WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank

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WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
Frühling 2022

WERTPAPIER
     Das Magazin der Luzerner Kantonalbank

      — Lebensraum —
Gemeinsam ein Zuhause schaffen
      Ortskerne: Zentrumsentwicklung im Kanton Luzern
      Verbundenheit: Zuhause ist mehr als ein Wohnort
         Ratgeber: Informatives rund ums Eigenheim
WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
Auf dem Titelbild: Rugby Club Luzern
      110 Aktivmitglieder,            Gründungsjahr: 1979                                     Schweizermeistertitel Dangels:
      46 Passivmitglieder             Gründungsjahr Frauenteam «Dangels»: 1994                8 (im 15er-Rugby)

                Langlauf-Team
                 Rickenbach

                   96 Mitglieder

                Gründungsjahr: 2005

                 2 Snowmobile mit
                                                                                                                               Cover: Herbert Zimmermann

                 Loipenspurgeräten

               Loipe Rickenbach:         Das Langlauf-Team Rickenbach auf der hauseigenen Loipe,
           8,1 km, 120 Höhenmeter,            die der Verein mit viel Engagement instand hält.
                 1 Loipenstübli

WE R T PA P I E R
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WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
EDITORIAL

                            «Halten Sie gerne einen Schwatz
                            mit den Nachbarn?»
                                                                               Liebe Leserinnen
                                                                               Liebe Leser

                                                                               Stehen Sie beim Dorffest hinter der
                                                                               Theke? Oder engagieren Sie sich – so wie
                                                                               über die Hälfte der Luzernerinnen und
                                                                               Luzerner – in einem Verein oder einem
                                                                               Verband? Dann tun Sie etwas ganz
                                                                               Wichtiges: Sie schaffen Gemeinschaft.
                                                                               Und Sie leisten damit einen Beitrag zur
                                                                               Lebensqualität in Ihrer Region. Denn
                                                                               die Attraktivität von Gemeinden definiert
                                                                               sich über viel mehr als nüchterne
                                                                               Faktoren wie Verkehrsanbindung oder
                                                                               Steuerfuss.

                                                                               Wir alle können viel dazu beitragen, wie
                              Daniel Salzmann, CEO Luzerner Kantonalbank       lebenswert unser Umfeld ist und bleibt.
                                                                               Das verlangt zwar Eigeninitiative,
                                                                               bringt dafür aber allen etwas. Wie Mosaik-
                                                                               steinchen tragen selbst vermeintlich
                                                                               kleine Aktivitäten zum grossen Gesamt-
                                                                               bild bei.

                                                                               Diese WERTPAPIER-Ausgabe widmet
                                                                               sich verschiedenen Aspekten unseres
                                                                               Lebensraums und vor allem den
                                                                               Menschen, die ihn mit ihren Ideen und
                                                                               Taten mitgestalten.

                                                                               Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der
                                                                               Lektüre.

                                                                               Daniel Salzmann
                                                                               CEO Luzerner Kantonalbank
Foto: Eveline Beerkircher

                                                                           3                                                WE RT PA P I E R
                                                                                                                                 Frühling 2022
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                                Fotos: Mischa Christen, Patrick Hoerdt; Illustration: Pia Bublies
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INHALTSVERZEICHNIS

                          Storys                                                                         Ratgeber
6	Made in Lucerne                                                                                 36	Gut zu wissen: Luzern, der Freizeitkanton
	     Luzerner Produkte, die Ihren Lebensraum verschönern.                                            Die etwas andere Kantonskarte.

7 Meine Meinung: Marcel Perren                                                                     37Ein Eigenheim bringt Verpflichtungen
	Der Luzerner Tourismusdirektor über den Einfluss von                                            	Der Kaufpreis ist nicht das Einzige, was man beim Erwerb
   Gästen aus aller Welt auf den Kanton Luzern.                                                      von Wohneigentum beachten muss.

8 Spektrum: Luzerner Vereine                                                                       38 Sanieren: Erst durchplanen, dann loslegen
	Die Bildstrecke beleuchtet neun Vertreter unserer                                               	Eine Renovation kann in gewissen Fällen teurer sein
   facettenreichen Vereinslandschaft.                                                                als ein Neubau. Darum ist es wichtig, sich früh die richtigen
                                                                                                     Fragen zu stellen.
16 Luzern: Lebensraum in Entwicklung
	Diese drei Luzerner Gestaltungs- und Bauprojekte setzen                                          40	Wortschatz: Stockwerkeigentum
  sich für lebenswerte Ortszentren ein.                                                            	Antworten auf sieben Fragen, die in einer Eigentümer­
                                                                                                     gemeinschaft zu Konflikten führen können.
21	Zukunftsaussichten
	Wie wird sich der Lebensraum Luzern in den                                                      41	Was schätzen Sie an Ihrer Nachbarschaft?
   nächsten Jahren verändern? Raumentwickler Mirco Derrer                                          	Passantinnen und Passanten erzählen, warum Nachbarschaft
   im Interview.                                                                                     mehr ist als Waschplanstreit und Lärmklagen.

22 Zu Hause angekommen                                                                             42 Sparen: Wie finanziere ich mein
	Sechs Menschen erzählen, warum sie sich mit dem Kanton                                               Eigenheim?
  Luzern verbunden fühlen.                                                                         	Tipps, wie Sie zum Eigenkapital für Ihren Wohntraum
                                                                                                     kommen.
26 Durchblick: Städte der Zukunft
	     Wie urbane Räume von morgen gestaltet sein könnten.                                         43 Fragen & Antworten
                                                                                                   	Praktisches Wissen zu den Themen Wohnen und Eigenheim.
28 Augen auf im Alltag
	Die Littauer Heimatschützerin Judith Schubiger führt uns an                                      44 Zahlen: Die QR-Rechnung ist da!
  Stadtluzerner Plätze mit faszinierender Geschichte.                                              	Die Zukunft des digitalen Zahlens einfach erklärt.

32 Wer lebt hier?                                                                                  46	Vorsorge: So klappt’s mit dem
	David Preiswerk weiss, was wir zum Schutz unserer                                                   Erbvorbezug
  Naturräume tun können.                                                                           	Worauf muss ich bei einem frühzeitigen Übertrag meines
                                                                                                     Erbes achten?
34 Von Willisau in die Welt
	Dank Qualität und Innovation besteht die Willisau Group                                          47	Anlegen: Wohin mit einem plötzlichen
  seit fast einem Jahrhundert im umkämpften Möbelmarkt.                                                Geldsegen?
                                                                                                   	Diese zwei Investitionstypen gibt es.
Impressum
                                                                                                   48	Crowdsupporting: Es krabbelt in
                                                                                                      Wolhusen
                                                                                                   	Ein bekannter Fotograf siedelt dank Funders seltene
                                                                                                     Insekten im Tropenhaus an.

                                                                                                   50	Persönlich: Eliane
Herausgeberin:                                       Gesamtauflage: 74’550
Luzerner Kantonalbank AG                             Druck: Multicolor Print AG
Pilatusstrasse 12                                    Litho: KRT Media AG
6003 Luzern                                                                                        	Warum die Sängerin in den Kanton Luzern zurückgekehrt
                                                     Copyright: Luzerner Kantonalbank AG
Redaktion:                                           (Nachdruck nur mit Quellenangabe)               ist.
Luzerner Kantonalbank AG: Martina Jenny (Leitung)
Polarstern AG: Andreas Renggli, Pascal Zeder         Abonnement:
                                                     Ab-/Bestellung des Magazins via
Redaktionelle Mitarbeit:                             lukb.ch/magazin oder +41 (0)844 822 811
Anna Chudozilov, Nicole Krättli, Anna Meyer,
Laura Scheiderer, Daniel Schriber, Jonas Wydler      März 2022, erscheint halbjährlich

Inhaltskonzept/Redaktion/Crossmedia: Polarstern AG
Gestaltungskonzept/Layout:
Agentur Guido Von Deschwanden

                                                                                               5                                                    WE RT PA P I E R
                                                                                                                                                          Frühling 2022
WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
MADE IN LUCERNE

                                                                                                            Aus einer
                                                                                                            vergangenen
                                                                                                            Zeit
                                                                                                            Die Möbelkollektion
                                                                                                            «CASE» der Ruswiler
                                                                                                            Möbelwerkstatt IGN. by
                                                                                                            Vogel Design AG zeigt
                                                                                                            Massivholzmöbel, die an
                                                                                                            Reisekoffer von vor einem
                                                                                                            Jahrhundert erinnern.
                                                                                                            Gestapelt, auf Rollen oder
                                                                                                            mit Rohstahlfüssen – die
                                                                                                            Holzkisten sind vielseitig
                                                                                                            einsetzbar.
                                                                                                            ign.swiss

Farbtupfer für Ihr Zuhause
Spezielle Accessoires sind das i-Tüpfchen jeder Einrichtung. Einige Extras aus
dem Kanton Luzern für die Verschönerung des eigenen Wohnraums.

