Wissensplatz Innovatives lebenslanges Lernen - Thema: Fachhochschule Graubünden
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2 INHALT//WISSENSPLATZ Inhaltsverzeichnis Der digitale Wandel wirkt sich auf die gesamte Arbeitswelt aus, Arbeiten und Lernen sind untrennbar geworden. Neue Unternehmenskulturen und Arbeitskonzepte sind auf neue Lehr- und Lernkonzepte angewiesen. Der rasante Zuwachs an neuen Informationen macht es erforderlich, sich immer wieder auf den neuesten Stand des Wissens zu bringen. Die Fachhochschule Graubünden setzt deshalb einen Fokus auf das innovative lebenslange Lernen und entwickelt ihre Lehre und Weiterbildung entsprechend weiter. Begleiterin auch über das Studium hinaus 3 Es braucht ein gutes Team, nicht zertifizierte Einzelgänger 21 Neue Ideen und Konzepte für ein innovatives lebenslanges Lernen 4 Wir bilden Graubünden weiter 24 Verschmelzung von digitalen und analogen Lehr- und Lernformaten 6 Neue Wege in der Vermittlung von betriebswirtschaftlichen Konzepten 26 Sprung ins lauwarme Wasser: die virtuelle FH Graubünden 10 Ohne Weiterentwicklung heisst es schnell: «Der Letzte macht Wie die Distanz eine gemeinsame Problemlösung ermöglicht 12 das Licht aus!» 28 Nicht untergehen im Datenozean 14 Weiterbildung für Gemeindemitarbeitende funktioniert auch online 30 Wissensdurstig 16 «Ich will Frauen dazu ermutigen, selber aktiv zu werden» 32 Digitale Werkzeuge für analoge Architektur 18 Den Stillstand als Chance für den Aufbruch genutzt 34 Curriculum-Entwicklung für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung 20 Veranstaltungen / Impressum 36 C U S TO M ALK ER ET F TH OC K US WAL TEAM ENT ERM AG OW LIT I P EM Y ENTWICKELN SIE SICH IN EINEM DYNAMISCHEN HIGH-TECH UMFELD! High-Tech und Internationalität: Safran Vectronix ist ein weltweit führender Anbieter Safran Vectronix AG modernster opto-elektronischer Ausrüstung mit Schweizer Qualität. Entdecken Heerbrugg, Schweiz Sie wer wir sind, wie wir arbeiten und welche Karrieremöglichkeiten wir bieten. career.safran-vectronix.com Safran-Vectronix_Advert_HR_192x133_P.indd 1 08.06.21 14:04
EDITORIAL//WISSENSPLATZ 3 Begleiterin auch über das Studium hinaus fh gr.ch/magazin/september2021 Nicht erst seit der Coronapandemie und dem daraus folgenden Schub für innovative Lehr- und Lernformen sind diese an der Fachhochschule Graubünden ein zentrales Thema. Eng damit verbunden ist der Begriff des «Lebenslangen Lernens». Das Verständnis dafür hat sich in den letzten Jahren verändert – weg von der Erwachsenenbildung oder der Wiederaufnahme organisierten Lernens nach einer ersten beruflichen Phase hin zu lebenslangem Lernen. An diesem orientieren w ir uns als Hochschule und begleiten unsere Studierenden – auch über das Studium hinaus. Text: Jürg Kessler / Bild: Luzia Schmid Ein Lernen, das nie aufhört, erfordert von den an der FH Graubünden. Unsere Aus- und Wei Bildungsinstitutionen, sich zu bewegen und ihre terbildungen werden noch stärker aufeinander Rolle zu überdenken. Das Studium bedeutet für abgestimmt. Durch Öffnung und Flexibilisierung junge Menschen den Start in ein Berufsleben, können neue Formate entstehen und damit neue das geprägt sein wird vom lebenslangen Ler Anspruchsgruppen – auch Leute im Berufsleben nen. Wir als Fachhochschule Graubünden ver – erschlossen werden. So können wir für unsere stehen uns als treue Begleiterin auf diesem Weg Praxispartner in Wirtschaft und Gesellschaft – als Weggefährtin, auf die man auch noch zäh eine Sparringpartnerin sein und einen Beitrag len kann, wenn man das Diplom schon in den zur Regionalentwicklung leisten. Zeitgemässe Händen hält. Wir ermöglichen den Studierenden Formate bieten zudem weitere Möglichkeiten, eine erfolgreiche erste Etappe, bereiten sie auf um im Wettbewerb bestehen zu können und sich ihren Einstieg ins Berufsleben als Akademikerin klar zu differenzieren. Wir entwickeln das innova nen und Akademiker vor und begleiten sie auch tive lebenslange Lernen wirkungsorientiert aus über ihr Studium hinaus. der Perspektive unserer relevanten Anspruchs Innovatives lebenslanges Lernen stärkt die gruppen weiter – kompetenzorientiert, adaptiv Selbstbestimmtheit der Studierenden und und kooperativ. fokussiert ihre individuellen Stärken. Es setzt Und auch wenn wir vermehrt örtlich und zeit Inklusion, also das gleichberechtigte Zusam lich flexibel gestaltete Lehr- und Lernformen menleben aller Menschen, sowie Chancen anbieten, bleiben wir eine Präsenzhochschule. gerechtigkeit um und fördert die digitale Kom Wir wollen – auch mit dem Fachhochschulzen petenz sowie den bewussten und kritischen trum – eine optimale Lernumgebung schaffen. Umgang mit Daten, allgemein als Data Lit Austausch und Sozialisierung sind dabei sehr eracy bezeichnet. Dies ermöglicht Teilhabe wichtig. In unseren Lehr- und Lerneinheiten vor und Selbstbestimmung in der digitalen Gesell Ort sind wir deshalb stark auf die Praxis aus schaft sowie erfolgreiche Anschlussfähigkeit gerichtet und nutzen die Zeit, um an wissen an den sich wandelnden Arbeitsmarkt. Wir ver schaftlichen Anwendungen zu arbeiten und stehen innovatives lebenslanges Lernen als diese gemeinsam weiterzuentwickeln. «Inno Verpflichtung und Aufgabe, im Zuge dieser Ent vatives lebenslanges Lernen» ist die Grundvor wicklung innovative Bildungsangebote zu kon aussetzung, um den wirtschaftlichen und gesell zipieren. Dabei nimmt unsere Forschung eine schaftlichen Herausforderungen zu begegnen. zentrale Rolle ein, denn sie ermöglicht es uns, stets aktuelles und zukunftsorientiertes Wis sen zu vermitteln. Innovatives lebenslanges Lernen – umfassend Prof. Jürg Kessler und langfristig gedacht – bietet ausserdem ein Rektor und Vorsitzender der Hochschulleitung grosses Potenzial für die Weiterentwicklung der +41 81 286 24 25 bestehenden Lehr und Weiterbildungsangebote juerg.kessler@fhgr.ch
