Wie lassen sich internationale Herausforderungen bewältigen? Kontroversen jenseits des Nationalstaats
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Wie lassen sich internationale Herausforderungen bewältigen? Kontroversen jenseits des Nationalstaats In den letzten Jahrzehnten ist eine global verflochtene Weltwirtschaft entstanden. In Europa haben sich die Staaten entschieden, eine gemeinsame Währung zu verwenden. Das bringt neue Herausforderungen mit sich: Europa wurde von der „Eurokrise“ erschüttert. Der in der letzten Zeit erstarkte politische Populismus und Nationalismus kann auch damit zusammenhängen, dass diejenigen, die von der Globalisierung kaum profitiert haben, unzufrieden sind. Wie können diese Herausforderungen jenseits nationaler Grenzen bewältigt werden? Um was geht es in Kapitel 4? Etwa zwei Drittel der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Eine riesige, menschenleere Fläche - sollte man meinen. Andererseits ist hier ganz schön was los. Denn: Die Weltmeere stellen gewissermaßen die Autobahnen des globalen Handels dar. Was auf ihnen so passiert, zeigt beispielhaft am Jahr 2012 die interaktive Animation oben. Jeder Punkt steht für den Weg eines Schiffes der globalen Handelsflotte in diesem Jahr. Die Animation zeigt, welche enormen Mengen an Containern und verschiedenen Gütern täglich transportiert werden – aber auch, wie hoch der Ausstoß an Treibhausgas durch die Handelsschifffahrt ist. Man erhält einen ersten Eindruck davon, welche Bedeutung der globale Handel mittlerweile hat. Er ist eines der wichtigsten (aber nicht das einzige) Merkmale der sogenannten Globalisierung. Der grenzüberschreitende Handel mit Waren und Dienstleistungen ist dabei in den vergangenen Jahrzehnten immer wichtiger geworden. Doch wie ist diese Entwicklung verlaufen - und wie umfangreich ist der Außenhandel eigentlich? Was wird gehandelt? Und wie lässt sich das statistisch erfassen und beschreiben? Was hat es mit Außenhandelsquote, Handels- und Leistungsbilanz auf sich? Diese Fragen betrachten wir im Auftakt des Kapitels. Sich hier ein bisschen auszukennen ist sehr hilfreich, um sich mit den Kontroversen zu beschäftigen, die sich um den Außenhandel drehen. Ein Geld, ein Markt, viele Länder: Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion Besonders wichtig für den grenzüberschreitenden Handel war und ist in Europa die europäische Integration: Nach den Erfahrungen von zwei Weltkriegen entstand hier der Wunsch, dass sich eine solche Katastrophe nicht nochmal wiederholen sollte. Ein Schlüssel zur politischen Zusammenarbeit schien in einer wirtschaftlichen Integration zu liegen. So gab es zunächst die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), bevor die Europäische Union (EU) entstand, die heute mit einer Bevölkerung von rund 450 Millionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 14 Billionen Euro einen riesigen Wirtschaftsraum bildet. In vielen Bereichen der Wirtschaftspolitik spielen europäische Institutionen heute eine wichtige Rolle. Besonders gilt das für die Geldpolitik. Denn: Mit der Einführung des Euros im Jahr 1999 verzichteten alle Länder, die sich in der Europäischen Währungsunion zusammengeschlossen haben, auf ihre nationalen Währungen wie etwa die Deutsche Mark, den französischen Franc, die italienische Lira oder die spanische Peseta. Diese Entscheidung bedeutete auch, dass die Nationalstaaten von seither keine eigene Geldpolitik mehr betreiben. Sie haben diese Aufgabe an die Europäische Zentralbank (EZB) abgegeben. Die gemeinsame Währung soll nicht zuletzt den Handel innerhalb Europas erleichtern. Denn seit der Einführung des Euro müssen keine nationalen Währungen mehr gegeneinander getauscht werden, wenn Waren aus dem europäischen Ausland gekauft werden. Damit fällt auch die Unsicherheit darüber weg, wie sich der Preis einzelner Währungen, der so genannte Wechselkurs, über die Zeit verändert, dadurch Exporte und Importe schlagartig teurer oder günstiger und somit Kaufentscheidungen komplizierter und schlechter planbar macht. Gleichzeitig können neue Probleme entstehen, wenn Nationalstaaten sich in einer Währungsunion zusammenschließen und auf eine einheitliche Geldpolitik festlegen, aber andere Bereiche der Wirtschaftspolitik in nationaler Verantwortung belassen. Daher fragen wir im ersten Schwerpunkt des Kapitels: Warum, wie und wann ist die Währungsunion eigentlich entstanden? Was sind die Aufgaben einer Zentralbank ganz allgemein und der EZB im Besonderen? Was hat es mit dem Ziel der Preisniveaustabilität auf sich, welches in Deutschland im magischen Viereck verankert ist? Wie wird das Preisniveau gemessen, warum ist seine Stabilität wichtig, warum entstehen Inflation oder Deflation? Wie versucht die EZB, ihre Ziele zu erreichen? Entstehen hier Zielkonflikte mit anderen wirtschaftspolitischen Zielen? Vor welchen besonderen Schwierigkeiten steht die EZB durch die Tatsache, dass sie Geldpolitik für viele verschiedene Länder machen muss? Wie sollte sich die Europäische Währungsunion in Zukunft weiterentwickeln? Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts – wichtig oder nicht? Nicht nur die Frage nach der Weiterentwicklung der Währungsunion ist ein heiß diskutiertes Thema. Auch in anderer Hinsicht
lieferten außenwirtschaftliche Themen in den vergangenen Jahren immer wieder politischen Zündstoff. Während manche es zum Beispiel als Erfolg feiern, dass Deutschland sich gut im internationalen Handel behaupten konnte, kritisieren andere die hohen deutschen Handelsbilanzüberschüsse (= Exporte minus Importe > 0). Sie argumentieren, dass die Binnennachfrage in Deutschland dauerhaft zu schwach ist und Deutschland deswegen zu wenige Waren und Dienstleistungen aus anderen Ländern importiert, was im Ausland zu höherer Arbeitslosigkeit und einer nicht nachhaltigen Auslandsverschuldung beitrage. Besonders keynesianische Wirtschaftsforscherinnen sprechen von einem außenwirtschaftlichen Ungleichgewicht und sehen darin eine Gefahr für die wirtschaftliche Stabilität in Europa. Andere, eher neoklassisch ausgerichtete Wirtschaftsforscherinnen sehen hier keinen besonderen Handlungsbedarf. Aus ihrer Sicht sind die deutschen Exportüberschüsse nur vorübergehend so hoch und können als Ausdruck einer stabilen wirtschaftlichen Situation interpretiert werden. Sie halten eher die Staatsverschuldung in Europa für ein Problem. Diese Kontroverse schauen wir uns in einem zweiten Schwerpunkt an. Folgen der Globalisierung Ein anderer Streitpunkt der internationalen Wirtschaftspolitik besteht in der Frage, wer überhaupt vom zunehmenden internationalen Handel profitiert. Während verschiedene ökonomische Theorien darauf hinweisen, dass durch die internationale Arbeitsteilung die weltweite Produktion insgesamt effizienter gestaltet werden kann, stellt sich in der Praxis die Frage, wie die Vorteile des Handels zwischen den Bürgerinnen und Bürgern verteilt werden. So könnte der in der letzten Zeit erstarkte politische Populismus und Nationalismus auch damit zusammenhängen, dass diejenigen, die von der Globalisierung kaum profitiert haben, zunehmend unzufrieden sind. Denn viele Arbeitsplätze in den reicheren Ländern sind dadurch bedroht, dass sie in immer stärkerer Konkurrenz zu aufstrebenden Ländern wie China stehen, in denen ähnliche Produkte mit geringeren Löhnen und weniger strengen Vorschriften über Umweltschutz, Arbeitssicherheit usw. hergestellt werden können. Den Argumenten für und gegen einen uneingeschränkten Welthandel widmen wir uns schließlich in einem Perspektivwechsel. Abb. 4.1: Concept Map zum Kapitel 4. Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Zusatzinformationen: - H5P 4.1: Eine Visualisierung des globalen Containerschiffverkehrs. Quelle der Visualisierung: KILN. Die Visualisierung ist nicht unter einer offenen Lizenz veröffentlicht. Sie wird hier von shipmap.org eingebettet. Der H5P-Inhaltstyp „Iframe Embedder“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://www.kiln.digital/ ) ( https://www.shipmap.org/ ) ( https://github.com/h5p/h5p-iframe-embed/blob/master/LICENSE.txt ) - Der Text im Lernabschnitt „Um was geht es in Kapitel 4?“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) - Das Foto von Jean-Claude Junker ist ein Ausschnitt aus „??????? ?????????? ?????? ????????? ?????? ? ????????????? ??????????? ???????? ???-?????? ??????? ?? ????? ??????? «??????? ?????????»“ von Kremlin.ru und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Das Zitat von Jean-Claude Juncler stammt von der Webseite der EU- Kommission. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Jean-Claude_Juncker_(2017-07-08)_01.jpg ) ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://ec.europa.eu/archives/emu10/quotes_juncker_de.htm ) - Das Foto von Paul Krugman „Paul Krugman at the 2010 Brooklyn Book Festival“ von David Shankbone ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Unported Lizenz. Zitiert nach https://www.mdr.de/heute-im-osten/euro340.html. ( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Paul_Krugman_2_BBF_2010_Shankbone.jpg )
( https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.en ) ( https://www.mdr.de/heute-im-osten/euro340.html ) - Abb. 4.1 „Concept Map zum Kapitel 4“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) Arbeitsaufträge: - Wo kommst du selbst mit Gütern in Kontakt, die durch grenzüberschreitenden Handel entstanden sind? Betrachten dazu einige Dinge, die sich gerade in deiner unmittelbaren Umgebung befinden, und recherchieren soweit möglich Informationen zu ihrer Entstehung. - „Handel schafft Vorteile für alle.“ Stimmst du dieser Aussage intuitiv zu? Begründe deine Antwort. - Preisniveaustabilität – auf den ersten Blick ein umständlicher Begriff. Entwickele eine erste Arbeitsdefinition, was damit gemeint sein könnte. Wie könnte man Preisniveaustabilität als Wirtschaftsforscherin messen? - Beziehen auf Basis deiner Vorkenntnisse Stellung zum Zitat von Jean-Claude Juncker. 1 Auftakt: Struktur des deutschen Außenhandels 1.1 Außenhandel: Wieviel, was und mit wem? Handel ist ein wichtiger Bestandteil wirtschaftlicher Aktivitäten. Dies gilt nicht nur für den Binnenhandel, sondern auch für den Außenhandel. In diesem Lernabschnitt soll es darum gehen, eine erste Vorstellung davon zu bekommen, welche Bedeutung der Außenhandel (nicht nur) für Deutschland hat. Dazu werden drei W-Fragen betrachtet: Wie umfangreich ist der Außenhandel und wie kann man das gut beschreiben? Was wird gehandelt? Mit wem wird gehandelt? Abb. 4.5: Innerhalb Deutschlands findet der allergrößte Teil des Güterverkehrs auf der Straße statt. Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Wie umfangreich ist der Außenhandel? Eine naheliegende Weise, die Größe des Außenhandels zu ermitteln, ist zunächst mal ein Blick auf die aktuelle Höhe der Exporte (Ausfuhren) und Importe (Einfuhren) zu werfen. Die folgende Tabelle gibt hier einen ersten Eindruck. Sie zeigt den Wert der Exporte und Importe von Gütern und Dienstleistungen einiger ausgewählter Länder und der Europäischen Union im
Jahr 2019. Land/Gebiet Importe (in Mrd. Euro), Jahr 2019 Exporte (in Mrd. Euro), Jahr 2019 Deutschland 1404,4 1612,1 Frankreich 771,9 759,4 Niederlande 583 670,1 Europäische Union 6304,5 6855,5 USA 2801,4 2237 Tabelle 4.1: Außenhandel mit Gütern und Dienstleistungen, 2019. Alle Werte umgerechnet in Euro, Preise des Jahres 2019. Quelle: AMECO-Datenbank der EU-Kommission. Doch hierbei handelt es sich nur um eine Momentaufnahme, die noch nicht besonders aussagekräftig ist. Spannend ist vor allem, wie hoch die wirtschaftliche Bedeutung der Exporte und Importe von Land zu Land ist und wie sie sich im Zeitverlauf entwickelt hat. Dazu kann die Höhe der Importe und Exporte ins Verhältnis zum BIP gesetzt werden und so die sogenannte Importquote und Exportquote ermittelt werden. Ein Anstieg/Rückgang der Importquote und Exportquote deutet dabei auf einen allgemeinen Bedeutungsgewinn/-verlust des Außenhandels hin, während ein bloßer Anstieg der absoluten Höhe der Importe/Exporte auch zum Teil auf ein sich veränderndes Preisniveau zurückgehen kann. Außerdem lassen sich die Länder so besser miteinander vergleichen: Denn während zum Beispiel in den Niederlanden gegenwärtig rund 17 Millionen Menschen leben und dort im Jahr 2019 ein BIP von rund 812 Milliarden Euro erwirtschaftet wurde, sind es in den USA rund 328 Millionen Einwohnerinnen bei einem BIP von umgerechnet rund 19141 Milliarden Euro. Kein Wunder also, dass die USA in absoluten Zahlen (Tabelle 4.1) weit mehr exportieren und importieren als die Niederlande. Ein Blick auf Importquote und Exportquote zeigt hingegen, dass relativ zur Wirtschaftsleistung gesehen der Außenhandel in den Niederlanden eine weit größere Bedeutung hat (Abb. 4.6). Abb. 4.6: Importe von Gütern und Dienstleistungen in % des BIP. Deutschland vor 1995: Westdeutschland. EU vor 1995: Länder, die vor April 2004 beigetreten sind (EU-15). Quelle: AMECO. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts.
Abb. 4.7: Exporte von Gütern und Dienstleistungen in Prozent des BIP. Deutschland vor 1995: Westdeutschland. EU vor 1995: Länder, die vor April 2004 beigetreten sind (EU-15). Quelle: AMECO. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Aus der Kombination von Importquote und Exportquote lässt sich die Außenhandelsquote ermitteln. Sie lässt sich auch aus der Nachfrageseite des BIP ableiten. Erinnerst Du dich noch, dass dort die Importe (M) und Exporte (X) des betrachteten Landes auftauchen? Die Außenhandelsquote ist definiert als der Anteil der Importe und Exporte am BIP, also: Die Außenhandelsquote gibt an, wie wichtig der Import und Export von Waren und Dienstleistungen im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes ist. Da die Außenhandelsquote die Offenheit einer Volkswirtschaft gegenüber dem Handel mit dem Ausland anzeigt, bezeichnet man sie auch als den Offenheitsgrad einer Volkswirtschaft. Eine offene Volkswirtschaft ist stark in den internationalen Handel eingeflochten, während weniger offene Volkswirtschaften dies nicht sind. Die Außenhandelsquote ist nicht zu verwechseln mit der Handelsbilanz einer Volkswirtschaft, welche die unterschiedliche Höhe von Exporten und Importen anzeigt. So erkennt man, ob eine Volkswirtschaft ein „Nettoexporteur“ (mehr Exporte als Importe) oder ein „Nettoimporteur“ (weniger Exporte als Importe) ist. Auch die Handelsbilanz kann man ins Verhältnis zum BIP setzen.
