WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien

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WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
WIR ALLE SIND
          ZEUGEN – MENSCHEN                              gesammelt von Klima-Bündnis der
                                                         europäischen Städte mit indigenen
                                                        Völkern der Regenwälder e.V.,

          IM KLIMAWANDEL                               Klimabündnis Österreich, Crossing
                                                       Borders / Dänemark, Nadace
                                                      Partnerstvi / Tschechien, Friends
                                                     of the Earth – CEPA / Slowakei,
          Erfahrungen von Menschen aus Europa,       Vedegylet Egyesület / Ungarn, FOIRN
                                                    / Brasilien, EcoCiencia / Ecuador,
          Amazonien, Westafrika und Südasien,      Formabiap / Peru, ARFA / Burkina Faso,
                                                   RDGRN / Niger, CSE / Indien und ASTM
                                                  / Klima-Bündnis Luxemburg im Rahmen
                                                  des gemeinsamen Projektes „From
                                                 Overconsumption to Solidarity“
                                                 www.overconsumption.eu.

                        This project
                        is funded by
                        the European Union.

Seite 1                                                    Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Inhalt                                    WIR ALLE SIND ZEUGEN –
                                            MENSCHEN IM KLIMAWANDEL

 Einleitung
                         1 Titelseite
                         2 Inhalt und Impressum
                         3 Das Klima ist im Wandel: Die neuesten Ergebnisse der Wissenschaft
 Zeugnisse aus vier Kontinenten
                     4+5                    Aqqaluk Lynge und Inuuteq Holm Olsen aus Grönland

                       6                    Palle Madsen aus Dänemark

                       7                    Stepanka Hanzlikova aus Tschechien

                       8                    Jozef Páleník aus der Slowakei

                       9                    Szép Gyöngyvér aus Ungarn

                  10+11                     Olmedo Cayambe und Maria Ushca aus Ecuador

                      12                    Aurelio Chino Dahua aus Peru

                  13+14                     André Baniwa und Almerinda Ramos de Lima vom Rio Negro / Brasilien

                      15                    Diego Escobar aus Amazonien

                   16-18                    Yempabou Lankoande, Ousséni Sayaogo und Mahamadi Sawadogo aus Burkina Faso

                  19+20                     Jobari Mokao und Finda Lompo aus Niger

                  21-23                     Ram Singh und Ringchen aus Indien

                      24                    Shadu Charan Mondol aus Bangladesch

                      25                    Jeff Rohen aus Luxemburg

                      26                    Anna Pirpamer aus Österreich

                      27                    Joachim Lorenz aus Deutschland

 Schlussfolgerungen
                                    28      Die gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung

                                    29      Wer hat das Kohlendioxid ausgestoßen …?

                                    30      Entwicklung im Treibhaus?

                                    31      Was Sie als Bürger tun können

 Herausgeber
                                                                                This publication has been produced with the assistance of
 ASTM / Klima-Bündnis Luxemburg                                                 the European Union in the project “From Overconsumption
 Redaktion: Dietmar Mirkes                                                      to Solidarity”. The contents of this publication are the sole
 www.astm.lu, www.klimabuendnis.lu                                              responsibility of ASTM / Climate Alliance Luxembourg and can in
 Luxemburg, im Oktober 2013                                                     no way be taken to reflect the views of the European Union.

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                            Seite 2
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Die neuesten
  Ergebnisse der
                                         Der 5. Bericht des Weltklimarats (IPCC) vom 27. Sept. 2013 sagt: „Die Erwärmung im
  Wissenschaft                           Klimasystem ist eindeutig.“ Und: „Es ist höchstwahrscheinlich, dass der Einfluss des
                                         Menschen die Hauptursache für die beobachtete Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts
  Das Klima                              ist.“ Aufgrund verbesserter Datenbasis ist jetzt auch klar erkennbar, dass viele Folgen
                                         der Erwärmung sich beschleunigen bzw. schneller eintreten als in den vorangegangenen
  ist im Wandel                          Berichten vorhergesagt; dazu zwei Beispiele zum Wasserkreislauf (www.ipcc.ch):

DAUERFROSTZONE:                          Ausdehnung des Eises über dem Nordpolarmeer im Sommer (in Mio. km2)

