Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung

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Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Ausgabe 1/2016

                 Wahlprüfsteine
                 Landtagswahlen
                 Rheinland-Pfalz 2016

                         H a upt-
                       -           g
                   VRB mlun 6
                       a m          01
                   vers März 2 emie
                     10.          kad
                  am -Nansen-Aim
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                  Fridt     Inge

       VRB im Gespräch mit Ministerin Reiß: Großes Vertrauen in Lehrerinnen und Lehrer
         Jahresempfang der Wirtschaft in Mainz: Reale Bildung in Politik angekommen
                        Schule und Recht: Umgang mit Geschenken und Zuwendungen
                           VRB-Bezirksversammlungen: Parteien auf den Zahn gefühlt
                KlarText vor der Wahl: Gute Schulen brauchen eine gute Bildungspolitik
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Inhalt

                               Inhalt der Ausgabe Februar 2016
    Titelthema                                                  VRB-Bezirksversammlungen: Den Parteien auf den
    Wahlprüfsteine:                                             Zahn gefühlt ………………………………………………… 37
    Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016   …………………… 5            Bezirk Trier: Schülerzeitung „IGEL“ ausgezeichnet ………… 39

    Bildungspolitik                                             Bezirk Neustadt: Personalräte-Fortbildung: Kollegialer
                                                                Austausch stand im Zentrum der VRB-Fortbildung ………… 40
    Pinnwand       …………………………………………………… 17
                                                                Bezirk Koblenz: Personalräte-Fortbildung: Information
    VRB-Verbandsarbeit                                          bieten und Austausch ermöglichen! ………………………… 41
    VRB im Gespräch mit Bildungsministerin Vera Reiß:
    „Ich habe großes Vertrauen und Zutrauen in unsere           Kurz notiert: Termine, Service und Internes
    Lehrerinnen und Lehrer“ ……………………………………… 18                  Geburtstagswünsche            ……………………………………… 42
    VRB im Gespräch mit der CDU:                                Kindergeld-Neuregelung seit 1. Januar 2016 ……………… 43
    Schulpolitik muss Anreize bieten …………………………… 20             Würdigung: Klaus-Peter Wyrwoll zum 80. Geburtstag …… 44
    dbb-Herbsitzungen: Zustrom der Asylbewerber
    Vorrangthema ………………………………………………… 21                         KlarText!
                                                                Vor der Wahl: Gute Schulen brauchen eine gutee
    SchuleWirtschaft: Zukunftsorientierung Realschule plus
                                                                Bildungspolitik ………………………………………………             …………… 46
    und Integrierte Gesamtschule ……………………………… 22

    Schule in Rheinland-Pfalz
    Pinnwand       …………………………………………………… 24
    Jahresempfang der Wirtschaft in Mainz: Reale Bildung
    in der Politik angekommen ………………………………… 24
    Kommentar: Werbung für duale Ausbildung ……………… 25
    Pädagogische Gespräche: Zum Abschluss „Orientierung
    bieten“ ………………………………………………………… 26
    Philologenverband Rheinland-Pfalz: Cornelia Schwartz            Impressum
    zur neuen Vorsitzenden gewählt …………………………… 28
                                                                    Herausgeber                                  Redaktion
    VRB-Interview mit Manfred Schabowski: „Unsere                   VRB Verband Reale Bildung                    Michael Eich
    Anliegen werden gehört!“ …………………………………… 29                      Landesverband Rheinland-Pfalz e. V.          Trifelsstraße 1a
                                                                                                                 76751 Jockgrim
    VRB-Interview mit Dr. Sabine Rech: Fachoberschule Gesund-       Landesvorsitzender                           Tel: 0 72 71 / 12 92 74
    heit – Schulabschluss ermöglicht Medizinstudium ………… 30         Bernd Karst                                  michael.eich@vrb-rlp.de
                                                                    Grolsheimer Weg 5
                                                                    55411 Bingen                                 Layout
    Schule und Recht
                                                                    Tel: 0 67 21 / 99 49 99                      Daniela Boudgoust
    Pinnwand       …………………………………………………… 32                          bernd.karst@vrb-rlp.de                       www.bizzdesign.de

    VRB-Justiziarin Antonia Dufeu: Umgang mit Geschenken            Zentrale Mitgliederkartei und Inkasso        Auflage und Druck
    und Zuwendungen – Was darf ein Lehrer annehmen? …… 33           Wolfgang Seebach                             5.000 Stück,
                                                                    Unterstraße 19                               flyeralarm GmbH, Würzburg
                                                                    56814 Faid
    Beruf Lehrer                                                    Tel: 0 26 71 / 85 49
    Pinnwand       …………………………………………………… 35                          Fax: 0 32 12 / 965 73 31
                                                                    schatzmeister@vrb-rlp.de
    Unterrichten – Pädagogik, Didaktik und Methodik
    Pinnwand       …………………………………………………… 36                          Zuschriften
                                                                    Einsender von Manuskripten, Briefen u. Ä. erklären sich mit redaktioneller
                                                                    Bearbeitung einverstanden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
    VRB-Bezirke                                                     nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.
                                                                    Für unverlangt eingesandte Bücher, Schriften oder Arbeitsmittel wird kei-
                                                                    ne Verpflichtung übernommen. Rücksendung erfolgt nur, wenn ausrei-
                                                                    chend Rückporto beiliegt. Beiträge, Zuschriften und Besprechungsstücke
                                                                    an die Redaktion erbeten. Nachdruck, auch auszugsweise gerne, aber
                                                                    nur mit Genehmigung.
                                                                    Bildmaterial
                                                                    Bitte senden Sie uns Ihr Bildmaterial ausschließlich in digitalisierter Form
                                                                    zu und achten Sie auf eine druckfähige Auflösung (300 dpi).
                                                                    Anzeigenberatung und -preisliste
                                                                    Bitte wenden Sie sich an Michael Eich (michael.eich@vrb-rlp.de). Es gilt
                                                                    die Anzeigenpreisliste vom Mai 2014.

2   Reale Bildung verbindet!
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Editorial

                           Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2016 ist zwar noch jung, es zeichnet sich       die Duale Ausbildung werben.
jedoch bereits ab, dass es ein herausforderndes Jahr
                                                         Liebe Leserinnen und Leser,
werden wird – nicht zuletzt aufgrund der Flüchtlings-
                                                         Sie halten die letzte Ausgabe
zahlen. Wegen der anstehenden Landtagswahlen in
                                                         in Ihren Händen, die ich als
Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz ist dieses
                                                         Redakteur in dieser Legisla-
Thema allgegenwärtig und verdrängt inzwischen an-
                                                         turperiode zu verantworten
dere Probleme aus der öffentlichen Wahrnehmung,
                                                         habe. Im März wird nicht nur
die uns in unseren Schulen nicht weniger heraus-
                                                         eine neue Landesregierung
fordern. Dem treten wir als Verband Reale Bildung
                                                         gewählt, sondern auch ein
entgegen.
                                                         neuer VRB-Landesvorstand.
Wir alle fragen uns „Wie wird es nach den Land-          Ich möchte die Gelegenheit
tagswahlen bildungspolitisch weitergehen? Kommt          nutzen, um mich bei den vie-
die nächste Schulstrukturreform? Löst sich die neu       len Unterstützern unserer Re-
gewählte Landesregierung von einem nach unserem          daktion zu bedanken. Erst das
Verständnis viel zu engen Inklusionsbegriff? Wie wird    ehrenamtliche Engagement
die Wertigkeit unserer Bildungsabschlüsse gesichert,     vieler lieber Kolleginnen und
sodass Ausbildungs- und Studierreife gewährleistet       Kollegen macht „Reale Bil-
bleiben? Werden wir Lehrerinnen und Lehrer endlich       dung in Rheinland-Pfalz“ zu dem, was es für mich
von bürokratischen und unterrichtsfernen Aufgaben        von verschiedenen anderen Publikationen wohltuend
befreit, sodass wir unsere Kernaufgabe, anspruchs-       unterscheidet: Eine Verbandszeitschrift aus der Praxis
vollen Unterricht zu gestalten, unbelastet bewältigen    für die Praxis. Liebe Leserinnen und Leser, das wird
können?“ Diese und weitere Fragen, liebe Leserin-        auch nach unserer Hauptversammlung am 10. März
nen und Leser, bestimmen unseren Schulalltag. In         so bleiben.
Form von Wahlprüfsteinen haben wir sie SPD, CDU,
                                                         Angenehme Lektüre wünscht Ihnen
BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN sowie der FDP vorgelegt.
Die Antworten der Parteien sowie ihre bildungspoliti-
schen Zielsetzungen können Sie im Titelbericht dieser
Ausgabe nachlesen.

