WEIHNACHTEN LITURGIS CH UND SPIRITUELL - FÜR Zuhause - Anregungen aus der römisch-katholischen Kirchengemeinde

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WEIHNACHTEN LITURGIS CH UND SPIRITUELL - FÜR Zuhause - Anregungen aus der römisch-katholischen Kirchengemeinde
WEIHN ACHTEN LIT URGISCH UN D SPIRIT UELL
 FÜR Zuha use –
Anr e gunge n aus der r ö misch-ka tho lischen K irchenge mei nde
 WERTH EIM

Wir nutzen den Wiedererkennungseffekt von „Ostern to go“ im Frühjahr 2020, es gibt auch für
Weihnachten von uns rote Tütchen mit Symbolen für spirituelle und liturgische Momente in der
Weihnachtszeit zu Hause. Volle Kirchen gibt es meist nur noch an Weihnachten. Was bislang Grund
zur Freude war, wird in diesem Jahr zum Problem und darf nicht sein. Wir stellen uns daher pas-
toral vielfältig auf. Es bleibt möglich, nach bewährten und sorgfältigen Hygienekonzepten und Re-
geln auch in kleineren Gruppen auf Abstand miteinander Gottesdienste zu feiern. Dabei ist wichtig:
Weihnachten ist nicht nur am 24. Dezember. Daher gibt es nicht nur ein „Heiligabend to go“ von
uns, sondern Anregungen für die ganze Weihnachtszeit. Dieses Heft schließt mit einer kleinen Tauf-
gedächtnisfeier am offiziellen Ende der Weihnachtszeit mit der Taufe des Herrn am 10. Januar 2021.
Wir sind aber auch zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgefordert und sollten daher nicht in Massen zu
den Gottesdiensten strömen, sondern gut überlegen, wie wir Weihnachten feiern wollen. Mittler-
weile gibt es mehr als nur den Fernsehgottesdienst und livestreams von Gottesdiensten. Es gibt
online-Gottesdienste, bei denen wir nicht nur Zuschauer*in und Konsument*in sind, sondern wirk-
lich Mitwirkende. Es gibt Impulse, Videos und es gibt auch viele schöne Hilfestellungen, zu Hause
allein, mit Partner*in, mit Nachbarn, Freunden, Familie Weihnachten nicht nur mit Geschenken und
Essen zu feiern. Wenn wir Weihnachten wieder mehr soziale Kontakte mit Familien und Freunden
haben, kann das Infektionsgeschehen wieder stärker werden und da ist jede größere Ansammlung
von Menschen nochmals riskanter. Daher raten wir keinesfalls vom Besuch von Gottesdiensten ab,
raten aber dazu, sich gut zu überlegen, wann feiere ich ganz bewusst und mit tiefer Überzeugung
und einem großen Bedürfnis in der Gemeinde Gottesdienst in der Weihnachtszeit.

Denken Sie an vorerkrankte Mitmenschen, denen ihr Besuch oder Telefonat auch als Glaubensge-
spräch genauso wertvoll ist wie ein Kirchbesuch. Mit diesen Anregungen können Sie auch
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gemeinsam mit Freunden und Nachbarn beim hoffentlich möglichen Besuch im Pflegeheim oder
Krankenhaus oder Zuhause einen kleinen Gottesdienst feiern. Weihnachten steckt voller Wunder.
Vielleicht erleben wir wirklich Wunderbares, wenn wir uns bewusst entscheiden für Gottesdienst,
Gebet, Spiritualität im kleinen Kreis, mit den Menschen, die uns brauchen oder mit den Menschen,
die voller Zweifel und Fragen sind, weil sich in diesem Jahr zu viel verändert hat, zu viel fraglich
und unsicher geworden ist.

Weihnachten ist das Fest der Menschwerdung Gottes, machen wir es wie Gott, werden wir Men-
schen mit offenen Herzen, schützenden Händen, ermutigenden Blicken, feiern wir als atmende,
sinnliche, fragende, zweifelnde, suchende und doch zuversichtliche Menschen Weihnachten nicht
nur als Konsumentinnen und Konsumenten.

Sie finden in dieser Zusammenstellung

1. Heiligabend (Symbol: Schokoengel)

 1.1. Ein Corona-Krippenspiel im kleinen Kreis

 1.2. Ein besonderer Abend für mich allein – ein Gottesdienst für die Seele (Schokoengel)

 1.3. A Ceremony of Carols 2020 at home – anglikanisch inspirierter musikalischer Weihnachts-
 gottesdienst

2. Die Weihnachtsfeiertage (Symbol: Streichholz)

 2.1. Segensfeier für das Weihnachtsessen

 2.2. Impuls: Eine weihnachtliche Festrede?

 2.3. Wort-Gottes-Feier: Stephanus, der blutige Störer meiner Weihnachtsidylle

3. Fest der Heiligen Familie: Idee für eine spirituelle Wanderung

4. Jahreswechsel (Symbol: Sternenwerfer und ein Stück Papier)

 4.1. Jahresschlussandacht: Lieber Gott, warum konntest Du 2020 nicht neu starten, und zwar
 ohne Virus?

 4.2. In der Mitte der Nacht, ist der Anfang eines… Gedanken zur Mitternacht

 4.3. Ermutigungen für 2021 – ein Jahr voller Entwicklungsaufgaben

5. Epiphanias / Dreikönigstag (Symbol: Sternenaufkleber)

 5.1. Segensfeier für unser Haus / unsere Wohnung

 5.2. Eine etwas humorvollere Wort-Gottes-Feier für den 6. Januar

6. Feierlicher Abschluss der Weihnachtszeit am 10. Januar mit einer Taufgedächtnisfeier zur Taufe
 des Herrn

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Heiligabend:

Wenn es damals zur Zeit der Geburt Jesu doch auch schon Krankheiten gab, wa-
 rum ist Jesus dann Heiland, aber nicht Arzt geworden?

 Ein kleines Mitmach-Krippenspiel im kleinen Kreis

 EMPFEHLUNG: GEHEN SIE IN DEN RAUM, IN DEM DER CHRISTBAUM UND EINE
 KRIPPE STEHEN. ZÜNDEN SIE RUHIG NOCHMAL ALLE KERZEN DES ADVENTS-
 KRANZES AN. SETZEN SIE SICH AM BESTEN SO, DASS SIE SICH ALLE SEHEN (IM
 KREIS). DAS KRIPPENSPIEL LÄDT ALLE ZUM MITMACHEN EIN. EINE ERWACH-
 SENE PERSON MUSS DIE LEITUNG ÜBERNEHMEN. AM BESTEN PASST DIESES
 KRIPPENSPIEL VOR DER BESCHERUNG.

 Beginn: Letzte Strophe des Liedes „Wir sagen euch an, den lieben Advent“

 EINFÜHRENDE GEDANKEN:

„Gott selber wird kommen, er zögert nicht.“ Gott wird kommen? Ich dachte immer, er ist schon
gekommen? Da, schau in der Krippe, das kleine Kind, da ist doch Gott als Jesus, ein kleines Kind in
der Krippe. Gott ist gekommen. Und doch: Er wird kommen. Das ist gar nicht so leicht zu verstehen.
Wir sind gekommen, zusammengekommen am für viele schönsten Abend im Jahr. Wir sind gekom-
men, um zu feiern, um Geschenke zu bekommen und zu verschenken, weil Gott schon zur Welt
gekommen ist. Daher sitzen wir jetzt auch miteinander hier zusammen im Namen des Vaters, des
Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN.