4 FOKUS//WISSENSPLATZ Neue Ideen und Kon- zepte für ein innovatives lebenslanges Lernen fhgr.ch/magazin/september2021 Der rasante Zuwachs an Informationen stellt neue Ansprüche an die Bildung. Arbeitswelten verändern sich und der Trend nach Neuqualifizierung nimmt stetig zu. Lebenslanges Lernen rückt in den Fokus – auch an der Fachhoch- schule Graubünden. Neue Ideen und Konzepte sind gefragt. Text: Sandra Wipfli / Bilder: FH Graubünden Die meisten Veränderungen sind schleichend, sprechend dem Prinzip des «Lebenslangen Ler- eine Universalgelehrte oder ein Universalge- finden fast unbemerkt statt. Zukunftsfor- nens» immer wieder auf den neuesten Stand lehrter nicht mehr jemand, der oder die alles schende sprechen dann von Trends und ver des Wissens zu bringen, denn eine Erstausbil- weiss, sondern eine Person, die mit Wissen und suchen, die wichtigsten davon – die soge- dung, so gut sie auch sein mag, wird unter die- Nichtwissen souverän umgehen kann. Der digi- nannten Megatrends – zu identifizieren. Dazu sen Bedingungen nicht mehr ein Leben lang tale Wandel wirkt sich auf die gesamte Arbeits- gehören zum Beispiel die globale digitale ausreichen. welt aus, Arbeiten und Lernen sind untrennbar Transformation, die zu einer Beschleunigung geworden. Neue Unternehmenskulturen und vieler Arbeits- und Alltagsabläufe führt, sowie KOMPETENZEN FÜR DIE ZUKUNFT Arbeitskonzepte sind auf neue Lehr- und Lern- die Individualisierung unserer Gesellschaft und Eine zentrale Frage, mit der sich Hochschulen konzepte angewiesen: Agiles, kooperatives und die damit verbundene Freiheit jeder und jedes auseinandersetzen müssen, ist diejenige nach vernetztes Arbeiten bedingt agiles, kooperati- Einzelnen, eigene Wege zu gehen. Darüber hin- den Kompetenzen ihrer Absolventinnen und ves und vernetztes Lehren und Lernen. aus hat sich auch die Erzeugung von neuem Absolventen. Welche Ansprüche stellen heute Ein zentrales Element in der aktuellen Stra Wissen enorm beschleunigt und bestehendes die Gesellschaft und die Arbeitswelt an sie und tegieperiode der Fachhochschule Graubün- Wissen verliert immer schneller an Relevanz. genügen künftig in diesem Zusammenhang die den ist deshalb eine Lehre, die konsequent Der rasante Zuwachs an neuen Informationen Kompetenzen, die zurzeit vermittelt werden? kompetenzorientiert aufgebaut ist – weg von macht es schliesslich erforderlich, sich ent- Angesichts der Kurzlebigkeit des Wissens ist reinem Faktenwissen und Spezialfertigkeiten hin zu Hintergrund-, Begründungs- und Kon textwissen, welches in praxis-, problem- und handlungsorientierten Lern- und Prüfungs szenarien geübt, vertieft und überprüft wird. Im Mittelpunkt stehen die Studierenden und ihr individuelles Lernen. Die Lehrenden agie- ren vermehrt als Moderatorinnen, Coaches und Mentoren, die den Rahmen gestalten und die Studierenden mit Feedback zu den Lerninhalten, Lernprozessen sowie ihrem selbstregulierten Lernen durchs Studium be- gleiten. SCHNITTSTELLE ZUR WIRTSCHAFT Kaum eine Hochschule reagiert in der Entwick- lung neuer Studienangebote so agil auf die Nachfrage im Markt wie die FH Graubünden. Unsere Grösse ermöglicht es uns, innovativ und schnell zu sein. Das Konzept der Nischenstrate- gie und die enge Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor liefern uns die Gewähr, den Finger am Puls der Der rasante Zuwachs an Informationen erfordert neue Lernprinzipien. Zeit zu haben.
FOKUS//WISSENSPLATZ 5 Agiles, kooperatives und vernetztes Arbeiten bedingt agiles, kooperatives und vernetztes Lehren und Lernen. Gut ausgebildete Mitarbeitende, die sich kon- wird dabei eine hohe Flexibilität abverlangt, son- Werdegangs mit entsprechenden Angeboten im tinuierlich weiterbilden, sind das Kapital jedes dern auch den Hochschulen. Für die Studienor- Sinne eines Life Cycles unterstützt und inten- Unternehmens. Die Nutzung externer Aus- und ganisation bedeutet dies einen Ausbau der zeit- siver angebunden werden können. Auch das Weiterbildungsprogramme ist für Unternehmen lichen und räumlichen Flexibilität, denn gerade Thema der Öffnung der Hochschule für eine daher unbestritten wichtig. Zunehmend gewin- Personen, die im Berufsleben stehen und fami- breite Bevölkerung unter Anrechnung nicht-tra- nen aber auch innerbetriebliche, unternehmens- liäre Verpflichtungen haben, oder Werkstudie- ditioneller Kompetenzen – und damit die Erhö- spezifische Schulungen an Bedeutung. Und auch rende, welche während ihres Studiums in einem hung von Bildungschancengleichheit, Diversität hier eröffnet lebenslanges Lernen neue Ideen Unternehmen arbeiten und so eine inhaltliche und Inklusion in der Gesellschaft – wird aktu- und Konzepte in Bezug auf Weiterbildungsan- Kopplung zwischen Arbeit und Studium anstre- ell diskutiert. gebote. Die FH Graubünden unterstützt ihre ben, sind auf entsprechend adaptierte Angebote Die möglichen Weiterentwicklungen in Bezug Partner aus dem Industrie- und Dienstleistungs- angewiesen. auf «Lebenslanges Lernen» sind vielfältig und sektor bei unternehmensinternen Schulungspro- Sogenannte Life-Cycle-Modelle haben ausser- bieten zahlreiche Chancen für Veränderungen grammen, themenspezifischen Einzelschulun- halb unserer Landesgrenzen bereits Einzug und Erneuerungen in der Hochschullandschaft. gen und Seminaren. Um dem Fachkräftemangel gefunden. Sie bieten auf der untersten Stufe – Die FH Graubünden mit ihrem nicht-metropolita- noch besser entgegenzuwirken und eine gezielte nebst dem herkömmlichen Bachelorstudium – nen Standort ist in besonderer Weise gefordert Kopplung zwischen Studium und Berufsfeld zu Refresher-Kurse in einzelnen Disziplinen oder die aktuellen Entwicklungen mit ihrer ausgepräg- gewährleisten, sind auch duale Studienangebote Fächern an, auf einer mittleren Ebene Master- ten Innovationsfähigkeit für sich zu nutzen. Die denkbar, welche die FH Graubünden in Form von programme und auf der obersten Stufe Pro- jüngsten hochschulpolitischen Diskussionen, Bildungskooperationen gemeinsam mit ihren gramme für sogenannte Senior Executives, welche durch all diese Themen ausgelöst wer- Partnern entwickelt. welche von kurzer Dauer sind und ohne Prü- den, zeigen, dass wir den richtigen Weg einge- fungen und Credits angeboten werden. Damit schlagen haben – und noch ein gutes Stück vor ANGEBOTE AN DIE ZIELGRUPPEN, soll veranschaulicht werden, dass Interessierte uns liegt. DEN MARKT UND DIE AKTUELLEN sowie Absolventinnen und Absolventen während ENTWICKLUNGEN ANPASSEN ihres gesamten Berufslebens und in verschie- Der zunehmende Trend nach Neuqualifizierung denen Lebenssituationen von ihrer Hochschule Sandra Wipfli führt dazu, dass wir mit sich abwechselnden begleitet werden. Die FH Graubünden beschäf- Stabsstelle «Innovatives Lebenslanges Lernen», oder parallel verlaufenden Phasen der Erwerbs- tigt sich intensiv mit dem Thema, wie zukünftige Prorektorat tätigkeit und Aus- bzw. Weiterbildung konfron- und ehemalige Absolventinnen und Absolven- +41 81 286 37 91 tiert sind. Nicht nur jeder und jedem Einzelnen ten in verschiedenen Phasen ihres beruflichen sandra.wipfli@fhgr.ch