     Kuratiert von DesignSchenken

                                                 Ideen Raum                                                       Eisbrecher
                                                                                                                  Im «Guestbook» der
                                                 geben                                                            (Wahl-)Luzerner Designerin
                                                 Wer seine Gedanken und                                           Dominique Fischer
                                                 Ideen gerne auf Papier                                           erwarten Ihre Gäste
                                                 festhält, lässt seine Notiz-                                     kreative und überraschende
                                                 hefte an verschiedenen                                           Fragen über deren
                                                 Orten in der Wohnung
                                                                                Design für                        kulinarische Vorlieben.
                    Keramik für                  liegen – umso besser,
                                                 wenn diese optisch             die Wand
                                                                                                                  Die Antworten liefern
                                                                                                                  Gesprächsstoff und sind
                    die Kleinen                  ansprechend sind. Dieses       Design-Kunst aus der              später eine Erinnerung
                    Nina Steinemanns             Notizheft ist bedruckt         Region hilft gegen kahle          an Abende in guter
                    Keramikwerke erfreuen        mit Kunst von Helena           Wände: Das Luzerner               Gesellschaft.
                    Gross und Klein. Mit dem     Baumeler der Stiftung für      Weltformat Graphic
                                                                                                                  fideadesign.com
                    Kindergeschirr der           Schwerbehinderte Luzern        Design Festival bietet in
                    Neuenkircherin lässt sich    (SSBL).                        seinem Onlineshop
                    nicht nur gut essen, ganze                                  verschiedene Plakate an,
                                                 geschenkshopssbl.ch
                                                                                                                                               Fotos: zVg; Plakat: Kamila Jasinska

                    Geschichten stecken in                                      die in den vergangenen
                    den liebevoll gestalteten                                   Jahren am Weltformat
                    Tellern und Bechern.                                        ausgestellt oder
                                                                                ausgezeichnet wurden.
                    ninasteinemann.com
                                                                                weltformat-festival.ch

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                          6
WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
MEINE MEINUNG

                                                               Ein freundliches «Willkommen»
                                                               ist der grösste Trumpf
                                                               Meine Heimat, ein Ferienziel – die         den Kultur-, Gesundheits- oder Luxus-
                                                               Luzernerinnen und Luzerner teilen          tourern? Zu den Natur-, Genuss- ­oder
                                                               ihre Stadt seit Jahrhunderten mit          Party-People, welche die Stadt, den See
                                                               Gästen aus aller Welt. Bis vor zwei        oder die Berge besuchen? Wir können
                                                               Jahren die Besuche abrupt abrissen.        den Umgang mit dem öffent­lichen
                                                               Das hat der Region leere Hotels            Raum nur dann bestimmen, wenn wir
                                    Marcel Perren,             ­beschert und drastisch aufgezeigt, was    uns bewusst darüber sind, wie wir
                              Luzerner Tourismusdirektor
                                                               verloren geht, wenn Reisende nicht         ihn selbst andernorts einfordern. Die
                                                               länger ihren Weg nach Luzern finden.       Places to be sind überall auf der Welt
                                                                                                          bekannt wie beliebt. Sich dort willkom-
                                                               Der Tourismus wird sich wandeln und        men zu fühlen, weckt ein Gefühl von
                                                               damit auch das Bild, das sich uns          Achtung und Wertschätzung gegenüber
                                                               im öffentlichen Raum Luzerns bietet.       einem Land und den Menschen, die
                             Zur Person                        Fünf Trends zu neuen Reiseabsichten        dort zu Hause sind. «Der beste Ort zum
                                                               und -erwartungen zeichnen sich             Leben» – einem solchen Hit auf Social
                             Marcel Perren führt als           laut verschiedenen Fachanalysen ab:        Media würden wohl auch Sie folgen.
                             Luzerner Tourismusdirektor                                                   Das gilt ja nicht nur für Reisedestina­
                             die Luzern Tourismus AG           Reisen sollen berühren: Wir suchen         tionen: Schwärmen gute Freunde und
                             (LTAG). Die LTAG ist ver­         uns in Zukunft Ziele, die bewegen und      viele andere von einem Restaurant,
                             antwortlich für Positionierung,   die uns tiefer in ein Land und seine       gehen auch Sie bestimmt einmal hin.
                             Marktbearbeitung, Öffentlich-     Kultur eintauchen lassen. Emotionale
                             keitsarbeit und Gästebetreuung    Erfahrungen und bereichernde Begeg-        Gerade in der Post-Coronazeit bringen
                             im Interesse zahlreicher          nungen sind dabei wichtig.                 Reisende mehr als Einnahmen. Sie
                             Partner aus der Tourismus-                                                   werden dazu beitragen, das zu beleben,
                             branche der Destination           Lokales ist Trumpf: Die Neugier an         was das Leben hier am Vierwaldstätter-
                             Luzern-Vierwaldstättersee.        einer Destination wächst. Regionales       see so attraktiv macht: Die inspirierende
                                                               gewinnt an Bedeutung.                      Kultur, die imposanten Naturerlebnisse
                                                                                                          und die grossartige Gastronomie.
                                                               Fernweh bleibt: Wir reisen gerne, aber     Das ist die andere Seite der touristischen
                                                               weniger häufig. Bleiben dafür länger       Realität: So viele Bergbahnen, Boote,
                                                               vor Ort.                                   Restaurants, Theater und Konzerte
                                                                                                          verkehren, sind geöffnet, finden statt,
                                                               Zug statt Flug: Die Rücksicht auf die      weil Gäste unsere Region besuchen.
                                                               Natur steht mehr denn je im Fokus.         Dieses System gilt es, positiv zu stärken:
                                                                                                          Glückliche Einwohnerinnen und
                                                               Lieber individuell: Der Wunsch             Einwohner machen eine glückliche
                                                               nach persönlichen Reiseerlebnissen         Region aus – und einen grossartigen
                                                               verdrängt den Gruppentourismus.            Ort für einen Besuch. Ein freundliches
                                                                                                          «Willkommen» bleibt dabei der grösste
                                                               In Luzern spürten wir diese Entwick-       Trumpf.
                                                               lungen bereits vor der Corona-­
Illustration: Carole Isler

                                                               pandemie, die Reisebeschränkungen
                                                               der letzten zwei Jahre beschleunigte sie
                                                               zusätzlich. Doch wie stehen wir in
                                                               Luzern zu den Kurzzeitbesucherinnen,

                                                                                    7                                                  WE RT PA P I E R
                                                                                                                                            Frühling 2022
WERTPAPIER-Lebensraum - Gemeinsam ein Zuhause schaffen - Das Magazin der Luzerner Kantonalbank
SPEKTRUM

                     Hier finden
                    wir zusammen
                                           Herbert Zimmermann

       Der Kanton Luzern ist eine Vereins-          sie Engagement und Herzblut für
       hochburg: Rund zwei Drittel der              die Sache ein. Die kantonale Vereins-
       Luzerner Bevölkerung engagieren sich         landschaft gestaltet durch ihre Diversität
       freiwillig in Verbänden oder gemein­         unseren Lebensraum mit: Musikvereine,
       nützigen Gruppen, rund 54 Prozent aller      Sportclubs, politische Parteien, Jass-
       Luzernerinnen und Luzerner nehmen            freunde, Fasnachtsgruppen, kulturelle
       regelmässig an Veranstaltungen eines         Organisationen – der Verein ist ein
       Vereins, Klubs, einer Partei oder einer      ­wandelbares Gefäss. Kein Wunder also,
       kulturellen Vereinigung teil. Diese Zahl      bietet er so vielen Menschen ein
       liegt deutlich über dem Schweizer             Zuhause.
       Durchschnitt von 48 Prozent. 4273
       Einträge zählt das Vereinsverzeichnis        Unsere Bildstrecke «Spektrum» stellt
       im Kanton Luzern, das entspricht einem       die Schaffenskraft und das Engagement
       Verein pro 100 Einwohnerinnen und            verschiedener Clubs, Teams und
       Einwohner. Die meisten davon bieten          Gruppen vor. Dies im Wissen, dass die
       ein Freizeitangebot, das man zusammen        Luzerner Vereinslandschaft noch viel
       mit anderen wahrnimmt. Dafür fordern         mehr zu bieten hätte.
                                                                                                 Quelle: LUSTAT

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                   8
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SPEKTRUM

     Swim Team
      Lucerne

     300 Mitglieder

  Gründungsjahr: 2017
(Fusion aus SV Kriens und
       SV Emmen)

150 aktive Schwimmerinnen
      und Schwimmer

   1100 Schwimmkurse
         pro Jahr

                            Die Nachwuchsschwimmerinnen und -schwimmer des Swim Team Lucerne
                                         trainieren in der Sportarena Campus Sursee.

                                                          9                                    WE RT PA P I E R
                                                                                                    Frühling 2022
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Kynologischer
                                                                        Verein Luzern

                                                                           304 Mitglieder

                                                                        Gründungsjahr: 1900

                                                                          Vereinsbibliothek
                                                                        mit über 1400 Büchern
                                                                          zum Thema Hund

                                                                         Über 1000 Stunden
                                                                        Hundetraining jährlich

      Der Kynologische Verein Luzern auf seinem Trainingsplatz:
Auf über 6000 Quadratmetern können sich die Vierbeiner hier austoben.
SPEKTRUM

                                                                       Fleckenzunft
                                                                      zu Beromünster

                                                                           99 Mitglieder

                                                                    Gründungsjahr: 1901 (damals
                                                                       Böggenzunft Münster)

                                                                     Anzahl Ehrenzünftlerinnen
                                                                       und Ehrenzünftler: 8

                                                                      1984: 1. Zunftmeisterin
                                                                        im Kanton Luzern

Ein Oldtimer als Merkmal: Die Fleckenzunft Beromünster zeigt sich
   an wichtigen Anlässen in ihrem 13-Plätzer mit Jahrgang 1929.

                             11                                                        WE RT PA P I E R
                                                                                            Frühling 2022
SPEKTRUM

                                                                                           Theatergesellschaft
                                                                                                 Ruswil

                                                                                                  51 Mitglieder

                                                                                              Gründungsjahr: 1870

                                                                                             Aufgeführte Stücke seit
                                                                                               der Gründung: 70

                                                                                              Anzahl Schauspielende
                                                                                           in der aktuellen Produktion:
                                                                                                         14

                    Verspielt: Die Theatergesellschaft Ruswil zeigt ihre kreative Seite.

