Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks

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Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
MAGAZIN 3 · JULI 2021     CHF 8.–

                                      Walter De Maria.
                                     The 2000 Sculpture
                                           Seite 10

                                     Earth Talks      Seite 16

                                    Die Sammlung Bührle:
                                       Wir sind bereit!
                                           Seite 20
Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
Wir freuen uns auf Ihre Einlieferungen
für unseren kommenden Auktionen.

Blick in die Ausstellung der Juni-Auktion 2021.

Koller Auktionen · Hardturmstrasse 102 · 8031 Zürich
Tel. +41 44 445 63 63 · office@kollerauktionen.ch      www.kollerauktionen.ch
Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
EDITORIAL                                                 3

                          Liebe Mitglieder der
                          Zürcher Kunstgesellschaft
                          Auch im Kunsthaus freuen wir uns auf die neue Präsidentin Anne Keller Dubach und
                          gratulieren zu ihrer Wahl bei der erstmals schriftlich durchgeführten Generalversamm-
                          lung: In diesem Magazin stellt sie sich Ihnen vor. An dieser Stelle mein Dank an die
                          vielen Personen, die im und für das Kunsthaus diese organisatorische Hürde genommen
                          haben, und Ihnen, dass Sie unseren Anliegen wohlwollend zugestimmt haben! Unser
                          und mein herzlicher Dank gilt unserem langjährigen Präsidenten Walter B. Kielholz für
                          seine ausgezeichnete ehrenamtliche Tätigkeit und für sein grossartiges und durchaus
                          zeitaufwendiges Engagement, nicht zuletzt bei der Realisierung der Kunsthaus-Erweite-
                          rung. Wir bringen für Sie einen Rückblick auf die zwei Jahrzehnte von Walter B. Kielholz
                          an unserer Seite im nächsten Magazin.
                              Liebe Mitglieder: Wir haben uns gefreut, dass der Chipperfield-Bau von so vielen
                          Menschen in kurzer Zeit besucht und besichtigt wurde und dass die Reaktionen so positiv
                          sind. Auch für uns war die gelungene Preview mit der eindrucksvollen Klanginstallation
                          von William Forsythe ein wichtiger Moment, bevor wir das Gebäude nun gleichsam
                          vollenden, indem die Kunst Einzug hält und wir das Ganze mit Ihnen zusammen im Herbst
                          eröffnen. Alles läuft nach Plan, und obwohl wir alle Hände voll zu tun haben, ist das
                          Kunsthaus vom Elan getragen, den Sie uns in den letzten Wochen mit auf den Weg gege-
                          ben haben. Nicht nur hunderte Kunstwerke werden dann präsentiert, auch die vielen
                          Informationsmöglichkeiten werden vorbereitet – die Wandtexte, der umfassende Audio­
                          guide, ein Digitorial, das Digital-Lab und die wichtigen Dokumentationen – auch jene
                          zur Sammlung Emil Bührle. Und natürlich laufen die Vorbereitungen in der Kunsthaus-Bar
                          und dem neuen Shop ebenfalls auf Hochtouren und im Zeitplan. Wir sind nun tatsächlich
                          drauf und dran, das Kunsthaus als Ganzes neu zu präsentieren und zu positionieren,
                          und vielleicht nutzen Sie schon jetzt die Gelegenheit, sich die vielen neuen und überra-
                          schenden Säle im bestehenden Haus anzusehen.
                                                                  Der Garten der Kunst wird mit ersten Veranstal­
                                                             tungen im Sommer eingeweiht und mit ihm die spezielle
                                                             Gartenarchitektur: Das «Rondell» ist ein Geschenk der
                                                             neuen Präsidentin.
                                                                 Last but not least freuen wir uns, dass der Vorstand
                                                             der Kunstgesellschaft Christoph Stuehn, seit Mai 2018
                                                             Mitglied unserer Geschäftsleitung, zum Vizedirektor
                                                             des Kunsthauses ernannt hat.
                                                                 Seien Sie, auch im Namen aller Mitarbeiterinnen
                                                             und Mitarbeiter des Kunsthauses, herzlich gegrüsst.

                                                          Ihr Christoph Becker

Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich
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           WIR PFLEGEN NOCH DIE KUNST
           DER DISKRETEN UND KOMPETENTEN
           OBJEKTVERMITTLUNG.                                        www.fsp.immo
                                                                     044 915 46 00
           FEINE SCHWEIZER IMMOBILIEN

    Featured Artists:
    Peter Bauhuis

                        Featured
                        Featured Artist:
                                 Artist: Nicole
                                         Nicole Schuste
                                                Schuste

    www.foc.ch
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GALERIE KORNFELD • BERN
                                                  KENNERSCHAFT UND TRADITION SEIT 1864
© 2021, ProLitteris, Zurich

                              GEORGES BRAQUE
                              Verre et Bouteille (FOURRURES). 1913
                              Kohle, Holzmaserpapier und Zeitung, collagiert. 48 × 62 cm
                              Romilly 193. La Roche 47. Auktion September 2021

    AUKTIONEN 16. UND 17. SEPTEMBER 2021
    KUNST DES 19. BIS 20. JAHRHUNDERTS
    GRAPHIK ALTER MEISTER                                                                                    Galerie Kornfeld
                                                                                                             Auktionen AG
                                                                                                             Laupenstrasse 41
    AUKTIONSAUSSTELLUNGEN
                                                                                                             Postfach
    ZÜRICH                               Ausgewählte Werke, 31. August bis 2. September, täglich 12–19 Uhr   CH-3001 Bern

    BERN                                 Sämtliche Werke, 9. bis 15. September, täglich 10–18 Uhr            Tel. +41 (0)31 381 46 73
                                                                                                             galerie@kornfeld.ch
    Kataloge online und auf Bestellung ab Mitte August erhältlich                                            www.kornfeld.ch
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6                                                                           GUT ZU WISSEN

                                                                                   SHOP

                                                                                   70 Meister­werke
                                                                                   Wir sind schon alle gespannt auf die Eröffnung der Erweiterung
                                                                                   und die Kunst, die darin zu sehen sein wird. Mehr als bloss ein
                                                                                   kleiner Vorgeschmack bietet das soeben erschienene Buch
                                                                                   «Die Sammlung Emil Bührle – 70 Meister­werke». Sie gewinnen
                                                                                   damit einen Überblick der schönsten und bedeutendsten Werke
                                                                                   der Sammlung, die schon bald im Kunsthaus beheimatet sein
                                                                                   wird. Wenn Sie es lieber etwas ausführlicher haben, empfehlen
                                                                                   wir Ihnen den umfang­reicheren Band
                                                                                   «Die Sammlung Emil Bührle – Geschichte,
                                                                                   Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke».

                                                                                   «Die Sammlung Emil Bührle – 70 Meister­
                                                                 EDIT ION
    Foto © Florian Kalotay                            SPE ZIA L-                   werke»; CHF 29.– / Mitglieder CHF 26.– /
    Werk: Marc Chagall, Le coucher du soleil, 1974         N U R F ÜR              Mitglieder PLUS und Kunstfreunde CHF 23.–
                                                                    DER
    © 2021, ProLitteris, Zurich                          MITGL IE
                                                                                   «Die Sammlung Emil Bührle – Geschichte,
                                                                                   Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke»;
    MITGLIEDER                                                                     CHF 58.– / Mitglieder CHF 52.– / Mitglieder PLUS

    Auf den Spuren
                                                                                   und Kunstfreunde CHF 47.–

    von Marc Chagall                                                                                                  MITGLIEDER

                                                                                                                      Preview Eröffnung
    Vom Fraumünster – übers Kunsthaus – in die Kronenhalle
    Lernen Sie an diesem 90-minütigen Rundgang mit Kerstin Bitar die
                                                                                                                      Chipperfield-Bau
    faszinierende Kunst von Marc Chagall (1887–1985) kennen. Der                                                      Do 8. Oktober 2021, von 12 bis 20 Uhr
    Rundgang beginnt im Fraumünster und endet, als Spezial-Edition,                                                   Erleben Sie bei dieser exklusiven
    mit einer kulinarischen Erfrischung an einem Ort, an dem sich                                                     Vorbesichtigung den neuen Chipper-
                                                                                                                      field-Bau erstmals in seiner ganzen
    Marc Chagall in seiner Zeit in Zürich besonders gerne aufhielt: in
                                                                                                                      Fülle: mit den Sammlungen (Emil
    der Kronenhalle. Im Fraumünster wird Ihnen die Leuchtkraft der                                                    Bührle, Merzbacher, Looser und
    Farben in Chagalls Glasfenstern nähergebracht. In der Sammlung                                                    Kunsthaus) und der ersten Wechsel-
    des Kunsthauses erleben Sie seine ausdrucksstarken Bilder im                                                      ausstellung «Earth Beats». Auch
    Museum. In der Kronenhalle treffen Sie auf vier weitere Meister-                                                  die neue Kunsthaus-Bar, der Shop und
    werke von Marc Chagall in aussergewöhnlichem Ambiente.                                                            der Garten laden unsere Mitglieder
                                                                                                                      an diesem Tag erstmals zum Flanieren
    Daten: Do 7.10. / Sa 16.10. / So 24.10.2021; Dauer: 14.30 bis ca. 17 Uhr. Beginn im                               und Entdecken ein.
    Fraumünster – Ende in der Kronenhalle; Treffpunkt: Haupteingang Fraumünster
    (Seite Paradeplatz); Kosten: CHF 45.–, inkl. Kaffee / Tee mit Kuchen bzw. Mousse au                                   Weitere Informationen ab August
    Chocolat oder 1 Glas Champagner mit Mandeln (bezahlbar in der Kronenhalle);                           S AV E          auf www.kunsthaus.ch
                                                                                                                 E!
    Anmeldung unter: info@kunsthaus.ch.                                                                T HE DAT           sowie im September-Magazin.

