White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...

Die Seite wird erstellt Vincent Köhler
 
WEITER LESEN
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
White Paper Lehre
Task Force Lehre
Wie die MedUni Wien den aktuellen
Herausforderungen in der Ausbildung
von Medizinerinnen und Medizinern
von morgen begegnet.
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
2
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
3

» We are who we are because of what
  we learn and what we remember.
                                                                            Eric Kandel

  Studium und Lehre gehören neben Forschung und PatientInnenversorgung zu den Kernaufgaben von
  Medizinischen Universitäten. 2018 wurde vom Rektorat eine Task Force Lehre ins Leben gerufen, um sich
  konzentriert mit den Zukunftsthemen der Lehre an unserer Universität zu befassen. Diese Ergebnisse
  liegen nun als White Paper vor, welches von Lehrenden und Studierenden im Rahmen themenspezifischer
  Arbeitsgruppen der Task Force erarbeitet wurde.

  Das White Paper widmet sich der generellen Lehrkultur, der Karriereentwicklung im Rahmen der Lehre,
  der Weiterentwicklung der klinischen Lehre und den Themen Joint Education und interprofessionelle
  Lehre. Zentrale Punkte umfassen ebenfalls Assessment und Evaluierung, sowie Digitalisierung und
  Hybrid Education.

  In Zusammenschau mit dem Entwicklungsplan der MedUni Wien dient das „White Paper Lehre“ als
  Richtlinie für die zukünftige Strategie an unserer Universität. Unser großer Dank gebührt allen
  Mitgliedern der Task Force (siehe Seite 40) für die intensiven und sehr produktiven Arbeiten zur
  Erstellung des nun vorliegenden „White Paper Lehre“.

  Markus Müller                                Anita Rieder
  Rektor der Medizinischen Universität Wien    Vizerektorin für Lehre
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
4
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
5

» Inhaltsverzeichnis
               1. Einleitung		                                       6

               2. Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs         9

               		2.1 MedAT		                                         9

               		2.2 ÄrztInnenausbildung                            10

               		2.3 Harmonisierung                                 11

               		2.4 Bologna                                        11

               		2.5 Akkreditierung                                 12

               		2.6 Allgemeinmedizin                               13

               		2.7 Humanities                                     15

               3. Ergebnisse der Task Force Lehre                   18

               		3.1 Welche Lehrkultur brauchen wir?                18

               		 3.2 Lehre im Karrierepfad                         19

               		 3.3 Entwicklung der klinischen Lehre              20

               			     3.3.1 Klinische Lehre                        20

               			     3.3.2 Joint Training                         20

               			     3.3.3 Interprofessionelle Lehre              22

               			     3.3.4 Medizinische Simulation in der Lehre   24

               		3.4 Digitalisierung                                26

               			     3.4.1 Digitale Medizin                       26

               			     3.4.2 Hybrid Education                       27

               		3.5 Assessment                                     28

               		3.6 Evaluation                                     31

               4. Architektur der Lehrorganisation                  32

               5. Ausblick		                                        35

               6. Herausforderungen                                 36

               7. Appendix		                                        40

               8. Referenzen                                        42
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
Einleitung
6

         1. Einleitung                                                 derzeitigen Rahmenbedingungen des Medizinstudiums
                                                                       (3), die im Rahmen der Task Force Lehre erarbeiteten
                                                                       Positionen sowie (4) konkrete Vorschläge beschrieben.
             Ausgehend von der „großen“ Studienreform 2002/2003
             und dem Übergang vom ehemaligen „alten“ Doktorats-        Strukturelle und bauliche Organisation
             studium Humanmedizin N201 hat sich an der MedUni          der Lehre an der MedUni Wien
             Wien das Diplomstudium Humanmedizin N202 in den           Die aus studienrechtlicher Sicht relevanten Rahmen-
             vergangenen 15 Jahren zu einem modernen, leistungs-       bedingungen werden insbesondere durch das Univer-
             fähigen und international anerkannten Curriculum          sitätsgesetz 2002 und die Satzung der MedUni Wien
             entwickelt. Das Curriculum wurde zuletzt 2016, mit        determiniert. Die Ausgestaltung des Studienangebots
             Gültigkeit bis 30.9.2023, akkreditiert.                   erfolgt durch Erlassung eines entsprechenden Curricu-
                                                                       lums, das jedenfalls das Qualifikationsprofil, den
             In den vergangenen Jahren war, vor allem das Curricu-     Inhalt und den Aufbau des Studiums und die Prüfungs-
             lum N202, sowohl in der Öffentlichkeit (zum Beispiel im   ordnung zu enthalten hat.
             Zusammenhang mit den Themen MedAT und Ärztebe-
             darf), als auch inneruniversitär (im Rahmen organisa-     Für die Erlassung und Änderung von Curricula ist vom
             torischer und inhaltlicher Verbesserungsvorschläge)       Senat ein entscheidungsbefugtes Kollegialorgan, die
             mehrfach Gegenstand von Diskussionen. Im Mai              jeweils zuständige Curriculumkommission, einzuset-
             2018 wurde daher vom Rektorat der Medizinischen           zen. Gegebenenfalls kann das Rektorat Curricula und
             Universität Wien eine Task Force Lehre initiiert. Ziel    deren Änderungen nach Maßgabe der Bestimmungen
             war es – basierend auf dem Entwicklungsplan               des UG auch untersagen (z.B. wegen Widersprüchen
             2019–2024 – ein Mission Statement zu Strategien           zum Entwicklungsplan oder wegen fehlender budge-
             der Lehre an der MedUni Wien zu konzipieren.              tärer Bedeckbarkeit).

             Im Rahmen von zehn Fokusarbeitsgruppen wurden zu          Die Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmun-
             verschiedenen Themenkreisen Vorschläge erarbeitet.        gen, insbesondere die Erlassung studienrechtlicher
             Hierbei lag der Schwerpunkt vorrangig auf dem Studi-      Bescheide, erfolgt durch den/die jeweils zuständige/n
             um der Humanmedizin, mit Blick auf die weiteren und       Curriculumdirektor/in („CD“). Die konkreten Verant-
             zukünftigen Studienangebote der MedUni Wien.              wortungsbereiche ergeben sich aus dem UG bzw. der
             Im vorliegenden Dokument werden (1) nach einer Dar-       Satzung, die davon zur selbstständigen Erledigung
             stellung der aktuellen Organisation der Lehre (2) die     an die StellvertreterInnen („stellvertretende/r CD“)
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
Einleitung
                                                                                                                  7

übertragenen Aufgaben aus der Geschäftseinteilung       Die Umsetzung dieser Aufgaben und Ansprüche spie-
des/der CD. So ist der/die CD für Humanmedizin bzw.     gelt sich auch in der Planung des Projektes MedUni
seine/ihre StellvertreterInnen im Diplomstudium Hu-     Campus Mariannengasse (www.medunicampus-ma-
manmedizin insbesondere für das Prüfungswesen, für      riannengasse.at) nachhaltig wider. Bis 2024 werden
Entgegennahme der Meldung des Themas von Diplom-        auf einer Nutzfläche von 35 Tausend Quadratmetern
arbeiten und Festlegung der BetreuerInnen, Nostrifi-    wesentliche Teile der Vorklinik zusammengezogen, auf
zierungsverfahren, aber auch für die Beurlaubung von    welcher in Folge ca. 750 WissenschaftlerInnen und
Studierenden und die Verleihung akademischer Grade      rund zwei Tausend Studierende lehren, lernen und
an die AbsolventInnen sowie die Ausstellung von Zeug-   forschen sollen. Das Raum- und Funktionskonzept für
nissen verantwortlich.                                  den neuen MedUni Campus Mariannengasse erfüllt so-
                                                        wohl die Anforderungen an eine moderne Forschungs-
Für jedes ordentliche Studium an der MedUni Wien        einrichtung, als auch jene, die an eine international
sind auf Basis des jeweiligen Curriculum-Organisati-    renommierte Ausbildungsstätte gestellt werden. Von
onsplans Curriculum-KoordinatorInnen zu bestellen,      der Bündelung der Vorklinik in unmittelbarer räum-
die im Diplomstudium Humanmedizin wiederum in           licher Nähe zum MedUni Campus AKH erwartet sich
Block-, Line-, und TertialkoordinatorInnen unterteilt   die MedUni Wien Synergieeffekte für Translationale
werden. Darüber hinaus sind KleingruppenleiterIn-       Forschung in einer hochmodernen Infrastruktur. Der
nen, JahrgangskoordinatorInnen, Planungsteams für       MedUni Campus Mariannengasse soll 2024 bezogen
Blöcke/Tertiale/Lineelemente und ein Block-/Tertial-/   werden, derzeit läuft die Vorplanung durch die Archi-
Lineplenum sowie – in den Lehrkrankenhäusern – Stu-     tekten in Abstimmung mit der Medizinischen Universi-
dienkoordinatorInnen vorgesehen. Für die Behandlung     tät Wien. Die Lehrflächen sind in engem interdiszipli-
und Umsetzung studienrechtlicher Angelegenheiten        närem Verbund geplant, wobei speziellen Bedürfnissen
sind daher stets das Zusammenwirken und schlus-         einzelner Lehrformen Rechnung getragen wird. Hierzu
sendlich auch die (gegenseitige) Kontrolle verschie-    gehört zum Beispiel eine bedarfsorientierte Planung
dener Organe erforderlich. An der MedUni Wien führt     für innovative klinische Ausbildungsformate und Prü-
das als „Organisationseinheit mit spezieller Service-   fungsformate. Zu den Lehrflächen kommen Flächen für
funktion“ eingerichtete „Teaching Center“ wesentliche   Studentisches Lernen, Aufenthaltsbereiche und Kon-
Aufgaben der Prüfungskoordination durch.                taktzonen, als auch durch die Studierenden selbstver-
                                                        waltete Flächen. Die räumliche Konzentration reduziert
                                                        die Wegstrecken und die assoziierten Wegzeiten für die
                                                        Studierenden.
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
Intensive
Das Medizinstudium
          Zusammenarbeit
                   im öffentlichen Diskurs
8

