LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller

 
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LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
LebensZeiten
                                                     Ausgabe 22

Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach

 Von der Kunst weiterzuleben
LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Gedicht                                                              Erste Worte                                        Inhalt

                                                                                                                       Liebe Leserinnen und Leser,                         Von der Kunst weiterzuleben
                                                                                                                                                                             Zwei Frauen erzählen                  6
                                                                                                                       in dieser Ausgabe steckt viel Leben. Wie
                                                                                                                       man es gut macht − trotz Krankheit, trotz           Kunst, Kultur und Historisches
                                                                                                                       Verlusten. Wie man gut weiterlebt und was             Leben ist Bewegung:
                                                  Frühling                                                             dabei helfen kann. Ich wünsche Ihnen viel             die Malerin Charlotte Strohmaier 4
                                                                                                                       Freude beim Lesen und beim Leben!                     In guter Gesellschaft:
                                                                                                                                                                             Eduard von Paulus		 19
                                                  Nun ist er endlich kommen doch
                                                  In grünem Knospenschuh;                                                                                                  Rituale in der Trauer
                                                  „Er kam, er kam ja immer noch“,                                                                                             Der Wunschbaum		 25
                                                  Die Bäume nicken sich’s zu.
                                                                                                                                                                           Lebensgeschichten
                                                                                                                                                                             Funker, Bastler, Schalk:
                                                  Sie konnten ihn all erwarten kaum,                                                                                         Achim Herzig		 14
                                                  Nun treiben sie Schuss auf Schuss;                                                                                         Voller Einsatz fürs Leben:
                                                  Im Garten der alte Apfelbaum,                                                                                              André Wurtz		 16
                                                  Er sträubt sich, aber er muss.
                                                                                                                                                                           Veranstaltungen und Tipps
                                                                                                                                                                              Trauergruppen und Begleitung		 24
                                                  Wohl zögert auch das alte Herz
                                                  Und atmet noch nicht frei,                                                                                               Leben vor dem Tod
                                                  Es bangt und sorgt: „Es ist erst März,                               Ihre                                                  Frau Müller spricht:
                                                                                                                       Andrea Maria Haller                                   Die letzten Tage bewusst gestalten		 10
                                                  Und März ist noch nicht Mai.“
                                                                                                                       lebenszeiten@bestattungshaus-haller.de                Ein letztes Bild:
                                                                                                                                                                             Kunsttherapie im Hospiz		 12
                                                  O schüttle ab den schweren Traum                                                                                           Vom Heil des Lachens		 22
                                                  Und die lange Winterruh:
                                                  Es wagt es der alte Apfelbaum,                                                                                           Steuern und Recht
                                                                                                                                                                              Der vererbbare Urlaub		 18
                                                  Herze, wag’s auch du.
                                                                                                                                                                           Buchbesprechung
                                                  Theodor Fontane                                                                                                            Was man von hier aus sehen kann		 20

                                                                                                                                                                           Gedicht
                                                                                                                                                                            Frühling		              			            2

                                                                                                                                                                           Bildquellenangaben					                24

                                                                                                                                                                           Impressum		        				                28

 LebensZeiten erscheint vierteljährlich. Mit LebensZeiten wollen wir die Angst vor dem Tod und vor Trauer nehmen
 und uns für einen offenen Umgang mit diesen Themen einsetzen. LebensZeiten soll helfen, sich auf das Unvermeidliche
 vorzubereiten, und Mut machen für das Leben danach. Hier erzählen wir die Geschichten der Menschen, die uns in
2unserer Arbeit als Bestatter begegnen. LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                               LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                              3
LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Kunst                                                                                                                        Kunst

Alles ist Bewegung
In dieser Serie stellen wir Künstler aus der Region vor. Diesmal: die Malerin Charlotte Strohmaier

                                                       Wenn Charlotte Strohmaier sich austoben wollte, ging sie entwe-
                                                       der in den Turnverein, zum Inline-Skaten oder zum Joggen. Oder
                                                       sie hat gemalt. Malen war bei ihr körperliche Arbeit. Sie arbeitete
                                                       gerne mit großen Flächen, mit Öl und Acryl. Wechselte Stile und
                                                       Motive. Experimentierte mit Farben und Materialen: Stoff und
                                                       Sand, Kratzen und Reiben, Pinsel, Spachtel oder Scheckkarte.

                                                       Beim Malen war „Charlie“ immer im Vollpower-Modus.

                                                       Wenn sie mit Acryl-Farben arbeitete, musste sie schnell sein.
                                                       Agieren, bevor die Farbe trocknet. Blitzschnell Entscheidungen
                                                       treffen und sich mutig auf das Werk einlassen, das unter ihren
                                                       Händen entstehen wollte. Malen ist wie so manches im Leben.

                                                       Charlotte Strohmaier starb im Januar 2019 im Alter von 76 Jahren.
                                                       Ihr Grab ist auf dem Ostfilderfriedhof in Stuttgart · Sillenbuch.
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Lebenswege

Von der Kunst
weiterzuleben
Manches ist tief in unserer Persönlichkeit verwurzelt und begleitet uns das ganze Leben.
Wieviel Kontakt mit anderen Menschen wir brauchen und wollen, gehört wohl dazu.
Anderes kommt unerwartet in unser Leben und will erst noch entfaltet werden: so etwas
wie plötzlich erwachende Interessen und Fähigkeiten. Hier erzählen zwei Frauen, wie
sie es geschafft haben, neue Strukturen aus ihrem Inneren zu entfalten.

C                                                                                                                                                                                                          A
           hristl und Schorle Schaal     zuvor noch nie gehabt. Etwas in          zuvor hat sie das ganz anders er-        Für Margrit Manz war die Zeit          baut sie ihre ganze Küche um in ein                    uch Christl will eine neue
           haben gemeinsam ein           ihr glaubt, es habe mit dem Verlust      lebt, als ihr Bruder im Alter von 60     schrecklich, in der ihr Mann pfle-     Atelier. Wo in anderen Wohnungen                       Struktur in ihr Leben
           sehr aktives Leben ge-        zu tun. Danach will sie keine weite-     starb, völlig unerwartet. Der Tod        gebedürftig war. Das hätte er nie      das Besteck gelagert wird, sind bei                    bringen. Ein paar Mona-
           lebt. 40 Jahre waren die      ren Anfälle auslösen und versucht,       ihres Bruders hatte sie damals ins       gewollt. Niemals. Doch der Arzt        ihr nun Pinsel. Wo man Töpfe und                       te nach Schorles Tod mel-
beiden verheiratet. Tennis-Club.         besonders sorgsam mit sich selbst        Mark getroffen. Die Trauer um ih-        tat sich schwer damit, die Anwei-      Pfannen vermutet, Farbtöpfe. Sie         det sich Christl bei der Frauen-Akade-
Faschingsverein. Viel Familie, gro-      umzugehen. Auch deswegen hat             ren Mann fühlt sich anders an. Viel-     sungen der Patientenverfügung          kocht nur noch selten. Die Wände         mie der Volkshochschule an. Ihr Hirn
ßer Freundeskreis. Schorle war ein       Christl Angst, sich ganz auf ihren       leicht ist es ja einfach anders, wenn    umzusetzen. Als Günther endlich        sind voll mit ihren Bildern, voll von    neu zu aktivieren tut ihr gut. Jetzt geht
großer Organisator, aber Bewegung                                                 man älter ist? Trotzdem braucht es       gehen darf, ist sie erleichtert. Für   den kräftigen Farben. Sie experi-        sie schon seit vier Jahren in die VHS,
war eher nicht so seins. Beim Ten-                                                auch bei Schorles Tod eine Weile,        ihn. Traurig, dass er nicht mehr da                                             immer dienstags und donnerstags. Sie
nisspielen hat er stets nur einen Arm                                             bis sie wirklich begreift, dass er ge-   ist, aber erleichtert, dass er nicht                                            freut sich auf die Kurse, auf die Begeg-
bewegt, während Christl tatsäch-               Sie hat Angst,                     storben ist.                             mehr leiden muss.                                                               nungen mit den anderen Frauen, auf
lich Tennis gespielt hat, Turniere,                                                                                                                                                                        das Lernen und das neue Wissen, die
                                             sich ganz auf den
Mannschaften. Die beiden waren                                                                                                                                             Plötzlich

                                                                                  G
                                                                                                                           In der ersten Zeit fühlt sie sich                                               Erweiterung ihres Horizonts. Lernen
ein unterhaltsames Paar. Voller Le-         Schmerz einzulassen.                               ünther, der Ehemann         orientierungslos. Leer. Nach sechs                                              wird ein neuer Ankerpunkt in ihrem
benslust, Freude an anderen Men-                                                               von Margrit Manz,           Monaten kommt sie plötzlich auf
                                                                                                                                                                       kommt sie auf die                   Leben.
schen und mit viel Humor.                                                                      starb ebenfalls im Ja-      die Idee zu malen. Sie fährt mit             Idee zu malen.
                                                                                               nuar 2015. Er war im        dem Taxi ins Fachgeschäft nach              Sie malt und malt                   Auch Familie ist wichtig. Die Tochter
Christl Schaal ist heute 72 Jahre alt.   Schmerz einzulassen. Gleichzeitig        September 2012 gestürzt, musste          Leinfelden-Echterdingen und kauft                                               ihres Mannes kümmert sich rührend.
Ihr Mann Schorle starb im Januar         fühlt sie sich auch ein wenig schul-     operiert werden, darauf folgte eine      ein: Leinwand, Pinsel, Farben.                  und malt.                       Ruft an und kommt alle zwei Wochen
2015. Vor Schorles Tod hat Christl       dig, weil sie gar nicht so „richtig      kurze Zeit der Demenz. Auch sie          Und dann fängt sie an zu malen.                                                 vorbei. Die beiden gehen gemeinsam
ihn zuhause gepflegt. Wenige Mo-         trauert“. Sie erwartet von sich, dass    pflegte ihn zuhause. Margrit Manz        Sie malt und malt. Sie malt mit                                                 ans Grab. Auch die Enkel und Uren-
nate, aber es war eine extrem an-        sie trauert wie alle anderen. Aber ir-   lernte ihren Mann 1961 kennen, da        starken Farben. Lila. Rot. Blau.                                                kel halten den Kontakt.
spruchsvolle Aufgabe. Seelisch und       gendwie ist bei ihr alles anders.        war sie 21 Jahre alt. Die beiden wa-     Fast alle Bilder sind quadratisch.
körperlich.                                                                       ren 25 Jahre miteinander liiert, be-                                            mentiert mit verschiedenen Mate-         Zusätzlich gibt es einen kleinen Kreis
                                         Sie glaubt, es habe ihr geholfen,        vor sie zusammenzogen und in Las         Sie mag Quadrate: Fast ihr ganzer      rialien, mit Steinen, mit Strass. Es     an Witwen, mit denen sie sich trifft.
12 Tage nach Schorles Trauerfeier        dass Schorle nicht plötzlich gestor-     Vegas heirateten. Er im weißen Lei-      Schmuck ist quadratisch. Ihr Mann      ist der kreative Prozess an sich, der    Sie sprechen über ihre Männer. Sie
hat Christl plötzlich einen epilep-      ben ist. Dass sie etwas Zeit hatte,      nenanzug, sie im lila Kleid. Heute       und sie hatten schon immer ein Fai-    ihr Kraft gibt. Hinterher ist sie auch   gehen gemeinsam gut essen, nähren
tischen Anfall. So etwas hatte sie       sich zu verabschieden. Einige Jahre      ist Margrit Manz 79.                     ble für Quadrate. Nach einer Weile     meistens ein bisschen stolz.             ihre Körper und reden viel über die

