WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin

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WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
WEIL  ICH S O B I  N  ,
 WIE  ICH B I N . . .
 © M. Pulver                   © M. Pulver

 © M. Pulver                   © M. Pulver

          VIELFALT IN DER PFLEGE
                    EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR
               STATIONÄRE UND AMBULANTE DIENSTE
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
INHALTSVERZEICHNIS
                       1.       LSBTI* - Die unsichtbare Vielfalt entdecken ............................................ 4

                       2.       Vielfalt hat viele Namen ............................................................................ 6

                       3.       Besondere Verwundbarkeit:
                                Diskriminierung als prägende Lebenserfahrung ....................................... 12

                      4.        „Weil ich so bin, wie ich bin“
                                Statements von älteren Menschen aus den Communities ........................ 18

                      5.        Wie die Vielfalt sichtbar und lebendig wird (Aktionsfelder) ................... 22
                                Kommunikation: Vielfalt durch Schrift, Wort und Bild darstellen .............. 23
                                Haltung und Wissen vermitteln ...................................................................... 26
                                Sicherheit für Mitarbeitende: Antidiskriminierungsmanagement .............. 30
                                HIV: Positiv und gut gepflegt ......................................................................... 32
                                Demenz und LSBTI* ........................................................................................ 34
                                Wohn- und Lebenswelten ............................................................................... 36

                      6.        Implementierung einer umfassenden Willkommenskultur
                                für LSBTI* - Phasen und Tools ................................................................. 42

                       7.       Herausforderungen und Stolpersteine ..................................................... 50

                      8.        Best Practice
                                Sensibilisierte Pflegeeinrichtungen in Deutschland ............................... 54

                           9.   Quellen, Verweise und weiterführende Informationen ........................... 58

                     10.        Impressum ................................................................................................ 63

                                                                                                                                                3
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
1. LSBTI* -
                                                                                                                                          Senioren, Frauen und Jugend. Das Qualitätssiegel ist        Im Hauptteil des Leitfadens zeigen wir Ihnen wie Viel-
                                                                                                                                          eine Auszeichnung, die stationäre Pflegeeinrichtungen       falt sichtbar und lebendig wird. Wir beschreiben sechs
                                                                                                                                          und ambulante Pflegedienste erhalten, die in struktu-       Aktionsfelder und zeigen detailliert, wie Ihnen die prak-
                                                                                                                                          reller, organisationspolitischer und personeller Hinsicht   tische Umsetzung einer LSBTI*- kultursensiblen Pflege
                                                                                                                                          Voraussetzungen schaffen, sexuelle und geschlechtliche      gelingt. Checklisten helfen dabei, die aktuelle Situation

         DIE UNSICHTBARE
                                                                                                                                          Minderheiten zu inkludieren. Das Projekt zeichnet sich      in Ihrer Einrichtung zu prüfen und anzupassen. Wenn
                                                                                                                                          durch seine Community-Nähe aus. LSBTI*-Repräsen-            Sie beabsichtigen, eine umfassende Willkommenskul-
                                                                                                                                          tant*innen lieferten mit ihrer Expertise einen wert-        tur für LSBTI* zu implementieren, dann erfahren Sie
                                                                                                                                          vollen Beitrag und waren somit an der konzeptionellen       im Kapitel 6, wie Sie am besten vorgehen und was be-
                                                                                                                                          Ausgestaltung des Qualitätssiegels beteiligt.               sonders zu beachten ist. Hier wird auch die Möglichkeit

    VIELFALT ENTDECKEN
                                                                                                                                                                                                      der Zertifizierung angesprochen. In Kapitel 7 machen
                                                                                                                                          WIE IST DER LEITFADEN                                       wir Sie auf mögliche Herausforderungen und typische
                                                                                                                                          AUFGEBAUT?                                                  Stolpersteine bei der Einführung diversitätssensibler
                                                                                                                                          Zunächst führen wir Sie in die Begriffswelten sexueller     Pflege aufmerksam. Die besten Umsetzungsideen einer
                                                                                                                                          und geschlechtlicher Vielfalt ein. Anschließend gehen       LSBTI*-diversitätssensiblen Pflege in Deutschland stel-
                                                                                                                                          wir auf Hintergründe für eine besondere Verwundbar-         len wir Ihnen im Kapitel Best Practice vor.
                                                                                                                                          keit von LSBTI* ein und in diesem Kontext auf Diskri-
    DIE GESELLSCHAFT IST BUNT –                                                                                                           minierung als prägende Lebenserfahrung. Im Kapitel
    DAS ALTER AUCH!                                                                                                                       „Weil ich so bin, wie ich bin“, kommen LSBTI* selbst zu
    Annahmen über ältere Menschen beruhen häufig auf            Es gibt aber diese unsichtbare Vielfalt in jeder Einrich-                 Wort und äußern ihre Erwartungen und Befürchtungen          Weiterführende Informationen, Quellen und Verweise
    Stereotype, die uns daran hindern, Bedarfe einzelner        tung, unter den Gepflegten wie beim Personal. Und es                      in Bezug auf Pflege.                                        finden Sie im Anhang.
    Pflegebedürftiger umfassend wahrzunehmen.                   ist ein Gewinn für jede Einrichtung, diese Vielfalt zu
                                                                entdecken, wahrzunehmen und von ihr zu lernen.
    Dazu gehört auch die Vorstellung, Sexualität und Ge-
    schlecht würden im Alter und bei Pflegebedürftigkeit        Der vorliegende Praxis-Leitfaden gibt Ihnen Hinweise,
    keine Rolle spielen.                                        wie Sie sich dem Thema sexuelle und geschlechtliche
                                                                Vielfalt schrittweise bzw. in verschiedenen Handlungs-
    Allerdings wird immer mehr Menschen, die in der Pfle-       feldern nähern können: er sensibilisiert für die Bedarfe
    ge beschäftigt sind, deutlich, dass diese Überzeugung       von LSBTI* und bestärkt Fachkräfte im Umgang mit
    falsch ist. Denn Sexualität und Geschlecht haben einen      Vielfalt. Der Leitfaden stellt Tipps zur Verfügung, wie
    zentralen Einfluss auf unseren Lebensweg und sind Teil      Sie mit Hilfe eines diversitätssensiblen Ansatzes Perso-
    unserer Identität.                                          nal gewinnen und binden können. Des Weiteren können
                                                                Sie den Leitfaden auch als Arbeitshilfe zur Einleitung
    Dabei kommt der herkömmliche Lebensweg – Ver-               und Durchführung eines umfassenden Organisations-
    lobung, Ehe, Elternschaft, Enkelkinder, Großeltern-         entwicklungsprozesses nutzen.
    schaft – nur für einen Teil der Gesellschaft infrage. Für
    sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, um die es in     Der Leitfaden informiert über eine Vielzahl praxis-
    diesem Leitfaden geht, war und ist eine solche Biografie    erprobter Strategien zur Einführung, Umsetzung und
    ganz und gar nicht selbstverständlich.                      Aufrechterhaltung diversitätssensibler Pflege.

    Vor allem ältere Angehörige der sogenannten                 Mit diversitätssensibler Pflege bezeichnen wir – im wei-
    LSBTI*-Communities - Lesben, Schwule, Bisexuelle,           teren Sinne – den Anspruch in der Pflege, der Indivi-
    Trans* und Inter* - schämen sich bis heute dafür, anders    dualität eines jeden Menschen gerecht zu werden, im
    gelebt zu haben bzw. anders gelebt haben zu müssen.         engeren Sinne ist eine Pflege gemeint, die LSBTI*-Be-
    Häufig wurden sie für dieses Anderssein bestraft und        darfe berücksichtigt. Synonym verwenden wir im Leit-
    verachtet, in der Vergangenheit freilich noch mehr als      faden auch den Begriff LSBTI*-kultursensible Pflege.
    heute. Sie haben gelernt sich anzupassen und nicht auf-
    zufallen. In Pflegeeinrichtungen sind sie meistens un-      Der Leitfaden basiert auf den Erfahrungen des dreijäh-
    sichtbar.1                                                  rigen Modellprojekts „Qualitätssiegel Lebensort Viel-
                                                                falt®“, gefördert vom Bundesministerium für Familie,
4                                                                                                                                                                                                                                                                 5

                                                                                                                            © M. Pulver
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2. VIELFALT HAT
                                                                                                                            beispielsweise frauenbezogen gelebt oder frauenliebend.      oder trans*Mann. Andere bezeichnen sich als Mann
                                                                                                                            Die Abkürzung MSM (Männer, die Sex mit Männern               oder Frau. Trans* umfasst ein breites Spektrum von
                                                                                                                            haben) bezieht sich auf Männer, die sich selbst nicht als    Trans*-Identitäten und auch solche, die sich im her-
                                                                                                                            schwul definieren. Der Begriff fokussiert auf das Sexu-      kömmlichen Geschlechter-Modell (Mann/Frau) nicht
                                                                                                                            alverhalten und nicht auf die sexuelle Identität.            verorten (nicht-binäre Menschen).