Im Zeichen der im Jahr 2016 zu erwartenden Her-
ausforderungen und der Weiterentwicklung der
Realschule plus stand auch das Gespräch, das wir
kurz vor dem Jahreswechsel mit Bildungsministerin
Vera Reiß geführt haben. Lesen Sie, warum für Mi-
nisterin Reiß das „Plus“ bei der „Realschule plus“ ab-
solut berechtigt ist und warum sie Vertrauen in uns
Lehrerinnen und Lehrer hat.

Bereits im letzten Jahr war ein Umdenken in Sachen
Bildungsabschlüsse zu erkennen. Es ist noch gar
nicht so lange her, da feierten Medien, Politik und
Wirtschaft, dass immer mehr junge Menschen das
Abitur und einen Hochschulabschluss anstreben. In-
zwischen greift Ernüchterung um sich, und es wird
die Frage gestellt, ob die jungen Menschen und die
Gesellschaft insgesamt von dieser Entwicklung profi-
tieren. Der VRB wies bereits in der Ausgabe 03/2014
auf die negativen Folgen eines unreflektierten „Aka-
demisierungswahns“ hin. Inzwischen ist „Reale Bil-
dung“ – das Kernanliegen unseres Verbandes – in
der Politik angekommen. Lesen Sie, wie Wilfried
Rausch in einem Kommentar einordnet, dass Bun-
deskanzlerin Merkel und Ministerpräsidentin Dreyer
auf dem Jahresempfang der Wirtschaft in Mainz für

                                                                                                                              3
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Der Landesvorsitzende hat das Wort

                      Bildung real zukunftsorientiert
        Einladung zur Hauptversammlung am 10. März in Ingelheim

                                            Liebe Kollegin, lieber Kollege,              Anspruch auf einen adäquaten Arbeits-
                                                                                         platz und Anspruch auf Voraussetzun-
                                            wenn wir Lebensbereiche mitgestalten
                                                                                         gen, die eine optimale Unterrichtsqualität
                                            und weiterentwickeln wollen, dann fin-
                                                                                         gewährleisten.
                                            den wir in Interessenverbänden und Par-
                                            teien die besten Einflusschancen. Allein      Der VRB ist auf den Schulterschluss aller
                                            sind wir schwach, vereint aber mächtig       Lehrkräfte angewiesen, die sich diesem
                                            oder doch zumindest geschützt. Eine          Anliegen verpflichtet fühlen. So bitte ich
                                            Berufsgruppe, die sich nicht zusammen-       Sie, mit Ihrer Teilnahme am Landesreal-
                                            schließt, gibt ihr Mitbestimmungsrecht       schultag ein Zeichen der Solidarität zu
                                            auf. Schulpolitisch wird es immer deutli-    setzen.
                                            cher, wie unentbehrlich eine Vertretung
                                                                                         Vor den Landtagswahlen:
                                            für Lehrkräfte ist, die sich in der realen
                                                                                         VRB-Hauptversammlung bietet bildungs-
                                            Bildung engagieren.
                                                                                         politisches Forum
                                            Mitgestalten macht Freude                    Die aktuelle politische Stimmung in
                                            Für die Lösung unserer gemeinsamen           Rheinland-Pfalz ist schwankend. Chancen
                                            Aufgaben brauchen wir viel Teamgeist         auf den Landtagseinzug haben aktuellen
                                            und Solidarität. Viele Kolleginnen und       Umfragen zufolge bis zu sechs Parteien.
                                            Kollegen arbeiten im Verband Reale Bil-      Die Erfahrung zeigt, dass sich kurzfristige
                                            dung mit. Sie sind davon überzeugt, dass     Ereignisse entscheidend auf die Wahler-
                                            solidarisches Handeln die Bewältigung        gebnisse auswirken können. Die primäre
                                            der immens gewachsenen Aufgaben und          Zuständigkeit der Bundesländer für das
                                            das Angehen der schwieriger gewor-           Schulwesen macht den Ausgang von
                                            denen Herausforderungen wesentlich           Landtagswahlen besonders spannend für
                                            erleichtert. Die Verbandsarbeit erdrückt     Schüler, Eltern und Lehrer. Sie wollen wis-
                                            nicht, sie macht Freude. Mitgestalten zu     sen: Welche bildungspolitische Zukunft
                                            können, auf welcher Ebene auch immer,        verbinden die Parteien und ihre Kandida-
                                            kann ein Teil Lebenserfüllung bedeuten.      ten mit der Übernahme einer Regierungs-
                                            All jenen, die unsere Verbandsarbeit auch    verantwortung?
                                            in dieser Wahlperiode im Delegiertenamt
                                                                                         Die vorliegende Ausgabe unserer Zeit-
                                            oder in den verschiedenen Gremien eh-
                                                                                         schrift fühlt den Parteien auf den Zahn.
                                            renamtlich getragen und mitbestimmt
                                                                                         Die Wahlprüfsteine thematisieren Fragen
                                            haben, möchte ich auch an dieser Stelle
                                                                                         rund um Schule. Deren Beantwortung so-
                                            sehr herzlich danken.
                                                                                         wie die Aussagen der auf der Hauptver-
                                            Reale Bildung ist anspruchsvoll              sammlung vertretenen Bildungspolitike-
                                            Im Namen des Landesvorstandes möchte         rinnen und Bildungspolitiker mögen Ihre
                                            ich Sie zur Teilnahme an der Hauptver-       Wahlentscheidung erleichtern. So freue
                                            sammlung nach Ingelheim einladen.            ich mich, Sie am 10. März, drei Tage vor
                                                                                         den Landtagswahlen, auf unserer Haupt-
                                            Das Motto der Hauptversammlung steht
                                                                                         versammlung begrüßen zu dürfen.
    Ein friedliches Miteinander ist         über den Tag hinaus. Reale Bildung prägt
    ohne wechselseitige Toleranz und        die lange Geschichte unseres Verbandes.
    Mitmenschlichkeit nicht möglich. Ge-    Unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft,
    genseitige Achtung, Hilfsbereitschaft   unsere Arbeitswelt ist auf das schulische
    und ein friedfertiger Umgang im         Angebot realer Bildung angewiesen. Vor
    täglichen Leben sind unverzichtbare     diesem Hintergrund gilt es, der Realen
    Werte, welche auch in der Schule        Bildung einen höheren Stellenwert ein-
    vermittelt werden. Der VRB wendet       zuräumen. Gleichermaßen haben unsere
    sich daher entschieden gegen jede       Kolleginnen und Kollegen, die Reale Bil-
    Art von Gewalt und Intoleranz.          dung vermitteln, sei es an den Realschu-
                                            len plus oder an den Gesamtschulen, An-
                                            spruch auf angemessene Wertschätzung,

4   Reale Bildung verbindet!
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

X LA N D TAG S WA H L E N RH EINLA ND-PFA LZ 2016

Wahlprüfsteine
Mit der Anordnung der Antworten der Parteien
auf unsere Fragen wollen wir eine Lesehilfe bieten.
Die Antworten der Regierungsparteien sind für einen
möglichen direkten Vergleich den Antworten der Oppo-
sitionsparteien gegenübergestellt worden. Anderseits
können in der Anordnung deutlicher die Unterschiede inner-
halb der Regierungs- und Oppositionsparteien zutage treten.