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                     12
Seilziehclub
                                                                                                 Luthern

                                                                                                 70 Mitglieder

                                                                                              Gründungsjahr: 1980

                                                                                             4 Nationalmannschafts-
                                                                                                    Seilzieher

                                                                                             Gewicht Seilziehschuhe
                                                                                             (pro Schuh Grösse 44):
                                                                                                     1,9 kg

Die Athleten des Seilziehclubs Luthern hängen sich voll ins Seil. Mit Erfolg: Das Team ist
      aktueller Schweizer-Cup-Sieger in den Kategorien 640 und 680 Kilogramm.
Handharmonika-
                                                                             Club Dagmersellen
                                                                                & Umgebung

                                                                                   32 Mitglieder

                                                                               Gründungsjahr: 1938

                                                                              Altersspanne Mitglieder:
                                                                             64 Jahre (Jahrgang 1942 bis
                                                                                   Jahrgang 2006)

                                                                             Anzahl Wohngemeinden
                                                                               der Mitglieder: 23

Der Handharmonika-Club Dagmersellen & Umgebung präsentiert seinem Publikum
                eine vielseitige Auswahl an Orchesterstücken.
SPEKTRUM

                                                                                               Samariter
                                                                                              Adligenswil
                                                                                              Udligenswil

                                                                                                43 Mitglieder

                                                                                             Gründungsjahr: 1978

                                                                                      Ausgebildete in Notfallkursen
                                                                                           pro Jahr: ca. 170

                                                                                        7 Simulationspuppen und
                                                                                        3 Übungsdefibrillatoren.

Der Samariterverein Adligenswil Udligenswil ist nicht nur selbst für den Notfall gerüstet,
           in zahlreichen Kursen gibt er sein Erste-Hilfe-Know-how weiter.

                                           15                                                                   WE RT PA P I E R
                                                                                                                     Frühling 2022
LEBENSRAUM

                                     Die Entwicklung
                                       im Zentrum
                Der Raum, in dem wir leben, soll immer mehr leisten. Das gilt
         insbesondere für Ortszentren: Freiraum, Einkaufen, Treffpunkt, Erholung –
            Dorf- oder Quartierkerne sind mit unterschiedlichsten Anforderungen
               konfrontiert. Drei Beispiele aus dem Kanton Luzern illustrieren
                                      diese Komplexität.

                                                           Pascal Zeder          Mischa Christen

                    Neugestaltetes Seeufer                                     Aufwertung der Fuss- und Veloachse Alpenquai, die
                    für Luzern                                                 Neugestaltung der Tribschenstrasse, mehr Naher-
                                                                               holung, Gewässerschutz und Biodiversität sowie
                    14 Jahre ist es her, als das Stadtluzerner Seeufer         eine Begrünung des Gebiets mit Schattenachsen
                    vom Inseli bis zum Alpenquai in einem politischen          und Luftkorridoren. Dazu kommt die aktuell auf
                    Vorstoss als «Luzerns Schmuddelecke» bezeichnet            politischer Ebene diskutierte Neugestaltung des In-
                    wurde. Sarah Grossenbacher versichert: «Als sol-           selis. Kurz: Das Seeufer soll zum Verweilen einladen
                    che habe ich dieses Gebiet in den letzten zehn Jah-        – und zwar nicht nur an den bereits bestehenden
                    ren nie wahrgenommen.» Die Co-Leiterin Stadtpla-           Buvetten. «Für die Naherholung und Freizeitgestal-
                    nung plant die Weiterentwicklung des Gebiets.              tung ist das Angebot in diesem Gebiet schon sehr
                    Diese kommt zur rechten Zeit: Die Zeichen im Süd-          gut, künftig braucht es aber vermehrt alltägliche
                    osten Luzerns stehen auf Wandel. Mit bereits ab-           Treffpunkte», so Grossenbacher. Der Zeitrahmen
                    geschlossenen Bauprojekten wie der Tribschen-              für die Umgestaltung wird auf 15 Jahre geschätzt.
                    stadt, dem Brünighof oder der im Februar 2022 neu          «Es ist wichtig, dass man sich Zeit nimmt, um die
                    bezogenen Überbauung «Tribsche» ist in den ver-            Bevölkerung einzubeziehen und Fehler zu vermei-
                    gangenen Jahren bereits viel Wohnraum entstan-             den. Schliesslich bauen wir für die nächsten Jahr-
                    den. Andere Neugestaltungen wie die Industrie-             zehnte.» Partizipationsveranstaltungen hätten aber
                    strasse oder das ewl-Areal werden folgen. Das ehe-         gezeigt, dass sich die Bevölkerung eine schnelle
                    malige Industrie- und Gewerbegebiet Tribschen              Sichtbarkeit von Massnahmen wünsche: «Niemand
                    entwickelt sich zunehmend zum Wohn- und                    will zehn Jahre auf die Veränderung warten.» Des-
                    Dienstleistungsquartier. «Das 2018 konzipierte             halb entschied sich die Stadt für eine temporäre
                    Raumentwicklungskonzept zeigte auf, dass das               Zwischenlösung: Unter dem Namen «Pop-Up-Park
                    Tribschengebiet im Bereich zwischen Tribschen-             Werft» wird der Parkplatz neben der SNG-Werft be-
                    strasse und Geissensteinring zu wenig Freiraum             reits im Sommer 2022 für niederschwellige Bele-
                    bietet.» Die absehbare Zunahme der Wohnbevöl-              bungsideen zur Verfügung gestellt. Man sei dafür
                    kerung wird die Raumknappheit noch verstärken.             mit der Bevölkerung sowie Studierenden der Hoch-
                    Entsprechend gross sei die Bedeutung der Seeufer-          schule Luzern im Austausch. Wie der Platz bald aus-
                    nutzung: «Dieses Gebiet muss umso mehr auf die             sehen wird, das wisse sie selbst nicht, sagt die Stadt-
                    Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet werden            planerin: «Wir sind offen für Vorschläge und lassen
                    und gut erreichbar sein.»                                  uns ein Stück weit überraschen.»
                        Der Plan, den die Stadt im vergangenen Jahr prä-
                    sentiert hat, sieht mehrere Massnahmen vor: einen
                    neuen, urbanen Begegnungsort am Werftplatz, die

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                             16
LEBENSRAUM

      Weiterentwicklung
    linkes Seeufer Luzern
      Planungszeitraum: bis 2035
        7 Umsetzungsprojekte
Mittlere Wohnbevölkerung (2020): 4’275
      Beschäftigte (2018): 11’133
    Neu entstehende Wohnungen:
              rund 360

                                         Sarah Grossenbacher, Co-Leiterin Stadtplanung, zeigt den Platz, auf dem in
                                         diesem Sommer die «Pop-Up-Park Werft» für eine Belebung sorgen soll.

                                                17                                                                    WE RT PA P I E R
                                                                                                                           Frühling 2022
LEBENSRAUM

                                                                                Dorfkern Escholzmatt
                                                                                Neu- oder umgestaltete Fläche:
                                                                                           1’574 m2
                                                                                    Investitionsvolumen:
                                                                                    10 Millionen Franken
                                                                                   Geplante Fertigstellung:
                                                                                          bis 2025

       Peter Portmann (links) und Thomas Thalmann von der Dorfkern AG
       wollen dem Escholzmatter Dorfzentrum wieder mehr Glanz verleihen.

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                              18
LEBENSRAUM