Abb. 4.8: Export minus Importe von Gütern und Dienstleistungen in % des BIP. D vor 1995: Westdeutschland. EU vor 1995: Länder, die vor 04/2004 beigetreten sind (EU-15). Quelle: AMECO. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Was wird gehandelt? Importe und Exporte Deutschlands nach Warengruppen Die Abbildung 4.9 zeigt, welchen Anteil verschiedene Warenarten an den gesamten deutschen Importen und Exporten im Jahr 2019 hatten. Der äußere Kreis stellt die Exporte dar, der innere Kreis die Importe. Dienstleistungen werden hier nicht berücksichtigt. Die Warengruppen basieren auf der Standard International Trade Classification (SITC) der Vereinten Nationen und wurden hier noch etwas stärker zusammengefasst. Welche Waren sich hinter dem jeweiligen Oberbegriff verbergen zeigt diese Auflistung?. Abb. 4.9: Äußerer Kreis: Exporte, innerer Kreis: Importe. Nur Güter (ohne Dienstleistungen), Warengruppen nach Standard International Trade Classification (SITC). Quelle: Stat. Bundesamt. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Mit wem wird gehandelt? Importe und Exporte nach Ländern
Die Abbildungen in H5P 4.3 geben einen Überblick darüber, in welche Länder in welchem Umfang deutschen Güterexporte gehen und woher Güter in welchem Umfang importiert werden. Die Angaben sind in Prozent der Gesamtexporte bzw. -importe. Im Vollbild-Modus lässt sich die Karte am besten betrachten. Zusatzinformationen: - Der Text im Lernabschnitt „Warum, wieviel, was und mit wem?“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) - Abb. 4.5 ist eine Bearbeitung (Unkenntlichmachung des KFZ-Kennzeichens und anderer Schriftzüge/Logos) des Originals „BX96395 (18.06.27, Motorvej 501, Viby J)DSC_2492_Balancer“ von Lav Ulv. Es ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 2.0 Generic Lizenz. ( https://www.flickr.com/photos/lavulv/46525601231/in/photolist-2dTiSjt-QWhyBa-2j1nccS-TgbSRQ-241khot-Tf26dj-2i5LY8n- QGCPo8-QXi5iD-RrKKeV-2dHoVrK-26E8aDU-RsRHAC-23MuTq2-2iWHEKa-2eLtHvb-2g6cgt7-294zpdx-2gbUSzC-NoyVfk- 2dkx775-S2LRjW-2dKcR7E-PnHuL1-QUv3J1-2c8Wzhy-RN5c5h-Rgxosi-2aub6rE-2badsAp-2iisQRw-2g2Zz5j-25CuQ3f- 2d72enZ-2eFui1r-2hkGe1X-QXi4JT-2aDWMM6-2g2Zxzc-2b5uFPW-2dpqwiG-2a9cpgz-2hNpe4x-2fK3XeG-2iMBVD5- 2coUYu7-2ikLnBH-QAyUFM-2iHgJAi-2fntxRv ) ( https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/ ) - Abb. 4.6: „Importquoten ausgewählter Länder und der EU, 1960 bis 2019“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quelle der Daten: AMECO-Datenbank der EU-Kommission, eigene Berechnung. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/indicators-statistics/economic-databases/macro-economic-database- ameco/ameco-database_en ) - Abb. 4.7: „Exportquoten ausgewählter Länder und der EU, 1960 bis 2019“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quelle der Daten: AMECO-Datenbank der EU-Kommission, eigene Berechnung. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/indicators-statistics/economic-databases/macro-economic-database- ameco/ameco-database_en ) - H5P 4.2 „Außenhandelsquote, 1960 bis 2016“: Quellen- und Lizenzangaben zum Inhalt unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Agamotto“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://github.com/otacke/h5p-agamotto/blob/master/license.txt ) - Abb. 4.8: „Handelsbilanz als Anteil am BIP, EU und ausgewählte Länder 1960 bis 2019“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quelle der Daten: AMECO-Datenbank der EU- Kommission, eigene Berechnung. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/indicators-statistics/economic-databases/macro-economic-database- ameco/ameco-database_en ) - Abb. 4.9: „Anteil von Warengruppen an den deutschen Importen und Exporten in Prozent, 2019“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnung. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) - H5P 4.3: Deutsche Handelspartner: Anteil an den Gesamtexporten und Gesamtimporten, 2019. Quellen- und Lizenzangaben zu den verwendeten Abbildungen unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Image Slider“ steht unter einer MIT Lizenz. ( https://github.com/falcon-git/h5p-image-slider ) Arbeitsaufträge: - Entwerfe ein Faktenblatt zum deutschen Außenhandel (z. B. in Form eines Infoplakats oder einer Webseite), indem du die wichtigsten Daten zusammenstellst und über die Bedeutung und Struktur des deutschen Außenhandels Auskunft gibst. Ergänze weitere Daten, die dir wichtig erscheinen, z. B. aus dieser Quelle? .