Gott wird kommen, das stimmt schon. Er muss immer wieder neu kommen: in diese Welt, in diese
Zeit, zu uns und auch zu unseren Freunden und Nachbarn und zu denen, die wir nicht kennen, die
auch auf dieser Welt leben. Daher wollen wir uns heute auch mit der Weihnachtsgeschichte aus
dem Lukasevangelium daran erinnern, wie Gott schon mal zur Welt gekommen ist und ob und wie
er nun in unsere Welt und Zeit ankommt.

Wir sind als Familie zusammengekommen, leider nicht als größere Gemeinschaft mit unseren
Freunden beim Krippenspiel in der Kirche. Wir wollen ein kurzes Gebet sprechen und spüren, dass
wir dennoch mit ihnen verbunden sind.

 GEBET:

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Gott, Du kommst zu uns als Mensch, als Kind Jesus. Du hattest auch nur Maria und Josef um Dich,
mehr braucht ein Baby auch nicht. Trotzdem kommen zu Deinem Geburtstag auch andere. Zuerst
Hirten, dann später Weise aus dem Morgenland, echte Könige. Irgendetwas hat sie an Deiner Ge-
burt begeistert. Was das war, hilf uns, zu verstehen. Lass uns bitte auch spüren, dass viele Menschen
heute Weihnachten feiern, auch unsere Freunde mit ihren Familien. Auch wenn wir nur im kleinen
Kreis heuer Krippenspiel und Gottesdienst feiern können, sind wir mit ihnen verbunden und den-
ken an sie. AMEN.

 GESCHICHTE UND SPIEL STARTET:

Erzähler*in: In der Bibel steht die Weihnachtsgeschichte. Sie beginnt mit den Worten: „Es geschah
aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten
einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.“

 Kind: Du, Mama/Papa/Oma/Opa (je nachdem, wer die Erzählerrolle übernimmt), das ist ja schon
lange her. Ich kann mir das schwer vorstellen, wie das damals war. Aber weißt Du, eine Frage be-
schäftigt mich heuer ganz besonders: Hatten die auch schon so einen komischen Virus damals und
Krankheiten?

Erzähler*in: Oh ja, das kannten die Menschen damals auch. Kranksein war oft noch viel schlimmer
als heute. Zuerst dachten viele: Eine Krankheit sei eine Strafe Gottes. Dann gab es fast keine guten
Ärzte. Und leisten konnte sich die fast nur ein Kaiser, ein König oder eben ein Statthalter. Kranken-
häuser gab es nicht, auch keine Apotheken.

 Kind: Ja, aber vielleicht waren die Menschen damals gar nicht so oft krank?

Erzähler*in: Doch, die waren oft sehr krank: Eine Blindarmentzündung oder eine Mittelohrentzün-
dung bedeutete damals schon den Tod. Es gab zwar kein Corona, aber eine Form von Grippe, dann
Malaria, Typhus, Cholera, und noch ganz, ganz viele andere Krankheitserreger. Und sie wussten
darüber nicht gut Bescheid, wie das entsteht und wie man das vermeiden kann. Oft halfen nur
Hausmittel. Damit kannten sich vor allem die Mütter gut aus.

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Ein anderer Erwachsener/ eine andere Erwachsene: Mutter, das ist das Stichwort. Machen
wir mal mit der Geschichte weiter. Wenn es um Jesu Geburt geht, muss auch die Mutter vorkom-
men.

Erzähler*in: Genau, Maria war ja die Mutter von Jesus. Sie war mit Josef verlobt. Augustus hatte
eine Volkszählung zur Steuerüberprüfung angeordnet. Jeder musste dorthin, wo er geboren wor-
den ist. Ich müsste dazu nach (den eigenen Geburtsort nennen). Josef und Maria mussten eben nach
Betlehem. Dort fanden sie aber keinen Platz in einem Hotel, weil zu viele unterwegs waren. Also
mussten Maria und Josef in einen Stall zu Tieren. Sie mussten irgendwo geschützt sein und konnten
nicht draußen bleiben, da ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt die Wehen der schwangeren Maria
einsetzten und das Kind geboren wurde.

 Mutter, falls sie nicht die Erzählerin ist: Bei Eurer (Deiner) Geburt war das anders. Da konn-
ten die Ärzte schon ausrechnen, wann ungefähr Euer (Dein) Geburtstermin war und da waren wir
anders vorbereitet. Wir gingen in ein Krankenhaus, damit ja alles gut geht und ihr (Du) gesund auf
die Welt kommt (kommst). Maria hatte keine medizinische Hilfe.

Erzähler*in: Gott sei Dank ist auch damals bei der Geburt von Jesus alles gut gegangen. Mehr er-
zählt die Geschichte nicht. Stattdessen ist interessanter, wer als erster von der Geburt dieses beson-
deren Kindes Jesu erfährt. Ihr wisst es, wer das war, oder?

 Kinder: Hirten

Erzähler*in: Es waren Hirten auf dem Feld. Sie mussten im Freien bei ihren Schafen bleiben, damit
denen nichts passiert. Aber sie waren auch so arm, dass sie sich ein Hotelzimmer auch gar nicht
hätten leisten können. Den Hirten geht es in der Geschichte damals so wie den Obdachlosen oder
aus ihrer Heimat Geflüchteten heute: Sie haben kein festes Zuhause mehr. Was ging denen wohl an
diesem Abend vor den Toren von Betlehem durch den Kopf?

 Gesprächsrunde

Erzähler*in: Ich glaube, die machten sich viele Sorgen. Stell Dir mal vor, es ist ein Hirte dabei, noch
gar nicht alt, der ist krank. Er hat Fieber und Husten. Vielleicht mag einer von Euch mal einen kran-
ken Hirten spielen? (Schaffell, Decke und Hut liegen bereit)

Was könnten die anderen Hirten, wir anderen, denn für ihn tun? (Jedem einen Hut aufsetzen lassen)

 Gesprächsrunde / Spielen

Erzähler*in: … das Erwähnte aufgreifen: Wärmen, schlafen lassen, Tee geben, mehr können sie damals
nicht tun. Da haben wir heute doch wirklich bessere Möglichkeiten: Wir können Medizin in der
Apotheke kaufen, wir können zum Arzt. Der stellt fest, welche Krankheit es ist und wie sie behan-
delt werden kann. Wenn es ganz schlimm wird, können wir ins Krankenhaus, werden bei Husten
und Atemnot sogar beatmet, um nicht zu ersticken. Wir müssen nicht draußen schlafen, sondern
können uns in einem warmen Bett ausruhen.

 Kind: Ja, aber was hat das jetzt mit der Geburt von Jesus zu tun?

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Erzähler*in: Geduld, das kommt jetzt. Wer möchte der Engel sein? (Flügel bereit halten oder eine Kerze
in die Hand geben, weiße Decke zum Umbinden)

 Dem Kind, das den Engel spielt, ein großes Schild mit dem Text hinhalten:

Ihr Hirten, fürchtet Euch nicht, heute ist Euch in Betlehem der Heiland geboren. Ihr werdet ihn
finden in Windeln gewickelt in einem Stall, in einer Futterkrippe“

 Das Kind, das die ganze Zeit mitliest, oder eine andere erwachsene Person: Der Heiland
ist geboren? Ein komisches Wort: Warum nicht Arzt? Der kranke Hirtenjunge braucht einen Arzt,
keinen Heiland!