              VIELE NAMEN                                                                                                   Bisexuell bezieht sich auch auf die sexuelle Orientierung
                                                                                                                            einer Person, die sich zu Menschen des gleichen und ei-
                                                                                                                            nes anderen Geschlechts hingezogen fühlt. Bisexuell als
                                                                                                                            sexuelle Identität geht oft über das sexuelle Begehren
                                                                                                                            hinaus und kann die Zugehörigkeit zu spezifischen Sub-
                                                                                                                                                                                         Der Begriff Transsexualität wird in der Regel im medizi-
                                                                                                                                                                                         nischen Bereich verwendet, z. T. auch als Selbstbezeich-
                                                                                                                                                                                         nung, wird jedoch sehr häufig wegen seiner Geschichte
                                                                                                                                                                                         als pathologisierende medizinische Fremdbezeichnung
                                                                                                                                                                                         und psychiatrische Diagnose sowie wegen der irrefüh-
                                                                                                                            kulturen umfassen.                                           renden Ähnlichkeit mit Kategorien sexueller Orientie-
    Die Menschen und Communities, um die es im vorlie-           queer als neutrale oder affirmative Bezeichnung ange-                                                                   rung abgelehnt. Jede trans* Person entscheidet, ob und
    genden Leitfaden geht, verwenden verschiedene Be-            eignet. Queer wird oftmals als Synonym für LSBTI* ver-     Heterosexuell beschreibt die sexuelle Identität, in der      wo sie zu erkennen gibt, dass sie in einem anderen als
    griffe, mit denen sie sich selbst bzw. ihre Lebensweise,     wendet. Auch die Abkürzung LSBTIQ* (Q für queer) ist       sexuelles Begehren auf Menschen des (in der Logik eines      dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht lebt bzw.
    ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität, sowie ihre     in Gebrauch.                                               Zwei-Geschlechter-Systems) „anderen“ Geschlechts             leben will.
    Körperlichkeit beschreiben. Für die Arbeit mit diesen                                                                   ausgerichtet ist. In weiten Teilen der Gesellschaft, wie
    Menschen ist es sehr wichtig, dass Sie sich mit deren                                                                   z. B. in der Werbung, in Medien und der Bildung wird         Trans* Menschen treffen lediglich eine Aussage über
    Selbstbezeichnung - und Begriffswelt generell - ver-                                                                    Heterosexualität meistens als Norm präsentiert. Daher        ihr Geschlecht, nicht über ihre sexuelle Identität. Das
    traut machen. Im Pflegealltag sollte die Verwendung          SEXUELLE VIELFALT                                          müssen heterosexuelle Menschen kein Coming-Out               Begehren von trans* Personen ist genauso vielfältig, wie
    medizinischer und anderer Bezeichnungen für diese                                                                       durchlaufen.                                                 das Begehren der Restbevölkerung.
    Communities unterbleiben.                                    HOMOSEXUELL
                                                                 … beschreibt die sexuelle Orientierung einer Person, die   Weitere sexuelle Orientierungen, die in das Spektrum         Um deutlich zu machen, dass es keineswegs selbstver-
    Zu beachten ist, dass Begrifflichkeiten und Definitionen     sich zu Menschen des gleichen Geschlechts hingezogen       sexueller Vielfalt fallen, sind beispielsweise Pansexuali-   ständlich ist, sich mit dem Geschlecht zu identifizieren,
    bezüglich Geschlechtsmerkmale, Geschlechtsidentität          fühlt.                                                     tät (sexuelles Begehren, das sich auf alle Geschlechter      das einem bei der Geburt zugewiesen wurde, wurde
    und sexueller Identität einem stetigen Wandel unterlie-                                                                 richtet) oder Asexualität (kein sexuelles Begehren).         auch der Begriff cis bzw. cis-Mann/ cis-Frau eingeführt
    gen und in unterschiedlichen kulturellen Kontexten va-       LESBISCH BZW. SCHWUL                                                                                                    (von lat. cis = „diesseits“) - gewissermaßen im Unter-
    riieren können. Maßgeblich für den Umgang mit LSBTI*         …bezeichnen sexuelle Identitäten und gehen über das                                                                     schied zu trans (von lat. trans = „jenseits, über hinaus“).
    bleibt deren Selbstdefinition, die sich ebenfalls im Laufe
    der Zeit verändern kann!
                                                                 sexuelle Begehren hinaus: sie beschreiben, wie sich Per-
                                                                 sonen selbst definieren und wahrnehmen und wie sie
                                                                                                                            GESCHLECHTLICHE                                              INTER*
                                                                 von anderen wahrgenommen werden möchten. Sexuel-           VIELFALT                                                     ...ist ein Oberbegriff für Personen, die mit Variationen
    Die folgenden Begriffserklärungen erheben keinen An-         le Identität kann auch die Zugehörigkeit zu spezifischen                                                                der Geschlechtsmerkmale, Geschlechtsorgane, Ge-
    spruch auf Vollständigkeit.                                  Subkulturen umfassen. Aufgrund von Diskriminierungs-       TRANS*                                                       schlechtschromosomen und/oder Geschlechtshormone
                                                                 erfahrungen und einer Geschichte, geprägt von Krimi-       Als trans* bezeichnen sich häufig Menschen, die sich         geboren werden. Häufig wird auch der Begriff Interge-
    LSBTI*                                                       nalisierung, Ausgrenzung und Pathologisierung, hat sich    mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewie-        schlechtlichkeit verwendet. Die sexuelle Orientierung
    ...ist die Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle,        eine lesbische und schwule Kultur mit eigenen Werten       sen wurde, nur unzureichend oder falsch beschrieben          und die Geschlechtsidentität ist bei inter* Personen ge-
    Trans* und Inter*. Lesben, Schwule und Bisexuelle fallen     und Normen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft gebil-      fühlen. Dieses Selbstverständnis kann individuell mit        nauso vielfältig wie in der Restbevölkerung.
    in das Spektrum sexueller Vielfalt. Trans* und Inter* in     det (so entstanden u. a. Netzwerke, Bars, Interessens-     sozialen, rechtlichen und/oder medizinischen Schritten       Im medizinischen Kontexten wurde der Begriff „Interse-
    das Spektrum geschlechtliche Vielfalt.                       vereinigungen etc.).                                       zur Geschlechtsangleichung (Transition) einhergehen.         xualität“ verwendet. Dieser deutet jedoch fälschlich an,
                                                                                                                            Eine rechtliche Namens- und Personenstandsänderung           es handle sich um eine Form der Sexualität. Seit 2006
    Einen weiteren Begriff, den Sie im Zusammenhang mit          Die Begriffe lesbisch sowie schwul sind als affirmative    unterliegt in Deutschland den Regelungen des Trans-          wird in der Medizin von einer Störung der Geschlechts-
    sexueller und geschlechtlicher Vielfalt gelegentlich         Selbstbezeichnungen erst seit den 1970er Jahren im         sexuellengesetzes (TSG). Eine medizinische Transition        entwicklung gesprochen. Die menschenrechtsorien-
    hören, ist queer. Queer beschreibt eine Person, deren        Gebrauch. Zum Teil sind diese Bezeichnungen immer          sollte sich an der Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz,        tierte Inter*-Community lehnt diesen Begriff ab. Die
    sexuelle Orientierung oder deren Geschlechtsidentität        noch negativ konnotiert. Entsprechend bevorzugen äl-       Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit: Diagnos-          medizinischen Leitlinien benutzen auch den Begriff
    von gesellschaftlichen Normen abweicht. Queer kann           tere homosexuelle Menschen die Bezeichnung gleich-         tik, Beratung, Behandlung“2 orientieren.                     Varianten der Geschlechtsentwicklung. 2018 wurde
    aber auch auf Praktiken und gesellschaftliche Positio-       geschlechtlich liebend oder auch gleichgesinnt.            Die geschlechtliche Identität ist unabhängig von der         vom Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf beschlossen,
    nen verweisen, die die zweigeschlechtlichen und hete-                                                                   sexuellen Identität. Für manche trans* Menschen ist          der den Eintrag einer dritten positiven Geschlechtsop-
    rosexuellen Normen in Frage stellen. Ursprünglich war        Ältere lesbische Frauen verwenden zum Teil Selbstbe-       Trans*, Transgender oder transgeschlechtlich auch die        tion in das Geburtenregister möglich macht. Mit dem
    queer im englischsprachigen Raum als Schimpfwort             zeichnungen wie Frauenfreundin bzw. Frauenverehrerin       passende Geschlechtsidentität, d. h. sie bezeichnen sich     Eintrag „divers“ soll die Geschlechtsoption inter* an-
    in Gebrauch, mittlerweile haben sich viele den Begriff       oder beschreiben ihre Lebensform mit Adjektiven wie        mit diesen Begriffen oder verwenden z. B. trans*Frau         erkannt werden.
6                                                                                                                                                                                                                                                      7
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
Der Asterisk bzw. das Sternchen (*) weist – gewisser-      Symbole und Flaggen
    maßen als Platzhalter - auf die Vielfalt von sexuellen
    und geschlechtlichen Identitäten hin und gibt Raum für
                                                                                                                  Die Flagge der Inter*-Com-      Die Flagge der Bisexuellen
    vielfältige weitere Selbstbeschreibungen, die nicht mit
                                                                                                                  munity besteht aus gelb,        dient als Erkennungszeichen.
    der Abkürzung LSBTI* explizit benannt werden.                                 Die Regenbogenfahne ist das
                                                                                                                  einer geschlechtsneutralen      Blau symbolisiert Heterose-
                                                                                  Symbol für LSBTI*.
                                                                                                                  Farbe. Der Kreis symbolisiert   xualität, rosa Homosexualität
    WEITERE BEGRIFFE                                                                                              Ganzheitlichkeit und körper-    und violett Bisexualität.
                                                                                                                  liche Integrität.
    In weiten Teilen der Gesellschaft werden die ausschließ-
                                                               Venussymbol, auch bio-
    lich binäre Geschlechtereinteilung (Mann/Frau), sowie
                                                               logisches Zeichen für Frauen.
    Heterosexualität als natürlich – quasi von Natur gewollt
                                                               Zwei ineinander gestellte
    - angesehen und sind als Norm gesetzt (Heteronor-
    mativität). LSBTI*, sowie Menschen die dafür gehalten
                                                               Zeichen symbolisieren weib-                        VIELFALT GIBT ES HÄUFIGER
    werden, erleben häufig spezifische Ausgrenzungs- und
                                                               liche Homosexualität.
                                                                                                                  ALS SIE DENKEN ...
    Gewalterfahrungen. In diesem Zusammenhang spricht
    man von Lesben-, Schwulen oder Bifeindlichkeit bzw.
    von Trans* oder Interfeindlichkeit (Homophobie oder                           Die Doppelaxt (Labrys) geht     LAUT EINER EUROPÄISCHEN UMFRAGE VON
    Biphobie bzw. Trans*- oder Interphobie). Internalisier-                       auf die Amazonen zurück         DALIA RESEARCH³ IDENTIFIZIEREN SICH
    te Homonegativität bzw. internalisierte Transnegati-                          und gilt seit den 1970er Jah-
                                                                                  ren als feministisches Symbol
                                                                                                                  DURCHSCHNITTLICH 7,4 % DER BEVÖLKERUNG IN
    vität oder Internegativität bezeichnet die Ablehnung
    der eigenen Homosexualität bzw. Trans* oder Inter*ge-                         und Erkennungszeichen für       DEUTSCHLAND – ALSO ÜBER 6 MIO. MENSCHEN -
    schlechtlichkeit.                                                             Lesben.                         ALS LESBISCH, SCHWUL, BISEXUELL ODER
                                                                                                                  TRANSGENDER. IN BALLUNGSZENTREN, WIE BERLIN,
    Wenn sich eine lesbische, schwule, bisexuelle, trans*
    oder inter* Person dazu entschließt, über ihre sexuel-     Marssymbol, auch biologi-                          IST DIE ZAHL HÖHER.
    le oder geschlechtliche Identität bzw. Körperlichkeit      sches Zeichen für Männer.
                                                               Zwei ineinander gestellte
    zu sprechen, wird dieser Schritt als Coming-Out be-
    zeichnet. Es wird zwischen einem inneren Coming-Out        Zeichen symbolisieren
                                                                                                                  IN DER GRUPPE DER 14-29-JÄHRIGEN GEBEN 11,2 %
    (Selbsterkenntnis, -akzeptanz) und einem äußeren Co-       männliche Homosexualität.                          DER BEFRAGTEN EINE ZUGEHÖRIGKEIT ZUR LSBT*
    ming-Out (öffentliches Bekanntmachen) differenziert.                                                          COMMUNITY AN.
    Coming-Out ist ein immerwährender Prozess – mit je-
    der neuen Begegnung steht die Entscheidung an, ob die                         Der Rosa Winkel ist das
    eigene sexuelle oder geschlechtliche Identität bekannt                        Symbol, das während des         DEUTSCHLAND ZÄHLT DAMIT ZUM „QUEERSTEN
    gemacht wird.                                                                 Nationalsozialismus benutzt     LAND EUROPAS“. INTERGESCHLECHTLICHKEIT
                                                                                  wurde, um männliche Häft-
    Für viele LSBTI* ist die Community bzw. sind die Com-                         linge in Konzentrationslagern   WURDE IN DER ERWÄHNTEN STUDIE NICHT BERÜCK-
    munities, d. h. die queere Gemeinschaft (Individuen,                          zu identifizieren, die auf      SICHTIGT. DIE VEREINTEN NATIONEN GEBEN ABER AN,
    Organisationen und Institutionen) eine wichtige Unter-
    stützung und ein Schutzraum (Safe Space). Verbindend
                                                                                  Grund ihrer Homosexualität
                                                                                  dorthin verschleppt worden
                                                                                                                  DASS BIS ZU 1,7 % DER BEVÖLKERUNG MIT INTERGE-
    ist neben der queeren Identität und geteilten Erfahrun-                       sind. In den 1970er Jahren      SCHLECHTLICHEN MERKMALEN ZUR WELT KOMMT.
    gen, das Einsetzen für gemeinsame Interessen und poli-                        wurde es als Symbol der
    tische Ziele. Vor allem ältere LSBTI* haben häufig von                        Schwulenbewegung ver-
    ihren Herkunftsfamilie Ablehnung erfahren und selte-                          wendet.                         BEI UMFRAGEN IST ZU BEACHTEN, DASS ANTWORTEN
    ner eigene Kinder als ältere Menschen der Mehrheits-                                                          AUF FRAGEN ZU SEXUELLER UND GESCHLECHTLICHER
    gesellschaft. Oftmals ist daher die Wahlfamilie neben                                                         IDENTITÄT OFT VERWEIGERT WERDEN. DESHALB SIND
    der Community das wichtigste Unterstützungssystem.
    Zur Wahlfamilie können u. a. enge Freund*innen, Ex-                                                           DIE OBEN GENANNTEN ZAHLEN ALS MINDESTZAHL ZU
                                                                                  Die Flagge der Trans*-
    partner*innen oder auch weitläufige Verwandte zählen.
                                                                                  Community.
                                                                                                                  BEGREIFEN.
8                                                                                                                                                                                 9
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
PETER*, 89 JAHRE ALT, HAT SEINE SCHWULE IDENTITÄT
     IN EINEM GESELLSCHAFTLICHEN KLIMA ENTWICKELT, DAS
     GEPRÄGT WAR DURCH DIE ABLEHNUNG VON LSBTI*
     1930       §175                             Geburt                                       * Name und Bild geändert