Die Wahlprüfsteine sind in den Sommerferien in einer LHV-Sitzung verabschiedet
worden. Wir haben in dieser Sitzung aufgrund der Umfrageergebnisse die Parteien
festgelegt, denen wir unsere Wahlprüfsteine dann vorgelegt haben.

                       WAHLPRÜFSTEIN #1: SCHULSTRUKTURREFORM
                       Rheinland-Pfalz hat mit Beginn des Schuljahres 2009/2010 eine Schulstrukturreform umgesetzt.

                       Wie beurteilt Ihre Partei die rheinland-pfälzische Schulstrukturreform?

              Mit der Schulstrukturreform hat Rheinland-Pfalz die                        Die CDU-Landtagsfraktion hat die Schul-
              erforderliche Konsequenz aus dem Elternwahlver-                            strukturreform von 2009 an abgelehnt. Im
              halten und der demografisch bedingten Schüler-                              Abstand der Jahre sehen wir uns bestätigt.
zahlentwicklung gezogen und mit der Einführung von Realschu-         Denn die Schulstrukturreform hat ihre selbstgesteckten Ziele ein-
len plus und dem bedarfsgerechten Ausbau von Integrierten            deutig verfehlt. Ein maßgebliches Ziel war es, die Schulstruktur
Gesamtschulen längeres gemeinsames Lernen ermöglicht. Da-            demografiefest zu machen. Dieser Ansatz ist gescheitert. Denn
mit wird auf die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft          eine Vielzahl der Realschulen plus unterschreitet dauerhaft die
reagiert, die individuelle Förderung ausgebaut und mit der Ein-      Dreizügigkeit und noch vor Ende der Einführungsphase wurde
richtung von Fachoberschulen an Realschulen plus die Aufstiegs-      bereits wieder über die Schließung einiger Realschulen plus ge-
orientierung nachhaltig gestärkt. Es ist erfolgreich gelungen, die   sprochen. Das ist ein fatales Signal der rot-grünen Landespoli-
Schulstrukturreform mit allen Beteiligten, den Schulen, den El-      tik. Auch kleine Realschulen plus brauchen eine Bestandsper-
tern und den Schulträgern, umzusetzen.                               spektive. Den Schulträger zwischen geforderter Dreizügigkeit
                                                                     und der Realität allein zu lassen, ist unredlich und schadet den
                                                                     Entwicklungsmöglichkeiten der Schule. Wir hatten damals zu-
                    Die Schulstrukturreform zu Beginn des
                                                                     dem die unterschiedliche rechtliche Stellung von Realschule plus
                    Schuljahres 2009/10 wurde von der SPD-
                                                                     und Gesamtschule kritisiert. Die Praxis zeigt, dass dadurch eine
                    Regierung unter Ministerpräsident Kurt Beck
                                                                     dauerhafte Ungleichbehandlung zulasten der Realschulen plus
umgesetzt. Wir GRÜNE haben die Schulstrukturreform „Real-
                                                                     entstanden ist. Schließlich war es ein Fehler, die Realschule als
schule plus“ kritisch gesehen (vgl. Programm zur Landtagswahl
                                                                     eigenständige Schulart abzuschaffen. Sie war eine attraktive
2011 – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, S. 68), da sie eine versteckte
                                                                     Schule, die ohne Not abgeschafft wurde.
Weiterführung der Trennung von Haupt- und Realschule ermög-
licht. Wir GRÜNE wollen eine Schule für alle, in der Kinder mit
unterschiedlichen Voraussetzungen länger mit- und voneinan-                                 Kernpunkt der von der damaligen SPD-
der lernen können. Dafür werben wir um politische und gesell-                               geführten rheinland-pfälzischen Landes-
schaftliche Mehrheiten.                                                                     regierung umgesetzten Schulstrukturre-
                                                                     form war die Zusammenführung von Haupt- und Realschule in
                                                                     der neuen Schulform „Realschule plus“. Die FDP begrüßt, dass
                                                                     mit der „Realschule plus“ viele Wege für eine spätere berufli-
                                                                     che Orientierung ermöglicht werden – und damit die berufliche
                                                                     Bildung als der akademischen Bildung gleichwertig angesehen
                                                                     wird.
                                                                                                                                         5
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

                               WAHLPRÜFSTEIN #2: REALSCHULE PLUS
                               Mit der Einführung der neuen Schulart Realschule plus, die die bisherigen Haupt- und Realschulen zusam-
                               mengeführt hat, wollte Rheinland-Pfalz eine attraktive Schule mit besten Fördermöglichkeiten und hoher
                               Durchlässigkeit schaffen.

                               Hat die Realschule plus die Erwartungen erfüllt?

                 Die Realschule plus hat die Erwartungen erfüllt. Die     werden. Die Hauptschule hat man abgeschafft, die pädagogi-
                 Wahlpflichtfächer in der Realschule plus kommen           schen Herausforderungen der ehemaligen Hauptschüler sind da-
                 möglichst vielen Neigungen unserer Schülerinnen          durch nicht verschwunden. Im neuen System der Realschule plus
    und Schülern entgegen. Die Realschulen plus bieten eine kla-          wurden aber der einzelnen Schule zu wenige Unterstützungs-
    re Aufstiegsorientierung und die einzelnen Bildungsabschlüsse         möglichkeiten geboten, um dieser bleibenden Aufgabe gerecht
    bleiben so lange wie möglich für alle Schülerinnen und Schüler        zu werden. Die Stundenkontingente, die über die Abdeckung
    offen. Sie können immer wieder während ihrer Schulzeit den            der Pflichtstunden hinaus gehen, werden oftmals durch den
    höheren Bildungsgang erreichen. Die Realschule plus gibt eine         strukturellen und im konkreten Alltag auch durch den temporä-
    passende Antwort auf die Heterogenität der Schülerinnen und           ren Unterrichtsausfall oder den Bedarf an Klassenmehrbildungen
    Schüler. Dies zeigt sich an den 142 Realschulen plus, die Ganz-       aufgezehrt. Die Klassengrößen sind im Vergleich zu den ehe-
    tagsschulen in Angebotsform sind. Damit hat das Land eine Ver-        maligen Hauptschulen noch immer in vielen Bereichen größer.
    sorgung von nahezu 81 Prozent erreicht. Außerdem profitieren           Unter diesen Voraussetzungen ist es bemerkenswert, welche
    an den 73 Realschulen plus, die Schwerpunktschulen sind, alle         pädagogische Arbeit dennoch an den Realschulen plus geleistet
    Schülerinnen und Schüler vom inklusiven Unterricht.                   wird. Um die Schulart aber dauerhaft zu stabilisieren, muss das
                                                                          „plus“ mit Leben gefüllt werden.

                        Die GRÜNEN beantworten diese Frage im Zu-
                        sammenhang mit Wahlprüfstein Nummer 3.                                    Viele Realschulen plus verzeichnen rück-
                                                                                                  läufige Anmeldezahlen, während der
                                                                                                  Zustrom auf die Gymnasien und Integ-
                                                                          rierten Gesamtschulen eher größer geworden ist. Dem gilt es
                     An den Realschulen plus wird hervorragende           entgegen zu wirken. Die FDP fordert, das Image der Realschulen
                     pädagogische Arbeit geleistet. Die Lehrerkol-        plus in einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne zu ver-
                     legien haben sich mit großem Engagement              stärken, in der die Vorzüge dieses schulischen Angebotes her-
    der pädagogischen Ausgestaltung der neuen Realschule plus             ausgestellt werden. Das heißt konkret eine Abkehr von der Pro-
    gewidmet. Doch viele Versprechungen konnten nicht gehalten            pagierung des Abiturs als einzigem Weg zu beruflichem Erfolg.

                               WAHLPRÜFSTEIN #3: REALSCHULE PLUS UND FACHOBERSCHULE
                               Verändertes Schulwahlverhalten und schwindende Akzeptanz der Hauptschulen auf Elternseite waren
                               entscheidende Beweggründe zur Reform in Richtung eines zweigliedrigen Schulsystems.