Erzähler*in: Sicher, da er krank ist, würde ihm ein Arzt besser helfen. Vielleicht hätte Gott als Arzt
auf die Welt kommen müssen und alle Krankheiten behandeln müssen und nicht als kleines Kind
in der Krippe. Dann hätten wir jetzt vielleicht heuer auch keine Corona-Pandemie. Heiland ist aber
was anderes: Vielleicht müssen wir das so verstehen: Heil ist ja nicht nur Gesund-Sein. Gott kommt
auf die Welt, nicht weil er alle Krankheiten beseitigen will, sondern weil er Frieden schenken
möchte, weil er uns, die Menschen, verstehen will. Gott will auch unsere Probleme kennenlernen
und warum wir uns auch so schwer tun, manche Probleme zu lösen, weil wir vielleicht nur an uns
selbst denken, zu ungerecht sind…

Wir können heuer 2020 Jahre nach Jesu Geburt schon viel besser mit manchen Krankheiten umge-
hen. Wir helfen uns gegenseitig. Wir forschen, wissen mehr über Krankheiten. Wir haben Medika-
mente oder Impfstoffe, um sie zu bekämpfen. Und wir haben mehr Wissen darüber, auch Krank-
heiten zu vermeiden.

Wenn der kranke Hirtenjunge damals nicht ein armer Hirte gewesen wäre, sondern der Sohn des
Königs oder Kaisers, hätte ihm damals schon ein Arzt helfen können, da sich Könige einen Arzt
leisten konnten, Hirten nicht. Es war eine andere Zeit. Heute ist trotz Corona bei uns vieles schon
„heiler“ und besser, wenn auch nicht perfekt. Dafür dürfen wir dankbar sein. Ich glaube, dass Jesu
Geburt, dass Menschen immer zuversichtlich darauf vertrauten, dass Gott Heil und das Gute will,
geholfen hat, dass wir mit Krankheit besser zurechtkommen. Wir haben durch diese Hoffnung im-
mer besser gelernt, mit Krankheiten zu leben, viele Krankheiten auch in den Griff bekommen, wenn
auch noch nicht alle.

 Kind: Und Jesus ist ja geboren, damit wir eines Tages bei Gott neugeboren werden zu einem
Leben ohne Krankheit. In der Welt von uns Menschen gibt es Krankheit, da sind wir froh über die
Ärzte. Im Himmel gibt es durch den Heiland Jesus eben ein Leben ohne Krankheit und Tod.

Erzähler*in: Und genau das sollten die Hirten, die arm und ausgegrenzt waren, sich keinen Arzt
leisten konnten, als erstes erfahren: Gott ist bei ihnen und hilft ihnen, er hat sie nicht vergessen. Er
will für alle Menschen Heilvolles.

 FÜRBITTEN:

Eine andere erwachsene Person: Wollen auch wir, wie Gott, heute nicht diejenigen vergessen, de-
nen es nicht so gut geht, und für sie beten:

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1) Wir beten für alle Kinder, die keine Eltern haben, für alle, die neben dem Virus noch unter Hunger
und bitterer Armut leiden.

2) Wir beten für alle Kranken, besonders für diejenigen, die hier auf Erden nicht mehr geheilt wer-
den können.

3) Wir beten für alle, die heuer gerne mit uns zusammen Weihnachten gefeiert hätten, aber schon
bei Gott im Himmel leben.

4) Wir beten für alle, die in den Krankenhäusern und Pflegeheimen für uns arbeiten, besonders auch
heute Abend.

5) Wir beten um die Geduld und die Hoffnung, in dieser schweren Zeit nicht aufzugeben und für-
einander da zu sein.

Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie
im Himmel so auf Erden, unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch
wir vergeben unseren Schuldigern und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von den
Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. AMEN.

Singen eines Weihnachtsliedes nach Wahl der Familie

 SEGEN:

Gott schenke uns Gesundheit und auch Dein Heil, schenke uns Deinen Segen, heute, morgen und
für alle Zeit. AMEN.

Und jetzt schenke uns allen etwas von Deiner Liebe in den wunderschönen Geschenken, die wir
uns zum Geburtstag Jesu gegenseitig schenken.

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Ein besonderer Abend für mich allein –
 ein Gottesdienst für meine Seele

 EINSTIEG: SINGEN ODER HÖREN: 1. STROPHE STILLE NACHT

 Reflexion I:
„Alles schläft, einsam wacht“ – ohne die Fortsetzung passt das vielleicht ganz gut zu meiner Situa-
tion an diesem Abend. „Alles feiert in der Familie oder mit dem Partner / der Partnerin, oder Freun-
den, einsam sitz ich hier“. Das stimmt aber so nicht. So mancher fühlt sich einsam inmitten der
Familie, der Beziehung. Einsam-Sein hat nichts mit Alleinsein zu tun. Schlimmer ist, zweisam ein-
sam zu sein.

Weihnachten wird als Fest der Familie bezeichnet, aber da kommt ein Kind zur Welt, das nie selbst
eine Familie gründen wird, das familiäre Bindungen sprengt, indem es als erwachsener Mann sagt,
was der Evangelist Matthäus im 12. Kapitel überliefert:

46 Als Jesus noch mit den Leuten redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und woll-
ten mit ihm sprechen. 47 Da sagte jemand zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und
wollen mit dir sprechen. 48 Dem, der ihm das gesagt hatte, erwiderte er: Wer ist meine Mutter und wer sind
meine Brüder? 49 Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Siehe, meine Mutter und meine
Brüder. 50 Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist für mich Bruder und Schwester und
Mutter.

Somit verbringe ich diese Stunden nun allein, aber ich bin nicht einsam. Ich weiß, dieses Kind in
der Krippe ist mein Bruder und ich will für ihn auch Bruder oder Schwester sein. Meine Ungebun-
denheit an familiäre Verpflichtungen gibt mir die Freiheit, mich anders und vielleicht auch tiefer
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für das immerwährende Weihnachten, die Menschwerdung Gottes, einzusetzen. Ich bin als Single
kein Mensch zweiter Klasse, nicht übriggeblieben, nein, vielleicht von Gott bestimmt zu anderen
Aufgaben und Zielen. Ich will ein Mensch sein und werden, der mitfühlt, der Ausgegrenzte sieht,
der anders auf Menschen zugeht, der den Horizont enger familiärer Strukturen und Bindungen
weitet, ein Mensch, der sich für andere engagiert, ohne dafür wieder etwas zurück zu erhoffen.

Weihnachten ist unserem christlichen Glauben zufolge nicht das Fest der Familie, sondern das Fest
der Menschwerdung Gottes. Wir werden alle erst im Gegenüber zu einem „Du“ zu einem Men-
schen, aber dieses „Du“ muss nicht der Ehemann / die Ehefrau, die Mutter / der Vater, die Schwester
/ der Bruder sein. Ich bin dankbar für Familienmitglieder und Verwandte, für Freunde, aber auch
für die vielen Fremden, denen ich begegne, für die ich zum Nächsten / zur Nächsten werden kann.