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LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Lebenswege

Vergangenheit. Oft nur das Gute.        Beides auf einmal zu verlieren, war      zess, wie aus einem Wunsch ein Kleid
Wichtig ist ihr außerdem, regelmä-      hart. Die Freundschaften und Ver-        entsteht, sie mochte die Begegnungen
ßig Skat zu spielen. Sie geht gerne     bindungen im Club sind ihr immer         mit ihren Kundinnen. Sie liebte die
mit Freundinnen ins Museum, ins         noch wichtig. Es ist aber nicht mehr     schönen, hochwertigen Stoffe. Freun-
Literaturhaus oder in Konzerte. Die     ganz so einfach, sie aufrechtzuerhal-    de hatte sie kaum, aber viel Freude an
Regelmäßigkeit der Verabredungen        ten.                                     ihrer Arbeit. Dennoch entschied sie
hilft. Dann hat sie immer etwas, wo-                                             sich, mit dieser Arbeit früher aufzu-
rauf sie sich freuen kann.

                                        I
                                                                                 hören. Danach sind die beiden viel
                                             n Margrit Manz‘ Wohnung             verreist. Über diese Entscheidung ist
Überdies führt Christl Schaals bes-          stehen an strategischen Plätzen     sie heute so froh.
te Freundin ein strenges Regiment.           Bilder ihres Mannes. Es ist oft
Fährt mit ihr in den Urlaub. Bringt          dasselbe Motiv. Er lächelt gut-     Manchmal, wenn der Schmerz hoch-
sie dazu, jeden Tag ins Fitness-        mütig und freundlich. Gelegentlich       kommen will, fängt sie an zu malen.
Studio zu gehen. Christl fühlt sich     spricht sie mit einem der Bilder,        Sie malt und malt und verliert sich in
umsorgt und ist dankbar, auch wenn      wenn sie etwas gemalt hat „Gell,         der Kraft der Farben.
sie gelegentlich in sich einen Wi-      da gucksch“, sagt sie. Oder „gut‘s
derstand spürt. Die Dynamik der         Nächtle“. Oder sie stößt mit ihm an.     Für Margrit Manz ist Günther
Freundschaft verändert sich. Ihre       Sie erinnert sich gerne an die Rei-      immer noch da. Überall. Auch
Freundin ist der Kümmerer, Christl      sen, vor allem an die nach Amerika,      wenn sie nicht glaubt, dass es nach
ist eher die Empfängerin. Aber es ist   als sie auf dem Highway One unter-       dem Tod weitergeht. Wenn sie ihn
in Ordnung so, beide schätzen und       wegs waren. Ihre Augen strahlen,         sonntags auf dem Friedhof besucht,
respektieren einander. Christl geht     wenn sie davon erzählt. Sie haben        schaut sie nach dem Grab. Mit ihm
tatsächlich mehrmals wöchentlich        alles zusammen gelebt.                   sprechen, das macht sie eher selten.
ins Fitness-Studio. Diese Struktur                                               Und dennoch, sagt sie, ist er überall.   ihm, was sie erlebt. Wenn sie mit ihm      Wenn sie zu Nachbarn oder zu            Computer. Fernsehen gibt es so
tut ihr gut. Dort gibt es Menschen,                                                                                       gesprochen hat, fühlt sie sich erleich-    Freunden geht, steht auch dort oft      gut wie nie – sie hat zu viel zu
die sie kennen, mit denen sie in Ver-

                                                                                 A
                                                                                                                          tert. Er ist da. Wenn sie mit Schorle      ein Bild von Schorle. Das freut sie     tun.
bindung ist.                                „Gell, da gucksch“,                                uch Christl spricht am     redet, dann meist Heiteres. In ihrem       jedes Mal. Wenn Sportkollegen
                                                                                               Grab nicht mit ihrem       Kopf hört sie ihn manchmal antwor-         reden und „unser Schorle“ sagen,        Ihre Hoffnung für die Zukunft ist
Sport war schon immer wichtig in            sagt sie zu dem Bild                               Schorle. Da kümmert        ten. Das bringt sie oft zum Lachen.        reagiert ihr ganzer Körper. Dann        es, auch weiterhin niemanden zu
Christls Schaals Leben. Aber seit                                                              sie sich um die Pflege,    Im Wohnzimmer ist ein Bild von             merkt sie, wie dankbar sie sein kann,   brauchen, nicht zur Last zu fal-
dem epileptischen Anfall kann sie              ihres Mannes.                     weil es ihre Aufgabe ist. Wenn sie       ihm. Natürlich ein heiteres. Christl       dass sie einen Mann gehabt hat, den     len. Ansonsten darf alles so blei-
nicht mehr Tennis spielen, kann                                                  ans Grab geht, fühlt sie sich auch       glaubt zutiefst, dass sie Schorle          alle geliebt haben.                     ben, wie es ist.
nicht mehr so gut laufen, hat Ko-                                                oft irgendwie enttäuscht: Dort ist       erneut begegnen wird. „Selbstver-
ordinationsschwierigkeiten. Früher      Früher war ihre Arbeit für sie das       er nicht. Schorle ist für sie zuhau-     ständlich seh‘ ich den wieder!“, sagt

                                                                                                                                                                    N
war Tennis das Allerwichtigste.         Wichtigste. Sie hatte von ihrem Va-      se. Sie spürt ihn, wenn sie wieder       sie. Schorle war der einzige Mann in                   ach zwei Jahren findet es      Sie will nochmal raus
Auch Schorle war immer da, immer        ter in den 1960er-Jahren das Mode-       nach Hause kommt. Immer wenn sie         ihrem Leben. Das soll auch so blei-                    Margrit Manz eindeutig
mit dabei, hat sie unterstützt. Er      Atelier am Marktplatz übernommen.        heimkommt, begrüßt sie ihn: „Ich         ben. Eine neue Beziehung kann sie                      zu still in der Wohnung.            in die Welt.
selbst war eine Institution im Club.    Jahrelang hat sie dort bis spät in die   bin wieder da.“ Wenn sie das Haus        sich nicht vorstellen. Und das ist ein                 Kein Geräusch, wenn                   Reisen.
Das war ihr gemeinsames Leben.          Nacht gearbeitet. Sie liebte den Pro-    verlässt, sagt sie: „Ade.“ Sie erzählt   gutes Gefühl. Es gibt ihr Klarheit.        sie heimkommt. Kein Leben im
                                                                                                                                                                     Haus. Sie entscheidet sich für Tiere
                                                                                                                          Christl bedauert nichts im gemeinsa-       und kauft zwei Vögel. Sie fühlt sich

                                                                                                                                                                                                             C
                                                                                                                          men Leben. Sie nährt sich von den          wohl in deren Gesellschaft. Liebt es,              hristl will noch ein-
                                                                                                                          guten Erinnerungen, ist unglaublich        die beiden zu beobachten. Mag den                  mal raus in die Welt.
                                                                                                                          dankbar für all das Gute. Wenn sie         Krach, den sie machen.                             Reisen, und zwar al-
                                                                                                                          sich an Schorle erinnert, fallen ihr                                                          lein. Sich auf dieses
                                                                                                                          immer nur schöne Sachen ein, und           Enge Beziehungen sind ihr nicht         Abenteuer einlassen. Das ist eine
                                                                                                                          ihre Augen strahlen, wenn sie davon        wichtig. Sie ist sich selbst genug.     Erfahrung, die sie gerne noch ma-
                                                                                                                          erzählt: die Reisen, die Urlaube.          Sie ist immer in Bewegung. Wuselt       chen würde. Ganz allein wäre sie
                                                                                                                          Die gemeinsamen Begegnungen mit            im Haus herum, räumt etwas um           ja auch gar nicht. Schorle ist im-
                                                                                                                          anderen.                                   oder auf. Näht, malt, arbeitet am       mer dabei.