6 PROREKTORAT//WISSENSPLATZ Verschmelzung von digitalen und analogen Lehr- und Lernformaten fhgr.ch/magazin/september2021 Vor der Pandemie galt als Herausforderung für die Lehre die Digitalisie- rung. Für die R ückkehr in die Präsenzlehre nach der Corona-Zeit stellen sich für die Fachhochschule Graubünden neue Fragen: Welche Teile der digitalen Lehre sollen auch weiterhin in der Präsenzlehre Anwendung fin- den? Und welche Aspekte sollten berücksichtigt werden bei der Integra- tion von analoger und digitaler Lehre? Dieser Beitrag zeigt, dass die Her- ausforderung eine Verschmelzung der beiden Formen sein wird. Text: Bianka Lichtenberger / Grafiken/Bild: FH Graubünden Auch wenn «digitale Lehre» bereits vor der Pan- –– Unter «Virtualisierung» wurden Lehrveranstal- von Analogem und Digitalem. Nach fast einem demiezeit keine unbekannte Grösse und ein tungen verstanden, die komplett online durch- Jahr digitaler Lehre, ist die Rückkehr zur alten erklärtes Ziel der FH Graubünden war, so bedeu- geführt werden. Form der Präsenzlehre eigentlich keine Option tete die abrupte Umstellung sowohl auf die reine mehr. Einige der positiven Erfahrungen in der digitale Lehre wie auch zwischenzeitlich auf die RÜCKKEHR IST KEINE OPTION Online-Lehre und beim Online-Lernen werden Form der hybriden Lehre seit März 2020 eine Die vor der Pandemie geführte Diskussion um absehbar auch zukünftig wertvolle Bestandteile erhebliche Veränderung in Lehr- und Lernge- die Digitalisierung der Lehr- und Lernformate in der Präsenzlehre bleiben. Im Unterschied zu wohnheiten. Nach mehr als einem Jahr «Online- unterscheidet sich dabei wesentlich von der den Bemühungen zur stärkeren Nutzung von Lehre» stellen sich bei der Rückkehr in die Prä- aktuellen Herausforderung der Verschmelzung digitaler Lehre wird aber bei der Verschmelzung senzlehre nunmehr die umgekehrten Fragen: –– Was können wir als positive Erfahrungen aus dem Online-Lehren und -Lernen für die Zeit nach Corona in die Präsenzlehre mitnehmen? –– Welche neuen Möglichkeiten eröffnet die umfassende Präsenz digitaler Technologien für die analoge Lehre? –– Welche Kompetenzen braucht es für Leh- rende wie auch Lernende für einen digitalen Alltag (Digital Literacy)? Vor Covid-19 stand die Herausforderung der Digi- talisierung der Lehr- und Lernformate im Vorder- grund. In der Fachliteratur wurden dabei grund- sätzlich drei Strategien unterschieden: –– Bei der sogenannten «Anreicherung» kommen digitale Elemente im traditionellen Lehrformat zum Einsatz (Beispiel: Vorführung eines Inter- net-Videos in der Vorlesung). –– Bei der «Integration» sind digitale Bestand- teile essenzieller und gleichwertiger Bestand- teil des Formats (Beispiel: «Blended Learning», bei dem sich Online- und Präsenzangebote abwechseln). Die Rückkehr zur alten Form der Präsenzlehre ist keine Option mehr.
PROREKTORAT//WISSENSPLATZ 7 (rein) digitales DIE UNTERSTÜTZUNG DES Lernen und (rein) analoges INFORMELLEN LERNENS M IT Lehren Lernen und DEM NFC LEARNTRACKER (OPEN Lehren UNIVERSITY NETHERLANDS) Mobile Lernanwendung, die Lernende bei Charakteristik: der Organisation ihres Lernens und insbe- – Integragtion von digitalen und analogen Lern- sonders bei der Wahl ihrer Lernräume unter- und Lehrmethoden bzw. Werkzeugen stützt, indem mit Near Field Communication – Nutzung durch Studierende und Lernende (NFC) Ansätze des Internet of Things (Inter- – Nutzung von (eigenen) mobilen Geräten net der Dinge) zum Einsatz kommen. Der Abb. 1: Positionierung und Charakteristik von digitalen NFC LearnTracker ist eine mobile App, die Lernende dabei unterstützt, Räume und Kon- und analogen Lern-/Lehrformaten. texte zu identifizieren und zu markieren, in denen sie erfolgreich gelernt haben. Gleich- Lehrverfahren Darbietendes Erarbeitendes Exploratives zeitig können mit der App Lernziele gesteckt Lehrverfahren Lehrverfahren Lehrverfahren und Pläne entworfen werden und die eige- nen Lernfortschritte dargestellt und überprüft Das Lehrverfahren lehrer/innen/geleitet, lehrer/innen/geleitet, lerner/innen/geleitet werden. Die App richtet sich insbesondere ist ... induktiv deduktiv induktiv an sog. «Lifelong Learner», eignet sich aber Die Rolle der führend, vorgebend entwickelnd, anregend, beratend ebenso für Studierende, die nicht über feste Lehrenden ist ... anleitend Lernräume verfügen. Die Rolle der aufnehmend, teilnehmend, mit- eigentätig, selb Mit Hilfe von NFC-Aufklebern müssen, so Lernenden ist ... nachvollziehend denkend, anleitend ständig bearbeitend das Konzept, konkrete Gegenstände bzw. bearbeitend Lernumgebungen markiert werden, z. B. ein Buch, das eigene Auto, eine Reisetasche, Die Lerninhalte ... gebend die Lehren- werden gemeinsam werden von den der Arbeitsplatz zu Hause und im Büro, das den vor und die Lern- bestimmt und von Lernenden selbstän- Sofa. Die jeweiligen Tags werden mit kon- denden nehzmen sie den Lernenden unter dig bearbeitet kreten Lernaktivitäten verknüpft, z. B. «Pod- rezeptiv auf Anleitung bearbeitet cast-Hören im Auto» oder «Vokabeltraining Abb. 2: Je nach Lehrformat ändert sich die im öffentlichen Verkehr». Wird eine Aktivität Rolle der Lehrenden und Lernenden. gestartet, wird nur kurz der Tag eingelesen, zum Ende der Aktivität wird wieder mit dem Tag ausgecheckt. Lehrformate mit Integration analog analog analog analog analog von digitalen Anteilen wärend der digital digital digital digital digital Präsenzveranstaltung Augmented Reality, Learning Logs zur Dokumen- tation/Begleitung von Vorlesungen, Nutzung von Lehrformate mit integration Lern-Apps der Hochschule, Nutzung von exter- von digitalen Anteilen ausser- analog digital analog digital analog nen mobilen Lernangeboten, Einsatz von mobi- halb der Präsenzveranstaltung len Audience-Response Systemen in der Vorle- sung, mobile Applikationen als Werkzeuge im (Weitere) digitale Lernagebote Präsenzseminar sowie Exkursionen mit mobilen analog für Studierende Geräten. Bei allen diesen Lehrformaten werden digital Studierende aktiv bei der Nutzung digitaler Tech- nologien eingebunden. Es ist also nicht alleine Abb. 3: Prototypische Darstellung der drei Szenarien der Verschmelzung Zeitverlauf Lehrenden überlassen, digitale Elemente oder von Analogem und Digitalem in der Hochschullehre. Werkzeuge in der Präsenzveranstaltung zu inte- grieren (siehe Abb. 1). von analoger und digitaler Lehre nicht zwangs- Analogem und Digitalem» stehen deshalb drei Beim zweiten Aspekt zur Verschmelzung von läufig eine Addition oder ein sequenzielles ana- Aspekte beim Design von integrativ analog-digi- analogem und digitalem Lehrformat handelt loges bzw. digitales Lernen und Lehren ver- talen Lehrformaten: die Integration von analo- es sich weniger um die Form der verwende- standen. Naheliegender ist die Vereinigung von gen und digitalen Elementen und Methoden, die ten Medien und Technologien, sondern um den beiden Formen zu etwas neuartigem Ganzen, Rolle von Lehrenden und Lernenden sowie der Charakter der Ausrichtung der Lehre. Dabei las- bei dem die Einzelteile nicht mehr als Einzelteile Raum als Unterscheidungsmerkmal. sen