Und ich werde zum Menschen in der tiefen Beziehung mit Dir, Gott, der Du das Risiko des
Menschseins auf Dich nimmst. Das sind Risiken des menschlichen Lebens.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, Deine Eltern zu verlieren und als Waise aufzuwach-
sen.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, von Deinen Eltern vernachlässigt zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, krank zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, von Gleichaltrigen gemobbt zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, nicht verstanden zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, im Stich gelassen zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, von Mitmenschen betrogen, verarscht und ent-
täuscht zu werden.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, Dich nie richtig entfalten zu dürfen.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, erfolglos zu sein und zu scheitern.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, keine Unterstützung zu erhalten.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, in Armut aufzuwachsen und zu leben.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, Dich völlig machtlos zu fühlen.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, Dich ungeliebt zu fühlen.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, Dein Leben und Wirken als bedeutungs- und sinn-
los einzuschätzen.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, in eine echte Krise zu geraten.

Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, von Selbstzweifeln zerfressen zu werden.

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Du nimmst in dieser Nacht das Risiko auf Dich, zu sterben.

Ich höre mir das Lied an: Die Nacht ist vorgedrungen von Jochen Klepper https://www.y-
outube.com/watch?v=42qTqmG41NM

 Reflexion II:
Jos 1,9 Habe ich dir nicht befohlen: Sei mutig und stark? Fürchte dich also nicht und hab keine Angst; denn
der HERR, dein Gott, ist mit dir überall, wo du unterwegs bist.

Ich kann mir vorstellen, dass Jesus als Heranwachsender und Erwachsener oft diesen Vers aus dem
Buch Josua zitiert hat, immerhin teilen sie sich im Hebräischen den gleichen Namen: Das bleibt das
Geheimnis, Gott als Ganzes wird ja nicht Mensch, sondern sein „Logos“ / „sein Wort“, seine Art zu
denken, zu reden und zu planen. Gott ist in sich Beziehung zwischen Vater, Sohn und Geist. Dieses
Band hilft Jesus so manche Dunkelheit des Menschseins auszuhalten. Er selbst spürt: Gott ist über-
all, aber er gibt vor allem diese Gewissheit an uns weiter: Gott ist nun überall, er will, wie es in
Jochen Kleppers Liedtext heißt, auch im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt. Weihnachten vor
2020 Jahren hat die Welt nicht vom Dunkel befreit, auch mein Leben nicht und doch scheint dort
immer ein Licht der Hoffnung, ein Licht der Freiheit von Angst. Gott will im Dunkel wohnen und
hat es doch erhellt. Er ist auch mit mir überall, nicht nur unterwegs, sondern sitzt hier bei mir auf
dem Sofa / am Tisch. Der alttestamentliche Josua hat das ohne Weihnachten glauben können und
hat das gelobte Land in Besitz genommen, Menschen eine neue Heimat geschaffen. Wir haben in
der Geburt Jesu die Bestätigung, dass Gott mit uns Mensch sein will, in uns Menschen sein will, in
jeder einzelnen Person. Er will uns Heimat und Halt sein, aber er fordert uns auf, auch anderen
Heimat zu geben. Vor allem auch den Menschen, die durch Gewalt, Krieg und Elend kein Zuhause
mehr haben. Der Engel lädt die Hirten ein, zum Stall zu kommen, um in Kontakt mit Jesus Heimat
zu finden, selbst ohne ein sicheres Dach über dem Kopf oder ein prunkvolles Zuhause.

Ich lese in der Weihnachtsgeschichte von Lukas:

8 In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. 9 Da trat ein
Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. 10 Der
Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen
Volk zuteilwerden soll: 11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.
12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer
Krippe liegt. 13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. 15 Und es geschah,
als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach
Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! 16 So eilten sie hin und fanden
Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.

  Ich denke darüber nach, wie ich anderen Menschen Heimat geben könnte. Wo tue ich das
 schon, wo könnte meine Fähigkeit noch mehr nützen…?

Ich höre das Lied: In der Nacht von Betlehem, da ist ein Kind geboren

https://www.youtube.com/watch?v=DV6_SevflLY#

 10
Reflexion III
„Endlich ist die Nacht vorbei und endlich werden Menschen frei“ – diese Freiheit, die spüre doch
gerade ich: Freiheit ist Gottes größtes Geschenk der Bibel. Der größte Kampf, den Gott in der Bibel
austrägt und den er gewinnt, ist der Kampf für die Freiheit seines Volkes, für die Freiheit des Men-
schen. Ich bin frei; frei, meinen Lebensstand zu wählen; frei, meinen Beruf zu wählen; frei, auch
vielfältig Verantwortung in dieser Gesellschaft zu übernehmen. Ich bin mit dem tiefen Sinn des
Weihnachtsfestes frei von der Macht des Todes, der Macht der Ausgrenzung, der totalen Isolation.
Ich bin frei von allen anderen Abhängigkeiten, Manipulationen von Menschen. Ich bin frei von der
Meinung anderer über mich, denn Gott ist da, der mein Leben liebt, so wie es ist. Ich bin frei von
der Angst und Sorge um die Zukunft, denn Gott ist da, der mein Leben kennt und ihm Sinn, Be-
deutung und ein Ziel gibt. Was es aber braucht ist Vertrauen: Vertrauen in Gott, der mein Leben
begleitet und führt. Vertrauen in die Mitmenschen, die mich nicht gebrauchen, sondern meinen
Wert erkennen und schützen. Vertrauen in mich, die ich um meine Fähigkeiten und Kostbarkeiten
weiß.

Daher mache ich mir heute Abend selbst das größte Geschenk. Mit Gott sehe ich voll Liebe, Hingabe
und Güte auch mich, mein Leben, meine Fähigkeiten, meine inneren Schätze und schreibe diese auf.
Ich mache eine lange Liste: Menschsein ist ein Risiko, das Gott eingeht, Menschsein ist aber auch
etwas ganz Großartiges. Das Kind ist ein Wunder und mein Leben ist ein Wunder…

  Während ich mit Liebe auf mich und mein Leben blicke, kann ich gerne ein Lied dazu hören:
 „Inseln der Stille“ https://www.youtube.com/watch?v=VgR2Ig-9i7E und denke dran: Der,
 der Dich liebt, ist Gott, mehr als es je ein Mensch könnte…

Ich nehme mir Zeit, meine Liste durchzulesen, ich lese sie mehrmals durch und lasse sie auf mich
wirken und versuche am Ende noch ein Dankgebet zu formulieren.

 ANREGUNG:

Gott, ich danke Dir, dass Du mich so wunderbar gemacht und gestaltet hast. Dass Du mir in Jesus
Christus als Bruder, als Person auf Augenhöhe begegnest. Dass Du mein Leben in Deiner Hand
hältst und mir die Liebe und Zuneigung schenkst, die mir sonst kein Mensch geben kann. Ich danke
Dir aber auch für die Menschen, die mir zeigen, was gut und wunderbar an mir ist. Hilf mir, dass
ich ihnen das auch immer wieder zeigen kann. Gib mir die Kraft, wirklich meinen Nächsten wie
mich selbst zu lieben und auch Dich. AMEN.

Wenn ich mag, lege ich die Liste in eine Schachtel und verpacke sie als Geschenk für mich, das mich
die ganzen nächsten Tage, Monate, Jahre als wertvolles Geschenk begleitet.

 SEGEN:

Gott der Weihnacht, segne mich wie Maria mit dem Vertrauen, Ja zu sagen zu den Plänen, die Du
mit mir vorhast.

Gott der Weihnacht, segne mich wie Josef mit der Weisheit, auf die innere Stimme zu hören und
das Notwendige zu tun.