                                             „White Coat Welcome“: 740 Erstsemestrige
                                             beginnen ihr Studium an der MedUni Wien.
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
                                                                                                                        9

2. Das Medizinstudium im
   öffentlichen Diskurs

2.1 MedAT                                                  Österreich ausgewirkt: verschiedene Untersuchungen
                                                           weisen etwa auf eine massiv verringerte Drop-out
Über 12.500 Personen stellten sich 2019 dem Aufnah-        Quote, eine deutlich kürzere Studiendauer und bessere
meverfahren für Human- und Zahnmedizin „MedAT“,            Prüfungsleistungen hin. Die Zugangsbeschränkungen
über das 1680 Studienplätze an den Medizinischen           ermöglichen außerdem exzellente Studienbedingun-
Universitäten Wien, Graz und Innsbruck sowie der           gen, etwa im Hinblick auf das planbare Angebot an
medizinischen Fakultät der JKU Linz vergeben wurden.       Praktikumsplätzen, die Betreuungsintensität und die
740 Plätze werden allein jährlich an der MedUni Wien       internationale Mobilität. Die hohe AbsolventInnen-
vergeben, 660 in Human- und 80 in Zahnmedizin. Seit        quote bewirkt, dass grundsätzlich genügend ÄrztInnen
2013 wird österreichweit einheitlich der MedAT für         ausgebildet werden, fast ebenso viele wie zu Zeiten
das Vergabeverfahren verwendet, davor wurde an der         unbeschränkten Zugangs. Jedoch bedingen Umstände
MedUni Wien (seit 2006) der EMS eingesetzt. Ohne           außerhalb des Einflusses der Universitäten, dass mehr
dieses Instrumentarium wären ca. 10 Tausend Medi-          AbsolventInnen ins Ausland gehen als nach Österreich
zinstudierende in Österreich pro Jahr zu verzeichnen       kommen (deutlich weniger als im OECD-Schnitt).
– eine qualitativ hochwertige Ausbildung wäre unter        In diesem Sinne sind die Auswirkungen der Aufhebung
dieser Prämisse an den Medizinischen Universitäten         des EU-Moratoriums für das Studium der Zahn-
nicht möglich. Der MedAT wird laufend überprüft und        medizin ab dem Studienjahr 2019/20 engmaschig zu
optimiert und ist ein faires, objektives und genaues In-   beobachten und gemäß Conclusio für die zukünftige
strument der Studienplatzvergabe. Teilnehmende Per-        zahnärztliche Versorgung Österreichs Maßnahmen zu
sonen haben unabhängig von soziodemographischen            setzen.
Merkmalen die gleichen Chancen auf einen Studien-
platz und werden dabei nach Kriterien ausgewählt, die      Die Studienplatzbeschränkung erlaubt den Medizi-
prädiktiv für den Studienerfolg sind. Der MedAT ist ein    nischen Universitäten eine qualitativ hochwertige
zuverlässiges und faires Auswahlverfahren, welches         Ausbildung und gleichzeitig einen essentiellen Beitrag
jährlich wissenschaftlich evaluiert und weiterentwi-       für die Deckung des zukünftigen Bedarfs an ÄrztInnen
ckelt wird.                                                im Land zu leisten, nicht nur die Anzahl sondern auch
                                                           durch die hohe AbsolventInnenquote und die Studien-
Die Durchführung des MedAT wird auf Basis der ent-         dauer bei einem Großteil der Studierenden innerhalb
sprechenden gesetzlichen Ermächtigung mit Verord-          der Toleranzstudiendauer betreffend.
nung des Rektorats festgelegt. Vor dieser Festlegung
ist dem Senat Gelegenheit zur Stellungnahme zu
geben und die Genehmigung des Universitätsrats
einzuholen. Die Einführung von Zulassungsbeschrän-
kungen hat sich merklich auf die Medizinstudien in
White Paper Lehre Task Force Lehre - Wie die MedUni Wien den aktuellen Herausforderungen in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von ...
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
10

         2.2 ÄrztInnenausbildung
                                                                  Eine zunehmende Anzahl von MedizinerInnen ent-
         Mit 1. Juni 2015 trat in Österreich die Ärzte-Ausbil-    scheidet sich auch innerhalb Österreichs für ein
         dungsordnung 2015 (ÄAO 2015) in Kraft, die für alle,     Nicht-Medizinisches Arbeitsfeld. Ein – mit anderen
         die ihre Ausbildung nach diesem Datum begonnen ha-       Akteuren gemeinsames Wirken – zugunsten verbes-
         ben, verpflichtend ist. Im Gegensatz zur ÄAO 2006 ist    serter beruflicher Rahmenbedingungen und Anreize
         keine frei wählbare Gestaltung des zeitlichen Ablaufs    für JungärztInnen innerhalb Österreichs erscheint als
         der Absolvierung von erforderlichen Ausbildungszeiten    bestes Mittel um den Verbleib der Ausgebildeten im
         mehr möglich. Die Ausbildung beginnt obligat mit         Gesundheitswesen zu erhöhen.
         einer Basisausbildung von 9 Monaten. Die rigidere
         Ausbildungsstruktur hat nicht nur Vorteile.              Andererseits wird durch Mangel an Pflege- und
         Um die Ausbildungsqualität am AKH kontinuierlich zu      Administrativkräften ein relevanter Teil der Arbeitszeit
         verbessern, ist ein permanentes Monitoring der Ausbil-   der Ärztinnen nicht ausbildungsadäquat eingesetzt.
         dung (eine erste Evaluation wurde 2017 durchgeführt)     Den langjährigen Trend zu mehr Bürokratie und einem
         als auch ein Feedback durch die Ausgebildeten            zunehmenden Anteil der hiervon konsumierten
         empfehlenswert, insbesondere auch nach einem             Arbeitszeit einzudämmen, erscheint eine komplexe
         Zeitraum, wenn diese die Ausbildung aus klinischer       aber lohnenswerte Aufgabe.
         Sichtweise überblicken können.
                                                                  Der regionale Ärztemangel in einzelnen Fächern ist
         Angesichts der hohen ÄrztInnendichte in Österreich       kein Problem, das die Medizinischen Universitäten
         und der AbsolventInnenzahlen der Medizinischen           lösen können. An den heimischen Medizinischen Uni-
         Universitäten, ist die oft geäußerte Furcht vor einem    versitäten werden für den Standort Österreich in aus-
         drohenden Ärztemangel zunächst einmal wenig nach-        reichender Anzahl hochqualifizierte MedizinerInnen
         vollziehbar. Es gibt aber zwei wesentliche Herausfor-    ausgebildet. Österreich muss vor allem als Standort
         derungen, in denen die Medizinischen Universitäten       für fertige MedizinerInnen an Attraktivität gewinnen.
         nicht der Hauptakteur sind, jedoch die Bildungs-         Weitere – nicht in erster Linie bildungspolitische –
         politik zumindest unterstützen können. Einerseits        Maßnahmen sind nötig, um die AbsolventInnen nach
         die Abwanderung ins Ausland aufgrund attraktiverer       dem Abschluss auch in Österreich zu halten. Es ist
         Arbeitsbedingungen. Die Zahlen etwas vereinfachend,      Aufgabe der Bildungseinrichtungen in diesem Sinne
         arbeiten binnen wenigen Jahren nach Ende des Studi-      gegenüber den politischen Entscheidungsträgern
         ums mehr als 75 Prozent der Nicht-ÖsterreicherInnen      Überzeugungsarbeit zu leisten.
         im Ausland, dazu invers bleiben jedoch 75 Prozent der
         ÖsterreicherInnen im Inland. In diesem Zusammen-
         hang hat eine Quotenregelung an der MedUni Wien
         für positive Effekte gesorgt – eine Beibehaltung und
         Weiterentwicklung wird empfohlen. Die MedizinerInnen-
         Ausbildung ist aufwändig und kostenintensiv. Eine
         Aufstockung der Plätze an den öffentlichen Universi-
         täten würde unter den derzeitigen postpromotionellen
         Bedingungen vor allem den Export von hochqualifizier-
         ten AbsolventInnen ins Ausland erhöhen. Wie im
         Positionspapier der Universitäten gemeinsam mit
         dem BMBWF (März 2018) festgehalten wurde, handelt
         es sich in Österreich nicht um ein quantitatives
         Problem, sondern ein strukturelles Problem welches
         nicht durch Erhöhung der Studienplätze bzw. der
         AbsolventInnen gelöst werden kann, sondern durch
         Strukturreformen.
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
                                                                                                                      11