sich Lehrverfahren als darbietend, erar- in Erscheinung treten bzw. wahrgenommen beitend und explorativ beschreiben und unter- werden. Die Nutzung eines Video-Projektors DIE STUDIERENDEN AKTIV scheiden. Fast zwangsläufig verschiebt sich anstatt eines Overhead- Projektors ist noch EINBINDEN der Fokus des Lehrverfahrens bei der integra- kein Angebot, das als «Verschmelzung» wahr- Zu den Lehr- und Lernformaten, die sich für eine tiven Berücksichtigung von analogen und digi- genommen wird. Auch in Blended-Learning- Verschmelzung von analog und digital anbie- talen Lehrelementen in Richtung exploratives Szenarien, bei denen Online-Elemente phasen- ten, gehören neben dem Flipped bzw. Inver- Lehrverhalten. Wird eines der verschiedenen weise zum Einsatz kommen, gibt es deutliche ted Classroom hauptsächlich folgende Lehrfor- Lehrformate genutzt, ändert sich analog zum Unterschiede zwischen der Online- und der Prä- mate: die E-Portfolio-Arbeit, die Communities of Lehrverfahren auch die Rolle der Lehrenden und senzphase im Vergleich zu integrativ-gemisch- Practice, das Seamless Learning, das Lehrfor- Lernenden (siehe Abb. 2). ten analog-digitalen Unterrichtsformen. mat «Forschendes Lernen 2.0», Mobile Inquiry Beim dritten Aspekt der Verschmelzung von Im Vordergrund der Diskussion in der Hoch- Based Learning, mobile Spiele und Simulati- Digitalem und Analogem wird der Raum, in schullandschaft über die «Verschmelzung von onen, Remote- und Online-Labore, Virtual und dem sich die Beteiligten befinden, ein wichtiges
8 PROREKTORAT//WISSENSPLATZ Unterscheidungsmerkmal (Beispiel: Teilnahme an einer Präsenzveranstaltung oder nicht). Die ERSTELLUNG VON LERNVIDEOS über das ganze Semester verteilt werden. unterschiedlichen Lehr- und Lernformate kön- VON STUDIERENDEN FÜR Auch wollte man etwas daran ändern, dass nen dabei zu drei Szenarien zusammengefasst STUDIERENDE IM RAHMEN DER während der Vorlesung nur wenig Rückfra- werden (Abb. 3): VERANSTALTUNG LINEARE gen und Diskussionen zustande kamen, man (a) Die Lehrenden und Studierenden nutzen ihre ALGEBRA II (HFT STUTTGART) sah auch die hohe Durchfallquote, die vielen Geräte und ggf. das Internet in der Präsenz-Lehr- Erweiterung einer regulären Vorlesung Line- Abbrecherinnen und Abbrecher gegenüber veranstaltung; (b) die Lehrenden setzen auf Kon- are Algebra II im Rahmen eines Bachelorstu- nur beschränkten personellen Ressourcen. zepte der Lehrveranstaltungen, bei denen ana- diengangs Mathematik (2. Semester) durch Dazu kam auch, so die Überlegung, mit dem loge und digitale Lernelemente und Methoden zu das Erstellen von Lernvideos durch die Stu- Flipped-Classroom-Konzept zukünftig Teile einem verschmelzen oder (c) die Lehrenden und dierenden. Hintergrund dieser Erweiterung des Vortrags aus der Vorlesung auszulagern, Studierenden nutzen ihre Geräte und ggf. das war die Beobachtung der verantwortlichen um Raum für mehr Diskussion und Interakti- Internet außerhalb von Präsenzlehrveranstal- Professorin Anke Pfeiffer, dass die Studie- vität zu schaffen und dabei diese Produktion tungen, etwa für die Kommunikation, die Doku- renden eher eng auf die Abschlussprüfung der Lernvideos nicht allein den Lehrenden zu mentation, die Planung oder sonstige Lern- bzw. bezogen lernten. Das Lernen sollte hingegen überlassen. Lehraktivitäten. ANNÄHERUNG AN BERUFLICHE rung an die berufliche Praxis kommt und die schliesslich bieten die auf diese Weise erweiter- PRAXIS Entwicklung beruflicher und allgemeiner Kom- ten Lehr- und Lernformate neue Möglichkeiten Die erweiterte Diversität von Lehrformaten bei petenzen unterstützen hilft. Darüber hinaus ent- des formativen Assessments. der Verschmelzung von analogen und digita- wickeln Lehrende beim Einsatz der verschmol- len Elementen bietet Vorteile und grosse Ent- zenen Lehr- und Lernformate ihre didaktischen wicklungschancen für die Qualität in der Lehre. Kompetenzen in der Rolle als Lernbegleiter, Diverse Beispiele (siehe Anwendungsbeispiele aber auch zusätzliches Wissen und Kompeten- Prof. Dr. Bianka Lichtenberger in den Kästen) über verschmolzene Lehr- und zen, etwa zur Erstellung von Lernvideos. Studie- Leiterin Qualitätsmanagement und Hochschul- Lernformate belegen, dass es gerade in der rende wiederum erweitern ihre Kompetenzen in didaktik Kombination von analoger und digitaler Lehre Bezug auf selbstorganisiertes Lernen, und neh- +41 81 286 38 57 beiläufig zu einer wesentlich höheren Annähe- men eine aktivere Rolle im Lernprozess ein. Und bianka.lichtenberger@fhgr.ch unabhängig «Meine Unabhängigkeit möchte ich auch in Zukunft behalten. Deshalb ist mir wichtig, dass auch mein Altersguthaben möglichst unabhängig bleibt.» Arno Dumolein Bauingenieur Struktur Pensionskasse der Technischen Verbände SIA STV BSA FSAI USIC 3000 Bern 14 T 031 380 79 60 www.ptv.ch aufmerksam · unabhängig · verantwortungsbewusst ptv_ins_Wissensplatz_A_U_V_3_192x133mm_SS_de_60Jubi.indd 2 07.01.21 10:28
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10 PROREKTORAT//WISSENSPLATZ Sprung ins lauwarme Wasser: die virtuelle FH Graubünden fhgr.ch/magazin/september2021 Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen haben auch im E-Learning-Bereich neue Massstäbe gesetzt und Möglichkeiten sowie Grenzen von digitaler Lehre und Weiterbildung aufgezeigt. Wie war die Situation der Online-Lehre an der Fachhochschule Graubünden «vor Corona»? Was ist in den vergangenen Monaten geschehen und was für Erfolgsmomente gibt es für die Zukunft? Antworten darauf – und welche unterstützenden Rahmenbedingungen für die Zukunft nötig sind – sollen in diesem Beitrag aufgezeigt werden. Text: Judith Hüther / Bilder und Grafiken: FH Graubünden, Uwe Mueller WAS WAR? (DIE ZEIT VOR COVID-19) entwickelt werden. Diese werden etwa mit eige- Selbststudium mit Online-Elementen zu berei- VON LEUCHTTÜRMEN UND BLUMEN- nen und offenen Lernressourcen (OERs) ange- chern – ähnlich einer vielfältigen Blumenwiese. WIESEN reichert und über das Semester hinweg mit Beispiele dafür sind etwa die konsequente Nut- Schon seit vielen Jahren werden an der FH Grau- formativen Online-Assessments ergänzt – oder zung von Diskussionsforen auf Moodle, auf der bünden im Rahmen der Strategie in der Lehre es werden ganze Projekte mit Studierenden über Lernplattform erteilte Vorbereitungsaufträge für vielfältige Blended-Learning-Ansätze verfolgt. die Online-Lernplattform Moodle abgebildet. den Unterricht oder die Möglichkeit, dort auch Als Leuchttürme bezeichnet werden können Neben diesen Leuchttürmen existierten in der Gruppenarbeiten oder Lernportfolios/-tagebü- beispielsweise einzelne Module und Lehrveran- Zeit vor Covid-19 an der FH Graubünden