun. Bei der Land-         nicht als prioritäre Aufgabe an.
Ob in der Gewässerschutz- oder Waldpolitik,        tagswahl entscheiden wir alle, wie es mit der   BKö/HH
ob beim Stadtnaturschutz oder der Landes-          Bekämpfung der Klima- und der Artenkrise
planung – überall haben sich die zuständigen       in NRW weitergeht“, sagte Naderer.
                                                                                                                                                  13
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NABU vor Ort

     D
              er NABU NRW ist mit der Em-
              schergenossenschaft und dem Lip-
              peverband (EGLV) eine Koopera-
     tion eingegangen, um die Themen Umwelt-
     schutz und Biodiversität voranzubringen
     und die Anpassung an den Klimawandel
     voranzutreiben. Die EGLV sind öffentlich-
     rechtliche Wasserwirtschaftsunternehmen
     und Deutschlands größte Abwasserentsor-
     ger und Betreiber von Kläranlagen. Der
     NABU NRW wird sich im Rahmen der
                                                    Klaus Baumers
     Kooperation unter anderem aktiv in die
     Umsetzung des Biodiversitätsprogramms
     der EGLV einbringen.
                                                    Beim Start der Kooperation: Carla Große-Kreul (EGLV), Prof. Dr. Uli Paetzel (EGLV-Vorstandsvorsitzender),
                                                    Dr. Heide Naderer (Vorsitzende NABU NRW) und Manuela Menn (Leitung Projektkoordinatorin Kooperati-
     „Zusammen mit EGLV werden wir weiter           on Emschergenossenschaft beim NABU NRW).
     an der ökologischen Umgestaltung und
     Verbesserung einer blau-grünen Region

                                                    Naturschutz
     arbeiten. Damit wird diese Kooperation
     zu einer wichtigen Schnittstelle für mehr
     Artenvielfalt an Emscher und Lippe“, sagte

                                                    und Wasserwirtschaft
     die N
         ­ ABU-Landesvorsitzende Dr. Heide
     Naderer.
     Gemeinsam möchte man die Menschen
     künftig durch digitale Angebote, Mitmach-
                                                    NABU kooperiert mit Emschergenossenschaft und Lippeverband
     Aktionen an Gewässern und Bildungs-
     projekte sensibilisieren und zur Teilhabe
     bewegen. So entsteht beispielsweise eine       Kreis Unna testen NABU und EGLV etwa                  stehen, sowie zahlreiche Amphibien, Fleder-
     Arten-Melde-App, mit der alle Menschen an      neue, extensive Bewirtschaftungsverfahren             mäuse, Libellen und seltene Pflanzen. Durch
     Emscher und Lippe zukünftig standortge-        für Grünflächen. An einem Hochwasser-                 die nun anstehende zweite Ausbaustufe wird
     nau Tiere, Pflanzen und Pilze melden und       rückhaltebecken in Castrop-Rauxel-Ickern              sich dieser Zustand nochmals verändern.
     so bei der wissenschaftlichen Datenerhe-       entstand unter dem Motto „Natur auf Zeit“             NABU und EGLV wollen gemeinsam gute
     bung helfen können.                            bereits ein vielfältiger Lebensraum. Der              Lösungen finden – sowohl für den Hoch-
     Die Kooperation baut auf Projekten auf, die    NABU konnten dort 58 Vogelarten nach-                 wasserschutz als auch für die dortigen Tier-
     vor Ort bereits startfinden. An der Körne im   weisen, von denen 34 auf der Roten Liste              und Pflanzenwelt.HH

     NABU tagt in Hagen
     Landesvertreterversammlung im Zeichen der Klima- und Biodiversitätskrise

     D
               ie NABU-Landesvertreterver-           „Insbesondere der Einsatz von Pestiziden             Die Delegierten verabschiedeten eine Reso-
               sammlung in Hagen im August          in Schutzgebieten erfolgt größtenteils wei-           lution zur Biodiversitätskrise, in der sie auch
               stand im Zeichen der Klima- und      ter ohne Einschränkung und Rücksicht auf              die Naturschutzszene aufrufen, das eigene
     Biodiversitätskrise. Dr. Martin Sorg vom       ihren eigentlichen Zweck – nämlich den                Handeln noch konsequenter an den Nach-
     Entomologischen Verein Krefeld kritisier-      Schutz der Natur mit all ihren Tieren und             haltigkeitsprinzipien auszurichten. „Wir
     te in seinem Bericht zum Insektenschutz,       Pflanzen“, sagte Sorg. Die Verantwortung              müssen jetzt handeln – jeder Einzelne. Für
     dass nach wie vor zu viele Pestizide in der    dafür liege in der Hand der Naturschutzbe-            die Transformation hin zu einer nachhalti-
     Landwirtschaft eingesetzt würden – auch        hörden auf kommunaler Ebene. Sorg forder-             gen und sicheren Zukunft schließt sich lang-
     wenn einige bienengefährliche Insektizide      te daher die NABU-Aktiven auf, die Kom-               sam aber sicher das Zeitfenster“, erklärte
     mittlerweile verboten sind.                    munen dazu zu drängen, die Schutzgebiets-             Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU
                                                    verordnungen entsprechend zu ändern.                  NRW. Der deutliche Rückgang von Insekten
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      NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
NABU vor Ort