8                                       LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                   LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                               9
LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Leben vor dem Tod                                                                                                                                                                                                                     Leben vor dem Tod

Frau Müller                                                                                                                                                                                                          E
                                                                                                                             Ihre Trauerfeier hat sie längst ge-       sich bald in der Begegnungsstätte und               s überrascht sie, wie schnell jetzt
                                                                                                                             plant. Sie will eine große Trauer-        fand auch Freundinnen im Trauercafé                 alles geht. Um den Jahreswech-
                                                                                                                             feier. Alle sollen kommen. Danach         des Hauses Haller. Freundinnen, mit           sel ahnte sie, dass etwas nicht stimmt.
                                                                                                                             gibt’s Maultaschen und später Hefe-       denen sie seither verreist ist und viel un-   Jetzt weiß sie nicht mal, ob sie es noch
                                                                                                                             zopf und Kaffee. Und ja, sie glaubt,      ternommen hat.                                zum 75. Geburtstag ihrer Schwester

spricht
                                                                                                                             dass sie das noch mitbekommt.                                                           schaffen wird, Anfang April ist das,
                                                                                                                                                                       Vor einigen Jahren – noch vor ihrer           in Leipzig. Gerade wird sie jeden
                                                                                                                             Marianne und ihr Mann waren Be-           ersten Krebs-Diagnose – hat sie für           Tag ein klein wenig schwächer. Das
                                                                                                                             sengänger. Sie waren beide immer          sich selbst eine Bestattungsvorsorge ge-      wäre ihr letzter Wunsch: nochmal
                                                                                                                             gerne unter Leuten, lernten gerne         macht. Dabei fiel ihr auf, dass sich ihre     alle sehen, am Geburtstag. Auf Wie-
                                                                                                                             neue Menschen kennen und kamen            Freundeskreise gar nicht untereinander        dersehen sagen.
                                                                                                                             leicht mit anderen ins Gespräch.          kennen. „Das geht nicht. Dann tref-
                                                                                                                             Eine Fähigkeit, die Marianne              fen die sich ja an der Trauerfeier zum        Ich verabschiede mich von Frau Mül-

Die letzten Tage bewusst gestalten                                                                                           brauchte, nachdem ihr Mann damals
                                                                                                                             gestorben war.
                                                                                                                                                                       ersten Mal. Das ist ja blöd!“ Also lud
                                                                                                                                                                       sie alle zusammen ein, für eine Probe-
                                                                                                                                                                                                                     ler mit einer kleinen Träne in den
                                                                                                                                                                                                                     Augen. Als ich unten vorm Haus
                                                                                                                                                                       Feier. Sie gingen schön gemeinsam es-         angekommen bin, ruft Frau Mül-

                                                                                                                             E    igentlich wollten sie ja gemein-     sen. Sie nannte es von Anfang an ihre         ler plötzlich von oben „Huhu“ und

V
                                                                                                                                  sam in die neue Wohnung in           Trauerfeier. Vier Mal haben sie seither       winkt aus dem siebten Stock. Mitten
           or einigen Jahren hat-         ihrer engsten Freunde beiseite und       Spalten entdecke im Bericht mit den       Heumaden ziehen, doch ein paar            schon gefeiert. Die nächste Feier wird        in den wilden Frühlingsstürmen sehe
           te Marianne Müller             berichtet ihnen, was los ist. Tränen     Kontrolluntersuchungen, sage aber         Tage vor dem Umzug starb Eugen            die letzte sein.                              ich ihr lachendes Gesicht vor einem
           Schwierigkeiten mit ih-        fließen. Nicht bei ihr, es sind die      nichts. Und merke schnell, dass sie       plötzlich. Marianne musste sich al-                                                     strahlend blauen Himmel.
           rem Darm. Ein Kran-            Tränen der Freunde, „ich musste die      es sowieso weiß. „Ist das nicht geni-     lein ein neues Umfeld aufbauen. Das       Marianne redet über den Tod, als wäre
kenhausaufenthalt. Eine Operation.        anderen trösten“, sagt sie. Auch dem     al?“, fragt sie. „Das wurde einfach       war nicht leicht. Aber sie wusste, wie    er ein Zug, der sie nun endlich zu ih-        Manche Menschen gehen einem un-
Eine Diagnose. Chemo.                     Leiter der Begegnungsstätte wischt       vergessen. Zwei Jahre lang. Ich hätte     wichtig das für sie ist. Sie engagierte   rem Eugen bringt.                             ter die Haut.
                                          sie die Tränen ab.                       mir solche Sorge gemacht. Stattdes-
Die Chemo vertrug sie nicht und                                                    sen hatte ich zwei unbekümmerte,
sagte, lieber würde sie sterben, als      Frau Müllers Ehemann Eugen ist           gute Jahre.“
so leben. Sie wurde operiert, kam in      vor 12 Jahren gestorben. Seither
Reha. In der Reha riet man ihr zu         wohnt sie allein in einer Wohnung in
reden. Über ihre Krankheit zu spre-       Heumaden, im siebten Stock. Mor-
chen. Reden hilft. – Das ist jetzt vier   gens begrüßt sie die Sonne auf der            Frau Müller findet es
Jahr her. Vier gute Jahre.                einen Seite der Wohnung, abends              entspannend, dass man
                                          verabschiedet sie die Sonne auf der
Bei einer Kontrolluntersuchung            anderen Seite der Wohnung.                    nicht weiß, was nach
Ende Februar 2019 wird festge-                                                          diesem Leben kommt.
stellt, dass ein Tumormarker viel zu      Wenn Frau Müller über ihren Eugen
hoch ist. Eine weitere Untersuchung       redet, dann strahlt sie. „Ich bin so
bestätigt es dann: Der Krebs ist zu-      froh, dass es so gut war mit uns. Wir
rück. Der Arzt bittet sie um ein Ge-      haben nichts zu bedauern. Jetzt hat      Ihre Haltung: „Ich habe ein tolles
spräch und rät ihr, sich im Hospiz        er einen Platz für mich vorbereitet      Leben gehabt, und das Ende wird
anzumelden.                               und holt mich bald. Und alle wer-        jetzt auch noch gut. Ich freu mich
                                          den Spalier stehen, wenn ich kom-        aufs Hospiz und bin gespannt, wie
Eigentlich sollte sie ja ein paar Tage    me. Ja!“, sagt sie. Und lacht.           es da ist.“ Sie ist ein bisschen aufge-
im Krankenhaus bleiben, für die                                                    regt bei der Überlegung, wie wohl
geplanten Untersuchungen, aber            Das Schlimmste war, es ihren             ihr letztes Zimmer aussehen wird.
die haben sich jetzt erübrigt. Frau       Schwestern zu sagen. Sie bekam am
Müller isst in der Klinik noch et-        Telefon kein Wort raus, eine Freun-      Frau Müller findet es entspannend,
was zu Mittag und geht dann, wie          din musste es für sie übernehmen.        dass man nicht weiß, was nach die-
so oft, zu einem Vortrag in der Be-       Das geht schon wirklich nah. Frau        sem Leben kommt. Also braucht
gegnungsstätte in Heumaden. Nach          Müller zeigt mir ihren Arztbericht.      man sich deswegen keine Sorgen ma-
dem Vortrag nimmt sie dort ein paar       Ich erschrecke, als ich ein paar leere   chen und auch keine Angst haben.

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Leben vor dem Tod

Ein letztes Bild
Kunsttherapie im Hospiz

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             era von Harrach ist             zum Ausdruck kommt, nämlich der         nicht mehr gemalt und sind dement-
             eine feinfühlige Frau.          bevorstehende Abschied, zeigt sich      sprechend erst einmal vorsichtig.
             Eine Frau der leisen            auch in den gemalten Bildern.“          Deswegen gibt es in ihrem Wagen
             Töne, aber mit einer                                                    auch kleine Papierformate, zum Ex-
klaren Ausstrahlung. Sie arbeitet als        Wenn sie im Hospiz ist, hat sie einen   perimentieren und Mutmachen.
Kunsttherapeutin in verschiedenen            kleinen Wagen dabei. Er ist ange-
Hospizen und begleitet Menschen
dabei, in der Zeit des Übergangs
einen bildnerischen Ausdruck zu
                                             füllt mit verschiedenen Materialien
                                             wie Pastell- und Ölkreiden, Aqua-
                                             rell- und Gouachefarben, Farbstiften
                                                                                     F    ür Vera von Harrach ist diese
                                                                                          Form der künstlerischen Be-
                                                                                     gleitung ein Weg, den Malenden
finden. Das folgende Zitat drückt                                                    wahrzunehmen mit seinen Gefüh-
aus, was ihr daran wichtig ist: „Wir                                                 len, manchmal mit seiner Wut, sei-       Ein wirklich letztes Bild, mit letzter Kraft gemalt und doch so voller Lebendigkeit.
armen Menschen müssen nun ein-                                                       nem Schmerz, seinen Hoffnungen.
mal in den fünf Sinnen leben und
                                                Die Bilder haben oft                 Ohne dabei Worte zu gebrauchen,
alles neben den Worten in Zeichen                  etwas zutiefst                    ohne Diskussionen, ob etwas viel-
fassen, weil wir nichts ohne Bild ver-
stehen noch denken können.“
                                                 Lebensbejahendes
                                                  und Stimmiges.
                                                                                     leicht anders dargestellt werden
                                                                                     müsste, ohne Widerspruch. Alles
                                                                                     darf genau so sein, darf so ausge-
                                                                                                                              In vielen Bildern tauchen ähnliche
                                                                                                                              Symbole auf. Das Licht für die Hoff-
                                                                                                                              nung auf ein Danach. Auch Boote,
                                                                                                                                                                                von schweren Gedanken. Es kann
                                                                                                                                                                                ein Auslöser sein für tiefgehende Ge-
                                                                                                                                                                                spräche, für Fragen und gegen die
                                                                                                                                                                                                                        M      anchmal gibt es auch lebens-
                                                                                                                                                                                                                               werte Überraschungen,sowie
                                                                                                                                                                                                                        damals, als ein Mann sein erstes Bild
Sie erlebt es so: „Die Sprache ver-                                                  drückt werden. Darf Raum haben.          Brücken, Wege, Engel als Begleiter,               Unruhe. Für die Angehörigen kann        malte, es verkaufte und von dem Ho-
ändert sich in dieser letzten Zeit der                                                                                        Häuser im Sinne von Behausung,                    es eine besondere Erinnerung werden     norar einen ganzen Kasten Bier er-
Menschen – hin zu symbolischen               und Papieren unterschiedlicher Grö-     Es geht ihr an diesem Ort nicht um       Schalen, in denen etwas gehalten                  – vielleicht bekommen sie das letzte    stehen konnte. Ein anderer malte wie
Sprachbildern oder Wortbildern oder          ßen. So besucht sie die Zimmer der      den rein äußerlichen künstlerischen      wird, Kugeln, Bögen, die Wertvolles               Bild geschenkt.                         besessen. Am Schluss sagte er, dass
Bilderworten. Sie tauchen auf an             Gäste und findet heraus, ob und wo-     Ausdruck – sondern es geht ihr da-       schützen.                                                                                     er damit seine Angst vor dem
der Grenze, vor dem bevorstehenden           mit sich jemand beschäftigen möch-      rum, dass der Malende im Dialog                                                                                                        Sterben bearbeiten konnte. Sein
Übergang. Und was in der Sprache             te. Manche haben seit ihrer Kindheit    mit seinem Bild etwas ganz Eige-
                                                                                     nes schafft. Dass das Bild einen
                                                                                     stimmigen Ausdruck des Gefühls
                                                                                                                              M      eistens geben die Malenden
                                                                                                                                     ihren Bildern auch Namen.
                                                                                                                              So kommt es zu Titeln wie „En-
                                                                                                                                                                                                                            letzter großer Wunsch war eine
                                                                                                                                                                                                                            Ausstellung seiner Bilder – das
                                                                                                                                                                                                                            wurde ihm ermöglicht.
                                                                                     wiedergibt. Hinzu kommen das be-         gel der Freude“, „Leerer Strand“,
                                                                                     stätigende Lächeln, wenn das Bild        „meine Arche“. Einmal nannte
                                                                                     fertig ist, die Freude über ein Gelin-   jemand sein Bild „Ente im Nest“,
                                                                                     gen, Zufriedenheit, manchmal auch        oder meinte er vielleicht „Ende im
                                                                                     Stolz. Auch Menschen, die nicht          Nest“? Manches lässt die Kunst-
                                                                                     mehr sprechen können, finden mit         therapeutin stehen, ohne nachzu-
                                                                                     dem Malen noch einen Ausdruck,           fragen. Es reicht, wenn der Ma-                                                                Vera von Harrach selbst begann
                                                                                     der mehr sagen kann, als Worte es        lende selbst seine Erklärung hat.                                                              erst mit 50 Jahren zu malen, mach-
                                                                                     können.                                                                                                                                 te eine Ausbildung zur ambulanten
                                                                                                                              Die Bilder lässt die Kunstthe-                                                                 hospizlichen Begleiterin und kurz
                                                                                     Überraschenderweise gibt es wenig        rapeutin immer im Zimmer,                                                                      danach ein Studium der Kunst-
                                                                                     Schwarz in Bildern aus dem Hospiz,       rahmt sie häufig noch mit einem                                                                therapie. Seit 2001 arbeitet sie als
                                                                                     eher haben sie etwas zutiefst Lebens-    Passepartout ein und stellt sie                                                                Kunsttherapeutin, seit 2012 auch
                                                                                     bejahendes, auch etwas Fließendes,       gut sichtbar auf. Das Malen ist                                                                im Hospiz in der Region Stuttgart
                                                                                     Helles, oft eine tiefe Stimmigkeit.      für viele auch eine Ablenkung                  Glücklicher Schutzengel                         und Reutlingen.
Arche mit allem, was im Leben wichtig ist.
12                                           LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                         LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                 13
LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Lebensgeschichten · Stuttgart-Bad Cannstatt                                                                                                                                                                  Lebensgeschichten · Stuttgart-Bad Cannstatt