     1933 -     Verschärfung §175                3-15
     1945       LSB in KZs deportiert            Jahre
                BRD übernimmt NS-Fassung
                von §175
     1946 -                                      16-20
                LSB wird Anerkennung als
     1950                                        Jahre
                Opfer des Nazi-Regimes
                verwerht
                §175 wird in BRD
                                                 20-30
     1950er     weiterangewendet -
                                                 Jahre
                45.000 Verurteilungen

                §175: Strafbarkeit in BRD
                unter Erwachsenen Männern
                                                 30-50
     1960er     wird aufgehoben - als Straf-
                                                 Jahre
                tat bleibt Homosexualität
                bestehen (Schutzalter)
     1970er     Stone-Wall Riot
                AIDS-Krise                       50-60
     1980er
                -> gesellschaftliche Ächtung     Jahre
                Homosexualität wird nicht
                mehr als Krankheit im ICD10      60-70
     1990er
                der WHO gelistet                 Jahre
                §175 wird abgeschafft
                Ehe für alle
                Rehabilitation der Opfer des
                §175 und §151                    87
     2017
                mind. 300 motivierte             Jahre
                Straftaten gegenüber LSBTI*
                in Deutschland                                   © M. Pulver

                                                                                                                         © M. Pulver

     SEXUELLE UND GESCHLECHTLICHE VIELFALT
                Sexuelle Identität                       Geschlechtsidentität        Körperlicher Zustrand
                      LSB                                        T*                            I*

      Homosexualität           Bisexualität                    Trans*                       Inter*
     (lesbisch/schwul)
          Sexuelle              Sexuelle            Oberbegriff für Menschen,      Oberbegriff für Menschen,
     Orientierung einer    Orientierung einer     deren Geschlechtsidentität von    die mit Variationen der
     Person, die sich zu   Person, die sich zu    dem Geschlecht abweicht, das      Geschlechtsmerkmale
      Menschen des          Menschen des           ihnen bei Geburt zugewiesen         geboren wurden.
          gleichen              gleichen                      wurde.
     Geschlechts hin-      und eines anderen
       gezogen fühlt.      Geschlechts hin-                   WELCHE
                             gezogen fühlt.                GESCHLECHTS-                WIE IST MEIN
                                                          IDENTITÄT HABE                 KÖRPER
              WEN BEGEHRE ICH?                                 ICH?                    BESCHAFFEN?
10                                                                                                                                     11
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
MEHRFACHDISKRIMINIERUNG

             3.                                                                                                                Bei der Überschneidung mehrerer Identitätskategorien (Intersektionalität) kann es zu
                                                                                                                               Diskriminierung auf mehreren Ebenen, aber auch zu spezifischer Diskriminierung kommen,
                                                                                                                               wie zum Beispiel:

         BESONDERE
                                                                                                                               RASSISMUS
                                                                                                                               Neben Diskriminierungen aufgrund von sexueller und geschlechtlicher Identität, erleben queere
                                                                                                                               People of Color (PoC) alltäglich Rassismus. So erlebt z. B. eine Schwarze4 trans* Frau andere Formen

     VERWUNDBARKEIT:
                                                                                                                               von Diskriminierung als eine weiße cis Frau.

                                                                                                                               SEXISMUS
                                                                                                                               Lesben, bisexuelle und trans* Frauen erleben neben Homo-, Bi- und Trans*feindlichkeit auch
                                                                                                                               Sexismus, d. h. Diskriminierung aufgrund ihrer geschlechtlichen Zugehörigkeit als Frauen. Dies äußert
                                                                                                                               sich mitunter in Objektifizierung, aber auch Bagatellisierung ihrer Lebensformen. Entsprechend sind

      DISKRIMINIERUNG
                                                                                                                               lesbische Frauen in der Gesellschaft wenig sichtbar.