2.3 Harmonisierung                                       henden gemeinsamen Kompetenzlevel-Kataloges für
                                                         die klinischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, von der
Die drei Medizinischen Universitäten Innsbruck, Graz,    Famulaturreife bis zur Approbationsreife. Grundsätz-
Wien und die Medizinische Fakultät Linz haben als        lich ist das Ziel dem Humanmedizinstudium an den
Zielsetzung eines gemeinsames Hochschulraum-             öffentlichen Universitäten eine noch stärker harmoni-
strukturmittelprojektes (Lead Medizinische Universität   sierte Struktur zu geben und die Absolventinnen und
Graz) eine Harmonisierung der Curricula Human-           Absolventen mit gleichem Abschlussprofil für die Wei-
medizin unter Beibehaltung standortspezifischer          terbildung befähigt zu haben. Eine zusätzliche Aufgabe
Schwerpunkte. Die Zielsetzungen wurden auch mit in       die man sich gestellt hat, ist die Harmonisierung auch
die Leistungsvereinbarungen aufgenommen. Ein Ziel        unter dem Gesichtspunkt der Überprüfung der Struk-
der Bestrebungen ist es eine gemeinsame Abschluss-       tur für eine Bachelor/Masterstruktur-Fähigkeit des
prüfung am Ende des Humanmedizinstudiums zu              Studiums, welchem noch ein eigener Punkt gewidmet
entwickeln. Als Ausgangsbasis dafür dient die            ist. Dieses Gesamtprojekt ist seit der Curriculumre-
Returnweek der Medizinischen Universität Wien, die       form N.202 das umfassendste gemeinsame Vorhaben
am Ende vom Klinisch-Praktischen Jahr zu absolvieren     der öffentlichen Medizinuniversitäten/Fakultät und
ist. Zur Vorbereitung der gemeinsamen Abschluss-         dient der Weiterentwicklung und weiteren Qualitäts-
prüfung dient auch der Weg über einen gemeinsamen        sicherung des Humanmedizinstudiums, erste
Lernzielkatalog und einem Update des bereits beste-      Teilergebnisse liegen vor.

2.4 Bologna                                              Universitäten benötigt die Vermittlung gleicher Inhalte
                                                         in Bachelor und Master. Die Medizinische Universität
Aufgrund des Bolognavertrages aus dem Jahr 1999 be-      Wien versteht sich jedoch als Pionier in der Curricu-
teiligt sich Österreich an einer europaweiten Harmoni-   lum-Entwicklung. Die klinische Ausbildung wird immer
sierung von Studiengängen. In diesem Rahmen wurde        weiter mit den Grundlagen verzahnt, die Notwendig-
auf Bachelor- und Masterstudiengänge umgestellt. Die     keit, durch Bachelor und Master Kompatibilität zu
Studien der Human- und Zahnmedizin an den öffent-        anderen Universitäten erhalten zu müssen, engt die
lichen österreichischen medizinischen Universitäten      Curriculum-Entwicklung beträchtlich ein.
sind zwei der wenigen noch existierenden Diplomstu-
diengänge. Entsprechend ist eine Bologna-Anpassung       Die Möglichkeiten einer sinn- und verantwortungs-
der Studien Humanmedizin und Zahnmedizin daher           vollen Umsetzung der Bologna-Reformen für den
vielfach Gegenstand der öffentlichen Diskussion.         Sonderfall der bestehenden Diplomstudien Human-
                                                         medizin und Zahnmedizin werden – unter Nutzung der
Neu errichtete Medizinstudien müssen nach dem UG         zur Verfügung stehenden Ressourcen und in Koope-
nun zwingend als Bachelor- und Masterstudien ein-        ration mit den anderen österreichischen Universitä-
gerichtet werden, weshalb die Medizinische Fakultät      ten – laufend geprüft und sind auch Bestandteil von
der Universität Linz seit Herbst 2014 ein Studium der    Leistungsvereinbarung und Entwicklungsplan der
Humanmedizin in Bolognastruktur anbietet.                Medizinischen Universität Wien. Eine Umsetzung des
                                                         Bologna-Systems für die medizinischen Studiengänge
Aktuell arbeiten die öffentlichen Medizinischen          hat viele Effekte, diese sind sorgsam abzuwägen und
Universitäten und die Medizinische Fakultät Linz im      eine Umstellung ist nur bei Überwiegen der Vorteile
Rahmen eines HRSM-Projekts gemeinsam an einer            zu befürworten.
nationalen Harmonisierungsstrategie für das Human-
medizin-Curriculum, womit Überlegungen zur Umset-
zung der Bologna-Reformen mitberücksichtigt werden.

Aus Sicht der Medizinischen Universität Wien bleibt
insgesamt ein Vorteil, wenn folgende Punkte suffizient
adressiert werden. Einerseits sind juristische Überle-
gungen zur Masterzulassung notwendig, da dies einen
eigenständigen Studiengang darstellt. Die Effekte
einer fehlenden Gewährleistung eines durchgehen-
den Ausbildungsplatzes sind schwer abschätzbar.
Ein verlustfreier Studienplatzwechsel von anderen
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
12