                                                              Ein verdichtetes Zentrum
                                                              in Eschenbach
                                                              Mit dem Oberhof erhielt Eschenbach 2020 ein neues
                                                              Dorfzentrum mit 46 Wohnungen, einem Einkaufs-
                                                              markt, einer Kita, einem Ärztezentrum und einem
Ein neuer Dorfkern                                            Restaurant. Ein Pilotprojekt, das zeigt, wie künftig
für Escholzmatt                                               ausserhalb städtischer Gebiete verdichtet gebaut
                                                              werden kann.
Escholzmatt und Marbach sind Dörfer mit Tradition                  Hinter dem Holzbauprojekt steht Beat Burkard.
und Geschichte. Doch heute kämpfen die Orte                   In knapp acht Jahren schaffte er es, die Oberhofsied-
darum, als Wohn- und Lebensraum attraktiv zu blei-            lung zu realisieren, mitten im Dorf und direkt an der
ben – sowie viele andere in der Region. Da hilft es,          Kantonsstrasse. Eine komplizierte «Operation am
wenn Private Initiative ergreifen: Die Dorfkern AG ist        offenen Herzen», wie Burkard es nennt. Die Bevöl-
ein Zusammenschluss aus knapp 40 in der Region ver-           kerung goutierte seine Initiative und nahm den Be-
wurzelten Investorinnen und Investoren. Ihr Ziel ist          bauungsplan mit 75 Prozent der Stimmen an der
es, attraktive Dorfzentren zu schaffen und damit das          Urne an. Gegen die Baubewilligung ging schliesslich
kulturelle Leben sowie das Gewerbe zu erhalten. Ar-           keine einzige Einsprache ein. Grundstein für den Er-
chitekt und Gründungsmitglied Peter Portmann sagt:            folg legte die klare Kommunikation, so der Bauherr
«Wir möchten die schönen Dörfer weiterentwickeln              rückblickend. «Als gebürtiger Eschenbacher kenne
und noch lebenswerter gestalten.»                             ich viele Leute persönlich und kann auf sie zuge-
    Stein des Anstosses war das Hotel und Restau-             hen.» Überzeugt hat zudem der hohe Nachhaltig-
rant Krone im Dorfzentrum Escholzmatt. Als die en-            keitsstandard: Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz
gagierte Gruppe vom Verkauf des traditionsreichen             (SNBS) zeichnete die Überbauung als erstes Baupro-
Gasthauses erfuhr, wollten sie sich für dessen Erhalt         jekt im Kanton Luzern mit dem Gold-Zertifikat aus,
einsetzen. «Wenn wir die Dorfbeizen verlieren, ver-           das Projekt trägt zudem das Label «Schweizer Holz».
schwinden auch die gesellschaftlichen Treffpunkte»,           Auch seien die Dienstleistungen zentral gewesen für
sagt Thomas Thalmann, Verwaltungsratspräsident                die öffentliche Meinung, so Burkard: «Ein Restau-
der Dorfkern AG. Sie kauften einen Teil der Liegen-           rant verspricht dem Investor eher wenig Rendite –
schaft – die zum Haus gehörende Scheune – und er-             aber für ein Dorf ist ein solches Angebot essenziell.»
möglichten so zwei interessierten Gastronominnen                   Dabei ist der Oberhof eine spezielle Parzelle: Er
die Pacht des Betriebs. Die erworbene Scheune soll            gehört zum historischen Kern des Klosterdorfs, seit
dereinst Raum bieten für die lokalen Vereine oder             über 715 Jahren sind hier Häuser urkundlich ver-
zur Vermietung an Gesellschaften. «Ein Kulturzent-            bürgt. «Mir geht es um einen sorgfältigen Umgang
rum», wünscht sich Thalmann.                                  mit dieser Vergangenheit», so Burkard, der heute
    Das erste Grossprojekt der Dorfkern AG steht              selbst in der Überbauung wohnt. Seine Vision um-
aber erst noch an. Sie wird drei Häuser im Dorfzent-          gesetzt hat die Zürcher Architektengemeinschaft
rum von Escholzmatt renovieren und deren Gewer-               Mirlo Urbano / Brühlmann Loetscher. Inhaber Mat-
beflächen nutzbar machen. «Damit das Zentrum                  thias Amsler will mit der Überbauung ein unter-
lebt», sagt Thalmann. Zu dem Zweck hat die AG 2021            schiedliches Publikum bedienen: «Kaum zwei
ihr Aktienkapital erhöht. Der Verwaltungsratspräsi-           ­Wohnungen haben den gleichen Grundriss, sie ent-
dent sagt: «Mittelfristig kann niemand mit viel Profit         sprechen dadurch unterschiedlichsten Wohnbedürf-
rechnen. Es ist eine Herzensangelegenheit.»                    nissen.» Die gewünschte Durchmischung gelinge, so
    Anliegend an diese Liegenschaften befindet sich            der Architekt: «Auf dem Oberhofplatz treffen Men-
eine bisher nur mit Nebengebäuden genutzte Fläche              schen, die vom Einkaufen kommen, auf Gäste des
– obwohl es sich um Bauland handelt. Architekt                 Restaurants oder Kinder auf dem Schulweg. Es fin-
Portmann erklärt: «Die Brache ist aufgeteilt in sieben         det Austausch über Generationen statt, es ist ein Ort
Parzellen. Einzeln sind diese Landabschnitte zu klein          der ungezwungenen Begegnung.»
und zu verwinkelt, um sie sinnvoll nutzen zu kön-
nen.» Er habe während der letzten 25 Jahre etliche
Gespräche geführt, bis die Parzellen zusammenge-
führt werden konnten. Jetzt plant er dort gemeinsam
mit der Dorfkern AG modernen Wohnraum. Die ers-
ten Entwürfe für zwei Holzhäuser liegen bereits vor.
Ein Schritt in die Zukunft für Escholzmatt.

                                                         19                                                  WE RT PA P I E R
                                                                                                                  Frühling 2022
LEBENSRAUM

                                                                                    Oberhof Eschenbach
                                                                                       Grundstück: 3’894 m2,
                                                                                        Innenhof: 1’150 m2
                                                                                      Gewerbefläche: 2’750 m2
                                                                                    32 Eigentumswohnungen und
                                                                                         14 Mietwohnungen
                                                                                          5 Jahre Planung,
                                                                                       2,5 Jahre Realisierung
                                                                                      Baukosten: 30 Millionen
                                                                                       Franken (ohne Land)

       Für Architekt Matthias Amsler (links) und Bauherr Beat Burkard war der Bau
       der Eschenbacher Oberhofsiedlung eine «Operation am offenen Herzen».

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                               20
LEBENSRAUM

                                                                   «Die Bedürfnisse von Stadt
                                                                   und Land sind ähnlich»
                                                                   Den öffentlichen Raum zu entwickeln bedeutet, auf verschiedene
                                                                   Ansprüche und Bedürfnisse einzugehen. Raumplaner Mirco Derrer
                                                                   zeigt die Herausforderungen der Raumentwicklung auf.

                                                                       Pascal Zeder                                mehr Starkregen rechnen, da birgt die Ver-
                                                                                                                   siegelung des Bodens ein Risiko. Das alles
                                                                   Mirco Derrer, wie hat sich der                  heisst aber nicht, dass es künftig keine as-
                                                                   Lebensraum im Kanton Luzern in                  phaltierten Flächen mehr geben wird.
                                                                   den letzten Jahren entwickelt?
                                                                   Anders als vor 20 bis 30 Jahren liegt der Fo-   Sie sprechen von urbanen Flächen.
                                                                   kus von Gemeinden nicht mehr nur auf            Sehen die Bedürfnisse auf dem Land
                                                                   Wachstum. Damals wurden – etwas plakativ        anders aus?
                                                                   gesagt – einfach die noch vorhandenen grü-   Die Ziele der Orts- oder Arealentwicklung
                                                                   nen Wiesen überbaut. Heute steht das Dorf-   sind im urbanen und ländlichen Raum er-
                                                                   zentrum, der Dorfkern im Zentrum der Ent-    staunlich ähnlich: ein attraktives Zentrum
                                                                   wicklung. Stichwort: Verdichtung. Seit der   mit Begegnungsorten, Freizeitzentren, Ein-
                                                                   Abstimmung zur Änderung des Raumpla-         kaufs- und Verweilorten. Natürlich sind
                                                                   nungsgesetzes vor acht Jahren haben die      Dörfer weniger dicht bebaut, eine Zent-
                                                                   Gemeinden den Auftrag, sich nach innen zu    rumsentwicklung in Dagmersellen steht
                                                                   entwickeln. Das bedeutet aber auch, dass     entsprechend unter anderen Vorzeichen als
                                                                   man bereits Bestehendes in die Planung mit-  jene in Kriens. Ausserdem spielen histori-
                                                                   einbeziehen muss.                            sche Gegebenheiten eine Rolle: Während
                                Zur Person                                                                      die Strasse in der Stadt immer schon gleich-
                                                                   Welche Bedürfnisse stehen heute              zeitig öffentlicher Raum war, gehört sie in
                                Mirco Derrer ist Raument­          im Vordergrund?                              der Agglomeration oder in ländlichen Ge-
                                wickler und assoziierter Partner   Wir spüren bei der Bevölkerung immer stär- bieten bis heute oft allein dem Verkehr. Sol-
                                beim Planteam. Das Unter­          ker den Wunsch nach grünen Flächen, auch che Voraussetzungen gilt es bei der Planung
                                nehmen mit Sitzen in Luzern,       innerhalb des Siedlungsgebiets. Dieses An- zu beachten.
                                Bern und Solothurn unterstützt     liegen steht teilweise im Widerspruch mit
                                Gemeinden, Kantone und             den in den vergangenen Jahren geplanten Gibt es ein grösseres Bewusstsein
                                Private bei Raumentwicklung,       Freiräumen, die eher mit mineralischen Flä- für den eigenen Lebensraum?
                                Städtebau und Geoinformation.      chen wie Asphalt oder Beton gestaltet wer- Der Anspruch an den öffentlichen Raum
                                                                   den – auch ausserhalb der grossen Städte.    war wohl immer schon da, heute wird die-
                                                                                                                ser vielleicht präziser formuliert. Zudem hat
                                                                   Die Menschen möchten also Natur              ein Gesinnungswandel bei den Verantwort-
                                                                   statt Asphalt.                               lichen von Veränderungsprozessen stattge-
                                                                   Gerade in urbanen Räumen wurde und funden: Der Einbezug der Bevölkerung
                                                                   wird noch immer oft «grau» geplant, weil über Partizipationsgefässe, die über das ge-
                                                                   solche Flächen als besonders städtisch gel- setzlich vorgesehene Minimum hinausge-
                                                                   ten. Hier wird wohl künftig ein Umdenken hen, gehört in Planungsprozessen heute
                                                                   stattfinden. Und zwar nicht nur, weil es von zum Standard. Denn Fachleuten aus Pla-
                                                                   Stimmen aus der Bevölkerung gewünscht nung sowie Politik muss klar sein, dass Kor-
Foto: Naima Ahmad / facecraft

                                                                   wird: Städte sind durch den Klimawandel zu rekturen teuer sind. Eine Fehlplanung kann
                                                                   Hitzeinseln geworden. Das Grüne hilft dem man sich gerade als kleinere Gemeinde
                                                                   Mikroklima eines Ortes, Bäume sind Schat- nicht leisten. Auch zeigen verschiedene Bei-
                                                                   tenspender, Grünflächen reduzieren die spiele aus der Vergangenheit, dass die Be-
                                                                   thermische Belastung. Zudem müssen wir völkerung bei Abstimmungen sehr differen-
                                                                   aufgrund des Klimawandels künftig mit ziert und kritisch entscheidet.