Funker, Bastler, Schalk
Achim Herzig

S
          eine Frau Brigit lern-           pfeifen aus Dubai und und mal               Er war gutmütig, großzügig, und er
          te Achim kennen, als er          Riesen-Funkgeräte von der interna-          konnte zuhören. (Das hatte er von
          16 Jahre alt war. Bei der        tionalen Amateurfunk-Ausstellung            seinem Vater.)
          Schülerzeitung. Birgit war       „HAM RADIO“. Er konnte sich
15, und Achim war schon nach vier          stundenlang in Elektroläden verlieren       Er war ein Papa mit Leib und Seele
Wochen klar, dass es ernst war. Dich       und ebenso endlose Tage damit ver-          und vielen kreativen Ideen. So fand
heirate ich, hat er gesagt. Acht Jahre     bringen, einen Käfer oder ein Motor-        er Handys für seine beiden Töchter
später, nach dem Studienabschluss,         rad auseinanderzunehmen und wieder          schon in den 1990er-Jahren nütz-         Achim ist immer gern gereist, beruflich und privat.
heirateten die beiden tatsächlich. Sie     zusammenzubauen.                            lich. Da waren die Mädchen noch
zogen miteinander zwei Mädchen                                                         klein und die Handys riesengroß.
groß, Jaqueline und Marie. Seine           Flohmärkte hatten es ihm angetan,                                                    Er hatte Freude an seiner Arbeit            gutes Hotel. Jedes Jahr im Juni und      Currywurst. Salat bitte ohne Gur-
Familie war Achims Ein und Alles.

Danach kam das Funken. Achim
                                           Märkte in aller Welt eigentlich. Er lieb-
                                           te es, zu verhandeln und zu schachern.
                                           (Das hatte er von seiner Mutter.)
                                                                                       D     er Schalk saß ihm im Nacken,
                                                                                             er hatte seinen ganz eigenen
                                                                                       Sinn für Humor. Unvergesslich
                                                                                                                                und den vielen Reisen. Achim ver-
                                                                                                                                kaufte Großmaschinen für die Tex-
                                                                                                                                til-Industrie. In vielen Jahren reiste
                                                                                                                                                                            immer nach Weihnachten war er mit
                                                                                                                                                                            Birgit dort.
                                                                                                                                                                                                                     ken. Bier mit Eiswürfeln. Achim
                                                                                                                                                                                                                     war ein liebevoller Chaot, der schon
                                                                                                                                                                                                                     mal mit dem falschen Koffer nach
war leidenschaftlicher Funker. Er ver-
brachte Stunden damit, Worte wie
„Roger“ und „over and out“ in ein
                                           Er war fasziniert vom Weltall, der
                                           Mondlandung und außerirdischem
                                                                                       wird bleiben, wie er bei einer Flug-
                                                                                       linie seinen 25. Hochzeitstag insze-
                                                                                       nierte. Es gab eine Ansage und Sekt
                                                                                                                                er drei Mal um die Welt. Der Flug-
                                                                                                                                hafen in Dubai war wie sein zweites
                                                                                                                                Zuhause. Er war gern dort, liebte
                                                                                                                                                                            S   ein Zuhause war ihm ein wich-
                                                                                                                                                                                tiger Ort. Er musste sich wohl
                                                                                                                                                                            fühlen. Das Haus war voller Tep-
                                                                                                                                                                                                                     Hause kommen konnte.

                                                                                                                                                                                                                     An seiner Trauerfeier auf dem
Gerät im obersten Stock des Hau-           Leben. Er hatte Freude an Modell-           zu Ehren des Paares. Das Ganze           das Gewusel, den Markt und die              piche, guter Möbel und angesam-          Hauptfriedhof in Bad Cannstatt lie-
ses zu rufen. Das Leben mit Achim          flugzeugen, Flugplätzen und Zeppe-          kam zwar zwei Jahre zu früh, aber        Wüste. Er war auch gerne in China           meltem Nippes. Auch Essen spielte        ßen Freunde und Familie Zeppeline
war immer irgendwie interessant. Mal       linen. Luftfahrt faszinierte ihn. Als       er genoss es mit einem schelmischen      und Vietnam unterwegs. Indien for-          eine wichtige Rolle in seinem Leben.     und Herzen in die Luft steigen. Es
verkabelte er das ganze Haus und           er zu seinem 50. Geburtstag einen           Glimmen in den Augen. Unver-             derte und faszinierte ihn.                  Achim aß alles. Aber wenn er zu-         war sehr bewegend. Als die wilden
den Garten. Mal kam er aus Asien           Zeppelinflug über den Bodensee ge-          gesslich auch, wie er seinem Vater                                                   hause war, hatte er es am liebsten       Winde einen Hundebeutel auf sei-
zurück mit einem 40 Kilo schweren          schenkt bekam, hat er sich gefreut wie      einen Knallforsch in die Zigarette       In Deutschland liebte er den Boden-         bodenständig: Haribo und Milch-          nen Baum wehten, sorgte das für viel
Holzhund. Mal brachte er Wasser-           in Kind.                                    bastelte.                                see. Die Messe, das Wasser und ein          schokolade, Vanillepudding und           Erheiterung. Achim hätte gelacht.

Achim Herzig bei der Arbeit und mit seinen Töchtern.                                                                          Achim mit Ehefrau Birgit, Kindern und Hund.

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LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Lebensgeschichten · Leonberg                                                                                                                                                                                    Lebensgeschichten · Leonberg

Voller Einsatz fürs Leben
                                                                                                                          ins Musical oder in die Wilhelma         Aber anders als beim Fußball spielte    Seine Krankheit hat er nie gezeigt.
                                                                                                                          gehen, mit Gabriel stundenlang die       er da auch selbst mit. Er war aktives   Viele Kollegen und Freunde wuss-
                                                                                                                          3-D-Brille ausprobieren, die Ge-         Mitglied bei den Freien Wählern         ten gar nicht davon. Er hatte das
                                                                                                                          burtstags-Geschenke wochenlang im        und engagierte sich für Themen, die     Marfan-Syndrom: eine Krankheit,
                                                                                                                          Voraus planen, das war ihm wichtig.      ihm wichtig waren.                      die für die Blindheit seines Auges
                                                                                                                                                                                                           und für seine Größe verantwortlich

André Wurtz                                                                                                               André liebte Sauerbraten und Knö-
                                                                                                                          del. Auch „baked beans“, aber nur
                                                                                                                          die von Heinz. Den McRösti von
                                                                                                                                                                   Ein besonderes Talent bewies er da-
                                                                                                                                                                   rin, Dialekte und Personen zu imi-
                                                                                                                                                                   tieren. So mancher Politiker bekam
                                                                                                                                                                                                           war und die auch Operationen not-
                                                                                                                                                                                                           wendig machte.