- Beurteile anhand der Daten, welche Bedeutung der internationale Handel für die deutsche Volkswirtschaft hat. - Die Abbildung oben zeigt, dass die USA eine sehr niedrige Außenhandelsquote haben, die Niederlande hingegen eine sehr hohe. Analysiere, was die Gründe dafür sein könnten. 1.2 Der Außenhandel im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf Um wirtschaftspolitische Kontroversen rund um den Außenhandel zu verstehen, hilft es, sich wieder der Sprache der VGR zuzuwenden. Auf Grundlage der VGR lassen sich die außenwirtschaftlichen Beziehungen einer Volkswirtschaft auf zwei Arten betrachten: Über die Handelsbilanz und über die Leistungsbilanz. So können auch die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Importen und Exporten nachvollzogen werden. Abb. 4.2 Welche Auswirkungen hat es auf die Gesamtwirtschaft, wenn Waschmaschinen exportiert werden? Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. X minus M: Die Handelsbilanz Die Handelsbilanz, auch als Außenbeitrag oder Nettoexporte bezeichnet, ist die Differenz aus Exporten und Importen von Gütern und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Wir kennen dies bereits von der Nachfrageseite des BIP. Erinnerst du dich? „Wenn ein Land seine Exporte steigert, dann steigert es unter sonst gleichen Bedingungen [z. B.: die Importe ändern sich nicht, die Ausgaben für Konsum und Investitionen bleiben gleich] auch sein BIP. Wenn beispielsweise ein in Deutschland ansässiges Unternehmen eine zusätzliche Waschmaschine in Deutschland herstellt und nach Spanien verkauft, steigt das deutsche BIP und
trägt damit zur Beschäftigung in Deutschland bei, weil für die Produktion der zusätzlichen Waschmaschine zusätzliche Arbeitsstunden notwendig sind. Umgekehrt steigt das spanische BIP, wenn deutsche Urlauberinnen [...] auf Mallorca Geld für ein Hotelzimmer ausgeben. In diesem Fall exportiert Spanien eine Tourismusdienstleistung nach Deutschland, was wiederum in Spanien die Beschäftigung von Arbeitnehmer[inne]n in der Tourismus-Branche ermöglicht. Umgekehrt sinkt das BIP eines Landes, wenn – unter sonst unveränderten Bedingungen – die Importe steigen. Wenn beispielsweise die Ausgaben der spanischen Privathaushalte für neue Autos von einem Jahr auf das nächste konstant bleiben, aber die Ausgaben für in Spanien produzierte Autos im zweiten Jahr fallen, während die Ausgaben für aus Deutschland importierte Autos steigen, fällt das spanische BIP im zweiten Jahr im Vergleich zum ersten Jahr. Entsprechend fällt in Spanien die Beschäftigung in der Automobilindustrie, während sie in Deutschland steigt. Weltweit ist die Differenz aus Exporten und Importen immer exakt Null, weil die Exporte des einen Landes immer die Importe eines anderen Landes sein müssen.“1 Überschuss oder Defizit? Die Leistungsbilanz „Auf der anderen Seite ist der Außenbeitrag eng verknüpft mit der sogenannten Leistungsbilanz, welche aus den Finanzierungssalden der inländischen Sektoren hergeleitet werden kann.“1 Dazu müssen wir auf die Verteilungsseite des BIP schauen. Grundsätzlich kann man in der VGR vier Sektoren unterscheiden: Haushalte = alle privaten Haushalte des betrachteten Landes Unternehmen = alle Unternehmen des Landes Staat = alle staatlichen Einheiten; in Deutschland: Bund, Länder, Kommunen, Sozialversicherungen Ausland = alle Handelspartner des Landes auf der gesamten Welt. Der Sektor „Unternehmen“ und der Sektor „Haushalte“ bilden zusammen den privaten Sektor. Alle vier Sektoren beziehen Einnahmen und tätigen Ausgaben. Kannst du die typischen Einnahmen und Ausgaben richtig zuordnen? Erinnere dich daran, dass jede Einnahme immer eine Ausgabe voraussetzt – und umgekehrt. Die Summe aus allen Einnahmen (+) und Ausgaben (-) ist somit notwendigerweise null. Jeder Sektor hat einen Saldo Rechnet man nun Einnahmen und Ausgaben aller Einheiten der jeweiligen Sektoren (also zum Beispiel aller privaten Haushalte) in einer Periode (zum Beispiel einem Jahr) zusammen, so ergibt sich für den gesamten Sektor ein Saldo. Dieser Saldo kann positiv oder negativ sein. Bei einem positiven Saldo spricht man von einem Überschuss, bei einem negativen Saldo von einem Defizit. Diese Überschüsse und Defizite haben auch einen Einfluss auf das Geldvermögen: Wer am Ende der Periode (z. B. eines Jahres) einen Überschuss hat (also mehr eingenommen, als ausgegeben hat), hat Geldvermögen gebildet oder kann alte Schulden abbauen. Wer am Ende der Periode ein Defizit hat (also weniger eingenommen, als ausgegeben hat), dessen Geldvermögen ist kleiner geworden – oder er hat sich sogar verschuldet. Dabei gilt: Weil die Einnahmen der einen immer die Ausgaben der anderen sind, sind auch die Überschüsse der einen immer die Defizite der anderen. Oder anders gesagt: Für jede, die Geldvermögen bildet, muss es jemand anderes geben, deren Vermögen kleiner wird - oder die sich sogar verschuldet. Anders ist keine Bildung von Geldvermögen möglich. Jeder Haushalt (und jedes Unternehmen) trifft dabei natürlich ganz eigene Entscheidungen: Manche Haushalte geben weniger aus, als sie einnehmen, andere Haushalte machen es umgekehrt, wenn sie beispielsweise einen Kredit aufnehmen, um eine größere Anschaffung (z. B. eine Wohnung) zu tätigen. Wenn man nun die Einnahmen aller Haushalte zusammenrechnet und hiervon die Ausgaben aller Haushalte abzieht, hat man den Finanzierungssaldo des Sektors „Haushalt“ errechnet. Man sieht also, ob der Sektor „Haushalte“ im Ganzen mehr oder weniger ausgegeben hat, als er eingenommen hat. Dies lässt sich für alle vier Sektoren machen, so dass vier gesamtwirtschaftliche Finanzierungssalden errechnet werden können: der Finanzierungssaldo der privaten Haushalte der Finanzierungssaldo der Unternehmen der Finanzierungssaldo der Staatshaushalte, auch Haushaltssaldo genannt der Finanzierungssaldo des Auslandes (aus Sicht des Inlandes gesprochen: Importe minus Exporte und Ausgaben minus Einnahmen durch Löhne und Gewinne an das bzw. aus dem Ausland) Aus der Logik der VGR ergibt sich zwingend, dass
Es ist logisch unmöglich, dass alle Sektoren gleichzeitig ein Defizit oder einen Überschuss haben. Hat einer der Sektoren einen Überschuss, muss mindestens einer der anderen Sektoren ein Defizit haben. Dieses spiegelbildliche Verhältnis der Finanzierungssalden zueinander kann man auch in der folgenden Abbildung erkennen: Würde man alle Balken, die größer als null sind, aufeinander stapeln, wäre dieser Turm genau so groß wie der aus allen Balken, die kleiner als null sind. Abb. 4.3: Die Finanzierungssalden der vier Sektoren in Deutschland in Prozent des BIP. Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt, AMECO-Datenbank. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Die Leistungsbilanz Die Leistungsbilanz des Inlands bezeichnet nun die Summe der Finanzierungssalden der Haushalte, des Unternehmens und des Staates im Inland. Die Summe der inländischen Finanzierungssalden, also die inländische Leistungsbilanz, entspricht dem negativen Wert des Finanzierungssaldos des Auslands. Das folgt logisch, wenn man die Gleichung oben folgendermaßen umstellt: Wenn die Einnahmen von Staat, Haushalten und Unternehmen in einem Land größer sind als die Ausgaben des Staates, der Unternehmen und der Haushalte für Konsum und Investitionen, liegt ein sogenannter Leistungsbilanzüberschuss vor. Das geht
zugleich mit einem negativen Finanzierungssaldo des Auslands einher. Wenn umgekehrt die Einnahmen von Staat, Haushalten und Unternehmen geringer sind als die Ausgaben für Konsum und Investitionen, liegt ein Leistungsbilanzdefizit vor. Das geht zugleich mit einem positiven Finanzierungssaldo des Auslands einher. Wenn z. B. Deutschland im Jahr 2019 einen Leistungsbilanzüberschuss in Höhe von rund 256 Milliarden Euro aufweist (rund 7,5 Prozent des BIP), weil deutsche Haushalte und Unternehmen und der deutsche Staat insgesamt weniger ausgeben, als sie einnehmen, dann muss das Ausland (also alle Länder, mit denen Deutschland Handel treibt zusammen betrachtet) insgesamt ein Leistungsbilanzdefizit gegenüber Deutschland in Höhe von ebenfalls rund 256 Milliarden Euro aufweisen, weil es insgesamt in genau dieser Höhe mehr ausgibt, als es einnimmt. Man kann das auch folgendermaßen ausdrücken: Wer (auf Dauer) mehr in den Wirtschaftskreislauf einspeist, als er entnimmt, lebt „unter seinen Verhältnissen“ (=Leistungsbilanzüberschuss). Wer (dauerhaft) mehr aus dem Wirtschaftskreislauf entnimmt, als er in ihn einspeist, lebt „über seinen Verhältnissen“ (=Leistungsbilanzdefizit). Der Leistungsbilanzüberschuss eines Landes muss also immer mit einem Leistungsbilanzdefizit in mindestens einem anderen Land einhergehen. Denn der Leistungsbilanzsaldo der Erde ist gleich Null - keine Außerirdische speist etwas in den irdischen Wirtschaftskreislauf ein oder entnimmt etwas daraus. „In vielen Ländern entspricht die Höhe des Leistungsbilanzsaldos in etwa der Höhe der Nettoexporte [und hängt also eng mit der Handelsbilanz zusammen]. Die Leistungsbilanz umfasst aber zusätzlich die Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen und die Bilanz verschiedener Übertragungen. Ein Leistungsbilanzüberschuss bedeutet, dass das Inland weniger (für Importe, Einkommen und andere Übertragungen) an das Ausland zahlen muss, als es vom Ausland (für Exporte, Einkommen und andere Übertragungen) erhält. Ein Leistungsbilanzdefizit bedeutet umgekehrt, dass das Inland mehr (für Importe, Einkommen und andere Übertragungen) an das Ausland zahlen muss, als es vom Ausland (für Exporte, Einkommen und andere Übertragungen) erhält.“1 Um ein solches Defizit zu finanzieren, ist häufig eine Verschuldung des Auslands nötig – entweder, indem sich der Staat oder der Privatsektor verschuldet. Um ein Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren, muss also gleichzeitig Kapital importiert werden (Kapitalimport). Länder, die einen Leistungsbilanzüberschuss haben, stellen wiederum dem Ausland Kapital zu Verfügung (Kapitalexport). Dies wird statistisch in der sogenannten Kapitalbilanz erfasst. Ein positiver Kapitalbilanzsaldo heißt hier: Es wurde mehr Kapital exportiert als importiert. Bei einem negativen Vorzeichen ist es genau umgekehrt.