              KULTURNEWS
                                                                                                                                                      Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich

              Miteinander für die
              Chipperfield-Bar
              Anfang Mai hat die Stiftung Zürcher Kunsthaus ein bekanntes
              und erfolgreiches Gastro-Kollektiv aus Zürich als Betreiberin
              für die Kunsthaus-Bar gewählt. Aus der Ausschreibung
              und dem Evaluationsprozess ging die Miteinander GmbH als
              Siegerin hervor. Projekte umfassen u. a. Frau Gerolds Garten,
              den Weihnachtsmarkt auf dem Sechseläuten-Platz, das Seebad
              Enge und die Restaurants Gartenhof, Maison Manesse und
              Smith & Smith. Wir gratulieren und wünschen viel Erfolg.
Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
GUT ZU WISSEN                                          7

                                                                                           KULTURNEWS

                                                                                           Der Kunsthaus-
                                                                                           Maskenball
                                                                                           1921 führte die Zürcher Kunst­
                                                                                           gesellschaft erstmals einen
Gerhard Richter, Acht Lernschwestern, 1966
Öl auf Leinwand, 8-teilig, Bild je 95 × 70 cm, Werkverzeichnis 130                         Maskenball durch, der sich in
Kunsthaus Zürich, Dauerleihgabe der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde. Geschenkt von        den folgenden Jahren zu einem
Hans B. Wyss und Brigitte Wyss-Sponagel, © 2021 Gerhard Richter                            Höhepunkt der Zürcher Ball­
                                                                                           saison entwickelte. Nun erscheint
                                                                                           im Verlag Hier und Jetzt eine
                                                                                           Publikation dazu. Autorin Regula
                                                                                           Schmid hat sich auf Spurensuche
OBJEKT DER BEGIERDE                                                                        begeben und Plakate, Menü­

Acht Lernschwestern
                                                                                           karten, Fotos und vieles mehr
                                                                                           ausgegraben. Auf eine kurze
                                                                                           Einführung folgt ein ausführlicher
                                                                                           Bildteil mit Erklärungen, die
Mit grosser Freude durfte die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde ein                         durch die vielfältigen Dokumente
Hauptwerk von Gerhard Richter als Geschenk von Hans B. Wyss                                zum Ball führen. Ein spannendes
                                                                                           Stück Gesellschaftsgeschichte
und Brigitte Wyss-Sponagel entgegennehmen. Das mehrteilige Gemälde
                                                                                           zum 100-Jahr-Jubiläum. Und
«Acht Lernschwestern» (1966) wird ab Oktober 2021 in die Erweiterung                       in der Zwischenzeit freuen wir
des Kunsthaus Zürich einziehen.                                                            uns auf unseren nächsten Ball im
     Acht Frauengesichter, alle ungefähr gleich alt, ähnlich frisiert,                     Kunsthaus, voraussichtlich
lächelnd. Die Bildquelle verweist auf ein alles andere als erfreuliches                    Anfang 2022.
Ereignis, den Zeitungsbericht über einen Serienkiller-Fall von 1966 in                     www.hierundjetzt.ch
Chicago, der es bis in die deutschsprachige Presse schaffte. Das Gemälde
ist Zeugnis und Kommentar zu einem Paradigmenwechsel in der
Medienlandschaft der 1960er, wo auch ein Krieg (Vietnam) erstmals live
im Wohnzimmer verfolgt werden konnte und Sensationsgeschichten
rund um gewöhnliche Menschen mehr und mehr die Boulevardzeitungen
füllten.
     «Acht Lernschwestern» ist ein bedeutendes frühes Werk von Gerhard
Richter, eines der ganz wenigen, die überhaupt noch für ein Museum
erreichbar sind. Umso dankbarer ist das Kunsthaus für die grosszügige
Geste von Hans B. Wyss und Brigitte Wyss-Sponagel: Mit ihrer Schenkung
erfüllt sich ein jahrzehntelanger Wunsch des Kunsthauses, ein grosses
Werk von Gerhard Richter in die Sammlung aufnehmen zu können und
damit endlich eine Lücke zu schliessen. Die Kunsthaus-Erweiterung, die
ihren Schwerpunkt auf die Kunst ab 1960 legt, ist dafür wie geschaffen.

                                                                                         Carl Moos, Plakat für den Kunsthaus-
                                                                                         Maskenball im Baur au Lac, 1922
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8   Ins_KhM_89x122_09022021             Seite 1
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                                                         7 . B I E N N A L E K u LT u R O R T W E I E R TA L
                                                                   VORÜBER_GEHEND
                                                              IDyllE uND KÜNstlIcHKEIt
                                                               27. Mai - 12. September 2021 · Do - Sa 14 - 18h, So 11 - 17h

      Jenseits aller Regeln –
      Das Phänomen
      Aussenseiterkunst
       Bis 19. Dezember 2021                                                                              Visualisierung Andrea G. Corciulo

                                                               Judith Albert, Remo Albert Alig & Marionna Fontana
      Kunstmuseum Thurgau                                    Selina Baumann, Reto Boller, Alex Dorici, Marianne Engel
                                                                    Sonja Feldmeier, Andrea Giuseppe Corciulo
      Kartause Ittingen                                           Katharina Henking, huber.huber, Isabelle Krieg
       www.kunstmuseum.ch                                         Pascal Kohtz, Carmen Müller, Zilla Leutenegger
       1. Mai bis 30. September                                Roman Signer, Sandro Steudler, Olga Titus, Not Vital
       täglich 11–18 Uhr
       1. Oktober bis 30. April
       Montag bis Freitag 14 –17 Uhr                          Kurator Luciano Fasciati · www.skulpturen-biennale.ch
       Samstag, Sonntag und
       allgemeine Feiertage 11–17 Uhr
                                                               Kulturort Weiertal · Rumstalstr. 55, 8408 Winterthur

                                                                Ein echter
                                                                Baur
                                                                 baurmetallbau.ch
Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
PRELÚDIO
MIRELA CABRAL

                NEUEROFFNUNG
                GALERIA KOGAN AMARO
                  RAMISTRASSE, 35
                       CH-8001 ZURICH

                17. SEPTEMBER 2021
                Vernissage 16:00-21:00 Uhr
                Dachterrasse Apéro 18:00-21:00 Uhr

NKENDA
AFROINDÍGENA
JOSAFÁ NEVES
Walter De Maria. The 2000 Sculpture Die Sammlung Bührle: Wir sind bereit! - Earth Talks
11
      27. August – 20. Februar 2022
      KURATORIN Mirjam Varadinis

WALTER
  DE
MARIA
The 2000 Sculpture

 Walter De Marias «The 2000
     Sculpture» ist eine der
 grössten Bodenskulpturen im
    Innenraum. Sie entstand
1992 auf Einladung von Harald
   Szeemann für den grossen
Ausstellungssaal im Kunsthaus
  Zürich. Nach über 20 Jahren
   wird sie wieder ausgestellt.
12                                                       AUSSTELLUNGEN