                               Muss der Reformansatz nicht auch an Realschulen plus ein 13. Schuljahr zur Erlangung der
                               allgemeinen Hochschulreife beinhalten?

                 Mit der Möglichkeit des Erwerbs der Fachhoch-            gabungen möglichst lange ein gemeinsames Lernen zu ermög-
                 schulreife an Realschulen plus mit Fachoberschu-         lichen. Dieser Ansatz ist eng mit unserem Verständnis von In-
                 le wurde ein attraktives Angebot geschaffen, das         klusion verbunden: Alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
    hohe Akzeptanz genießt. Damit sind wir einen großen Schritt           sollen aus unserer Sicht individuell gefördert werden. Wir GRÜ-
    zur Profilbildung an Realschulen plus gegangen. Die große Stär-        NEN sehen in dieser Hinsicht weiteren Entwicklungsbedarf und
    ke der Realschulen plus liegt u. a. auch in der Berufsorientierung.   halten Schulformen, bei denen mehrere Abschlüsse unter einem
    Die Verknüpfungen zum dualen System sind von großer Bedeu-            Dach angeboten werden auch für eine adäquate Antwort auf
    tung.                                                                 die Herausforderungen des demografischen Wandels im ländli-
                                                                          chen Raum. Deshalb muss das Land gemeinsam mit den Schul-
                                                                          trägern Wege zur Errichtung weiterer Gesamtschulen ebnen
                        Wir GRÜNE verfolgen das Ziel, das Modell
                                                                          und bestehenden Schulen die Weiterentwicklung zur Gesamt-
                        von einer Schule für alle auszubauen. Das
                                                                          schule ermöglichen.
                        bedeutet, Kindern mit unterschiedlichen Be-

6   Reale Bildung verbindet!
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

                    Die Fachoberschule zeigt beispielhaft, dass      mit den berufsbildenden Schulen, den Betrieben der Region und
                    der schulische Weg über die Realschule plus      den Kammern erfolgen.
                    nicht nach Klasse 10 beendet ist. Stattdessen
bieten sich vielfache Wege bis hin zur allgemeinen Hochschul-
                                                                                               Die Einführung eines 13. Schuljahres an
reife. Dies muss nach Ansicht der CDU noch viel deutlicher her-
                                                                                               Realschulen plus ist nach Meinung der
ausgestellt werden. Die Fachoberschule führt mit einem starken
                                                                                               FDP nicht zwingend notwendig, da sich
Praxisbezug zur Fachhochschulreife. Damit passt sie von ihrem
                                                                     Gymnasien und Realschulen plus sowohl hinsichtlich ihres Profils
Profil her sehr gut zur Realschule plus. Eine erfolgreiche Auswei-
                                                                     als auch ihrer Zielvorstellungen unterscheiden.
tung der Fachrichtung kann sinnvoller Weise nur in Abstimmung

                       WAHLPRÜFSTEIN #4: FACHOBERSCHULE
                       Die Fachoberschulen können in Rheinland-Pfalz nur in den Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung,
                       Gesundheit und Soziales (Schwerpunkt Gesundheit) und Technik (Schwerpunkt Metalltechnik und
                       Technische Informatik) angeboten werden.

                       Hat sich diese Beschränkung auf drei Fachrichtungen bewährt?

             Die drei Fachrichtungen haben sich bewährt, denn        Perspektive auf eine Berufsausbildung bieten und setzen uns da-
             sie schließen an die Wahlpflichtfächer der Realschu-     her in der kommenden Legislaturperiode verstärkt für den Aus-
             len plus an und ermöglichen eine enge Verzahnung        bau beruflicher Weiterqualifizierungsangebote ein. Allerdings
mit der Fachoberschule. Außerdem ist das fachrichtungsbezo-          sollte vermieden werden, dass sich Angebote im (berufsbilden-
gene Angebot der Fachoberschule nicht isoliert zu betrachten,        den) Bildungssystem gegenseitig Konkurrenz machen, sodass
sondern muss in der Gesamtheit aller Wahlschulbildungsgänge          eine Beschränkung auf bestimmte Fachrichtungen zur Wahrung
der Berufsbildenden Schulen gesehen werden. Selbstverständ-          des erheblich ausdifferenzierten Bildungsangebots an den Be-
lich wird aber auch in Zukunft immer geprüft werden müssen,          rufsbildenden Schulen von Vorteil sein kann.
ob Veränderungen im Angebot sinnvoll sind, um die aktuellen
Bedarfe am Arbeitsmarkt abzubilden.
                                                                                        Die CDU beantwortete diese Frage im Zu-
                                                                                        sammenhang mit Wahlprüfstein Nummer 3.
                      Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass die
                      Fachoberschule (FOS) einen zentralen Bei-
                      trag zur beruflichen Qualifikation leistet und                          Die Erfahrung mit FOS an Realschulen
eine institutionelle Anbindung an die Realschule plus pädago-                               plus sind erst seit kurzem vorhanden. Es
gisch sinnvoll ist. Prinzipiell setzen wir GRÜNE uns für eine hohe                          ist daher noch zu früh, um hier zu einem
Durchlässigkeit im Bildungssystem ein, da die Übergänge von          abschließenden Urteil zu gelangen. Vom Grundsatz her aber hal-
der Schule in das Berufsleben insbesondere für junge Menschen        ten wir die Schwerpunktsetzung für breit genug angelegt.
sehr richtungsweisend sind. Wir wollen Jugendlichen eine klare

                       WAHLPRÜFSTEIN #5: INKLUSION
                       Die UN-Behindertenkonvention verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland, eine gemeinsame Beschulung
                       behinderter und nichtbehinderter Kinder zu ermöglichen. Rheinland-Pfalz hat durch eine Gesetznovelle
                       2014 die Weichen zur Umsetzung der Inklusion gestellt.

                       Sehen Sie die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der schulischen Inklusion
                       erfüllt? Wo sehen Sie die besonderen Probleme im inklusiven Schulalltag?

             Die SPD beantwortet diese Frage im Zusammen-            besonderen Bedeutung der Inklusion und der wichtigen Rolle,
             hang mit Wahlprüfstein Nummer 6.                        die entsprechend qualifizierten Lehrkräften zum Gelingen einer
                                                                     inklusiven Beschulung zukommt, bedarf es einer Rechtsgrund-
                                                                     lage, die alle Phasen der Lehrkräftebildung, nämlich Studium,
                    Wir GRÜNE halten es beim aktuellen Stand         Vorbereitungsdienst sowie Fort- und Weiterbildung in den Blick
                    der Umsetzung eines inklusiven Schulsys-         nimmt und aufeinander abstimmt. Die Umsetzung der Inklusion
                    tems für wichtig, die Lehrkräfte für den in-     ist uns GRÜNEN nicht nur ein sehr wichtiges Anliegen, sondern
klusiven Unterricht noch besser zu qualifizieren. Angesichts der      sie ist auch gesetzlich geboten. Das am 11. November 2015

                                                                                                                                         7
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

    verabschiedete „Gesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz           nen Schulklassen werden vier, fünf oder mehr beeinträchtigte
    und der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte“ versteht sich          Schüler unterrichtet – eine schwierige Situation für alle Beteilig-
    daher in diesem Zusammenhang als Unterstützung für unsere              ten. Zudem ist gesetzlich nicht vorgesehen, welche Konsequen-
    Lehrkräfte, auf die mit dem gemeinsamen, zieldifferenten Un-           zen zu ziehen sind, wenn die Inklusion an allgemeinen Schulen
    terricht veränderte Aufgaben zukommen.                                 nicht funktioniert. Eine Querversetzung an eine Förderschule ist
                                                                           nicht vorgesehen, auch wenn alle pädagogischen Bemühungen
    Die in den Förderschulen vorhandenen Kompetenzen werden
                                                                           zeigen, dass die allgemeine Schule der falsche Förderort ist.
    gebraucht, wenn sich die allgemeinen Schulen auf dem Weg
    zur Inklusion weiterentwickeln. Seit dem Schuljahr 2014/2015           In Rheinland-Pfalz sehen wir zudem, dass die Inklusion an allge-
    entwickeln sich ausgewählte Förderschulen zu Förder- und Bera-         meinen Schulen einseitig von den Realschulen plus gestemmt
    tungszentren, die Eltern, SchülerInnen, Regelschulen und deren         werden soll. Auf Dauer ist es nicht tragbar, wenn immer wieder
    Kollegien bei der Umsetzung des inklusiven Unterrichts beratend        eine Schulart die maßgeblichen pädagogischen Aufgaben zu
    und unterstützend zur Seite stehen. Dieses Unterstützungssys-          stemmen hat. Dies gilt in gleicher Weise für die Integration der
    tem wollen wir weiter ausbauen.                                        Flüchtlingsschüler.