Abb. 4.4: Außenhandels-, Leistungsbilanz- und Kapitalbilanzsaldo Deutschlands in Prozent des BIP. Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt, AMECO-Datenbank, Bundesbank. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Handels- und Leistungsbilanz in verschiedenen Denkschulen „Neoklassisch orientierte Ökonominnen [...] argumentieren typischerweise, dass hohe außenwirtschaftliche Überschüsse oder Defizite nicht notwendigerweise ein Problem darstellen, sondern durchaus ein wünschenswertes Phänomen sein können, dass sich langfristig wieder ausgleicht. Beispielsweise kann erwartet werden, dass Länder mit relativ niedrigem wirtschaftlichem Entwicklungsstand Leistungsbilanzdefizite aufweisen, weil sie ausländische Geldgeber mit Investitionsmöglichkeiten anlocken. Da das Modernisierungspotenzial höher ist als jenes in höher entwickelten Volkswirtschaften, sind für Investoren die potenziellen Renditen attraktiver. [Andererseits kann es für alternde Gesellschaften sinnvoll sein, weniger als die laufenden Einnahmen auszugeben und über Leistungsbilanzüberschüsse Geldvermögen im Ausland aufzubauen, aus dem später die Renten im Inland finanziert werden können. Wenn dann das Geldvermögen wieder abgebaut wird, können damit Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland gekauft werden, die im Inland auf Grund der geschrumpften Erwerbsbevölkerung nicht mehr hergestellt werden können.] [Kurz gesagt: Es kann sinnvoll sein, zeitweise unter seinen Verhältnissen zu leben, um danach zeitweise über seinen Verhältnissen leben zu können. Und: Wenn ein Land viel spart und wenig ausgibt, dann schafft es damit ein Potenzial für Investitionsfinanzierungen in anderen Ländern, so dass dort Chancen für mehr Wachstum und Beschäftigung entstehen.] Kritisiert werden hier eher Länder mit Leistungsbilanzdefiziten, die Kapitalimporte nicht in ausreichendem Maße für produktivitätssteigernde Investitionen genutzt haben, sondern für Konsum (z. B. für einen zu großen Staatsapparat). Aus keynesianischer Sicht hingegen werden hohe Export- bzw. Leistungsbilanzüberschüsse oft als Zeichen für eine zu geringe Binnennachfrage interpretiert. Demzufolge gelingt es den Exportüberschussländern nur deshalb, ihre Arbeitslosigkeit gering zu halten, weil andere Länder in großem Umfang und teilweise kreditfinanziert ihre Produkte importieren. Eine typische keynesianische Forderung lautet, dass Länder mit Exportüberschüssen auch in ihrem eigenen Interesse beispielsweise durch höhere Staatsausgaben und ggf. steigenden staatlichen Haushaltsdefiziten die Binnennachfrage stärken sollten, um sich unabhängiger von möglichen Schuldenkrisen im Ausland zu machen [...]. Wenn hingegen alle oder zumindest viele Länder Exportüberschüsse anstreben und binnenwirtschaftlich den Gürtel enger schnallen, droht nach keynesianischer Sicht eine internationale Nachfrageschwäche, weil nicht alle Länder gleichzeitig ihre Nachfrage durch Exportüberschüsse stärken können. Keynesianisch orientierte Ökonominnen [...] sehen daher wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf sowohl bei hohen Leistungsbilanzdefiziten als auch bei hohen Leistungsbilanzüberschüssen.“1 1 Die gekennzeichneten Textstellen in diesem Lernabschnitt sind überarbeitete und erweiterte Ausschnitte aus: Till van Treeck für bpb.de: Außenbeitrag und Leistungsbilanzsaldo, CC BY-NC-SA 4.0 International Lizenz. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Zusatzinformationen: - Abb. 4.2 „Washing machines“ von Philip Halling ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic Lizenz. ( https://www.geograph.org.uk/photo/4107074 ) ( https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/ ) - Der Text im Lernabschnitt „Der Außenhandel im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf“ von Till van Treeck und Julian Becker ist
lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Er enthält modifizierte Ausschnitte aus dem Text „Außenbeitrag und Leistungsbilanzsaldo“ von Till van Treeck für bpb.de, der ebenfalls lizenziert ist unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. ( http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/ ) ( https://www.bpb.de/politik/wirtschaft/schuldenkrise/239943/aussenbeitrag-und-leistungsbilanzsaldo ) ( http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/ ) - GeoGebra 4.1 „Auswirkungen von Importen und Exporten auf das BIP“ von Julian Becker, Till van Treeck, erzeugt mit GeoGebra ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz. Bitte beachten Sie außerdem die GeoGebra Lizenz. ( https://www.geogebra.org/m/wz626bkh ) ( https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/ ) ( https://www.geogebra.org/license ) - H5P 4.4: Die vier Sektoren der VGR. Quellen- und Lizenzangaben zu den verwendeten Abbildungen unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Image Slider“ steht unter einer MIT Lizenz. ( https://github.com/falcon-git/h5p-image-slider ) - H5P 4.5: Typische Einnahmen und Ausgaben der vier Sektoren. Lizenzangaben zum Text unter „Rights of Use“ im H5P- Element. Der H5P-Inhaltstyp „Drag the Words“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://github.com/h5p/h5p-drag-text/blob/master/LICENSE.md ) - Abb. 4.3: „Die Finanzierungssalden der vier Sektoren in Deutschland in Prozent des BIP“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quellen der Daten: Finanzierungssalden: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Hauptaggregate der Sektoren; BIP: AMECO-Datenbank der EU- Kommission. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen- Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Einkommensverteilung-Sektorkonten/hauptaggregate-sektoren-pdf- 5812103.pdf?__blob=publicationFile ) ( https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/indicators-statistics/economic-databases/macro-economic-database- ameco/ameco-database_en ) - Abb. 4.4: „Drei Salden der deutschen Außenwirtschaft, 1996 bis 2019“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Quellen der Daten: Leistungsbilanzsaldo: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Hauptaggregate der Sektoren; BIP, Nettoexporte: AMECO-Datenbank der EU- Kommission; Kapitalbilanzsaldo: Deutsche Bundesbank, Zeitreihendatenbank. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) ( https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen- Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Einkommensverteilung-Sektorkonten/hauptaggregate-sektoren-pdf- 5812103.pdf?__blob=publicationFile ) ( https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/indicators-statistics/economic-databases/macro-economic-database- ameco/ameco-database_en ) ( https://www.bundesbank.de/dynamic/action/de/statistiken/zeitreihen-datenbanken/zeitreihen- datenbank/759778/759778?listId=www_s201_aw1d4_1a ) Arbeitsaufträge: - Erläutere mit eigenen Worten, warum die folgende Formel gilt: Finanzierungssaldo der privaten Haushalte + Finanzierungssaldo der Unternehmen + Finanzierungssaldo der Staatshaushalte + Finanzierungssaldo des Auslandes = 0 - Analysiere die Abbildung zu den Finanzierungssalden in Deutschland. - Entwickele eine grafische Darstellung, welche die Zahlungsströme zwischen den vier Sektoren Haushalte, Unternehmen, Staat und Ausland darstellt. - Erkläre mit eigenen Worten, warum mit einem Überschuss in der Leistungsbilanz häufig ein Kapitalexport einhergeht (und umgekehrt ein Defizit mit Kapitalimporten verbunden ist). - Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts wird manchmal so interpretiert, dass die Leistungsbilanz mehr oder weniger ausgeglichen sein sollte. Das Ziel des ausgeglichenen Staatshaushalts besagt außerdem, dass der Finanzierungssaldo des Staates mehr oder weniger ausgeglichen sein sollte. Analysiere, was für den privaten Sektor (also Haushalte und Unternehmen) folgt,