 Auch wenn schon 1992 vereinbart wurde, dass die                 mit den spezifischen Raum- und Lichtverhältnissen
 Arbeit erneut von Ende 1999 bis ins Jahr 2000 gezeigt           vor Ort auseinandergesetzt. Was heute als völlig
 würde, leitet sich der Titel nicht von der Jahreszahl           normal gilt, war damals ungewöhnlich. Harald Szee-
 2000 ab – wie das vielleicht einige vermuten. Die               mann beschrieb dies als eine «neue Qualität heutiger
 Arbeit heisst vielmehr so, weil sie aus insgesamt               Skulptur (. . .), die nicht mehr Objekt sein soll, son-
 2000 weissen Gipsbarren von je 50 cm Länge und                  dern den Umraum prägendes, erfüllendes Subjekt».
 18 cm Höhe besteht. Die einzelnen Elemente sind                 Es sind aber nicht nur räumliche Verhältnisse, die
 trotz ihrer einheitlichen Grösse verschieden und                das Werk und den Künstler mit dem Kunsthaus ver-
 weisen fünf, sieben oder neun Seiten auf. Sie werden            binden. Der künstlerische Entstehungsprozess da-
 auf einer Fläche von 500 Quadratmetern ausgelegt,               mals wäre nicht möglich gewesen ohne die Unter-
 in insgesamt 20 Reihen à 100 Barren. Die Anordnung              stützung durch die Kunstsammler Thomas und
 folgt einem spezifischen Rhythmus: 5–7–9–7–5–5–7–               Cristina Bechtler, den damaligen Direktor Felix Bau-
 9–7–5. So ergibt sich eine Art Fischgrätenmuster, und           mann und natürlich den Kurator Harald Szeemann.
 je nachdem wo sich die Besucher befinden, scheinen              2001 schliesslich erhielt Walter De Maria als Erster
 sich die Barren auf sie zu oder von ihnen wegzube-              den Roswitha Haftmann-Preis für sein Lebenswerk.
 wegen. Überhaupt ist die Bewegung der Betrachte-                   Wir freuen uns daher sehr, nach über 20 Jahren
 rinnen und Betrachter grundlegend für die Erfahrung             «The 2000 Sculpture» erstmals wieder zeigen zu
 des Werkes. Denn was auf den ersten Blick geschlos-             können. Die Präsentation findet parallel zur Eröff-
 sen und monumental wirkt, entwickelt mit der                    nung des Erweiterungsbaus von David Chipperfield
 Bewegung im Raum eine Fülle von visuellen Eindrü-               statt und bietet eine Oase der Ruhe, Stille und Schön-
 cken. Es entsteht eine Dynamik zwischen Zickzack-               heit – etwas, das gerade in unseren hektischen Zeiten
 linie und Diagonale sowie eine Spannung zwischen                guttut.
 durchschaubarer, mathematischer Gesetzmässigkeit
 und der individuellen Wahrnehmung der Betrachte-                Unterstützt von Albers & Co AG und der Boston
 rinnen und Betrachter.                                          Consulting Group.

             LICHT, RAUM UND MUSIK
 «The 2000 Sculpture» vereint vieles, was schon in
 früheren Arbeiten von Walter De Maria grundlegend
 war: Die Auseinandersetzung mit mathematischen
 Grundformen, dem Licht, der Weite und dem Raum.
 Gerade das Licht spielt in «The 2000 Sculpture»
 eine ganz entscheidende Rolle. Je nach Wetter oder
 Tageszeit verändert sich das Werk, und es entstehen
 endlose Variationen von Weissschattierungen, Bre-
 chungen und Linien. Ursprünglich wurde das Werk
 auch ganz ohne Kunstlicht, nur bis zum Eindunkeln
 gezeigt. «The 2000 Sculpture» hat aber auch viel mit
 Rhythmus zu tun. In der 1999 zur Ausstellung er-
 schienenen Publikation wurde die Skulptur als «rie-
 sengrosse Partitur mit sichtbaren ‹Takten›» be-
 schrieben. Musik spielte in Walter De Marias Werk
 und Leben denn auch eine wichtige Rolle. Lange war
 er sich nicht klar, ob er Musiker oder Künstler wer-
 den sollte. Als klassisch ausgebildeter Drummer
 spielte er in der legendären Band «The Velvet Under-
 ground» um Lou Reed und komponierte «The
 Cricket Music» (1964) und «The Ocean Music»
 (1968). Schliesslich verband er beides in seiner
 Arbeit als Künstler.

       FÜR DAS KUNSTHAUS ERSCHAFFEN
 Ein wichtiger Aspekt von «The 2000 Sculpture» ist
 ihre Ortsspezifität. Das Werk ist für das Kunsthaus
 entstanden, und der Künstler hat sich dafür intensiv
AUSSTELLUNGEN   13

Walter De Maria, The 2000 Sculpture, 1992
Gips und Hydrocal
Walter A. Bechtler Stiftung,
Fotos: Nic Tenwiggenhorn, Düsseldorf,
© Estate of Walter De Maria
14                                                                               ANZEIGEN

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                                                                                                                                                                                   10.7.2021 – 16.1.2022

     20.03.2021 – 29.08.2021
     GROUPS AND SPOTS
     ZEITGENÖSSISCHE KUNST
     BEI DER BALOISE
     VERLÄNGERT – 29.08.2021
     FRANZ GERTSCH
     GRÄSER
     INTERIEUR – EXTERIEUR
     DIE KWS-SAMMLUNG ZU GAST
     Museum Franz Gertsch
                                               Sara Cwynar, «Tracy (Cézanne)»
     Platanenstrasse 3, CH - 3400 Burgdorf     [Detail], 2017 Thermodruck auf
     T + 41 (0)34 421 40 20                    Aluminium auf Dibond / Dye sublima-
                                               tion print on aluminium mounted on
     Di – Fr 10 –18 Uhr | Sa / So 10 –17 Uhr   Dibond, 109.2 ×137.2 cm, Sammlung
     www. museum - franzgertsch.ch             Baloise Group © Sara Cwynar
                                                                                                      Hermann Scherer, 1893 – 1927, Der Maler (Detail), um 1925, Privatbesitz

                                                                                                                                                          12.6. – 26. 9. 2021
                                                                                                                                                          Schweizer Skulptur
                                                                                                                                                          seit 1945

                                                                                                                                                      *Aargauer Kunsthaus
                                                                                                                                                          Aargauerplatz CH–5001 Aarau
                                                                                                                                                          Di – So 10 –17 Uhr Do 10 – 20 Uhr
                                                                                                                                                          www.aargauerkunsthaus.ch

                                                                                                                                                          Jean Tinguely, Niki de Saint Phalle
                                                                                                                                                          Le Cyclop – La Tête, 1970
                                                                                                                                                          Museum Tinguely, Basel. Ein Kulturengagement von Roche.
                                                                                                                                                          Donation Niki de Saint Phalle
                                                                                                                                                          © Niki Charitable Art Foundation / 2021, ProLitteris, Zürich
                                                                                                                                                          Foto: Christian Baur
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                           a n t i q u a r i a t
           peter petrej

                           an- und verkauf von seltenen
                           büchern, gemälden, plakaten und
                           ganzen bibliotheken.
                           regelmässig versenden wir einen                                     ERINNERUNGEN
                           newsletter mit den neueingängen.                                    17. - 19. September 2021
            sonneggstrasse 29, 8006 zürich
                                                                                               Küsnacht
            tel. 044 251 36 08 oder 079 422 81 11
            www.buch-antiquariat.ch
            info@buch-antiquariat.ch                                                                                     www.klassikfestival.ch

                                                                                                   HIER KÖNNTE
                                                                                                   IHR INSERAT
                                                                                                   STEHEN!
                                                                                                   Schon ab CHF 510.–
                                                                                                   Kontakt: kunsthaus@fachmedien.ch
                                                                                                   www.fachmedien.ch

                                                                                                                             Bettwäsche & Keramik

                 Schöne und                                                                                                       Estelle Gassmann
                                                                                                                            Atelier & Werkstattladen

                seltene Bücher                                                                                                        Neugasse 145b
                                                                                                                                         8005 Zürich
                                                                                                                                      076 423 98 63
                                                                                                                                    essen@esteller.ch

                                                                                                                                      Do/Fr 11–19 h

                                                                                                                            www.estellegassmann.ch
               Oberdorfstrasse 10, 8001 Zürich, www.finebooks.ch, 043 222 4 888
                      Dienstag bis Freitag 11.30–18 h, Samstag 11–16 h

210413_KHZ_Fine Books.indd 1                                                      13.04.21 16:44
16                                          VERANSTALTUNGEN

                                                                             sches Plädoyer zum Schutz der Erde und
                                                                             ihrer Ressourcen für zukünftige Genera-
                                                                             tionen zu verstehen.
                                                                                An einer aussergewöhnlichen Location
                                                                             unter freiem Himmel – dem neuen Garten

     EARTH
                                                                             der Kunst – bieten die «Earth Talks» die
                                                                             Möglichkeit, über dringende ökologische
                                                                             Fragen mit Neugier, Mut und Lust auf die
                                                                             Zukunft in ungewohnten Konstellationen
                                                                             zu debattieren – das schafft neue Formen

     TALKS
                                                                             des Wissens! Zudem bietet das Programm
                                                                             eine Verzahnung von Kunst und gesell-
                                                                             schaftlich relevanter Themen.

