BERNER TIERWELT - Berner Tierschutz
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BERNER TIERWELT AUSGABE 26 / 2018 BERNER TIERSCHUTZ SG ABE DE RAU SON SONDERAUSGABE BERNER TIERWELT ZUM THEMA FISCHOTTER TierSchau 04 TierSchau 22 Die leise Rückkehr des Fischotters. Kein Otter ohne Fische! UmSchau 18 TierSchau 26 Artenspürhunde Schweiz Andere Rückkehrer …
Wir geben Tieren Recht! TIR – Das Kompetenzzentrum zum Tier in Recht, Ethik und Gesellschaft Seit über 20 Jahren setzen wir uns für tierfreundliche Gesetze und deren konsequenten Vollzug ein. Erfahren Sie mehr über unsere Tierschutzarbeit unter www.tierimrecht.org. Spendenkonto PC: 87-700700-7 IBAN: CH17 0900 0000 8770 0700 7 Helfen Sie uns mit Ihrer Spende. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Tier im Recht (TIR) Rigistrasse 9 8006 Zürich Tel.: +41 (0)43 443 06 43 info@tierimrecht.org Cabinet de médecine vétérinaire holistique ● Tierarztpraxis für holistische Veterinärmedizin www.tierimrecht.org ● Persönliche Betreuung ● Ihren Bedürfnissen angepassten Sprechstunden ● Respekt, Austausch Mehr Infos finden Sie unter: www.holivet.ch Holivet AG/SA Weberpark ● Industriestrasse 37c ● 2555 Brügg ● 032 341 65 65 PURE Naturfutter natürliche und artgerechte Trocken- und Nassnahrung für Hunde und Katzen aller Rassen und Altersstufen REGIONALES FLEISCH NATÜRLICHE ZUTATEN SCHONENDE HERSTELLUNG 100 % DEKLARATION Die PURE GARANTIE Was drauf steht, ist drin. Was drin ist, steht drauf. Vertrieb für die Schweiz: vitality concept GmbH www.pure-naturfutter.ch Tel. 061 971 17 74* Apot heke Dr. Noyer Pfötli Haben Sie Fragen zu Hund oder Katze? Wir haben jahrelange Erfahrung im Bereich natürliche Arzneimittel für Tiere, Ernährung und Spezialfutter Wir misc hen täglic h Bac h- blütenmisc hungen für das Wohlbef inden Ihrer Lieblinge Wir freuen uns auf Ihren Besuc h! Apot heke Dr. Noyer AG Pfötli Sc hauplatzgasse 7 3011 Bern Mo–Fr 8.00–18.30 Sa 8.00–16.00 031 326 28 15 www.drnoyer.c h
Willkommen 3 Editorial Liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde Wir freuen uns sehr, dass mit dem Fischotter ein weiteres hierzulande ausgerottetes Tier auf leisen Sohlen in unser Land zurückkehrt! Unser Vorstandsmitglied, Frau Dr. sc. nat. Irene Weinberger, Biologin und Geschäftsführerin der Stiftung Pro Lutra, gibt Ihnen in ihrem Artikel spannende Einblicke in seine Lebensweise, die Gründe seiner Ausrot- tung und die Voraussetzungen, die es braucht, dass der Fischotter die Schweizer Gewässer wieder langfristig besiedelt. Aber: Ohne Fische – kein Fischotter! Herr Thomas Kreienbühl erklärt den weitreichenden Einfluss von naturnahen Gewässern für die Fische und den Fischotter. Wie aber findet man einen Fischotter? Kaum jemand von uns hat ihn je in freier Wildbahn lebend gesehen. Frau Denise Karp von «Artenspürhunde Schweiz» beschreibt, wie ihre Spürnasen sehr effizient den Nachweis eines Fischotters erbringen können. Wie ist es anderen natürlichen Rückkehrern wie dem Luchs, dem Wolf und dem Bär ergangen? Lesen Sie dazu auch den Bericht von Frau Mona Lörtscher. In eigener Sache: Wir warten immer noch auf die Baubewilligung für den Bau unseres Neuen Tierheims in der Eymatt. Dies soll uns aber nicht hindern, weiter Spenden zu sammeln, damit der Neubau dann auch realisiert werden kann. In diesem Heft werden mehrere Möglichkeiten vorgestellt, wie Sie uns unterstützen können. Sei es mit einer einfachen Spende, einem Pflasterstein oder einer Donation oder dem Kauf des Bärner Tierkaländers. Wir danken Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung und wünschen Ihnen einen bunten Herbst! Mit herzlichen Grüssen Dorothea Loosli-Amstutz Präsidentin Impressum Berner Tierwelt Gestaltung und Druck Inserateservice Mitgliederverwaltung Eine Publikation des www.jordibelp.ch ins.tierwelt-be@jordibelp.ch Telefon 031 926 64 66 Berner Tierschutzes, Titelbild Brigitta Wermuth-Steiner Dienstag bis Donnerstag: Verein seit 1844 Fischotter Telefon 031 818 01 25 9 bis 12 und 14 bis 16 Uhr Redaktion © Tomasz Podlack Abopreis info@bernertierschutz.ch Yvette Bulliard Auflage CHF 4.50 /Ausgabe www.bernertierschutz.ch Lukas Bircher 15 000 Exemplare für Mitglieder gratis Telefon 031 926 64 64 redaktion@ Erscheint 2 x jährlich Montag bis Freitag: 9 bis 12 Uhr bernertierschutz.ch Abonnenten Fax 031 926 20 96 10 000
4 TagesSchau BERNER TIERWELT Der Fischotter © Zoonar GmbH Ans Wasser gebunden: Der Eurasische Fischotter Er scheint mit allen Wassern gewa- gesetzt, kurz darauf wurde er selbst Gebieten auf. Das führt zu berechtig- schen, wirkt verspielt und ist doch zum Gejagten. Verfolgung, Lebens- ten Hoffnungen auf seine langfristige ein ausgeprägter Einzelgänger: der raumveränderungen und Umweltgifte Rückkehr nach Mitteleuropa. Doch Fischotter. Sein Leben ist kurz, sein setzten dem Fischotter so zu, dass er ist seine Zukunft nach wie vor alles Hunger gross. Auch geschichtlich im letzten Jahrhundert aus weiten andere als rosig. ist der Fischotter voller Gegensätze. Teilen Europas verschwand. Auch aus Noch im Mittelalter wurde er man- der Schweiz. In den letzten Jahrzehn- Man kennt den Fischotter auch als cherorts als Fischjäger gezielt ein- ten jedoch taucht er wieder in alten «Wassermarder». Tatsächlich: Die
TierSchau 5 © IntrophotocechCZ Nase, Auge und Ohr sind auf einer parallelen Ebene zur Wasseroberfläche angelegt. Otter bilden eine Unterfamilie der ist, sind die Fischotter grösser als in Dabei ist er mit allen Wassern gewa- Marder, der grössten Familie inner- nahrungsarmen Regionen. Das Fell schen. Er kommt an Meeresküsten halb der Raubtiere. Insgesamt gibt ist am Rücken dunkelbraun bis gräu- ebenso wie an Seen und Teichen, es weltweit 13 Otterarten. «Unser» lich gefärbt, Kehle und Bauch sind oft Flüssen und Bächen jeder Grösse vor. Fischotter, der Eurasische Fischot- heller. Es ist überaus dicht, glatt und Aber auch Sümpfe, Moore, Reisfel- ter, gehört dabei eher zu den klei- wirkt wasserabstossend. Nase, Augen der und Marsche sind ihm genehm. neren Otterarten. Ein ausgewachse- und Ohren sind am Kopf auf einer Doch so flexibel der Fischotter in der nes Männchen wird etwa 1,2 Meter Ebene angeordnet. Dadurch kann ein Wahl seines Lebensraums auch ist – lang und im Durchschnitt 9 Kilo- Fischotter, der an der Wasseroberflä- ein paar Grundbedingungen müssen gramm schwer. Die Weibchen sind che schwimmt, seine Umgebung mit erfüllt sein: Er braucht genügend in der Regel 20 bis 30 Prozent klei- allen drei Sinnesorganen wahrneh- Nahrung, ruhige Schlafplätze und ner. Doch es gibt dabei individuelle men – und muss dabei den Kopf nicht sichere Aufzuchtsorte. Unterschiede: Kleinste Weibchen mal weit aus dem Wasser strecken. bringen weniger als 4 Kilogramm auf Nomen est omen? die Waage, grosse Männchen können Vielerorts zuhause Wie es sein Name schon verrät, hat der hingegen 12 Kilogramm schwer und Trotz seiner geringen Grösse ist der Fischotter Fische zum Fressen gern. 1,4 Meter lang werden. Wie gross Fischotter der Kosmopolit seiner Doch auch wenn Fische zuoberst auf ein Fischotter wird, scheint unter Sippe: Er hat das grösste Verbrei- dem Speisezettel stehen: Der durch- anderem mit dem Nahrungsangebot tungsgebiet aller Otterarten. Er besie- schnittliche Anteil von Fischen in der während der Wachstumsphase in der delt ganz Eurasien sowie Teile Nord- Nahrung liegt bei 75 Prozent – und Kindheit zusammenzuhängen. Wo afrikas von der Meereshöhe bis hinauf schwankt je nach Saison und Region das Beuteangebot sehr energiereich auf 4120 m über Meer im Himalaja. zwischen 50 und fast 100 Prozent.
