STEIERMARK Digitale Neujahrsbotschaft der IV-Steiermark
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DAS MAGAZIN DER INDUSTRIE Februar 2021 THERAPIE FÜR DIE BILDUNG Von der Ausbildung bis zur Fachkräftesicherung: Corona trifft auch Elementarbildung, Schulen, Universitäten – und damit unsere Zukunft. Wie jetzt gegengesteuert werden muss, zeigt die Industrie. Vereinigung der österreichischen Industrie, Schwarzenbergplatz 4, 1030 Wien Österreichische Post AG, MZ 03Z034897 M INTERNATIONAL CORNER AUSBLICK STEIERMARK Comeback für starke Warum der Beinahe-Blackout Digitale Neujahrsbotschaft transatlantische Beziehungen? Seite 2 ein Weckruf sein muss Seite 4 der IV-Steiermark Seite 10
international corner/Gastkommentar Comeback für starke transatlantische Beziehungen? Was die neue US-Präsidentschaft für Österreichs Industrie bringen kann, haben die IV-Experten für internationale Beziehungen und Märkte Die analysiert. USA sind zweitwichtigster Exportmarkt A für heimische Produkte und drittgrößter Investor in Österreich merica first und Strafzöl- 1,9 Bio. Dollar-Konjunkturpaket le oder internationale Zu- Direktinvestitionen (2019) Auf nationaler Ebene will Biden die Wirt- sammenarbeit mit weniger EUR 12,24 Mrd. schaft mit einem 1,9 Bio. Dollar schweren Protektionismus? Die medial Konjunkturpaket stärken und die Corona-Kri- transportierten Erwartungen se bewältigen. Geplant sind unter anderem gegenüber dem neuen US-Präsidenten Warenexporte (I-X.2020) 400 Mrd. Dollar Investitionen für Infrastruk- waren bereits vor dessen Amtsantritt groß. EUR 4,33 Mrd. tur, weitere 300 Mrd. Dollar für Forschung Doch wird Joe Biden tatsächlich der Heils- & Entwicklung, etwa in 5G/6G-Technologie, bringer, der die internationale (Handels-) Warenexporte (I-X.2020) Künstliche Intelligenz oder Clean Energy. Politik wieder in ruhigere Gewässer führt EUR 7,60 Mrd. Das Paket eröffnet auch Chancen für hei- und somit mehr Berechenbarkeit schafft? mische Unternehmen. Weiterer Kernpunkt sind Maßnahmen im Gesundheitssystem Eines ist sicher: Die USA sind nicht nur die Direktinvestitionen (2019) von 773 Mrd. Dollar, die zunächst für die Lokomotive für die Weltwirtschaft, son- EUR 12,28 Mrd. COVID-Bekämpfung eingesetzt werden dern auch wichtiger Wirtschaftspartner für Quelle: Statistik Austria, OeNB sollen. Zudem sollen Steuerreduktionen der Rot-Weiß-Rot. Sie sind der zweitwichtigste vergangenen vier Jahre zurückgenommen Die USA sind wichtiger Wirtschaftspartner für Österreich. Von einem gut gemachten Exportmarkt für Produkte „made in Austria“ und Unternehmenssteuern von 21 auf 28 transatlantischen Abkommen könnten beide Seiten profitieren. und wichtiges Investitionsziel österreichi- Prozent erhöht werden. scher Betriebe, die etwa so viel in den USA investieren wie US-Firmen in Österreich. in das Pariser Klimaabkommen gestartet. Hauptkonkurrent auf der Weltbühne. Aller- Die Wahlkampf-Slogans „Made in America“ Rund 200 heimische Unternehmen produ- Gleichzeitig sollen ehrgeizige Klimaschutz- dings könnte die wirtschaftspolitische An- und „Buy in America“ zeigen, dass protektio- zieren in den USA und weitere 500 sind vor Ziele auf die Agenda, womit 100 Prozent bindung an Europa wieder an Bedeutung nistische Maßnahmen auch bei der neuen Ort tätig. erneuerbare Energieerzeugung und CO2- gewinnen, eine vollständige Rückkehr zur US-Administration auf der Agenda bleiben. Nullemissionen bis 2050 erreicht werden traditionellen engen Partnerschaft ist aber Dennoch ist eine Entspannung der inter- Rückkehr auf das sollen. Auch wollen die USA Mitglied der nicht zu erwarten. Die Türe für ein gut nationalen Handelspolitik möglich – es liegt internationale Parkett Weltgesundheitsorganisation bleiben. gemachtes transatlantisches Wirtschafts- aber an Europa und Österreich, die damit Eine 180-Grad-Wende ist nicht zu erwar- abkommen könnte jedoch einen Spalt weit verbundenen Chancen zu nutzen. ten, es wird aber deutliche neue Akzente Bei der US-Außenpolitik bleibt der Fokus offen sein. Mit einem täglichen Warenhan- geben. So lässt sich die Analyse der IV-Ex- auf den pazifisch-asiatischen Raum gerich- delsvolumen von 1,7 Mrd. Euro sind die KONTAKT perten auf einen Nenner bringen. Auf der tet. Nicht zu rechnen ist dabei mit einem USA und EU die am engsten miteinander Die ausführliche Analyse zur Habenseite steht etwa die angekündigte grundsätzlichen Abweichen vom bishe- verflochtenen Wirtschaftsräume der Welt. „US-Präsidentschaft“ finden Rückkehr auf das internationale Parkett. So rigen Kurs gegenüber China. Das Reich Gemeinsam könnten sie globale Standards IV-Mitglieder in ihrer IVTopApp. haben die USA bereits den Wiedereintritt der Mitte bleibt der wirtschaftspolitische der Zukunft für fairen Wettbewerb setzen. GASTKOMMENTAR Die Migrationswelle ins Digital Die Corona-Krise hat Österreich mit einem Digitalisierungsvirus infiziert. Das klingt zukunftsgerichtet. Aber ist es nicht eigentlich ein Armutszeugnis für eines der reichsten Länder der Welt? V or bald einem Jahr endete die Zoom, Webex und all die anderen „Game- innovationsimmune Besitzstandswahrung Schreibtische in Großraumbüros dort, zum Normalität. Am 11. März er- changer“: Es sind die Kompasse der Mig- und reformresistente Bildungspolitik. Es Homeoffice umfunktionierte Küchentische klärte die Weltgesundheits- rationsströme ins Digital. Wir sind analoge braucht Wettbewerbsfähigkeit – und zwar hier – das wird als Digitalisierungsoffensive organisation COVID-19 zu Asylwerber an den Grenzen zur virtuellen beide in diesem Wort fusionierten Begriffe. nicht reichen. Rabiates Online-Shopping ist einer Pandemie. Fünf Tage Zukunft. Statt Geschäftsreisen, Business- Sich hinter einer Handvoll längst entdeckter kein Synonym für das „Internet der Dinge“. später ging Österreich in seinen ersten Lock- meetings und weitläufige Messen drängen Weltmarktführer oder öffentlichkeitsscheu- Und eine Twitter-Schwalbe macht noch down. Der letzte Satz des letzten Paragrafen sich am engen Computerbildschirm vor der er Hidden Champions zu verstecken, genügt keinen Digitalisierungssommer. Aber dass der entsprechenden Verordnung zeugt (im Nase Fotogalerien (zumindest unmaskier- nicht. Österreich ist gefordert, seine Poten- es jetzt zu einem Bytes-und-Bits-Boost ge- Rückblick) von einer bestenfalls optimis- ter) Köpfe, in denen Ohrhörer stecken. Ein ziale effizienter und breiter auszuschöpfen kommen ist, darf man begrüßen. Dass es als tischen, wahrscheinlich naiven, jedenfalls Land hat aufgerüstet. und seine Talente zielgerichtet zu fördern. Weckruf ein Virus gebraucht hat, bleibt für völligen Fehleinschätzung der Lage: „Diese Es braucht eine belastbare Strategie, denn ein Land wie Österreich beschämend. Verordnung tritt mit 16. März in Kraft und es gibt viel zu verlieren. mit Ablauf des 22. März 2020 außer Kraft.