       ALS PRÄGENDE
                                                                                                                           Diskriminierungen können unterschiedliche Formen         soziale Gruppen führen. Ein Beispiel dafür sind Stamm-
                                                                                                                           annehmen. Nicht nur Einzelpersonen oder Gruppen          datenblätter, auf denen nur die Optionen „männlich“
                                                                                                                           können diskriminieren. Gewaltsituationen sind immer      oder „weiblich“ aufgeführt sind. Wenn keine Option für
                                                                                                                           auch in gesellschaftliche Strukturen und Institutionen   intergeschlechtliche Menschen besteht, handelt es sich

     LEBENSERFAHRUNG
                                                                                                                           eingebunden. Strukturelle Diskriminierung liegt dann     bei dieser Auslassung um interfeindliche Diskriminie-
                                                                                                                           vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften oder Rege-     rung.
                                                                                                                           lungen zur Benachteiligung einzelnen Personen oder

                                                                                                                               DAS ALLGEMEINE
                                                                                                                                         ₅
                                                                                                                                              GLEICHBEHANDLUNGSGE-
                                                                                                                               SETZ (AGG)
     Auch wenn wir im vorliegenden Leitfaden einfachheits-       schaft unterscheiden und von den gesellschaftlichen
     halber von „LSBTI*“ sprechen: Bedenken Sie bitte beim       Normvorstellungen abweichen, sind Diskriminierung             Von Diskriminierung im juristischen Sinne wird immer dann gesprochen, wenn die Benachteiligung
     Kontakt zu einer konkreten Person: sie lässt sich keines-   ausgesetzt. Wir alle wachsen mit Vorstellungen bzw.           von Menschen aufgrund eines schützenwerten Merkmals ohne sachliche Rechtfertigung erfolgt.
     falls auf Geschlecht und Sexualität reduzieren.             Stereotypen über andere soziale Gruppen auf. Diese
                                                                 Vorstellungen haben Einfluss darauf, wie wir auf diese        Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umfasst die Lebens-
     Jeder Mensch ist einzigartig und zur Identität einer Per-   Gruppen reagieren. Bleiben diese Vorstellungen bzw.           bereiche Arbeit und Dienstleistungen. Ziel des AGG ist Schutz vor Diskriminierung aus rassistischen
     son gehören viele verschiedene Merkmale, die ebenso         Stereotype unerkannt und unhinterfragt werden sie             Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, Religion oder Weltanschauung, einer
     bedeutsam sein können: Alter, Nationalität, Hautfarbe,      schnell zu Vorurteilen und es entsteht Diskriminierung.       Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
     Religion, Behinderung oder sozialer Status, u. a.           Die Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen ist da-
                                                                 her für eine diversitätssensible Pflege unerlässlich.         Das AGG enthält hauptsächlich Diskriminierungsverbote. Es beinhaltet jedoch auch positive
     Die unterschiedlichen Identitätskategorien haben je                                                                       Maßnahmen, um bestehende Ungerechtigkeiten abzubauen, z. B. die Frauenquote bei der Besetzung
     nach sozialen Kontext Auswirkungen auf die gesell-                                                                        von Führungspositionen.
     schaftliche Benachteiligung oder Privilegierung von
     Personen. Vor allem Menschen und Gruppen mit Iden-
     titätsmerkmalen, die sich von der Mehrheitsgesell-

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WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
REPRESSION, DISKRIMINIERUNG                                 Andererseits war in den 1970er Jahren eine Aufbruchs-        Im ICD 11, der 2022 veröffentlicht wird, wird Trans-         Vergangenheit an. So wurden 2019 alleine in Berlin 559
     UND PATHOLOGISIERUNG VON                                    stimmung spürbar. Die 68er Bewegung hatte Einfluss           geschlechtlichkeit nicht mehr als Krankheit eingestuft       Übergriffe auf LSBTI* gemeldet.7 Die Dunkelziffer ist
     LESBEN, SCHWULEN UND                                        auf gesellschaftliche Veränderungen. Der 1969 stattfin-      – eine wichtige Maßnahme, um der Stigmatisierung             um ein vielfaches höher.
     BISEXUELLEN                                                 dende Aufstand von Queers, vor allem Queers of Co-           von trans* Personen entgegenzuwirken. Eine rechtli-
     Insbesondere ältere und pflegebedürftige LSBTI* haben       lor, gegen die Polizeirazzien in einer schwulen Bar in der   che Namens- und Personenstandsänderung unterliegt            In Bezug auf den Arbeitsplatz zeigen Befragungen, dass
     ihre Persönlichkeit unter gesellschaftlichen Umständen      Christopher Street in New York, hatte auch Auswirkun-        in Deutschland aber den Regelungen des Transsexu-            nur ein knappes Drittel der lesbischen und schwulen
     entwickelt, die häufig dazu geführt haben, dass sie ihre    gen auf die schwul-lesbische Emanzipationsbewegung           ellengesetzes (TSG). Eine medizinische Transition der        Arbeitnehmer*innen mit allen Kolleg*innen offen über
     sexuelle und geschlechtliche Identität verheimlichten.      in Deutschland. Es gründeten sich politische Gruppen         S3-Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechts-           ihre sexuelle Identität spricht. Fast sieben von zehn der
                                                                 und 1972 fand in Münster die erste Demonstration von         dysphorie und Trans-Gesundheit“. Das bedeutet für            trans* Beschäftigten sprechen mit keinen oder nur we-
     Der seit 1872 bestehende § 175 kriminalisierte sexuelle     Lesben und Schwulen gegen heteronormative Struk-             die Betroffenen z. B. ein oft langwieriges Kostenüber-       nigen Kolleg*innen offen über ihre Geschlechtsiden-
     Handlungen zwischen Männern und wurde im National-          turen statt. Ab den 1990er Jahren wird lesbisches und        nahmeverfahren und Zwang zur „Begutachtung“. Auf-            tität. Des Weiteren geben Dreiviertel der befragten
     sozialismus verschärft. Etwa 10.000 bis 15.000 Män-         schwules Leben zunehmend öffentlicher. Neben politi-         grund des langwierigen Prozesses sind viele trans* Per-      Lesben, Schwulen und Bisexuellen an, Diskriminierung
     ner wurden in Konzentrationslager deportiert6. Viele        schen Gruppen gründen sich auch Sport- und Freizeit-         sonen dazu gezwungen, mit einem Identitätsnachweis           am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Mehr als einem Viertel
     wurden ermordet. Nur ca. 40 % überlebten die Haft.          vereine, Bars und Restaurants öffnen. Antidiskriminie-       (z. B. Personalausweis) zu leben, der weder mit ihrem        der trans* Beschäftigten wurde der Zugang zu Toiletten
                                                                 rungsgesetze treten in Kraft und Aktionspläne gegen          Äußeren noch mit ihrem Namen übereinstimmt – ein             ihrer Wahl verwehrt, sowie jede fünfte trans* Person
     In der Bundesrepublik und der DDR blieb der Para-           Homophobie werden von der Politik formuliert. 2017           Zwangs-Coming-Out, sowie ständige Rechtfertigungen           hat erlebt, dass Namensschilder nicht angepasst wur-
     graph noch längere Zeit bestehen. Es gab weiterhin          wird gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland die        sind die Folge.                                              den.8 Diskriminierung am Arbeitsplatz kann psychische
     zahlreiche Verurteilungen. Erst 1969 waren homo-            Eheschließung ermöglicht und die Opfer des § 175 wer-                                                                     Folgen nach sich ziehen, krank machen und zu langen
     sexuelle Handlungen unter Erwachsenen in der BRD            den rehabilitiert.                                           In den 1950er Jahren wurde es gängige medizinische           Ausfallzeiten von Beschäftigen führen. Unterbrochene
     straffrei. Das Schutzalter betrug aber 18 Jahre (bei les-                                                                Praxis, an Menschen mit Variationen der Geschlechts-         Erwerbsbiografien erhöhen das Risiko der Altersarmut.
     bischen und heterosexuellen Handlungen 14 Jahre). In        Mit dem Auftreten von HIV/AIDS Anfang der 1980er             merkmale, invasive und irreversible Genitaloperationen
     der DDR fielen Homosexuelle ab 1968 unter den neuen         Jahre waren schwule und bisexuelle Männer enormer            durchzuführen. Solche Operationen, Sterilisationen                                                                       © B. Beutler