                       Die Organisation der schulischen Inklusion                                  Um Inklusion erfolgreich umzusetzen,
                       hat in Rheinland-Pfalz mehrere Strukturfeh-                                 bedarf es weiterer Anstrengungen. Dies
                       ler: Auf der einen Seite ist der Zugang beein-                              gilt für die Lehrerfortbildung genauso
    trächtigter Schüler zu allgemeinen Schulen unbeschränkt, auf           wie für die Schulträger, die sich für Barrierefreiheit und die Si-
    der anderen Seite werden die Förderlehrerstunden nicht nach            cherstellung eines adäquaten personellen Hilfsangebots (z. B.
    Bedarf, sondern nach Kassenlage zugewiesen. Dies führt dazu,           I-Helfer) verantwortlich zeichnen. Die Schulträger, deren Haus-
    dass die Qualität der sonderpädagogischen Förderung nicht              halt durch hohe Schulden gekennzeichnet ist, dürften allerdings
    durchgängig gewährleistet werden kann. In hunderten allgemei-          Schwierigkeiten haben, diese Angebote bereitzustellen.

                               WAHLPRÜFSTEIN #6: FÖRDERSCHULEN UND WAHLFREIHEIT DER ELTERN
                               Die Schulpolitik einiger Landesregierungen zielt darauf ab, die Förderschulen schrittweise in die bestehenden
                               allgemeinen Schulen zu überführen. Im Klartext bedeutet dies die Abschaffung von Förderschulen.

                               Stellt Ihre Partei die Förderschulen zur Disposition? Wie stehen Sie zur Wahlfreiheit der Eltern,
                               sich für eine inklusive Beschulung in einer Regelschule oder für eine Beschulung in einer
                               Förderschule entscheiden zu können?

                Wir möchten die beiden Fragen (Anm. d. Red.:               – diese ist vor allem an unseren Förderschulen vorhanden. Diese
                Wahlprüfsteine 5 und 6) im Zusammenhang be-                gilt es zu erhalten und weiterzuentwickeln. Deshalb setzen wir
                antworten: Mit dem neuen Schulgesetz von 2014              auf eine Weiterentwicklung unserer Förderschulen zu Förder-
    haben wir bewusst die Wahlfreiheit der Eltern umgesetzt und            und Beratungszentren: Die Fachkompetenz unserer Förderschu-
    setzen auf die zwei Förderorte „Förderschule“ und „Schwer-             len ist unabdingbar, um sonderpädagogische Fachkompetenz
    punktschule“. Diese sind gleichwertig für die Bildung und Erzie-       verlässlich in der Region zu verankern. Dazu gehört auch, dass
    hung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bzw.               sie weiter Lernort sind für die Schülerinnen und Schüler, deren
    mit sonderpädagogischem Förderbedarf.                                  Eltern diesen Lernort wünschen. Förderschulen stehen in Rhein-
                                                                           land-Pfalz deshalb nicht zur Disposition.
    Als mit dem Schuljahr 2014/2015 das Netz an Schwerpunktschu-
    len annähernd flächendeckend ausgebaut war, war die Zeit reif,          Gleichzeitig müssen wir aber auch Sorge tragen, dass die Lehr-
    den Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf            kräfte in den Schwerpunktschulen für den gemeinsamen Unter-
    auch formalrechtlich im Schulgesetz das vorbehaltlose Wahlrecht        richt gut aus-, fort- und weitergebildet sind. Das neue „Gesetz
    zwischen einem inklusiven Unterrichtsangebot in einer Schwer-          zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Wei-
    punktschule und dem Angebot einer Förderschule zu gewähren.            terbildung von Lehrkräften stellt dazu erstmals den Regelungs-
    Damit entscheiden im Prinzip die Eltern über das Ausbautempo           rahmen bereit. Dazu steht den Schulen neben dem breiten Be-
    der Inklusion. Gleichwohl sehen wir eine Gestaltungsaufgabe der        ratungs- und Unterstützungsangebot durch das Pädagogische
    Bildungspolitik: Es ist unsere Aufgabe, die Akzeptanz von inklusi-     Landesinstitut u.a. auch ein schuleigenes Fortbildungsbudget zur
    vem Unterricht bei den Betroffenen selbst und in der Gesellschaft      Verfügung. Außerdem werden die Schwerpunktschulen mit zu-
    zu erhöhen und damit für inklusiven Unterricht zu werben.              sätzlichen Förderschullehrkräfte für den gemeinsamen Unterricht
                                                                           ausgestattet. Die Bedarfe der Lehrkräfte müssen wir hier im Sinne
    Dabei halten wir sonderpädagogische Fachkompetenz zur Si-
                                                                           der Akzeptanz und der Unterrichtsqualität im Blick behalten und
    cherung einer qualitativ hochwertigen Bildung für unabdingbar
                                                                           die Schulen auch mit multiprofessionellen Teams unterstützen.

8   Reale Bildung verbindet!
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

                    Die in den Förderschulen vorhandenen Kom-        gerechten Schulsystem. Die Förderschulen sind für uns Teil der
                    petenzen werden gebraucht, wenn sich             schulischen Inklusion, da Ihr Bildungsauftrag auf die größtmögli-
                    die allgemeinen Schulen auf dem Weg zur          che gesellschaftliche Teilhabe ihrer Schüler ausgerichtet ist.
Inklusion weiterentwickeln. Mit der Schulgesetznovelle, die im
                                                                     Die Eltern sind für uns wichtige Experten im Hinblick auf ihre
Juli 2014 verabschiedet wurde, ist den Eltern ein vorbehaltloses
                                                                     Kinder. Deshalb ist es richtig, dass sie ein maßgebliches Wahl-
Wahlrecht eingeräumt worden, ein inklusives Unterrichtsange-
                                                                     recht hinsichtlich des Förderortes ihres Kindes haben. Doch muss
bot an einer „Schwerpunktschule“ in Anspruch zu nehmen. Seit
                                                                     man offen mit den Möglichkeiten der Schulen umgehen – das
dem Schuljahr 2014/ 2015 existieren insgesamt zwölf Förder-
                                                                     gebietet die Ehrlichkeit. Nach unserer Überzeugung dürfen wir
und Beratungszentren für den Ausbau der schulischen Inklusion
                                                                     nicht mehr inklusive Schulplätze an allgemeinen Schulen anbie-
in Rheinland-Pfalz. In der kommenden Wahlperiode des Land-
                                                                     ten, als wir auch Förderlehrer und die notwendigen sächlichen
tags wollen wir das Angebot in Regelschulen durch fachliche
                                                                     Voraussetzungen bereitstellen können. Gleichzeitig wollen wir
Weiterbildung, weitere Förderlehrkräfte und berufsübergrei-
                                                                     auch hier eine Gleichbehandlung mit anderen Eltern. Sollte sich
fende individuelle Unterstützung so optimieren, dass die beste
                                                                     herausstellen, dass trotz aller Bemühungen, der Förderort falsch
Förderung von Kindern mit einem besonderen Förderbedarf im
                                                                     gewählt ist, muss es zum Wohle des Kindes eine Korrekturmög-
Schwerpunkt Lernen grundsätzlich im Regelschulsystem sicher-
                                                                     lichkeit geben.
gestellt werden kann. Die Abschaffung der Förderschulen haben
wir nicht zum Ziel, wohl aber den schrittweisen Ausbau der in-
klusiven Angebote.                                                                           Den Eltern als Erziehungsverantwortli-
                                                                                             chen sollte das Recht der Wahlfreiheit
                                                                                             zugestanden werden. Allerdings setzt
                   Wir geben den Förderschulen eine Bestands-
                                                                     dies ein fundiertes Informationsangebot der in Frage kommen-
                   garantie. Sie gehören für uns ausdrücklich
                                                                     den Schulen voraus.
                   zu einem differenzierten und begabungs-

                       WAHLPRÜFSTEIN #7: LEISTUNGSFÖRDERUNG
                       Rheinland-Pfalz besitzt nach Aussagen des Bildungsministeriums ein leistungsfähiges Schulsystem. Ausbil-
                       dungsbetriebe wie auch Hochschulen und Universitäten monieren jedoch seit Jahren, dass die guten Noten
                       in den Abschlusszeugnissen nicht unbedingt die geforderten Leistungsniveaus dokumentieren, die für eine
                       Ausbildung oder ein Studium erforderlich seien.