zudem cher zu diskutieren und Feedbacks zu geben. Es staltungen, die schon lange auf Online-Anteile bereits verschiedene weitere Möglichkeiten, um war an der FH Graubünden also schon eine gute bauen und diesbezüglich kontinuierlich weiter- die Lehrveranstaltungen und insbesondere das Basis vorhanden für den «Sprung ins kalte Was- ser», der mit der Schliessung der Hochschulen im Frühjahr 2020 erfolgte, sodass das Wasser nicht ganz so kalt war und alle den Kopf danach (mehr oder weniger) über Wasser halten konnten. WAS IST? VON FRÜHLINGSBLÜHERN UND VERWURZELTEN PFLANZEN Seit der zeitweiligen Umstellung auf den Distanz- unterricht hat sich viel getan an der FH Graubün- den. Alle Beteiligten haben ihre Lehrveranstal- tungen innert kürzester Zeit auf Online-Formate umgestellt. Dazu zählt der flächendeckende Umgang mit Videokonferenzsystemen ebenso wie die konsequente Verwendung der Lernplatt- form Moodle. Pro Klasse wurden zwei studen- tische Supporterinnen und Supporter einge- setzt, die neben technischer Unterstützung auch Feedback an die Lehrpersonen gaben sowie die Einzelne Leuchttürme, Module und Lehrveranstaltungen, Lehre als Ganzes bewerteten. Im ersten Halb- die schon lange auf Online-Anteile bauen, existierten an jahr 2020 wurden auf diese Weise mehr als 600 der FH Graubünden schon lange vor Covid-19. Feedbacks abgegeben. Es fanden 56 Schulun-
PROREKTORAT//WISSENSPLATZ 11 gen durch das Blended Learning Center statt, bei Virtuelle FHGR – alle Aktivitäten (Trainer/-innen und Teilnehmer/-innen) denen alle Lehrpersonen und die Studierenden mit den Neuerungen und didaktischen Anforde- rungen vertraut gemacht wurden. Das Spektrum dieser Schulungen reichte von Themen wie der Einführung in die Lernplattform Moodle oder in das Videokonferenzsystem Webex bis hin zur Gamification oder der Arbeit mit kollaborativen Werkzeugen. Eindrückliche Zahlen zeigen denn auch den schnellen Übergang zur virtuellen FH Graubün- den mit Distance Learning und hybridem Lear- ning: Im ersten Halbjahr 2020 nahmen knapp 80 000 Teilnehmende an über 10 000 Webex- Meetings teil. Auch die rund 300 Prüfungen im Frühjahr 2021 fanden erfolgreich virtuell statt. Mündliche Prüfungen wurden über das Video- Im Verlauf der Pandemie zu virtuellen Profis geworden: Die Zugriffe auf konferenzsystem abgehalten und die schriftli- chen Arbeiten wurden auf Open-Internet- bzw. die unterstützende Moodle-Seite «virtuelle FHGR» gingen laufend zurück. Open-Book-Prüfungen umgestellt. Eng begleitet wurde die Umstellung auf eine virtuelle Fachhochschule auch von der IT. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet auch heute noch der Moodle-Kurs «virtuelle FHGR». Dieser bein- haltet einen regelmässigen Newsletter aus dem Prorektorat und dem BLC, zahlreiche Schulungs- angebote und Anleitungen, interaktive Tool- sammlungen, Screencasts sowie Videoauf- zeichnungen von Tutorials und Webinaren. Die wichtigsten Ansprechpersonen sowie die Ter- mine für die wöchentlichen Sprechstunden sind dort ebenfalls aufgeführt. Auf diese Weise ist auch die Weiterentwicklung der Lehrveranstal- tungen gewährleistet. Neben neu eingeführten informellen Online-Formaten bietet das Format «Inspiration Distance Learning» als Webinar für alle Lehrpersonen zudem regelmässig eine Plattform für thematische Impulse und den Aus- tausch untereinander. Die Feedbacks der studentischen Supporterin- nen und Supporter verschafften einen guten Einblick in die Lehre und zeigten deutliche Ver- besserungen des Unterrichts sowie eine klare Zunahme der Interaktionen auf. So schlägt das Die regelmässigen Feedback-Runden mit den studentischen Supporterinnen vergangene Jahr mit all seinen Mühen nun Wur- und Supporter ermöglichten wertvolle Verbesserungen des Unterrichts. zeln und trägt Früchte. und die Tatsache, dass vermehrt Open-Book- den. Die grosse Stärke der FH Graubünden als WAS BLEIBT? Prüfungen stattgefunden haben, werden sich Präsenzhochschule mit ihren kleinen Klassen (DIE ZEIT NACH COVID-19) nachhaltig auf die Qualität der Prüfungen aus- und der familiären Atmosphäre bleibt jedoch die VOM FHGR-CAMPUS-GARTEN wirken. Live-Interaktion vor Ort mit ihrem unkomplizier- Was aber nehmen wir nun mit in die Zeit des Doch welche Erfahrungen, Kompetenzen und ten Austausch untereinander. Kombiniert mit der «neuen Normal» an der FH Graubünden? Die Zeit Erkenntnisse können wir weiter ausbauen? Mit neuen Qualität des Selbststudienmaterials, for- im Distance Learning hat aufgezeigt, dass der dieser Frage hat sich bereits im Sommer 2020 mativen Feedbacks und aktivierenden Elemen- Einsatz möglichst vieler digitaler Tools nicht nur eine Task Force auseinandergesetzt und die ten auf der Lernplattform wird diese Lehr- und förderlich ist. Manche Studierende sind von der Umfrageergebnisse von FHGR-Studierenden Lernform zu einer echten Bereicherung. Und so Vielfalt rasch überfordert und es empfiehlt sich und -Lehrpersonen ausgewertet. Die Erkennt- können wir uns bereits jetzt über den «Lern-Gar- deshalb ein wohlüberlegter, didaktisch sinnvol- nisse daraus werden in der Strategieperiode ten» der FH Graubünden freuen. Nun gilt es, die- ler Einsatz der vielfältigen neuen Möglichkeiten. 2021–2024 im Entwicklungsschwerpunkt Inno- sen zu pflegen und weiterhin Aufmerksamkeit Sicher werden die neuen Tools und technischen vatives Lebenslanges Lernen (iL3) in den The- und Raum zur Weiterentwicklung zu schaffen. Möglichkeiten weiter genutzt, es wird weiterhin menbereichen Didaktik, Infrastruktur und Kom- mit Videokonferenzen, Online-Whiteboards oder petenzen weiterverfolgt (siehe Fokusbeitrag Brainstorming-Werkzeugen gearbeitet werden Seite 4–5). fhgr.ch/blc und vermutlich finden auch künftig in den neu Zusammengefasst kann festgehalten werden, mit Webcams und Funkmikrofonen ausgestat- dass der Interaktion beim Lernen eine grosse Judith Hüther teten Vorlesungsräumen Videoaufzeichnungen Bedeutung zugesprochen wird. Online kann Leiterin Blended Learning Center (BLC) des Unterrichts statt. Die Erfahrungen aus den diese mit Foren, kollaborativen Aufgaben und +41 81 286 38 53 online durchgeführten Leistungsnachweisen Arbeiten im begleiteten Selbststudium stattfin- judith.huether@fhgr.ch