     § 151 StGB-DDR, der eine Freiheitsstrafe bis zu drei        gesellschaftlicher Ächtung ausgesetzt. Soziale Stigma-       und medikamentöse (kosmetische) Eingriffe werden zu-
     Jahren oder Verurteilung auf Bewährung für einen er-        tisierung und Diskriminierung von HIV-positiven Men-         meist als Verstümmelung und Gewalt erlebt und von den
     wachsenen Menschen festsetzte, der mit Jugendlichen         schen ist nach wie vor sehr präsent, so dass viele Betrof-   Vereinten Nationen als unmenschliche Behandlung und
     gleichen Geschlechts „sexuelle Handlungen vornimmt“.        fene über ihren HIV-Status schweigen.                        Folter angesehen. Diese Eingriffe werden auch heute
     Aufgrund der nicht länger geschlechtsbezogenen For-                                                                      noch – vor allen an Säuglingen und Kindern – durchge-
     mulierung erfasste das Strafgesetz nun auch Frauen.         Homosexualität galt lange als Krankheit und wurde erst       führt, obwohl größtenteils keine medizinische Notwen-
     Im wiedervereinigten Deutschland wurde der § 175 erst       1992 aus der Internationalen Krankheitsklassifikation        digkeit besteht. Aufgrund dieser uneingewilligten Ein-
     1994 gestrichen.                                            (ICD-10) der WHO entfernt. Bis dahin kam es vor, dass        griffe und der daraus resultierenden Traumatisierung,
                                                                 Lesben, Schwule und Bisexuelle in Gesundheitseinrich-        scheuen viele den Gang zu Ärzt*innen. Seit den 1990er
     Lesbische Frauen wurden im dritten Reich als „aso-          tungen „therapiert“ wurden. Gesundheitseinrichtungen         Jahren klären inter* Aktivist*innen und Organisationen
     zial“ geächtet, verhaftet und bestraft. Ihre Treffpunkte    verweigerten auch oftmals Homo- und Bisexuellen die          über die Menschrechtsverletzungen an inter*Personen
     wurden geschlossen, ihre Zeitschriften verboten. Auch       Auskunft über ihre erkrankten Partner*innen. Solche          auf und setzen sich für die Entpathologisierug der Va-
     in der frühen Bundesrepublik hielten sie sich eher ver-     und ähnliche Erfahrungen von Diskriminierung hinter-         riationen von Geschlechtsmerkmalen ein. 2018 wurde
     steckt.                                                     ließen zuweilen massive Traumata und eine große Skep-        vom Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf beschlossen,
                                                                 sis gegenüber Krankenhäusern, Ärzt*innen, Pflegehei-         der den Eintrag einer dritten positiven Geschlechtsop-
     Frauen wurde ein autonomes sexuelles Begehren ab-           men und anderen Gesundheitseinrichtungen.                    tion - divers - in das Geburtenregister möglich macht.
     gesprochen. Die heterosexuelle Ehe galt als einzige
     legitime Lebensform. Frauen waren wirtschaftlich von        REPRESSION, DISKRIMINIERUNG                                  Entsprechen Körper nicht normativen Körperbildern,
     ihren Ehemännern abhängig. Für sie war die Rolle der        UND PATHOLOGISIERUNG VON                                     veranlasst das Dritte mitunter, abfällig über sie zu spre-
     Hausfrau und Mutter vorgesehen. Erst seit 1977 dür-         TRANS* UND INTER*                                            chen; weitere Abwertungen sind z. B. falsche Anrede,
     fen Frauen ohne Erlaubnis ihres Ehemanns arbeiten ge-       Trans* und inter* Menschen sehen sich nach wie vor           Exotisierung („so interessant!“) und die Missachtung
     hen. Auch eine Scheidung war gegen den Widerstand           menschrechtswidrigen Hürden in Recht und Medizin             von geschlechtlicher Selbstbestimmung.
     des Ehemanns bis zur Familienrechtsreform 1977 kaum         ausgesetzt. Über die gesamte Lebensspanne hinweg
     möglich.                                                    schildern zahlreiche trans* und inter* Personen die me-      AKTUELLE SITUATION VON LSBTI*
                                                                 dizinische Versorgung als diskriminierend und gewalt-        IN DEUTSCHLAND
     Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1997 zum Straf-        voll. Trans* wird häufig der Zugang zu den gewünschten       Auch wenn EU-Richtlinien und das AGG Diskriminie-
     tatbestand. Wurde bekannt, dass die Mutter lesbisch         medizinischen Maßnahmen verwehrt oder massiv er-             rungen sanktionieren, gehören Homo- und Bi-, sowie
     lebte, drohte der Sorgerechtsentzug für ihre Kinder.        schwert.                                                     Trans*- und Inter*feindlichkeit lange noch nicht der
14                                                                                                                                                                                                                                                        15
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
MINDERHEITENSTRESS                                                                                                   KULTUR- UND DIVERSITÄTSSENSI-
                                                                                                                              BLE PFLEGE
         Vor allem sozial benachteiligte Gruppen sind aufgrund einer höheren Stressbelastung einer höheren                    Kultursensible Pflege14 heißt
         Krankheitsanfälligkeit ausgesetzt.                                                                                    Interesse an der Kultur von Personen zu haben
                                                                                                                               Wissen über diese Kultur zu haben und zu erkennen,
         Diese höhere Stressbelastung, auch Minderheitenstress genannt, führt bei LSBTI* dazu, dass zu den                     inwieweit die allgemeinen Regeln dieser Kultur auf
         generellen Stressoren, die von allen Menschen erlebt werden, spezifische Stressbelastungen hinzukommen.               das Individuum zutreffen
         Diese zusätzlichen Belastungen erfordern von den stigmatisierten Personen spezielle Anpassungsleistun-                eine Haltung einzunehmen, die die kulturellen
         gen. In Bezug auf LSBTI* sind vier Minderheitenstressprozesse9 zu benennen:                                           Besonderheiten erkennt und anerkennt.

           das Erleben von Gewalt und Diskriminierung bzw. LSBTI*-Feindlichkeit                                               Menschen auf ein Unterscheidungsmerkmal zu redu-
           die Befürchtung, dass Diskriminierungen eintreten                                                                  zieren (sexuelle oder geschlechtliche Identität) greift
           das Verbergen bzw. Offenbaren der eigenen sexuellen bzw. geschlechtlichen Identität                                allerdings zu kurz, reproduziert Stereotype und ignoriert
           die internalisierte LSBTI*-Feindlichkeit                                                                           die Diversität von LSBTI*. Entsprechend verwenden wir
                                                                                                                              synonym zu LSBTI*-kultursensibler Pflege den inklusi-
                                                                                                                              ven Begriff der diversitätssensiblen Pflege.

                                                                                                                              Gemäß Artikel 4 (Pflege, Betreuung und Behandlung)
     AUSWIRKUNGEN VON DISKRIMI-                                 diversitätssensiblen Umgang mit HIV und Demenz in             der Pflege-Charta begreifen wir diversitätssensible
     NIERUNG AUF DIE GESUNDHEIT                                 der Pflege.                                                   Pflege, als eine auf die Biografie abgestimmte, subjekt-
     Bekannt ist, dass der Gesundheitszustand einer                                                                           orientierte Versorgung mit dem Ziel der Förderung von
     Person damit zusammenhängt, inwieweit sie ihre IMPLIKATIONEN FÜR DIE PFLEGE                                              Autonomie, Selbstbestimmung und Teilhabe – ein Pfle-
     Sexualität und ihr Geschlecht selbstbestimmt und In Bezug auf den pflegerischen Kontext zeigt sich, dass                 geansatz von dem alle Pflegebedürftigen profitieren.
     frei leben kann.                                 es nach wie vor Zugangsbarrieren bei der Inanspruch-                    Wörtlich heißt es in der Charta: „Jeder hilfe- und
                                                                nahme von Angeboten gibt. Ausschlaggebend sind                pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf eine an
     Kriminalisierung, Pathologisierung und Tabuisierung        diskriminierende Erfahrungen, insbesondere mit me-            seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesund-
     haben enormen Einfluss auf das Leben und Erleben           dizinischen Behandler*innen bzw. vorherrschende Un-           heitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und
     von LSBTI* und sie haben Auswirkungen auf die eige-        wissenheit bei Ärzt*innen und Pfleger*innen.                  Behandlung.“15
     ne Identitätsentwicklung und das Selbstwertgefühl. So
     erleben manche (älteren) Lesben und Schwule Homo-          In Pflegeeinrichtungen fürchten sich LSBTI* vor Aus-          In Bezug auf LSBTI* heißt das, dass Sie konsequent,
     sexualität als Abweichung, was zur Ablehnung der eige-     grenzung und Isolation und verschweigen oftmals ihre          bewusst und fortlaufend die biografisch-kulturelle Di-
     nen Homosexualität (internalisierte Homonegativität)       wahre Identität. Gesundheitliche Risiken und deren            mension in der Pflegesituation mitberücksichtigen; m.
     führt. Sie schämen sich für ihr sexuelles Begehren bzw.    Folgen bleiben entsprechend unbeachtet. Die Angst             a. W. dass Sie Mehrfachzugehörigkeiten beachten, Wis-
     ihren Körper und ihre Biografie.10 „Internationalen Stu-   vor Autonomieverlust ist vor diesem Hintergrund bei           sen über die Lebenserfahrungen haben, die besondere
     dien zufolge wirken sich direkte und indirekte Diskri-     LSBTI* stärker ausgeprägt. Der Verbleib in der eigenen        Vulnerabilität von LSBTI* erkennen, die Auswirkung
     minierungs- und Gewalterfahrungen („Minderheitens-         Häuslichkeit hat daher für LSBTI* einen besonders ho-         von Minderheitenstress verstehen, Antidiskriminierung
     tress“) auf die psychische und physische Gesundheit        hen Stellenwert.                                              in der Pflege praktizieren und eine Willkommenskultur
     von Lesben und Schwulen aus […]. Dies äußert sich dar-                                                                   schaffen.
     in, dass Lesben und Schwule häufiger als Heterosexuelle    Im Pflegekontext kommt es mitunter auch vor, dass die
     von Depressionen, Ängsten, Suizidgedanken, Suiziden        Wahlfamilie als solche nicht wahrgenommen wird. Part-         Im folgenden Abschnitt erläutern Lesben, Schwule,
     sowie von Substanzmissbrauch betroffen sind.“11 Auch       ner*innen werden zum Teil nicht als primäre Bezugs-           Bisexuelle, Trans* und Inter* selber, was sie von einer
     in US-amerikanischen Studien wird bei LSB-Senior*in-       personen identifiziert und relevantes Wissen über die         guten Pflege erwarten, bevor wir später ausführlicher
     nen von einem höheren Alkoholkonsum und häufigeren         zu pflegende Person fließt nicht in die Pflegeanamnese        darauf eingehen, welche Voraussetzungen für eine di-
     psychischen Erkrankungen ausgegangen, die negative         mit ein. LSBTI* sind eine besonders vulnerable Grup-          versitätssensible Pflege bestehen müssen.
     Folgen für chronische (Alters-) Erkrankungen nach sich     pe, die insbesondere im Alter auf kenntnisreiche und
     ziehen.12 Des Weiteren ist davon auszugehen, dass LSB      respektvolle Pflege angewiesen ist. Für eine gute Pfle-
     ein höheres Risiko haben an Demenz zu erkranken.13         ge von LSBTI* ist daher eine diversitätssensible Pflege,
     Ähnliches gilt auch für trans* und inter* Personen.        d. h. eine Pflege, die individuelle Bedarfe berücksichtigt,
                                                                zentral.
     Im Aktionsfeld 4 und 5 erhalten Sie weitere Informa-
16   tionen zum Thema LSBTI* und Gesundheit, v. a. zum                                                                                                                                       17