6 TierSchau BERNER TIERWELT Dabei jagt der Fischotter in typischer und Frühlingsmonaten mit Amphi- Effizienter Jäger Opportunistenmanier: Welche Fisch- bien mancherorts grosszügig ergänzt. Für die Fischjagd ist der Fischotter art häufig anzutreffen ist, wird eher Zwar sind Amphibien energetisch perfekt an das Leben im Wasser ange- erbeutet. Auch Reptilien, Säugetiere, weniger ergiebig als Fische, doch passt. Dank seines schlanken Körpers, Vögel und Krebse sind vor einem sind sie saisonal einfach zu erbeuten: den kräftigen kurzen Beinen und hungrigen Fischotter nicht sicher. Im Winter verharren sie in der Kälte- den Schwimmhäuten zwischen den Insgesamt machen diese Arten jedoch starre und in den Frühlingsmonaten Zehen ist der Fischotter ein schneller nur einen geringen Prozentsatz der treten Frösche und Erdkröten in den und wendiger Jäger. Der muskulöse Otternahrung aus. Hingegen wird das Laichgewässern in Massen auf. Schwanz verhindert zudem Turbulen- Ottermenu vor allem in den Winter- zen am Körperende und erhöht damit © Paul A Carpenter Er braucht genügend Nahrung – und am liebsten mag er Fische.
TierSchau 7 die Tauchgeschwindigkeit: Ein Fisch- höher als bei landlebenden Tieren biomasse sind deshalb kleiner als an otter kann eine maximale Geschwin- vergleichbarer Grösse. Im Wasser fischärmeren. An nährstoffarmen digkeit von 12 km/h erreichen. Doch kann der Stoffwechsel dann fast fünf- Flüssen und Bächen haben die Weib- so schnell ist er nur kurz und auf der mal höher sein. Damit leben Fischot- chen durchschnittlich 18,6 Kilometer Jagd. Ansonsten ist er mit eher gemüt- ter hart am Limit. Denn im Gegen- lange Streifgebiete. In Gewässern mit lichen 3,2 bis 4,7 km/h unterwegs. satz zu anderen Säugetieren, die einen mittlerer Nährstoffversorgung genü- Grossteil ihres Lebens im Wasser gen ihnen 7,6 Kilometer. Am erfolgreichsten jagen Fischotter verbringen, setzen Fischotter prak- auf Sicht – also wenn sie die Beute tisch kein Fett an. So können See- Die Konsequenzen dieser Territoria- sehen können. Doch auch in trübem hunde Fettreserven von bis zu 41% lität sind weitreichend. So beeinflusst Wasser oder in der Dunkelheit sind sie des Körpergewichts anlegen, Biber die Nahrungsgrundlage die Territori- überaus gut für die Jagd ausgerüstet. etwa 14%. Dieses Fett wirkt isolie- umsgrösse jedes einzelnen Tieres und Die langen Tasthaare, die so genann- rend gegen das kalte Wasser und in damit auch die Grösse des Bestands. ten Vibrissen, an der Schnauze, bei kargen Zeiten kann gar davon gezehrt Denn das Nahrungsangebot reguliert den Brauen und an den Ellbogen werden. Doch auf dieses Fett kann der den Aufzuchterfolg der Weibchen. registrieren feinste Wasserschwin- Fischotter nicht bauen. Er gilt schon Gleichzeitig limitiert die ausgespro- gungen, die von fliehenden Fischen bei 3% Körperfett als übergewichtig. chene Territorialität der erwachsenen ausgehen. Mit der Hilfe dieser Vibris- Entsprechend ist sein Appetit. Und Tiere die Population in einem Gebiet. sen sind Fischotter auch in der Nacht tatsächlich: Der Fischotter ist ein Wo die Platzverhältnisse eng werden erfolgreiche Jäger. regelrechter Vielfrass. Er benötigt und das Futter knapp, werden Territo- täglich eine Futterration zwischen rialkämpfe häufiger und vehementer: Auf der Jagd in Fliessgewässern bewe- 12 und 15% seines Körpergewichts. Der Fischotterbestand kontrolliert gen sich Fischotter langsam bachauf- In den kalten Monaten steigt der sich damit selber. wärts und klappern die Fischeinstände Energiebedarf gar noch an. Findet entlang der Ufer ab. Höhlen und der Fischotter dann nicht genügend Fische beeinflussen gar die Tages- Löcher werden dabei systematisch Futter, verliert er rasch an Gewicht struktur von Fischottern. So sind in kontrolliert – und unvorsichtige Fische und wird anfällig auf Krankheiten wie unseren Fliessgewässern Fischotter kurzerhand freudig erbeutet. In Seen die Lungenentzündung. Es ist daher vornehmlich nacht- und dämme- jagen Fischotter gerne entlang der kein Wunder, dass die meisten Fisch- rungsaktiv. Anderswo – entlang der Ufer, doch tauchen sie auch in tiefere otter, die an Unterernährung sterben, schottischen Küste und teilweise an Bereiche. Dort greifen sie die Beute im Winter gefunden werden. Seen – sind Fischotter hingegen tag- aus dem toten Winkel an. Denn sie aktiv. Man nimmt an, dass es mit der müssen den Überraschungseffekt aus- Der weitreichende Einfluss Aktivitätsphase der Beutetiere zusam- nutzen: Auf lange Verfolgungsjagden der Fische menhängt: Wenn die Beute schläft, können sie sich nicht einlassen. Zwar Dass man unter solchen futtertech- lässt sie sich leichter erwischen. ermüden auch die Fische schnell – und nisch engen Verhältnissen ungern sie bis zur Erschöpfung zu jagen, wäre teilt, ist auch für uns nachvollziehbar. Ein Langschläfer eine gute Option. Doch im Gegen- Tatsächlich lebt der Fischotter vie- mit 33 Wohnsitzen satz zum Fisch muss der Jäger etwa lerorts einzelgängerisch. Jedes Tier Fischotter schlafen am Tag – und sind alle 30 Sekunden auftauchen, um nach – Männchen oder Weibchen – etab- dabei ausgesprochene Langschläfer. Luft zu schnappen. Denn nur im Ext- liert sein eigenes Territorium, das es Durchschnittlich 17 Stunden ver- remfall kann der Fischotter mehrere gegen gleichgeschlechtliche Artge- schläft ein Fischotter pro Tag. Wer Minuten lang unter Wasser bleiben. nossen überaus aggressiv verteidigt. In viel schläft, benötigt sichere Verste- So ist es denn nicht sehr erstaunlich, der Regel haben Weibchen kleinere cke, die Sicherheit vor den natürli- dass bei diesen Verfolgungsjagden der Territorien als die Männchen. Die chen Feinden bieten und vor Regen, Misserfolg der Normalfall ist. Grösse der Streifgebiete ist abhängig Wind, Hitze oder Kälte schützen. vom Nahrungsangebot: Je üppiger Die Schlafplätze von Fischottern Ein Leben hart am Limit das Beuteangebot über das Jahr ist, sind meist gut versteckt – gerade Fischotter haben einen hohen Nah- desto weniger Raum braucht ein ein- mal einen von zehn Unterschlüpfen rungsbedarf. Schon wenn sie ruhen, zelnes Individuum. Die Territorien erkennt man aufgrund von äusserlich ist ihr Stoffwechsel bis zu 48 Prozent an Gewässern mit grosser Fisch- wahrnehmbaren Merkmalen.