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Gott der Weihnacht, segne mich wie die Hirten mit dem Mut, aufzubrechen, um auch in Unschein-
baren und Ungewohnten Dir zu begegnen.

Gott der Weihnacht, segne mich wie Ochse und Esel, mit der Geduld, zu warten auf noch viele
weitere Wunder in meinem Leben.

Gott der Weihnacht, segne mich mit der Kraft der Engelschöre, dass ich die Botschaft Deiner Men-
schwerdung und der Erlösung aus Unfreiheit, Zwängen und Abhängigkeiten lebe und verkündige.

So segne mich, Du treuer und lebensbejahender Gott, Du Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

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A Ceremony of Carols 2020 at home

Was wir in diesem Jahr der Pandemie am meisten wohl vermissen werden, ist das
gemeinsame Singen der Weihnachtslieder in den Gottesdiensten und Kirchen. Doch
wir müssen darauf nicht verzichten. In der Kirche können wir zuhören, zu Hause
können wir mitsingen. Die schönste weihnachtliche Chormusik hat die
anglikanische Kirche in ihrer Tradition bewahrt. Carols sind nicht nur
Weihnachtslieder, sondern ursprüng- lich Wiegenlieder, die die wundervolle
Atmosphäre des Wunders und Zaubers eines neugeborenen Kindes
aufgreifen. Für Menschen, die gerne romantische Weihnachtsgottes-
dienste erleben möchten, ist es fast ein Muss.

Hier eine kurze Zusam- menfassung des traditionellen
Gottesdienstes am Heiligabend in der angli-
kanischen Kirche:

A Festival of Nine Lessons and Carols ist ein
traditioneller Gottesdienst, der jedes Jahr am Heiligen
Abend in anglikanischen und sowie in einigen kath-
olischen und evangelischen Gemeinden vorwiegend in
Großbritannien gefeiert wird. Der Name ist von dem Ablauf
der Feier abgeleitet: Neun Bibelstellen (lessons) und neun
Weihnachts- und Kirchenlieder (carols) werden abwechselnd
vorgetragen und gesungen. Am bekanntesten geworden ist die Feier, die
jährlich in Cambridge stattfindet. Sie wird im Radio übertragen.

Das ist der Link zur Übertragung ab 15 Uhr, über das Internet sollte es
funktionieren, ansonsten hilft auch Satelliten-TV:

https://www.bbc.co.uk/programmes/m0001vyk

Der größte zeitgenössische englische Choral-Komponist ist meines Erachtens John Rutter. Viele sei-
ner Stücke sind auch hierzulande bekannt und werden gerne auch an Weihnachten gesungen. Somit
orientiere ich mich in der Gestaltung einer „Ceremony of Carols 2020 at home“ an Rutters Kompo-
sitionen und Arrangements, dazwischen gibt es auch unsere traditionellen Weihnachtslieder. Ne-
ben Bibelstellen erfolgen auch einige Impulse. Und ich habe mich nicht ganz an die Zahl von nur
neun Carols gehalten �

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Maria durch ein Dornwald ging (GL 224)
 https://www.youtube.com/watch?v=Y51fJJfOvB8

10 Der HERR sprach weiter zu Ahas und sagte: 11 Erbitte dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, tief
zur Unterwelt oder hoch nach oben hin! 12 Ahas antwortete: Ich werde um nichts bitten und den HERRN
nicht versuchen. 13 Da sagte er: Hört doch, Haus Davids! Genügt es euch nicht, Menschen zu ermüden, dass
ihr auch noch meinen Gott ermüdet? 14 Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jung-
frau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn und wird ihm den Namen Immanuel geben. (Jesaja 7,10-14)

Immanuel: Gott mit uns

 Auch wenn wir durch Dornen gehen im Leben: Gott geht mit uns.
 Wenn wir wenig hoffnungsvolle Zeiten durchleben. Gott lebt mit uns.
 Wenn wir uns Sorgen machen und nachts wachliegen. Gott wacht mit uns.
 Wenn wir dankbar und froh über vieles sind. Gott freut sich mit uns.
 Wenn wir in der Fremde sind. Gott ist mit uns.

1 Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams: 2 Abraham zeugte den Isaak,
Isaak zeugte den Jakob, Jakob zeugte den Juda und seine Brüder. 3 Juda zeugte den Perez und den Serach mit
der Tamar. (…) Boas zeugte den Obed mit der Rut. Obed zeugte den Isai, 6 Isai zeugte David, den König.
(…) 16 Jakob zeugte den Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt
wird.
(Matthäus, 1,1-3.5-6.16)

In Unsicherheit sich vergewissern: Da werden Geschichten von früher erzählt. Da werden Zusam-
menhänge gestrickt, die dem Verlauf des Lebens Sinn geben sollen, damit es nicht nur eine An-
sammlung von willkürlichen Zufällen ist oder nur eine Bestimmung des gesichtslosen Schicksals.
So ist auch die Geburt des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams, die Geburt Jesu kein Zufallspro-
dukt. Sie ist Teil der Heilsgeschichte, eines heilvollen Planens Gottes mit seinen Menschen von Be-
ginn der Schöpfung. Und für diesen Plan braucht Gott, so das biblische Zeugnis, immer eine beson-
ders mutige und entschlossene Frau.

 Carol: There is a flower von John Rutter
 https://www.youtube.com/watch?v=eNN6t4_kIqY

1 Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt
Frucht. 2 Der Geist des HERRN ruht auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates
und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. 3 Und er hat sein Wohlgefallen an der
Furcht des HERRN. Er richtet nicht nach dem Augenschein und nach dem Hörensagen entscheidet er nicht,
4 sondern er richtet die Geringen in Gerechtigkeit und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist.
Er schlägt das Land mit dem Stock seines Mundes und tötet den Frevler mit dem Hauch seiner Lippen. 5 Ge-
rechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften und die Treue der Gürtel um seine Lenden. 6 Der Wolf findet
Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge
leitet sie. 7 Kuh und Bärin nähren sich zusammen, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie
das Rind. 8 Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter und zur Höhle der Schlange streckt das Kind
seine Hand aus. 9 Man tut nichts Böses und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn
das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des HERRN, so wie die Wasser das Meer bedecken. (Jesaja 11,1-9)

 14
Wir erfahren an keiner Stelle, aus welcher Familie Maria stammte. Alles wirkt so, als wäre nur Josef
aus dem Stamm Davids. Die Wurzel Jesse ist nicht Jesaja, sondern Isai, der Vater von David. Die
Hoffnungen, die man auf König David setzte, erfüllten sich nur für kurze Zeit. Viele Könige des
Volkes Israels versagten in ihrer Rolle, Gottes Reich auf Erden zu gründen. Gott braucht einen
neuen Plan zur Verwirklichung dieser von Jesaja 11 so wundervoll beschriebenen Friedenszeit. Es
braucht nicht nur Josef aus der Wurzel Isais, sondern auch Maria, die doch wohl auch in dieser
Familie ihre eigenen Wurzeln hat.