“ „Es braucht Die Welt ist im Wandel. Es ist keine ruhige Damals glaubte man noch an das Gute im Virus. Und an den Osterhasen. Er sollte die Wettbewerbsfähigkeit Reform, sondern eine rasante Revolution, die die physische und digitale Welt ver- Normalität – nicht allzu schwer versteckt – in den Alltag zurückbringen. Gefunden – und zwar schmelzen lässt. Der Zugang zu Know-how wird durch die Digitalisierung demokrati- haben wir sie bis heute nicht. Zur Selbstbe- ruhigung nennen wir unser infiziertes Baby- beide in diesem Wort siert und globalisiert. Über vier Milliarden Menschen haben Zugang zum Internet. elefanten-Reservat seither eben die „neue fusionierten Begriffe.“ Deren Expertise hat kein Einreiseverbot. Normalität“. Klingt besser als Krise. Und sie reist mit Vollgas und höchster Flexi- bilität. Die Halbwertszeit unserer erlernten Um die Übersicht über die Sperren, Tes- Fähigkeiten ist auf nur noch zweieinhalb bis tungspläne und Förderprogramme nicht zu Investitionen in digitale Infrastruktur wurden fünf Jahre geschrumpft. Immer schneller! verlieren, nummerieren wir die Lockdowns im Sprinttempo vorgezogen. In manchen Immer besser? Klaus Höfler ist stellvertretender Chefredakteur des Blogs „Fakt und Faktor. Wirtschaft. Wissen mittlerweile wie früher Königshäuser oder Bereichen war dieser Modernisierungs- und Wandel“. Zuvor war er für „Die Presse“ und Fotos: AdobeStock, Fakt&Faktor Unternehmerdynastien ihre Thronfolger. schub hochnotwendig. Denn in Zeiten, in Die Gig-Economy boomt jedenfalls auch auf „Kleine Zeitung“ tätig. Parallel sind wir zu Virologen, Pharmazeu- denen Know-how zur wichtigsten Ressour- unseren Arbeitsmärkten. Das große Wachs- ten, Gesundheitsökonomen oder Volks- ce geworden ist und sich industriell hoch- tum der Weltwirtschaft spielt sich aber längst WEBTIPP schullehrerinnen gereift. Aber vor allem: entwickelte Volkswirtschaften in Wissens- außerhalb Europas, in Asien, ab. Österreich www.faktundfaktor.at Wir sind jetzt „digital natives“! Teams, ökonomien verwandeln, bleibt keine Zeit für wird sich anstrengen müssen. Verwaiste 2 Februar 2021 | iv-positionen
Leitartikel/Aktuelles Aufschwung mit Risken Österreichs Unternehmen spielen bei der Krisenbewältigung entscheidende Rollen – in der Pandemiebekämpfung und als „Nicht zuletzt hat die Pandemie aufgezeigt, Träger des Aufschwungs. Es braucht jetzt klare strategische wie sehr sich die geopolitische Rahmenbedingungen, damit dieser optimal gelingen kann. Situation verschoben hat. D Technologie ist die ass heimische Betriebe ent- Impfung wertvoll und müssen genutzt jetzt aber ebenso wichtig, dass unsere neue Währung.“ scheidende Akteure während werden. Im Rahmen einer österreichi- Betriebe die Arbeitskräfte für den Auf- Sabine Herlitschka und in der Zeit nach der Krise schen Impfstrategie müssen Corona- schwung haben, die sie brauchen. Ein sind, steht außer Frage. Das Impfungen niederschwellig – unbüro- stärkerer Fokus auf arbeitsnahe AMS- IV-Vizepräsidentin und zeigt sich sowohl beim Thema kratisch, bevölkerungsnah und in einer Qualifizierung (z.B. im Digitalbereich), Infineon Österreich-Chefin „Testen“ und „Impfen“ als auch beim Thema vertrauten Umgebung – durchgeführt Qualifizierungsförderung für Beschäftigte „Aufschwung“: werden können – die Niederschwellig- oder regionale Lehrlingshubs in Industrie- keit ist der entscheidende Erfolgsfaktor regionen, um die Mobilität junger Men- • Testungen sind das Mittel der Wahl, jeder Impfstrategie. Wichtig ist zudem, schen zu stärken, sind dafür notwendig. bis ausreichend Impfdosen zur Verfü- dass Schüsselkräfte der Exportwirt- Das unterstützt nicht nur Unternehmen, gung stehen und in der Breite geimpft schaft bei der Impfstrategie so schnell sondern senkt auch die Arbeitslosigkeit. wurde. Und das kann länger dauern als wie möglich berücksichtigt werden. An- „International gesehen wünschenswert. Schon jetzt spielen sonsten droht ein Wettbewerbsnachteil, Einmal mehr zeigt sich: Unsere Unternehmen Unternehmen bei Testungen eine wich- weil andere Länder schneller sind und machen vor, wie man sich rasch und richtig haben wir eine extrem tige Rolle. Sie haben bewiesen, dass sie Mitbewerber früher wichtige Märkte er- auf die massiven Herausforderungen der Co- hohe Steuerbelastung. wirksame Vorkehrungen zum Schutz von reichen können. Daher: Rasches Impfen rona-Pandemie einstellt, wenn die Rahmen- Es wäre längst an der Zeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in bedingungen stimmen. Diese müssen zügig den Unternehmen mehr Kundinnen und Kunden treffen. Zahlen den exportorientierten Unternehmen si- weiterentwickelt werden. Diese strategische finanziellen Handlungsspielraum der AGES dokumentieren, dass es in Be- chert Wohlstand und Arbeitsplätze. Oder Aufgabe kann der Politik niemand abnehmen. zu geben, statt über trieben nur minimale Ansteckungen ge- anders formuliert: Der zukünftige Erfolg Die Erwartungshaltung von Menschen und neue Belastungen geben hat. Beim unbürokratischen und wird jetzt entschieden. Unternehmen ist aus guten Gründen hoch. einfachen Testen, das in den nächsten nachzudenken.“ Wochen mit Blick auf neue Virus-Mu- • Für einen möglichen kräftigen Auf- Ihr Gerhard Luftensteiner tanten wichtiger denn je wird, müssen schwung gibt es derzeit hohe Risken. Vorstandsvorsitzender Keba AG die Betriebe entsprechend eingebunden Umso wichtiger sind praxisnahe Krisen- werden, damit sie weiter einen signi- instrumente, die das Durchstarten er- fikanten Beitrag in der Gesamtstrategie leichtern. Die Homeoffice-Regelung ist leisten können. dafür ein gutes und flexibles Instrument. Wir haben uns erfolgreich dafür einge- • Die Erfahrungen beim betrieblichen setzt, dass das Instrument freiwillig bleibt. Christoph Neumayer, Testen sind gerade mit Blick auf die Neben der Flexibilität des Arbeitsortes ist IV-Generalsekretär „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels, IV-MEINUNG leider kann uns derzeit keiner sagen, wie lange dieser Tunnel ist.“ Wolfgang Rohner Geschäftsführender Gesellschafter IMA Schelling Austria GmbH Die Redaktion weist darauf hin, dass Redaktionsschluss der vorliegenden Ausgabe der IV-Positionen der 1. Februar war. Aktuelle Informationen über spätere Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie finden Sie unter www.iv.at. AKTUELLES IN KÜRZE POSTING DES MONATS GRAFIK DES MONATS ZAHL DES MONATS 77,6 Die für die Industrie wichtigsten höheren „COVID-19-Gewinnern“ im Jahr 2020. Ihre Ausbildungen lagen schon 2019 fast aus- Bedeutung für die Industrie hat in den ver- schließlich im technischen Bereich. Aus- gangenen Monaten einen neuerlichen Schub bildungen in den Bereichen Digitalisierung erfahren. Weitere Infos zum Thema finden und Industrie 4.0 gehören eindeutig zu den Sie im MINT-Factsheet auf www.iv.at. Die Unternehmen in der Industrie betrei- ben einen massiven Aufwand für Sicherheit, Schutz und Gesundheit ihrer Beschäftigten. Diese Anstrengungen sind neben dem Zeit- Meist gesuchte Ausbildungen der Industrie (Hochschule, BHS) Hochqualifizierte, Nennungen in % der Industrieunternehmen aufwand auch mit hohen finanziellen Kosten verbunden: Bis Ende Jänner belief sich der Informak/ Wirtscha sinformak 75% 2020 Testaufwand auf 77,6 Mio. Euro. Von wö- 56% 2019 chentlichen Testungen für Mitarbeiter kriti- Mechatronik/Automasierungs- 75% technik/„Industrie 4.0“ 49% scher Produktionsbereiche über den Einsatz mobiler Teams und eigenständigem Contact Quelle: MINT-Corona-Update 2020, Risk-Re im Au rag der IV 2020 56% Elektrotechnik/Elektronik 42% Tracing bis hin zum Einsatz eigens entwickel- 51% ter Antigen-Tests: Die Unternehmen in der Maschinenbau 39% österreichischen Industrie sind bei COVID- Betriebswirtscha / 41% Testungen Vorreiter. Wirtscha swissenscha en 51% Wirtscha singenieurwesen 37% 34% Fotos: AdobeStock, IV/Michalski Werkstoffwissenscha en/ 29% Materialwissenscha en 27% 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Februar 2021 | iv-positionen 3