                                                                                                                          McDonalds fand er ganz toll. Und         was ab. Auch am allzu Schwäbi-          Dem Tod war er schon einmal von

A
                                                                                                                          beim Inder das Mango-Lassi. Auch         schen konnte er die humorvolle Seite    der Schippe gesprungen, als er 32
              ndré Wurtz war Archi-     Die schönste Phase der Arbeit war       nen, wenn die Formen der Land-            an einem anständigen Käsefondue          sehen.                                  war. Die 18 Jahre seither waren
              tekt mit Leib und See-    für André immer die Zeit des Ent-       schaft auch seinen architektonischen      oder Raclette konn-                                                                          ein Geschenk, dessen
              le. Er konnte außerdem    werfens. Er war glücklich, wenn es      Ansprüchen genügten. Plattes Land         te er sich erfreuen –                                                                        war er sich bewusst.
              Akzente und Personen      darum ging, Ideen zu generieren und     entsprach generell nicht seinen Vor-      aber der Käse muss-                                                                          Vor seiner Operati-
perfekt nachahmen, kuriose Spitz-       auf Papier zu bringen. Er liebte die    stellungen von Ästhetik. Am liebsten      te gut sein. Kochen                                                                          on machte er vieles
namen für Menschen in seiner Um-        Magie der ersten Striche. Am bes-       hätte er in Österreich gewohnt, in der    konnte er nicht, essen                                                                       fertig – als hätte er
gebung finden, sich enorm aufregen,     ten entwarf es sich mit der Musik       Nähe der Karawanken, im Grenzge-          war ihm immer viel                                                                           geahnt, dass er da-
wenn der VfB nicht so spielte, wie      des Radiosenders „Sunshine Live“        biet zu Slowenien.                        lieber. Er konnte die                                                                        nach nicht mehr da
er sollte. Er konnte sich bei Filmen    im Hintergrund. Dann konnte alles                                                 Kochkunst der ande-                                                                          sein würde. Trotz-
kaputtlachen, Erbsen genießen und       fließen. Er mochte es offen und frei,   Seine Lebensgefährtin Gabriele hat        ren bewundern und                                                                            dem stand Sterben
sich an Lateinvokabeln und Gram-        mit klaren Linien und viel Licht.       er auf einer Feier kennengelernt, auf     das Ergebnis wert-                                                                           eigentlich noch nicht
matik aus der Schulzeit erinnern.                                               der sie beide eigentlich gar nicht sein   schätzen.                                                                                    auf seinem Plan. Als
Und er konnte Häuser bauen.                                                     wollten. Stundenlang haben sie sich                                                                                                    er sich verabschiede-

Dass André einmal Architekt wer-              Wenn der VfB                      damals unterhalten und bald mehr
                                                                                Zeit füreinander gefunden. Ihr erstes     A     ndré    konnte
                                                                                                                                andere unter-
                                                                                                                                                                                                                       te, war das mit einer
                                                                                                                                                                                                                       klaren Hoffnung auf
den würde, war ihm selbst schon von           verlor, war alles                 Treffen war in Stuttgart am Schloss-      halten. Allein schon                                                                         ein Wiedersehen.
Kindesbeinen an klar. Stundenlang                                               platz, bei der Siegessäule. Dummer-       wenn er einen Film
                                                  verloren.
hat er ganz Städte aus Bauklötzen
gebaut und war fasziniert von Bau-
stellen. Mit zwölf Jahren zeichnete
                                                                                weise war an diesem Tag auch eine
                                                                                Großveranstaltung, und es war am
                                                                                Ende seine Körpergröße, die Gab-
                                                                                                                          ansah, hatte man
                                                                                                                          Freude daran, ihm
                                                                                                                          zuzuschauen. Er kon-
                                                                                                                                                                                                                         A     ndré Wurtz ist
                                                                                                                                                                                                                               50 Jahre alt
                                                                                                                                                                                                                         geworden. Er starb
er endlose Pläne von Hochhäusern.
Das Bauen lag ihm im Blut. Aber
dass er dann wirklich Architekt wur-
                                        E   r hatte ein unglaubliches Wissen
                                            um Geografie und Geschichte
                                        angesammelt. Las viel und gerne.
                                                                                riele half, ihn zu finden. Dass er ihr
                                                                                die Erdbeeren von seinem Kuchen
                                                                                anbot, war dann wohl der erste Lie-
                                                                                                                          nte sich wegwerfen
                                                                                                                          vor Lachen.
                                                                                                                                                                                                                         an den Folgen einer
                                                                                                                                                                                                                         extrem komplexen,
                                                                                                                                                                                                                         aber lebensnotwendi-
de, war keine Selbstverständlichkeit.   Ging oft in Museen und Galerien.        besbeweis. 14 Jahre ist das her.          Richtig hitzig konn-                                                                           gen Operation. 250
Seine Augen machten ihm zu schaf-       Hatte Freude an Kunst. Städte fand                                                te es werden, wenn                                                                             Freunde, Bekannte
fen, vor allem das eine, auf dem er     er spannend. Natur konnte seine         André war ein fantastischer, ext-         der VfB nicht die                                                                              und Verwandte sind
fast blind war.                         Aufmerksamkeit nur dann gewin-          rem geduldiger Onkel. Mit Klara           Leistung brachte, die                                                                          zu Andrés Abschied
                                                                                                                          André sich so vor-                                                                             auf dem Waldfriedhof
                                                                                                                          stellte. Dann rief er                                                                          in Leonberg gekom-
                                                                                                                          seine taktischen An-      André Wurtz mit seiner Nichte Klara.                                 men. Als seine zwölf
                                                                                                                          weisungen lauthals                                                                             Jahre alte Nichte Kla-
                                                                                                                          gen Fernseher oder                                                                             ra an der Trauerfeier
                                                                                                                          schlug mit der Faust auf den Boden.     André war voller Leben, Humor,           darüber sprach, wie sie beim Essen
                                                                                                                          Wenn der VfB verlor, war alles ver-     Kraft und Entschiedenheit. Er war        André heimlich den Rosenkohl zu-
                                                                                                                          loren. Ähnlich engagiert war André,     klar in dem, was ihm wichtig war.        geschoben hatte und er ihn aß, ob-
                                                                                                                          wenn es um Politik und gesellschaft-    André hat vieles mit sich selbst aus-    wohl er ihn gar nicht mochte, gab
                                                                                                                          liche Themen ging. Manches konnte       gemacht. Wenn es ihm nicht gut           es kein trockenes Auge mehr in der
                                                                                                                          die ganze Klaviatur seines emotiona-    ging, hat er nie darüber gesprochen.     Feierhalle.
                                                                                                                          len Spektrums zum Klingen bringen.      Er war nicht wehleidig.

André Wurtz im Lauf der Jahre.

16                                      LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                 LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                17
LebensZeiten - Von der Kunst weiterzuleben - Ein Magazin über das Unvermeidliche und für das Leben danach - Bestattungshaus Haller
Recht                                                                                                                                                                                                                     Kultur und Historisches

                                                                                                                         In guter Gesellschaft · Fangelsbachfriedhof Stuttgart

                                                                                                                         Eduard von Paulus (der Jüngere)
                                                                                                                         Ein schwäbischer „Allrounder“: Architekt, Archäologe, Kunsthistoriker, Schriftsteller und Dichter
                                                                                                                         geboren 1837 in Stuttgart, gestorben 1907 in Stuttgart

Der vererbbare Urlaub
                                                                                                                         E
                                                                                                                                  duard Paulus war der Sohn des württembergi-
                                                                                                                                  schen Altertumsforschers Eduard Paulus (der
Wenn jemand stirbt, was passiert eigentlich mit Urlaubsansprüchen aus seiner Arbeit,                                              Ältere). Er studierte zunächst Architektur an
die nicht verbraucht wurden? Dieser Urlaub wird tatsächlich vererbt.                                                              der Polytechnischen Hochschule in Stuttgart
                                                                                                                         und anschließend Kunstgeschichte und Archäologie an
                                                                                                                         der Universität in München. Danach arbeitete er als Ar-