                                                                                       21                                                        WE RT PA P I E R
                                                                                                                                                      Frühling 2022
SPEKTRUM
                                                                   IDENTITÄT

                    Warum leben Sie, wo Sie
                         wohnen?
                  Wo und wie wir leben, erzählt etwas über uns als Person und unsere
                Identität. Sechs Luzernerinnen und Luzerner berichten, wie und warum
                               sie mit ihrem Lebensraum verbunden sind.

                                                          Laura Scheiderer       Tanja Gschwandl

                    Weggis
                    Seit 14 Jahren arbeitet Andrea Spiess (42) bereits bei   heute trifft sie die Nachbarschaft im Winter auf der
                    den Rigi Bahnen. Von Hostess über Kabinen- und           Piste oder zum Après-Ski und im Sommer beim
                    Zugbegleiterin bis zur Fahrdienstleitung hat sie         Wandern. Ursprünglich aus der Region Thun, fühlte
                    viele Positionen durchlaufen und ist immer mehr          sich Andrea Spiess in Weggis und auf der Rigi von
                    mit dem Unternehmen verwachsen. Den Berg Rigi            Anfang an wohl: «Ich bin stolz, eine Rigi-Bähnlerin
                    kennt und schätzt sie aber schon viel länger: Ihr        zu sein. Jeden Tag erlebe ich die Tradition der Rigi-
                    Gotti führte das Hotel Klösterli auf der Nordseite       fahrten neu und spüre die Leidenschaft für den Berg
                    der Bergkette. Hier lernte Spiess als Kind Ski fahren,   – bei Einheimischen und Gästen.»

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                           22
IDENTITÄT

                                                             Flühli

                                                          «Bäuerin zu sein ist kein Beruf, sondern eine
                                                          Berufung. Unser Land, unsere Tiere und das
                                                          Wetter geben den Takt unseres Alltags vor. Im
                                                          Sommer sind wir z’Alp, im Winter hier unten im
                                                          Tal. Die Natur ist eine höhere Macht, der wir
                                                          uns fügen müssen. Das gilt insbesondere hier im
                                                          Berggebiet, wo wir viel von Hand machen
                                                          und aufeinander angewiesen sind. Bei uns hinten
                                                          funktioniert das, ich komme gut mit den Entle-
                                                          buchern aus. Die Mentalität passt mir, auch wenn
                                                          manche sie als schwierig oder stur empfinden.
                                                          Ich finde: Wenn jemand weiss, was er will, und
                                                          sich dafür einsetzt, ist das doch eine tolle Sache.»
  Die Gans-Kunst hat Elias Zürcher (29) nach seiner
   Ausbildung wieder zurück nach Sursee geholt.              Hella Schnider-Kretzmähr (53), ursprünglich aus Hamburg,
                                                             lernte ihren Mann 1986 in den Skiferien in Sörenberg
                                                             kennen und zog kurz darauf nach Flühli, um mit ihm den
                                                             Bauernhof seiner Eltern zu übernehmen. Sie war zwölf
Sursee                                                       Jahre Präsidentin des örtlichen Bäuerinnen- und Bauern­
                                                             vereins, ist Gemeindepräsidentin und engagiert sich aktuell
                                                             mit anderen Luzerner Gemeinden für besseres Internet
Das lauschige Städtchen Sursee folgt jeweils                 in abgelegenen Randgebieten.
im November einem jahrhundertealten
Brauch rund um die Gans. Junge Frauen und
Männer versuchen mit verbundenen Augen
hinter einer Sonnenmaske, einer toten Gans
mit einem Schwerthieb den Kopf vom Rumpf
zu trennen. So unerfreulich das Ereignis für
die Gans, so sehr wird sie als Stadtheilige ver-
ehrt – auch von Elias Zürcher, Holzbildhauer
und Künstler aus Sursee.
    Noch vor seiner Ausbildung in Brienz kam
ihm bei einem Besuch in der Heimat die Idee,
einen kargen Autokreisel mit Kleinkunst zu
bespielen. Der 1. Mai, der Tag nach der Wal-
purgisnacht, bot sich für diesen Streich an und
die Gans als Protagonistin der Aktion. Zürcher
rechnete zuerst mit einer Busse, schliesslich
erschienen die Gänse über Nacht und unge-
fragt auf öffentlichem Grund. Die Stadt Sursee
lachte aber mit und vergibt inzwischen Auf-
träge an Zürcher. So durfte er im vergangenen
Jahr eine Installation als Alternative zur Gans-
abhauet organisieren. An seinem Gänsefesti-
val drehte er den Spiess um: Das Federvieh
tanzte der Sonne schadenfreudig auf der Nase
herum.

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                                                                                                                            Frühling 2022
IDENTITÄT

                                                               Schachen
                                                            Noch vor ihrem zweiten Geburtstag kam Besjana
                                                            Thaqi (31) vom Kosovo in die Schweiz, nach Lut-
                                                            hern im Luzerner Hinterland. Sie sagt: «Für Secon-
                                                            das ist es immer schwierig, sich einem Land richtig
                                                            zugehörig zu fühlen. Ich bin hier genauso Auslände-
                                                            rin wie im Kosovo. Trotzdem fühle ich mich hier
                                                            mehr zu Hause. Ich denke auf Deutsch und spreche
                                                            mit meiner Familie oft Dialekt. Albanisch ist meine
                                                            Muttersprache, das sind meine Wurzeln.» Doch
                                                            Wurzeln und Reisepass sind nicht der ganze Mensch.
                                                               Thaqi definiert sich über ihre Familie, die Reli-
                                                            gion und ihre persönliche Freiheit. Letzteres zeigte
                                                            sich bei der Suche nach einem gemeinsamen Zu-
                                                            hause mit ihrem Mann, seinerseits Entlebucher mit
                                                            kosovarischen Wurzeln: «Freiheit bedeutet für uns
                                                            beide, einen sicheren Platz für unsere Familie zu ha-
                                                            ben. Das bietet unser Leben auf dem Land, so wie
       Hochdorf                                             wir es aus unserer Kindheit kennen. In unserem
                                                            Quartier sind wir wie eine grosse Familie: Eltern
       2014 steht Buchhändlerin Martina Küng (32)           und Kinder treffen sich spontan auf der Strasse,
       an einer beruflichen Wegscheide. Beiläufig           man spielt und tratscht.»
       fragt sie ihren Onkel bei einem Besuch in der
       Heimat, ob Hochdorf eigentlich noch eine
       Buchhandlung brauchen könnte. «Warum?
       Willst du eine eröffnen?», ist seine Antwort.
       Ab diesem Moment fügte sich ein Puzzleteil
       ans andere.
           Gerade hatte der Onkel nämlich ein La-
       denlokal mitten in Hochdorf zu vermieten.
       Mit einem eigenen Buchladen schuf Küng sich
       selbst den perfekten Arbeitsplatz und füllt im
       Dorf eine Marktlücke. Hier wird sie von ihrer
       Familie unterstützt, was den Schritt in die
       Selbstständigkeit erst möglich machte. Da sich
       das Ladenlokal im Privathaus des Onkels be-
       findet, ist die Lösung auch für ihn perfekt.
       Heute berät Küng ihre Stammkundschaft im
       kleinen und feinen Laden, so, wie sie es sich
       gewünscht hatte: «Wenn‘s so ring geht, ist es
       der richtige Weg.»

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Ebikon
Der Theatermacher Reto Bernhard (52) zog im Sommer 2017 mit seiner Familie nach Ebikon und
gründete kurz darauf neben dem Restaurant Sonne die «Kultursonne», eine Bühne für Kleinkunst in
allen Sparten. In der Agglomeration orientiere sich das kulturelle Interesse oft in Richtung Stadt.
Das wollte er ändern: «Neben national bekannten Künstlerinnen und Künstlern bietet unsere Bühne
vor allem auch regionaler Kultur Platz. Im Rontal liegt viel künstlerisches Talent! Für eine
Veranstaltungsreihe habe ich ausschliesslich lokale Gruppen gesucht. Im Nu liess sich so ein sehr
abwechslungsreiches Adventsprogramm über zwölf Abende erstellen.» Mit der Kultursonne brachte
er seine Leidenschaft als Kulturschaffender mit an seinen neuen Wohnort: «Ich möchte meinen
unmittelbaren Lebensraum aktiv mitgestalten. Die Kultursonne soll ein Ort der Inspiration sein,
für mich und Ebikon.»

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DURCHBLICK

                    Urbaner Freiraum –
                       fünf Thesen
                                       Jonas Wydler      Jörn Kaspuhl

          Privatisierung, Digitalisierung             Der öffentliche Raum im städtischen Gebiet ist im Idealfall
                                                      für alle jederzeit zugänglich. Es ist der Ort, wo sich ver-
          oder Verlagerung in die Peripherie:         schiedenste Menschen bewegen und – zufällig oder ge-
          Eine Studie des Gottlieb Duttweiler         plant – begegnen. Und wo Bedürfnisse aufeinanderpral-
                                                      len: Erholung, Ruhe, Abkühlung, Mobilität, Konsum, Ver-
          Instituts (GDI) beschreibt                  gnügen, Experimente. Solche Nutzungskonflikte gab es im
          fünf Thesen, wie sich der urbane            öffentlichen Raum schon immer, in unserer schnellen,
          Freiraum künftig entwickeln                 dicht bewohnten Welt verschärfen sie sich zunehmends.
                                                          Dieser Entwicklung geht die Studie «Future Public
          könnte.                                     Space. Die Zukunft des öffentlichen Raums» des Gottlieb
                                                      Duttweiler Instituts (GDI) nach. Sie weist fünf Trends für
                                                      die Zukunft aus – und sieht Chancen: «Freiräume können
                                                      bewusst zur neuen Experimentierfläche werden; durch
                                                      das Zulassen von neuen, kreativen Konzepten lässt sich
                                                      die Zukunftsfähigkeit von Städten steigern.»
                                                          Und das ist nicht nur für Städterinnen und Städter re-
                                                      levant: Die Studie betrachtet die Schweiz aus raumplaneri-
                                                      scher Sicht als ein grosses urbanes System zwischen Bo-
                                                      den- und Genfersee. Ähnlich wie in ausländischen Mega-
                                                      citys kennen die öffentlichen Räume keine Grenzen mehr.