Industriepolitik Beinahe-Blackout muss klarer Weckruf sein Versorgungssicherheit muss auch und gerade mit Blick auf den Umbau des Energiesystems stärker in den Fokus der Politik rücken, fordert die IV. B einahe wären in Europa die Lichter Denn eine stabile Stromfrequenz ist gerade ausgegangen: Am 8. Januar 2021 für den produzierenden Sektor entschei- stand die Stromversorgung für eine dend. Vor allem, weil hochtechnische Anla- Stunde kurz vor dem Blackout. gen in industriellen Prozessen eine nahezu Technischer Grund dafür waren exakt gleichbleibende Stromqualität mit die atypischen Stromflüsse innerhalb Euro- einer Netzfrequenz von 50 Hertz erfordern. pas. Der Südosten des Kontinents, der in der Schon geringe Spannungsschwankungen Regel Strom importiert, erzeugte an diesem können zu massiven Störungen in der Pro- Tag zu viel Elektrizität und leitete diese in den duktion, Ausfällen bzw. Gefährdung von Lie- Westen, der normalerweise selbst Strom ex- ferketten führen und in weiterer Folge wett- portiert. Dadurch entstand eine Sogwirkung bewerbsschädigend sein – und haben damit Richtung Westen. Die Folge: Eine Überlas- in der Industrie eine völlig andere Dimension tung der Netze im Südosten, die in einer Kas- als etwa in einem privaten Haushalt. kade zum raschen Ausfall mehrerer Leitungen führte, was wiederum einen Riss innerhalb Genehmigungsverfahren des europäischen Verbundnetzes zur Folge beschleunigen hatte. Die Frequenz im Süden stieg, während Die IV plädiert daher für wirksame und ver- der Norden (mit Österreich) einen plötzlichen lässliche Strategien, um derartigen Bedro- Frequenzabfall bewältigen musste. hungsszenarien zu begegnen oder sie im Idealfall gar nicht erst entstehen zu lassen. Dabei soll es sich um den bisher zweit- Insbesondere muss das Energiesystem auf schwersten Vorfall im europäischen Strom- einen deutlich erhöhten Bedarf an Flexibilität netz handeln. Damals mussten nach einer vorbereitet werden, um Schwankungen in der Großstörung am 4. November 2006 zehn Erzeugung durch volatile Erneuerbare abzu- Mio. Haushalte in Westeuropa vom Strom- fangen. Dafür notwendig sind ein rascher und netz getrennt werden. Dem unverzüglichen bedarfsgerechter Netzausbau sowie der Aus- Eingreifen der europäischen Übertragungs- bau flexibler Wasserkraftwerke und Speicher. netzbetreiber ist es zu verdanken, dass die Entsprechend müssen Genehmigungsver- Frequenz wieder im Normalbereich stabili- fahren rascher abgewickelt werden können siert wurde. Eine zentrale Rolle spielten da- – Handlungsbedarf gibt es beim Allgemeinen Damit in Europa die Lichter weiter leuchten, muss das Energiesystem auch auf einen deutlich bei in Österreich die hochflexiblen Speicher- erhöhten Bedarf an Flexibilität vorbereitet werden, um Schwankungen in der Erzeugung durch Verwaltungsverfahrens-, Umweltverträglich- und Pumpspeicherkraftwerke. volatile Erneuerbare abzufangen. keitsprüfungs- und Standortentwicklungsge- setz. Wesentlich als „Blackout-Versicherung“ Stabile Stromfrequenz Sicherheitsstufen. Dennoch hat dieses Ereig- Im Gegenteil: Die Politik ist gefordert, Versor- sind zudem eine funktionierende Netzreser- für Industrie entscheidend nis deutlich vor Augen geführt, dass Großstö- gungssicherheit in den Strategien und Maß- ve sowie verstärkte Anreize, um die Industrie Bis zu einem tatsächlichen Blackout, also rungen nicht ausgeschlossen werden können. nahmen zum klimaneutralen Umbau des Ener- in die Netzstabilisierung einzubinden und einem völligen Zusammenbruch der Strom- Für die Industrie ist daher klar, dass man nicht giesystems stärker zu berücksichtigen und die schließlich ein ganzheitlicher Ansatz im Rah- versorgung, gibt es zwar noch weitere einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Lehren aus dem Beinahe-Blackout zu ziehen. men der Sektorintegration. IV-KONJUNKTURBAROMETER WIRTSCHAFTLICHE ERHOLUNG MIT VIELEN FRAGEZEICHEN Warum ein kräftiger Aufschwung heuer immer noch möglich sein kann, zeigt das jüngste IV-Konjunkturbarometer. Die Wachstumserwartungen stehen und fallen aber mit den Impfungen und der Erreichbarkeit internationaler Märkte. 32,5 Mrd. Euro verlorene Wertschöpfung: Sportveranstalter. Dennoch fällt der IV-Kon- werden können. Und wenn der internatio- sollte die wirtschaftspolitische Unsicherheit Der bisher durch Corona ausgelöste Scha- junkturausblick für 2021 optimistisch aus. nale geschäftliche und private Reiseverkehr abnehmen, etwa durch das Post-Brexit-Ab- den für Österreichs Wirtschaft ist enorm. Davor stehen aber einige „Wenn“. ohne regulatorische Einschränkungen spä- kommen oder den Amtsantritt des neuen Massiv betroffen sind neben der Industrie testens bis Juli wiederaufgenommen werden US-Präsidenten. vor allem Teile des Dienstleistungssektors, Wenn die pandemiebedingten Risiken nicht kann, dann besteht aus derzeitiger Sicht die wie die Luftverkehrswirtschaft, der sta- schlagend werden und die Lockdown-Maß- Chance auf einen der stärksten Aufschwün- Wie ging es der Industrie im vierten Quar- tionäre Einzelhandel oder die Kultur- und nahmen spätestens ab April aufgehoben ge seit 20 Jahren. Naturgemäß hängt jede tal 2020? Das IV-Konjunkturbarometer, das Prognose davon ab, ob die Impfstrategie als Mittelwert aus den Beurteilungen der planmäßig umgesetzt wird und neue Virus- gegenwärtigen Geschäftslage und der Ge- KONJUNKTURBAROMETER mutationen keine restriktiveren Maßnahmen schäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, erforderlich machen. kletterte von 6,1 auf 26,2 Punkte. Grund 80 dafür ist der bessere Geschäftsgang in Ver- 70 Starker Rebound-Effekt möglich gleich zum Vorquartal. Parallel dazu ziehen 60 Was gibt Anlass für den Optimismus? „Die auch die Geschäftserwartungen auf Sicht 50 Wirtschaft hat einen historischen Einbruch von sechs Monaten von 4 auf 27 Punkte binnen kürzester Zeit erlitten, sodass schon an. Auch bei den Gesamtauftragsbeständen 40 deshalb ein überdurchschnittlich starker war eine deutliche Zunahme von 10 auf 29 30 Das Rebound-Effekt im Vergleich zu einer übli- Punkte zu verzeichnen. An der Konjunktur- IV-Konjunktur- 20 barometer chen Rezession zu sehen sein sollte“, erklärt umfrage beteiligten sich 394 Unternehmen kletterte im IV-Chefökonom Helmenstein. Als weitere mit rund 272.000 Beschäftigten. 