         2.5 Akkreditierung                                       Absolventenkohorte 2007, einem wiederholten und
                                                                  umfassenden Akkreditierungsprozess unterzogen hat.
         Als Öffentliche Universität ist eine Akkreditierung      Die aktuelle Akkreditierung wurde ohne Auflagen mit
         von Studien nicht verpflichtend vorgesehen, da es        einer Reihe von für die Weiterentwicklung wichtigen
         entsprechende interne Mechanismen, Kompetenz-            Vorschlägen und Empfehlungen ausgesprochen. Diese
         verteilungen und externe Regulierungen und Gesetz-       Empfehlungen betreffen vor allem stärkere Verschrän-
         gebungen gibt, die Curricula und Studien bestimmen.      kung der Grundlagenwissenschaft mit der klinischen
         Die Medizinische Universität Wien hat sich bereits vor   Ausbildung, noch mehr Investition in Skills-Labs, ver-
         etwa 10 Jahren zum Ziel gesetzt eine Akkreditierung      stärkte Koordination der Curriculum-Inhalte und
         des Humanmedizinstudiums zu verfolgen. 2011 fand         Kompetenzziele, Weiterentwicklung des Prüfungs-
         die Akkreditierung statt und 2016 wurde die Re-Ak-       systems inklusive einer „Studienabschlussprüfung“,
         kreditierung ausgesprochen, die wiederum bis 2023        gestärkte Karriereentwicklung in der Lehre und
         Gültigkeit hat. Die Akkreditierung erfolgt nach den      eine Weiterentwicklung des Evaluationssystems. Im
         Standards and Guidelines for Quality Assurance in the    vorliegenden Papier sind die Themen der Vorschläge
         European Higher Education Area (ESG); den Global         der Akkreditierung mit aufgegriffen bzw. sind bereits
         Standards for Quality Improvement of Basic Medical       Umsetzungen eingeleitet worden.
         Education (2015) der World Federation for Medical
         Education (WFME). Da zum etwa gleichen Zeitpunkt
         auch neue Richtlinien des Deutschen Wissenschafts-
         rates zu Reformcurricula formuliert wurden, wurden
         auch diese in die Akkreditierungsvorgaben miteinbezo-
         gen. Das Humanmedizincurriculum der Medizinischen
         Universität Wien ist derzeit das einzige akkreditierte
         Medizinstudium in Österreich, welches sich nach der
         Einführung eines völlig reformierten Studiums mit
         einem integriertem Curriculum im Jahr 2002, erste
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
                                                                                                                    13

2.6 Allgemeinmedizin                                    im niedergelassenen Bereich und die mögliche Vermei-
                                                        dung von Wartezeiten auf Basisausbildungsplätze. Zur
Die Medizinischen Universitäten leisten seit längerem   Förderung der Allgemeinmedizin wurde an der MedUni
einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des    Wien die Professur für Allgemeinmedizin 2018 besetzt,
Gesundheitswesens und setzen gezielte versorgungs-      die Allgemeinmedizin im Pflichtcurriculum verankert.
wirksame Maßnahmen, um die an der Schnittstelle         Darauf aufbauend ist die Einführung eines Erweite-
Wissenschaft-Gesundheit auf uns zukommenden             rungsstudiums Allgemeinmedizin im bestehen-
Probleme zu lösen.                                      den Humanmedizinstudium für die nächsten Jahre
                                                        geplant. Das bereits existente Wahlfach Allgemein-
Das entsprechende Positionspapier der öffentlichen      medizin im Klinisch-Praktischen Jahr von 4 Monaten
Medizinischen Universitäten und der Medizinischen       wurde in Wien ergänzt durch das Exzellenzprogramm
Fakultät Linz mit dem Bundesministerium für Bildung,    Allgemeinmedizin im KPJ, das in Kooperation mit der
Wissenschaft und Forschung vom März 2018 zieht          WGKK und der Stadt Wien entstanden ist; dies soll
die Schlussfolgerung, dass „die Aufrechterhaltung       auf weitere Bundesländer ausgeweitet werden.
der Grundversorgung nicht allein durch Maßnahmen        Die Medizinische Universität Wien beteiligt sich bei
des Wissenschaftsressorts und der Universitäten         entsprechender Einbindung an der fortlaufenden
gesichert werden kann. Es bedarf hier der Zusammen-     (Weiter-)Entwicklung des Masterplans Allgemein-
arbeit aller in der Gesundheitsversorgung beteiligten   medizin der Österreichischen Gesellschaft für
Stakeholder, welche angehalten sind proaktiv und        Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM).
zielgesteuerte Vorkehrungen, Initiativen und Aktionen
zu treffen, um gemeinsam die österreichische Bevölke-   Die MedUni Wien ist bemüht, mittels geeigneter
rung eine zukunftssichere und qualitativ hochwertige    Maßnahmen im Rahmen des Medizinstudiums ihren
Gesundheitsversorgung zu bieten“, dazu zählen unter     Beitrag dazu zu leisten, dem Nachwuchsmangel in der
anderem Verkürzung der Ausbildungszeiten durch ver-     Allgemeinmedizin entgegenzutreten und Maßnahmen
stärkte Anrechnung des KPJ, Landarztstipendien und      im Sinne des genannten Positionspapieres zu setzen.
die Vergütung für die Ausbildenden und Studierenden
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
14
Das Medizinstudium im öffentlichen Diskurs
                                                                                                                        15

2.7 Humanities                                               Die vertiefte Auseinandersetzung mit ethischen
                                                             Themen und Fragestellungen, PatientInnensicherheit,
Neue Technologien und neues Wissen sind ein wichtiges        die Bedeutung der Selbstreflexion, die wichtige Ausei-
Fundament für das Verstehen von Gesundheits- und             nandersetzung mit Medizingeschichte, mit Kultur- und
Krankheitsentstehung, für Prävention, Erstellen von          Medizinanthropologie, medizinisch-philosophischen
Diagnosen und neuen maßgeschneiderten Therapien. Es          Fragestellungen seien hier beispielhaft genannt. Als
wird immer wichtiger naturwissenschaftliche Inhalte mit      Medical Education Prinzip gilt unter anderen‚ das
und von anderen Disziplinen zu lernen, z.B. mit Physi-       ärztliche Gespräch, die Kommunikationsfähigkeit, soll
kerInnen, MathematikerInnen, MolekularbiologInnen,           in einem Medizinstudium nicht als Beilage sondern als
GenetikerInnen und InformatikerInnen. Diese Entwick-         Hauptgericht gereicht werden. Im Humanmedizinstudium
lungen werden sich auf die tägliche Arbeit aller Ärztinnen   ist das strukturierte und über mehrere Semester gehende
und Ärzte auswirken. Die neuen Entwicklungen in der          Kommunikationstraining für Studierende mit Hilfe von
Medizin bringen natürlich auch Herausforderungen für         Schauspielpatientinnen und -patienten zu nennen.
die Ausbildung der Studierenden mit sich, denn es zählt
nicht nur High-Tech sondern auch High-Touch. Es gilt         Medical Humanities ist derzeit insgesamt in Form von
Werte, Haltungen und die Professionalität für den            etwa 600 Stunden an Pflicht- und Wahlfächern abgebil-
ärztlichen Beruf zu vermitteln, dies kann nicht Online       det. Medical Humanities kann und soll man nicht zum
oder durch E-Learning passieren.                             Unterrichtsfach machen, es bedeutet in letztendlicher
                                                             Konsequenz sich in allen Disziplinen und Fächern und
Naturwissenschaftliche Inhalte und technologischer           deren Entwicklungen mit dem sozialen und kulturellen
Fortschritt sind jedoch kein Widerspruch zu Medical          Kontext auseinanderzusetzen und diesen zu verstehen.
Humanities. Der Begriff Medical Humanities umfasst           Medical Humanities als integraler Bestandteil eines
eine ganze Reihe von Themenbereichen, die die Medizin        Humanmedizincurriculums der Zukunft soll eine Ziel-
und auch den Umgang mit dem technologischen                  vorgabe sein.
Fortschritt beeinflussen, diese sind vor allem dem
sozial- und geisteswissenschaftlichen als auch dem           Die Größe dieser Universität hat den unvergleichlichen
künstlerischem Bereich zuzuordnen.                           Vorteil, dass sich das Medizinstudium, wie auch die
                                                             anderen Studienprogramme in einem Umfeld entfalten
                                                             können und umgesetzt werden können, wo die Vielfalt
                                                             aller Disziplinen und Forschungsbereiche vorhanden ist
                                                             und so auch in die Lehre integrierbar sind.
16
17
Ergebnisse der Task Force Lehre
18