12 ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ Wie die Distanz eine gemeinsame Problem- lösung ermöglicht fhgr.ch/magazin/september2021 Das Photonics- und Mobile-Robotics-Studium lebt von gemeinsamen praktischen Übungen. Und so stellte sich bald nach Beginn der Coronapandemie die Frage, wie im Distanzunter- richt über Videokonferenzsysteme praktische Erfahrungen für die Studierenden im Bereich Elektronik ermöglicht werden könnten. In kurzer Zeit gelang es, aus der Not eine Tugend zu machen und ein Übungskit zu entwickeln, mit dem die Studierenden zuhause arbeiten können. Die Lösung brachte Überraschendes zu Tage: Distanzunterricht auf praktischer Ebene kann sogar Vorteile gegenüber einem Laborbetrieb in Präsenz haben. Text und Bilder: Ulrich Hauser-Ehninger DIE BEDEUTUNG VON PRAKTI- che führt meist zu viel mehr Erkenntnisgewinn dierenden meist völlig ratlos, wenn etwas nicht SCHEN ÜBUNGEN als der auf Anhieb erfolgreiche Versuch. funktioniert. Strategieloses Probieren endet Vor allem Studierende, die vor Beginn des Studi- Es ist nicht einfach, in einem elektronischen Auf- meist mit frustriertem Aufgeben. Da die Funktion ums keine auf das Studienfach bezogene Lehre bau Fehler zu finden, denn es gibt eine Vielzahl der aufgebauten Schaltung oft noch nicht souve- absolviert oder private Erfahrungen mit Elekt- von Ursachen: Fehler können beim Entwurf einer rän verstanden wurde, kann auch keine Strategie ronikversuchen gemacht haben, profitieren Schaltung, beim Aufbau – also der Übertragung zur Fehlersuche entwickelt werden. Die Unter- ungemein davon, selbst Bauteile in die Hand zu vom Entwurf in eine real existierende Schaltung stützung durch erfahrene Coaches – in diesem nehmen, zu verbinden und eine Versorgungs- – oder auch durch fehlerhafte Bauteile entste- Fall die Dozierenden oder die Laborassistenz – spannung anzulegen, um dann festzustellen, hen. Auch das Nichtbeachten von Bauteiltoleran- hilft, Schritt für Schritt die korrekte Funktion der dass der geplante und erstellte Aufbau nicht zen oder anderen einzuhaltenden Betriebspara- einzelnen Schaltungsteile zu untersuchen und funktioniert. Denn die darauffolgende Fehlersu- metern kann zu Ergebnissen führen, die von den sich bei Abweichungen bis zur Fehlerquelle vor- Erwartungen abweichen. Zu Beginn sind die Stu- zuarbeiten. So lernen die Studierenden durch die Fehler und deren Korrektur, die Schaltun- gen grundlegend zu verstehen, und werden von Versuch zu Versuch selbstständiger darin, eine Schaltung zu ihrer korrekten Funktion zu führen. Die Fähigkeit, solche Fehler zu erkennen, die Ursachen zu finden und dann zu korrigieren, ist eine wichtige Kompetenz, die während des Studiums durch praktische Versuche zu erwer- ben ist. Normalerweise geschieht dies durch Versuche, die in den eigenen Laborräumen der Fachhochschule Graubünden stattfinden. Diese Laborräume sind mit hochwertigen Geräten zur Energieversorgung, Signalerzeugung und Para- metermessung bei Versuchsschaltungen aus- gestattet. Darüber hinaus werden diese Geräte auch für Arbeiten im Bereich von Forschung und Entwicklung eingesetzt. Auch aufgrund der hohen Kosten solcher Laborgeräte arbeiten die Studierenden in Gruppen und teilen sich so den Ausrüstungspark. Der Ausbruch der Coronapandemie im Frühjahr 2020 und die Schliessung der Fachhochschule Breadboard mit aufgebauter Versuchsschaltung verhinderten die Durchführung solcher Labor-
ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ 13 Bauteilesortiment. Kombigerät aus Oszilloskop und Signalgenerator zum Anschluss an einen Computer. Aufgabe mit Schritt-für-Schritt Aufbau, Schaltung und Beispielmessungen. termine vor Ort. Es drohte ein signifikanter Ver- angeschlossen und damit von diesem gesteu- stellung zu lösen versuchen. Als Coach schlägt lust an Qualität in der Ausbildung, weshalb man ert werden bzw. die aufgenommenen Messsi- man in solchen Fällen meist verschiedene Mes- nach einer Lösung suchte, die den Studierenden gnale anzeigen. sungen vor oder speist bestimmte Signale in die auch von zuhause aus praktische Erfahrungen Schaltung ein. Den Grund für die betreffenden ermöglichen sollte. ÜBERRASCHENDE ERKENNTNISSE Aktionen muss man im Gespräch offenlegen. Kurz vor Ostern waren die meisten Komponen- Auf diese Art bekommen die Studierenden einen DAS MINILABOR FÜR ZUHAUSE ten an die FH Graubünden geliefert worden und tiefen Einblick – sowohl in die Funktion des Auf- Es ist heute kein Problem, Schaltungen in der die Pakete konnten geschnürt und – mit einem baus, mit dem sie arbeiten, als auch in die Stra- Komplexität, wie sie im Unterricht vorkommen, kleinen Osterhasen als Begleiter – an die Studie- tegie der Fehlersuche. zu simulieren. Diese Simulationen sind so genau, renden verschickt werden. Gleichzeitig entstan- Es stellte sich sogar heraus, dass genau die- dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass den die Versuche, die den Aufbau verschiedener ser Aspekt auf Distanz besser funktioniert als eine simulierte Schaltung auch im realen Auf- Grundschaltungen – meist in mehreren Einzel- im Labor – nicht weil die Fehlersuche im Labor bau so funktioniert wie erwartet. Man kann in schritten – beschrieben. komplexer wäre, sondern weil alle Studierenden den Simulationen an beliebigen Punkten in der Die Studierenden bauten dann während der gleichzeitig per Videokonferenz am Suchprozess Schaltung virtuelle Messpunkte einrichten und Übungsstunden – oder auch ausserhalb dieser teilnehmen, zur jeweiligen Diskussion beitra- die ermittelten Werte untersuchen. Auch so ler- Zeiten – die gestellten Aufgaben zuhause auf. gen und damit gemeinsam mit dem Coach die nen Studierende viel. Aber einen realen Aufbau Erwartungsgemäss kam es dabei zu Fehlern. Lösung des Problems finden. Im Labor nehmen kann dies nicht ersetzen. Zunächst war die Unsicherheit beim Dozieren- an diesem Prozess im Allgemeinen nur die Stu- So kam die Idee auf, die Studierenden mit einem den gross, ob eine Fehlersuche auf Distanz über- dierenden des betreffenden Arbeitsplatzes teil; in «Osterpaket» zu versorgen. Dieses sollte ihnen haupt effektiv und effizient durchgeführt werden der Regel sind dies zwei, maximal drei Personen. ermöglichen, die meisten der Grundversuche, die kann. Die Herausforderungen dabei sind nicht zu Im Distanzunterricht jedoch können alle Studie- in den ersten Semestern des Studiums erfolgen, unterschätzen: Ohne die Schaltung zu sehen, gilt renden des Semesters gleichzeitig an der Feh- auch zuhause – sozusagen auf dem Küchen- es, die Studierende oder den Studierenden so lersuche teilnehmen und so von der Erfahrung tisch – aufzubauen, durchzuführen und zu prü- zu führen, dass die Fehlerfindung auf Distanz des Coaches und den Lösungsvorschlägen der fen. Dieses «Osterpaket» wurde sorgsam so möglich ist. Mit der Aussage «Das geht nicht» schon erfahreneren Mitstudierenden profitieren. zusammengestellt, dass alle Studierenden des kommt man hier nicht weit. Bei einfachen Pro- Semesters mit einem möglichst geringen finan- blemen wie etwa einer nicht oder falsch ange- Videotagebuch aus dem Lock- ziellen Aufwand ausgestattet werden konnten. schlossenen