 Es ist ein Ros entsprungen (GL 243)
 https://www.youtube.com/watch?v=JyrdxftXugA

Zur Zeit, als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte, [1] 5 gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher
und wuchsen noch keine Feldpflanzen, denn Gott, der HERR, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen
und es gab noch keinen Menschen, der den Erdboden bearbeitete, 6 aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf
und tränkte die ganze Fläche des Erdbodens. 7 Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdbo-
den, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. [2] 8 Dann
pflanzte Gott, der HERR, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt
hatte. 8 Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe
machen, die ihm ebenbürtig ist. 19 Gott, der HERR, formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle
Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der
Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein. 20 Der Mensch gab Namen allem Vieh,
den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war,
fand er nicht. 21 Da ließ Gott, der HERR, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief,
nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. 22 Gott, der HERR, baute aus der Rippe, die
er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. 23 Und der Mensch sprach:
Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie genannt werden; denn
vom Mann ist sie genommen. [3] 24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an
und sie werden ein Fleisch. 25 Beide, der Mensch und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht
voreinander. 20 Der Mensch gab seiner Frau den Namen Eva, Leben, denn sie wurde die Mutter aller Leben-
digen.
(Älteste Fassung der zweiten Schöpfungsgeschichte Gen 2,4b-8.18-25; 3,20)

An Weihnachten müssen wir auch auf die Schöpfung zurückblicken, auf diese alten Mythen, wie
sich Gott eigentlich mal seine Schöpfungsordnung vorstellte. Diese Geschichte ist keine Sündenfall-
geschichte, keine Verurteilung der Frauen. Es ist eine Würdigung des Lebens in Gemeinschaft und
der gemeinschaftlichen Kreativität. Es ist der Idealzustand gemeinschaftlichen und partnerschaftli-
chen Zusammenlebens ohne gegenseitige Scheu und Scham, sondern voller Vertrauen und gegen-
seitiger Unterstützung im Leben. Eva ist nicht das böse, verfluchte Gegenbild von Maria, sondern
sie ist die Mutter aller Lebendigen. Diese Kraft gibt Maria weiter. Beide Frauengestalten der Bibel
stehen gemeinsam für ein Lebensideal des Vertrauens, des Respekts, der Ebenbürtigkeit, der Ergän-
zung und der gegenseitigen, aufrichtigen Stütze in den Herausforderungen des Lebens. Die Geburt
Jesu zeigt auch unsere Sehnsucht nach der Zartheit und Güte Gottes, nach seiner Mütterlichkeit.
Vielleicht mögen wir Weihnachten deshalb so sehr?

 Christmas Lullaby von John Rutter
 https://www.youtube.com/watch?v=mdWOF7u624U

 15
1 Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten
einzutragen. [1] 2 Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. 3 Da ging
jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. 4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf
nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. 5 Er
wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. 6 Es geschah, als sie dort
waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, 7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie
wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. (Lukas 2,1-
7)

 Stille Nacht, Heilige Nacht (GL 259)

 8 In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. 9 Da trat
ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr.
10 Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem
ganzen Volk zuteilwerden soll: 11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus,
der Herr. 12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in
einer Krippe liegt. 13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und
sprach: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. (Lukas 2,8-
14)

 All bells in paradise von John Rutter
 https://www.youtube.com/watch?v=b-eZQP9QJYY

15 Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinan-
der: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! 16 So eilten
sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. (Lukas 2,15-16)

 Engel auf den Feldern singen (GL 250)
 https://www.youtube.com/watch?v=OU1T5hoe_O0

1 Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohn-
ten, strahlte ein Licht auf. 2 Du mehrtest die Nation, schenktest ihr große Freude. Man freute sich vor deinem
Angesicht, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. 3 Denn sein drückendes
Joch und den Stab auf seiner Schulter, den Stock seines Antreibers zerbrachst du wie am Tag von Midian.
4 Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, im Blut gewälzt, wird verbrannt, wird ein Fraß des
Feuers. 5 Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine
Schulter gelegt. Man rief seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst
des Friedens. 6 Die große Herrschaft und der Frieden sind ohne Ende auf dem Thron Davids und in seinem
Königreich, es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit, von jetzt an bis in Ewigkeit. Der
Eifer des HERRN der Heerscharen wird das vollbringen. (Jesaja 9,1-6)

Geschrieben anlässlich der Geburt des großen Königs Joschija (648-609 v. Chr.) erlebte dieser Aus-
schnitt aus dem Jesajabuch mit der Entwicklung des christlichen Weihnachtsfestes eine unglaubli-
che Popularität. Als hätte es der Prophet 600 Jahre vorher schon gewusst… Doch weder mit Joschija
noch mit Jesus kam wirklich ein Königreich voller Recht und Gerechtigkeit und schon gar nicht
erleben wir den Frieden ohne Ende. Weihnachten erfüllt keine Sehnsüchte. Es bleibt ein Fest der
Sehnsucht nach Recht, Gerechtigkeit und Frieden. Und trotzdem: Jesu Geburt hat bekräftigt: Am

 16
göttlichen Willen, dass Menschen Gerechtigkeit und Frieden leben und erleben sollen, hat sich
nichts geändert, das ist und bleibt Anlass zur Freude und zum Jubel.

 Nun freut euch ihr Christen (GL 241)
 https://www.youtube.com/watch?v=vN7gHU478cY

1 Vielfältig und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; 2 am Ende
dieser Tage hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben von allem eingesetzt, durch den er
auch die Welt erschaffen hat; 3 er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt
das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten
der Majestät in der Höhe gesetzt; 4 er ist umso viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er
geerbt hat, ihren Namen überragt. (Hebräerbrief 1,1-4)

Die ältesten neutestamentlichen Schriften schweigen eher zur Herkunft Jesu Christi. Es ist zwar
wichtig, Jesus als Sohn Gottes zu beschreiben und zu definieren im Gegensatz zum römischen Kai-
ser, der diesen Hoheitstitel für sich beansprucht, um mit aller Brutalität und Gewalt zu regieren.
Dennoch ist die Geburt des Sohnes Gottes noch nicht von zentralem Interesse. Wichtiger ist das
Wort, das Mensch geworden ist. Gottes Denken, Fühlen, Planen ist in Jesus Mensch geworden. Gott
teilt sich mit und sein Wort bewirkt Heilvolles. Die vielen Worte der Schrift, die vielen Worte und
Klänge der Lieder haben uns total erfüllt. Möge das für uns gerade wichtige Wort unser Herz ge-
troffen haben. Möge das uns tröstende und ermutigende Wort unser Innerstes berührt haben. Gön-
nen wir uns deshalb einige Minuten der Stille.

Nach der Stille

 What sweeter music von John Rutter
 https://www.youtube.com/watch?v=yckjpO1vvnE

 ABSCHLUSSSEGEN:

Gott, Dein Wort ist Mensch geworden. Lass auch in mir Dein Wort wachsen, mich erfüllen, lass
Deine Stimme in mir und durch mich erklingen.

Gott, Deine Liebe ist Mensch geworden. Lass diese Liebe in mir Wurzeln fassen, lass Deine Liebe
meine Hände ergreifen, damit ich Deine Botschaft vom Frieden leben kann.

Gott, Dein ganzes Wesen ist Mensch geworden und hat sich klein gemacht. Lass auch mich auf
Status und Macht verzichten lernen und lass mich den Kleinen und Schwachen Mut bringen.

Segne mich, ein weihnachtlicher Mensch zu werden, Du Vater, Sohn und Heiliger Geist. AMEN.