         3. Ergebnisse der Task Force Lehre
         3.1 Welche Lehrkultur                                     Das innovative Medizindidaktische Qualifizierungs-
                                                                   programm der MedUni Wien (bisher Medizinische
             brauchen wir?                                         Lehre Wien genannt) soll auf drei Ebenen angeboten
                                                                   und ausgebaut werden: a) Schulung/Vorbereitung der
         Lehre ist – neben Forschung und PatientInnenbetreu-       Lehrenden für konkrete Lehrveranstaltungsformen,
         ung – eine der im Triple-Track-Modell veranschaulichten   b) Zertifikatsprogramm Medizindidaktik (karrierewirk-
         Kernaufgaben der MedUni Wien. MedUni-Wien-                sames Zertifikatsprogramm) und c) Leadership-
         spezifisch stellt hier die Umsetzung des KA-AZG bis       Programm Medizindidaktik. Einzelnen Lehrenden
         2021 – unter Berücksichtigung optimierter Freiräume       wird die Teilnahme an einem Master of Medical
         für Forschung und Lehre (protected time) durch            Education (MME)-Programm finanziert.
         gesetzliche Opt out-Möglichkeit – für die Universitäts-
         kliniken eine besondere Herausforderung dar.              Es sollte die vorhandene Innovationskultur in der
                                                                   Lehre weiter gestärkt werden. Neben den ohnehin
         Gute Lehre braucht Zeit und Ressourcen – in Vorbe-        laufenden Adaptierungen wäre eine Möglichkeit
         reitung, Durchführung und Nachbereitung. Gleiches         hierfür die kommunizierte Unterstützung von
         gilt für ein vielseitiges Prüfungswesen, insbesondere     Lehrpilotprojekten.
         mündliche Prüfungsformen bedürfen im Vergleich zu
         schriftlichen Formen wie Multiple Choice typischer-
         weise eines höheren Aufwandes. Den Lehrenden soll
         mehr Zeit zum Prüfen zur Verfügung stehen, ange-            Fazit:
         sichts des Wettbewerbs um die Ressource Zeit braucht        Um den Stellenwert der Lehre deutlicher
         es eine Strategie, dies erfolgreich zu verankern, wobei     hervorzuheben, sind verschiedene Maß-
         Incentives hier eine Stütze darstellen können.              nahmen gesetzt bzw. geplant. Dazu gehö-
                                                                     ren u.a. garantierte Freiräume für Lehre an
         Im Entwicklungsplan der MedUni Wien sind tätigkeits-        den Universitätskliniken, die Verleihung
         bezogene Auslandsaufenthalte sowie evaluierte Lehre         von Lehrpreisen, die Schaffung eines
         gemäß gesamtösterreichischem Universitätsentwick-           Karriereschwerpunkts in der Lehre für
         lungsplan entscheidende Kriterien für Karriere an der       wissenschaftliche MitarbeiterInnen und
         Universität und im universitären internen Karrieremo-       die Steigerung der Lehrendenmobilität.
         dell für z.B. § 99/4 Stellen besonders relevant.

         Ebenso wird ein Schwerpunkt auf die Professionali-
         sierung der Lehre durch medizindidaktische Qualifi-
         zierung für Lehrende gelegt. Das an der MedUni Wien
         bestehende umfangreiche Personalentwicklungs-
         Programm zur Lehre soll pro futuro durch ein
         Qualifizierungsprogramm für Lehrende ergänzt
         werden. Ziel ist die noch stärkere Professionalisierung
         aller Curricula. Basierend auf internationalen
         Standards sollen didaktische Kompetenzen von
         Lehrenden maßgeschneidert auf die jeweiligen
         Anforderungen in den Curricula vermittelt werden.
         Der medizinische Kontext mit seiner praktischen
         Situation und seinen spezifischen Bedürfnissen steht
         dabei im Mittelpunkt. Nachgewiesene Lehr-
         kompetenzen sind auch international im Rahmen
         von Karrieremodellen an Universitäten
         (Qualifizierungsvereinbarungen, Habilitationen etc.)
         zunehmend von größerer Bedeutung.
Ergebnisse der Task Force Lehre
                                                                                                                       19

3.2 Lehre im Karrierepfad                                      Lehrzeiten bei der Einteilung zu klinischen Tätig-
                                                               keiten jedenfalls zu berücksichtigen sind (siehe
Die Medizinische Universität Wien ist sich ihrer Rolle         Betriebsvereinbarung zum KA-AZG + Vereinbarung
als führende Ausbildungsstätte für MedizinerInnen              zu den Forschungs- und Lehrzeiten). Aufgrund der
in Österreich bewusst. Für die Aufrechterhaltung der           hohen zeitlichen Anforderungen durch die klini-
Qualität und Kapazität der Lehre wird empfohlen einen          sche Tätigkeit ist eine zufriedenstellende Umset-
inneruniversitären Karrierepfad zu eröffnen, der diese         zung bisher noch nicht gelungen.
Aufgaben stärker berücksichtigt als es bisher vorgese-
hen ist. Dieses Thema passt inhaltlich in die Task Force   Derzeit in Bearbeitung sind Vorschläge zur qualitativen
Lehre ebenso wie in die Task Force Nachwuchsförde-         Bewertung der Lehrleistung, also über Quantifizie-
rung. In Übereinkunft wurde es von letzterer bearbei-      rung und Evaluation hinaus. Für einen Karrierepfad
tet, bisherige Ergebnisse werden dennoch auch hier         mit stärkerem Schwerpunkt auf der Lehre sind die
präsentiert. Es ist ein Anliegen in diesem Rahmen zu       geforderten Lehr- und Forschungsleistungen für den
betonen, dass die Verankerung der Lehre im Karriere-       jeweiligen Karriereschritt noch zu entwerfen.
pfad einen wesentlichen Teil der Gesamtstrategie in
der Lehre darstellt.

Der bisher angebotene Karrierepfad an der MedUni             Fazit:
Wien ist bei seinen Vorgaben primär an der For-              Der inneruniversitäre Karrierepfad, der ge-
schungstätigkeit ausgerichtet. Die dabei ebenfalls           genwärtig auf den Schwerpunkt Forschung
geforderten Semesterwochenstunden an Unterricht,             abstellt, soll um die Möglichkeit einer
sowie die Ausbildung und Skills im Lehrbereich orien-        Karriere mit dem Schwerpunkt Lehre und
tieren sich an den Aufgaben von durchschnittlich mit         dem letztlichen Ziel einer entsprechen-
Lehraufgaben befassten ForscherInnen und KlinikerIn-         den Professur erweitert werden. Dadurch
nen. Es hat sich aber gezeigt, dass einerseits von den       sollen Raum und Akzeptanz bezüglich
individuellen Schwerpunkten als auch von den Bedürf-         der Lehraufgaben in allen Bereichen der
nissen der MedUni Wien her eine stärkere Berücksich-         MedUni Wien ausgebaut werden. Auch im
tigung der Lehre dringend notwendig und sinnvoll ist         wissenschaftlichen Karrierepfad soll der
und daher gezielt gefördert werden soll.                     Raum für die Lehre gestärkt werden.

Zu diesem Thema wurden folgende Grundsätze
erarbeitet:
1. Die Lehre muss forschungsgeleitet sein, d.h. dass
    auch für den Karrierepfad mit Schwerpunkt Lehre
    jedenfalls ein Forschungsanteil erbracht werden
    muss.

2.   Lehre im Sinne des Karrierepfades soll nicht nur
     eine erhöhte Lehrleistung im Sinne einer erhöh-
     ten Semesterwochenstundenanzahl bedeuten,
     sondern vor allem auch das Vorantreiben von Ent-
     wicklungen im Lehr- und Prüfungsbereich (neue
     Formen und Inhalte), die Übernahme von Aufgaben
     in den organisatorischen Bereichen der Lehre,
     wie z.B. Koordinationsfunktionen, und verstärkte
     Weiterbildung bis hin zum MME mit dem letztend-
     lichen Ziel einer Professur mit Lehrschwerpunkt.

3.   Eine Differenzierung kann erst im Laufe der Ent-
     wicklung der MitarbeiterInnen erfolgen, d.h. sie
     soll nicht schon bei Dienstantritt festgeschrieben
     werden. Arbeitsrechtlich lässt sich ein erhöhter
     Lehranteil (dabei ist auf den KV Rücksicht zu neh-
     men) bei Bedarf jedenfalls abbilden. Im klinischen
     Bereich ist auch jetzt bereits vorgesehen, dass
Ergebnisse der Task Force Lehre
20

         3.3 Entwicklung der klinischen
                                                                  Zusätzlicher administrativer Support würde die Lehre
             Lehre                                                erleichtern, in Form von personellem und technischem
                                                                  IT-Support, aber auch in der Organisation. Das
         3.3.1 Klinische Lehre                                    Logbuch sollte stets auf die sich verändernden
         Die klinische Lehre ist das Kernelement eines            fachlichen Inhalte adaptiert werden. Ein Konzept für
         Medizin-Curriculums, in dem die Studierenden unter       eine Incentivierung der Lehre wird empfohlen.
         Anleitung, Aufsicht und Feedback mit ihrem zukünfti-
         gen Berufsfeld in Kontakt kommen und ihre bisherigen
         Lerninhalte in realiter erleben. Sie ist daher für die
         Außensicht eines medizinischen Curriculums ent-            Fazit:
         scheidend.                                                 Durch eine Optimierung der Organisation
                                                                    der Lehre, des Stellenwertes der Lehre in
         Es muss für die Studierenden durch eine exzellente         Innen- als auch Außenprojektion, als auch
         klinische Lehre und moderne Außenprojektion und            der Dynamik der klinischen Lehre, basie-
         Kommunikation attraktiv sein, an der MedUni Wien           rend auf dem vorhandenen sehr hohen
         und ihren Partnerinstitutionen die klinische Lehre         Potential, kann die Alleinstellung der
         zu absolvieren.                                            MedUni Wien als Lehrort gesichert werden.