W
                                                                                                                         chitekt.
                ie funktioniert das,
                Urlaub zu vererben?
                Der verbliebene An-
                                       stelle dies einen Vermögenswert
                                       dar, welcher nach den allgemeinen
                                       Vorschriften vererbbar sei. Dies
                                                                            B    islang war die Rechtslage noch
                                                                                 etwas anders: Mit einem Urteil
                                                                            vom 12. März 2013 (AZ 9 AZTR
                                                                                                                         Wenige Jahre später wurde er ein Mitarbeiter seines Va-
                                                                                                                         ters im „Statistisch-Topographischen Bureau des König-
                spruch auf Urlaub      gelte auch dann, wenn das Arbeits-   532/11) hatte das Bundesarbeitsge-           reichs Württemberg“. Gemeinsam arbeiteten sie an der
wandelt sich in einen Anspruch auf     verhältnis des Erblassers erst mit   richt entschieden, ein Urlaubsan-            allgemeinen Landesbeschreibung für Württemberg, den so
Urlaubsabgeltung. Sprich: Die Er-      dessen Tod beendet worden ist, ein   spruch sei nur dann vererbbar, wenn          genannten Oberamtsbeschreibungen. Nach und nach stieg
ben können vom Arbeitgeber des         Urlaubsabgeltungsanspruch also       das Arbeitsverhältnis des Erblassers         er innerhalb des Bureaus auf. 1873 wurde er nebenamt-
Verstorbenen verlangen, dass man       nicht schon zu Lebzeiten entstan-    bereits vor dessen Tod beendet wor-          lich Landeskonservator und bekam in dieser Rolle auch
ihnen den nicht genommenen Ur-         den ist.                             den ist. Voraussetzung für ein Ver-          den Titel eines Professors verliehen. Ab 1893 stand er der
laub auszahlt. Dies hat das Bundes-                                         erben von Ansprüchen war seither,            Staatssammlung der vaterländischen Kunst- und Alter-
arbeitsgericht vor wenigen Wochen                                           dass der Urlaubsabgeltungsanspruch           tumsdenkmale in Stuttgart vor, aus der das Landesmuseum
entschieden (Urteil vom 22. Januar             Resturlaub                   bereits zu Lebzeiten des Erblassers          Württemberg hervorging.
2019, AZ 9 AZR 45/19). Mit sei-                                             entstanden war. Der Europäische
                                               stellt einen
nem Urteil schloss sich das Bundes-
arbeitsgericht der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs an.            Vermögenswert
                                                                            Gerichtshof sah das anders: Jene
                                                                            bisherige Rechtsprechung des Bun-
                                                                            desarbeitsgerichts sei unionswidrig,
                                                                                                                         P    aulus der Jüngere kümmerte sich intensiv um Kir-
                                                                                                                              chenrestaurierungen. Die Erforschung des Limes
                                                                                                                         war ihm eine Herzensangelegenheit, auch bei der Aus-
                                                   dar.                     hatte der Europäische Gerichtshof            grabung der keltischen Heuneburg in Oberschwaben hat
Diese Entscheidung gilt nicht nur                                           im November 2018 erklärt. Nun gibt           er viel erreicht. Insgesamt hat er sich in der Landesfor-
für „normalen“ Erholungsurlaub, der                                         es auch für Deutschland eine neue            schung und Landesbeschreibung einen großen Namen
noch nicht genommen wurde. Sie gilt    Das Gericht hat mit seiner Ent-      Rechtslage.                                  gemacht.
auch für Sonderurlaub, wie er Men-     scheidung einer Witwe Recht ge-
schen mit einer Schwerbehinderung      geben. Sie hatte den Arbeitgeber                                                  Von Paulus stammt der viel zitierte Reim:
zusteht. Ebenso auch für Urlaub        ihres verstorbenen Ehemannes ver-
nach Tarifvertrag, der den Mindest-    klagt: Der Resturlaub ihres Man-                                                  Wir sind das Volk der Dichter,                                    Das Grab von Eduard von Paulus auf dem
                                                                                                                         ein jeder dichten kann.                                           Fangelsbachfriedhof in Abteilung 11.
urlaub übersteigt.                     nes solle ausgezahlt werden. Ihrem
                                                                                                                         Man seh' nur die Gesichter
                                       Mann wären zum Zeitpunkt seines                                                   von unser einem an.
Das Bundesarbeitsgericht hat das       Todes noch 25 Urlaubstage zuge-
so begründet: Jeder Arbeitnehmer       standen, ebenso Sonderurlaub auf-                                                 Der Schelling und der Hegel,
hat gegenüber seinem Arbeitge-         grund seiner Schwerbehinderung.                            Kerstin Herr           der Schiller und der Hauff,
ber einen Anspruch auf bezahlten       Das Gericht entschied im Sinne der                         Rechtsanwältin         das ist bei uns die Regel,                                        Nach ihm wurden in Stuttgart-West die „Obere
                                                                                                                         das fällt uns gar nicht auf.                                      Paulusstraße“ und auch die „Paulusstraße“ benannt.
Urlaub. Wenn zum Zeitpunkt des         Witwe und sprach ihr den Abgel-                            Kanzlei Königstraße,
Todes noch Resturlaub übrig ist,       tungsanspruch zu.                                          Stuttgart

                                                                                                                         In dieser Serie schreibt Werner Koch, der ehemalige Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes der Stadt Stuttgart.
                                                                                                                         Er ist zusammen mit seinem Sohn, dem Fotografen Christopher Koch, Autor des Stuttgarter Friedhofsführers.
18                                     LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                                                                                                  19
Buchbesprechung                                                                                                                                                                                                                           Buchbesprechung

Eine Geschichte wie eine warme Decke
Eine Buchbesprechung: „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky

W                                                                                                                                E
                enn das, was man lange angeschaut hat,           fen Tatsachen. War Selma im Traum ein Okapi erschie-                 in besonderer Leuchtturm in der Geschichte ist           Geschichte legt sich wie eine warme Decke um einen,
                etwas Bedeutsames war, etwas, das das            nen, erschien im Leben der Tod; und alle taten, als würde            Selma, deren Ähnlichkeit mit Rudi Carrell erstaun-       berührt und begeistert von der ersten bis zur letzten Seite
                ganze großfläche Leben in einer einzigen         er wirklich erst jetzt erscheinen. Als sei er nicht schon von   licherweise erst Jahre später jemandem „von außen“            und nimmt ein gutes, offenes Ende. Wie im Märchen.
                Bewegung umdreht, dann taucht dieses             Anfang an mit von der Partie, immer in der erweiterten          auffällt. In ihrer schiefen Küche laufen die Fäden zu-
Nachbild immer wieder auf. Auch Jahrzehnte später ist es         Nähe, wie ein Tauftante, die das Leben lang kleine und          sammen, sie ist da, ein klarer, gerader Mensch mit ei-
plötzlich wieder da, ganz egal, was man eigentlich gerade        große Aufmerksamkeiten vorbeischickt.                           nem sehr eigenen Willen, der sich kümmert. Um die
angesehen hat, bevor man die Augen schloss. Es taucht                                                                            Enkelin, deren Eltern zu sehr beschäftigt sind mit den
auf, wenn man die Augen kurz ausruhen will. Wenn man
auf dem Waldboden liegt, auf einer Untersuchungsliege,
in einem fremden Bett, im eigenen. Wenn man die Au-
                                                                     J
                                                                    ede und jeder im Dorf versucht auf eigene Weise,
                                                                    einen Umgang mit dem Unvermeidlichen zu fin-
                                                                 den: Manche wollen sich so wenig wie möglich bewe-
                                                                                                                                 eigenen Leben. Um Elsbeth, die für oder auch gegen
                                                                                                                                 alles ein magisches Mittelchen zu haben scheint (außer
                                                                                                                                 gegen das Sterben!). Um die traurige Marlies und den
gen schließt, weil jemand vor der Tür steht, den man kei-        gen, sich vor allem hüten. Einige fanden, dass es jetzt         im Schmerz verwilderten Nachbarn. Um den Optiker
nesfalls hereinlassen will. Wenn man die Augen schließt,         unbedingt Zeit sei, mit einer verschwiegenen Wahrheit           mit seinen Stimmen im Kopf. Und später auch um die
weil gerade eine große Sorge von einem abgefallen ist,           herauszurücken. Bevor man stirbt, fanden sie, sollte man        Liebesnöte der Ich-Erzählerin mit einem Buddhisten im
man jemanden oder etwas wiederge-                                                          wenigstens auf den letzten Drücker    fernen Japan.
funden hat, einen Brief, eine Zuver-                                                       Wahrhaftigkeit ins Leben bringen.
sicht, einen Ohrring, einen entlaufenen                                                    Nur der alte Bauer Häubel, der so     In all diesen menschlichen Landschaften des Ver-
Hund, die Sprache. Immer wieder                 Nur der alte Bauer Häubel                  lange gelebt hatte, dass er beinahe   geblichen, der Versuche und der verpassten Chancen
taucht plötzlich dieses Nachbild auf, es        öffnet freudig die Dachluke                durchsichtig war, öffnet freudig      macht Selma einfach weiter, brät nachts Bratkartoffeln
taucht auf wie ein Bildschirmschoner                                                       die Dachluke in seinem Zimmer,        und sitzt an Bettkanten, isst Mon Chéri, schont weder
des Lebens, und oft dann, wenn man              in  seinem Zimmer,   auf   dass            auf dass nachher seine Seele um-      sich noch die anderen. Und lässt ihre Artgenossen vor
überhaupt nicht damit rechnet.                     seine Seele umstandslos                 standslos hinausfliegen könne.        allem in Ruhe. Man kommt ihr nur langsam auf die
                                                                                                                                 Schliche, ahnt erst allmählich ihre Biografie, die sie zu
Mit diesen Bildern als Prolog fängt              hinausfliegen könne.               Aber es kommt anders, als man                einer Expertin des Verlierens und Nichtaufgebens ge-
eine Geschichte an, die einen wirklich                                              denkt. Auch wenn ein angekün-                macht hat. Und man ist bis zum Ende dabei, als Selma
überraschen kann. Es ist ein wunder-                                                digter Tod wie ein Paukenschlag              stirbt und hinübergeht in die andere Wirklichkeit, von
sames Porträt eines Dorfs im Wester-                                                in das Leben der Dorfbewohner                der das Okapi bereits herübergegrüßt hatte.
wald. Im Mittelpunkt stehen Luise, die am Anfang erst         und vor allem der Ich-Erzählerin fährt und alles verän-
                                                                                                                                                                                                       Mariana Leky:
zehn Jahre alt ist, und ihre Oma Selma, die über die
ungewöhnliche Gabe verfügt, manchmal von einem selt-
samen Tier zu träumen. Wann immer Selma von einem
                                                              dert. Und gleichzeitig das Leben der anderen scheinbar
                                                              wie gewohnt weitergeht, mit seinen aus Briefkasten wie-
                                                              der herausgeholten Wahrheiten, der Erleichterung dar-
                                                                                                                                 D     er Roman ist eine skurrile und poetische Geschich-
                                                                                                                                       te von der Liebe zum Leben und zum Tod. Dem
                                                                                                                                 Tod, jener Tauftante, die das Leben lang kleine und große
                                                                                                                                                                                                       Was man von hier aus sehen kann.
                                                                                                                                                                                                       Dumont. 20 Euro

Okapi träumt, wissen alle im Dorf, dass jemand von ih-        über, davongekommen zu sein und weiterzumachen bis                 Aufmerksamkeiten vorbeischickt. Die Geschichte han-
nen in den nächsten 24 Stunden sterben muss.                  zum nächsten Traum.                                                delt außerdem von all den menschlichen Versuchen, sich
                                                                                                                                 mit dieser Präsenz zu arrangieren: Ob in Wut, Flucht
Das Okapi ist ein abwegiges Tier, viel abwegiger als der            Mariana Lekys Roman ist eine Überraschung mit mär-           oder versteinertem Schmerz, ob mit Wehmut, Apfelkorn
Tod. Und tatsächlich sind es vor allem die Auswirkun-               chenhaftem, leicht übersinnlichem Einschlag. Schon           oder Ironie, jeder sucht seinen eigenen Weg. Voll kleiner
gen dieser Träume auf die Lebenden, von denen dieser                nach wenigen Seiten steckt man ganz drinnen in der           und großer Weisheiten steckt diese ganz besondere Ge-                                         Ulrika Bohnet hat Ethno-
Roman behutsam erzählt – liebevoll, dem Menschlichen                kleinen Dorfgemeinschaft mit all ihren schrulligen Prot-     schichte über Verlust und Ankommen. Mariana Leky                                              logie studiert und betreut
mit all seinen Bruchstellen zugewandt, in unerwarteten              agonisten, die so liebevoll geschildert werden, dass man     webt sie mit einer außergewöhnlichen Sprachkunst. Das                                         die Haller-Filiale im
Wendungen und leisem Humor. Selmas Träume schaf-                    sie sofort ins Herz schließt.                                zu lesen macht zugleich sehr glücklich und traurig. Die                                       Stuttgarter Süden.