 O, Du fröhliche (GL 238) oder für einen ruhigeren, romantischen Ausklang: Very best of the
 year von John Rutter https://www.youtube.com/watch?v=NxlnmoNSAn4

 17
Weihnachtsfeiertage
 Weihnachtliche Segensfeier vor dem Festessen
Für viele Menschen ist Weihnachten vor allem so besonders, weil es besonderes Essen gibt, das wir
mit Weihnachten verbinden. Bei einigen gibt es eine eigene Familientradition. Dieses eine spezielle
Gericht gibt es wirklich nur ein Mal im ganzen Jahr. Egal, was Sie heute essen, ob Fleisch oder ve-
getarisch oder gar Tofu in Gans oder Truthahnform gepresst, genießen Sie es. Sollten Sie oder einige
Ihrer Gäste des Festessens den Grund vergessen oder verdrängt haben, warum manches am 25.
Dezember anders ist, können Sie vielleicht mit dieser kleinen Einstimmung zum Festessen auch
ermöglichen, nicht nur dem Körper, sondern auch der Seele etwas Gutes zu tun.

 Hören Sie gemeinsam mit den Mitessenden doch ein schönes Weihnachtsglocken-
 läuten an oder einen tollen englischen Klassiker über die Freude über den Grund
 des Weihnachtsfestes:
https://www.youtube.com/watch?v=GP1L-QgXWCg

Hirte sein war um die Zeitenwende im römischen Reich ein hartes Leben, voller Entbehrung. So
einen reich gedeckten Tisch wie wir hatten die wenigsten. Doch mitten in die Trostlosigkeit eines
traurigen Alltags erklingt eine Stimme: Ich verkündige Euch eine große Freude. Jetzt überlegen wir
mal, was uns große Freude schenkt, ganz ehrlich: Welche Worte haben mir, Dir, uns, große Freude
geschenkt? Es gibt sie schon, wenn wir mal drüber nachdenken, die Worte, die Freude schenken, es
sind nicht nur materielle Geschenke oder mehr Einkommen, die Freude schenken.

Ich wünsche uns, dass wir achtsamer werden für die Freude, die uns frohe, ermutigende, ehrlich
gemeinte Worte schenken. Hören wir nochmal, wie die Hirten motiviert durch die freudigen Worte
der göttlichen Boten mitten in der Nacht aufbrechen, um ein kleines Kind in einem Stall zu sehen.

6 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. 17 Als sie es sahen,
erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. 18 Und alle, die es hörten, staun-
ten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. 19 Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog
sie in ihrem Herzen. 20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört
und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.

Maria bewahrt diese Worte, die so viel Freude, so viel Staunen, so viel Wunder enthalten, in ihrem
Herzen. Gerade heuer ist mehr Zeit, wenn wir in kleinerem Kreis feiern, wenn wir nur bewusste
soziale Kontakte pflegen, auf die guten, fröhlichen und positiven Worte zu hören. Ich wünsche uns,
dass wir uns von den beunruhigenden Nachrichten nicht verunsichern oder erzürnen lassen. Ich
wünsche uns, dass wir jetzt mit schönen, ermutigenden, fröhlichen Gesprächen unser Weihnachts-
essen bereichern lassen. Dazu möchte ich einen Segen sprechen:

Gott der guten Worte, beschütze unsere Tischgemeinschaft vor Krankheit, aber auch vor Hass und
Boshaftigkeit.

Gott der frohen Worte, mach uns achtsam für die Art und Weise, wie wir miteinander reden und
einander zuhören, hilf uns, mit unseren Worten auch Freude in anderen zu erzeugen.

Gott der klaren Worte, befähige uns, auch mal wertschätzend Klartext zu reden und nicht alles zu
beschönigen oder zu verheimlichen.
 18
Gott der ermutigenden Worte, hilf uns, ehrlich und aufrichtig miteinander zu sein und uns einander
Hoffnung zu geben.

Gott der tröstenden Worte, ermutige uns, auch für falsche Worte um Vergebung zu bitten und
gleichzeitig nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und behüte alle, die gerade heute beson-
ders Deine Nähe und Deinen Trost brauchen.

Segne unser Essen und unsere Gemeinschaft, Du Vater, Sohn und Heiliger Geist. AMEN.

 19
25. Dezember: Hochfest der Geburt des Herrn –
 Eine weihnachtliche Festrede?
Jedes besondere Fest bekommt eine Festrede oder sogar mehrere. Bei offiziellen Anlässen und Preis-
verleihungen gibt es einen Festredner oder eine Festrednerin und oft noch viele Grußworte. Bei
Hochzeiten ist es fast auch immer ein Muss, dass eine Rede gehalten wird, ob von den Brautleuten
selbst, von deren Eltern oder von denTrauzeugen. In manchen Familien und Kreisen ist es auch
üblich, zu runden Geburtstagen eine Rede über den Jubilar / die Jubilarin erklingen zu lassen. Auch
bei traurigen festlichen Anlässen spielt eine Rede die zentrale Rolle. Erinnerungswürdige, heraus-
ragende Verdienste, Anerkennenswertes prägen diese Reden, sie zeugen von Wertschätzung ge-
genüber Personen. Eine Rede zu besonderen Anlässen bedeutet nicht, dass man die Personen, die
in der Rede besonders gewürdigt werden, sonst zeitlebens nicht geschätzt hätte. Allerdings gibt es
Momente im Lauf des Lebens, da ist es gut, das Charakteristische, Wertschätzende, Besondere von
Menschen in Worte zu fassen.

Warum, so frage ich mich heute, tun wir das an Weihnachten, am Hochfest der Geburt von Jesus,
dem Christus, nicht? Überlassen wir das den Bischöfen und Pfarrern? So als würden sie diesen Jesus
besser kennen und seien daher qualifizierter und auserwählter, ihm eine Rede in Form der weih-
nachtlichen Festpredigt zu widmen? Dann wäre da noch der Bundespräsident, der immerhin eine
Weihnachtsansprache hält. Doch als politisch und religiös neutrales Staatsoberhaupt darf er natür-
lich keine Predigt über die Hauptperson von Weihnachten halten. Aber der Bundespräsident kennt
Jesus auch nicht besser. Und ich gebe zu, nicht jede und jeder hat auch eine rhetorische Begabung,
vielleicht ist Schweigen und Genießen manchmal besser als eine peinliche Rede. Schließlich gehört
zu einem guten Fest mehr: Eine gute Rede macht ein Fest nicht schöner, wenn niemand für eine
gute Atmosphäre oder Feierstimmung sorgt, wenn niemand gutes Essen zaubert, sich kümmert,
 dass sich die Gäste wohlfühlen, oder niemand
 die richtige Auswahl von Musik und der Zu-
 sammensetzung der Gäste trifft. Und dann ist
 an Weihnachten ja noch schwierig, dass unter-
 schiedlichste Menschen fast auf der ganzen
 Welt dieses Fest feiern und einige davon sogar,
 ohne den Grund dieses Festes zu kennen und
 selbst wer ihn kennt, können wir ihn überhaupt
 in die Worte einer Rede fassen?