         Es ist die Intention der MedUni Wien, die Studierenden
         möglichst frühzeitig in die praktische klinische und
         patientInnenzentrierte Lehre einzubinden, um ge-         3.3.2 Joint Training
         lernte Basisfertigkeiten (Gesprächsführung, Kranken-     Joint Training versteht sich hier als die gemeinsam
         untersuchung, etc.) praxissicher zu erwerben, sowie      vorgenommene interdisziplinäre Lehre durch Vertrete-
         theoretisches Wissen praktisch zu erleben und klini-     rInnen grundlagenwissenschaftlicher und kliniknaher
         sches, verknüpftes Denken von Beginn an zu fördern       Disziplinen. Das Ziel derartiger Lehrangebote ist die
         (Berufsalltag, Integration mehrerer Krankheitsbilder,    Maximierung des Verständnisses für (patho-) physio-
         Reflexion von Wissenslücken).                            logische Grundlagen von Erkrankungen als Basis für
                                                                  die optimale Erforschung, Prävention, Diagnostik und
         Kernpunkt der klinischen Lehre ist die Schnittstel-      Therapie.
         le zwischen klinisch Lehrendem (Mentor) und den
         Studierenden (Mentee), die laufende Überprüfung der      Im Speziellen sind fallzentrierte Lehrveranstaltungs-
         Studierenden durch den Einsatz adäquater Prüfungs-       formate besonders geeignet, um Joint Training attraktiv
         formate (z.B. Mini-CEX, DOPS, OSCE) und die Lebbar-      für Lehrende und Studierende zu gestalten, z.B. nach
         keit der Dokumentation dieses Prozesses (Logbuch,        Vorbild der bereits erfolgreich etablierten Interdiszi-
         Portfolio, EPA) - dieses muss umsetzbar sein, aber       plinären Fallkonferenzen. Dabei sollte auf eine enge
         auch umgesetzt werden. Der wesentliche Faktor ist die    Verschränkung der Lehrinhalte geachtet werden, opti-
         Beziehung der Lehrenden zu den Studierenden. Inhalte     malerweise durch gemeinsam abgehaltene Lehrveran-
         der Klinischen Lehre sind grundlegend im Curriculum      staltungen. Moderne Lehrmethoden, wie z.B. Digivoting
         festgelegt, aber die Umsetzung und Präsentation          Systeme, erscheinen sehr sinnvoll um die Interaktivität
         ist auf individuelle PatientInnen bezogen, und daher     der Lehre zu maximieren.
         dynamisch und lebendig. Die fachliche klinische Basis
         soll praxisnah unterrichtet werden und im KPJ vertieft   Joint Training entspricht dem Prinzip der forschungsge-
         werden. Studierende im KPJ sollen eine Simulation        leiteten Lehre und ist gut geeignet, um Querschnitts-
         des Berufslebens erhalten.                               themen wie High-Tech Präventionsmedizin, Präzisions-
                                                                  medizin und Digitale Medizin zu vermitteln. Dabei
         Die Studierenden sollen bereits im 1. und 2. Abschnitt   könnten die Themen Onkologie, Immunologie, Neuro-
         in klinische Fragestellungen involviert werden um        wissenschaften, Kardiovaskuläre Medizin und Imaging
         eine frühe Integration des theoretischen Wissens mit     schwerpunktmäßig bearbeitet werden, die sich auch in
         der Ausbildung von klinisch angewandtem Denken zu        den inhaltlichen Schwerpunkten des Entwicklungsplans
         erreichen.                                               der MedUni Wien 2019–2024 wiederfinden.
Ergebnisse der Task Force Lehre
                                                                                                                      21

Joint Training im Rahmen des Regelstudiums ist            Die Organisation und Abhaltung von Lehrveranstaltun-
anzustreben, ein Einsatz in Wahlpflichtfächern und        gen im Sinne von interdisziplinärem Joint Training ist
Wahlfächern erscheint ebenso zweckmäßig, ein Einsatz      mit einem hohen Aufwand verbunden, insbesondere
in speziellen Studienmodulen und Doktoratsstudien         durch die inhaltliche und zeitliche Koordination
ist denkbar. Eine Verankerung von einführenden Joint      mehrerer Lehrender aus unterschiedlichen Fach-
Training Lehrformaten in frühen Semestern ist sinnvoll,   bereichen. Abgefangen werden kann dies z.B. durch
um schon früh im Studium die Wichtigkeit von Inter-       die Beschäftigung von TutorInnen.
disziplinarität zwischen grundlagenorientierten und
klinischen Fächern zu betonen. Das volle Potential von
detaillierteren Joint Training Formaten kann aber wohl
erst in späteren Semestern ausgeschöpft werden, wenn        Fazit:
bereits Grundlagen in theoretischen und klinischen          Die bestehenden Curricula sind dahinge-
Fächern gelehrt wurden.                                     hend systematisch zu überprüfen, ob und
                                                            an welchen Stellen Joint Training Lehr-
                                                            formate eingebaut werden können, um
                                                            die klinische Relevanz von biologischen
                                                            Grundlagen klarer zu machen. In Ergän-
                                                            zung dazu ist auch bei neu zu etablieren-
                                                            den Studien, wie z.B. dem Masterstudium
                                                            Molekulare Medizin, das Prinzip des Joint
                                                            Trainings von Anfang an mit zu bedenken.
Ergebnisse der Task Force Lehre
22

         3.3.3 Interprofessionelle Lehre                             Kinderheilkunde, Gynäkologie, Palliativmedizin/Geriatrie,
         Im Studium an der MedUni Wien existieren viele Schnitt-     Public Health sowie Allgemeinmedizin (Primärversor-
         stellen in der Lehre zu den nicht-ärztlichen Gesund-        gungszentren) und Outcome Research. Trotz enormer
         heitsberufen, die an der MedUni Wien ausgebildet            Beliebtheit können derzeit nur wenige Studierende der
         werden, und WissenschafterInnen diverser Fachberei-         Humanmedizin sowie Gesundheits- und Kranken-
         che. Interprofessionelle Lehre und Ausbildung betrifft      pflege von der interprofessionellen Lehre profitieren,
         spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten, sowie den Be-       z.B. im Rahmen eines Simulationstrainings, welches als
         reich der Soft Skills, z.B. Rollenverständnis, Teamarbeit   Wahlfach stattfindet. Für die interprofessionelle Lehre
         und Leadership, aber auch die Kenntnisse über andere        sind insbesondere folgende Berufsgruppen zu berück-
         Berufsgruppen, zu denen ÄrztInnen zuweisen.                 sichtigen: Gesundheits- und Krankenpflege, Physiothe-
                                                                     rapie, Biomedizinische Analytik, Ergotherapie, Diätologie,
         Ebenso wird auch an anderen Institutionen, an denen         Logopädie, Hebammen und klinische Psychologie sowie
         nicht-ärztliche Gesundheitsberufe ausgebildet werden,       weitere gesetzlich geregelte, nicht-ärztliche Gesund-
         interprofessionelle Lehre angeboten und von den             heitsberufe, je nach medizinischem Fachgebiet.
         Studierenden sehr geschätzt. Diese Empfehlungen
         wurden interprofessionell erstellt, gemeinsame Lehr-        An der MedUni Wien gibt es außerdem Lehrveranstal-
         angebote der entsprechenden Institutionen erschei-          tungen, die von Studierenden anderer Fachrichtungen
         nen den Beteiligten sinnvoll.                               besucht werden, das postgraduale, interdisziplinäre
                                                                     Doktorats/PhD-Studium, sowie das – im Sinne des Life
         Zu den prioritären Fachbereichen, in denen interprofes-     Long Learning – immer relevanter werdende Angebot
         sionelle Lehre im Studium der Humanmedizin umgesetzt        aus dem Postgraduellen Aus- und Weiterbildungsbe-
         werden kann, gehören Notfall- und Intensivbereiche,         reich.
Ergebnisse der Task Force Lehre
                                                                                                                    23