Neustart der Kita-
Natur­botschafterInnen

                                                                                                   Vanessa Burneleit
Ausbildung geht nach erzwungener Corona-Pause weiter

D
         ie Ausbildung der Kita-Natur-        Aktuell bildet der NABU NRW in Es-
         botschafterInnen nimmt wieder        sen, Münster und Ostwestfalen-Lippe 54
         Fahrt auf. Nachdem Corona ein-       Senior*innen aus. Parallel zur zweijährigen
einhalb Jahre lang Präsenzveranstaltungen     Ausbildung engagieren sich die Teilneh-
und ehrenamtliches Engagement in Kitas        menden bereits jetzt in einer Kita vor Ort
unmöglich gemacht hat und die Teilneh-        und gestalten dort gemeinsam mit Kin-
menden sich nur online und im Selbststu-      dern und Eltern einen Teil des Außengelän-

                                                                                                   Anika Telaar
dium weiterbilden konnten, laufen die re-     des naturnah um. Dank der Förderung im
gulären Workshops seit Sommer 2021 wie-       Bundesprogramm Biologische Vielfalt und
der an – zur großen Freude der Gruppen.       durch das Umweltministerium NRW ist

                                                                                                   die Ausbildung kostenlos. Sie wird auch in
                                                                                                   Rheinland-Pfalz und Saarland angeboten.
                                                                                                   Das Handbuch zur Ausbildung ist online
                                                                                                   verfügbar – kostenfrei für alle Interessier-
                                                                                                   ten. In zehn Kapiteln bietet es Hintergrund-
                                                                                                   wissen, Praxistipps und Schritt-für-Schritt-
                                                                                                   Anleitungen sowie passende Spiel- und Bas-
                                                                                                   telideen: www.kita-naturbotschafter.de  HH

                                                                                                             Mitmachen
                                                                                                             Den nächsten Jahrgang bildet der NABU
                                                                                                             2023 aus. Wer sich derweil in anderen
                                                                                                             Projekten engagieren möchte, findet eine
Anika Telaar

                                                                                                             Übersicht unter www.NABU-NRW.de/
                                                                                                             wir-ueber-uns/projekte.

und Feldvögeln sei in ganz NRW zu beob-       net. Seit Anfang der achtziger Jahre ist Wille
achten. Gleichzeitig drohe das Worst-Case-    im Naturschutz am Niederrhein engagiert
Szenario des Weltklimarats Realität zu wer-   – vor allem im NABU auf Kreis- und Lan-
den, das eine Erhitzung der Erde um 3,3 bis   desebene. Von 1992 bis 2001 war er stell-
5,4 Grad bis 2100 beinhaltet.                 vertretender NABU-Landesvorsitzender.
Verbandsintern gab es Erfolge zu vermelden:   Im Juli 2020 wechselte Wille nach fast drei
Die Zahl der NABU-Mitglieder in NRW           Jahrzehnten als Vorsitzender der NABU-
stieg 2020 auf über 108.000 Mitglieder. Das   Naturschutzstation in den Aufsichtsrat, um
Vermögen der NABU-Stiftung Naturerbe          sich zukünftig stärker politisch zu engagie-
NRW wuchs auf über 2,1 Millionen Euro         ren. Das Konzept der Biologischen Stationen
an. Aus den Erträgen flossen 29.000 Euro in   mit auf den Weg gebracht zu haben, zählt zu
Projekte des Natur- und Umweltschutzes.       Willes größten Erfolgen.                 BKö

Goldene Ehrennadel für
                                                                                                   Birgit Königs

Volkhard Wille
Der NABU NRW hat Dr. Volkhard Wille
                                                 Dr. Heide Naderer überreicht Dr. Volkhard Wille
mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeich-                  die Goldene Ehrennadel samt Urkunde.