Weltweit verlieren die Eiskörper          14
und Gletscher an Masse. Die
                                          12
durchschnittliche Ausdehnung des
Eises über dem Nordpolarmeer              10
im Jahr nahm von 1979 bis 2012
sehr wahrscheinlich um ± 4%                8
pro Jahrzehnt ab. Das Inlandeis
Grönlands verlor in den letzten zwei       6
Jahrzehnten (1992 bis 2011) an
Masse, und zwar von 2002 bis 2011          4
schneller als von 1992 bis 2001.               1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020

                                                                                          MEERESSPIEGEL:
Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt (in mm)                                          Die Erwärmung des Meerwassers stellt
                                                                                          jetzt den Hauptanteil der Energiespei-
200                                                                                       cherung im Klimasystem dar (± 90% seit
                                                                                          1971). Seit Anfang der 70er Jahre erklären
150                                                                                       der Verlust an Eismassen und die thermi-
                                                                                          sche Ausdehnung des Meerwassers etwa
100                                                                                       75% des Anstiegs des globalen Meeres-
                                                                                          spiegels. Er betrug von 1901 bis 2010 19
 50
                                                                                          cm. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er von
 0                                                                                        1993 bis 2010 fast doppelt so schnell war
                                                                                          wie in der ganzen Zeit von 1901 bis 2010.
-50                                                                                       Dieser Anstieg nimmt stärker zu als noch
      1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020                    im 4. Sachstandsbericht angenommen.

 EIN WORT ZU DEN FOLGENDEN LÄNDERBEISPIELEN:
 Die folgenden 24 Tafeln stellen dar, wie      des Joint Research Centre of the Euro-     Wo die Menschen am meisten unter den
 sich der Klimawandel bereits jetzt in 16      pean Commission und der Netherlands        Folgen des Klimawandels zu leiden haben,
 Ländern auf vier Kontinenten auswirkt. Zu     Environmental Assessment Agency            kann man am Grad des Risikos nach dem
 diesem Zwecke haben wir Zeugen und Er-        (http://edgar.jrc.ec.europa.eu/overview.   WorldRiskReport von 2012 ablesen. Er
 eignisse ausgesucht, die auf gleicher Linie   php?v=GHGts1990-2010, abgelesen am         setzt sich daraus zusammen, in welchem
 wie die Prognosen des IPCC-Berichts von       17.9.2013) stammen. Hierin sind auch die
                                                                                          Maße die Bevölkerung Naturkatastrophen
 2007 und der neuen Erkenntnisse des Be-       anderen Treibhausgase – umgerechnet
                                                                                          wie Stürmen, Überschwemmungen, Dür-
 richts von 2013 liegen, wobei wir uns auf     in CO2e-Äquivalente – enthalten sowie
                                                                                          ren, Meeresspiegelanstieg und Erdbeben
 die Auswirkungen des Klimawandels auf         die Emissionen aus großflächiger Ver-
                                               brennung von Biomasse wie zum Beispiel     ausgesetzt ist und wie verletzbar sie
 den Wasserkreislauf konzentrieren.
                                               Waldbrände. Für die pro-Kopf-Werte haben   ist; die Verletzbarkeit ist die Summe von
 Den Beitrag jedes Landes zur Ent-             wir sie durch die Bevölkerungszahlen von   Störanfälligkeit und dem Mangel an Fähig-
 stehung des Problems zeigen seine             2010 aus dem „Bericht der menschlichen     keiten, Probleme zu bewältigen und sich
 CO2e-Emissionen, die aus den Tabellen         Entwicklung 2010“ geteilt.                 anpassen zu können.

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Grönland 1:
  Das Eis
  schmilzt...

 Aqqaluk Lynge,
 vormaliger Präsident des Inuit
 Circumpolar Councils                                                                                                                         eeJäger in der
                                                                                                                                                Gegend von
                                                                                                                                                Ilulissat,
                                                                                                                                                West-Grönland

                                                                                                                                                                  © David Trood, Ilulissat 23, flickr /iloveGrönland
                                        InuitCircumpolar
                                     ©©Inuit              Council
                                              CircumpolarCouncil