Digitale Medizin und Telehealth stellen ebenfalls zukünf-
tige Anwendungsbereiche der interprofessionellen Lehre      Fazit:
dar. Hier bestehen auch Überschneidungsbereiche zur         Interprofessionelle Lehre ist ein immer
Medizininformatik. Eine Flexibilität im Curriculum er-      wichtiger werdender Aspekt in der Aus-
möglicht ein rasches Reagieren auf Veränderungen und        bildung von ÄrztInnen und deren direkten
Innovationen. Technik ist hier die treibende Kraft.         InteraktionspartnerInnen. Die Qualität
                                                            der medizinischen Versorgung und die
Interprofessionelle Soft-Skills, einschließlich Leader-     Sicherheit der PatientInnen werden
ship Skills und Culture of Care können die Sicherheit der   hierdurch nachhaltig positiv beeinflusst.
PatientInnen und den Umgang mit Fehlern nachhaltig          Entsprechende eigene Maßnahmen ließen
positiv beeinflussen. Interprofessionelle Lehre steigert    sich durch Forschung im Bereich Out-
die Zufriedenheit aller Berufsgruppen und die Qualität      comes Research begleiten.
der interdisziplinären Versorgung.

Evidenz, dass es zu einer Verbesserung des Outcomes in
Folge von interprofessioneller Lehre kommt, ist erst
eingeschränkt vorhanden. Begleitforschung an der
MedUni Wien, z.B. aus dem Bereich Outcomes Research,
könnte einen wesentlichen Beitrag zur Bildung weiterer
Evidenz leisten.
Ergebnisse der Task Force Lehre
24

         3.3.4 Medizinische Simulation in der Lehre                   Es wird die Planung hierfür geeigneter Räume im Med-
         Simulationsbasiertes Training umfasst sowohl das             Campus Mariannengasse für Low-Fidelity (reines Rea-
         Erlernen von technischen Grundfertigkeiten und medizi-       nimationstraining, Skills Training, Szenarientraining) bis
         nischen Inhalten (Reanimationsalgorithmus, Intubation,       High-Fidelity (Simulationspuppen mit Atmung, Zyanose,
         Anlage von venösen Zugängen, standardisierte Abläufe,        Monitoring, etc.) Simulation empfohlen. Hier bedarf
         etc.) als auch interprofessionelle und interdisziplinäre     es eines Raumkonzeptes für Vorträge, Skills Training
         Team-Trainings mit dem Fokus auf nicht-technische            und Debriefing-Möglichkeit im Anschluss; diese sollen
         Fähigkeiten/„Soft Skills“ (Kommunikation, Teamwork,          vernetzt sein und auf Videos zugreifen können. Idealer-
         Situationsbewusstsein, Crew Ressource Management).           weise gibt es in jedem Raum einen speziellen Fokus, um
                                                                      häufiges Umbauen zu vermeiden.
         Als Fachbereiche in denen Simulation eine Rolle spielt
         wurden identifiziert: Pädiatrie, Anästhesie, Gynäkologie,    Die Planung von Räumen für Virtual Reality wird emp-
         Innere Medizin, Notfallmedizin, Chirurgie, HNO,              fohlen. Eine Kooperation mit 3D-Printing /Future Lab
         Geriatrie, Psychologie, Public Health, Krankenhaus-          erlaubt eigenständige Entwicklungen. Medizinische
         hygiene und Infektionskontrolle.                             Simulation wird insgesamt als hervorragende Methode
                                                                      zur Verbesserung der medizinischen Ausbildung sowie
         Inhaltlich wird empfohlen ein „Line“-Element zum             zur Erhöhung der PatientInnensicherheit gesehen. Um
         Thema PatientInnensicherheit zu etablieren, mit              dabei qualitative Trainings anbieten zu können, werden
         entsprechenden Konzepten zu Teamtraining, Crew               ausreichend materielle und strukturelle Ressourcen
         Ressource Management (CRM Bingo, Magic Helium                benötigt.
         Stick, etc.), und Human Factors.

         Eine Basissimulation soll in der Ausbildung aller
         Studierenden eingesetzt werden: Ziel ist neben der             Fazit:
         Vermittlung medizinischer Lehrinhalte auch das Trai-           Medizinische Simulation ist eine hervor-
         ning nicht-technischer Fertigkeiten (Human Factor,             ragende Methode zur Verbesserung der
         Crew Ressource Management) im Studium. Mögliche                medizinischen Ausbildung. Simulations-
         Szenarien sind Reanimation, hypovolämischer Schock,            basierte Lehre sollte frühzeitig im Studium
         „der erste Nachtdienst“. Eine zukünftige Kooperation           als Lehrform eingesetzt werden, um eine
         mit Ausbildungseinrichtungen für Gesundheitsberufe             Vernetzung von theoretischem Wissen
         könnte eine frühzeitige interprofessionelle Ausbildung         (medizinisch und nicht-technische Fertig-
         ermöglichen.                                                   keiten) mit der klinischen Praxis zu errei-
                                                                        chen. Für klinisch-praktische Inhalte (OP,
         Die Basissimulation soll durch speziell ausgebildete           Visitation, Ambulanz) wird eine moderierte
         „Educators“ angeleitet werden, die für die Simulation (von     Semi-Live-Klinik vorgeschlagen, zudem
         Low- bis High-Fidelity) zur Verfügung stehen. Diese ha-        die Implementierung von Virtual Reality,
         ben eine spezielle Ausbildung und sind vor allem mit den       High-Fidelity-Simulation und 3D-Modellen
         Inhalten einer simulationsbasierten Lehre, Szenarien-          zu Übungszwecken (Task Trainer).
         erstellung, Debriefing und psychologischer Sicherheit
         vertraut. Es bedarf einer integralen Zusammenarbeit
         zwischen Educators und KlinikerInnen bezüglich fach-
         licher Ausarbeitung der Szenarien. Es müssen Zeit und
         Ressourcen für die KlinikerInnen für die Durchführung
         von Trainings als Instructor/Simulations-Teams zur
         Verfügung gestellt werden. Es bedarf einer Organisa-
         tion durch Administrationskräfte, eines technischen
         Supportes durch TechnikerInnen und Management der
         Materialien durch LaborantInnen.
Ergebnisse der Task Force Lehre
                            25
Ergebnisse der Task Force Lehre
26