wenn beide Ziele strikt eingehalten werden. - Arbeite die Unterscheide zwischen einer neoklassischen Perspektive und einer keynesianischen Perspektive im Hinblick auf Handels- und Leistungsbilanz heraus. Welcher Perspektive ist das im „magischen Viereck“ verankerte Ziel eines „außenwirtschaftlichen Gleichgewichts“ eher zuzuordnen? - Aus Sicht welcher ökonomischer Perspektive ist die deutsche Entwicklung der vergangenen Jahre (siehe Diagramm) als problematisch einzuordnen? Warum? - „Leistungsbilanzüberschüsse sind gut, Leistungsbilanzdefizite sind schlecht.“ Beurteile diese Aussage vor dem Hintergrund der Zusammenhänge, die im Text oben dargestellt werden. 1.3 „In the long run ...“ Überschüsse und Defizite in den letzten Jahrzehnten Wenn man wissen möchte, was in einer Volkswirtschaft so los ist, ist ein Blick auf die Finanzierungssalden oft sehr aufschlussreich. Konnte der Privatsektor Ersparnisse bilden, wie er es normalerweise möchte (z. B. um für das Alter vorzusorgen)? Haben die Unternehmen Kredite aufgenommen, um so ihre Investitionen zu finanzieren? Ist das Ausland stark gegenüber dem Inland verschuldet? Und was hat der Staat gemacht? Hier haben sich seit dem Beginn der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik einige Veränderungen ergeben . Oben in der H5P-Anwendung findest du eine Abbildung zu jedem der Jahrzehnte, die unten besprochen werden. „Von 1950 bis 1959 waren die Unternehmen im Durchschnitt um etwas mehr als 6 % [des BIP] verschuldet . Die Außenhandelsüberschüsse lagen bei etwa 2 % und Staat und private Haushalte konnten so einen Einnahmeüberschuss erzielen. In 1953 kam es zum Schuldenerlass aufgrund des Londoner Abkommens, was einem Transfer vom Ausland zum Staatssektor gleichkommt.[...] Von 1960 bis 1969 waren die Budgetsalden von Staat und Ausland relativ ausgeglichen. Die Verschuldung des Unternehmenssektors ermöglichte die Vermögensbildung im Privatsektor: Die Investitionen erzeugten Einkommen, aus dem der Privatsektor Ersparnisse (im Sinne von Geldvermögen) bilden konnte. Die Verschuldung des Unternehmenssektors, die zu enormen Investitionen führte, kann man wohl als eine wesentliche Ursache des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit bezeichnen. In den Jahren von 1970 bis 1979 begann diese Voraussetzung dann zu verschwinden. Nach der ersten Ölpreiskrise in 1973 geriet die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession und die Unternehmen reduzierten ihre Nettoverschuldung. Der Staat glich in dieser Phase die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte über eine Neuverschuldung aus. Von 1980 bis 1989 verschlechterte sich dieses Bild noch weiter und die Unternehmen wurden für einige Jahre sogar zu Nettosparern. Durch die Außenhandelsüberschüsse dieser Zeit übernahm das Ausland zu einem größeren Teil die Schuldnerrolle. Die Zeit von 1990 bis 1999 war von der Wiedervereinigung geprägt. Staat und Unternehmen verschuldeten sich und investierten in die neuen Bundesländer. In 1995 wurde die Treuhandanstalt aufgelöst und es kam zu einem Privatisierungsverlust von 200 Mrd. DM, was einen Transfer vom Staats- zum Unternehmenssektor bedeutet.[...] In den Jahren von 2000 bis 2009 wurden die deutschen Unternehmen dann endgültig zu Nettosparern. Dies könnte damit zusammenhängen, dass nach Platzen der New-Economy Blase in 2001 die Bilanzen vieler deutscher Unternehmen in die Schieflage geraten waren. Viele Vermögenswerte verloren gleichzeitig an Wert und bei sofortiger Wertkorrektur wären einige Unternehmen vermutlich insolvent gewesen. Daher haben diese Unternehmen angefangen, Überschüsse zu bilden und Kredite zurückzuzahlen, um der Überschuldung zu entkommen.[...] Der Staat begann zudem seine Neuverschuldung zu reduzieren, was nur möglich war, weil die immer größer werdenden Exportüberschüsse das Ausland zu einem immer größeren Schuldner machten. In der Zeit nach 2010 änderte sich an dem Verhalten des deutschen Unternehmenssektors wenig. Da die Exportüberschüsse jedoch weiter anwuchsen, war es in den letzten Jahren sogar möglich, dass alle inländischen Sektoren netto Geldvermögen bilden konnten (zu Lasten des Auslandes). Unternehmen als Nettosparer sind ein Phänomen, dass man seit den 1980ern in vielen Industrienationen regelmäßig antrifft und häufig den Staat zu dem letzten verfügbaren Schuldner macht. […]. Spätestens seit der Finanzkrise in 2007/08 sind global in nahezu allen Industrienationen die Unternehmen zu Nettosparern geworden.“ Ausschnitt aus: Dr. Michael Paetz: „Gesamtwirtschaftliche Buchhaltung: Finanzierungssalden“, in: ders.: Was-ist-Geld.de . Ein Projekt der HOOU@UHH, CC BY-NC 4.0 DE. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts. Zusatzinformationen: - H5P 4.6: Stärker disaggregierte Finanzierungssalden in Deutschland. Quellen- und Lizenzangaben zu den verwendeten Abbildungen unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Image Slider“ steht unter einer MIT Lizenz. ( https://github.com/falcon-git/h5p-image-slider )