                                                                                       PODIUMSGESPRÄCHE
                                                                             Die eine Hälfte der Veranstaltungen ist als
                                                                             Panel-Format angelegt. Expertinnen und
                                                                             Experten eines Gebiets treffen auf solche
                                                                             eines anderen Feldes; Personen, die sich
                                                                             im normalen Tagesgeschäft eher weniger
                                                                             begegnen würden. Den Auftakt der Reihe
                                                                             macht ein Podiumsgespräch, das den Blick
                                                                             auf globale Zusammenhänge wirft. Die
                                                                             eingeladenen Gäste von «Was auf dem

 Veranstaltungsreihe                                                         Spiel steht» diskutieren über Fragen wie:
                                                                             Können wissenschaftliche Erkenntnisse

 über Umweltfragen
                                                                             zur Umsetzung ökologischer Massnah-
                                                                             men auf politischer Ebene führen? Wo
                                                                             liegen erfolgsversprechende Innovatio-
                                                                             nen? Welche Bedeutung spielt die interna-
 19. August – 23. September 2021                                             tionale Vernetzung, und wie lassen sich
 KURATORINNEN Sandra Gianfreda und Cathérine Hug                             Prozesse angesichts der Dringlichkeit be-
                                                                             schleunigen? Mit dabei ist Bestseller-Autor
                                                                             Philipp Blom aus Wien sowie Grundlagen-
                                                                             forscher, politische Vertreter und eine
                                                                             junge Klimaschutzaktivistin.
                                                                                Das zweite Panel fokussiert auf die klei-
                                 «Earth Talks» ist ein interdisziplinäres    nen Dinge des Alltags. So gut wie alle Be-
                                 Veranstaltungsprogramm, das im Vorfeld      reiche des täglichen Lebens sind direkt
                                 der Ausstellung «Earth Beats – Naturbild    oder indirekt für Umweltschäden verant-
                                 im Wandel» (ab 9. Oktober) stattfindet.     wortlich. Die Bekleidungsindustrie etwa
                                 Beide zeichnen die Auseinandersetzung       verursacht mehr Emissionen als Flüge und
                                 mit der Natur vor dem Hintergrund des       Schifffahrt zusammen. Und die Produk-
                                 Bewusstseins für ihre Schönheit und Fra-    tion von einem Kilogramm Rindfleisch
                                 gilität und ihrer Bedrohung durch die       belastet das Klima so stark wie 250 Kilo-
                                 Menschen nach. Mit dem in der Natur         meter Autofahrt. Aber es gibt inzwischen
                                 genauso wie im urbanen Raum ablesbaren      viele innovative, alternative Konsumgüter,
                                 Klimawandel wird ein hochaktuelles          die im Aufwind sind, da ein Umdenken
                                 Thema aufgegriffen, das sich bestens als    sowohl bei Produzenten wie auch Abneh-
                                 anregendes Publikumsereignis anlässlich     mer Einzug hält. Das Gespräch «Green
                                 der Eröffnung des Erweiterungsbaus eig-     Living» soll zeigen, dass jede und jeder viel
                                 net. In dessen Planung und Realisierung     für eine bessere Klimabilanz beitragen
                                 sind die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft   kann.
                                 eingeflossen. Genauso wie die Ausstellung      Dem Thema der intelligenten Natur
                                 ist das Rahmenprogramm als künstleri-       und des indigenen Wissens widmet sich
17

                                                   1

                                                           2

1   Green Living, 2021
Foto © Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

2  William Anders, Erster von Menschen
gesehener Erdaufgang, Apollo 8, Dezember 1968
Chromogener Vintage-Druck auf faserbasiertem
Kodak-Papier, 20,3 × 25,4 cm
© William Anders, NASA AS8-14-2383

3   Zwei Mitarbeiter des American Stock Exchange
tragen volle Coronavirus-Schutzkleidung,
17. April 2020, © PatSaza

                                                       3
18
 ein weiterer unserer «Earth Talks».
 Bäume, Pflanzen, Pilze, Insekten und
 Tiere – sie alle kommunizieren miteinan-
 der und haben im Laufe der Evolution
 gelernt, symbiotisch miteinander zu
 leben. Indigene Völker haben dieses
 Wissen nie vernachlässigt, im Gegensatz
 zu den Menschen der Industrieländer. Die
 Podiumsteilnehmerinnen und -teilneh-
 mer, darunter Andreas Weber, Autor von
 «Indigenialität» (2018), tauschen sich
 über das Potenzial dieses wiederentdeck-
 ten Erfahrungsschatzes aus.
    Die vierte Podiumsveranstaltung fo-
 kussiert auf ökonomische Zusammen-
 hänge. Wirtschaftskrisen ziehen wieder-
 kehrend unsere global vernetzte Welt in
 Mitleidenschaft: 1929, 1973, 2008 und
 jüngst 2020 sind Jahre, die wir mit Krisen
 assoziieren. Statt über düstere Szenarien
 diskutieren hier Aymo Brunetti, Walter
 Kielholz, Christin Severin und Maximilian
 Stern über konkrete Erfahrungen und
 Lösungsansätze.

            KLIMA-QUARTETT                                 4
 Zu einem eigenen Gespräch eingeladen ist
 die norwegische Bestsellerautorin Maja
 Lunde. Mit ihrem ersten Roman «Die Ge-
 schichte der Bienen» (2015) sorgte sie
 weltweit für Furore. Er war von Anfang an
 als Teil von vier Büchern zum Thema Um-                 ESSBARE STADT
 welt konzipiert. Im Gespräch mit Gesa        Der Koch-Event «Essbare Stadt» von
 Schneider, Leiterin des Literaturhauses      Maurice Maggi sensibilisiert uns für die
 Zürich, wird Lunde über die Hinter- und      wildwachsende Natur in der Stadt. Maggi,
 Beweggründe ihres «Klima-Quartetts»          der seit 1984 mit wilden Saaten über-
 sprechen. Passagen aus ihren Romanen         raschend das Stadtbild von Zürich verän-
 werden auf Deutsch vorgelesen.               dert und Autor mehrerer Kochbücher ist,
                                              nimmt uns mit auf eine Entdeckungstour
     EXPERIMENTELLE KLANGWELTEN               rund ums Kunsthaus, um wilde und ess-
 Die unter anderem von Barbara Bleisch        bare Pflanzen zu sammeln. Ein temporä-
 und Stefan Zweifel moderierte Gesprächs-     rer «Naschgarten» wurde eigens von ihm
 reihe wird aufgelockert durch sinnliche      im Miró-Innenhof angelegt. Nach dem
 Veranstaltungen. «Oszilot» ist eine Mi-      Stadtspaziergang wird das gesammelte
 schung aus Soundinstallation und Musik-      Gut zu einem schmackhaften Abendessen
 Performance, welche «oszillierende» und      zubereitet.
 pendelnde Alltagsgegenstände und Natur-
 objekte zum Erklingen bringt. Diese Wel-     Weitere Veranstaltungen sowie Details
 ten von Luc Gut und Rolf Hellat bauen        unter www.kunsthaus.ch/besuch-planen/
 sich langsam und dennoch mit grosser         ausstellungen/earthbeats.
 Spannung auf, ihr Spektrum reicht von
 uns bekannten Naturgeräuschen bis zu         Mit Unterstützung der D&K Dubach
 noch nie dagewesenen synthetischen           Keller-Stiftung sowie der Dr. Georg und
 Klängen.                                     Josi Guggenheim-Stiftung.
                                                                                         6
VERANSTALTUNGEN                                             19

        4   Maurice Maggi mit seinem «Naschgarten»
        im Miró-Innenhof, Kunsthaus Zürich, 2021
        Foto © Sandra Gianfreda
        Werk: Joan Miró, Oiseaux qui s’envolent, 1971/72,
        © Successió Miró / 2021, ProLitteris, Zurich

        5   Garten der Kunst, Foto © Kunsthaus Zürich,
        Franca Candrian

        6   Videostill aus Ursula Biemanns «The Forest
        as a Field of Mind», 2021
        Video, Farbe, Ton, 16 : 9
        Courtesy the artist, © Ursula Biemann