                       Teilen Sie die Befürchtung, dass der Leistungsgedanke an den Schulen an Bedeutung verliert
                       und die Absenkung des Leistungsniveaus zu einer Inflation an höheren Abschlüssen führt?

               Rheinland-Pfalz hat sich bei den nationalen Leis-     beitragen, dass sich dadurch deren berufliche Entwicklungs- und
               tungsstudien kontinuierlich verbessert. Es ist eine   Teilhabemöglichkeiten verbessern. So ist dem Statistischen Bun-
               klare Leistungssteigerung bei den Schülerinnen        desamt beispielsweise zu entnehmen, dass Rheinland-Pfalz im
und Schülern festzustellen. Ein Absinken des Leistungsniveaus        Bundesländer-Ranking insbesondere in den Naturwissenschaf-
ist statistisch nicht belegbar. Die Aussagen der Wirtschaft und      ten im oberen Drittel platziert ist und mit 516 Punkten über dem
der Hochschulen sind nicht länderspezifisch.                          Bundesdurchschnitt liegt. Der Befund, dass die Leistungen der
                                                                     Schülerinnen und Schülern sich permanent verschlechtern, ist
Die individuelle Förderung an rheinland-pfälzischen Schulen
                                                                     aber wissenschaftlich sehr umstritten.
dient der Förderung des gesamten Leistungsspektrums, sie er-
möglicht hohe Bildungsabschlüsse. Unsere Schulen arbeiten und
orientieren sich an den geltenden Bildungsstandards.                                    Mit großer Besorgnis beobachten wir, dass
                                                                                        mittlerweile mehr junge Menschen ein Stu-
Es findet eine fundierte Förderung der Schülergruppen, der Leis-
                                                                                        dium aufnehmen, als eine Lehre beginnen.
tungsstarken genauso wie der Leistungsschwächeren, die Wei-
                                                                     Eine solche Entwicklung ist nicht denkbar ohne ein veränder-
terqualifizierung des pädagogischen Personals, die Entwicklung
                                                                     tes Anspruchsniveau an die schulischen Abschlüsse. Deshalb
neuer Verfahren und Materialien zur Unterrichtsgestaltung und
                                                                     wollen wir unseren Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit und
zur Verbesserung der Diagnosekompetenz von Lehrkräften statt.
                                                                     Transparenz leisten. Daher schlagen wir landeseinheitliche Ab-
Dies wird auch in Rheinland-Pfalz in den Rahmen bereits beste-
                                                                     schlussprüfungen für alle Bildungsgänge vor. Davon versprechen
hender Maßnahmen eingebunden.
                                                                     wir uns insbesondere eine Aufwertung der mittleren Bildungs-
                                                                     abschlüsse. Gleichzeitig wollen wir die Begabtenförderung aus-
                   Wir GRÜNE begrüßen es, dass immer mehr            bauen. Dies betrifft auch die Realschulen plus. Denn praktisch
                   Kinder und Jugendliche höhere Bildungsab-         besonders begabte Schüler müssen erst einmal identifiziert und
                   schlüsse erreichen und damit sukzessiv dazu       anschließend motiviert und gefördert werden.

                                                                                                                                         9
Wahlprüfsteine Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016 - Verband Reale Bildung
Wahlprüfsteine

                           In der Tat muss festgestellt werden, dass         Willen zur gewollten Senkung des Leistungsniveaus vorausset-
                           immer mehr Schülerinnen und Schüler               zen. Einen solchen Willen kann kein vernünftiger Mensch haben
                           nur unzureichend auf eine berufliche               – die FDP schon einmal gar nicht! Als Hauptgrund für die „In-
     oder akademische Ausbildung vorbereitet sind – obwohl ihre              flation höherer Abschlüsse“ sehen wir vielmehr die Geringschät-
     Schulnoten etwas anderes suggerieren. Dies allein mit einer             zung „mittlerer Abschlüsse“ sowohl durch Eltern als auch durch
     „Absenkung“ des Leistungsniveaus begründen zu wollen, greift            Schülerinnen und Schüler.
     nach unserer Meinung zu kurz. Es würde zudem den politischen

                                WAHLPRÜFSTEIN #8: MIGRANTENFÖRDERUNG
                                Die Förderung für Flüchtlingskinder und deren Integration in die Gesellschaft stellt vor allem die Schulen vor
                                große Herausforderungen. Ziel der schulischen Förderung muss es sein, dass die Migranten ihr Bildungs-
                                potenzial optimal ausschöpfen können.

                                Welches Konzept hat Ihre Partei zur schulischen Förderung von Migrantenkindern?