10 vierten Quartal Gründe nennt er die Normalisierung der 0 2020 von Sparquote von ihrem derzeit nahezu ver- 6,1 auf 26,2 -10 Punkte. doppelten Niveau sowie einen hohen Nach- -20 Gründe dafür frageimpuls aus der Investitionsprämie. Als sind ein besserer starker Antrieb würde natürlich die wieder- WEBTIPP Fotos: IV, AdobeStock -30 Geschäftsgang Ausführliche Informationen über das hergestellte Erreichbarkeit von Nah- und und höhere IV-Konjunkturbarometer finden Sie unter -40 Fernmärkten der österreichischen Industrie Geschäftser- 06/15 09/15 12/15 03/16 06/16 09/16 12/16 03/17 06/17 09/17 12/17 03/18 06/18 09/18 12/18 03/19 06/19 09/19 12/19 03/20 06/20 09/20 12/20 www.iv.at wartungen. und der Tourismuswirtschaft wirken. Zudem 4 Februar 2021 | iv-positionen
Wirtschaftspolitik Testen und Impfen: Industrie muss vorne mit dabei sein Bei der Impfstrategie muss auch die wirtschaftliche Dimension berücksichtigt werden, argumentiert die Industrie. Kurzfristig braucht es eine kluge Teststrategie, in die Unternehmen eingebunden sind. R asches Impfen und strategisches Schlüsselarbeitskräften in der Industrie so Testen sind die wirksamste Thera- rasch wie möglich eine Impfmöglichkeit zur pie gegen die Corona-Ausbreitung Verfügung zu stellen“, erklärt IV-Präsident – und damit auch gegen Beschrän- Georg Knill. Die Exportwirtschaft ist die kungen für Gesellschaft und Wirt- Stütze der heimischen Wirtschaft – und Ba- schaft. Gerade hier können Unternehmen sis, damit Österreich am Aufschwung nach mit ihrem Know-how und ihrer Infrastruktur der Pandemie partizipieren kann. Mehr als einen entscheidenden Beitrag leisten. Das 50 Prozent der heimischen Wirtschaftsleis- haben die vergangenen Monate gezeigt: tung werden im Ausland verdient, beinahe Heimische Industriebetriebe betreiben jeder zweite Arbeitsplatz hängt direkt oder einen gewaltigen Aufwand für Sicherheit, indirekt an Exporten. Mit der Impfverspä- Schutz und Gesundheit ihrer Beschäftigten. tung entstünden Wettbewerbsnachteile So waren laut Gesundheitsbehörde AGES gegenüber Ländern, die beim Impfen weiter Anfang Jänner nur zwei Prozent der Infek- vorne sind und deren Unternehmen rascher tionen auf den Arbeitsplatz zurückzuführen. bei ihren Kunden auf den ausländischen Märkten sein können, argumentiert die IV. Schlüsselarbeitskräfte der Industrie priorisieren Betriebliche und behördliche Mit Blick auf die internationalen Entwicklun- Tests gleichstellen gen ist klar, dass bei dem Rollout der Impf- Bis die Impfungen greifen, muss eine kluge strategie deutlich mehr Tempo notwendig Teststrategie Mittel der Wahl sein. Erfolgs- ist. Die IV hat dabei früh darauf aufmerksam entscheidend ist auch hier die Einbindung als Teststation für Antigen-Tests registrieren werden können. Daher muss der Nachweis gemacht, dass neben der gesundheitspoli- der Unternehmen. Die Industrie hat daher lassen können. Wichtig ist dabei, dass be- des Testergebnisses digital erfolgen. Für die tischen Dimension auch die wirtschaftliche bereits im Dezember vorgeschlagen, be- triebliche und behördliche Tests gleichge- Industrie ist klar: Die Betriebe können eine Perspektive berücksichtigt werden muss: triebliche Tests in die nationale Teststrategie stellt sein sollen. Zudem sollten die Ergeb- wesentliche Rolle bei der Corona-Eindäm- „Außer Streit steht natürlich, dass die bereits zu integrieren – und zwar einfach, unbüro- nisse rasch in die Datenplattform der AGES mung spielen. Je besser sie dabei unterstützt definierten Risikogruppen Vorrang haben kratisch und digital. Die empfohlenen Eck- einfließen und so rasch wie möglich für das und entlastet werden, desto höher sind müssen. Allerdings plädieren wir dafür, auch punkte: Konkret sollen sich Unternehmen (gesetzlich) mögliche Eintrittstesten genutzt die Erfolgschancen. AKTUELLES IN KÜRZE „Working from Home“ bleibt freiwillig W as vor der Corona-Krise noch die Jänner in den entsprechenden Gesetzen erforderlichen digitalen Betriebsmitteln oder Ausnahme war, ist heute fixer umgesetzt werden soll. Für die Industrie war entstandenen Mehrkosten für Beschäftigte. Bestandteil der Arbeitswelt. Vier dabei zentral, dass „Working from Home“ So wurde klargestellt, dass die Bereitstellung von zehn Berufstätigen waren zu Jahresbe- freiwillig bleibt – und zwar für Unternehmen von digitalen Arbeitsmitteln (z.B. Laptop) ginn – zumindest teilweise – von zuhause und Beschäftigte. Zudem sieht die Homeof- durch den Arbeitgeber kein steuerpflichtiger aus tätig, ging aus einer Umfrage hervor. fice-Vereinbarung vor, dass der Gestaltungs- Sachbezug ist. Zahlungen der Arbeitgeber zur Das entspricht in etwa den Erhebungen des spielraum weiterhin auf betrieblicher Ebene Deckung der Mehrkosten im Homeoffice für Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, das bleibt. Auch dafür hatte sich die IV einge- Laptops oder Mobilgeräte sollen bis zu 300 von einem „Working from Home“-Potenzial setzt. Ebenso wichtig ist, dass Betrieben und Euro pro Jahr steuerfrei sein. Außerdem sollen in Österreich von 45 Prozent ausgeht. ihren Beschäftigten keine zusätzliche Büro- Arbeitnehmer auch andere Aufwendungen kratie oder überschießende Regulierungen bis zu 300 Euro als Werbungskosten abset- Gemeinsam mit Sozialpartnern und Arbeits- aufgebürdet werden. zen können – in Summe also bis zu 600 Euro. ministerium hat die IV ein „Homeoffice- Über die konkrete gesetzliche Umsetzung Maßnahmenpaket 2021“ entwickelt, das Neu ist – zunächst einmal für die kommenden werden IV-Mitglieder wie gewohnt zeitnah nach dem Beschluss im Ministerrat Ende drei Jahre – die steuerliche Begünstigung bei mit dem Newsletter „iv-exklusiv“ informiert. Österreichische Rohstoffstrategie 2030 präsentiert K napp vor Jahresende präsentierte Souveränität oder Resilienz in Rohstofffra- Die IV begrüßt ausdrücklich die Erarbei- Landwirtschaftsministerin Elisabeth gen zu verstehen. Ausdrücklich nicht damit tung der Rohstoffstrategie und wird auch Köstinger unter Einbindung von IV- gemeint ist eine Abschottung der EU von die weiterführenden Aktivitäten der Bun- Präsident Georg Knill und Vertretern der der Welt. „Autonomie“ meint nicht „Autar- desregierung begleiten. Rohstoffe sind die rohstoffintensiven Industrie sowie der Wis- kie“, sondern vielmehr, dass Unternehmen Grundlage jeder industriellen Produktion. senschaft die „Österreichische Rohstoff- die Wahl haben, Alternativen und Wettbe- Damit ist die sichere Verfügbarkeit von strategie 2030“. An deren Erarbeitung hatte werb. Um eine solche „strategische Autono- Rohstoffen zu fairen, das heißt internatio- sich die IV aktiv beteiligt. Darin formuliert mie“ zu erreichen bzw. zu erhalten, basiert nal vergleichbaren Preisen eine der bedeu- ist ein umfassender Gestaltungsanspruch in die „Österreichische Rohstoffstrategie“ – der tendsten Voraussetzungen für den Erhalt diesem für die produzierende Industrie zu- „Europäischen Rohstoffstrategie“ folgend – und das Wachstum der industriellen Basis in nehmend relevanten Thema. 