20                                         LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                       LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                    21
Leben vor dem Tod                                                                                                                                                                                                        Leben vor dem Tod

                                                                                                                        wenn sie gerade trauern. Am ehesten
                                                                                                                        gelingt es vielen, wenn sie einen Film   A     ber Vorsicht. Niemand darf je-
                                                                                                                                                                       mand anderem sagen, sie oder
                                                                                                                                                                                                          Manche Menschen machen sich
                                                                                                                                                                                                          Sorgen: Was werden die Leute über

Vom Heil des Lachens
                                                                                                                        schauen oder ein Buch lesen. Denn        er solle halt mal mehr lachen. Trauer    mich denken, wenn ich kurz nach
                                                                                                                        zum Lachen braucht es oftmals einen      kann man nicht weglachen. Aber man       einem persönlichen Verlust schon
                                                                                                                        Anstupser von außen.                     kann sich selbst bewusst fürs Lachen     lache? Dabei haben sie entfernte
                                                                                                                                                                                                          Verwandte im Sinn, Nachbarn,

                                                                                                                        D     ennoch, auch das kann man än-
                                                                                                                              dern: Lachen kann man auch
                                                                                                                        üben! Kein Witz. Lach-Yoga bei-
                                                                                                                                                                        Denn Trauer um
                                                                                                                                                                                                          Freunde oder Arbeitskollegen. Und
                                                                                                                                                                                                          ja, es gibt Menschen, die so etwas
                                                                                                                                                                                                          durchaus kritisch sehen, darin viel-
                                                                                                                        spielsweise kann helfen. So verrückt
                                                                                                                                                                     Geliebtes gehört ebenso              leicht die Pietät bedroht sehen.
                                                                                                                        es sich anhören mag – dabei tut man           zum Menschsein wie                  Dann suchen Sie am besten das
Ein paar Gedanken zum Thema Humor                                                                                       einfach so, als würde man lachen, und
                                                                                                                        der Körper kann das nicht unterschei-           Lachen über das
                                                                                                                                                                                                          Weite! Gerade in der Trauer haben
                                                                                                                                                                                                          Sie das Recht, sich mit Menschen
                                                                                                                        den. Weil der Körper nicht weiß, dass          Allzumenschliche.                  zu umgeben, die Ihnen guttun.
                                                                                                                        man gar nicht wirklich erheitert ist,
                                                                                                                        schüttet er all die wunderbaren Dinge
                                                                                                                        aus, die man so gut brauchen kann.                                                S   chon der persische Sufi-Dichter
                                                                                                                                                                                                              Rumi aus dem 12. Jahrhundert

N
                                                                                                                        Body-to-mind heißt dieses wissen-        öffnen. Man kann sich stärken, indem     ist dem Tod und den existentiel-
             atürlich wird bei uns      te der Rede im Drucker hat liegen        schwieriger, wenn man Spannun-         schaftlich gut erforschte Phänomen.      man lacht und dadurch auch Trauer        len Fragen des Lebens immer mit
             im Bestattungshaus ge-     lassen und die Mutter das ungemein       gen mit dem Verstorbenen hatte.        Das funktioniert auch schon mit einem    besser integriert. Und man kann sich     einem gewissen Humor begegnet.
             lacht. Wenn wir einen      lustig gefunden hätte.                                                          Lächeln. In dem Moment, in dem Sie       selbst die Freiheit geben, sich erlau-   Auf die Frage, was nach dem Tod
             verzeihlichen Fehler ma-                                            Lachen schafft Distanz zu dem, wo-     die Mundwinkel nach oben ziehen,         ben, die ganze Klaviatur der Gefühle     geschehe, antwortete er: Wer im-
chen, der idealerweise noch nicht bis   Wir lachen auch im Trauer-Café,          rüber gelacht wird, und es verbindet   entspannt sich die Gesichtsmuskulatur    zu spielen. Denn Trauer um Geliebtes     mer mich hierher gebracht hat, wird
zur Außenwelt durchgedrungen ist.       ziemlich ausgiebig sogar. Oder an        die Lachenden miteinander. Es          und schickt kleine Entspannungsbot-      gehört ebenso zum Menschsein wie         mich auch wieder mit nach Hause
Einmal wollte ich auf eine Trauer-      der jährlichen Weihnachtsfeier für       nimmt allem anderen ein klein we-      schaften an den Körper.                  Lachen über das Allzumenschliche.        nehmen müssen.
karte „Domine, adsum“ schreiben,        Angehörige.                              nig von seiner Macht oder Sogkraft.
das ist Latein für „Herr, ich komme“.
Geschrieben habe ich aber „Domi-
na, adsum“. Einmal druckten wir
anstelle von Lapidarium fast das
                                        W       o Menschen zusammenkom-
                                                men, wird gelacht. Oftmals
                                        beim Essen nach der Trauerfeier,
                                                                                 Lachen ist gesund: Lachen stärkt
                                                                                 die körpereigenen Abwehrkräfte,
                                                                                 senkt den Blutdruck und reduziert
Wort Ladidarium auf unseren Kul-        wenn sich die Anspannung ein biss-       Stresshormone. Lachen kann auch
turkalender. Und in dieser Ausgabe      chen löst und man realisiert, dass       dabei helfen, schwierige, unwill-
von LebensZeiten hatte ich in einem     man einen wichtigen Schritt bewäl-       kommene Informationen in die See-
ersten Entwurf etwas über epilepti-     tigt hat. Dieses Lachen ist ein gesun-   le zu integrieren.
sche Anschläge formuliert anstelle
von Anfällen.                                                                    Nur – wie?
                                            Lachen schafft Distanz
Wir lachen auch mit Angehörigen.                                                 Das gibt es verschiedene Wege:
Wenn sie beginnen, Geschichten                  zu dem, worüber                  Schöne Erinnerungen sind häufig
zu erzählen von den Menschen, die              gelacht wird, und                 ein Quell von Heiterkeit, vor allem,
nicht mehr da sind: Das sind nicht                                               wenn man sie teilt und die alten
selten heitere, lebensbejahende Ge-       verbindet die Lachenden.               Geschichten erzählt. Über den Ver-
schichten. Über die liebenswerten                                                storbenen zu lachen stärkt auch die
Schwächen und Begrenzungen oder                                                  Bindung zum Verstorbenen und gibt
auch über die Lieblingswitze der        des und sehr wichtiges Element, das      ihm nochmal einen anderen Platz in
Toten. Wir lachen mit ihnen, wenn       auch dabei helfen kann, wieder ins       unserer Seele. Denken Sie ganz be-
Dinge passieren, die perfekt zu dem     Leben zu kommen. Nur ganz selten         wusst an Heiteres, das Sie miteinan-
Verstorbenen passen. Wenn sich          bedeutet ein Lachen, dass man ei-        der erlebt haben, und vergessen Sie
während einer Beisetzung ein Vogel      nen Menschen nicht geliebt hat. Es       nicht, anderen davon zu erzählen.
an den Rand des Grabes setzt oder       ist wohl eher das Gegenteil der Fall:    Alleine zu lachen fällt den meisten
die Rednerin die letzten paar Sei-      Ein aufrichtiges, freies Lachen ist      Menschen etwas schwer, nicht nur

22                                      LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                               23
Trauergruppen und Begleitung, Quellenangaben                                                                                                                                                                                           Rituale in der Trauer

Trauergruppen und Begleitung
                                                                                                                                  Trauerrituale sind Rituale des Übergangs. Sie machen das einschneidende Erlebnis begreifbarer und kennzeichnen den
                                                                                                                                  Abschluss eines wichtigen Kapitels im eigenen Leben. Sie unterstützen Trauernde darin, mit ihren Gefühlen in Kontakt zu
                                                                                                                                  kommen und diese auszuleben. Trauer muss gelebt werden, denn sie ist heilsam. In unserer Serie stellen wir Ihnen nach und
                                                                                                                                  nach einige dieser Trauerrituale vor.

Hospiz St. Martin · Jahnstraße 44-46 · 70597 Stuttgart Tel.: 0711 · 652 90 70 · www.hospiz-st-martin.de

Hospiz Stuttgart · Stafflenbergstraße 22 · 70184 Stuttgart Tel.: 0711 · 237 41 50 · www.hospiz-stuttgart.de
Einzelgespräche und -begleitung, Gesprächsgruppen
                                                                                                                                  Der Wunschbaum
                                                                                                                                  W                                                               W
                                                                                                                                                 unschbäume gibt es in vielen Kulturen.                   enn all Ihre Wünsche notiert sind, rollen Sie die Zet-
Hospizgruppe Leinfelden-Echterdingen                                                                                                             Oft sind sie Bestandteile alter Traditionen:             tel oder Blätter zu kleinen Röllchen zusammen. An-
Barbara Stumpf-Rühle Tel.: 754 17 33 ∙ Gudrun Erchinger Tel.: 756 05 14 ∙ Elfriede Wieland Tel.: 754 13 41                                       Menschen suchen solche Bäume regelmä-            schließend verschließen Sie die einzelnen Röllchen mit einer
                                                                                                                                                 ßig auf, um dort einen Wunsch rituell auf        Schnur. Bitte achten Sie darauf, eine biologisch abbaubare
                                                                                                                                  den Weg zu bringen oder um die Erfüllung von bestehenden        Schnur zu verwenden, kein Plastikgeschenkband oder ähn-
Hospizdienst Leonberg · Seestraße 84 · 71229 Leonberg                                                                             Wünschen voranzubringen.                                        liches. Schneiden Sie die Enden der Schnur nicht zu kurz
Tel.: 07152 · 335 52 04 · www.hospiz-leonberg.de
                                                                                                                                                                                                  ab: Sie brauchen diese, um die Röllchen später an Ihren
                                                                                                                                  Was diese Traditionen gemeinsam haben: einen großen             Wunschbaum zu binden.
                                                                                                                                  Respekt vor der Magie der Bäume. Bäume werden als
Hospizdienst Ostfildern · Café für Trauernde Treffpunkt Ruit · Scharnhauser Straße 14 · 73760 Ostfildern-Ruit                     Vermittler zwischen Himmel und Erde, zwischen der See-          Vielleicht kennen Sie „Ihren“ Baum schon eine Weile.
Tel.: 0711 · 341 53 36 oder Tel.: 0711 · 616 099 Gesprächskreis & Gesprächsgruppe für Trauernde
                                                                                                                                  le der Menschen und ihrem göttlichen Ursprung gesehen.          Vielleicht suchen Sie sich jetzt erst einen aus.