8 TierSchau BERNER TIERWELT © cir Fischotter schlafen viel und lange. Einen Winterschlaf hingegen machen sie nicht. Fischotter wählen meistens Schlaf- Ersatz der hölzernen Ufereinfassun- In seinem Revier besitzt der Fischot- plätze, die in unmittelbarer Nähe zum gen durch Steinmauern in Verbin- ter viele solche Verstecke, die er mehr Gewässer liegen. Gut schlafen lässt es dung gebracht. oder weniger regelmässig aufsucht. sich in unterirdischen Verstecken: in Dabei kann das Wissen um gute Wurzelgeflechten von unterspülten Die Verstecke selber sind überaus Verstecke generationenübergreifend Uferbäumen oder in Hohlräumen unterschiedlich: Bei den einen muss sein: Man weiss aus den Berichten der unter Felsbrocken oder Steinen. Nicht sich das Tier regelrecht in die Höhle Otterjäger in Wales von Verstecken, immer sind die Schlafplätze natür- hineinquetschen, andere Verstecke die bis zu 100 Jahre immer wieder lich. Auch unter losen Steinblöcken gleichen grosszügigen Kammern mit von Ottern benutzt wurden. Das ist einer Uferbefestigung oder in einem Blick auf das Wasser. Nicht immer ist heute nicht anders: Fischotter nutzen trockenen Kanalrohr lässt es sich der Eingang oberirdisch: Gelegent- einige ihrer unterirdischen Tagesver- herrlich ruhen. Wo jedoch das Ufer lich befindet er sich unter dem Was- stecke über Jahre hinweg. Gleichzei- sehr dicht mit Steinen verbaut oder serspiegel. Doch auch oberirdische tig mögen die Tiere die Abwechs- gar undurchlässig ist, kann auch der Verstecke gibt es: Fischotter über- lung: Nur selten verbringt ein Tier Fischotter nicht mehr unterschlüp- tagen in Asthaufen, Holzbeigen und zwei Tage hintereinander am selben fen. Das fiel auch schon aufmerksa- während der Vegetationsperiode auch Ort. Wo genügend gute Strukturen men Zeitgenossen vor hundert Jahren immer wieder im dichten Gestrüpp, vorhanden sind, nutzen sie viele Ver- auf: Das Verschwinden der Fischotter unter überhängendem Geäst oder im stecke. Besonders zwischen Frühling aus dem Berliner Stadtbild um 1920 Schilf. und Herbst suchen Fischotter gerne wurde unter anderem auch mit dem neue Schlafplätze auf. In der auf-
TierSchau 9 kommenden und dichten Vegetation Daher überrascht es nicht, dass der lungsgebieten. Und am liebsten halten lässt sich nun überall gut geschützt Fischotter seine Tagesverstecke vor wir uns in den naturnahen Abschnit- ruhen. Durchschnittlich 33 Tages- allem dort wählt, wo der Mensch nur ten auf – genau dort also, wo sich der schlafplätze besitzt ein Fischotter im selten erscheint. Interessant ist dabei Fischotter ebenfalls wohl fühlt. Ent- Alpenraum − eine stattliche Anzahl die Rolle der natürlichen Ufervegeta- lang vieler Fliessgewässer wird tagaus, Wohnungen. Sie liegen im Schnitt tion: an ruhigen Gewässerabschnitten tagein gejoggt, mit Hunden spaziert, gerade mal 144 Meter auseinander. nutzt der Fischotter auch Tagesver- gebadet, gegrillt und gefeiert. Nicht Wo auch immer sich der Fischotter stecke entlang sehr schmaler Uferve- allen Wildtieren behagt das. Wild- in der Nacht aufhält: Der Weg zum getationen. Entlang von Abschnitten ruhezonen, wo weder Mensch noch nächsten Schlafplatz ist nie weit. mit einer hohen menschlichen Akti- Hund Zugang finden, könnten die vität bevorzugt er jedoch einen über Situation für den Fischotter – und Bitte nicht stören 10 Meter breiten Vegetationsgürtel andere Lebewesen an den Gewässern In gut abgeschirmten Verstecken als Puffer. – entspannen. Auch wenn das wie schlafen Fischotter tief. Ruhen sie in ein Verzicht erscheint: Wir gewin- der Vegetation, ist der Schlaf meist Dieser Anspruch an ruhige Schlaf- nen dafür eine reale Möglichkeit, leichter. Die Tiere fliehen dann, plätze könnte den Fischotter bei sei- vielleicht ab und zu einen Fischotter, sobald sich ein Mensch oder Hund ner Rückkehr in die Schweiz hindern. einen Biber oder eine Wasserspitz- nähert. Von uns unbemerkt, gleiten Denn wer die heutigen Gewässer in maus zu beobachten. sie ins Wasser. Das ist beunruhigend, der Schweiz betrachtet, bemerkt wenn man bedenkt, dass die Störung schnell die vielen Strassen, Wander- Jagd mit und auf den Otter durch den Menschen als ein Schlüs- und Velowege, die unmittelbar ent- Diese reale Chance, einen Fischotter selfaktor in Bezug auf Verbreitung lang der Ufer verlaufen. Denn auch in der Schweiz beobachten zu können, vieler Tierarten gilt – möglicherweise wir Menschen mögen die Gewässer: ist neu. Denn der Fischotter hat eine auch für den Fischotter. sie zählen zu den wichtigsten Erho- bewegte Vergangenheit hinter sich. © Martin Abegglen Der Freizeitbetrieb an und in den Gewässern hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen – wohl eher zum Nachteil der dort lebenden Tiere und Pflanzen.