                                                                                                                                                        15
                                                                                                                           NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
NATZ, die jungen Seiten

                                                                                                     Das Ja hresprogra
                                                                                                                        mm der NAJU
                                                                                                     NRW „Raus statt
                                                                                                                         Zuhaus“ mit allen
                                                                                                    Freizeiten und Se
                                                                                                                        minaren für 2022
                                                                                                    ist Ende des Ja hr
                                                                                                                      es online unter
                                                                                                    w w w.NAJU-NRW
                                                                                                                        .de/seminare-
     Segel setzen auf offener See kostet mitunter etwas Überwindung.                               und-freizeiten zu
                                                                                                                       finden. Du möch-
                                                                                                   test als Teamer*in
                                                                                                                        bei Freizeiten
                                                                                                   dabei sein? Dann

     Bauernhof, Nordsee, Schweden –
                                                                                                                      melde dich in der
                                                                                                   NAJU-Landesges
                                                                                                                     chäftsstelle!

     endlich wieder NAJU-Freizeiten                                                               haben. In der zweiten Woche stand ein viel-
                                                                                                  fältiges Programm von Naturbeobachtung
     Teilnehmende freuen sich über vielseitiges Angebot in den                                    bis Geo-Caching auf dem Plan. Schwimmen
     Sommermonaten                                                                                im See und Fluss sowie Lagerfeuerabende

     N
                                                                                                  mit Gitarre durften natürlich nicht fehlen.
               achdem 2020 ein Großteil der        Auf dem Programm stand etwa die Bauern-        Egal wo die Reise hinführte: Die Teilneh-
               Ferienfreizeiten ausgefallen ist,   hoffreizeit in der Nähe von Velbert. Zwi-      menden der Sommerfreizeiten waren be-
               herrschte auch 2021 zunächst Un-    schen Wald und Wiesen schlugen Kinder          geistert und erste Anmeldungen für 2022
     gewissheit. Umso größer war die Freude,       ihre Zelte auf, lernten das Hofleben hautnah   treffen bereits ein.
     als die Sommerfreizeiten doch stattfinden     kennen und durften beim Füttern der Tiere      Ohne das Engagement der ehrenamtlichen
     konnten. Nach Monaten geschlossener           und bei der Ernte anpacken. Erstmals stand     Teamer*innen sind die Freizeiten kaum
     Schulen, ausgefallener Freizeitangebote       auch die Insel Borkum auf dem Reiseplan.       möglich. Für ihren Einsatz erwartete sie ein
     und abgesagter Reisen ging es ausgestat-      Dort lernten die NAJUs viel über die Nord-     besonderer Dank: Die NAJU NRW lud zu
     tet mit Hygienekonzept wieder gemeinsam       seeküste und ihre Tier- und Pflanzenwelt.      einem Segelwochenende auf das Segelschiff
     raus in die Natur.                            Für die Teilnehmenden war die Wattwande-       Madraque ein. Bei Windstärke sechs ging
                                                   rung ein ganz besonderes Highlight.            es von Harlingen zu der Insel Terschelling.
                                                   Mittlerweile seit 15 Jahren sind die beiden    Dort führte eine Wanderung durch einsame
                                                   Segelboottouren im Ijsselmeer und in der       Heide und Dünenlandschaft zum Nord-
                                                   Nordsee fester Bestandteil des Sommerpro-      strand, wo besonders Mutige bei herbstli-
                                                   gramms. Hier gab es 2021 wieder Abwechs-       chen Temperaturen in der Nordsee bade-
                                                   lung pur: bei stürmischem Wetter Segel         ten. Die Abende verbrachte die Gruppe in
                                                   setzen, sonnenbaden an Deck, abkühlen in       geselliger Runde an Bord. Das Wochenende
                                                   der See und gemütliche Abende abseits der      war eine gute Gelegenheit, um sich zu ver-
                                                   Häfen im Watt.                                 netzen, auszutauschen und neue Pläne zu
                                                   Die Kanutour in Schweden feierte Jubiläum:     schmieden.
                                                   Seit zehn Jahren veranstalten NAJU NRW         Die NAJU NRW freut sich auf das kommen-
                                                   und NAJU Niedersachsen diese Tour. In          de Jahr – hoffentlich wieder mit vielen Frei-
                                                   diesem Jahr ging es zum Fluss Ronnebyån.       zeiten in der Natur.
     Mit dem Kanu durch Schwedens Natur – seit
     zehn Jahren ist die Tour ein Höhepunkt im     Wechselhaftes Wetter mit Regen und Ge-
     Sommerprogramm der NAJU.                      genwind konnte der Reisegruppe nichts an-      Text und Fotos: Christian Volk
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      NATURSCHUTZ in NRW 4/2021
NATZ, die jungen Seiten
Zur JugendLeiterCard
in einer Woche
Erlebnisreiche Woche voller Theorie und Praxis