- Der Text im Lernabschnitt 1.3 „‚In the long run ...‘ Überschüsse und Defizite in den letzten Jahrzehnten“ ist ein Ausschnitt aus „Gesamtwirtschaftliche Buchhaltung: Finanzierungssalden“ von Dr. Michael Paetz und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International Lizenz. ( https://was-ist-geld.de/gesamtwirtschaftliche-buchhaltung/ ) ( http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ ) Arbeitsaufträge: - Manchmal wird argumentiert, dass es ein Zeichen einer gesamtwirtschaftlichen Störung ist, wenn die Unternehmen als „Nettosparerinnen“ auftreten. Problematisiere dieses Argument. 1.4 Die Struktur des Außenhandels - alles klar? In den Lernabschnitten oben hast du einige grundlegende Zusammenhänge des Außenhandels und seiner Rolle innerhalb der VGR kennengelernt. Mit den folgenden Anwendungen kannst Du die Inhalte wiederholen und überprüfen, wie gut du dich hier auskennst. Der Titel des Videos verwirrt an dieser Stelle vielleicht. Im Zentrum steht hier eher der Zusammenhang zwischen Geldvermögen und Verschuldung. Und ab Min. 1:03 geht es um die Finanzierungssalden einer Volkswirtschaft - und was ein Außenhandelsüberschuss mit der Verschuldung des Auslands zu tun hat. Zusatzinformationen: - Video 4.1: „Was ist Geld“ von HOOU@UHH, Michael Paetz ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz Es wird hier von Youtube eingebettet. Der H5P-Inhaltstyp „Iframe embedder“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://www.youtube.com/watch?v=qyTW0mus47A ) ( https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de ) ( https://www.youtube.com/watch?v=qyTW0mus47A ) ( https://github.com/h5p/h5p-iframe-embed/blob/master/LICENSE.txt ) - H5P 4.7: Formeln zum Außenhandel. Der H5P-Inhaltstyp „Drag the Words“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://github.com/h5p/h5p-drag-text/blob/master/LICENSE.md ) - H5P 4.8: Neun Fragen: Außenhandel in der VGR. Lizenzangaben zu den Fragen und Antworten und zur Abbildung unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Quiz (Question Set)“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://github.com/h5p/h5p-question-set ) 2 Im Schwerpunkt: Viele Länder, ein Geld: Die europäische Währungsunion und Kontroversen um ihre Weiterentwicklung 2.1 Wechselkurse und Währungssysteme Seit der Einführung des Euro verwenden eine ganze Reihe von Ländern in Europa dieselbe Währung. Sie haben sich zu einer Währungsunion zusammengeschlossen. Zuvor gab es in jedem Land eine eigene Währung und Wechselkurse zwischen diesen Ländern. Doch was ist ein Wechselkurs eigentlich und welche Bedeutung hat er? Und warum haben sich die Länder überhaupt dazu entschlossen, eine Währungsunion zu bilden? Wenn man vor 2002 von Deutschland zu einem Urlaub nach Italien aufbrach, war es selbstverständlich, dass man zunächst D- Mark in italienische Lira umtauschen musste. Ansonsten hätte man in Italien nicht im Hotel, Restaurant oder Supermarkt bezahlen können. Genau genommen meint Umtausch dabei, dass man italienische Lira kaufte – und diese mit D-Mark bezahlte. Für eine Italienerin, die nach Deutschland fuhr, galt der umgekehrte Fall. Bei einer Reise in die Schweiz, die USA oder Großbritannien ist das noch heute so: Zunächst muss Euro in die jeweilige Landeswährung getauscht werden. Was für einen Dienstleistungsimport gilt (nichts Anderes ist eine Urlaubsreise ins Ausland aus Sicht der VGR), gilt auch für den Import oder Export von Waren oder Kapital: Wer eine ausländische Ware importieren oder ein ausländisches Wertpapier erwerben möchte, fragt ausländische Währung nach (z. B. $) und bietet dafür inländische Währung an (z. B. €). Wenn jemand aus dem Ausland eine Ware oder ein Wertpapier im Inland kaufen möchte (aus Sicht des Inlands ein Export), hat sie eine Nachfrage nach inländischer Währung (z. B. €) und bietet dafür ausländische Währung an (z. B. $). Den Preis einer Währung, ausgedrückt in einer anderen Währung, nennt man Wechselkurs. Wechselkurse lassen sich dabei auf zwei Weisen notieren:
Preisnotierung: 1 $ kostet zurzeit (Stand: 14.09.2020) etwa 0,84 €. Mengennotierung: 1 € kostet zurzeit etwa 1,19 $. Mathematisch gesehen ist die Mengennotierung der Kehrwert der Preisnotierung (1/0,84 = 1,19). Wechselkurse bilden sich am sogenannten Devisenmarkt. Das ist der Markt, an dem Währungen gehandelt werden. Hier treffen die Käuferinnen und Verkäuferinnen der verschiedenen Währungen aufeinander. Abb. 4.5: Wechselstuben waren früher auch in Europa zu finden, zum Beispiel in Urlaubsorten. Doch in den Ländern der Eurozone werden sie nun weniger gebraucht. Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts
Aufwertung und Abwertung Wie andere Preise unterliegen auch Wechselkurse den Wirkungen von Angebot und Nachfrage: Steigt die Nachfrage nach inländischer Währung (z. B. €) und damit das Angebot an ausländischer Währung (z. B. $), ohne dass das Angebot an inländischer Währung entsprechend steigt, wird die inländische Währung (gemessen in ausländischer Währung) teurer: Für dieselbe Menge € muss man nun zum Beispiel mehr $ als zuvor bezahlen. Man sagt dann: Der € hat aufgewertet. Gleichzeitig hat der $ abgewertet. Aufwertung: Wertzugewinn der heimischen Währung, gemessen in einer ausländischen Währung. Abwertung: Wertverlust der heimischen Währung, gemessen in einer ausländischen Währung. Bei der Bildung von Wechselkursen kommen viele verschiedene Einflussfaktoren zusammen: Die Höhe der Importe und Exporte von Waren, Dienstleistungen und Kapital spielt dabei ebenso eine Rolle wie Spekulationen über die zukünftige Wechselkursentwicklung, Zins- und Inflationsunterschiede, politische Entwicklungen und die Aktivitäten der Zentralbanken, die die Oberaufsicht über ihre jeweilige inländische Währung haben. Abb. 4.6: Wechselkurse des Euro seit seiner Einführung (Euro-Referenzkurse der EZB, Jahresdurchschnitte). Quelle der Daten: Bundesbank. Weitere Quellen- und Lizenzangaben am Ende des Lernabschnitts Lesehinweis: Eine Aufwärtsbewegung bedeutet eine Aufwertung des Euro: Man muss mehr Einheiten ausländischer Währung für einen Euro bezahlen. Eine Abwärtsbewegung bedeutet eine Abwertung des Euro: Man muss weniger Einheiten ausländischer Währung für einen Euro bezahlen. Beispiel: Ein Euro kostete 2007 etwa 1,64 Schweizer Franken, 2015 kostete er nur noch 1,07 Schweizer Franken. Der Euro wertete also gegenüber dem Schweizer Franken zwischen 2007 und 2015 ab. Umgekehrt wertete der Schweizer Franken im selben Zeitraum gegenüber dem Euro auf. Wechselkurse sind wirtschaftspolitisch hochrelevante Preise, weil sie von der gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklung beeinflusst werden und wiederum gesamtwirtschaftliche Effekte haben. Sie bestimmen u. a. die Chancen eines Landes im internationalen Wettbewerb. So führt beispielsweise die Aufwertung einer Währung dazu, dass aus Sicht der Bewohnerinnen des betreffenden Landes Importe attraktiver werden, während es für die exportierenden Unternehmen des Landes schwieriger wird. Warum? Durch die Aufwertung kann man sich pro Einheit inländischer Währung nun mehr Einheiten ausländischer Währung leisten als zuvor. Will man eine bestimmte Ware kaufen, ist diese im Ausland nach einer Aufwertung der eigenen Währung günstiger geworden (vorausgesetzt, ihr Preis in ausländischer Währung hat sich nicht verändert). Man wird diese Ware also möglicherweise eher importieren und nicht mehr im Inland kaufen. Umgekehrt gilt: Das Interesse von Ausländern an den Waren des Inlandes wird geringer, weil die inländischen Waren (gemessen in ausländischer Währung) teurer geworden sind als zuvor (vorausgesetzt, die Preise im Inland haben sich nicht verändert). Dies hört sich zunächst vielleicht verwirrend an. Die folgende Geogebra-Anwendung stellt diese Zusammenhänge nochmals dar.