 Es ist schwer, eine weihnachtliche Festrede zu
 gestalten und daher ist es gut zu wissen, wir
 müssen diese eigentlich gar nicht mehr schrei-
 ben. Es gibt bereits eine Festrede, eine wunder-
 volle Ouvertüre für das Lebenswerk der Person,
 die an Weihnachten ziemlich klein ist, die wir
 manchmal mit all den anderen Bräuchen und
 Kitsch oft noch kleiner machen, während wir
 ihn in einen finsteren Stall und in eine Futter-
 krippe stecken. Gut, das hat der bei vielen Weih-
 nachtsfeiernden beliebtere Redner Lukas ja so

 20
gesagt, dass dieser Jesus in Windeln gewickelt in einer Futterkrippe liegt. Daher sei das noch ge-
stattet. Die anspruchsvollere, aber damit auch gehaltvollere und wohl wichtigere Festrede überlie-
fert hingegen der Evangelist Johannes. Sie steht prominent am Anfang seines längeren Werkes über
Jesus, den Christus.

1 Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. 2 Dieses war im
Anfang bei Gott. 3 Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden
ist. [1] 4 In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht leuchtet
in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. [2]

6 Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis
abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das
Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.

9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. 10 Er war in der Welt und die
Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum, aber
die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes
zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen
des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.

14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlich-
keit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit/Treue
15 Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach
mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.

16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. 17 Denn das Gesetz wurde
durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. 18 Niemand hat
Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Wir stehen jedes Jahr am Weihnachtsfest vor der gleichen Herausforderung wie Johannes: Wir wol-
len erfassen, dass Jesus von Nazaret wirklich der Messias ist, der Anfang einer neuen Schöpfung,
das Licht der Welt. Dass sich in Jesus von Nazaret, einem jüdischen Rabbi, der von römischen Be-
hörden wegen Hochverrats zum Tod am Kreuz verurteilt worden ist, dessen Lebensweg in prekärer
Existenznot begonnen hat, Gott selbst mitteilt. Johannes hatte immerhin noch Publikum, die an den
Gott Israels oder an andere Götter glaubten. Seine Rede schreibt er vor allem, um darzustellen, dass
diejenigen, die die Messiasbewegung damals boykottierten, nicht diesen Weg des Lichts, der Gnade
und Treue gingen. Menschen, die die Messiasbewegung heute boykottieren, gibt es allerdings zu
genüge, selbst in den eigenen Reihen. Gewisse Verantwortliche in der Kirchenleitung bringen nicht
die Wahrheit ans Licht, kennen das Recht und die Vorschriften, aber wenig Gnade. Für sie ist
Glaube der Gehorsam gegenüber Traditionen und Formeln, aber nicht der Weg einer lebendigen
Nachfolge im Zeugnisgeben für das Licht, das jeden Menschen erleuchtet. Zu sehr gilt in einigen
Köpfen noch, dass das Licht des Glaubens oder Nachfolge stärker in den Geweihten als in den
Nicht-Geweihten leuchtet. Und dann gibt es Menschen, die diese Rede nicht hören wollen, weil sie
Jesus eh nur für eine Erfindung religiöser Fanatiker halten und Weihnachten nur cool wegen der
Geschenke und der freien Tage finden. Und zugegeben, ein bisschen verstaubt ist diese Rede dann
schon auch.

 21
Was bleibt von ihr übrig? Da es eine Rede für religiös sprachfähige Insider ist, sollten wir das mal
im Blick behalten und sie so ein bisschen historisch-kritisch erschließen:

Im Anfang war das Wort – wer sich ein bisschen in der Bibel auskennt, weiß, dass Johannes da auf
die Schöpfungsgeschichte in Gen 1 zurückgreift. Dort ist der Satzanfang im hebräischen Text um
einiges komplizierter als beim Evangelisten Johannes. Doch in beiden Texten ist das Wort Gottes
ein wirksames Wort. Gott ist nicht das Wort, das war in späterer jüdischer Tradition zunächst die
Weisheit „sophia“, die Gott bei der Schöpfung geholfen hat. Bei Philo von Alexandria und Johannes
wird die Weisheit zum „logos“, zum Wort: Gottes Logik, wie er sich eine perfekte, d.h. vollendete
Schöpfung, vorstellt. Johannes sagt damit: Gott hat schon am Anfang seines Schöpfungswirkens
geplant, dass sein Wort Mensch wird, sein Wort in diesem konkreten Jesus von Nazaret sprechen,
wirken und gehört werden wird. Der Unterschied zwischen Wort und Gott bleibt gewahrt: Das
Wort war bei Gott. So wie Gottes Wort die Geschöpfe zum Leben ruft, so wird das menschgewor-
dene Wort Jesus die Menschen zum Leben führen. Das Leben ist für Johannes das Leben als Glau-
bende, die in Jesus das Wort und Wirken Gottes erkennen und das als Licht, als Orientierung für
gelingendes, perfektes Leben annehmen.

Als der vorbildliche, an dieses das Leben bereichernde Wort Glaubende wird Johannes der Täufer
eingeführt, der aber nur Zeuge für das Licht ist und anderen als Beispiel dienen soll. Wenn andere
Menschen das Wort und Licht Gottes, das in Jesus konkret und etwas begreifbarer geworden ist,
wie Johannes der Täufer an- und aufnehmen, sind sie nicht nur auch Zeugen, sondern Kinder Got-
tes. In der zweigeteilten Rede (1-13.14-18) des Evangelisten geht es um ein und dasselbe Ereignis:
Es geht um die Geburt Jesu, um die Menschwerdung des göttlichen Wortes und um die Konkreti-
sierung dieser göttlichen Logik in der wirklichen (das bedeutet „Fleisch gewordenen“) Person Jesus
von Nazareth und dem auferstandenen Gekreuzigten. Johannes will mit seiner Rede überzeugen:
Es lohnt sich, in Jesus von Nazaret nicht nur den Messias zu sehen, sondern zu glauben, dass Men-
schen in ihm Gottes Logik und Willen entdecken, aber auch erkennen, dass dieses Bekenntnis
Gnade und Wahrheit, besser verstanden als Treue, schenkt. Das sind große Begriffe: Gnade und
Wahrheit. Johannes kennt die Schrift Jesu, die Schrift Israels. Es geht nicht um Wahrheit: Gnade und
Wahrheit ist, gesamt biblisch betrachtet, nicht gut übersetzt: besser ist Güte und Treue. In Jesus von
Nazaret, dessen Wirken und Auftrag Johannes nach dieser Eröffnungsrede in 21 weiteren Kapiteln
beschreiben wird, zeigt sich: Gott ist voller Güte, und nicht Missgunst, Hass oder Zorn. Gott ist treu
in all den Brüchen, Ungewissheiten und Unzuverlässigkeiten der Menschen.

Wer Gott nicht als abstraktes Etwas, als gesichtsloses, unberechenbares Schicksal, als leicht zu er-
zürnenden Weltenlenker, als von Menschen gestörten oder an Menschen desinteressierten alten
Mann, als unsichtbare und unnahbare höhere Macht erfahren möchte, sollte sich auf das Sein, Wir-
ken, Reden und Erzählen von Jesus, dem Christus einlassen. Ebenso derjenige und diejenige, die
gerne ein Leben voller Licht und im Bewusstsein der Würde als Kinder Gottes und in Aussicht auf
ewiges, erlöstes Leben haben möchten, anstatt nur Nummern zu sein, bedeutungslose Existenzen,
die der Tod für immer vernichtet.

Es bleibt damals wie heute die Entscheidungsfreiheit: Es gibt diejenigen, die ihn anerkennen und
diejenigen, die ihn nicht anerkennen. Mehr denn je kommt es auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin-
nen und Zeugen an, ob wir Weihnachten nur feiern oder leben in konkreter, sichtbarer Nachfolge
voller Güte und Treue.

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