2021 soll diese auf einem 3-Säulen-Modell: Österreich und in Europa. politische Initiative nach Abstimmung mit weiteren befassten Ressorts in eine Strate- • Nachhaltige Versorgung gie der gesamten Bundesregierung münden. aus heimischen Quellen • Nachhaltige Versorgung aus WEBTIPP Die IV teilt die Vision der Rohstoffstrategie, internationalen Zulieferquellen Weitere Informationen finden Sie unter: Fotos: AdobeStock die auch das EU-Streben nach einer „strate- • Smart Production, Kreislaufwirtschaft, www.bmlrt.gv.at/bergbau/ gischen Autonomie bei Rohstoffen“ umfasst. neue wertschöpfende Technologien rohstoffstrategie.html Eine solche „strategische Autonomie“ ist als und Produkte Februar 2021 | iv-positionen 5
COVERSTORY Kinder bilden, Zukunft ermöglichen, Fachkräfte sichern Die Corona-Effekte auf das Bildungswesen bestätigen den von der Industrie aufgezeigten Reformbedarf. Die Industriellenvereinigung zeigt, welche Maßnahmen für bessere Bildung und Fachkräftesicherung jetzt rasch umgesetzt werden müssen. D ie Frage, wie es mit Kindern Fachkräftebedarf weiter hoch Frage: „Die Forderung nach substanziellen und Bildungseinrichtungen Erhebungen der IV zeigen, dass sich die Coro- Reformen hat sich zugespitzt. Besonders infolge der Corona-Pande- na-Pandemie nur wenig auf die starke Nach- bei Elementarbildung, Schulautonomie, mie weitergeht, beschäftigt frage nach MINT-Fachkräften ausgewirkt Verantwortlichkeiten, Chancengerechtig- nicht nur Eltern, Politiker und hat. Zuletzt hatten drei von vier Industrie- keit sowie Digitalisierung und Infrastruk- Gesundheitsexperten. Auch die Industrie unternehmen Probleme, hochqualifiziertes tur wurde der dringende Handlungsbe- bringt ihr Know-how dazu ein – etwa in Personal zu finden. Jede siebente hoch- darf deutlich.“ Eine IHS-Studie zeigt etwa: der IV-Industriestrategie. Der Grund dafür qualifizierte MINT-Stelle blieb unbesetzt. Home-Learning hat die Bildungsqualität ist klar: „Zwischen der Bildung der Kinder Weil im Gegenzug Qualifikationen rund um von heute und der Fachkräftesicherung von Digitalisierung und Industrie 4.0 durch Co- morgen besteht ein enger Zusammenhang. rona verstärkt nachgefragt werden, erwar- „Die Entwicklung Lücken und Mängel im Bildungswesen kos- ten Experten in diesem Bereich zusätzliche ten nicht nur unseren Kindern, sondern Personalprobleme. „Die Entwicklung be- bestätigt unsere Empfehlungen, eine auch unseren Betrieben Zukunft“, sagt stätigt unsere Empfehlungen, eine gesamt- IV-Präsident Georg Knill. staatliche Zielsetzung von +20 Prozent mehr MINT-Absolventen aus HTL, FH und Unis bis 2030 festzuschreiben, wie dies jüngst in der gesamtstaatliche „Lücken und Mängel FTI-Strategie erfolgt ist. Um dieses Ziel auch zu erreichen, muss ein echter 'MINT-Push' Zielsetzung von im Bildungswesen ausgelöst werden, der Kinder und Jugend- +20 Prozent mehr liche für die Welt der Naturwissenschaften kosten nicht nur und Technik begeistert“, fordert IV-General- MINT-Absolventen sekretär Christoph Neumayer. Neben einer unseren Kindern, konkreten Roadmap für den Weg zum +20 aus HTL, FH und sondern auch unseren Prozent-MINT-Ziel, braucht es eine neue Schwerpunktsetzung im MINT-Bereich – Unis bis 2030 Betrieben Zukunft.“ vom Kindergarten bis zur Hochschule. Ergän- zend zum Ausbau des erfolgreichen „MINT- festzuschreiben.“ Gütesiegels“ für Kindergärten und Schulen Georg Knill schlägt die Industrie auch „MINT-Regionen“ Christoph Neumayer IV-Präsident vor, um flächendeckend mehr MINT-Spirit in IV-Generalsekretär Österreich zu verankern. Bildungseinrichtun- gen, Unternehmen, öffentliche Verwaltung und private Initiativen bilden dabei regiona- verringert und die Bildungsungleichheit le Netzwerke und machen MINT zu ihrem vergrößert. Die ökonomischen Effekte von „Fahnenthema“. Sie zeigen die Bedeutung Lockdowns durch den geringeren Kompe- von MINT für die Region auf, machen ent- tenz- und Wissenserwerb der Kinder sind sprechende Bildungsangebote sichtbar und erheblich: Der durchschnittliche jährliche Er- starten MINT-Projekte, um neue Zielgrup- werbseinkommensverlust aller betroffenen pen für MINT zu begeistern. Schüler könnte 100 bis 200 Euro pro Monat betragen. Für das BIP bedeutet ein Schul- Reformdruck gestiegen Lockdown-Monat einen Verlust von über Dass die Corona-Krise die von der Industrie 2 Milliarden Euro. Die damit verbundenen dokumentierten Mängel im Bildungswesen Betreuungsverpflichtungen für berufstätige bestätigt hat, steht für die Vorsitzende des Eltern reduzieren wiederum die Produktivi- IV-Ausschusses für Bildungspolitik, Chris- tät. Schätzungen gehen von einem Produk- tine Schwarz-Fuchs (sh. Kasten), außer tivitätsverlust in Höhe von einer Milliarde 6 Februar 2021 | iv-positionen
AUF EINEN BLICK: EMPFEHLUNGEN, UM SCHULEN CORONA-FIT ZU MACHEN • Rasche Rückkehr zum geregelten Bildungsbetrieb • „Rettungsschirm Bildung“ – Bildungsdefizite aufholen: u.a. Summer Schools ausbauen, Förder- und Unterstützungssys- • Strategie gegen Corona-Ausbreitung: von systematischen teme in Schulen etablieren Test- und Impfstrategien und dem Ausbau des Contact Tracing bis hin zu einem praktikablen Schichtbetrieb • Übergänge und Abschlüsse ermöglichen, Abbrüche vermeiden: Berufsorientierung auch in der Krise • Geregelten Bildungsbetrieb gewährleisten: sicherstellen (z.B. mit virtuellen Unternehmensbesuchen) infrastrukturelle Rahmenbedingungen (u.a. ausreichend Endgeräte) sowie inhaltliche Konzepte für Distance Learning und hybride Unterrichtsmodelle (Teil-An-/Abwesenheiten) ausbauen und sicherstellen Euro pro Monat aus. Knapp ein Drittel der tätsvolle Übergänge und Abschlüsse ermög- konkrete und neue Idee wären etwa Lehr- Jugendlichen hatte an ihrer Schule außerdem licht und Bildungsabbrüche mit allen Mitteln lings-Hubs in industriestarken Regionen. Da- zu langsames Internet und zu wenig digitale vermieden werden“, so Schwarz-Fuchs. bei handelt es sich um eine Art Campus für Lehrmittel. Berufs- und berufsbildende Schu- Lehrlinge, der neben einer Wohnmöglichkeit len sind durch schlechte Ausstattung für Dis- Mehr Industrielehrlinge, auch ein abgestimmtes Gesamtangebot an tance Learning besonders betroffen. mehr mobile Lehrlinge junge Menschen richtet. Etwa die persön- Im Fokus der Industrie bleibt natürlich das liche Begleitung durch Mentoren, regionale Rasch wirksame Maßnahmen Thema Lehrlingsausbildung – auch in