Feste oder flexible Wechselkurse? Bilden sich Wechselkurse am Devisenmarkt, ohne dass hier von den Staaten (genauer: ihren Zentralbanken) stark eingegriffen wird, wird es zu schwankenden Wechselkursen kommen. Aus der Sicht von Unternehmen können solche Wechselkursschwankungen langfristige Planungen erschweren. Wenn zum Beispiel ein Vorprodukt aus dem Ausland importiert werden muss, aber der Wechselkurs schwankt, ist es schwieriger für ein Unternehmen, seine Kosten im Voraus gut zu kalkulieren. Es muss sich gegebenenfalls gegenüber Wechselkursrisiken absichern, was wiederum Kosten verursachen kann. Grenzüberschreitender Handel wird dadurch möglicherweise erschwert, was zu Effizienzverlusten führen kann und eine engere wirtschaftliche Kooperation und Integration verhindert. Für exportorientierte Unternehmen können außerdem häufige Aufwertungen der eigenen Währung problematisch sein, weil dadurch ihre Wettbewerbsposition immer wieder verschlechtert wird. Für die privaten Haushalte hingegen stellen starke Währungsabwertungen ein Problem dar, weil dies importierte Produkte aus dem Ausland teurer macht und sich daher aus Sicht der Haushalte ihre Kaufkraft verschlechtert. Kurz gesagt: Eine starke Währung freut die Importeure von Gütern und Dienstleistungen, aber eine zu starke Währung schafft Probleme für die Exporteure. Daher hat es immer wieder Versuche gegeben, internationale Währungssysteme aufzubauen. Solche Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass die beteiligten Länder (einzeln oder gemeinsam) versuchen, Wechselkursschwankungen auszuschalten oder zumindest in einem engen Rahmen zu halten. Die entscheidende Rolle spielen hierbei die nationalen Zentralbanken, die auf dem Devisenmarkt eingreifen, wenn ihre Währung zu stark auf- oder abzuwerten droht. Sie können beispielsweise Währungen an den Devisenmärkten kaufen oder verkaufen oder durch die Zinssetzung versuchen, Einfluss auf den Wechselkurs zu nehmen. Am berühmtesten dürfte das sogenannte „System von Bretton Woods“ sein, dass in den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg in Kraft war. Allerdings ist es für die Zentralbanken nicht immer leicht, die Wechselkurse stabil zu halten. Zudem kann eine solche Verpflichtung auf feste Wechselkurse die Handlungsmöglichkeiten der Geldpolitik (beispielsweise im Hinblick auf die Festlegung des Zentralbankzinses) einschränken: Statt eine eigenständige Geldpolitik zu betreiben, können Zentralbanken gezwungen sein, sich an der Geldpolitik anderer Länder zu orientieren. Erhöht zum Beispiel eine ausländische Zentralbank die Zinsen und macht damit Geldanlagen in ihrer Währung attraktiver, wird die ausländische Währung vermehrt nachgefragt, und die inländische Währung weniger. Somit droht eine Abwertung der inländischen Währung, was für die heimischen Bürgerinnen bedeuten würde, dass ihnen wegen teurerer Importe Kaufkraft verloren geht. Daher kann sich die inländische Zentralbank gezwungen sehen, ebenfalls die Zinsen zu erhöhen, obwohl das gerade vielleicht gar nicht zur inländischen Konjunkturlage passt: Durch steigende Zinsen werden Kredite für die Unternehmen teurer, was zu geringeren Investitionen und steigender Arbeitslosigkeit führen kann. Ein anderes Problem ist, dass Zentralbanken versuchen können, durch so genannte Deviseninterventionen Wechselkurse gezielt zu manipulieren. So könnte etwa eine Zentralbank mit eigener Währung ausländische Währungen vermehrt nachfragen mit dem Ziel, diese teurer werden zu lassen. Dies entspräche dann einer Abwertung der inländischen Währung und könnte etwa die inländische Exportwirtschaft beflügeln und neue Arbeitsplätze im Inland schaffen. Hierauf könnten allerdings die Zentralbanken anderer Länder mit Gegenmaßnahmen reagieren. Wenn viele Länder gleichzeitig versuchen, ihre Währungen im Preis nach unten zu drücken mit dem Ziel, Exporte und Beschäftigung zu fördern, droht ein sogenannter Abwertungswettlauf. Heute werden Wechselkurse oft nicht mehr fixiert und bilden sich (mehr oder weniger) flexibel auf den Devisenmärkten. Der Theorie nach haben solche flexiblen Wechselkurse auch den Vorteil, dass sie außenwirtschaftliche Gleichgewichte quasi selbstständig herbeiführen. Stark vereinfacht soll dieser Mechanismus so verlaufen: Steigen die Exporte eines Landes, während die Importe unverändert bleiben, würde damit auch die Nachfrage nach der Währung des Landes steigen, die Währung also aufwerten. Durch diese Aufwertung werden Exporte allerdings wieder unattraktiver, wodurch sich die Handelsbilanz schließlich wieder ausgleicht. Eine spezielle Variante eines Währungssystems, könnte man sagen, ist gewissermaßen eine Währungsunion: Hier verzichten die beteiligten Länder vollständig auf eine eigene Währung. Damit werden auch alle (nominellen) Wechselkurse ein für alle Mal abgeschafft. Doch das kann ebenfalls Probleme mit sich bringen, wie wir weiter unten sehen werden. Zusatzinformationen: - H5P 4.9: Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Quellen- und Lizenzangaben unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Image Hotspots“ steht unter einer MIT-Lizenz. ( https://github.com/h5p/h5p-image-hotspots ) - Der Text im Lernabschnitt „Wechselkurse und Währungssysteme“ von Till van Treeck, Julian Becker ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. ( http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ ) - Abb. 4.5 ist eine Bearbeitung (Bildausschnitt) des Originals „Money Exchange in Thailand“ von Monito - Money Transfer Comparison und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 2.0 Generic Lizenz.
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