  „Die Jagd ist ein integraler
                                                                                                                            15
  Bestandteil der Lebensweise der                                                                                           14
  Inuit. Doch in den letzten Jahren                                                                                         13
  hat sich die Zahl der Jäger mehr                                                                                          12   EU27
  als halbiert. Walrosse, Eisbären,
                                                                                                                            11   10,0
  Narwale und Robben ziehen
                                                                                                                            10
                                                                                                                             9
                                                                                                                                                    Welt
  sich aufgrund verschlechterter                                                Grönland
                                                                                                                             8                      7,3
                                                                                                         CO2e-
                                                                                                                             7          Groenland
  Umweltbedingungen aus den                                                                                                  6

  Gewässern zurück, wo sie traditionell                                                                  Emissionen          5             4,3
                                                                                                                             4
  bejagt wurden. Eisbären findet man                                                                     in Tonnen pro       3
  jetzt auf einmal im Umfeld von                                                                         Kopf 2010           2
                                                                                                                             1
  Städten und Siedlungen. Traditionelle                                                                                      0
  Jäger auf Hundeschlitten müssen                                                                        WorldRiskIndex
  jetzt über Land statt auf dem
                                                                                                         2012                      KEINE DATEN VERFÜGBAR
  Packeis fahren und dabei immer
  weitere Strecken zurücklegen. Das
  wird mit der steigenden Zahl von
  Stürmen immer gefährlicher und                                    WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  stellt eine wirkliche Bedrohung
  für die, die von der Jagd leben, dar.                             Das Klima in der Arktis hat sich in den letzten 50 Jahren dramatisch verändert. Arktische
  Jägergemeinschaften sind mit                                      Gletscher und Eisströme werden schmaler und fließen schneller. Die durchschnittliche
  zunehmenden Unwägbarkeiten                                        jährliche Ausdehnung des Eises auf dem Meer hat sich stark verringert, und Wissenschaftler
  auf allen Ebenen ihrer Existenz                                   sagen vorher, dass das Eis auf dem Nordpolarmeer möglicherweise bis zum Ende des
  bedroht, und so wenden sich immer                                 21. Jahrhunderts ganz verschwindet (IPCC 2007). Der Rückgang des Nordpolareises an
  mehr Jäger dem wachsenden                                         Fläche und Volumen hat bisher alle Prognosen übertroffen. 2007, 2011 und 2012 wurden
  Tourismus zu – ein Nebeneffekt der                                Rekordminima der Eisflächen beobachtet, die nur noch etwa die Hälfte der kleinsten
  globalen Erwärmung – und anderen
                                                                    Eisflächen der 80er Jahre darstellten.
  Überlebensstrategien, um ihre lokale
  Selbstversorgung und ihre eigene
  Kultur beibehalten zu können.“

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                  Seite 4
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Grönland 2:
  ... zu Lande
  und auf
  dem Meer

 Jäger
 bei Ilulissat, zentrale Westküste von
 Grönland                                                                                                                                                          eeSerminnguaq (“der
                                                                                                                                                                     kleine Gletscher”),
                                                                                                                                                                     Kangerlussuaq Fjord
                                                                   16, flickr /iloveGrönland

                                                                                                                                                                                            © Arne Hardenberg, flickr /iloveGrönland
                                                  Circumpolar
                                            Inuit Trood,
                                         ©©David                Council
                                                         Ilulissat