                                                                                                                                                                                          © M. Pulver
WEIL ICH SO BIN, WIE ICH BIN - VIELFALT IN DER PFLEGE EIN PRAXIS-LEITFADEN FÜR - Schwulenberatung Berlin
Befragungen zeigen, dass LSBTI* von Diskriminierung            lassen. Wir haben Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*
     in der Pflege ausgehen. Sie wünschen sich, offen zu le-        und Inter* gefragt, was sie sich von der Pflege wünschen
     ben und hoffen auf sensibilisierte Angebote.16 In diesem       und welche Befürchtungen sie hegen.
     Leitfaden möchten wir Ihnen die Menschen, um die es
     geht, direkt vorstellen und sie selbst zu Wort kommen          Lesen Sie hier ihre Antworten:

                                                        GABRIELE
                                           Wenn ich einmal pflegebedürftig werden sollte, dann wünsche ich mir, in
                                           einer Pflegeeinrichtung zu wohnen, in der mehrheitlich Frauen leben und es
                                           mehr lesbische Pflegerinnen gibt. Es ist mir auch wichtig, von Frauen ge-
                                           pflegt und gewaschen zu werden. Wenn ich mich als lesbisch oute, möchte
                                           ich sicher sein, dass ich nicht diskriminiert werde. Diese Erfahrung habe ich
                                           ein Leben lang gemacht. Ich bin müde, mich immer rechtfertigen zu müssen,
                                           dass ich nicht verheiratet bin und keine Kinder habe. Am besten wäre es in
                                           einer Einrichtung zu leben, die betreutes Wohnen und Pflege anbietet, so
                                           dass ich, wenn ich pflegebedürftig werde, im gleichen Haus bleiben kann. Die
                                           Einrichtung sollte auch zentral gelegen sein, damit mich meine Freundinnen
                          © E. Obernauer
                                           besuchen können.

                    BURKHARD                                            MILLY UND VERENA
          Mir ist wichtig, dass                                                                       Wir wünschen uns
        ich so bin, wie ich bin                                                                       von den Pflegekräf-
         und andere so lassen                                                                         ten, dass sie freundlich
            kann, wie sie sind.                                                                       und witzig sind!

                                                     © M. Pulver                           © Privat

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DORO*(THEA) UND FREYJA PE*                                                                                                               JUSTINE
                                 Wir möchten soweit wie irgend möglich selbst entscheiden können, was wir            Was ich mir von einer Pflege-Einrichtung verspreche und erhoffe, ist die ge-
                                 wollen und brauchen und wie. Sei es vegetarisches Essen oder individuel-            und erlebte Vielfalt der dort lebenden und auch der dort arbeitenden Men-
                                 le Kleidung, sei es Beschäftigung mit Computer oder Strickwolle, egal, wir          schen.
                                 entscheiden. Wir möchten, dass unsere individuelle Würde respektiert wird,
                                 unsere Schamgrenzen nicht ignoriert werden und wir gehört werden, wenn              Gerade an einem solchen Ort kann ein respektvolles Miteinander, die Akzep-
                                 wir kommunizieren, mit Worten oder Körpersprache. Dazu gehört auch der              tanz, die Anerkennung sowie die Toleranz des Gegenübers Wesentliches be-
     Respekt vor unserer geschlechtlichen Identität. Wir möchten als Paar zusammenleben und mit unseren              wirken. Menschen so zu nehmen, wie sie sind, ist eine große Herausforderung
     Bedürfnissen als Paar respektiert werden. Wir wünschen uns Pflegekräfte, die uns als Personen behandeln         aber auch eine Bereicherung für beide Seiten, und es berechtigt ebenfalls zum
     und wertschätzen mit unseren Macken und Bedürfnissen, die sich selbst und ihre Grenzen kennen und               unverbogenen Ausleben der eigenen Ansprüche, des eigenen Seins.
     ernst nehmen, nur dann können sie uns gut behandeln.
                                                                                                                     Ich für meine Person freue mich, dass die Gesellschaft, langsam aber stetig,
     Wir befürchten, dass Pflegekräfte, die überfordert sind, Zeitplänen folgen, für jeden Handgriff eine Form       sich von Schwarz/Weiß-Prägungen trennt und begreift, dass die Welt bunt ist, denn alle Menschen sind
     im Kopf haben, die uns und unsere Bedürfnisse nicht ernst nehmen, nicht wertschätzend, individuell und          einmalig. Wir, mit unseren jeweiligen Stärken und Schwächen, unseren Bedürfnissen, unseren Talenten,
     biografisch arbeiten können mit abhängigen Personen wie uns. Wir befürchten, nicht gehört zu werden,            unseren Körperlichkeiten und unseren Lebensläufen sind eine Bereicherung für uns, die Gesellschaft, egal,
     nicht frei wählen und entscheiden zu können, ausgeliefert zu sein bei Pflege, die nur die Liste der Leu-        ob wir queer oder hetero sind, welches Geschlecht und welche sexuelle Orientierung wir haben! Haupt-
     te auf der Station jeden Tag abarbeitet. Wir befürchten Ablehnung und Diskriminierung aufgrund „nicht           sache wir sind menschlich! Es kann und sollte eine Freude sein, dort zu wohnen und dort zu arbeiten. Ich
     normgerechter“ Körperlichkeit und Misgendering. Wir fürchten uns vor den Pflegekräften, die lieber einen        bin gespannt, wie ich es eines Tages aufnehme und wie ich aufgenommen werde, wenn auch ich nicht mehr
     anderen Job hätten, uns wie ein lästiges Stück Fleisch behandeln und mit Nichtachtung und ohne Respekt          alleine klar komme und dann in eine Pflegeeinrichtung einziehe!
     behandeln.

                                                    BERND                                                                                                         GUIDO
      Vor allem wünsche ich mir, nicht pflegebedürftig zu werden. Weil ich das nicht                                                             Ich möchte im Falle der Pflegebedürftigkeit, die ja mit einer Abhängigkeit ein-
      ausschließen kann, hoffe ich auf eine Pflege, die in der Lage ist, sich auf mich                                                           hergeht, freundlich zugewandt dennoch sachlich und ohne Brimborium ver-
      als den Menschen zu beziehen, der ich bin. Das heißt in meinem Fall, auf mich                                                              sorgt werden. Sollte ich wider Erwarten unleidlich, vielleicht gar bösartig sein,
      als schwulen Mann, als Ergebnis meiner lebenslangen homosexuellen Orien-                                                                   hoffe ich auf kompetente Pfleger die in der Lage sind mit den Schrullen eines
      tierung und Identität. Sie verbergen zu müssen, käme für mich nicht infrage,                                                               unzufriedenen Alten umzugehen. „Wie geht’s uns denn heute, jetzt wollen wir
      nachdem ich mich ein Leben lang dafür eingesetzt habe, das zu vermeiden und                                                                mal Windeln wechseln“ oder „jetzt wird mal schön gegessen“, hoffe ich nicht
      weil ich genügend Beispiele dafür kenne, wie entwürdigend und demütigend                                                                   hören zu müssen. Meine größte Sorge ist tatsächlich die, von mütterlichen
      dies für die Betroffenen ist. Zur Erhaltung meiner Lebensqualität bin ich da-                                                              oder väterlichen Typen in der Verniedlichungsform oder in Kindersprache ähn-
      rauf angewiesen, mir die Teilnahme am sozialen Leben zu bewahren und mich                                                                  lichem Ton behandelt zu werden. Ebenso das Gegenteil, etwa rigide, zwanghaft
      nicht aus ihm ausgeschlossen zu erfahren.                                                                                                  eine Vorstellung wie es zu sein hat durchsetzen wollen, gar Gewalt anwendend.