10 TierSchau BERNER TIERWELT Noch bis ins 19. Jahrhundert lebten Der grosse Umbau bild und veränderten die Schweiz Mensch und Otter miteinander – und der Gewässerlandschaften nachhaltig. So verschwanden durch der eine oder andere Mensch nutzte Europas die beiden Juragewässerkorrektionen gar die hervorragende Jagdtechnik Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich (1868 bis 1891 und 1962 bis 1973) des Fischjägers. Gezähmte Fischot- tiefgreifende Veränderungen entlang Fliessgewässer in der Länge von über ter trieben die Fische aus den Ver- der Gewässer angebahnt. Die Schwei- 500 Kilometer alleine im Berner See- stecken, idealerweise direkt ins Netz zer Bevölkerung war bereits auf über land. Die Korrektionen wurden nach oder brachten Fische selbst ans Land. 3,3 Millionen angewachsen – und der dem Minimalprinzip durchgeführt, In Schweden, Polen, Frankreich, Raum an den Hängen oberhalb der das ein einziges, möglichst kurzes Deutschland und in der Schweiz Flusslandschaften wurde eng. Der Bachbett ohne jegliche Altarme zum wurden Fischotter für die Fischjagd Siedlungsdruck auf die grossen Auen- Ziel hatte. Dieser Umgang mit der abgerichtet – und manchmal gar mit landschaften stieg. Zudem forderte Natur blieb lange Standard: noch auf die Vogeljagd genommen, um ver- der Ausbau des Verkehrsnetzes von zwischen 1951 und 1985 wurden wundete Enten zu apportieren. Die Otterfischerei war in Europa verbrei- tet, aber wahrscheinlich nicht sehr häufig. Noch bis in die späten 1880er- Jahre wurde in Grossbritannien mit Fischottern erfolgreich gefischt. Fischotter wurden jedoch auch sel- ber jagdlich genutzt. Ihr dichtes und schönes Fell war begehrt. Doch auch als Fleischlieferant diente der Fisch- otter. Und weil die katholische Kirche den Fischotter als «Fisch» deklariert hatte, war er als Fastenspeise zuge- lassen. Man jagte den Fischotter aber auch als Freizeitvergnügen. Vor allem in Eng- land wurde die Jagd mit der Meute praktiziert. Die eigens dafür gezüch- teten Hunde stöberten den Fischotter auf und hetzten ihn bis zur Erschöp- © Parpan05 GFDL fung. Falls sie ihn nicht schon totge- bissen hatten, kam der Otterspeer, Die meisten Fliessgewässer wurden in den letzten 150 Jahren zu monotonen Bächen eine dreizackige, mit Widerhaken und Flüssen verbaut. besetzte Harpune, zum Einsatz. Erst in den 1960er-Jahren wurde diese Art Strasse und Bahn mehr Platz in den 2550 km Bachabschnitte begradigt. der Jagd verboten. Doch während Ebenen. Der technische Fortschritt Damit sind jährlich über 100 Kilome- diese moderate Jagd den Fischottern machte die grossen Korrektionen ter Fliessgewässer verloren gegangen. kaum zusetzte, drehte sich der Wind an vielen Gewässern möglich: Die Zusätzlich wurden im Zug der loka- um 1880. Nun setzte eine regelrechte Fliessgewässer wurden begradigt und len Meliorationen viele kleine Fliess- Ausrottungskampagne gegen den ihre Ufer und Sohlen befestigt oder gewässer in der Landwirtschaftszone Fischotter ein – und das gar europa- gar versiegelt. Gewaltig waren die eingedolt. Heute spricht man von weit. Ein Grund könnte der Umbau Korrektionen der grossen Flüsse wie sagenhaften 4000 Kilometern unter- der Gewässerlandschaften sein, der der Linth (1807 bis 1816), des Alpen- irdischen Bachläufen in der Schweiz! bereits Anfang des 19. Jahrhunderts rheins (1862 bis 1883) und der Reuss Durch die Korrektionen und Meli- einsetzte. (1850 bis 1863). Diese Bautätigkei- orationen verschwanden zigtausend ten schufen ein neues Landschafts- Teiche und Tümpel. Heute sind über
TierSchau 11 10 000 Kilometer unserer Fliessge- ein zentrales Anliegen. Die Situation möglichst zu begünstigen.» Es war wässer versiegelt, die Ufer und Sohlen eskalierte – zumindest für den Fisch- ein weltweit einmaliger Gesetzes- sind verbaut oder der Gewässerraum otter. In ganz Mitteleuropa fing man paragraph – wohl nirgendwo sonst ist stark eingeengt. nun die Fischotter mit Netzen, Hun- findet sich in einem nationalen Gesetz den und Tellereisen oder köderte sie der Aufruf zur Ausmerzung von ein- Diese Entwicklung führte zu einem mit jungen, festgebundenen Ottern. heimischen Tierarten. Damit stand geringeren Nahrungsangebot für den Man schlug sie tot, spiesste sie auf, der Bund nun in der Pflicht. Fortan Fischotter – denn wo kein Wasser erschoss sie oder versuchte es gar gab es Bundesgelder für Fangmate- vorhanden ist, da fehlen auch Fische mit Strychnin. Auch in der Schweiz rial, Otterhunde und Ausbildungs- und Amphibien. Mit diesen Mass- war der Fischotter nicht sicher: «Der kurse für Otterjäger. Anderswo gab nahmen ging der Fischotterbestand Fischotter mordet, um zu morden,» es Prämien für jeden toten Otter. wohl bereits zurück. steht in einem 1885 verfassten Gut- Der Anreiz war hoch genug – der achten im Auftrag des Schweizeri- Erfolg war durchschlagend. Inner- Der Fischmörder muss weg! schen Handels- und Landwirtschafts- halb von wenigen Jahrzehnten waren Die Veränderung an den Gewäs- departements. Gute Lobbyarbeit die Fischotterbestände in manchen sern brachte auch Einbussen bei den führte dazu, dass die Ausrottung des Gebieten Europas zusammengebro- Fischfängen. Das schreckte wohl Fischotters gar gesetzlich im ersten chen. Erst gegen Mitte des 20. Jahr- die Berufs- und Hobbyfischer auf. Schweizer Bundesgesetz zur Fischerei hunderts wurde der Fischotter in Um 1880 entstanden viele der heu- im Jahr 1888 verankert wurde: «Die den Ländern Europas nach und nach tigen grossen Fischereiverbände im Ausrottung von Fischottern, Fisch- unter Schutz gestellt. deutschsprachigen Raum. Oftmals reihern und anderen der Fischerei war die Ausrottung des Fischotters besonders schädlichen Tieren ist © National Library of Ireland on The Commons Die Fischotterjagd mit Hunden war auch ein sozialer Anlass, wie hier eine Jagd in Irland um 1901.
12 TierSchau BERNER TIERWELT Umweltgift und viel Plastik Doch nun lauerte die Gefahr im Wasser. Schon seit jeher flossen die Abwässer und Abfälle ungefiltert in Bäche, Flüsse und Seen. Anfänglich waren es bloss die Fäkalien. Mit der technischen Entwicklung fanden sich aber auch zunehmend künst- lich hergestellte Stoffe wie Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Phosphate der Waschmittel sowie Schwermetalle wie Blei und Queck- silber. Kein Wunder, schäumten viele Gewässer in der Schweiz um 1960 vor sich hin. Es kam zu Fischsterben und Badeverboten. Heimtückisch erwie- sen sich jedoch Stoffe aus der Gruppe der langlebigen organischen Verbin- dungen (persistent organic pollutants, POP). So gelten PCB (polychlorierte Biphenyle) als eine der Hauptursa- chen des Rückgangs der Fischot- terbestände in Mitteleuropa. PCB sind giftig für Säugetiere und schädi- gen unter anderem Leber, Milz und Niere sowie das Immunsystem und beeinträchtigen die Fortpflanzung. Da diese Stoffe auch giftig für Men- schen sind, wurden sie in den 1980er- Jahren verboten. Doch als langlebige Stoffe sind sie auch heute noch in der Umwelt vorhanden und nach wie vor findet man Rückstände von POP in europäischen Fischottern. Und neue Umweltgifte sind seither dazugekom- men. Noch weitgehend ungeklärt sind die ökologischen Auswirkungen der verschiedenen Insektizide, die in hohen Mengen in die Gewässer gelangen. Schon kleine Dosen sind für viele Wasserorganismen toxisch. Wo Wasserinsekten fehlen, haben die ansässigen Fische wenig zu beissen – und der Fischotter sowieso. Erschreckend ist ausserdem die Ansammlung von Plastik in der Natur und in den Gewässern. In den letz- © Irene Weinberger ten 60 Jahren stieg die jährliche glo- bale Produktion von Plastik von 1,7 Plastik ist überall – vom Bach in den Fluss und von da ins Meer. Der Abfall am auf 322 Millionen Tonnen. Schon verschmutzten Strand in Dänemark könnte auch aus der Schweiz kommen.