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DURCHBLICK

1. Ausstellungs- statt Verkaufsflächen                            4. Zielkonflikt zwischen Sicherheit und Freiheit
Plätze, Parks, Einkaufsmeilen, Fussgänger-Flanierzonen:           Wir haben uns an Kameras in Bahnhöfen, Zügen, auf Plät-
Der öffentliche Raum ist das Ergebnis einer jahrzehntelan-        zen und in Einkaufszentren gewöhnt – selbst Polizisten
gen Stadtentwicklung, die den Fokus stärker auf bebaute           tragen Bodycams. Die Terrorgefahr der letzten Jahrzehnte
Flächen und weniger auf Freiraum legte. Es waren vor al-          habe zu einem «militarisierten Urbanismus» geführt, so
lem Märkte, der stationäre Handel, Gewerbe und die Mo-            die Studie. Länder wie Grossbritannien oder China trei-
bilität, welche Städte belebten. Was passiert nun, wenn           ben die Videoüberwachung in jeweils unterschiedlicher
wir immer öfter online bestellen?                                 Ausprägung noch viel weiter.
    Innenstädte bleiben wichtig, werden aber vermehrt zu              Ein Grossteil der Überwachung finde gemäss Studie in
Ausstellungs- und Erlebnisflächen der grossen Marken.             Zukunft aber unsichtbar über unsere smarten Begleiter
Tote Innenstädte sind aber trotzdem nicht zu befürchten,          und mittels Bewegungsdaten statt. «Sich beobachtet zu
im Gegenteil: Der rückgängige Detailhandel könnte sogar           fühlen, führt unweigerlich zu einem anderen Verhalten,
zu einer zusätzlichen Belebung des Stadtraums führen –            ergo einer Unfreiheit», schreiben die Studienverantwort-
und zwar über den Ladenschluss hinaus, so die Studie. Wir         lichen und fragen: «Ist ein komplett überwachter öffentli-
verpflegen uns immer öfter «on the go» und sind mit               cher Raum noch ein öffentlicher Raum?» In der künftigen
neuen Mobilitätsangeboten flexibel und zu unterschied-            Smart City würden sich die Sphären Mensch, Beton und
lichsten Zeiten unterwegs. Weil sich die Stadt dadurch            Technik vermischen und verbinden, hält die Studie fest.
besser durchmische, führe das zu mehr Interaktion und             Wir würden die neu geschaffene künstliche Umgebungs-
letztlich mehr Sicherheit.                                        intelligenz quasi als «neue Natur» wahrnehmen, von der
                                                                  wir Teil werden.
2. Der öffentliche Raum wird privater
Mauern, Türen oder Tore signalisieren, wo der öffentliche         5. Einwohnerinnen und Einwohner werden zu Usern
Raum aufhört und der private Bereich anfängt. Was aber,           Google Maps, Uber, Tinder: Unser Verhalten und unsere
wenn diese Grenzen sich auflösen, weil der öffentliche            Sicht auf die Umwelt wird immer stärker von den Algo-
Raum immer stärker individualisiert – oder gar privatisiert       rithmen der globalen Tech-Player gesteuert. Mit ihren Re-
– wird? Persönliche Verhaltensweisen und Normen über-             geln würden diese zu «Kreatoren der Städte», die weit über
tragen sich auf den öffentlichen Raum und Plätze, Prome-          das Digitale hinaus auf die physische Umgebung einwir-
naden und Märkte würden so zu einem «pseudoöffentli-              ken. «Der Bürger versteht sich immer mehr als User einer
chen Privatraum», so die Studie. Das zeigt sich etwa in           Stadt», heisst es in der Studie. Die politischen Stadtverwal-
Gated Communities – also eingezäunten Wohnkomple-                 tungen würden in dieser Analogie von Regulatoren zu Mo-
xen, wie es sie beispielsweise in vielen US-Grossstädten          deratoren, die den virtuellen oder physischen Raum zur
gibt. Dort regulieren private Gesetze und Hausordnungen           Verfügung stellen. Die eigentlichen Dienstleistungen und
das öffentliche Leben, nicht etwa staatliche Gesetze. Umso        deren «Hausregeln» kommen von öffentlichen oder priva-
wichtiger würden im Gegensatz dazu die zentralen, städti-         ten Betrieben, den «Providern».
schen Bahnhöfe. Diese urbanen Besammlungspunkte                       Der digitalisierte urbane Raum führe zu einem anderen
würden den freien Fluss von Personen und Waren garan-             Selbstverständnis der Bewohnerinnen und Bewohner.
tieren und seien für alle zugänglich.                             Top-down-Regulierungen hätten ausgedient, die Stadt
                                                                  werde zu einem urbanen Labor, wo die Einwohnerinnen
3. Die eigentliche Stadt ist die Agglo                            und Einwohner an Echtzeitlösungen teilhaben. Dass es
Die Studie benennt weiter einen «Abfluss von Kreativ-             trotzdem Regulierungen von oben braucht, hat das Bei-
kräften» aus dem Zentrum. Das Innovationspotenzial ver-           spiel der E-Scooter und Leihvelos aus Asien gezeigt, die
schiebe sich zunehmend in die Agglomerationen. Hier sei           unsere Städte überfluteten. Sie wurden reguliert und im
das urbane Lebensgefühl mit seinem chaotischen Neben-             Fall von Luzern gleich ganz ausgesperrt.
einander von Altem und Neuem und verschiedenen Kul-
turen noch möglich. Die Innenstadt habe demgegenüber
eher bewahrenden Charakter und sei zum Wohnen oder
als Kreativstätte für viele zu teuer. Die Stadt zelebriere mit
Urban Gardening und beruhigten Begegnungszonen eine
neue Ländlichkeit, während die urbanen Qualitäten in              Zur Studie
der Agglomeration zunähmen, heisst es überspitzt. Dies            Marta Kwiatowski, Stefan Breit, Leonie Thalmann: «Future
                                                                  Public Space. Die Zukunft des öffentlichen Raums», GDI 2018.
zeigt sich bereits auch in Luzern: Die Boomgebiete mit
                                                                  Im Auftrag des Zentrums Öffentlicher Raum (ZORA).
Hochschulen, Start-ups und Kreativszene liegen in der             Das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) ist ein unabhängiger
Peripherie im Süden und Norden der Stadt – etwa in der            Thinktank in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum. Die Studie
Viscosistadt in Emmen oder dem Kampus Südpol in                   gibt’s online gratis zum Download:
Kriens.                                                               gdi.ch/de

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                                                                                                                             Frühling 2022
STADTFÜHRUNG

                                        Versteckte
                                       Geschichten
                     Meist achten wir uns im Alltag nicht auf unsere Umgebung.
                Dabei hat der Raum, in dem wir uns bewegen, spannende Geschichten
                  zu bieten. Ein Rundgang durch die Stadt Luzern an Orte, die eine
                                   bewegte Vergangenheit haben.

                                                                        Anna Chudozilov

Vom pazifistischen Pionierprojekt                                                         Das Fluhmattschulhaus ist heute Teil der
                                                                                          Kantonsschule Musegg. Bereits seit 1957
zum Schulhaus                                                                             wird das Gebäude an der Museggstrasse als
                                                                                          Ausbildungsstätte genutzt, zuvor diente es
                                                                                          einige Jahre als Kunst- und Gewerbemu-
                                                                                          seum. Ursprünglich erbaut allerdings wurde
                                                                                          es für das weltweit erste Kriegs- und Frie-
                                                                                          densmuseum. Initiant des Projekts war der
                                                                                          polnische Industrielle, Eisenbahnkönig und
                                                                                          überzeugte Pazifist Jan Bloch. Als er sich
                                                                                          Anfang des 20. Jahrhunderts auf die Suche
                                                                                          nach einem Standort machte, buhlte Luzern
                                                                                          um das damals einmalige Projekt – schliess-
                                                                                          lich wollte die Touristenstadt den Gästen
                                                                                                      aus dem In- und Ausland aufse-
                                                                                                      henerregende Attraktionen bie-
                                                                                                       ten.
                                                                                                           Nach der Eröffnung 1902
                                                                                                       war das Museum bis 1910 in ei-
                                                                                                        nem Provisorium direkt beim
                                                                                                        Bahnhof untergebracht. Trotz-    Stadtarchiv Luzern, F2a/Strassen/Museggstrasse 09:01 (Niklaus Hinder); 09:06
                                                                                                        dem entwickelte es sich rasch
      Das Fluhmattschulhaus wurde ursprünglich als Museum konzipiert.
                                                                                                        zu einem Publikumsmagnet:
                                                                                                        Über 60’000 Menschen besuch-
                                                                                          ten es jährlich, was rund der doppelten Ein-
                                                                                          wohnerzahl Luzerns zu dieser Zeit ent-
                                                                                          sprach. Ironischerweise waren es die wirt-
                                                                                          schaftlichen Auswirkungen des 1. Welt-
                                                                                          kriegs, die das Ende des Museums bedeute-
                                                                                          ten: Als der Fremdenverkehr nach 1914 na-
                                                                                          hezu komplett zusammenbrach, musste es
                                                                                          geschlossen werden. An den ursprüng­
                                                                                                                                         Guido Von Deschwanden

                                                                                          lichen Zweck erinnert ein imposantes
                                                                                          Wandbild: Von den Zinnen herab blickt ein
                                                                                          Krieger auf das Alpenpanorama, einer
                        Das Wandbild bleibt                                               Sonne gleich geht dahinter das Wort «PAX»
                          als Erinnerung.                                                 auf – lateinisch für Frieden.