                  Sprachförderung ist im Rahmen der individuellen            Schulformen aufgenommen. Wenn die Flüchtlinge noch un-
                  Förderung Aufgabe in jedem Fach und Lernbereich            zureichende Deutschkenntnisse vorweisen, werden sie ins Be-
                  des Regelunterrichts in allen Schularten. Unter-           rufsvorbereitungsjahr aufgenommen und lernen dort in einem
     stützt werden die Lehrkräfte hier durch den schulartübergreifen-        Deutsch-Intensivkurs mit 15 – 20 Wochenstunden Deutsch. In
     den Rahmenplan „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) mit vielen              den übrigen Stunden nehmen sie soweit möglich am Regelun-
     Anregungen für die Unterrichtspraxis. Schulen können daneben            terricht teil. Wo eine gemeinsame Beschulung im Regelunter-
     zusätzliche Lehrerstundenzuweisungen für besondere Sprach-              richt aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, werden
     fördermaßnahmen beantragen. Wir sehen uns mit dem Konzept               zusätzliche Klassen „BVJ Sprachförderung“ gebildet. Bereits
     der Deutsch-Intensivkurse gut für die heutigen und zukünftigen          während der Sprachfördermaßnahmen werden die Flüchtlinge
     Herausforderungen gerüstet.                                             sukzessive in den Regelunterricht, vor allem im fachpraktischen
                                                                             Bereich, integriert. Ziel ist es, den jungen Menschen einen Schul-
     Die besonderen Sprachfördermaßnahmen sind in der Regel ge-
                                                                             abschluss zu ermöglichen und berufliche Orientierung zu geben.
     stuft:
                                                                             Dadurch wird die Chance auf einen Übergang in weiterführende
     UÊ Deutsch-Intensivkurse (Primarstufe 10 bis 15 Stunden, Sekun-         Bildungsgänge, in Ausbildung oder Beschäftigung verbessert.
        darstufe I 15 bis 20 Stunden) für Seiteneinsteigerinnen und          Für nicht mehr schulpflichtige Jugendliche zwischen 18 und 24
        Seiteneinsteiger sowie Schulanfängerinnen und Schulanfän-            Jahren hat die Agentur für Arbeit ein spezielles Programm ent-
        ger ohne Deutschkenntnisse oder mit sehr geringen Deutsch-           wickelt, in dem die jungen Menschen neben dem Spracherwerb
        kenntnissen. In den übrigen Stunden nehmen sie am Regel-             auch an Berufsorientierungsmaßnahmen unter Einbindung der
        unterricht, vorranging in Fächern, bei denen die deutsche            Berufsbildenden Schulen teilnehmen können.
        Sprache nicht im Vordergrund steht, teil.
     UÊ Vierstündige Förderung für Schülerinnen und Schüler, die                                Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass der
        noch erhebliche Defizite in der deutschen Sprache haben.                                 Spracherwerb eine zentrale Voraussetzung
        Eine Gruppe kann ab 4 Schülerinnen und Schülern gebildet                                für eine gelingende Integration ist. Mit dem
        werden. Die Teilnehmerzahl soll 10 nicht überschreiten.              Maßnahmenplan „Sprachförderung in Schulen“ werden die
     UÊ Zweistündige Förderung für Schülerinnen und Schüler, die             bestehenden Angebote in den Schulen noch weiter ausgebaut
        zwar schon Sprachkenntnisse besitzen, aber noch weiterer             und optimiert sowie vorhandene Ressourcen bedarfsspezifischer
        Hilfe bedürfen. Eine Gruppe kann ab 4 Schülerinnen und               genutzt. Schulische Deutsch-Intensivkurse für Seiteneinsteige-
        Schülern gebildet werden. Die Teilnehmerzahl soll 10 nicht           rinnen und Seiteneinsteiger haben Vorrang vor anderen For-
        überschreiten.                                                       men der Sprachförderung. Dies gilt für jede Schulart und jede
                                                                             Schule, sodass die Landesregierung die Deutsch-Intensivkurse
     Die Einrichtung der Deutsch-Intensivkurse hat sich im letzten Jahr
                                                                             auf landesweit 297 Kurse ausgeweitet hat, um damit den be-
     rasant entwickelt von 151 Kursen an 112 Schulen im Schuljahr
                                                                             darfsgerechten Ausbau (Anfang des Schuljahres waren es noch
     2014/2015 auf jetzt 297 Kurse an 221 Schulen im September
                                                                             235 Kurse) für alle schulpflichtigen Kinder aus nicht-deutschen
     2015 und wird bedarfsgerecht weiter ausgebaut. Wir erkennen
                                                                             Herkunftsstaaten sicherzustellen. Deutsch-Intensivkurse werden
     an, dass die Realschulen plus hierbei bei den weiterführenden
                                                                             für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sowie Schulan-
     Schulen derzeit die größten Aufgaben schultern.
                                                                             fängerinnen und Schulanfänger ohne Deutschkenntnisse oder
     An den berufsbildenden Schulen werden schulpflichtige                    mit sehr geringen Deutschkenntnissen eingerichtet. Diese Schü-
     Flüchtlinge je nach ihrem Bildungsstand grundsätzlich in allen          lerinnen und Schüler werden gleichzeitig einer Regelklasse zu-

10   Reale Bildung verbindet!
Wahlprüfsteine

gewiesen und nehmen in den übrigen Stunden am Unterricht             Sprachförderung werden die Schüler gründlich auf den Schulall-
dieser Klasse teil. Ein Deutsch-Intensivkurs kann klassen-, jahr-    tag und die Funktionsweise unserer Gesellschaft vorbereitet so-
gangs- und schulübergreifend organisiert werden. So wird si-         wie mit unseren grundlegenden Werten vertraut gemacht. Erst
chergestellt, dass auch in ländlichen Regionen Schülerinnen und      zum jeweiligen (Halb- bzw.) Jahresbeginn werden die Schüler
Schüler an einem Deutsch-Intensivkurs teilnehmen können. Wir         dann – gemäß ihrer Begabung – der jeweiligen Schulart zuge-
GRÜNE lehnen die von der Opposition geforderten „Deutschvor-         wiesen. Besonders traumatisierte Schüler können so zielgenau
laufkurse“ entschieden ab, da segregierende Maßnahmen den            einer Förderschule oder einer Schwerpunktschule zugewiesen
Integrationsprozess und den Spracherwerb der Schülerinnen            werden. Dadurch ermöglichen wir, dass die erst kürzlich nach
und Schüler hemmen. Analog zum Ausbau der Kapazitäten der            Deutschland zugezogenen Schüler ab dem ersten Tag an ihrer
Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) des Landes wird         Schule dem Unterricht folgen können und die Abläufe verste-
die Lehrkräfteversorgung in den Einrichtungen ausgebaut. Der         hen. Den Schulen geben wir Planungssicherheit, da die Schü-
AfA-Standort in Ingelheim wurde zu Beginn des neuen Schul-           ler nur zu festen Terminen zugewiesen werden. Zudem errei-
jahres mit einer weiteren Lehrkraft für die Deutschförderung         chen wir so auch eine gerechtere Verteilung der Aufnahme von
von Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter ausge-         Flüchtlingskindern im Schulsystem. Bisher sind es insbesondere
stattet. Die zusätzlichen AfA-Standorte in Hermeskeil und Kusel      die Realschulen plus, die hier die Hauptlast zu tragen haben.
werden bei der Ausstattung zusätzlicher Lehrkräfte zur Deutsch-
förderung für schulpflichtige Kinder und Jugendliche versorgt.
                                                                                               Das A und O ist dabei das Erlernen der
Der Herkunftssprachenunterricht (HSU) in Rheinland-Pfalz ist ein
                                                                                               deutschen Sprache. Hierbei müssen
wichtiger Baustein bei der Förderung von Mehrsprachenkom-
                                                                                               auch die Möglichkeiten außerhalb der
petenz. Dieser Unterricht ist ein zusätzliches Angebot bis zum
                                                                     Schule genutzt werden (z. B. Volkshochschulen). Notwendig ist
Ende der Sekundarstufe I. Der Herkunftssprachenunterricht ist
                                                                     ein hohes Maß an Flexibilität – die Forderung nach Zusatzqua-
in Rheinland-Pfalz ein schulischer Sprachunterricht in staatlicher
                                                                     lifikationen wie etwa „Deutsch als Fremdsprache“ sind wenig
Verantwortung und wird von staatlichen Lehrkräften erteilt.
                                                                     zielführend. Die Integration von Migrantenkindern in den nor-
                                                                     malen Schulunterricht sollte schrittweise erfolgen – beginnend
                   Angesichts der ausgesprochen hohen Zah-           mit den Fächern, in denen die Sprachkompetenz nicht an erster
                   len fordern wir eine rasche Änderung des          Stelle steht. Zur Förderung von Migrantenkindern zählt nach un-
                   Sprachförderkonzepts. Wir wollen eigene           serer Meinung aber auch die Vermittlung der Werte, auf denen
schulartübergreifende Sprachvorlaufkurse einrichten, die auch        unsere Gesellschaft aufgebaut ist – damit sie nicht in einer Pa-
altersgemischt organisiert sein können. Neben einer intensiven       rallelgesellschaft leben.

                       WAHLPRÜFSTEIN #9: ARBEITSZEIT
                       Die Arbeitszeit der Lehrkräfte besteht nicht nur aus der Unterrichtsverpflichtung, die nach Schulart unter-
                       schiedlich festgelegt ist. Hinzu kommen außerunterrichtliche Aufgaben für Unterrichtsvorbereitung,
                       Korrekturen, Besprechungen mit Kolleginnen und Kollegen, Gespräche mit Praktikumsbetrieben, Sozial-
                       arbeitern, Mitarbeitern der Jugendhilfe, Förderschullehrkräften, Schulpsychologen und schließlich mit Eltern,
                       Schülerinnen und Schülern, Teilnahme an Konferenzen und Beratungsgesprächen. Die zeitliche Dimension ist
                       in den letzten Jahren enorm angewachsen.

                       Besteht aus Ihrer Sicht Handlungsbedarf bei der Gestaltung der Arbeitszeit, die den gewach-
                       senen Anforderungen der Lehrkräfte im außerunterrichtlichen Bereich Rechnung tragen kann?