  „Unsere Vorfahren lebten über
  Tausende von Jahren in diesen                                                                WISSENSCHAFTLICHER
  Weiten; sie passten sich an eines                                                            HINTERGRUND
  der härtesten Klimas der Welt an
  und lebten von den Ressourcen, die                                                           Der Eisschild Grönlands ist der größte Eiskörper
  die Natur darbot. Wenn das Meereis                                                           der nördlichen Hemisphäre. Er beeinflusst das
  sich ausdehnt, kann man es für viele                                                         Weltklima durch seine direkte Wirkung auf die
  Dinge nutzen, zum Beispiel Transport,                                                        Höhe des Meeresspiegels, die Temperaturen,
  aber seit sieben, acht Jahren gibt                                                           den Salzgehalt und die Strömungen der Meere.
  es das so nicht mehr. Man sieht das                                                          Der Eisschild Grönlands schmilzt seit den
  Meer nicht mehr zufrieren. Da, wo der
                                                                                               90er Jahren immer schneller. Seit 2006 haben
  Permafrostboden auftaut, werden
  Straßen und Flughäfen unstabil,
                                                                                               hohe Schmelzraten im Sommer zu einem
  die Infrastruktur nimmt Schaden.                                                             Eismassenverlust von 273 Milliarden Tonnen
  Wir sind auch heftigeren Winden                                                              pro Jahr geführt. 2012 stellten Wissenschaftler
  mit Wirbelsturmstärken und Regen                                                             ein außergewöhnliches Abschmelzen fest.
  ausgesetzt, die den ganzen Schnee                                                            Man schätzt, dass das Schmelzen des Eisschilds                                          0
  wegschmelzen.“                                                                               Grönlands derzeit bis zu 0,7 mm pro Jahr zum
                                                                                               Anstieg des globalen Meeresspiegels beiträgt.                                          -20
  Inuuteq Holm Olsen,
  Stellvertretender Außenminister
                                                                                               Projektionen sagen seine weitere Abnahme
  der Regierung der Selbstverwaltung                                                           voraus, auch wenn die Prozesse, die die Höhe
                                                                                                                                                                                      -40
  Grönlands, Plenty 2008.                                                                      des Abschmelzens bestimmen, noch nicht voll                   Graphik:
                                                                                               verstanden sind. Der “Kipp-Punkt”, bei dem der                Grönlands      -60
                                                                                               Eisschild vollständig abschmilzt, wird bei einer
                                                                                                                                                             Eismassen-
                                                                                               Zunahme der globalen Temperatur um etwa 3°
                                                                                               C angenommen, wobei diese Schätzung noch                      verluste von -80
                                                                                               unsicher ist (Europäische Umweltagentur, 2012).               2003 bis 2011
                                                                                                                                                             in Zentimetern-100
                                                                                                                                                             Quelle: http://
                                                                                                                                                             www.nasa.gov/           -120
                                                                                                                                                             mission_pages/Grace/
                                                                                                                                                             multimedia/pia13955b.
                                                                                                                                                             html                    -140

Seite 5                                                                                                                                           Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Dänemark:                                                                                                                                    eeGesunder
                                                                                                                                                                                                      dänischer
                                                       Wunderschön ist unser                                                                                                                          Buchenwald

                                                       Land / mit grünen
© Joseph O’Brien, USDA Forest Service, Bugwood.org

                                                       Buchen ringsherum /
                                                       vom Meer umrahmt

                                                                                                                        eeUntersuchung einer
                                                                                                                          abgebrochenen, von
                                                                                                                          Buchenrindennekrose
                                                                                                                          befallenen Buche

                                                      Palle Madsen,
                                                      Forschungsgruppenleiter am

                                                                                                                                                                                                                    © Copyright/CC-By: Stig Nygaard, http://www.rockland.dk/
                                                      Department of Geosciences and
                                                      Natural Resource Management der
                                                      Universität Kopenhagen
                                                                                                  Circumpolar Council
                                                                                             InuitMadsen
                                                                                          ©©Palle

                                                       Man kann sagen, dass die Eiszeiten
                                                       den natürlichen Genpool in Dänemark                                                                                        15
                                                       verengt haben. Und der Grad der                                                                                            14        Dänemark
                                                       genetischen Vielfalt bestimmt                                                                                              13
                                                                                                                                                                                  12   EU27 12,1
                                                       entscheidend, wie gut sich Wälder                                                                                               10,0
                                                       an eine unbekannte Zukunft                                                               Dänemark                          11
                                                                                                                                                                                  10
                                                                                                                                                                                   9
                                                                                                                                                                                                          Welt
                                                       anpassen können – je vielfältiger,                                                                                          8                      7,3
                                                       desto besser. Man dürfte wohl einen                                                                                         7
                                                       anpassungsfähigen und gesunden
                                                                                                                                                                 CO2e-             6

                                                       Buchenwald mit Genen aus den                                                                              Emissionen        5
                                                                                                                                                                                   4
                                                       kaspischen Wäldern im Norden                                                                              in Tonnen pro     3

                                                       Irans vorziehen, wenn der Verlust                                                                         Kopf 2010         2
                                                                                                                                                                                   1
                                                       des dänischen Buchenwaldes die                                                                                              0

                                                       Alternative wäre.                                                                                         WorldRiskIndex
                                                                                                                                                                 2012              SEHR NIEDRIG MITTEL   HOCH   SEHR
                                                                                                                                                                                  NIEDRIG                       HOCH