TierSchau 13 allein die Donau schwemmt jährlich Leise Rückkehr auf vier die Rückeroberung des Alpenraums mehr als 1533 Tonnen Plastik in das Pfoten gemächlicher. Erst seit kurzem wan- Schwarze Meer. Das Plastik wird von 1990 konstatierte die Fischotter- dern Fischotter aus Österreich und den Wasserlebewesen gefressen und gruppe Schweiz, eine Arbeitsgruppe Frankreich in die Schweiz ein. Schlag- kann im Verdauungstrakt teilweise im Auftrag des Bundesamts für zeilen machte 2009 ein Otter, der in hochgiftige Substanzen freisetzen. Umwelt, mit Bedauern, dass der einer Fischtreppe beim Kraftwerk Man geht davon aus, dass die Fisch- Fischotter in der Schweiz aufgrund Reichenau im Kanton Graubünden bestände unter anderem auch wegen von Lebensraumveränderungen und fotografiert wurde. Es war die erste Mikroplastik abnehmen. Wie sich Umweltgiften keine Zukunft habe. Sichtung dieser Art nach 20 Jahren Plastik auf den Fischotter direkt aus- Fast zeitlich mit diesem Bericht otterfreier Schweiz. Seither wurden wirkt, ist nicht bekannt. Aber auch sie begannen die Fischotter mit ihrer Fischotter an sechs Schweizer Fliess- futtern über die Fische bereits Plastik: Rückeroberung Mitteleuropas. Wäh- gewässern bestätigt: an der Aare, am In England wurden Plastikpartikel in rend sie in Ost- und Nordeuropa in Hinterrhein, am Ticino, an der Rhone Losungen gefunden. den letzten Jahrzehnten relativ forsch am Inn und der Albula. alte Gebiete wiederbesiedelten, ist Données © info fauna/CCO-KOF Fonds de cartes © Swisstopo Nachweise von Fischottern vor 2000 (orange) und nach 2000 (rot). Quelle: CSCF
14 TagesSchau BERNER TIERWELT Vielversprechende, Klimaerwärmung erhitzt die Was- Fischotterherz höher schlagen, auch aber unsichere Zukunft sertemperaturen auf lebensfeindliche wir Menschen profitieren davon: Nur Die Rückkehr des Fischotters in alte Werte für viele Fischarten und zu viele schon ein Herbstspaziergang durch Gewässer gibt Grund zur Hoffnung. Barrieren in den Gewässern verun- eine revitalisierte Aue kann in uns Eine überaus wichtige Grundbedin- möglichen die wichtigen Fischwan- neue Lebensgeister wecken. Wer will gung für eine lebensfähige Otter- derungen. Fischotterförderung heisst das nicht? population ist ein ausreichender somit in erster Linie Fischförderung. Fischbestand. Doch in den letzten Gefordert ist ein erneuter grundle- Dr. sc. nat. Irene Weinberger Jahrzehnten wurden vielerorts starke gender Umbau der Gewässerland- Vorstandsmitglied Berner Tierschutz Rückgänge der Fischpopulationen schaft – hin zu mehr Vielfalt, mehr Ressort Umwelt und Natur registriert: Umweltgifte und das Dynamik und mehr Strukturreichtum Mikroplastik setzen den Lebewesen in und an den Gewässern. Eine sol- im Wasser zu, die menschengemachte che Entwicklung lässt nicht nur das © Joris Egger Revitalisierungen der Gewässer wie hier der Chly Rhy haben weitreichende und positive Wirkungen auf Fisch, Vogel und Otter. Infos zum Buch der Autorin Irene Weinberger / Hansjakob Baumgartner Der Fischotter Ein heimlicher Jäger kehrt zurück ISBN 978-3-258-08084-0 Erscheint am 29.10.2018 im Haupt Verlag. CHF 48.– (Sonderangebot für kurze Zeit: 38.40 CHF) www.haupt.ch/Verlag/Buecher/Natur/Tiere/Der-Fischotter.html
TagesSchau 15 © Steve McLaren Ob der Fischotter sich langfristig wieder in der Schweiz etablieren kann, liegt buchstäblich in unserer Hand.
16 TagesSchau BERNER TIERWELT Kartenset mit Kuverts Zusammen mit dem Tierpark- verein Bern haben wir ein Kartenset zusammengestellt, Kartenset mit Kuverts 05 Karten Tierparkverein Bern bestehend aus einem Mix der 05 Karten Berner Tierschutz schönsten Bilder der bishe- 10 Kuverts weiss rigen Kalender. Unterstützen Sie uns und bestellen Sie ein Set – der Erlös kommt un- seren Heimtieren zugute. Herzlichen Dank! Bestellmöglichkeiten: Auf unserer Homepage www.tierparkverein.ch www.bernertierschutz.ch oder per E-Mail an info@bernertierschutz.ch, per Telefon 031 926 64 64 (Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr) oder mit untenstehendem Talon www.bernertierschutz.ch 48102_Kartenset_Uebersicht.indd 2 11.02.16 14:19 � Ich bestelle Ex. Kartenset zu je Fr. 16.– plus Porto/Verpackung Vorname Name Strasse / Nr. PLZ / Ort Datum, Unterschrift Talon einsenden an: Berner Tierschutz, Oberbottigenweg 72, 3019 Oberbottigen
WirSchau 17 Ein Testament für den Tierschutz Warum den Berner Tierschutz begünstigen? Ein Haustier ist oft der beste Freund öffentlich Rechenschaft ab. Wenn Sie des Menschen. Wir nehmen in unse- den Tieren über Ihr Ableben hinaus rem Tierheim in Oberbottigen aus- nützen wollen, dann begünstigen Sie gesetzte, verstossene oder überflüssig in Ihrem Testament den Berner Tier- gewordene Tiere auf. Wir vermitteln schutz. Allgemeine Informationen Mein letzter Wille! diesen Tieren gute Plätze, wo sie sich finden Sie in unserem neuen Ratgeber Ratgeber zur Testamentserrichtung wohl fühlen und ihr Leben geniessen für die Testamentserrichtung, den Sie können. Mit Aktionen und Kampag- kostenlos bei uns bestellen können. nen sensibilisieren wir die Menschen Wir danken Ihnen für Ihr Interesse! für den Tierschutzgedanken, mit unserer Abteilung Berner Jugend- Ihr Berner Tierschutz tierschutz informieren wir auch die Kinder und Jugendlichen über die- Bestellmöglichkeiten: ses Thema. Als gemeinnützige Ins- Auf unserer Homepage titution ist der Berner Tierschutz www.bernertierschutz.ch oder per steuerbefreit und kann die gesamten E-Mail an info@bernertierschutz.ch, Spenden direkt für den Tierschutz per Telefon 031 926 64 64 (Montag © fotolia.com /Robert Kneschke einsetzen. Wir berichten regelmässig bis Freitag, 9 bis 12 Uhr) oder mit über unsere Tätigkeiten und legen untenstehendem Talon � Ich bestelle Ex. «Mein letzter Wille!», kostenlos Vorname Name Strasse / Nr. PLZ / Ort Datum, Unterschrift Talon einsenden an: Berner Tierschutz, Oberbottigenweg 72, 3019 Oberbottigen
18 TierSchau BERNER TIERWELT Spürnasen im Einsatz für den Artenschutz Die Hundenase fasziniert. Ihre Leis- gesetzt. Verschiedene Studien konn- tung übersteigt unsere Vorstellungs- ten nachweisen, dass Spürhunde in kraft. Es ist erstaunlich, wo Hunde Sachen Effizienz und Genauigkeit ihre Nase im Dienste des Menschen gegenüber herkömmlichen Metho- überall einsetzen. Fast in jeder Sparte den (Fotofallen, Haarfallen, visuelle findet man heute eine Spürnase. Sie Suche durch den Menschen usw.) schnüffeln nach Geld, Drogen, ille- überlegen sind. Spürhunde sind nicht galen Gütern, Kunstfälschungen, nur auf Grund ihrer Effizienz eine Krankheiten, Schädlingen, Lebens- attraktive Methode, sondern ermögli- mitteln, Grabstätten, vermissten chen zum Beispiel durch das effiziente Menschen. Die Liste ist endlos. Auffinden von Kot die Durchführung von nicht-invasiven Studien zur Ver- Dass Hunde auch im Natur- und breitung und Nahrungsökologie von Artenschutz erfolgreich eingesetzt schwer auffindbaren Arten. werden können, ist in der Schweiz noch kaum bekannt. Das Einsatzge- Zu diesen schwer auffindbaren Arten biet in diesem Bereich scheint schier gehört auch der Fischotter. Dieser unendlich zu sein. Spürhunde kön- wurde hierzulande in den 90er-Jahren nen nach Spuren von Wildtieren oder Beim sogenannten «Anriechen» wird ausgerottet und wandert nun natür- nach den Wildtieren selbst suchen. dem Hund der Zielgeruch präsentiert, licherweise langsam wieder in die Zu den Spuren gehören zum Beispiel den er in der anschliessenden Suche Schweiz ein. Aus wissenschaftlichen Trittsiegel, Haare, Nester und Bau- finden soll. und konfliktvorbeugenden Gründen ten sowie Stoffwechselprodukte (Kot, Urin, Duftmarken). Auch Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen können von Spürhunden gefunden werden. Solche Spitzenleistungen verdanken sie ihrem höchst sensiblen Geruchs- organ, womit sie Geruchskonzent- rationen von einer Fünfhunderstel Trillion wahrnehmen können. Ent- sprechend sind sie damit der Riech- leistung des Menschen, aber auch jener technischer Geräte weit über- legen. Im Ausland – vor allem in den USA, Grossbritannien, Neuseeland und Australien – werden Spürhunde bereits seit Längerem für den Arten- nachweis beim Monitoring verschie- denster Wildtier- und Pflanzenarten oder zum Aufspüren von Tieren und Pflanzen für Forschungsprojekte ein- Der Hund beginnt mit der Suche.