Kri- Mobilitätslösungen oder Freizeitangebote Die Industriellenvereinigung hat vor diesem senzeiten. Generell sollen mehr Jugendliche für die unterschiedlichen Zielgruppen. „Mit Hintergrund auf Basis ihrer Industriestrate- im Schulsystem für eine Industrielehre ge- Lehrlings-Hubs könnte ein Campus-Feel- gie unter Einbeziehung aller IV-Ausschüs- wonnen werden. „Wir wollen jene anspre- ing geschaffen werden, das Lehrlinge mo- se, Taskforces und Landesorganisationen tiviert, auch weitere Distanzen zum Aus- eine konkrete Agenda mit kurzfristigen Maßnahmen entwickelt. Zur Sicherstellung „Wirtschaftliche bildungsort auf sich zu nehmen“, so IV- Generalsekretär Neumayer. Dass die Indus- eines geregelten Bildungsbetriebs werden u.a. transparente Rahmenbedingungen und Stabilität und trie auch in fordernden Zeiten ein verläss- licher Zukunftspartner für junge Menschen Planbarkeit für alle Betroffenen – Lernende, Zuverlässigkeit ist, steht außer Frage: Obwohl die Situation Christine Schwarz-Fuchs, Lehrende, Eltern und Unternehmen – an- am Arbeitsmarkt wegen der COVID-19-Kri- Vorsitzende des IV-Ausschusses hand des prognostizierten Infektionsge- ausbildender se ausgesprochen herausfordernd bleibt, ist für Bildung & Gesellschaft schehens sowie systematische (Schnell-) die Bereitschaft der Industrie ungebrochen, Teststrategien gefordert, deren Umsetzung Industrieunternehmen junge Menschen auszubilden und ihnen aus- Seit 2019 ist die Geschäftsführerin im Jänner angekündigt wurde. Ausbau und gezeichnete berufliche Perspektiven zu bie- der Buchdruckerei Lustenau GmbH Sicherung digitaler Ressourcen stehen müssen klar ten – unsere Lehrlinge sind die Fachkräfte Vizepräsidentin der IV-Vorarlberg, ebenso auf der Agenda wie das Aufholen von Bildungsdefiziten durch einen „Ret- kommuniziert der Zukunft. Mit Ende September bildeten die heimischen Industriebetriebe 16.538 seit 2020 ist Christine Schwarz- Fuchs Mitglied des Bundesrates. tungsschirm Bildung“. Die vom Bildungs- minister angekündigten 200 Mio. Euro für werden.“ Lehrlinge aus – das ist ein Plus von 0,5 Pro- zent im Jahresvergleich. Erklärtes Ziel der Vorsitzenden des IV-Ausschusses für Bildung & Ge- zusätzliche Förderprogramme und den sellschaft ist die Steigerung der Ausbau der Summer Schools sind dafür ein Christine Schwarz-Fuchs „Für nachhaltigen Aufschwung und inter- Bildungsqualität in allen Bildungs- wichtiger Schritt. Auch der bisherige Fokus IV-Ausschuss-Vorsitzende nationale Wettbewerbsfähigkeit braucht phasen. „Zur Aufwertung der Grund- auf Deutsch sollte ausgeweitet werden. Für für Bildungspolitik der Standort mehr denn je qualifizierte bildung soll ein formaler Abschluss die Industrie ist aber auch zentral, wie Bil- Fachkräfte. Wir müssen gemeinsam darauf mit 14 Jahren eingeführt werden. dungsdefizite mittel- bis langfristig behoben schauen, dass strukturelle und Corona-be- Zudem soll Wirtschaftsbildung als werden können. Die IV empfiehlt, die Sum- chen, die krisenbedingt den Umstieg in eine dingte Mängel unseres Bildungswesens eigenständiger Inhalt etabliert wer- mer Schools als dauerhafte Einrichtung mit Lehre gescheut haben. Wirtschaftliche Sta- rasch überwunden werden. Unsere Kinder den“, so Schwarz-Fuchs. Wesentliche einschlägig qualifiziertem Lehrpersonal zu bilität und Zuverlässigkeit ausbildender In- bestmöglich zu bilden und auszubilden, Anliegen sind ihr auch Maßnahmen etablieren. Die wichtige Berufsorientierung dustrieunternehmen müssen klar kommuni- ist eine gemeinsame Verantwortung von für mehr Industrie-Fachkräfte, die soll auch durch virtuelle Unternehmens- ziert werden“, erklärt Ausschussvorsitzende Politik, Gesellschaft und Industrie, auf die Erhöhung der Studienabschlüsse ins- besuche gewährleistet werden, schlägt die Schwarz-Fuchs. Mit Blick auf die Fachkräfte- es gerade jetzt ankommt. Wir als Indus- besondere im MINT-Bereich und die IV vor. Zudem braucht es eine rasche Wei- sicherung in ganz Österreich ist es wichtig, trie bilden in jeder Hinsicht Zukunft“, so Senkung der Drop-out-Zahlen an chenstellung: „Uns ist wichtig, dass quali- die Mobilität von Lehrlingen zu fördern. Eine IV-Präsident Georg Knill. den Universitäten. GEMEINSAM FÜR WIRTSCHAFTSBILDUNG Der Handlungsbedarf beim Zukunftsthema Wirtschaftsbildung dem Bildungsministerium zusammenarbeiten, damit Inhalte in Österreich ist hoch. Studien zeigen immer wieder, dass der auch rasch in Lehrpläne und Unterrichtsprinzipien einfließen Wissensstand über Grundbegriffe und Funktionsweisen des können – und Lehrende bestmöglich unterstützt werden. Finanz- und Wirtschaftslebens in der österreichischen Bevöl- kerung sehr niedrig ausgeprägt ist. Die neu gegründete „Stif- Die Stiftung ist vorerst über eine Laufzeit von drei Jahren mit tung für Wirtschaftsbildung“ soll daher die langfristig wirksame, jährlich je 1,4 Mio. Euro dotiert. „Wer in Österreich die Pflicht- systemische Verankerung von wirtschaftlichen Bildungsinhal- schule abschließt, soll das in Zukunft nicht ohne grundlegen- ten in der schulischen und außerschulischen Allgemeinbildung des Wissen rund um das Thema Wirtschaft tun. Die Stiftung forcieren. Die Stiftung wurde in einer gemeinsamen Initiative kann entscheidend dazu beitragen, der Wirtschaftsbildung von Arbeiterkammer, ERSTE Stiftung, Industriellenvereinigung, das ihr zustehende Gewicht zu verleihen. Ich freue mich da- Innovationsstiftung für Bildung, MEGA Bildungsstiftung, Öster- her, diese zentrale Anlauf- und Vernetzungsstelle für Wirt- reichischer Nationalbank und Wirtschaftskammer Österreich schaftsbildung in Österreich zu etablieren und zu unterstützen“, gegründet. Die „Stiftung für Wirtschaftsbildung“ soll eng mit so IV-Präsident Georg Knill. Februar 2021 | iv-positionen 7
Innovation & Gesellschaft FTI-Strategie 2030 und dreijähriger FTI-Pakt beschlossen Österreich setzt sich ehrgeizige und konkrete Ziele, um bis zum Ende des Jahrzehnts zum internationalen Spitzenfeld aufzuschließen. E nde 2020 hat die Bundesregie- der österreichischen FTI-Finanzierung – zum rung die FTI-Strategie 2030 ver- „Fonds Zukunft Österreich“ ist in der neuen abschiedet. Darin bekennt sie sich FTI-Strategie verankert, die nun umgesetzt zu Forschung, Technologie und werden muss. Die IV hat den Prozess der Innovation sowie deren Bedeu- Strategieerstellung von Beginn an begleitet tung, Lösungen für die großen Herausfor- und dazu bereits 2019 die Industrieposition derungen unserer Zeit hervorzubringen. Die „Forschung. Technologie. Industrie. Lösun- Strategie umfasst zentrale Zukunftsfelder gen für unsere Gesellschaft und Zukunft!