Energiequelle erfolgt die Lösung down: Das Minilabor in den ei- Es enthielt ein Breadboard, auf dem die Schal- noch schnell; bei tieferliegenden Fehlern muss genen vier Wänden, Studentin tungen zusammengebaut werden sollten, eine man sich als Coach sehr schnell auf die jewei- Sabine Kaufmann berichtet über Kollektion von Bauelementen, Verbinder, eine lige Situation einstellen und mit der reduzierten ihre Erfahrungen mit dem «Oster- Energieversorgung sowie ein Gerät, das ein Information umgehen. Die Studierenden können paket». Oszilloskop mit zwei Kanälen und eine Signal- den Aufbau in die Kamera halten oder auch ihren quelle in einem Gehäuse vereint. Das Oszillos- Bildschirm mit den Anzeigen des Messinstru- fhgr.ch/ipi kop kann als allgemeines Messgerät verwen- ments teilen. Anhand dieser Information muss det werden, die Signalquelle, um die aufgebaute die betreuende Person rasch eine Vermutung Prof. Ulrich Hauser-Ehninger Schaltung mit Signalen zu stimulieren. Dieses entwickeln, wo der oder die Fehler liegen könn- Dozent, Institut für Photonics und ICT Kombigerät hat keine eigene Anzeigemöglich- ten, und durch zielgerichtetes Nachfragen sowie +41 81 286 39 97 keit, kann aber mittels USB an einen Computer geführte und erklärte Massnahmen die Problem- ulrich.hauser@fhgr.ch
14 ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ Nicht untergehen im Datenozean fhgr.ch/magazin/september2021 Open Educational Resources (OERs) spielen eine Schlüsselrolle bei der Stär- kung der Digitalisierung in der Bildung. Mit dem Projekt «Swiss Digital Skills Academy» sollen das Bewusstsein und die Kompetenz von Lehrenden für diese Bildungsmaterialien gestärkt werden. In diesem Rahmen hat die Fachhoch- schule Graubünden mit Partnerinstitutionen ein Projekt zur Entwicklung von OERs zur Förderung der Data Literacy an Hochschulen gestartet. Studierende haben zu diesem Thema die erste virtuelle Expertenkonferenz ausgerichtet. Text: Sharon Alt und Vera Husfeldt / Bilder: Sharon Alt Virtuelle Expertenkonferenz live aus dem Homeoffice.
ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ 15 Die letzten Monate, in denen uns die Coronapan- demie fest im Griff hatte, haben es uns deutlich aufgezeigt: Wir befinden uns mitten in der digita- len Transformation. Grossväter halten aus dem Seniorenheim über Zoom und Co. Kontakt zu ihren Enkelinnen. Schülerinnen und Schüler treffen sich zu Hausaufgabengruppen im virtuellen Raum und arbeiten an gemeinsamen Dokumenten. Täglich verbringen unsere Studierenden mehrere Stunden damit, von zuhause aus allein und doch gemein- sam zu lernen. Wir haben unseren privaten und beruflichen Alltag massiv verändert und stellen fest, dass dies ohne digitale Transformation über- haupt nicht möglich gewesen wäre. Und jetzt? Können wir einfach wieder zurück? Wohl kaum. Wenn wir weiter aktiv am sozialen Leben und am Arbeitsleben teilhaben wollen, müssen wir uns auch in Zukunft weiter intensiv mit der Digitalisie- rung auseinandersetzen. Wir müssen sie als Teil unseres Lebens verstehen lernen und uns überle- Das studentische Feedback zeigt, dass projektbasiertes, selbstständiges gen, wie wir mit ihr auskommen bzw. uns von ihr Arbeiten und das Konferenz-Format sehr geschätzt wurden. abgrenzen wollen. Das tönt äusserst anspruchs- voll und ist es auch. Wir können dabei nicht auf die Traditionen und Erfahrungen früherer Gene- sind die Pädagogischen Hochschulen St. Gallen Digital Skills Academy» beteiligten Hochschu- rationen zurückgreifen, sondern stehen allesamt und Freiburg, das Eidgenössische Hochschulin- len. Nebst den Beiträgen der Studierenden gab gemeinsam vor dieser neuen Herausforderung. stitut für Berufsbildung sowie die ETH Lausanne es an der Konferenz auch zwei Keynote-Refe- und ETH Zürich) ist eines der grösseren im Ver- rate: Katharina Schüller, eine führende Exper- DIGITALE KOMPETENZ IST KEIN bund der «Swiss Digital Skills Academy» und hat tin im Bereich Data Literacy aus Deutschland, EXPERTENWISSEN die Förderung der Datenkompetenz im Fokus. sprach über «Data Literacy – Schlüsselkompe- Es gilt, neue Kompetenzen und Sensibilitäten zu Für die Nutzung an Hochschulen in der gesam- tenz des 21. Jahrhunderts»; die zweite Keynote entwickeln, neue ethische Prinzipien aufzustel- ten Schweiz werden Ressourcen entwickelt und Speech wurde vom Leiter des Schweizerischen len, Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen, sich verbreitet. Die Entwicklung dieser Ressourcen Instituts für Informationswissenschaft, Ingo Bar- vorzuwagen in unbekannte Welten, Ängste abzu- orientiert sich an den in den beteiligten Hoch- kow, gehalten. Im Rahmen der studentischen legen und dabei gleichzeitig Zurückhaltung zu schulen identifizierten Bedürfnissen; die Ver- Beiträge wurde die Vermittlung von Datenkom- bewahren. Digitale Kompetenz ist kein Experten- breitung erfolgt über die von der EPFL verwal- petenz an Hochschulen von verschiedenen Sei- wissen, das delegiert werden könnte, und keine tete, offen angelegte Plattform Graasp für OERs. ten beleuchtet. Dabei stand die Vermittlung von Kompetenz, die nur in speziellen Bereichen und Das Seminar «Data Literacy – Formen und Ver- Kenntnissen im Fokus – von ethischen Aspek- Branchen benötigt wird. Nein, es geht um eine mittlung» ist die erste Aktion der Fachhochschule ten wie dem kritischen Umgang mit und dem umfassende Schlüsselkompetenz, ohne die eine Graubünden im Rahmen dieser Initiative. Das inno- Hinterfragen von Daten, der Interpretation von gesellschaftliche Partizipation nur noch einge- vative Unterrichtskonzept vereint unterschied- Datenvisualisierungen und Statistiken bis hin schränkt möglich ist. Jede und jeder ist davon liche Methoden und Medien: Studierende erar- zum Umgang mit Computern und Programmier- betroffen. Der Erwerb digitaler Kompetenzen ist beiten im Selbststudium Inhalte, vertiefen diese kenntnissen (Computational Literacy). In Einzel- deshalb auch vor dem Hintergrund der Bewah- in Breakout Sessions, führen kritische Diskussi- referaten und einem von Studierenden mode- rung der Chancengerechtigkeit ein gemeinsam onen im Plenum, überprüfen ihr Wissen anhand rierten interaktiven Roundtable wurden anhand mit allen und für alle anzustrebendes Ziel. von Quizzes, und werden so zu Expertinnen und von transferorientierten Lernformen Ideen vor- Dies ist auch der Haupttreiber der «Swiss Digital Experten rund um Datenkompetenz. An der in das gestellt, wie Teilkompetenzen von Data Literacy Skills Academy», die mit finanzieller Unterstüt- Seminar eingebetteten Expertenkonferenz stellen an Hochschulen vermittelt werden könnten. zung von Swissuniversities und unter der Lei- die