    5
Wir sind bereit!
Noch vor den Sommerferien hat die Sammlung Emil Bührle ihre
Räume in der Kunsthaus-Erweiterung bezogen. Nebst der
Präsentation von über 170 Meisterwerken lebt mit ihr die Erinne-
rungskultur am Heimplatz auf. Lukas Gloor, Konservator der
Sammlung Emil Bührle, und Kunsthaus-Direktor Christoph Becker
beantworten Fragen rund um diese vielbeachtete Kooperation.
DIE FRAGEN STELLTE Björn Quellenberg
ERWEITERUNG                                                            21
                                                                                                       GLOOR Emil Bührle war die treibende Kraft hin-
                                                                                                    ter dem Bau eines Ausstellungstrakts (des oft nach
                                                                                                    den Architekten benannten Pfister-Baus), der lange
                                                                                                    geplant, aber zunächst aus Geldmangel und – wäh-
                                                                                                    rend und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg
                                                                                                    – aus Mangel an Baumaterial nicht realisiert wurde.
                                                                                                    Später finanzierte Bührle das Gebäude in mehreren
                                                                                                    Schritten, erlebte aber die Eröffnung 1958 nicht
                                                                                                    mehr. Doch wurde der Trakt mit einer Ausstellung
                                                                                                    seiner Sammlung eröffnet. Ein zweites Mal wurde
                                                                                                    die Sammlung dort 2010 gezeigt, im Hinblick auf die
                                            Warum ist die Sammlung Emil Bührle                      Volksabstimmung zur Kunsthaus-Erweiterung.
                                            jetzt im Kunsthaus?
                                                BECKER Die Sammlung Emil Bührle ist eine der        War von Emil Bührle erworbene Kunst
                                            weltweit wichtigsten Kunstsammlungen aus dem            bereits im Kunsthaus?
                                            20. Jahrhundert. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem             GLOOR Ja, seit Jahrzehnten. Bührle hat das Höl-
                                            französischen Impressionismus (Cézanne, Monet,          lentor von Auguste Rodin und zwei grosse Seerosen-
                                            Gauguin, van Gogh) und der Klassischen Moderne          bilder von Claude Monet dem Kunsthaus geschenkt.
                                            (Braque, Picasso). Diese Kunst stand am Anfang der      Er war auch oft Leihgeber für Ausstellungen, die im
                                            modernen Malerei und findet noch immer das Inte-        Kunsthaus stattfanden.
                                            resse eines breiten Publikums. Das Kunsthaus erhält
                                            mit der Sammlung Emil Bührle im internationalen         Warum ist der Leihvertrag zwischen dem
                                            Vergleich eine neue Stellung.                           Kunsthaus und der Sammlung Emil Bührle
                                                GLOOR Die Sammlung umfasst 203 Werke. Das           nicht öffentlich?
                                            ist ein Drittel der von Emil Bührle (1890 –1956) hin-      BECKER Solche Verträge sind immer vertrau-
                                            terlassenen Werke. Bei der Gründung der Stiftung        lich. Das gilt auch für andere (Dauer-)Leihgaben
                                            Sammlung E.G. Bührle sind die übrigen Werke in          ans Kunsthaus, wie die privaten Sammlungen von
                                            Privatbesitz verblieben.                                Werner Merzbacher und Hubert Looser oder die
                                                                                                    Sammlung der Alberto Giacometti-Stiftung.
                                            Warum hat Emil Bührle die Stiftung                         Für das Kunsthaus wurde der Vertrag von der
                                            gegründet?                                              Zürcher Kunstgesellschaft geschlossen. In ihrem
                                               GLOOR Die Stiftung wurde nicht von ihm, son-         Vorstand haben Stadt und Kanton Zürich Einsitz.
                                            dern erst 1960, vier Jahre nach seinem Tod, von der     Deren Vertreter haben sichergestellt, dass die Inte-
                                            Witwe und den beiden Kindern gegründet. Ihr Zweck       ressen der Öffentlichkeit gewahrt werden.
                                            ist es, die ihr aus dem Nachlass von Emil Bührle           Die wichtigsten Vertragspunkte sind der Öffent-
                                            übertragenen Kunstwerke zu bewahren und der             lichkeit vor der Volksabstimmung über den städti-
                                            Öffentlichkeit zugänglich zu machen.                    schen Beitrag an den Erweiterungsbau 2012 bekannt
                                                                                                    gegeben worden: Inhalt und Umfang sowie Zugäng-
                                            Können die Kunstwerke der Stiftung                      lichkeit der Sammlung, Dauer der Leihgabe.
                                            Sammlung E.G. Bührle verkauft werden?
                                               GLOOR Nein, diese Werke sind unveräusserli-          Kostet die Sammlung Emil Bührle
                                            ches Eigentum der Stiftung. Im Fall von deren Auf-      das Kunsthaus mehr, als sie einbringt?
                                            lösung müssten sie einer öffentlichen Sammlung            GLOOR Nein. Das Kunsthaus bezahlt keine Leih-
                                            übertragen werden.                                      gebühren. Es trägt aber die Kosten für Sicherheit,
                                                                                                    Unterhalt und inhaltliche Vermittlung der Werke
                                            Bestanden schon früher Beziehungen                      nach dem gleichen Standard, der für die Werke der
                                            zwischen Emil Bührle und dem Kunsthaus                  eigenen Sammlung gilt.
                                            Zürich?
Fotos © Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

                                               BECKER Ja. Emil Bührle trat 1927 als einfaches
                                            Mitglied der Zürcher Kunstgesellschaft bei. 1940
                                            wurde er Mitglied der Sammlungskommission, da er
                                            mit ersten Kunstkäufen auf sich aufmerksam ge-
                                            macht hatte. 1944 wurde er Mitglied im Vorstand,
                                            1953 wurde er zum Vizepräsidenten gewählt.
22                                                      ERWEITERUNG

 Als Publikumsmagnet wird die Sammlung Emil
 Bührle dem Kunsthaus Einnahmen aus Eintritten
 und aus dem Verkauf von Waren mit Motiven der
 Sammlung bringen.

 Hat sich das Kunsthaus Zürich durch
 Beiträge von Bührle-Seite an die Erweite-
 rung kaufen lassen?
    BECKER Das Kunsthaus hat sich mit Blick auf
 die Qualität der Sammlung dazu entschlossen, ihr
 Raum im Erweiterungsbau zur Verfügung zu stellen.
    Dass sich die Nachkommen Emil Bührles (nicht
 die Stiftung, die über keine eigenen Mittel verfügt)
 bereit erklärt haben, im Kreis der 130 Donatorinnen
 und Donatoren einen namhaften Beitrag an die Bau-
 kosten der Kunsthaus-Erweiterung zu stiften, war
 ein von der Überlassung der Sammlung unabhängi-
 ger Entscheid und ein Geschenk ans Kunsthaus. Der
 Beitrag zog keinerlei Sonderbehandlung oder Zu-
 satzvereinbarung zugunsten der Stifter nach sich.

 Kann die Sammlung Emil Bührle das
 Kunsthaus wieder verlassen?
    GLOOR Nicht ohne Weiteres. Der Vertrag von
 2012 ist auf Dauer angelegt; eine Trennung wäre
 frühestens 2034 möglich. Der Vertrag verlängert sich
 dann automatisch, wenn nicht eine Kündigung er-
 folgt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Jahre.
    BECKER Verträge müssen aus juristischen
 Gründen grundsätzlich befristet sein, sonst verstos-
 sen sie gegen das Gebot der übermässigen Bindung.
 Der Vertrag zwischen der Sammlung Emil Bührle
 und dem Kunsthaus Zürich ist aber auch aus einem
 andren Grund befristet: Museen sind «gebaute
 Generationenverträge» (W. Grasskamp). Wir kön-
 nen unmöglich wissen, welche Kunst für kommende
 Generationen wichtig ist und welche nicht. Das
 Kunsthaus muss also davor geschützt werden,
 Kunstwerke auf ewig zeigen zu müssen.

 Wer ist zukünftiger Kurator der Sammlung
 Emil Bührle?
    GLOOR Im Kunsthaus unterliegt die Sammlung
 der Zuständigkeit des Sammlungskurators, der seine
 Aufgabe in Absprache mit der Bührle-Stiftung wahr-
 nimmt.

 Wie sieht das Beziehungsgeflecht zwischen
 Kunstgesellschaft und Bührle-Stiftung aus?
     GLOOR Die beiden Institutionen sind jeweils im
 Vorstand bzw. im Stiftungsrat der anderen vertreten.
 Diese Verbindung liegt im beiderseitigen Interesse.
Sollte sich das Kunsthaus von Bührle                  Die Entstehung der Sammlung Bührle im
distanzieren?                                         historischen Kontext» (2020) von Professor
   BECKER Nein. Emil Bührle gehörte in der            Matthieu Leimgruber?
schwierigen Zeit des Zweiten Weltkriegs und im            BECKER Der Expertenbericht stellt eine will-
anschliessenden Kalten Krieg zur Geschichte der       kommene Untersuchung und Quelle für Informa-
Schweiz und der Stadt Zürich. Er war ein Repräsen-    tionen zu Emil Bührle als Unternehmer und Samm-
tant der damaligen Wirtschaftselite. Diese Ge-        ler sowie über seine unternehmerische Tätigkeit und
schichte und ihre Widersprüche zu verdrängen, in-     seine gesellschaftliche Stellung in der Stadt Zürich
dem man sich von einem wichtigen Akteur distan-       dar. Aus dieser Quelle sowie aus Archiven der Stif-
ziert, ist unehrlich und letztlich auch unmöglich.    tung E.G. Bührle und des Kunsthauses schöpft das
   Der Fokus des Kunsthauses liegt auf der Kunst.     Kunsthaus, wenn es die Dokumentation und Hinter-
Darum soll die von Emil Bührle hinterlassene Samm-    grundinformationen zur Sammlung und zu Emil
lung gerade hier auch gezeigt werden. Die Sammlung    Bührle als Unternehmer und als Persönlichkeit des
wegzuschliessen, hiesse Erinnerung zu unterdrü-       öffentlichen Lebens im 2. Obergeschoss der Kunst-
cken.                                                 haus-Erweiterung präsentiert.
   Indem das Kunsthaus die Ausstellung der Samm-
lung Emil Bührle auch dazu nutzt, an die histori-     Wie sieht die Dokumentation zur
schen Umstände ihrer Entstehung zu erinnern, leis-    Bührle-Kontextualisierung in der Kunst-
tet es einen aktiven Beitrag zur Erinnerungskultur.   haus-Erweiterung aus?
Das Kunsthaus steht auch dazu, dem Unternehmer           GLOOR Die Dokumentation ist Teil eines kura-
und Mäzen Emil Bührle viel zu verdanken – die heu-    torischen Konzepts. Sie wird von Kunsthaus-Direk-
tige Identität des Kunsthaus Zürich wäre ohne die     tor Christoph Becker verantwortet und von einem
unzähligen Ausstellungen nicht denkbar, die seit      Team um Sammlungskonservator Philippe Büttner
über sechzig Jahren in dem von Bührle gestifteten     umgesetzt.
Saalgebäude stattgefunden haben.                         BECKER Redaktionell sind die Direktion, in-
                                                      terne Mitarbeitende aus den Bereichen Kommuni­
Wie steht das Kunsthaus zum Forschungs­               kation, Provenienzforschung, Sammlung und Aus-
bericht «Krieg, Kapital und Kunsthaus.                stellungen sowie externe Fachleute (Medienprofis,
24                                                          ERWEITERUNG