“ für den Produktions- und Technologiestand- mit Zielen und Handlungsfeldern erarbeitet ort Österreich: vom Innovationsnachwuchs und präsentiert. über die Grundlagen- und angewandte Forschung bis hin zur „grünen“ und digi- Ebenfalls noch vor Jahresende beschlossen talen Transformation. wurde der FTI-Pakt 2021-2023. Dieser schafft zur Operationalisierung und Umset- Wichtige Industrie-Anliegen verankert zung der FTI-Strategie wichtige Planungs- Österreich setzt sich ambitionierte und kon- und Finanzierungssicherheit. Insgesamt sind krete Ziele: Angestrebt wird eine Top 5-Plat- für die zehn wichtigsten Forschungsför- zierung im europäischen Innovationsranking, deragenturen und außeruniversitären For- derzeit liegt Rot-Weiß-Rot auf Rang 9. Zu- schungseinrichtungen 3,86 Mrd. Euro für dem ist erstmals das Ziel festgeschrieben, die den Zeitraum von drei Jahren vorgesehen. Zahl der MINT-Absolventen in Österreich Forschungsförderung oder die Forschungs- Leitlinien, um europäische Programme und um 20 Prozent zu erhöhen. Besonders wich- prämie. Als zentrales Element in der ange- Instrumente, wie „Horizon Europe“ oder WEBTIPP tig: Industrierelevante Punkte konnten er- wandten Forschung schreibt sie die Umset- „Important Projects of Common European Informationen über die FTI-Strategie folgreich verankert werden. So unterstreicht zung einer „Technologieoffensive“ fest. Interest“ (IPCEI), strategisch für Österreich 2030 und den FTI-Pakt finden die Strategie die Bedeutung wesentlicher zu nutzen. Auch die Weiterentwicklung der IV-Mitglieder in ihrer IVTopApp. Standort-Vorteile, wie die themenoffene Weiterer Pluspunkt: Die Strategie formuliert Nationalstiftung – ein wesentlicher Baustein So tickte Österreich im Corona-Jahr 2020 Der „IV-ZukunftsMonitor“ zeigt, wie sich die Gesellschaft und Unternehmesgründungen entwickelt. Innovaon Erfreulich ist, dass Unternehmen sehr hohe Vertrauenswerte in der Bevölkerung haben. Wie sehr smmt Österreich folgenden Aussagen zu Unternehmen zu? W Mielwert 2020 2019 as bringt die Zukunft Unternehmer schaffen Arbeitsplätze. 43 32 16 5 1 2 1.9 1.9 Die Unternehmen genießen nach wie vor wirklich? Diese Fra- die dritthöchsten Vertrauenswerte hinter Forschung, Entwicklung und Innovaon ge beschäftigt jedes sollten viel stärker gefördert dem österreichischen Gesundheitssystem werden, sie sind Basis für neue 38 32 22 4 23 2.0 2.1 Unternehmen. Damit Technologien und Produkte. und der Polizei, auch wenn das Vertrau- die Mitgliedbetriebe Die Industrie ist der Motor der en in die Institutionen seit 2019 generell 25 35 27 6 2 5 2.2 2.3 der Industriellenvereinigung möglichst um- österreichischen Gesamtwirtscha. gesunken ist. fassende Befunde zur gesellschaftlichen Das wirtschaliche und polische und wirtschaftlichen Entwicklung nutzen Klima in Österreich ist für Unternehmensgründungen günsg. 9 24 37 13 9 8 2.9 2.8 Der Blick in die Zukunft ist aktuell eher können, hat die IV in Kooperation mit dem von Pessimismus geprägt, wobei die Ehr- Institut für Soziologie der Universität Wien Eine Karriere als Unternehmer ist für mich persönlich sehr arakv. 11 13 18 17 31 9 3.5 3.5 lichkeit der Politik, leistbares Wohnen, Zu- und dem IFES-Institut den „IV-ZukunftsMo- wanderung sowie Umweltverschmutzung 0 20 40 60 80 100 nitor“ zum zweiten Mal umgesetzt. Dieses 1 – smme voll und ganz zu 2 3 4 5 – smme überhaupt nicht zu k.A. und Klimawandel die größten Sorgen der Instrument liefert seit 2019 umfassende Menschen sind. Am stärksten nachgelassen Unternehmen werden weiter als Garanten für gute Arbeitsplätze gesehen und sollen in der Krise Befunde zum „Mindset“ der österreichi- haben die Zukunftserwartungen in den The- weiter gestärkt werden. schen Gesellschaft in den Themenbereichen menfeldern Gleichberechtigung von Frauen gesellschaftlicher Zusammenhalt, Lebens- Lebenszufriedenheit der Menschen hat, schätzen vor allem funktionale Aspekte an und Männern sowie Chancen der Jugend. qualität, Politik, globale Entwicklung und ist der aktuelle Befund für die Wirtschaft ihrem Beruf: Eine gute Vereinbarkeit von Fa- Innovationsfreudigkeit. ein guter. Drei Viertel der Menschen stim- milie und Beruf sowie Arbeitsplatzsicherheit men der Aussage zu, dass Unternehmen sind wichtig wie nie. Auch das Image der WEBTIPP Hohe Wertschätzung für Industrie Arbeitsplätze schaffen und zwar über alle Industrie als Motor der Gesamtwirtschaft Alle Ergebnisse im Detail finden Sie Während die Corona-Pandemie teilwei- Bildungsschichten hinweg. Die Menschen ist erhalten geblieben, 60 Prozent der Be- unter: www.zukunftsmonitor.at se gravierende Auswirkungen auf die sind in Krisenzeit froh, Arbeit zu haben, und fragten können diese Aussage bestätigen. IN KÜRZE Wildgans-Preis 2020 an Reinhard Kaiser-Mühlecker verliehen E rstmals in seiner 58-jährigen Ge- wurde mir mit meiner Herkunft zugeteilt. bisheriges Schaffen erhielt der Schriftsteller Schriftsteller oder einer Schriftstellerin der schichte ging die Verleihung des „Li- Zugleich bin ich im Grunde einverstanden zahlreiche renommierte Literaturpreise, da- jüngeren oder mittleren Generation mit teraturpreises der Österreichischen mit diesem Schicksal und habe längst ein- runter den Literaturpreis der Jürgen Ponto- österreichischer Staatsbürgerschaft verlie- Industrie – Anton Wildgans“ ohne Publikum gesehen, dass es für mich im Schreiben Stiftung, den Österreichischen Staatspreis hen, „dessen oder deren Werk von hervor- über die Bühne. Im Gespräch mit Jury-Mit- nichts Anderes geben kann.“ Geboren 1982 und den Literaturpreis des Kulturkreises ragender Relevanz für die literarische und glied Prof. Marianne Gruber und IV-Gene- in Kirchdorf a. d. Krems, wuchs Kaiser- der deutschen Wirtschaft. Mit dem Ro- gesellschaftliche Korrelation unserer Zeit ralsekretär Christoph Neumayer berichtete Mühlecker im oberösterreichischen Ebers- man „Fremde Seele, dunkler Wald“ (2016) ist“. Unter den Preisträgern befinden sich der Preisträger und Literat Reinhard Kaiser- talzell auf und studierte Landwirtschaft, gelang ihm der Sprung in die Shortlist des Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Fotos: AdobeStock Mühlecker, dass sein Schaffen keineswegs Geschichte und Internationale Entwick- Deutschen Buchpreises. Der seit 1962 Michael Köhlmeier, Arno Geiger, Sabine Ergebnis einer Berufswahl gewesen sei: lung. Sein Debütroman „Der lange Gang vergebene Anton-Wildgans-Preis wird auf Gruber, Olga Flor, Robert Seethaler oder „Meine Aufgabe habe ich nicht gewählt, sie über die Stationen“ erschien 2008. Für sein Vorschlag einer unabhängigen Jury einem Daniel Kehlmann. 8 Februar 2021 | iv-positionen