Teilnehmenden ihre Ideen und Konzepte zur Um die erarbeiteten Vorschläge nun auch frucht- tung der Eidgenössischen Technischen Hoch- Vermittlung von Datenkompetenz an Hochschu- bar ein und umsetzen zu können, ist geplant, schule Lausanne (EPFL) im Januar 2021 starten len einem grösseren Publikum vor. Voraussetzun- dass die Beiträge der Studierenden im Rahmen konnte. Gemeinsam mit 12 anderen Schweizer gen für die Teilnahme an der Konferenz sind die von Projektkursen weiterentwickelt und schliess- Hochschulen engagiert sich auch die Fachhoch- fristgerechte Einreichung eines Abstracts mit dem lich als OERs veröffentlicht werden. schule Graubünden im Rahmen der «Swiss Digi- persönlichen Beitrag und die Bereitschaft, sowohl tal Skills Academy» für die Entwicklung und Ver- aktiv am Reviewprozess teilzunehmen als auch https://d-skills.ch breitung von Ideen, Materialien, Kursen und im Anschluss an die Konferenz ein Paper einzu- anderen Ressourcen zur Förderung der digita- reichen. In der letzten Seminarsitzung werden die Sharon Alt len Kompetenzen an Schweizer Hochschulen. besten Beiträge der Studierenden mit einem «Best Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Schweizeri- In fünf Arbeitspaketen geht es um Vernetzung, Paper Award» prämiert. sches Institut für Informationswissenschaft Zugang für alle, die Entwicklung und Verbreitung + 41 81 286 24 92 von Open Educational Resources (OERs), die BEITRÄGE FÜR DIE ZUKUNFT WEI- sharon.alt@fhgr.ch Multiplikatorenfunktion von Lehrpersonen und TERENTWICKELN die Förderung von Datenkompetenz. Die virtuelle Expertenkonferenz hat an zwei Vormittagen im Mai 2021 stattgefunden. Teil- Prof. Dr. Vera Husfeldt STUDIERENDE WERDEN ZU EXPER- nehmende waren die eingeschriebenen Stu- Dozentin, Schweizerisches Institut für Infor TINNEN UND EXPERTEN dierenden des Kurses, aber auch interessierte mationswissenschaft Das von der FH Graubünden geleitete Arbeitspa- Kolleginnen und Kollegen – sowohl der FH Grau- +41 81 286 39 27 ket «Develop Data Literacy» (Partnerinstitutionen bünden als auch seitens der am Projekt «Swiss vera.husfeldt@fhgr.ch
16 ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ Wissensdurstig fhgr.ch/magazin/september2021 Anhaltender Wissensdurst fördert den beruflichen Erfolg. Heute mehr denn je. Dies gilt besonders in Berufsfeldern, die stark vom technologischen Fortschritt geprägt sind. Doch wie wird Lernen zur Quelle für Erfolg und Lebensfreude? Und wie bleibt der Wissensdurst erhalten? Text: Petra Hasler / Bild: FH Graubünden Kleinkinder erforschen die Welt voller Neugierde. LERNPROZESS ALS SELBSTLÄUFER LERNSTILE STATT LERNTYPEN Sie lernen mit allen Sinnen und sind in ihrem Ent- Wer andere zum Lernen inspirieren möchte, Ein bevorzugter Sinneskanal kann die Effektivi- deckerdrang nicht zu bremsen. Bei vielen Kin- muss sie laut Hüther mit seiner Begeisterung tät des Lernens begünstigen. Doch die Eintei- dern lässt die Freude am Lernen jedoch nach, anstecken, Beziehungen aufbauen und ein ver- lung der Menschen nach «auditiven», «visuellen», sobald sie nicht mehr selber bestimmen kön- trauensvolles, kooperatives Umfeld schaffen. «haptischen» oder «kognitiven» Lerntypen gilt nen, was und wie sie lernen dürfen, und den Sinn Wie wichtig Vertrauen und Teamarbeit für den heute als überholt, denn nicht alle Typen bezie- und Zweck des Lernens aus den Augen verlieren. Lernprozess sind, weiss auch Heiner Butz. Der hen sich sowohl auf das Aufnehmen als auch Bewertungen durch Noten können die Lernfreude Dozent und Leiter des Majors «Journalismus auf das Verarbeiten und Speichern der Infor- zusätzlich dämpfen. Später, im Jugend- und multimedial» im Bachelorstudium Multimedia mationen. Daher wird in den Kognitionswissen- Erwachsenenalter, entsprechen die Lerninhalte Production an der Fachhochschule Graubün- schaften heute vor allem der Begriff «Lernstile» durch die Wahl der Ausbildung oder des Studi- den lässt den Studierenden in der redaktionel- verwendet. Um erfolgreich eigenständig zu ler- ums wieder vermehrt den eigenen Interessen. len Arbeit grösstmögliche Freiheit: «Die Studie- nen, müsse man sich selbst kennenlernen und Der enge Bezug zur (späteren) Arbeit ist laut dem renden knüpfen an ihre Lebenswelt an, arbeiten herausfinden, wie, wo, wann und mit wem man Psychologen und Lerncoach Fabian Grolimund kollaborativ und lernen so voneinander und am besten lerne, erklärt Fabian Grolimund und zentral für ein nachhaltiges Lernen: «Wer den gemeinsam anhand der aktuellen Problemstel- ergänzt: «Vielen Studierenden hilft Struktur – Sinn darin erkennt, erlebt das Studium als span- lungen. Die intrinsische Motivation erhöht sich feste Zeiten, zu denen man sich mit anderen nend.» Dies bestätigt auch der deutsche Neuro- durch dieses Lernumfeld markant.» Gelingt trifft, um Inhalte zu besprechen.» biologe Gerald Hüther, der mit seinen Büchern die Anbindung an die Realität respektive Pra- aufzeigt, was Menschen stark und erfolgreich xis, wird der Lernprozess zum Selbstläufer. Die BEGLEITUNG UND STRUKTUR BEIM macht. Laut ihm sollen Lerninhalte zudem posi- Studierenden erleben das gute Gefühl, Infor- SELBSTSTUDIUM tive Gefühle auslösen, an bestehendes Wissen mation in Wissen und Knowhow umwandeln Um dem Bedürfnis nach Struktur und Aus- oder Erlebtes anknüpfen und weder über noch zu können. Sich fähig und kompetent zu füh- tausch zu entsprechen, plane ich als Dozentin unterfordern. Ausserdem lerne der Mensch am len, bedeutet weit mehr als nur gute Noten zu am Institut für Multimedia Production sowohl besten in einer sozialen Gemeinschaft. erzielen. die Selbststudiumsphasen wie auch die Unter- richtseinheiten. Ich zerlege den Lernprozess in kleine Schritte, baue Pflichtelemente wie Peer Feedbacks mit Checklisten oder Reflexionen ein und biete terminierte Coachings und Feed- backs an. Lerninhalte wie Videos, Audios und Texte ergänze ich mit Worksheets oder sammle die Gedanken der Studierenden zum jeweiligen Thema in einem Forum, wodurch auch beim selbstständigen Arbeiten die Gemeinschaft spürbar wird. Motivierend wirkt nebst praxisna- hen und sinnstiftenden Aufgaben auch Wahlfrei- heit, beispielsweise bei der Themenwahl oder Arbeitsweise (Gruppen- oder Einzelarbeit). Und schliesslich signalisiere ich mit sporadischen EMails und regelmässigen Sprechstunden Prä- senz sowie Interesse am Lernfortschritt. TIPPS FÜR ERFOLGREICHES LERNEN Lernerfolg und Freude am Lernen sind auch für Fabian Grolimund eine Herzensangelegen- heit. Gemeinsam mit der Psychologin Stefanie Beim Selbststudium sind Struktur und Begleitung wichtig. Rietzler leitet er die Akademie für Lerncoaching
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