UmSchau 19 Der Hund findet Otterlosung. ist es wichtig, die Ausbreitung dieser geschützten Art möglichst genau zu dokumentieren. Fischotter leben sehr verborgen und werden vorwiegend durch Kotfunde nachgewiesen. Dies geschah bis anhin mittels visuellem Absuchen von geeigneten Gebieten (z. B. Brücken) durch Experten. Wo der Fischotter nur in geringer Anzahl vorkommt, wird die Suche nach Kot dadurch erschwert, dass Fischot- ter in solchen Gebieten nur wenig Kot absetzen. Da Neubesiedlungen immer durch Einzeltiere geschehen, ist der Fischotternachweis in neuen Gebieten sehr schwierig. Das Auffin- den von Tierkot kann mit Hilfe von Spürhunden enorm erleichtert wer- den. Die Wahrscheinlichkeit, dass Tierkot durch den Menschen ent- deckt wird, ist abhängig von Gelände und Tierdichte, wobei sie beim Hund mehr oder weniger konstant bleibt. Dazu kommt, dass Menschen ähnli- Der Hund zeigt seinen Fund an durch Absitzen.
20 UmSchau BERNER TIERWELT Der Hund sucht das Flussufer ab. Der Hund findet Otterlosung. Der Hund zeigt seinen Fund chen Kot von verschiedenen Tierar- werden können. Dies wurde durch Tatsächlich fanden die Spürhunde ten verwechseln können, ein korrekt einen direkten Vergleich der beiden doppelt so viele Fischotter-Kothäuf- ausgebildeter Hund jedoch nicht. Methoden Mensch vs. Hund eruiert. chen wie die Expertin. Diese Leistung Hierzu wurden genau die gleichen erbrachten sie zudem in einer 30% Diese Ausgangslage veranlasste den Gebiete je von einer Fischotterexper- kürzeren Zeit. In einigen Gebieten Verein Pro Lutra, zusammen mit tin und einem Hundeteam (Spürhund konnte Fischotterkot gar nur durch Artenspürhunde Schweiz ein Projekt und Hundeführerin) abgesucht und die Hunde festgestellt werden. Sol- zu lancieren, das aufzeigen sollte, ob anschliessend konnte die Anzahl Kot- che Funde sind enorm wichtig, da sie durch den Einsatz von Spürhunden funde sowie die benötigte Zeit vergli- die Ausbreitung des Fischotters ein- Fischotternachweise (Kot) effizi- chen werden. drücklich dokumentieren. Auch die enter und zuverlässiger gefunden Orte der Funde unterschieden sich Bild links: Daten zum Fund werden notiert: Fundort, Habitat, Alter der Losung, Wetter, Uhrzeit usw. Bild rechts: Einsammeln der Otterlosung, um sie später im Labor genetisch zu ana- lysieren. Aus der Losung können Infor- mationen zum Geschlecht, zur Identität, zum Gesundheitszustand, dem Nah- rungsspektrum, dem Hormonstatus usw. des Tieres gewonnen werden.
UmSchau 21 d an durch Abliegen. Der Hund wird mittels Futter oder Spielzeug belohnt. Alle Bilder: © Artenspürhunde Schweiz, www.photodoxs.ch zwischen Mensch und Hund: die Wieder einmal haben die Hunde Hunde fanden dank ihrer Superna- somit eindrucksvoll gezeigt, was ihre Artenspürhunde Schweiz sen viele Kothäufchen am Ufer, wo Spürnase alles ermöglicht und dass Das Potential der Hundenase für sie vom Menschen leicht übersehen sie dem Menschen in Sachen Natur- Einsätze im Natur- und Arten- werden. Die Spürhunde ermöglichen schutz und Wildtierforschung zuver- schutz ist riesig und die Erfolgs- es daher, das Markierverhalten von lässig assistieren können. chancen bei korrekter Anwendung Fischottern genauer zu erforschen, gross. Artenspürhunde Schweiz als dies durch den Menschen alleine Denise Karp möchte die Etablierung der Metho- möglich wäre. Wildtierbiologin den und die Qualitätssicherung Artenspürhunde Schweiz beim Einsatz von Spürhunden im Natur- und Artenschutz sicher- stellen. Für ein erfolgreiches Pro- jekt wird sehr viel Fachwissen über die Zielart, die Physik des Geruchs und das Hundeverhalten benö- tigt. Ständige Weiterbildung und der Austausch mit internationa- len Experten ist dafür ein wichti- ger Grundpfeiler. Artenspürhunde Schweiz arbeitet mit den Hunden ausschliesslich über positive Ver- stärkung, wobei der Spass an erster Stelle steht. Artenspürhunde Schweiz betreut momentan Projekte über Fleder- mäuse, Feldhasen, Fischotter und invasive Neozoen und berät gerne bei Interesse an neuen Projekten. www.artenspuerhunde.ch
22 TagesSchau BERNER TIERWELT Lebensraum unter Druck Die Gewässer und ihre Fische In den grösseren Bächen, Flüssen mung entziehen sie sich jedoch wei- über unsere Gewässer haben sie eine und Seen, wo Otter zu erwarten sind, testgehend. Und so kommt es nicht wichtige Funktion. Und so schlugen kommt eine Vielzahl von Fischarten von ungefähr, dass die Fischbestände sie vor einigen Jahren Alarm: Den vor. So vielfältig wie ihr Vorkommen seit Jahren rückläufig sind, ohne dass Fischen geht es schlecht! Kurzer- ist auch ihr Aussehen: Sie sind gross, die breite Öffentlichkeit davon Notiz hand wurde ein Forschungsprojekt klein, torpedoförmig oder auch hoch- nimmt. gestartet (fischnetz.ch). Die Forscher rückig. Sie leben räuberisch, ernäh- kamen nach mehreren Jahren zum ren sich von Insektenlarven, filtrieren Fischers Fritz fischt kaum Schluss: Schlechte Lebensraumquali- Wasser oder leben friedlich als Vege- noch Fische tät, ungenügende Wasserqualität und tarier. Eine faszinierende Welt, die Zu den wenigen, die eine Beziehung Krankheiten sind am Fischrückgang sich unter der spiegelnden Wasser- zu den glitschigen Tieren haben, schuld. Obwohl diese Erkenntnisse oberfläche auftut. Unserer Wahrneh- gehören die Fischer. Als Wächter nun schon über zehn Jahre alt sind, Stark kolmatierter Kanal mit Geschiebedefizit. Hier finden Fische und andere Lebewesen kaum Wohnraum.
TierSchau 23 den Fischen geht es heute kaum bes- Fischarten nicht und degenerieren müsste allerdings nicht sein. In natür- ser. Mit dem Gewässerschutzgesetz weiter. Auch die Energiewende wird lichen Systemen gäbe es für solche von 2011, dem Gegenvorschlag zur ihre Auswirkungen auf die Fliessge- extremen Situationen einen Puffer, Initiative «Lebendiges Wasser» aus wässer und in Konsequenz auch für die Gewässer würden sich langsamer Fischerkreisen, sollte dem Fischrück- die Fische haben. aufwärmen. Doch diese Puffer sind gang etwas entgegengesetzt werden. vielerorts nicht mehr vorhanden. Negative Auswirkungen der Was- Der Hitzesommer: Zu Immer mehr Quellen sind gefasst, serkraft wie Schwall/Sunk und die warmes Wasser und seine darum fehlt es in kleinen Fliessge- Einschränkung der Fischwanderung Ursachen wässern an (kühlem) Wasser. Der sollen behoben werden. Zudem wird Offenkundig wird der Zustand unse- Grundwasserspiegel wurde vielerorts Geld für Revitalisierungen zur Ver- rer Gewässer in einem Sommer wie künstlich abgesenkt. Das führt dazu, fügung gestellt. Dennoch, Hochwas- 2018. Bei hoher Hitze erwärmen sich dass kein Austausch zwischen dem serschutzprojekte geniessen weiterhin unsere Gewässer heute sehr schnell. kühlen Grundwasser und dem Bach- Priorität. Den Fliessgewässern wird Gerade wenn sich solche Bedingun- wasser stattfinden kann. Oft fehlt es die nötige Dynamik immer mehr ent- gen länger halten, wird es für Fische zudem an Bestockung des Ufersaumes zogen (Stichwort: Hochwasserrück- wie Äschen und Forellen sehr eng. Sie und einem natürlichen Bachbett. Das haltebecken). Geschiebe fehlt, trotz sind an kühle Gewässer angepasst. Wasser wird deshalb wenig beschattet Bemühungen, in rauen Mengen. So Die Zeitungen des Landes berichte- und es fehlen tiefe, kühle Kolken. Und erholen sich die Laichgründe vieler ten über das akute Fischsterben. Das letztlich erwärmt sich das Flusswas- Verbautes Gewässer mit wenig Dynamik.