Junge Industrie/Aktualles Erfolgreiche Kooperationen brauchen Offenheit Einer der ersten JI-Talks des Jahres ging der Frage nach, warum Deutschland im Vergleich zu Österreich im Bereich Start-ups leider die Nase vorne hat. I m Gespräch mit Marie-Hélène Amets- reiter, seit 2014 Partnerin bei Speedinvest und von München aus für den Bereich In- Komfortzone verlassen dustrie 4.0 zuständig, sowie Dieter Kraft, Managing Director der Trumpf Venture GmbH, interessierte es den JI-Bundesvor- sitzenden Matthias Unger vor allem, welche Um die Folgen der Krise zu über- Maßnahmen in Deutschland zum bisherigen winden, ist Mut zu Neuem gefragt. Erfolg geführt hätten. Ametsreiter betonte, dass Deutschland schlicht viel früher das In der JI haben wir uns für 2021 einiges Thema Start-ups ernst genommen habe. Es vorgenommen. Und klarerweise hoffen wir, habe hier früh nicht nur Impulse der öffent- dass im Laufe dieses Jahres wieder normale lichen Hand, sondern vor allem auch Aktivi- Veranstaltungen und Treffen möglich sein täten von Seiten der etablierten Industrie werden. Im Herbst wollen wir u.a. die Bun- gegeben – sowohl bei der Förderung junger destagung in Krems oder auch die JI-Brüs- Unternehmen als auch beispielsweise bei sel-Reise nachholen. Ich bleibe optimistisch der Kooperation mit Universitäten. – auch wenn sich abzeichnet, dass das Er- reichen der „neuen Normalität“ doch noch Kraft führte aus, wie wichtig ein Umdenken schwieriger sein wird als vermutet. in der etablierten Industrie sei, um Koopera- tionen mit Start-ups erfolgreich zu machen. Wir werden beim Impfen jedenfalls einen In „tradierten“ Branchen tue man sich oft Zahn zulegen müssen, das Auftauchen von schwer, Zugang zu den eigenen Innovatio- immer neuen Mutationen des Corona-Virus nen zu gewähren – Start-ups aber arbeite- machen die Situation nicht leichter. Umso ten oft nach dem Prinzip „Open Innovation“. Die JI-Vorsitzenden Matthias Unger und Nikolaus Griller beim Online-JI-Talk im Gespräch wichtiger wäre es, alle Möglichkeiten zu mit Marie-Hélène Ametsreiter, Partnerin bei Speedinvest Gerade bei einem Corporate Venture Ca- nutzen, die es zur Eindämmung dieser Pan- pital brauche man eine gute strategische demie gibt. Der wirtschaftliche und gesell- Planung für Investments – manchmal aber Am wichtigsten für Unternehmen sei es je- stehenden Fonds zu investieren. Zur Er- schaftliche Schaden ist bereits jetzt immens. auch einen langen Atem: „Freunde braucht denfalls, sich im Vorfeld klar und strategisch richtung eines eigenen Corporate Venture man dann, wenn es einem nicht gut geht.“ zu überlegen, was man mit Investments Capital-Fonds brauche es zudem eine kri- Im letzten Kommentar 2020 wurde hier die Das Ziel der Trumpf Venture GmbH sei es, im Venture Capital-Bereich überhaupt er- tische Größe, wie Kraft ausführte. Er sieht Corona-App erwähnt – sie wäre ein wich- gemeinsam mit den Start-ups zu wachsen reichen wolle, so Ametsreiter. In manchen diese bei rund 50 Mio. Euro, um das Risiko tiger Bestandteil eines digitalisierten und und neue Lösungen zu erarbeiten. Fällen sei es sinnvoller, Geld in einen be- ausreichend streuen zu können. funktionierenden Contact Tracing. Tests und Impfungen könnten über sie koordi- niert werden, und überhaupt… Aber leider, IV-UPDATE hätte, wäre, könnte – die Realität ist, dass die österreichische App ein „Bauchfleck“ geworden ist. Aufruf zu Neue Leiterin für Dabei wäre nicht nur in der aktuellen Krise Unterstützung IV-Kommunikation ein mehr an Digitalisierung extrem wich- tig. Die Zukunft ist digital – und wir hinken Die Aktion „Familienfasttag“ der Katho- Seit Jänner leitet Angela Teml den IV-Bereich bereits jetzt in vielen Bereichen hinterher. lischen Frauenbewegung Österreichs Marketing & Kommunikation. Zuletzt war Digitalisierung wird daher auch einer der sammelt Spenden, um Frauen durch sie mehr als 10 Jahre als Head of Corporate Schwerpunkte der JI in diesem Jahr sein. Bildungsprogramme und finanzielle Unter- Communications bei der Nestlé Österreich Ein weiteres Thema bleibt die „Vereinbarkeit stützung bei der Entwicklung persönlicher GmbH tätig und zeichnete unter anderem für von Familie und Beruf“ – auch hier sind an- und wirtschaftlicher Autonomie zu unter- die Entwicklung und Implementierung der dere Länder bereits weiter als wir, etwa die stützen. Statt dem traditionellen Fasten- Kommunikationsstrategien verantwortlich. vielzitierten skandinavischen. Des Weiteren PODCAST-TIPP suppenessen gibt es in diesem Jahr eine wollen wir uns für mehr Transparenz in der Mitmachaktion (Start am 17.2.), die von öffentlichen Verwaltung einsetzen – gerade JI-Wien-Mitglied und Unternehmer der IV gerne mitgetragen wird: unter dem Corona hat allen deutlich gemacht, wie in- Rainer Ulrich spricht in seinem Titel „Sei Köchin des guten Lebens“ auf transparent hierzulande manche Entschei- Podcast mit Unternehmern über www.teilen.at oder in Social Media ein Re- dungen gefällt werden. Herausforderungen, Learnings und zept einer Lieblingssuppe hochladen und Geschäftsmodelle. Gäste waren be- beschreiben, wie diese Suppe zum guten Wir brauchen mehr Mut zur Digitalisierung, reits u.a. auch JI-Bundesvorsitzender Leben beiträgt. Spenden erbeten an: zur Transparenz und zu gesellschaftlicher Matthias Unger und JI-Wien-Vor- Veränderung! Und genau da zeigt sich ein sitzender Nikolaus Griller. Folgen auf Aktion Familienfasttag der Katholischen gewisser Zusammenhang bei diesen The- Deutsch und Englisch – einfach bei Frauenbewegung Österreichs men: Fortschritt bedeutet Veränderung, Apple Podcasts, Spotify, Podtail, etc. IBAN: AT83 2011 1800 8086 0000, Mut zu Neuem. Dieser fehlt in Österreich nach „Rainer Ulrich spricht mit Unter- BIC: GIBAATWWXXX oft. Wir sind gemütlich, „es hat ja immer nehmern“ suchen und reinhören! Online-Spenden auf: spenden.teilen.at gut funktioniert, so wie es ist“. Corona soll- te hier ein Weckruf sein. Denn ohne das Verlassen der Komfortzone werden wir (gilt natürlich nicht nur für Österreich) die Co- IMPRESSUM rona-Krise und ihre Folgen nicht überwin- Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2308, den können! E-Mail: positionen@iv.at, Homepage: www.iv.at, ZVR: 806801248, LIVR-N.: 00160, EU-Transparenzregister Nr.: 89093924456-06, Vereinszweck gemäß § 2 Statuten: Die Industriellenvereinigung (IV) bezweckt, in Österreich tätige industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen Herzlichst Euer zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten. Fotos: JI/Schreiber, AdobeStock, Alexander Müller Chefredaktion: Sandra Bijelic, Robert Albrecht, Stefan Tilsner. Lektorat: Brigitte Mayr. Verantwortlich für den Inhalt: Mathias Burtscher, Joachim Haindl-Grutsch, Johannes Höhrhan, Eugen Stark, Claudia Mischensky, Gernot Pagger, Ingrid Puschautz-Meidl, Michaela Roither, Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Petra Matovic, Nina Mayrberger. Druck: BULU - Buchdruckerei Lustenau GmbH, 6890 Lustenau. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv.at Fotos (Cover bzw. Coverstory): Buchdruckerei Lustenau/Fasching, AdobeStock, IV-Burgenland/AdobeStock, IV-Kärnten/AdobeStock, IV-NÖ//AdobeStock, IV-OÖ/Pixabay, IV-Salzburg/AdobeStock, IV-Steiermark/Marija Kanizaj, IV-Tirol, IV-Vorarlberg, IV-Wien/Andi Bruckner Matthias Unger, Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter gleichermaßen. Bundesvorsitzender der Jungen Industrie Februar 2021 | iv-positionen 9
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