         3.4 Digitalisierung                                       Die in der Lehre vermittelten Inhalte zu digitalen Kom-
                                                                   ponenten in der Medizin müssen laufend evaluiert und
         3.4.1 Digitale Medizin                                    auf den neuesten Stand gebracht werden. Insbesonde-
         Digitalisierung stellt eines der größten Zukunftsthemen   re der Umgang mit Instrumenten (zum Beispiel, analoge
         dar, sie übt einen nachhaltigen Impact auf Wahrneh-       vs. digitale Mikroskopie) muss laufend an die zu erwar-
         mung und Nutzung der Umwelt durch den Einzelnen           tende zukünftige klinische Praxis angepasst werden.
         aus, indem sie die Flexibilisierung und Individuali-
         sierung von Arbeitsabläufen ermöglicht. Gerade im         Auf der Basis der Expertise aus dem bestehenden
         Life-Science-Bereich schreitet die Digitalisierung in     Master-Curriculum Medizinische Informatik – dessen
         der medizinischen Praxis (Digital Healthcare) un-         parallele Implementierung mit dem Medizin-
         aufhaltsam voran. Nicht nur werden im verstärkten         Curriculum ein Alleinstellungsmerkmal der MedUni
         Ausmaß sämtliche Gesundheitsdaten in digitaler Form       Wien darstellt – können diese Erkenntnisse auch auf
         gespeichert, sondern auch die Beziehung zwischen          den postgraduellen Bereich nach internationalem
         Arzt/Ärztin und Patient/Patientin wird zunehmend von      Vorbild im Sinne eines Universitätslehrgangs für
         IT-Plattformen beherrscht (Stichwort: digitales Warte-    Medizinische Informatik für MedizinerInnen über-
         zimmer). Darüber hinaus werden jüngste Erfolge in der     nommen werden, um den steigenden Bedarf an
         künstlichen Intelligenz bzw. des maschinellen Lernens     IT-orientierten ÄrztInnen zu decken.
         revolutionäre Änderungen in der diagnostischen
         Praxis nach sich ziehen.                                  Auch im Prüfungswesen ist pro futuro den Entwicklun-
                                                                   gen der Digitalisierung Rechnung zu tragen. In Analogie
         Diese neuen Anforderungen werden sich auch bei den        zu einer Digitalisierung in der Lehre darf auch eine
         zu vermittelnden Inhalten niederschlagen. Um diesen       Digitalisierung des Prüfungswesens keinen Selbst-
         begegnen zu können, ist für den Lehrbereich eine pro-     zweck darstellen, sondern muss, unter Beachtung
         funde Vermittlung dahingehend nötig, welche digitalen     aller Aspekte, einen Mehrwert bieten. Dies muss unter
         Tools oder neue Medien es im jeweiligen Bereich gibt,     Betrachtung der aktuellen Technologie zum jetzigen
         wie diese in der Praxis zum Einsatz kommen, wie stark     Zeitpunkt zwar kritisch gesehen werden, es erscheint
         sie das ärztliche Personal unterstützen können, und       jedoch gut möglich, dass technologische Fortschritte
         was beim Umgang mit ihnen zu beachten ist.                innerhalb eines 10-Jahreszeitraums den Status quo
                                                                   deutlich zugunsten einer Digitalisierung verschieben.
         Es wird vorgeschlagen, ein Grundlagen-Modul zu
         medizin-relevanten informatischen Inhalten ins
         Curriculum aufzunehmen. Als Anhaltspunkt für die zu
         lehrenden Inhalte können internationale Empfehlungen        Fazit:
         und Richtlinien herangezogen werden (IMIA, GMDS,            Die medizinische Lehre muss den rasch
         etc.). Dieses Modul sollte nach Möglichkeit prüfungs-       voranschreitenden Veränderungen in
         immanent sein und technische sowie formale Inhalte          Richtung einer Digitalen Medizin Rechnung
         lebendig vermitteln, um Studierende an die Thematik         tragen. Die MedUni Wien hat durch das ne-
         heranzuführen, statt sie davon abzuschrecken.               ben dem Medizin-Curriculum existierende
                                                                     Masterprogramm „Medizinische Infor-
         Darüber hinaus wird eine blockspezifische Integration       matik“ die besten Voraussetzungen dafür.
         von Lehre zum Thema Digitalisierung vorgeschlagen. Im       Internationale Beispiele liefern zusätzli-
         Umfang könnten in je einem Block zu zwei Stunden die        che Anhaltspunkte für einen verstärkten
         zugehörigen digitalen Werkzeuge, deren Praxiseinsatz        Einbau informatorischer Inhalte in die
         und deren Potential im klinischen Einsatz vermittelt        medizinische Ausbildung.
         werden.

         Neben diesen Punkten ist auch der ethisch vertretbare
         Umgang mit IT-Technologie und Datenschutz in der
         Medizin zu vermitteln.
Ergebnisse der Task Force Lehre
                                                                                                                        27

3.4.2 Hybrid Education                                     Sofern die angestrebten didaktischen Ziele damit er-
Hybrid Education im Sinne dieses Dokuments wird            reicht werden können, bietet sich auch der Einsatz von
als Verschränkung persönlicher Wissensvermittlung          E-Testing an, wobei sich der Einsatz an den Lernzielen
unter Zuhilfenahme digitaler Medien bzw. Plattformen       orientieren soll und qualitativ hochwertige und persön-
verstanden. Hybrid Education im Sinne der hier vorge-      lich vorgenommene Prüfungsereignisse mit entspre-
nommenen Begriffsdefinition umfasst damit Elemente         chendem Feedback an die Studierenden nicht ersetzen
des E-Learnings, wird jedoch stets in der Form von         kann.
Blended Learning verstanden, also das Zusammenspiel
von Präsenzveranstaltungen und E-Learning-Einheiten        Eine klare Strategieentwicklung für die Implementierung
in der Lehre.                                              von Hybrid Education wird als erforderlich angesehen:
                                                           i) Identifikation geeigneter Curriculum-Elemente und
Folgende Eckpunkte sind für die Implementierung von        Lehrkonzepte (z.B. durch Calls unter den Lehrenden),
Hybrid Education zu berücksichtigen:                       ii) Definition der bereit zu stellenden Ressourcen, iii)
                                                           Bereitstellung eines strukturierten, serviceorientierten
Hybride Lernumgebungen können die persönliche              Supports zur technischen Unterstützung einer fach-
Wissensvermittlung unterstützen, welche einen unver-       kompetenten Umsetzung.
rückbaren Grundpfeiler der universitären Ausbildung
darstellt. Sie eignen sich auch für die Simulation von     Es werden didaktische Fortbildungen in Zusammen-
Anwendungen oder Behandlung praxisnaher Beispiele.         hang mit Hybrid Education empfohlen, diese könnten
                                                           ins Seminarprogramm der „Medizinische Lehre Wien“
Es muss eine ausgewogene und definierte Verschrän-         aufgenommen werden.
kung von Präsenzstunden und E-Learning in einem
zueinander sinnvollen zeitlichen Abstand bzw. Verhältnis
bestehen; es muss eine wechselweise Ergänzung der
Wissensvermittlung erreicht werden. Insofern soll Hybrid
Education keinen Aspekt der persönlichen Lehre               Fazit:
ersetzen. Es soll sichergestellt sein, dass E-Learning-      Hybrid Education in der Form von Blended
Elementen und den dafür bereitgestellten Lehrmateriali-      Learning kann die persönliche Wissens-
en ein entsprechendes Stundenausmaß zugewiesen und           vermittlung unterstützen, jedoch nicht
in ECTS abgebildet wird – als Grundlage für Betrauung        ersetzen. Hybride Lernumgebungen kön-
und finanzielle Abgeltung in allen Semestern in denen        nen grundsätzlich in allen Studiengängen
diese Elemente zur Anwendung kommen. Die Umsetzung           der MedUni Wien zur Anwendung kommen,
muss sich an definierten Lehrinhalten und -zielen            die Motivation zur Implementierung sollte
orientieren, Evaluierungen für diese spezielle Form der      primär didaktisch begründet sein bzw.
Lehre sind neu zu entwickeln.                                nachgeordnet einer Strategie zur Erhöhung
                                                             der zeitlichen Flexibilität (speziell zur Un-
Aufgrund des großen Arbeitsaufwands bei der                  terstützung von Studierenden mit Betreu-
Entwicklung und Implementierung qualitativ hoch-             ungspflichten bzw. Berufstätigkeit) folgen.
wertiger hybrider Lernumgebungen scheinen gezielte           Die Umsetzung muss sich an definierten
Ressourcenzuweisungen für die Projektentwicklung             Lehrinhalten und -zielen orientieren, wobei
und den projektverantwortlichen Lehrenden einer              die Entscheidung über Sinnhaftigkeit und
Zielerreichung förderlich.                                   Form eines Einsatzes hybrider Lernumge-
                                                             bungen den Lehrenden überlassen bleiben
Der Einsatz hybrider Lernumgebungen kann in allen            sollte.
Studiengängen an der MedUni Wien erfolgen, wobei Aus-        Die Identifizierung geeigneter Curricu-
maß und Gewichtung den jeweiligen Zielen anzupassen          lum-Elemente sowie Ansprech- und Um-
ist. Die Entscheidung über die Sinnhaftigkeit und Form       setzungspartner für die Lehrenden werden
(z.B. Lehrinhalte, Lehrveranstaltungs-Typ und Gruppen-       ebenso wie die Bereitstellung von struktu-
größe des Präsenzanteils) eines Einsatzes hybrider           riertem Support für die digitale Umsetzung
Lernumgebungen sollte den Lehrenden überlassen               der Projekte als notwendige Rahmen-
bleiben und in Absprache mit den Curriculum-                 bedingungen angesehen.
KoordinatorInnen erfolgen.
Sie können auch lesen