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                             28
STADTFÜHRUNG

                                                                                                                                                                    Bis in die 1970er führte der Hirschengraben
                                                                                                                                                                                direkt zur Kaserne hin.

                                                                     Der Platz ausserhalb der alten Stadtmauer bot Raum für Vieh- oder Jahrmärkte.

                                                                                                                                                                       Der Verkehr prägt den Kasernenplatz
                                                                                                                                                                                    bis heute.

                                                                  Vom Kurzweilplatz zum                                             befand sich unter anderem das elegante
                                                                                                                                    Café der Kaffeerösterei Hochstrasser.
                                                                  Verkehrsknotenpunkt                                                   In den 1970er-Jahren, als gute Auto-
                                                                                                                                    bahnanbindungen einen hohen Stellenwert
                                                                                                                                    erhielten, wurde die Kaserne gesprengt. Das
                                                                             Die Autobahnausfahrt Luzern-Zentrum                    unter Denkmalschutz stehende Waisenhaus
                                                                             führt direkt auf den Kasernenplatz. Auf acht           wurde nach dem Abbruch originalgetreu
                                                                             Spuren rollt dort heute motorisierter Ver-             wieder aufgebaut und steht heute ungefähr
                                                                             kehr in die Stadt und wieder heraus. Als die           dort, wo früher die Kaserne stand. Inzwi-
                                                                             Stadtmauer noch stand, lag der Platz direkt            schen kennt man es besser als das Luzerner
                                                                             ausserhalb und trug den klingenden Namen               Natur-Museum. Der Platz bekam so in gro-
                                                                             Kurzweilplatz. Dort fanden ab dem 16. Jahr-            ben Zügen seine heutige Form als Verkehrs-
Stadtarchiv Luzern, F2a/Strassen/Kasernenplatz 0:04; 0:07; 0:01

                                                                             hundert nicht nur der Viehmarkt statt, son-            knotenpunkt. Dadurch verlor er viel von
                                                                             dern auch Jahrmärkte und Chilbis. Kam ein              seiner einstigen Anziehungskraft. Heute
                                                                             Zirkus in die Stadt, gastierte er in der Regel         sind es primär die kantonalen Museen, die
                                                                             ebenfalls am Rand der Alt-Kleinstadt. Im 19.           viele zu einem Besuch des Kasernenplatzes
                                                                             Jahrhundert wuchs Luzern immer stärker                 bewegen. Immer wieder gab es Ideen, den
                                                                             über die Grenzen der ehemaligen Stadtmau-              Platz wieder «kurzweiliger» zu gestalten:
                                                                             ern hinaus. Auch auf dem Kasernenplatz                 Als Standort für die Universität, für die Zen-
                                                                             wurde gebaut. 1863 wurde die Infanterieka-             tral- und Hochschulbibliothek oder gar für
                                                                             serne fertiggestellt, die dem Platz seinen             die «Salle Modulable» – früher oder später
                                                                             heutigen Namen gab. Bis zu 1111 Soldaten               wird sich vielleicht eine kreative Idee durch-
                                                                             waren dort untergebracht. Den Häusern an               setzen.
                                                                             der Baselstrasse stand dort, wo heute ein
                                                                             Parkhaus und Car-Abstellplätze sind, eine
                                                                             Häuserzeile im Jugendstil gegenüber. Darin

                                                                                                                               29                                                             WE RT PA P I E R
                                                                                                                                                                                                    Frühling 2022
STADTFÜHRUNG

          Vom Industrieviertel
          zum urbanen Wohntraum
          Rund hundert Jahre lang war dort, wo
          heute nur noch der Strassenname Reussin-
          sel daran erinnert, tatsächlich ein Eiland.
          Heute umfliesst auf der Westseite nur noch
          Verkehr das kleine Quartier: Zug, Bus,
          Auto sind hier unterwegs. Dem Fluss ent-
          lang führt ein Weg für Spaziergängerinnen
          und Velofahrer, der in den kommenden
          Jahren bis zur St.-Karli-Brücke verlängert
          werden soll. Sogar die Reuss hat sich (zu-
          mindest im Sommer) zu einer beliebten
          Route für Schwimmerinnen und Sonntags-
          böötler gemausert.
              Ab 1832 hingegen war die Reussinsel
          Sitz der ersten Luzerner Industrie-
          betriebe. Die Mechani-
          sche Werkstätte Meyer
          befestigte dort damals
          eine Sandbank und hob                                              Lange beheimatete die Reussinsel Industrie und Gewerbe.
          auf der Westseite einen
          Kanal aus, um die Was-
          serkraft optimal nutzen
          zu können. Das Tradi-
          tionshaus von Moos, aus
          dem in den 1990er-Jahren
          die Swiss Steel Group hervorging, hat dort
          ebenso seine Wurzeln wie der inzwischen
          weltweit operierende Schindler-Konzern.
          Zahlreiche Handwerkerbetriebe und eine
          Darmfabrik hatten hier ausserdem ihren
          Sitz – Letztere war im Quartier für den Ge-
          stank berüchtigt, den sie verbreitete. Doch
          mit dem Wegzug der Obrist Interior AG
          und den Plänen, auf diesem Grundstück bis
                                                                                                                                       Stadtarchiv Luzern, F2a/Publikationen 09:08; F2a/Peripherie 20:06

          2023 eine Wohnüberbauung zu errichten,
          wird die Zeit von Gewerbe und Industrie
          definitiv vorbei sein – und die Wandlung
          zu attraktivem Lebensraum bekommt
          neuen Schub; nicht zuletzt plant nämlich
          die Stadt anschliessend an die neue Über-
          bauung eine grosse Grünfläche mit Spiel-
          platz.
                                                                                                                                       Scheitlin Syfrig Architekten

                                                          Die geplante Überbauung «Reussinsel III» bildet für die Gegend einen
                                                                       weiteren Schritt in Richtung Wohnquartier.

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                30
STADTFÜHRUNG

                                                                                                                                                                                                          Die Stadtführerin
                                                                                                                                                                                                          Die Kulturwissenschaftlerin
                                                                                                                                                                                                          Judith Schubiger führt für
                                                                                                                                                                                                          diesen Beitrag durch die
                                                                                                       Das Bild aus dem Jahr 1955 zeigt den Inseli-Parkplatz kurz nach seiner Entstehung
                                                                                                                            als Haltestelle für zahlreiche Reisecars.
                                                                                                                                                                                                          Stadtluzerner Geschichte. Sie
                                                                                                                                                                                                          hat an der Universität Zürich
                                                                                                                                                                                                          studiert und arbeitet nach
                                                                                                                                                                                                          mehreren beruflichen
                                                                                                Von der No-go-Area zur Wohlfühloase                                                                       Stationen seit 2013 beim
                                                                                                                                                                                                          Schweizer Heimatschutz.
                                                                                                                                                                                                          Dort ist die gebürtige
                                                                                                Das Inseli hinter dem KKL ist nur noch dem          liche Situation mit vielen Hecken und                 Littauerin für den Bereich
                                                                                                Namen nach ein Eiland. Doch alte Stadt-             ­Nischen zunutze gemacht haben, auch Pros-            Kulturvermittlung und
                                                                                                pläne zeigen, dass hier bis 1954 tatsächlich         tituierte wickelten in der wenig belebten            Ausstellungen zuständig. Seit
                                                                                                eine Insel zu finden war. Ein schmaler Kanal         Gegend ihre Geschäfte ab. Nur während der            zehn Jahren ist Judith
                                                                                                trennte sie über Jahrhunderte vom Ufer,              Lozärner Määs war der Ort von einer breiten          Schubiger «aktive Unter-
                                                                                                eine Brücke – später dann deren zwei – ver-          Öffentlichkeit besucht. Durch die g­ezielte          gRundgängerin», das heisst,
                                                                                                band sie mit dem Festland. Als in den Fünf-          Förderung von Sommerbars – der Buvette               als Mitglied des Vereins
Max A. Wyss / Stadtarchiv Luzern, F2a/Strassen/Inseli 0:03; zVg / Radio 3Fach; Sophie Stieger

                                                                                                zigerjahren der Massentourismus Fahrt auf-           und der Volière – hat es die Stadt ­geschafft,       UntergRundgang ist sie an
                                                                                                nahm, schüttete man den Kanal zu und                 aus der ehemaligen No-go-Area einen be-              der Erarbeitung und Durch-
                                                                                                schuf Parkplätze für Autos sowie Reisecars.          liebten Treffpunkt für Junge und Alte von            führung von Rundgängen im
                                                                                                Geblieben sind der Name und der kleine               hier und anderswo zu machen.                         Luzerner Untergrundquartier
                                                                                                Park. Und auch die Cars gehören seither                                                                   beteiligt. Sie erzählt lokale
                                                                                                zum Ortsbild. Noch ist unklar, wie lange das                                                              Geschichte und Geschichten
                                                                                                noch so bleiben wird: Die Luzerner Bevöl-                                                                 unterhaltsam und voller
                                                                                                kerung nahm zwar 2017 die Initiative «Le-                                                                 Spannung da, wo sie passiert
                                                                                                bendiges Inseli statt Blechlawine» an, die                                                                (sind).
                                                                                                ein Inseli ohne Carparkplätze forderte. 2021
                                                                                                vermeldet der Stadtrat jedoch, dass die Um-                                                                  untergrundgang.ch
                                                                                                gestaltung aufgeschoben wird, mit der Be-
                                                                                                gründung, man wolle unter anderem die
                                                                                                Pläne rund um den Durchgangsbahnhof ab-
                                                                                                warten.
                                                                                                    Eindrücklich ist, wie sich das Inseli in
                                                                                                den vergangenen 20 Jahren gewandelt hat.
                                                                                                Zu Beginn des Jahrtausends war der Park als
                                                                                                verrucht und gefährlich verschrien. Dro-                Heute ist das Inseli ein beliebter und belebter
                                                                                                genhändler sollen sich dort die unübersicht-                             Treffpunkt.