24 TierSchau BERNER TIERWELT Ein Fliessgewässer mit Platz und Eigendynamik bietet verschiedenste Lebensräume für eine hohe Biodiversität. ser in den künstlichen Staubereichen werden, dass der Otter kaum alles Auch wenn sich der Otter nur dort vor Wasserkraftwerken viel stärker, als wegfressen wird. Es ist nachgewiesen, ausbreitet, wo es die Fischbestände wenn es frei fliessen könnte. All diese dass sich der Otter nur dort ausbreiten erlauben, das Konfliktpotential bleibt menschengemachten Einflüsse tragen kann, wo die Fischbestände es erlau- gross. Konfliktgeladenes Anschau- dazu bei, dass es zu extremen Wasser- ben. Das heisst: Ohne Fische kein ungsmaterial dazu bietet Öster- temperaturen kommt. Fische, die sich Otter. Darum sollten sich alle, die reich, wo die Wogen in Bezug auf diesen Bedingungen nicht anpassen sich die Rückkehr des Otters auf die den Fischotter in den letzten Jahren können, werden über kurz oder lang Fahne geschrieben haben, auch um hochgingen. Aus diesem Grund sollte aus den betroffenen Gewässern ver- das Wohl der Fische kümmern. Nur die Rückkehr des Otters nicht auf die drängt. so kann sich der Otter in der Schweiz leichte Schulter genommen werden. weiter ausbreiten. Das heisst letztlich, Ausgewogene Information und eine Die Fische und der Otter: dass der Lebensraum, die Dynamik kritische Begleitung sind ausschlag- Kann das gut gehen? und der Geschiebetrieb der Fliess- gebend für eine hohe Akzeptanz Es verwundert deshalb kaum, dass gewässer wiederhergestellt werden in der Bevölkerung und unter den sich viele Sorgen um die Fische muss. Negative Auswirkungen von Fischern. machen, wenn der Otter zurückkehrt. Wasserentnahmen, Quellfassungen, Text und Bilder Thomas Kreienbühl Leider gibt es dazu wenig Literatur. Grundwasserabsenkungen oder Stau- Fisch- und Gewässerökologe Dennoch kann davon ausgegangen haltungen müssen beseitigt werden. www.ecqua.ch
TierSchau 25 Bärner Tierkaländer 2019 Seit ein paar Jahren stellen wir zusammen mit dem Tier- parkverein Bern den «Bärner Bärner Tierkaländer 2019 Tierkaländer» her. Unterstützen sie uns mit dem Kauf eines Kalenders, zum Beispiel als Weihnachts- geschenk – wir verwenden den gesamten Erlös für unsere Tiere im Tierheim Oberbottigen. Bestellmöglichkeiten: Auf unserer Homepage So 36 Mo 1 2 3 4 5 6 7 8 Di 37 Di Mi Mi Do 282674_Tierparkverein_TB_MB.indd Fr Do Sa 19 So Fr Sa So Mo 9 10 11 12 13 14 15 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 16 17 18 19 20 21 22 38 23 24 25 26 27 28 29 Mo 39 30 40 9/2019 www.bernertierschutz.ch oder per 04.07.18 11:06 E-Mail an info@bernertierschutz.ch, per Telefon 031 926 64 64 (Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr) oder mit untenstehendem Talon � Ich bestelle Ex. Bärner Tierkaländer 2019 zu je Fr. 22.– inkl. Porto/Verpackung Vorname Name Strasse / Nr. PLZ / Ort Datum, Unterschrift Talon einsenden an: Berner Tierschutz, Oberbottigenweg 72, 3019 Oberbottigen
26 TagesSchau BERNER TIERWELT Rückeroberung des angestammten Lebensraumes Ein Überblick über das Konfliktpotential und die wichtige Rolle in unserem Ökosystem von Wolf, Bär und Luchs, welche ihren ehemaligen und langjährigen Lebensraum zurückzu- erobern versuchen. Viel ist schon über sie geschrieben wor- den und sie haben für hitzige Diskussionen zwischen den ver- schiedenen Interessengruppen gesorgt. Luchs Gewisse Jäger hingegen sehen den Luchs aber als Vorkommen im Gebiet der heutigen Konkurrenten an, vor allem Schweiz? Der Urluchs entwickelte bei den Gämsen. Der Gams- sich vor über 2,5 Mio. Jahren. Luchs bestand ist tatsächlich zur und Reh besiedelten das Gebiet der Zeit im Rückgang begriffen. heutigen Schweiz gleichzeitig am Um die Jahrhundertwende Ende der letzten Eiszeit. lebten schätzungsweise 100 000 Gämse in der gan- Ausrottung in der Schweiz: 1904 zen Schweiz, inzwischen geht man von einer Anzahl von ca. Erste Wiederansiedelung: 1971 im 80 000 Tieren aus. Aber nicht Kanton Obwalden. Insgesamt wurden der Luchs dürfte die Haup- in den 1970er-Jahren in der Schweiz tursache sein, sondern vor 25 bis 30 Luchse ausgesetzt. allem die Störungen durch die zunehmende ganzjährige Unter Schutz seit: 1971 Freizeitnutzung der Alpen durch den Menschen. Sie Warum ausgerottet? Einst waren führt zu viel grösserem Stress Luchse in der Schweiz und ganz © Zoonar/BA-Geduldig der Gämsen und dadurch zu Europa stark verbreitet. Die Wälder einer viel kleineren Vermeh- wurden im 19. Jahrhundert zuguns- rung. Zudem gibt es für sie ten des Ackerbaus weitgehend abge- Heutige Situation: «Bis zu 50 Rehe auch eine grössere Nahrungskonkur- holzt, und so verloren viele Wildtiere kann ein ausgewachsener Luchs renz durch Nutztiere und auch Krank- ihren Lebensraum. Die exzessive pro Jahr erbeuten. Bei vermutlich heiten wie z. B. Gämsblindheit oder Bejagung führte schlussendlich zur 35 Raubtieren im Forschungsgebiet die Moderhinke, welche durch die Ausrottung der Beutetiere des Luch- am Walensee kommen so jährlich Schafe übertragen werden. Sie führen ses (Reh, Gämse, Feldhase). Dass er etwa 1500 gerissene Rehe zusammen.» zu einer Dezimierung des Bestandes. daher Nutztiere als Beute erlegte, ist Dominik Thiel, Leiter des St. Galler ihm nicht zu verdenken. So wurde Amtes für Natur, Jagd und Fischerei. Übergriffe auf Weidetiere durch den er von den Menschen als schärfster Luchs sind eher selten, man schätzt Konkurrent in Sachen Nahrung ange- So trägt auch der Luchs zur Ver- ca. 20 – 50 Tiere pro Jahr. Im Ver- sehen und mit allen Mitteln verfolgt. minderung von Verbissschäden an hältnis dazu sterben pro Alpsommer Nur in abgelegenen Regionen Euro- den Bäumen bei und so begrüssen mehr als 4000 Schafe durch Absturz, pas überlebten Luchse in geringer die Förster die Anwesenheit dieses Blitzschläge, wildernde Hunde oder Zahl. Wildtieres. Krankheiten.