              Die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte in den                          Wir GRÜNE wollen die Arbeitswelt unserer
              einzelnen Bundesländern ist relativ einheitlich ge-                        Beamtinnen und Beamten sowie Tarifbe-
              staltet. Eine gute Vernetzung aller an Schule Be-                          schäftigten moderner gestalten. Deshalb
teiligter trägt auch zum Bildungserfolg bei. In diesem Zusam-        sprechen wir uns zum Beispiel weiterhin für flexible Altersteil-
menhang erscheinen die rheinland-pfälzischen Regelungen              zeitmodelle aus. Wie diese in den nächsten Jahren genau aus-
sachgerecht. Wir werden natürlich die weitere Entwicklung in         gestaltet werden, wollen wir im Dialog mit den Gewerkschaften
Bezug auf die Belastung der Lehrkräfte einerseits, aber auch vor     und Verbänden verhandeln. Weitere Maßnahmen können die
dem Hintergrund der Finanzierbarkeit einer möglichen Reduzie-        Einführung von Lebensarbeitszeitkonten oder die Schaffung von
rung der Unterrichtsverpflichtung andererseits, im Auge behal-        einfacheren Möglichkeiten des Wechsels aus und in das Beam-
ten. Außerdem ist für uns eine gute Unterrichtsversorgung an         tenverhältnis sein. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Fa-
den Realschulen plus von besonderer Bedeutung. Mit einer Ver-        milie gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, das Stundendeputat
sorgung von 98,9 % weisen die Realschulen plus im laufenden          zu reduzieren.
Schuljahr den besten Wert seit dem Start dieser Schulart in 2009
auf. Das wollen wir weiter verbessern.

                                                                                                                                        11
Wahlprüfsteine

                           Lehrer tragen eine große Verantwortung, da      Abgeltung dieser Aufgaben das Ziel. Im Rahmen einer stärkeren
                           sie junge Menschen maßgeblich bei ihrer Ent-    Selbstständigkeit von Schulen wollen wir Lehrer zusätzlich von
                           wicklung begleiten. Sie ermöglichen Bildung     administrativen Aufgaben entlasten, indem wir zu bürokratische
     und tragen auch zum Wachsen einer eigenen Persönlichkeit bei.         Vorgaben kritisch überprüfen und den Schulen die Möglichkeit
     Dies schlägt sich auch im Arbeitseinsatz von Lehrern nieder. Ein      geben wollen, zusätzliche Verwaltungskräfte einzustellen.
     Arbeiten mit der Stechuhr ist kaum möglich, weil Bedürfnisse von
     Menschen sich nicht nach starren Arbeitszeiten richten. Die Auf-
                                                                                                  Ja – es besteht nach unserer Meinung
     teilung von Unterrichtszeit, unterrichtfreier Zeit sowie Vor- und
                                                                                                  dringender Handlungsbedarf. Viele
     Nachbereitungszeiten für den Unterricht tragen diesem beson-
                                                                                                  Lehrkräfte arbeiten mit hohem Engage-
     deren Arbeitsauftrag Rechnung. Feste Anwesenheitszeiten in der
                                                                           ment – und das bis an ihre Belastungsgrenze. Berufsbedingte
     Schule halten wir dem Berufsbild nicht angemessen. Die mögli-
                                                                           Krankheiten sind oftmals die Folge. Anrechnungsstunden für
     che Flexibilität ist notwendig, um den Aufgaben gerecht werden
                                                                           außerunterrichtliche Tätigkeiten könnten ein erster Schritt zur
     zu können. Es darf aber nicht übersehen werden, dass viele Leh-
                                                                           Reduzierung der Arbeitsbelastung sein.
     rer Aufgaben übernehmen, die weit über ihr eigentliches Tätig-
     keitsprofil hinausgehen. Hier sind zusätzliche Deputatstunden zur

                                WAHLPRÜFSTEIN #10: UNTERRICHTSEINSATZ
                                Der Unterricht ist die Kernaufgabe einer Lehrkraft.

                                Welche Maßnahmen wird Ihre Partei zur Sicherung der Unterrichtsqualität ergreifen?

                    Die Sicherung der Unterrichtsqualität ist eine Dau-    einzelnen Schule und der Schulbehörde geschaffen, um auf die-
                    eraufgabe, die wir kontinuierlich begleiten. Dabei     sem Wege die kontinuierliche schulische Qualitätsentwicklung
                    sind Chancengleichheit und individuelle Förderung      zu sichern. Bis zum Ende des Schuljahres 2015/2016 sollen die
     wichtige Gradmesser. In den letzten Jahren haben wir schon            Schulen des Landes ein zweites Mal evaluiert sein. Mit der Unter-
     viel erreicht: eine gute Unterrichtsversorgung mit kontinuierlich     stützung der Schulaufsicht durch erfahrenes AQS-Personal wer-
     weiterer Verbesserung, kleine Klassen, flächendeckende Versor-         den Fragen des Qualitätsmanagements und der Schulberatung
     gung mit Ganztagsschulangeboten, Schulsozialarbeit, an den            sowie ein Controlling der abzuschließenden Zielvereinbarungen
     aktuellen Bildungsstandards ausgerichtete moderne Lehr- und           verstetigt. Die insgesamt gewonnenen Erfahrungen bieten eine
     Rahmenpläne, Unterstützung durch Beratungs-, Fort- und Wei-           solide Grundlage für die weitere Qualitätsarbeit an den Schulen.
     terbildungsmaßnahmen u.v.a.m.. Auch nach der Auflösung der             Zukünftig soll die interne Schulevaluation gestärkt und ausge-
     Agentur für Qualitätssicherung werden wir weiter den Fokus            baut werden.
     auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität legen und spezi-
     elle Themen wie z. B. Sprachförderung, individuelle Förderung
                                                                                               Für die CDU Rheinland-Pfalz hat eine hun-
     oder Inklusion evaluieren. Mit der Stärkung der Funktionsstellen
                                                                                               dertprozentige Unterrichtsversorgung Vor-
     an großen Realschulen plus ist ein weiterer begleitender Schritt
                                                                                               rang, denn sie ermöglicht nicht nur einen
     getan. Dies wollen wir ebenso weiter bedarfsgerecht ausbauen
                                                                           vollständigen Unterricht, sondern setzt auch wieder Stunden
     wie die Schulsozialarbeit und den schulpsychologischen Dienst.
                                                                           zur individuellen Förderung frei. Parallel wollen wir die Anstel-
     Im Schulversuch „Selbstverantwortliche Schule“ werden zudem
                                                                           lungsbedingungen für Lehrer verlässlicher als bisher gestalten.
     organisatorische und pädagogische Maßnahmen erprobt, die
                                                                           Es ist keine befriedigende Situation, wenn hunderte Junglehrer,
     ebenfalls der Sicherung und Verbesserung der Unterrichtsqua-
                                                                           die eigentlich dringend in den Schulen gebraucht werden, nur
     lität dienen sollen.
                                                                           mit prekären Kurzzeitverträgen angestellt werden. Im Bereich
                                                                           der Mangelfächer wollen wir unbürokratische Lösungen finden,
                       Die Agentur für Qualitätssicherung, Eva-            damit auch diese Stellen besetzt werden können. Gleichzeitig
                       luation und Selbstständigkeit von Schulen           werden wir die Bildungsbürokratie kritisch durchleuchten, damit
                       (AQS) wird aufgelöst, um das gewonnene              Lehrer wieder mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben haben.
     Erfahrungs- und Fachwissen in die Schulaufsichtsbehörde (ADD)
     verlagern zu können. Die AQS hat in den vergangenen Jahren
                                                                                                 Motivierte Lehrerinnen und Lehrer ma-
     regelmäßig externe Evaluationen an allen staatlichen Schulen
                                                                                                 chen guten Unterricht – eigentlich ist
     des Landes durchgeführt, den Schulen Rückmeldungen gegeben
                                                                                                 das eine Binsenweisheit! Was das Land
     und damit die Grundlage für Zielvereinbarungen zwischen der
                                                                           zur Motivation der Lehrkräfte beitragen kann, ist zum Beispiel

12   Reale Bildung verbindet!
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