 Juristen, Historiker) als informelles Soundingboard      Publikationen wie der Bergier-Bericht von 2001,
 involviert – darunter der Leiter der jüngsten histori-   das 2015 erschienene «Schwarzbuch Bührle», der
 schen Studie, Prof. Matthieu Leimgruber, auf dessen      Forschungsbericht von Prof. Leimgruber sowie die
 Ergebnisse sich die Dokumentation weitgehend             Geschichte der Sammlung Emil Bührle, die von Lukas
 stützt.                                                  Gloor verfasst und vom Schweizerischen Institut
    Die Dokumentation wird in einem zentralen             für Kunstwissenschaft SIK-ISEA im Juni herausge-
 Raum von rund 90 m2 vorgestellt. Sie wird überdies       geben worden ist, werden ebenso beigezogen wie die
 auf weitere Medien und Vermittlungsformen hinwei-        zahlreichen Artikel, Aufsätze, Kataloge und weitere
 sen, darunter ein Digitorial, das online auch von        Publikationen, die in den vergangenen Jahrzehnten
 zuhause aus konsultiert werden kann, und einen           zum Thema erschienen sind.
 Audioguide zu Werken der Sammlung Bührle. Er
 greift beispielhaft Fälle von Raubkunst und Restitu-     Stehen Werke der Sammlung Emil Bührle
 tion heraus, behandelt aber auch andere Aspekte der      unter «Fluchtgut»-Verdacht?
 Provenienzgeschichte und verlängert die Dokumen-            GLOOR Es gibt Werke in der Sammlung, die nach
 tation in die Ausstellung hinein. Ausserdem werden       der NS-Machtübernahme in Deutschland 1933 von
 regelmässig Führungen mit wechselnden Schwer-            ihren Eigentümern in der Emigration verkauft wur-
 punkten zur Entstehung der Sammlung Bührle an-           den. Naheliegenderweise war gerade die Schweiz für
 geboten. Nicht zuletzt kann auch auf die Website der     viele Emigranten die erste Anlaufstelle, umso mehr
 Stiftung mit ausführlichen Angaben zur Provenienz        als es hier keine staatlich angeordnete oder sanktio-
 der einzelnen Werke hingewiesen werden.                  nierte Beraubung jüdischer Flüchtlinge gab.
                                                             Die Frage wurde gründlich geprüft, wobei sich die
 Wie objektiv wird die Bührle-Kontextuali-                Bührle-Stiftung auf die Definition gestützt hat, die
 sierung in der Kunsthaus-Erweiterung sein?               im Bergier-Bericht erstmals formuliert wurde. Ihr
    BECKER Die Dokumentation wird den Stan-               entsprechen nach heutigem Wissen vier Werke im
 dards von wissenschaftlicher Unabhängigkeit und          Bestand der Sammlung Emil Bührle. Bührle hat sie
 Unvoreingenommenheit entsprechen.                        während des Krieges nicht von den Vorbesitzern
ERWEITERUNG                                                              25
                                                       nisse dieser Forschung sind seit Jahren vollständig
                                                       auf der Website der Stiftung öffentlich zugänglich
                                                       und werden laufend aktualisiert.
                                                          Die 13 am Ende des Zweiten Weltkriegs bei Emil
                                                       Bührle identifizierten Raubkunstwerke wurden 1948
                                                       alle restituiert, neun davon wurden nach der Resti-
                                                       tution bis 1951 von Emil Bührle wieder zurückge-
                                                       kauft.
                                                          Nach heutigem Stand des Wissens besteht bei
                                                       keinem der Werke in der Sammlung Emil Bührle
                                                       Verdacht auf eine problematische Provenienz.
erworben, sondern im Schweizer Kunsthandel. Es
gibt keine Hinweise, dass die Verkäufe zum Nachteil    Dann werden auch Leihgaben aus
der Vorbesitzer erfolgten.                             der Sammlung Bührle weiter hinaus in die
   Bei einer Anzahl weiterer Werke, die vor Mai 1945   Welt gehen?
gekauft wurden, kann entweder ausgeschlossen wer-          GLOOR Ja, bis zu zehn Prozent der Werke aus der
den, dass sie «Fluchtgut» waren, oder es erlaubt der   Sammlung Emil Bührle können an Dritte ausgeliehen
heutige Kenntnisstand nicht festzustellen, ob sie in   werden. Mit dieser Beschränkung soll sichergestellt
die «Fluchtgut»-Kategorie gemäss Bergier fallen.       werden, dass Besucherinnen und Besucher, die für
Sollten sich in Zukunft zusätzliche Erkenntnisse       die Sammlung ins Kunsthaus kommen, das ganze
ergeben, wird die Situation neu zu beurteilen sein.    Spektrum von den Meisterwerken des Impressionis-
                                                       mus, der Alten Meister und der Klassischen Moderne
Wer ist zukünftig für weitere Provenienz­              immer nahezu vollständig vorfinden und geniessen
forschung der Sammlung Emil Bührle                     können.
zuständig?                                                 BECKER In Fachkreisen ist bereits bekannt, dass
   BECKER Der Beauftragte für Provenienzfor-           das Kunsthaus nach Paris nun die grösste Samm-
schung im Kunsthaus Zürich, Joachim Sieber, wird       lung Französischer Malerei und Impressionismus in
die Verantwortung für das Archiv der Stiftung Samm-    Europa beherbergt. Entsprechend viele Leihgesuche
lung E.G. Bührle übernehmen. Er wird auch Fragen       gehen bei uns ein. Im Tausch können wir herausra-
im Zusammenhang mit Provenienzen von Werken            gende Werke aus anderen Museen ausleihen und
der Sammlung Emil Bührle beantworten.                  damit die Qualität unserer wechselnden Ausstellun-
                                                       gen weiter erhöhen. Die Kooperation zwischen der
Wird das Archiv der Sammlung Emil Bührle               Stiftung Sammlung Emil Bührle und dem Kunsthaus
der Forschung zugänglich gemacht?                      ist für alle Beteiligten in Zürich und das internatio-
  GLOOR Das Bührle-Archiv wird ab Oktober 2021         nale Publikum ein grosser Gewinn.
in der Kunsthaus-Bibliothek genauso zugänglich sein
wie das Archiv der Zürcher Kunstgesellschaft.

Wird das Kunsthaus Werke der Sammlung
Emil Bührle restituieren?
   BECKER Nein, darüber entscheidet allein die
Stiftung, der die Werke weiterhin gehören. Ansprü-
che dieser Art müssten direkt mit der Stiftung ver-
handelt werden.