                                                                                                                                                                   31                                                   WE RT PA P I E R
                                                                                                                                                                                                                             Frühling 2022
ARTENVIELFALT

                                      Der Biologe David Preiswerk kümmert sich um die Artenvielfalt im Kanton Luzern.

                    «Auch die Natur braucht
                     eine Art Infrastruktur»
   Der Kanton Luzern beheimatet eine erstaunliche Tier- und Pflanzenvielfalt.
Doch diese hat keinen leichten Stand – gezielte Programme und neue Ideen können
     Abhilfe schaffen gegen den zunehmenden Verlust unserer Biodiversität.

                                                           Pascal Zeder        Johanna Unternhährer

                    David Preiswerk sagt es deutlich: «Um die Arten-           Durch seine geografische Lage am Voralpenrand
                    vielfalt im Kanton Luzern steht es leider nicht gut.»      gibt es hier viel Niederschlag, das schafft günstige
                    Als Fachbearbeiter Arten und Lebensräume der               Voraussetzungen für wassergeprägte Lebensräume,
                    kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wald            insbesondere Moore. Doch die starke Siedlungsent-
                    (lawa) gehört er zu jenen Personen, die sich um den        wicklung sowie die intensive landwirtschaftliche
                    Schutz und die Erhaltung der natürlichen Artenviel-        Nutzung des Bodens liess den natürlichen Lebens-
                    falt kümmern. Und er sagt: «Im Verlauf des letzten         raum vieler heimischer Arten verschwinden.
                    Jahrhunderts nahmen die natürlichen Lebensräume
                    dramatisch ab.» Dabei ist der Kanton Luzern ein            Hilfsprogramme lohnen sich
                    einzigartiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen:           Der Zustand in Luzern entspricht der schweizeri-

WE R T PA P I E R
Frühling 2022                                                             32
ARTENVIELFALT

                                 schen Gesamtsituation. Die «Rote Liste» des Bun-        Fischart ging seit den 50er-Jahren stark zurück,
                                 desamts für Umwelt beschreibt über 3500 gefähr-         1978 verschwand der Speisefisch ganz aus den
                                 dete oder sogar vom Aussterben bedrohte Arten.          Fangstatistiken. «Ursache war die massive Über-
                                 Dass Fauna und Flora Unterstützung benötigen, ist       düngung des Sees durch Einträge aus der Landwirt-
                                 inzwischen Konsens. Auch der Kanton Luzern              schaft, phosphathaltige Waschmittel und Abwäs-
                                 muss und will dagegen etwas tun. In einem Pla-          ser», erklärt Preiswerk. Die Felchenart, die bis da-
                                 nungsbericht kündigte der Kanton vor drei Jahren        hin als «Edelfisch» bekannt war, betrachtete man
                                 an, die Bemühungen für den Artenschutz und die          1980 schliesslich als ausgestorben. Bis 2004: Nach-
                                 Förderung der Biodiversität zu intensivieren. In ge-    dem sich dank verschiedener Massnahmen die                Artenvielfalt
                                 zielten Programmen sollen etwa bedrohte Arten er-       Wasserqualität wieder verbessert hatte, kehrte die        unter Druck
                                 halten und ihre Lebensräume geschützt oder wo           Tiefenwasser-Felche wie aus dem Nichts zurück,
                                 nötig wiederhergestellt werden. Ausserdem will          die Population erholte sich. «Sie muss irgendwo
                                 man auch Gemeinden darin unterstützen, der Natur        eine Nische gefunden und überlebt haben», freut
                                 im Siedlungsgebiet mehr Raum zu geben. Nicht zu-        sich Preiswerk.
                                 letzt fördert der Kanton auch die Sensibilisierung
                                 der Bevölkerung für das Thema Biodiversität.            Den Lebensraum teilen
                                     Einige Projekte für gefährdete Arten werden be-     Das wichtigste und grösste Projekt zur Erholung
                                 reits umgesetzt. So etwa das Artenhilfsprogramm         der Biodiversität ist aber der Aufbau einer landes-      Galt 24 Jahre als ausgestorben:
                                 für die Kreuzkröte, im Zuge dessen neue Tümpel          weiten ökologischen Infrastruktur. Preiswerk er-               die Tiefsee-Felche.

                                 und Versteckmöglichkeiten für die bedrohte Kreuz-       klärt: «Tiere haben ähnliche Bedürfnisse wie wir:
                                 kröte geschaffen wurden. Ein Erfolg: Die Amphi-         Sie brauchen Orte mit einem ausreichenden Nah-
                                 bien nutzen die neuen Lebensräume bereits. Auch         rungsangebot, Orte zum Rückzug und Schutz und
                                 erfreulich verlaufe das Ansaatprogramm für die          Verbindungen für eine ungehinderte Mobilität zwi-
                                 Fromentalwiese, eine Blumenwiese mit hoher Di-          schen den Lebensräumen», erklärt er. Heute hinge-
                                                                                          gen seien die Verbindungen gekappt. «Wir finden
                                                                                          nur noch isolierte Restflächen vor», so der Biologe.         Der Kanton Luzern
                                 «Schnell sichtbare Resultate                             Ein solches natürliches Netzwerk landesweit wie-         unternahm viel zur Rettung
                                                                                                                                                        der Kreuzkröte.
                                 wären natürlich schön,                                   der aufzubauen sei ein Generationenprojekt, so
                                                                                          Preiswerk. Und obwohl sich auch der Kanton Lu-
                                 aber die Entwicklung wertvoller                          zern zur Förderung der ökologischen Infrastruktur
                                 Lebensräume braucht Zeit.»                               verpflichtet hat, wird die Umsetzung eine grosse
                                                                                          Herausforderung. «Wenn für die Natur wieder
                                 David Preiswerk                                          Raum zurückgewonnen werden muss, sind Inter-
                                 Fachbearbeiter Art und Lebensräume (Lawa)                essenkonflikte meist unvermeidbar.» Bisher habe
                                                                                          die Natur bei den Entscheidungen der breiten Be-         Der Laubfrosch ist in Luzern
                                 versität an Pflanzen, die man in Luzern früher oft      völkerung oft wenig Gewicht. «Dabei sollten wir            trotz Schutzmassnahmen
                                                                                                                                                          ausgestorben.
                                 vorfand. Dieser Wiesentyp verschwand in den letz-       uns aber vor Augen führen: Eine intakte Biodiversi-
                                 ten Jahrzehnten fast komplett aus dem Landschafts-      tät ist unser aller Lebensgrundlage.»
                                 bild, inzwischen konnten 750 Hektaren wiederher-             Biodiversität und menschlicher Siedlungs- und
                                 gestellt werden. Das entspricht der Grösse von rund     Entwicklungsraum stellen für den Biologen zudem
                                 1000 Fussballfeldern. «Vor allem für Insekten ist       nicht zwingend einen Widerspruch dar. Im Gegen-
                                 eine vielseitige Flora extrem wichtig», so Preiswerk.   teil: Sind freie Grün- und Aussenflächen richtig ge-
                                 Bei anderen Massnahmen stehen die Ergebnisse            staltet, bieten sie Lebensraum und Nahrungsquellen
                                 noch aus: «Schnell sichtbare Resultate wären natür-     für verschiedene Tiere. Private Gärten lassen sich
                                 lich schön, aber die Entwicklung wertvoller Le-         häufig mit wenigen Anpassungen zu Inseln der Bio-
                                 bensräume braucht Zeit.» Und nicht immer gelin-         diversität umgestalten. Das Bewusstsein für die Na-
                                 gen die Vorhaben. Preiswerk nennt das Beispiel des      tur steige, ist Preiswerk überzeugt. «Immer mehr
                                 Laubfroschs, dessen Verschwinden in den 80er-Jah-       Menschen organisieren sich, um sich für die Biodi-
                                 ren einsetzte. Rund 20 Jahre später war er ausge-       versität, auch in der Siedlung, einzusetzen. Sie enga-
                                 storben, obwohl Anstrengungen zur Arterhaltung          gieren sich beispielsweise für mehr Natur in der ei-
                                 unternommen wurden. «Es ist schwierig, in einem         genen Wohngemeinde oder gegen die problemati-
© Max Renggli, Heidi Jost, zVg

                                 intensiv bewohnten und genutzten Gebiet intakte         sche Versiegelung des Bodens.» Es gebe immer
                                 Lebensräume zu erhalten», sagt er.                      mehr gute Ideen und Initiativen, die Natur und
                                     Doch die Natur ist auch immer wieder für Über-      Wohnraum verbinden möchten. Darin liege viel
                                 raschungen gut – auch in Luzern. Dies zeigt das Bei-    Potenzial: «Mit solchen Projekten kann auch bei
                                 spiel der Tiefenwasser-Felche: Der Bestand dieser       uns in Luzern sehr viel Gutes für Mensch und Natur
                                 ausschliesslich im Vierwaldstättersee lebenden          entstehen.»

                                                                                                     33                                                        WE RT PA P I E R
                                                                                                                                                                    Frühling 2022
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