      Meine Furcht besteht darin, nicht mehr in der Lage zu sein, mein Leben, also meinen Alltag selbst zu gestal-   Fazit: Ich hoffe auf Kompetenz im Sinne von Wertschätzung Achtung und Respekt und gut geschultes,
      ten. Wenn das der Fall sein sollte, was ich nicht ausschließen kann, hoffe ich auf die Unterstützung durch     menschliches Personal mit Liebe, Lust und guter Laune. Professionalität heißt das Schlüsselwort, gleich-
      Pflegekräfte, die den Menschen und nicht Pflegefall in mir erblicken, den sie zu bewältigen haben. Ich ken-    wohl weiß ich um die mehrdeutige Interpretation dieser Begrifflichkeit. Mit schwierigen Kunden umgehen
      ne gute Beispiele dafür, wie im Fall der Pflege-WG im „Lebensort Vielfalt“ in Berlin-Charlottenburg, in der    wird mit Kreativität und Besonnenheit bestimmt möglich sein. Ich gehe davon aus, selbst keiner zu sein,
      das gut funktioniert und hoffe, dass das auch in meinem Fall eines Tages klappen wird, in welchem Zusam-       aber „wääß mers“ und wenn doch bestimmt händelbar bei entsprechender Zuwendung und gutem Willen.
      menhang auch immer. Mein Wunsch besteht darin, dass sich nicht nur explizit queere Pflegeeinrichtungen         Nun noch abschließend, was mir besonders wichtig ist: Ich wünsche mir unabhängig vom Geschlecht pfle-
      um eine den Menschen entsprechend Pflege bemühen, sondern dass queere Menschen zunehmend auch                  gendes Personal mit dem Ideal ausreichend gut für ihre Schutzbefohlenen zu sorgen. Biografische Kennt-
      in traditionellen Pflegeinrichtungen davon ausgehen dürfen, die ihnen entsprechende Aufmerksamkeit zu          nisse halte ich für unabdingbar. Neigungen, Vorlieben, Interessen, Wünsche und Bedürfnisse, Kommunika-
      finden.                                                                                                        tionsstrukturen vielleicht auch eine etwaige Glaubenshaltung, überhaupt die Lebenshaltung sollte im Team
                                                                                                                     und damit den betreuenden Personen bekannt sein. Ich denke, über eine Patientenverfügung wird dabei
                                                                                                                     bereits einiges klar. Sinnvoll wäre natürlich vor einer Aufnahme solche Dinge zu erfragen, evtl. auch mit
                                                                                                                     Angehörigen und Freunden zusammen, wenn das Sinn macht und vom Bewohner gewünscht wird.
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5.                                                                                                     Um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, empfehlen wir
                                                                                                              Ihnen die Implementierung auf unterschiedlichen Or-
                                                                                                              ganisationsebenen. Wesentlich dabei ist auch die Ver-
                                                                                                              ankerung im Qualitätsmanagement (QM) Ihrer Ein-
                                                                                                                                                                           SCHRIFT

                                                                                                                                                                           Leitbild
                                                                                                                                                                           Ein Leitbild ist wesentlich für Unternehmen. Es hat die

    WIE DIE
                                                                                                              richtung. Stellen Sie sicher, dass LSBTI*-kultursensible     Funktion das Selbstverständnis, Wertevorstellungen,
                                                                                                              Pflege in der Struktur, - Prozess- und Ergebnisqualität      sowie Ziele einer Organisation transparent zu machen
                                                                                                              abgebildet ist. Wägen Sie auf Basis Ihrer Ressourcen         und dient als Orientierung für Mitarbeitende, aber auch
                                                                                                              ab, bei welchen Aktionsfeldern und Maßnahmen Sie             für Bewohner*innen und Klient*innen. Stellen Sie daher
                                                                                                              Schwerpunkte setzen möchten und identifizieren Sie           sicher, dass Vielfalt im Leitbild verankert ist und benen-
                                                                                                              Kernprozesse für Ihr QM.                                     nen Sie LSBTI* als Anspruchsgruppe explizit. Weisen

   VIELFALT
                                                                                                                                                                           Sie zum Beispiel darauf hin, dass Sie kultursensible Pfle-
                                                                                                                                                                           ge auch für LSBTI* umsetzen. Potentielle LSBTI*-Mit-
                                                                                                              KOMMUNIKATION:                                               arbeitende bzw. -Klient*innen sind darin geübt, nach
                                                                                                                                                                           Hinweisen Ausschau zu halten, die eine offene Haltung
                                                                                                              VIELFALT DURCH                                               andeuten. Platzieren Sie Ihr Leitbild an einem zentralen
                                                                                                              SCHRIFT, WORT UND                                            Platz in Ihrer Einrichtung oder in Ihren Büroräumlich-

SICHTBAR UND
                                                                                                              BILD DARSTELLEN                                              keiten, sowie online auf Ihrer Website, um das Leitbild
                                                                                                                                                                           allen bekannt zu machen. Eine weitere Möglichkeit ist,
                                                                                                              In den LSBTI*-Communities hat sich eine bestimmte            dass Leitbild als Anlage des Pflegevertrages bzw. Ar-
                                                                                                              Kultur entwickelt, die wie in anderen Kulturen auch,         beitsvertrages auszuhändigen.
                                                                                                              in den vorherrschenden Wertevorstellungen, Struktu-
                                                                                                              ren und in der Sprache und Symbolen zum Ausdruck             Gendersensible Sprache

LEBENDIG WIRD
                                                                                                              kommt.                                                       Aufgrund der Tatsache, dass Sprache die Wahrneh-
                                                                                                                                                                           mung lenkt, ist der Gebrauch einer gendersensiblen
                                                                                                              Wie in Kapitel 3 ausführlich dargestellt, wird das The-      Sprache eine einfache und wirkungsvolle Möglichkeit,
                                                                                                              ma sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in der Pflege       geschlechtliche Vielfalt, d. h. auch weibliche, inter* und
                                                                                                              oft noch tabuisiert. Pflegebedürftige LSBTI* sind häufig     nicht-binäre Personen sichtbar zu machen, Identifika-
                                                                                                              unsichtbar und ihre Identität wird nicht wahrgenom-          tion zu ermöglichen und zur Geschlechtergleichstellung
                                                                                                              men. Damit Vielfalt in einer Einrichtung gelebte Reali-      beizutragen. Sprache ist in ständiger Veränderung und
                                                                                                              tät wird, ist eine selbstverständliche Repräsentation von    passt sich den Lebensumständen an. Wir empfehlen die
                                                                                                              sexueller und geschlechtlicher Vielfalt essentiell.          Verwendung des Gender-Sternchens (Asterisk), das als
        Im folgenden Abschnitt erhalten Sie Anregungen zur praktischen Umsetzung                                                                                           Platzhalter fungiert und Raum für weitere Selbstbe-
       diversitätssensibler Pflege in Ihrer Einrichtung. Die Aktionsfelder sind in sechs                      Wichtig dabei ist, dass es nicht um einen Sonderstatus       schreibungen gibt.
      Themenblöcke gegliedert. Für eine bessere Umsetzung ist jedem Aktionsfeld eine                          für LSBTI* geht, sondern um deren Inklusion. Werden
                                                                                                              in der Unternehmenskommunikation LSBTI* berück-              Weitere Möglichkeiten sind der Gender-Gap (Unter-
     Checkliste beigefügt, die Ihnen dabei hilft, zu überprüfen, welche Voraussetzungen
                                                                                                              sichtigt, führt das dazu, dass sich LSBTI* angenommen        strich), eine geschlechtsneutrale Formulierung oder
       Sie schon erfüllen und die Ihnen vorschlägt wie Sie konkret vorgehen können.                           fühlen. Für LSBTI* bedeutet Repräsentation in Schrift,       Abkürzungen.
                                                                                                              Wort und Bild, dass es sich um eine Pflegeeinrichtung
         Weiterführende Informationen zu den einzelnen Aktionsfeldern finden Sie                              handelt, die sich mit ihren Bedarfen auseinandergesetzt
                                                                                                              hat, die Diskriminierung erkennt und eingreift, letztlich,      Gender-Sternchen: Pfleger*in
                                am Ende des Leitfadens.                                                       dass es sich um eine LSBTI*-freundliche Einrichtung             Gender-Gap: Pfleger_in
                                                                                                              handelt, in der es möglich ist, offen über sexuelle und         Geschlechtsneutrale Formulierung:
                                                                                                              geschlechtliche Identität zu sprechen.                          Pflegekraft, Pflegende
                                                                                                                                                                              Abkürzung: PK
       HINWEIS:                                                                                               Wie es Ihnen gelingt, Vielfalt in Dokumenten und Bil-
       Eine weitere Möglichkeit den Status Quo Ihrer Einrichtung zu prüfen, bietet Ihnen der Diversity        dern sichtbar zu machen, und was Sie bei der Gesprächs-
       Check – eine umfassende Checkliste, die Sie unter www.qualitaetssiegel-lebensort-vielfalt.de finden.   führung beachten sollten, erfahren Sie im Folgenden:

22                                                                                                                                                                                                                                      23
Veraltete Möglichkeiten, die geschlechtliche Vielfalt                                                                   Neben der Berücksichtigung geschlechtlicher Vielfalt
     nicht umfassend darstellen, sind die zweigeschlecht-              HINWEIS:                                              in der Gesprächsführung, ist die Berücksichtigung der            HINWEIS:
     liche Benennung (Pfleger und Pflegerinnen), das Bin-              Die Vorauswahl von Kategorien ist bei vielen          sexuellen Vielfalt ebenso wichtig. Bedenken Sie, dass            Die Umstellung auf eine gendersensible (An)
     nen-I (PflegerIn), die Klammer (Pfleger(innen)) oder              Pflegesoftware-Anbietern nach wie vor he-             LSBTI* beim Kennenlernen neuer Menschen immer                    Sprache ist ein Prozess und benötigt Zeit.
     der Schrägstrich (Pfleger/in).                                    teronormativ geprägt. Offene Anmerkungs-              vor der Frage des Outings stehen und für sich abwägen            Erstellen Sie im Team, mit einer Arbeits-
                                                                       felder können als Zwischenlösung verwendet            müssen, ob ein Outing sicher ist oder ob es zu Diskri-           gruppe, dem Qualitätszirkel, Ihren eigenen
     Stellen Sie sicher, dass Sie gendersensible Sprache ein-          werden.                                               minierung führt. Diese Situation insbesondere im Kon-            Sprach-Leitfaden, um Unklarheiten aus dem
     heitlich und konsequent anwenden. Überprüfen Sie                                                                        text der Pflegebedürftigkeit ist für LSBTI* mit enormen          Weg zu räumen und Mitarbeitende mitzu-
     Ihre Arbeitsdokumente (QM-Dokumente, Leitbild,                                                                          Stress verbunden (Minderheitenstress). Schaffen Sie              nehmen. Eine gute Umsetzung gelingt, wenn
     Arbeitsanweisungen, Prozessbeschreibungen etc.), Öf-         WORT                                                       daher eine offene Atmosphäre, die es LSBTI* erleich-             Sie gendersensible Sprache in Ihrem Alltag
     fentlichkeitsmaterialien (Flyer, Homepagetext, etc.),                                                                   tert, sich im Aufnahmegespräch oder bei der Biografie-           integrieren und so als Leitungskraft Vorbild
     Anschreiben u. a. und passen Sie die Dokumente ggf.          Auch in der gesprochenen Sprache kommt gendersen-          arbeit zu outen. Dies gelingt beispielsweise, indem Sie          für Ihre Mitarbeitenden sind.
     an.                                                          sible Sprache zur Anwendung. Das Gender-Sternchen          offene Fragen stellen und nicht etwa Fragen, die Hete-
                                                                  kann durch eine kurze Pause zum Ausdruck gebracht          rosexualität implizieren. Fragen Sie Frauen nicht mehr
     Gendersensible Sprache in Texten und Dokumenten be-          werden. Beispiel: „Bewohner [Pause] innen“                 automatisch nach ihrem Ehemann oder Männer nicht            Pride-Fahnen) oder Abbildungen in Regenbogen-
     trifft im Kontext der Pflege vor allem die Geschlechts-                                                                 automatisch nach ihrer Ehefrau, sondern nach wichti-        optik, um LSBTI*-Freundlichkeit darzustellen.
     abfrage beispielsweise in personenbezogenen Doku-            Achten Sie insbesondere bei Ansprachen an Gruppen          gen Beziehungen. Offene Fragen machen es Klient*in-
     menten, wie z. B. Stammdatenblätter (von Klient*innen        auf die Benennung der Geschlechtervielfalt. Vermeiden      nen und Bewohner*innen leichter, über ihr Leben zu          Wird die Außendarstellung mit Fotos gestaltet, können
     und Mitarbeitenden). Die Auswahlmöglichkeiten bezo-          Sie Sätze wie „Sehr verehrte Damen und Herren“ und         sprechen, das möglicherweise anders als das der Mehr-       beispielsweise gleichgeschlechtliche Paare gezeigt wer-
     gen sich bisher in den allermeisten Fällen auf männlich      verwenden Sie inklusive Anreden, wie „Sehr verehrte        heitsgesellschaft verlaufen ist. Stellt sich dabei her-     den. Achten Sie auf die Heterogenität von LSBTI* und
     oder weiblich. Spätestens seit dem Urteil des Bundes-        Teilnehmende“.                                             aus, dass Personen gleichgeschlechtliche Beziehungen        machen Sie weitere Vielfaltsmerkmale wie zum Bei-
     verfassungsgerichtshofes 2017, wonach ausschließlich                                                                    haben oder hatten, dann übernehmen Sie die Begriffe         spiel Alter, Hautfarbe und Behinderung sichtbar. Eine
     binäre Einträge (weiblich und männlich) im Geburten-         Ziehen Sie auf Basis des Aussehens, des Namens, der        der sexuellen Orientierung, mit denen sich die Bewoh-       gleichwertige Darstellung aller Personen ist das Ziel.
     register gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und       Stimme oder sonstiger Merkmale keine Rückschlüsse          ner*innen selbst identifizieren. Beschreibt sich eine Be-   Vermeiden Sie stereotype Klischees (z. B. Leitungs-
     Diskriminierungsverbot verstoßen, sollten sich Pflege-       auf die Geschlechtsidentität bzw. auf das gewünschte       wohnerin als frauenliebend, sollten Sie nicht den Begriff   team ist männlich, Pflegekräfte sind weiblich etc.) und
     einrichtungen mit der Einführung einer dritten Ge-           Pronomen einer Person. Wenn Sie in Kontakt mit ei-         lesbisch verwenden, da dieser u. U. für diese Frau nega-    reproduzieren Sie nicht LSBTI*- feindliche und rassis-
     schlechtsoption auseinandersetzen. 2018 wurde vom            ner unbekannten Person treten (z. B. neue*r Klient*in),    tiv konnotiert sein kann.                                   tische Darstellungen. Fehlen diversitätssensible Abbil-
     Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf beschlossen, der          fragen Sie nach der gewünschten Ansprache und nach                                                                     dungen in Ihrem Unternehmen, setzen Sie Ihrer Kreati-
     den Eintrag einer dritten Geschlechtsoption in das Ge-       gewünschtem Pronomen. So schaffen Sie insbesondere         Beachten Sie auch, dass LSBTI* häufig Ablehnung             vität keine Grenzen. Veranstalten Sie ein Fotoshooting
     burtenregister möglich macht. Mit dem Eintrag „divers“       bei der Aufnahme neuer Klient*innen Vertrauen und si-      von ihrer Herkunftsfamilie erfahren haben, für vie-         mit Ihren Mitarbeitenden und Bewohner*innen. Fotos,
     sollen inter* Personen anerkannt werden.                     gnalisieren Respekt gegenüber geschlechtlicher Selbst-     le LSBTI* sind daher Freund*innen, die sogenannte           die Vielfalt abbilden, finden Sie aber auch auf Foto-
                                                                  bestimmung. Verankern Sie geschlechtliche Selbstbe-        Wahlfamilie, das wichtigste Unterstützungssystem.           stock-Datenbanken. Suchen Sie nach Begriffen wie
     Stellen Sie sich für Ihre Einrichtung die Frage, inwiefern   stimmung in Ihrem QM.                                      Überprüfen Sie entsprechend Stammdatenblätter               „queer“ oder „LGBTI und Alter“.
     es überhaupt nötig ist das Geschlecht Ihrer Klient*in-                                                                  oder Biografiebögen und ergänzen Sie neben Begrif-
     nen und Mitarbeitenden zu erfassen. Erachten Sie eine        In Bezug auf die Anrede im Schriftverkehr (Briefe,         fen wie Angehörigen auch „die Wahlfamilie“, um viel-        Eine weitere Option Diversitätssensibilität in der on-
     Geschlechtserfassung als notwendig, dann können Sie          E-Mails) gibt es eine Vielfalt an genderneutralen Be-      fältige Lebensrealitäten sichtbar zu machen. Gestalten      line Außendarstellung deutlich zu machen, ist die Ver-
     das Antwortfeld offen lassen oder auch Mehrfachant-          grüßungsformen:                                            Sie die Informationssammlungen so offen wie möglich.        linkungen zu entsprechenden Veranstaltungen oder
     worten zulassen. Mindestanforderung ist die Aufnahme                                                                                                                                LSBTI*-Organisationen.
     einer dritten Option.                                          Guten Tag/Morgen/Abend (Vorname Nachname)
                                                                    Sehr geehrte*r (Vorname Nachname)                        BILD                                                        Nähere Informationen für die Verbesserung der Sicht-
                                                                    Hallo (Vorname Nachname)                                                                                             barkeit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt innerhalb
        Geschlecht:                                                 Seien Sie gegrüßt (Vorname Nachname)                     Die Repräsentation von LSBTI* mittels Abbildungen ist       von Pflegeeinrichtungen und Details zur Gestaltung
                                                                                                                             in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit äußerst relevant.    einer LSBTI*-freundlichen Infrastruktur in Unterneh-
                                                                  In Ihrer E-Mail Signatur können Sie Ihr Vorgehen er-       Identifizieren Sie die wichtigsten Medien (Flyer,           men (z. B. Beschilderungen) finden Sie im Aktionsfeld
        Geschlecht:                                               läutern und nach der künftig gewünschten Anrede fra-       Homepage, Social Media) in Ihrem Unternehmen                Wohn- und Lebenswelten.
        divers   weiblich       männlich                          gen (z. B.: Wir benutzen eine inklusive Grußformel, weil   und nehmen Sie LSBTI* in Ihrer Bildsprache mit
                                                                  wir gerne alle Menschen mit Ihrer bevorzugten Anrede       auf. Passend zu Ihrer Unternehmenskultur können
                                                                  ansprechen möchten. Wenn Sie mit einem konkreten           LSBTI*-Lebenswelten        durch    Symbole,      Grafi-
                                                                  Pronomen angeschrieben werden möchten, teilen Sie          ken oder Fotos dargestellt werden. Verwen-
                                                                  uns das gerne mit).                                        den Sie beispielsweise die Regenbogenfahne (o. ä.
24                                                                                                                                                                                                                                                   25
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