Wird die Bührle-Stiftung Werke der
Sammlung Emil Bührle restituieren, wenn
sich herausstellt, dass sie im Zweiten
Weltkrieg aus jüdischem Besitz entwendet
wurden?
  GLOOR Der Entscheid liegt bei der Stiftung, und
er wird von Fall zu Fall aufgrund der konkreten Um-
stände beurteilt werden.
   Die Sammlung Emil Bührle ist weltweit eine der
besterforschten Sammlungen ihrer Art. Die Ergeb-
26                                                     ANZEIGEN

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MUSÉE
CANTONAL                                                                                                                   aum

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Les espaces
de projection
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                       © Atelier für Videokonservierung, Berne

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                                                                                                                                                           FA M I LY O F F I C E

                                                                                                              VERTRAUEN UNS

18.6.2021–
                                                                                                              IHR IMMOBILIEN-
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12.9.2021    mcba.ch                                                                                                                                 itengroup.ch
28                                                                INTERN

 Die etwas
 andere Wahl!
 Das Wichtigste in Kürze
 TEXT Björn Quellenberg

             Gestützt auf Art. 27 Abs. 1 lit. a der Covid-19-Verord-
             nung 3 fand die für den 31. Mai 2021 angesetzte 126.
             Generalversammlung der Zürcher Kunstgesellschaft
             (ZKG) auf schriftlichem Weg statt. Stimmberechtigt
             waren alle Mitglieder, deren Jahresbeitrag bis zum
             19. April auf dem Konto der ZKG eingegangen war.
             Gesamthaft wurden 20 522 Stimmzettel verschickt.
             Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 31 Prozent, denn
             die Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers
             von Walter B. Kielholz hatte viele Mitglieder zur
             Teilnahme motiviert. Bis Freitag, 28. Mai, dem Ende
             der Rücklauffrist, gingen 4906 Couverts ein. Sie wur-
             den registriert und geprüft. Die am Auszählungspro-
             zess teilnehmenden Personen hatten vorher eine
             Geheimhaltungsverpflichtung unterzeichnet. Das
             Total der gültigen Stimmzettel betrug 6362. Gemäss
             Statuten fasst die Generalversammlung ihre Be-                Anne Keller
                                                                           Dubach
             schlüsse mit einfachem Mehr. Dieses lag folglich bei
             3182 Stimmen.
                Auf Anne Keller Dubach entfielen 4308 Stimmen
             (67,7 %), auf Florian Schmidt-Gabain 1648 (25,9 %).
             Somit ist Anne Keller Dubach die erste Präsidentin            Die Präsidentin skizziert
             in der über 200-jährigen Geschichte der Zürcher
             Kunstgesellschaft.
                                                                           erste Ideen
                Mit überwältigender Mehrheit wurden der Jahres-
             bericht und die Jahresrechnung 2020 genehmigt.
             Deutliche Zustimmung mit genau 5200 Stimmen gab               Was für ein Privileg, dass ich das Kunsthaus als Prä-
             es auch für eine Erhöhung der Mitgliederbeiträge ab           sidentin der Kunstgesellschaft in eine neue Ära füh-
             dem Jahr 2022. Mit einem ähnlich grossen Ja-Anteil            ren darf – gemeinsam mit dem Team, der Direktion,
             der Stimmen wurde Ben Weinberg erneut in den                  dem Vorstand und Ihnen, liebe Mitglieder. Herzli-
             Vorstand gewählt und der scheidende Präsident                 chen Dank für Ihr Vertrauen. Ich freue mich sehr.
             Walter B. Kielholz mit der Ehrenmitgliedschaft aus-
             gezeichnet.                                                                MEHR ALS EIN MUSEUM
                Nachdem der unabhängige Stimmenzähler Dr.                  Im Mai haben wir einen Vorgeschmack bekommen,
             Christoph Reinhardt das Ergebnis der Auszählung               als der Erweiterungsbau seine Türen für vier Wochen
             am 31. Mai übermittelt hat, konnte der Vorstand               öffnete und die beeindruckende Intervention des
             diesen Beschluss am selben Abend einstimmig fest-             Choreografen William Forsythe eine neue Epoche
             stellen. Die anwesenden Revisorinnen bestätigten              einläutete. Man konnte ahnen, was für ein enormes
             die Richtigkeit. Am 1. Juli hat Anne Keller Dubach das        Potenzial in dem heute schon bedeutenden Museum
             Amt von Walter B. Kielholz übernommen.                        steckt. In Zukunft wird das Kunsthaus Zürich mehr
INTERN                                                                        29

                                    sein als ein Museum – ein lebendiger öffentlicher        Wir wollen inspirieren dank Kooperationen, Inter-
                                    Raum, der eine Kultur des Dialogs fördert; aber auch     ventionen und spannenden Formaten und zum
                                    ein Ort der Begegnung, des Genusses und der Inspi-       Treffpunkt werden, an dem Gastfreundschaft gelebt
                                    ration. Das Kunsthaus Zürich wird die grösste Kunst-     wird. Im Fokus bleiben Kunst und Kultur, Bildung
                                    institution der Schweiz sein – und Zürich definitiv      und Vermittlung, die in der Wissensgesellschaft des
                                    noch attraktiver machen.                                 21. Jahrhunderts partizipativ, inklusiv und digital
                                                                                             gestaltet werden müssen. Aber vor allem soll sich das
                                        KUNSTHAUS-ERWEITERUNG ERFORDERT                      Kunsthaus Zürich durch Relevanz, Haltung und Mei-
                                               NEUPOSITIONIERUNG                             nung auszeichnen, als differenzierte und eigenstän-
                                    Die Zürcher Kunstgesellschaft ist mit bald 23 000        dige Stimme mitten in der Gesellschaft.
                                    Mitgliedern nach der Tate in London der grösste
                                    Kunstverein Europas. Schon das verdeutlicht die
                                    mögliche Dynamik eines neuen Kunsthaus Zürich;
                                    neu in puncto Dimension und doch seiner Tradition
                                    verbunden. Denn alles was wir anpacken, baut auf
                                    der Historie der Kunstgesellschaft seit 1787 auf. Und
                                    insbesondere auf den enormen Leistungen der letz-
                                    ten zehn Jahre, die eine Neupositionierung des
                                    Kunsthaus Zürich überhaupt erst ermöglichen, ja,
                                    einfordern. Ein Bauprojekt dieser Grössenordnung
                                    – neben dem laufenden Museumsbetrieb – umzuset-
                                    zen, verdient höchsten Respekt. Und grossen Dank
                                    für viel Courage, Energie und Stamina.

                                          VORSTAND UND DIREKTION IM TEAM
                                    Die Voraussetzungen sind also geschaffen, die Hülle
                                    ist da, die Pläne skizziert. Jetzt zieht endlich Kunst
                                    ein, die Räume finden ihre Bestimmung, die Vor-
                                    freude ist gross. Und wir haben die einmalige Chance,
                                    die Persönlichkeit des neuen Kunsthaus Zürich zu
                                    prägen, und – als eine der Hauptaufgaben des Präsi-
                                    diums und des Vorstandes – die strategische Ausrich-
                                    tung festzulegen in Zusammenarbeit mit den Teams
                                    und der Direktion. Apropos Direktion: Bereits 2019
                                    hatte die Zürcher Kunstgesellschaft kommuniziert,
                                    mit der Eröffnung des Erweiterungsbaus des Kunst-
                                    hauses einen Führungswechsel vornehmen und das                                    Anne Keller verfügt über breite internationale
                                    Museum einer neuen Direktion anvertrauen zu wol-                                  Führungserfahrung und Kompetenz in den Bereichen
                                    len. Und ich bin optimistisch, dass wir eine hochqua-                             Kunst, Kultur und Kommunikation. Sie ist seit
                                                                                                                      dreissig Jahren in renommierten Unternehmen sowie
                                    lifizierte und inspirierende Persönlichkeit gewinnen                              kulturellen Institutionen engagiert und hat deren
                                    können, die frische Impulse und spannende Perspek-                                Positionierung nachhaltig geprägt, u. a. war sie
                                    tiven einbringen wird.
                                                                                                                      2000 – 2020	Leiterin Kunst- und
                                                                                                                                   Kultur-Engagement, Swiss Re
                                                EIGENSTÄNDIGE STIMME
                                                                                                                      2009 – 2020	Mitglied/Vizepräsidentin
                                           IN DER MITTE DER GESELLSCHAFT                                                           des Verwaltungsrates
                                                                                                                                   Schauspielhaus Zürich
                                    Per 1. Juli habe ich das Präsidium übernommen und
                                                                                                                      2006 – 2020	Präsidentin Schweizerisches
                                    zunächst geht es vor allem ums Zuhören, Verstehen                                              Institut für Kunstwissenschaft
                                    und Einordnen, um Visionen und Ideen im Dialog zu                                 2006 – 2015	Mitglied Stiftungsrat
                                                                                                                                   Fotomuseum Winterthur
                                    konkretisieren. Das Kunsthaus ist mehr als ein Mu-
Foto © Florian Kalotay / 13 Photo

                                                                                                                      1995 – 2000	Managerin Kunst- und
                                    seum und bleibt doch ein Haus der Kunst. In diesem                                             Kultur-Engagement, Credit Suisse
                                    Sinne wollen wir das Profil stärken, das Programm
                                    noch strategischer ausrichten und eine inhaltliche                                Anne Keller studierte Allgemeine Geschichte
                                                                                                                      und Literatur an der Universität Zürich und absolvierte
                                    Themenführerschaft übernehmen, die den Diskurs                                    ein Executive Management Training an der Stanford
                                    zu relevanten, gesellschaftspolitischen Fragen sucht.                             University.
30                                      BIBLIOTHEK