TierSchau 27 Wolf gesömmerte Schafe Die heute bei uns lebenden Wölfe werden zur Unterart «italienischer Verluste durch Luchse Wolf» gezählt. Verluste durch Krankheit, Steinschlag, Blitz, wildernde Hunde, … Vorkommen im Gebiet der heutigen Schweiz? Seit ca. 2,5 Mio. Jahren. Verbreitung Ausrottung in der Schweiz: 1871 Wiedereinwanderung: In den itali- enischen Abruzzen lebte 1972 noch eine kleine Restpopulation Wölfe (ca. 100 Tiere). Diese wurden unter stren- gen Schutz gestellt. Von da an begann sich die Population zu vergrössern und auszubreiten. 1995 wurde das Vorhandensein eines einzelnen Wol- fes in der Schweiz nachgewiesen. Das erste Wolfsrudel entstand dann 2012 im Calandagebiet. Derzeit schätzt man, dass ca. 30 – 35 Wölfe in der Verbreitungsgebiet des Eurasischen Luchses in der Schweiz 1971– 2017. Schweiz leben. © BAFU / OFEV / UFAM Unter Schutz seit: Bereits 1988 wur- den die Wölfe durch die neue Jagd- gesetzgebung in der Schweiz unter strengen Schutz gestellt. Warum ausgerottet? Früher war ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung sehr arm. Wurden dann auch noch Nutztiere getötet, konnte dies die Existenz einer Familie bedrohen. Dazu kam derselbe Faktor wie beim Luchs: die Wälder wurden stark abgeholzt, um Kulturland zu gewinnen. Das Wild wurde extrem zurückgedrängt, und so blieb dem Wolf keine andere Möglichkeit, als Nutztiere zu reissen, um überleben zu können. Daher wur- den die Wölfe systematisch gefangen, Kategorie 1 (K1, rot): «Hard facts» wie tot gefundene Luchse, Beobachtungen mit geschossen, ja sogar vergiftet. fotografischem Beleg, eingefangene (Jung-)Tiere und genetische Nachweise. Heutige Situation: Der früher bei Kategorie 2 (K2, blau): Von ausgebildeten Personen bestätigte Meldungen wie uns seltene Hirsch hat sich inzwischen Risse (Nutz- und Wildtiere), Spuren und Kotfunde. stark ausgebreitet. Jäger erreichen die Kategorie 3 (K3, grün): Nicht überprüfte Riss-, Spuren- und Kotfunde und alle von den Behörden vorgegebenen nicht überprüfbaren Hinweise wie Lautäusserungen und Sichtbeobachtungen. Abschusszahlen nicht. Aufgrund der © KORA/GIS grossen Hirschpopulation droht den
28 TierSchau BERNER TIERWELT Hirschen im Winter Nahrungsknapp- heit. Die Tiere verirren sich auf der Nahrungssuche sogar in Kuhställe (Winter 17/18), wo sie auch Krank- heiten auf Kühe übertragen können. Zudem kann es zu Plünderungen von Siloballen kommen. Ein weiteres, gro- sses Problem für die Forstwirtschaft ist der Verbiss von Jungbäumen und Schälschäden an gesunden Bäumen. Durch die Rückkehr des Wolfes und dessen natürlich regulierende Einwir- kung auf den Wildbestand verändert sich auch das Verhalten der Hirsche und Rehe. Sie werden vitaler, wan- dern mehr umher und fressen nicht immer an denselben Orten die jun- gen, frischen Triebe ab. Dies vermin- dert übermässig grosse Wildschäden am Wald und an der Vegetation. Die Vegetation hat mehr Zeit, um wieder © Zoonar/Radoijca Eichert nachzuwachsen und die Schutzwäl- der können sich besser und rascher verjüngen. Dadurch werden Erosion und damit Erdrutsche, Lawinen und Verbreitung Hochwasser auf natürliche Weise ver- hindert. Wölfe reissen aber leider nicht nur Wildtiere (als Hetzjäger erbeutet er vor allem alte, kranke oder ver- letzte), auch Nutztiere stehen auf sei- nem Speiseplan (im Jahr 2017 wurden 235 Tiere gezählt, vor allem Schafe). Wölfe sind normalerweise sehr scheu und meiden den Kontakt mit Men- schen. Folgende Kriterien könnten aber einen Wolfsangriff in Men- schennähe provozieren: • Tollwut, diese ist aber in der Schweiz seit 20 Jahren ausgerottet. Wolfsnachweise in der Schweiz Januar-Dezember 2017, dargestellt nach den SCALP-Kategorien (rot=K1, blau=K2, grün=K3). • Aktive Fütterung durch Menschen Kategorie 1 (K1, rot): «Hard facts» wie tot gefundene Wölfe, Beobachtungen mit (der Wolf bringt den Menschen mit fotografischem Beleg, eingefangene (Jung-)Tiere und genetische Nachweise. dem Futter in Verbindung). Kategorie 2 (K2, blau): Von ausgebildeten Personen bestätigte Meldungen wie • Fehlen von natürlicher Beute (der Risse (Nutz- und Wildtiere), Spuren und Kotfunde. Wolf ist gezwungen, auf Beute auszu- Kategorie 3 (K3, grün): Nicht überprüfte Riss-, Spuren- und Kotfunde, und alle weichen, die nicht seinem ursprüngli- nicht überprüfbaren Hinweise wie Lautäusserungen und Sichtbeobachtungen. chen Beuteschema entsprechen). © KORA/GIS
TierSchau 29 Bär gen auftaucht, müssen also potentielle Nahrungsquel- Vorkommen im Gebiet der heutigen len unbedingt bärensicher Schweiz? gemacht werden. Seit ca. 2,5 Mio. Jahren. In prähistori- schen Zeiten galten Bären als heilige Verbreitung: Geeignete Tiere und kamen im ganzen Gebiet Lebensräume finden sich in der Schweiz vor. den Tessiner und Bündner Alpen in Verbindung mit Ausrottung in der Schweiz: 1904 den waldreichen Alpenge- bieten Italiens aus denen der Wiedereinwanderung: 2005 aus Ita- Braunbär einwandern kann. lien Seit 2005 wandern Bären sporadisch aus dem Trentino Unter Schutz seit: Bereits 1988 wur- in den Kanton Graubünden den auch die Bären durch die neue ein. In den letzten Jahren Jagdgesetzgebung in der Schweiz wurden auch die Kantone unter strengen Schutz gestellt. Uri, Schwyz und – im Mai 2017 – Bern besucht. Bis Warum ausgerottet? Bereits um anhin handelte es sich aus- 1500 war der Bär aus dem weitest- schliesslich um Männchen. gehend abgeholzten und relativ dicht Zwei davon wurden im April besiedelten Mittelland verschwunden. 2008 beziehungsweise Feb- Seine imposante Erscheinung und die ruar 2013 geschossen, weil damit vorhandene, mögliche Gefahr sie sich wiederholt in Sied- für Menschen und seine Ernährungs- lungen aufhielten und als gewohnheiten («Allesfresser» wie der gefährlich eingestuft wurden. Mensch) führten dazu, dass man ihn Mona Lörtscher © Zoonar/Giedriius als Gefahr und Nahrungskonkurren- Wildtierpflegerin ten wahrnahm. Fehlende Lebens- räume und das Aufkommen moderner Gewehre liess die Bärenpopulation drastisch schrumpfen, bis 1904 das letzte Tier erschossen wurde. Heutige Situation: Der Braunbär nimmt in seiner Rolle als Aas- und Pflanzenfresser einen grossen Ein- fluss auf unser Ökosystem ein. Bären fressen vorab im Herbst Unmengen von Nüssen und Beeren. Vor allem im Frühling räumen sie das Fallwild auf, welches den für sie harten Winter nicht überlebten. Der Bär meidet den Menschen grundsätzlich, kann aber als «Fast-Vegetarier» schon mal in der Nähe von Menschen auftauchen um Obstplantagen, Felder mit Früchten In der Schweiz besteht keine residente Population von Braunbären. Die Karte oder auch Abfallbehälter und Bie- zeigt die Bärennachweise vom 1. Januar 2018 bis 14. Juli 2018 auf. Bärennach- nenhäuser plündern. Damit er nicht weise sind nach den SCALP Kategorien (rot=K1, blau=K2, grün=K3) dargestellt. allzu nahe bei menschlichen Siedlun- Daten © LBC, Kantone, KORA; Karte © KORA/GIS
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