Hospiz Esslingen · Keplerstraße 40 · 73730 Esslingen · Tel.: 0711 · 13 63 20 12 · www.hospiz-esslingen.de                         Das Wünschen wiederum                                                                         Worauf Sie achten sollten:
Einzelbegleitung, Trauergruppen (donnerstags), Trauercafé (einmal im Monat, sonntags)                                             gehört zu unserem Leben, es                                                                   Geschickt ist es, wenn der
                                                                                                                                  ist ein kaum wegzudenkender                                                                   Baum Äste hat, die Richtung
                                                                                                                                  Begleiter. Wir wünschen uns                                                                   Boden wachsen oder die Sie
Verwaiste Eltern · Hubertus Busch · Seelsorger im Olgäle · Tel.: 0711 · 278 73 860                                                für uns selbst und für andere,                                                                zumindest vom Boden aus gut
Vermittlung, Trauergruppen für Eltern, die ein Kind verloren haben                                                                dass sich Dinge gut entwi-                                                                    erreichen können. Denn die
                                                                                                                                  ckeln, dass wir von Schmerz                                                                   wenigsten Leute können sich
                                                                                                                                  und Leid verschont bleiben                                                                    auf Trauerrituale gut einlassen,
Arbeitskreis Leben · Römerstraße 32 · 70180 Stuttgart Tel.: 0711 · 60 06 20 · www.ak-leben.de                                     und dass Herbeigesehntes                                                                      während sie sich gerade an ei-
Einzel-, Paar- und Familiengespräche für Menschen, die einen Angehörigen durch Suizid verloren haben                              eintreten möge.                                                                               nem Stamm festklammern.

                                                                                                                                  Wunschbäume lassen sich auch für Rituale des Trauerns           Nur wenn Sie entspannt sind, sind Sie ganz bei Ihrem

Quellenangaben
                                                                                                                                  nutzen. Dann geht es in erster Linie um Wünsche, die in         Thema, bei Ihren Wünschen. Trauerweiden an Flüssen
                                                                                                                                  irgendeiner Verbindung mit diesem Tod stehen. Vielleicht        oder Bachläufen sind gut geeignet. Dann befestigen Sie die
                                                                                                                                  wünscht man sich etwas für sich selbst oder für andere          Röllchen am Baum: Sie schmücken ihn mit ihren Wün-
                                                                                                                                  Menschen, die mit dem Verstorbenen in Verbindung ste-           schen für sich und für andere.
Die Quellen der Bilder werden seitenweise angegeben, innerhalb der Seite jeweils von links nach rechts und von oben nach unten.   hen. Sie können beispielsweise den Trauernden oder sich
                                                                                                                                  selbst ein Lächeln wünschen, einen Sonnentag, eine schö-
Umschlag: alles Adobe Stock / Fotolia                                                                                             ne Begegnung mit anderen Menschen. Wünsche sind so
Seite 3: Lange Photography                                               Seite 16 & 17: alles privat                              vielfältig!
Seite 4 & 5: alles privat                                                Seite 18: Fotolia, privat
Seite 7: Adobe Stock                                                     Seite 19: Christopher Koch                               Natürlich dürfen Sie auf diesem Weg auch dem Verstorbe-
Seite 8 & 9: Adobe Stock, Adobe Stock                                    Seite 20 & 21: Dumont, Lange Photography                 nen selbst Wünsche zukommen lassen. Notieren Sie Ihren                                               Patricia Bäuerle hat
Seite 11: Adobe Stock                                                    Seite 23: Adobe Stock                                    Wunsch oder die Wünsche auf Zetteln. Sie können auch                                                 eine Ausbildung als
Seite 12 & 13: alles privat                                              Seite 25: Adobe Stock, Lange Photography                 größere Laubblätter verwenden, die Sie in der Natur ge-                                              Trauerbegleiterin
Seite 14 & 15: alles privat                                              Seite 26 & 27: Adobe Stock                               sammelt haben. Die sollten dann allerdings nicht zu trocken                                          und betreut die Haller-
                                                                                                                                  sein, weil sie später noch gerollt werde. Solche Laubblätter                                         Filiale in Stuttgart-
                                                                                                                                  lassen sich mit einem wasserfesten Stift gut beschriften.                                            Rot.
Inhaltliche Beratung: Heiko Hauger · Texte, falls nicht anders angegeben: Andrea Maria Haller

 24                                            LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                     LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                  25
Die Kunst des Hoffens                                                                                                 Hoffnung jenseits der Grenzen                                   Hoffnung für die Seele
Veranstaltungskalender für Trauernde                                                                                  Donnerstag, 11. April 2019, 16 Uhr                              Donnerstag, 26. September 2019, 17:30 Uhr
                                                                                                                      Stay Stiftung, Stuttgart-West                                   Vortrag im Bestattungshaus Haller,
                                                                                                                      Kosten: Eine Spende wird zwar nicht erwartet,                   Stuttgart-Degerloch Kosten: 12 Euro
                                                                                                                      ermöglicht aber die Arbeit.                                     Nanni Glück, Coach und Referentin zum Thema
                                        Diese Worte von Hilde Domin laden ein zur Hoffnung. Nicht zur Hoff-
                                                                                                                      Benjamin Wolf berichtet über die von ihm gegründete             Humor in der Trauer, gibt Einblicke in die moderne
Nicht müde werden                       nung, dass sich eine Vorstellung erfüllt oder dass etwas Vertrautes wieder-
                                        kehrt. Sondern dazu, sich mit Hoffnung für Neues und Unerwartbares zu
                                                                                                                      Stay Stiftung.                                                  Forschung der Positiven Psychologie und erzählt,
                                                                                                                      Die Stay Stiftung fördert soziale Unternehmer in                wie Humor und Lachen auch in der Trauer helfen
sondern dem Wunder                      öffnen.
                                                                                                                      Afrika. Sie schickt keine Entwicklungshelfer oder               können.
                                                                                                                      Ärzte in arme Länder, sondern ermöglicht Hilfe
leise wie einem Vogel                   Mit unserem Kulturprogramm für 2019 möchten wir gemeinsam mit Ihnen
                                                                                                                      zur Selbsthilfe. Sie gibt ortsansässigen, motivierten
                                        unsere Hände den Wundern hinhalten, die im Verborgenen liegen.
                                                                                                                      Sozialunternehmern all das an die Hand, was diese
die Hand hinhalten                                                                                                    brauchen, um erfolgreich zu sein.
                                        Die Veranstaltungen sind offen für alle, die ein Säckchen Tränen in ihrer
Hilde Domin                             Seele tragen.
                                                                                                                                                                                      Hoffnung in der Literatur
                                                                                                                                                                                      Mittwoch, 23. Oktober 2019, 15 Uhr
                                                                                                                                                                                      Lesung im Bestattungshaus Haller,
                                                                                                                      Hoffnung in der Politik                                         Stuttgart-Degerloch
                                                                                                                      Donnerstag, 9. Mai 2019, 17 Uhr                                 Ein Spaziergang durch eine Vielfalt von Texten, die
                                                                                                                      Landtag, Stuttgart-Mitte                                        helfen können, verborgene Freude zu entdecken.
 Anmeldung                                                                Bitte senden Sie diese Anmeldung an:        Landtagsdirektor Berthold Frieß führt uns durch den             Mit Ulrika Bohnet, Edith Hämmerlin, Andrea Haller
                                                                                                                                                                                      und Dr. Axel Schwaigert.
                                                                          Bestattungshaus Haller                      Landtag und erzählt, wo er Samen der Hoffnung im
€€Hoffnung jenseits der Grenzen   €€Hoffnung für die Seele                                                            politischen Leben sieht.
                                                                          Obere Weinsteige 23, 70597 Stuttgart
€€Hoffnung in der Politik         €€Hoffnung in der Literatur
                                                                          oder per Fax: 0711 · 72 20 95 22
€€Hoffnung in der Kunst           €€Hoffnung und Spiritualität            oder an kultur@bestattungshaus-haller.de

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                                                                                                                                                                                      Hoffnung und Spiritualität
Vorname:                                                                                                              Hoffnung in der Kunst                                           Dienstag, 19. November 2019, 15 Uhr
                                                                                                                      Mittwoch, 19. Juni 2019, 17 Uhr                                 Russisch-Orthodoxe Kirche auf dem Pragfriedhof
Straße:
                                                                                                                      Staatsgalerie Stuttgart, Kosten: 12 Euro                        Kosten: Eine Spende wird zwar nicht erwartet, erfreut
Postleitzahl: 		                                                                                                      Der Kunsthistoriker Markus Golser spricht über bild-            aber die Seele.
                                                                                                                      liche Darstellungen der Hoffnung in der Kunst und               Der Priester Johannes Kaßberger spricht über die
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26                                   LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                                                                                   LebensZeiten ∙ Ausgabe 22                                              27
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