                                                                        wenn persönliche Besuche und Telefonge-
                                                                        spräche, die manchmal erwähnt werden,
                                                                        die Vollständigkeit der Überlieferung ein-
                                                                        schränken, so waren doch Telegramme,
                                                                        Briefe und Postkarten die hauptsächlichen
                                                                        Kommunikationsmittel. Die kontinuier­
                                                                        liche Dokumentation der gesamten Kor-
                                                                        respondenz ermöglicht es, einzelne Vor-
                                                                        gänge wie zum Beispiel Ausstellungs­
                                                                        projekte, Verkäufe aus Ausstellungen,
                                                                        Kaufangebote und Ankäufe für die Samm-
                                                                        lung, Deposita von Sammlern und vieles
                                                                        mehr von Anfang bis Ende nachzuvollzie-
                                                                        hen. Da die Korrespondenzpartner (meis-

 Eine authentische
                                                                        tens Männer) zu den bedeutendsten
                                                                        Künstlern, Händlern, Sammlern und
                                                                        Kunsthistorikern dieser Zeit zählen, sind

 und vollständige
                                                                        die in den Briefkopienbüchern überliefer-
                                                                        ten Informationen nicht nur für das
                                                                        Kunsthaus, sondern für die Erforschung
                                                                        des gesamten Kunstbetriebs jener Zeit

 Chronik                                                                relevant, insbesondere für die Länder
                                                                        Deutschland, Frankreich, Österreich und
                                                                        die Schweiz. Für die Provenienzforschung
                                                                        besonders relevant ist die Korrespondenz
 Digitalisierung und Publikation der                                    aus der Zeit von 1933 bis 1945, der Zeit
                                                                        der nationalsozialistischen Herrschaft in
 Briefkopienbücher im Archiv des Kunst-                                 Deutschland und des Zweiten Weltkriegs,
 hauses aus der Zeit von 1933 bis 1945                                  in der viele Schreiben an Exilanten und
                                                                        verfolgte Personen zu finden sind.
 als Quelle für die Provenienzforschung.                                    Kopienbücher oder «letterpress copy-
                                                                        books» waren in der Zeit zwischen 1850
 TEXT Thomas Rosemann                                                   und 1950 in allen Unternehmen das nor-
                                                                        male Werkzeug, um Kopien der Geschäfts-
                                                                        korrespondenz anzufertigen und zu
                                                                        bewahren. Sie bestehen aus jeweils 500
                                                                        dünnen Blättern durchscheinenden, saug-
                                                                        fähigen Spezialpapiers, ergänzt um Blätter
                                                                        mit einem Alphabet und dazwischenlie-
                                                                        genden Löschblättern. Die zu kopieren-
                                                                        den Briefe und Postkarten, die sowohl
                        Wilhelm Wartmann (1882–1970), der erste         hand- als auch maschinengeschrieben
                        Direktor des Kunsthauses, war von 1909          vorliegen konnten, mussten mit einer Spe-
                        bis 1949 im Amt. Dank seiner sorgfältigen       zialtinte angefertigt werden, die lange
                        und strukturierten Aktenablage sind die         feucht blieb. Nur so war es möglich, die
                        schriftlichen Dokumente aus seiner Amts-        fertigen Schriftstücke in das Kopienbuch
                        zeit fast vollständig überliefert. Die Brief-   einzulegen und durch Druck und Feuch-
                        kopienbücher, in denen alle ausgehenden         tigkeit auf die dünnen Blätter im Buch zu
                        Schreiben des Kunsthauses komplett ent-         übertragen. Der Abdruck im Kopienbuch
                        halten sind, bieten mit ihren handge-           ist spiegelverkehrt, lesbar werden die ko-
                        schriebenen Empfängerregistern einen            pierten Dokumente auf der Rückseite
                        vorzüglichen Zugang zum gesamten Ar-            dank des durchscheinenden Papiers. In
                        chiv während dieser Zeit und machen alle        das Alphabet im Anhang wurde abschlies-
                        Vorgänge relativ leicht auffindbar. Auch        send von Hand das Empfängerregister für
BIBLIOTHEK                                                            31

den vollen Band eingetragen. Da die losen                1  Einband Briefkopierbuch Ausstellungen,
                                                         Band 54 (09.12.1932 – 21.04.1933); Archiv ZKG/KHZ
Briefblätter und anderen Dokumente nach
und nach chronologisch in einen gebun-                   2   Handgeschriebenes Empfängerregister Brief­
                                                         kopierbuch, Band 54, Buchstabe «K»; Archiv ZKG/KHZ
denen Band übertragen wurden, konnten
sie nicht mehr verloren gehen und auch                   3   Kopie eines Briefs von Wilhelm Wartmann
                                                         an Max Kaganovitch, 27.1.1933; Archiv ZKG/KHZ
nicht ohne Spuren entnommen werden.
Kopienbücher sind daher eine vollstän-
dige, authentische Quelle. Die leeren
Bände konnten als gebrauchsfertiges In-
dustrieprodukt gekauft werden.
   In einem vom Bundesamt für Kultur
geförderten Projekt werden bis Ende
2022 die Bände aus der Zeit von 1933 bis
1954 gescannt und langzeitarchiviert.
Kopien der Originaldateien werden in
Adobe Lightroom so bearbeitet, dass die
oft stark verblichenen Schriftstücke wie-
der lesbar werden. Die handgeschriebe-
nen Empfängerregister werden für die
Recherche transkribiert. Dabei werden
Abkürzungen aufgelöst und Schreibfeh-
ler korrigiert. Alle 63 Bände werden bis
Projektende sukzessive auf «digital.
kunsthaus.ch» veröffentlicht.

                                                                                        1

           2

                                                                                                              3
32                                                        RESTAURIERUNG

 Wiedergewonnene
 Ursprünglichkeit
 TEXT Tobias Haupt

                                                                                            beiden Gemälden das Ziel der Restaurie-
                                                                                            rung klar – nämlich im Idealfall die speckig
                                                                                            glänzenden Firnisschichten gänzlich zu
                                                                                            entfernen. Begonnen wurde mit Gauguins
                                                                                            «Opfergabe», wobei sich schnell heraus-
                                                                                            stellte, dass bis zur vollständigen Firnisab-
                                                                                            nahme noch einige Hürden aus dem Weg
                                                                                            zu räumen waren.

                                                                                                DIE GROSSE ÜBERRASCHUNG:
                                                                                               FÜR DEN VERKAUF GESCHMINKT
                                                                                            Bei den ersten vorsichtigen Tests zur Fir-
                                                                                            nisabnahme wurde an einer Stelle auch
                                                                                            rote Farbe mit angelöst. Da es sich um eine
                                                                                            originale Farbschicht hätte handeln kön-
                                                                                            nen, wurden die Versuche zur Firnisab-
                                                                                            nahme unterbrochen, um zunächst eine
                                                                                            sorgfältige technologische Untersuchung
                                                                                            am Gemälde durchzuführen.
                                                                                                Unter dem Mikroskop zeigte sich, dass
                                                                                            an vielen Stellen als letzter Farbakzent
                                                                                            eine rote, gelegentlich auch gelbe Lasur
                                                                                            aufgetragen worden war. Davon betroffen
                                                                                            waren vor allem die Hautpartien der bei-
 1
                                                                                            den dargestellten Tahitianerinnen. Eben-
                                                                                            falls gut unter dem Mikroskop erkennbar
                                                                                            war, dass die rötlichen Lasuren erst zu
                                                                                            einem viel späteren Zeitpunkt aufgetragen
 Seit Herbst 2018 wurden – finanziert        van Gogh ins Restaurierungsatelier des         worden waren. Bedenkt man, dass das
 durch die Stiftung Bührle – vier wichtige   Kunsthauses.                                   Gemälde nach dem Tod des Künstlers 53
 Werke der Sammlung Emil Bührle im                                                          Jahre lang unverkauft im Kunsthandel ver-
 Kunsthaus restauriert, um sie im Erweite-           GLÄNZENDE PATIENTEN                    blieb, bis Emil Bührle es 1956 erwarb,
 rungsbau von ihrer besten Seite zeigen zu   Beide Gemälde waren von dicken, stark          scheint die Vermutung naheliegend, dass
 können. Nach dem «Herrenbildnis» von        glänzenden und vergilbten Firnisschich-        der Auftrag von etwas «Rouge» auf die
 Frans Hals und dem Bildnis von Ingres’      ten überzogen, die das Erscheinungsbild        Haut der beiden Südsee-Schönheiten den
 Gattin kamen Ende 2019 «Die Opfergabe»      stark beeinträchtigten, denn sowohl Gau-       Appeal des Bildes für den Verkauf steigern
 (1902) von Paul Gauguin und «Die Seine-     guin als auch van Gogh haben ihre Bilder       sollte. Gestützt wird diese Annahme durch
 Brücken bei Asnières» (1887) von Vincent    in der Regel nicht gefirnisst. Somit war bei   ein Dokument im Archiv eines Kunsthänd-
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