W
             as BFDlerin Emily am besten       und wie die „Sustainable Development
             an der JuLeiCa-Woche in Ha-       Goals“ ein Kinder- und Jugendprojekt be-
             gen gefallen hat? Dass sie so     gleiten können.
vielseitig war. In den ersten beiden Tagen     Spiele und Aktionsideen konnten die
lernten sie und die anderen Teilnehmenden      Teilnehmenden direkt ausprobieren. Aus
zunächst die theoretischen Grundlagen          Naturmaterialien entstanden Kunstwer-
für Freizeiten sowie Kinder- und Jugend-       ke und „Fantasietiere“, als Gruppe stell-
gruppenstunden kennen, etwa Rechte und         ten sie einen Baum mit all seinen Funkti-
Pflichten für Gruppenleiter*innen, ver-        onen nach und beobachteten Insekten mit
schiedene Führungsstile, Missbrauchsprä-       Becherlupen. Zum Abschluss setzten die
vention und Tipps für Verhalten in schwie-     Teilnehmenden ihr neues Wissen direkt
rigen Situationen.                             um und planten sowie präsentierten eigene
                                               Gruppen-Aktionen.
Am dritten Tag ging es im Modul III zur        Besonders schön war es für die Teilneh-
Artenkenntnis um den Themenbereich Or-         menden zu erleben, wie aus verschiedenen
nithologie. Der Fokus lag auf den verschie-    Menschen eine Gemeinschaft wurde. Die
denen Vögeln in der Stadt. Durch interakti-    Abende verbrachten sie zusammen, spielten
ve Einheiten und Gruppenarbeiten stieg die     Gemeinschaftsspiele oder Tischtennis und
Gruppe tief in die Thematik ein.               saßen mit Stockbrot am Lagerfeuer.
An den letzten beiden Tagen der JuLeiCa-       Auch im kommenden Jahr bietet die NAJU
Woche stand viel praktische Arbeit auf dem     NRW einzelne JuLeiCa-Module und ganze
Tagesplan. Hierbei wurden die Grundla-         JuLeiCa-Wochen an.
gen der Umweltbildung und Naturpädago-         Infos unter www.NAJU-NRW.de/
                                                                                                 Eine JuLeiCa-Woche voller Erlebnisse – ob tags-
gik vermittelt, was sich hinter „Bildung für   seminare-und-freizeiten.                          über beim Vögelbeobachten oder abends am
Nachhaltige Entwicklung“ (BNE) versteckt                         Text und Fotos: Emily Oehlert   Lagerfeuer.

D                                              Neue Projekte, neue Gesichter
         ie NAJU NRW wächst und freut
         sich über zwei neue Projekte so-
         wie über neue Mitarbeiterinnen.
Nathalie Wegner übernimmt als neue Ge-         Die NAJU NRW auf Wachstumskurs
schäftsführerin die Leitung der Landes-
geschäftsstelle in Düsseldorf. Zuvor war       Laura Krisam verstärkt die NAJU als Jugend-       Die Studentinnen Lina Martin und Lara
die Naturschutzbiologin im Energiebil-         bildungsreferentin und Veranstaltungskoor-        Baumanns koordinieren das Hochschul-
dungsteam der Verbraucherzentrale NRW          dinatorin. Die Leitung des JugendUmwelt-          gruppen-Projekt der NAJU. Es bringt das
tätig.                                         Mobils übernimmt die Geologin Josephine           Thema Naturschutz auf den Campus und
                                               Berndt. Gemeinsam mit Laura koordiniert           unterstützt Studierende bei der Gründung
                                               sie das neue Projekt „Trashbusters – fight        eigener NAJU-Hochschulgruppen.
                                               the plastic wave“ und sagt der Müllflut den       Zudem heißt die NAJU NRW E    ­ mily Oehlert,
                                               Kampf an. Als Projekt-Auftakt sammelten           Charlotte Kranenberg und ­Melanie Szirnik
                                               Mülljäger*innen bereits am Küstenputz-            als neue BFDlerinnen herzlich will­kommen.
                                               tag im September Müll. Im Frühjahr 2022
                                               geht es dann richtig los: Mit einer interakti-    Kontaktdaten:
                                                                                                 www.NAJU-NRW.de/die-naju/geschaeftsstelle
                                               ven Wanderausstellung und Workshops zu
                                               den Themen Müll und Recycling bringt das          Projektinfos:
                                               JugendUmweltMobil Trashbusters direkt             www.NAJU-NRW.de/projekte
Foto: privat

                                               an die Schulen. Mit im Gepäck ist auch ein
                                                                                                 Text: Lena Dankert
                                               Nachhaltigkeitskoffer mit Bildungsmateri-
Nathalie Wegner ist neue Geschäftsführerin
                                               alien und Aktionsideen zur Gründung von
der NAJU NRW.                                  Cleanup- oder Nachhaltigkeits-AGs.
                                                                                                                                                   17
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