                                                     WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND                                                                                ANDERE FOLGEN DES
                                                     Die „grünen Buchen ringsherum”,                                     für die dänischen Baumarten dar.          KLIMAWANDELS
                                                     die die dänische Nationalhymne so                                   In jüngerer Zeit erlitten Ulmen und       Dänemark – das sind die Halbinsel Jütland und
                                                     feiert, sind allerdings – zusammen                                  Eschen schwere Schäden durch              über 400 Inseln. Das ganze Land ist Tiefland,
                                                     mit anderen Baumarten in                                            neue Krankheiten.                         und die Länge der Küsten beträgt über 7.300
                                                     Dänemark – in einem wärmeren                                                                                  km. In den letzten 100 Jahren beobachtete die
                                                     Klima besonders anfällig:                                           Stürme sind zurzeit ein bedeutender       städtische Küstenbehörde in Kopenhagen einen
                                                     Baumkrankheiten verbreiten sich                                     Faktor für Waldschäden. In den            linearen Anstieg des Meeresspiegels um 0,44
                                                     schneller als jemals zuvor rund                                     letzten 40 Jahren richteten drei          mm pro Jahr, also 4 cm im Jahrhundert. An der
                                                     um den Globus, und unbekannte                                       Stürme (1967, 1981 und 1999) einen        dänischen Südwestküste ist er mit etwa 1 mm pro
                                                     Schädlinge und Krankheitserreger                                    Schaden von 10 Mio. m3 an. Der            Jahr am stärksten. 80% der Bevölkerung lebt in
                                                     einschließlich Parasiten wie                                        Sturm Gudrun (7. – 9. 1. 2005) legte      küstennahen Städten.
                                                     Phytophthora stellen eine                                           anderthalbmal so viel Wald um wie
                                                     Bedrohung unbekannten Ausmaßes                                      der jährliche Einschlag an Nadelholz.

                                                     Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                               Seite 6
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Tschechien:
  Schwere
  über-
  schwemmungen

 Stepanka Hanzlikova
                                               Circumpolar Council

                                                                                                                                                   eeSturzflut in
                                         InuitStritesky

                                                                                                                                                                    © Aerodata, s.r.o.
                                                                                                                                                     Jesenik nad
                                                                                                                                                     Odrou 2009
                                     ©©Ivan

  Stepanka Hanzlikova (±70), die seit
  65 Jahren in Jesenik nad Odrou lebt,
                                                                                                                                         Tschechien
  rettete ihr Leben dadurch, dass                                    Tschechien                                                15
                                                                                                                               14
                                                                                                                                            14,0
                                                                                                                               13
  sie mehrere Stunden lang an einer
                                                                                                                               12   EU27
  Birke festhing, die sie einst selbst                                                                                         11   10,0
  gepflanzt hatte. “Das Wasser gab                                                                                             10
                                                                                                                                9
                                                                                                                                                   Welt
  es hier immer schon – mal mehr, mal                                                        Jesenik
                                                                                           nad Odrou                            8                   7,3
  weniger; es überflutete Weiden und                                                                                            7

  Felder, aber ohne Menschenleben
                                                                                                            CO2e-               6

  zu gefährden. Was jedoch 2009                                                                             Emissionen          5
                                                                                                                                4
  geschah, war eine Katastrophe für                                                                         in Tonnen pro       3

  das ganze Dorf, und ich habe seitdem                               Vom 20.6. bis           = 100         2012                SEHR NIEDRIG MITTEL     HOCH    SEHR
                                                                                                                               NIEDRIG                          HOCH

WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND                                                                 DIE STURZFLUT VON 2009
In den letzten zwei Jahrzehnten suchten mehrere                                                IN JESENIK NAD ODROU
schwere Überschwemmungen Tschechien heim, wie sie die                                          Im Sommer 2009 traf eine Serie schwerster Stürme einige Gebiete
Menschen dort in den letzten Jahrhunderten nicht erlebt                                        in Nordmähren. Warme Tiefdruckgebiete von Osten her verharrten
hatten. Extreme Hochwasser trafen 1997 die Hälfte des                                          zwölf Tage lang über dem Land – eine völlig ungewöhnliche, noch
Einzugsgebiets der March sowie 2002 und 2013 die Becken                                        nie gekannte Wetterlage mit heftigen Starkregen, die immer wieder
von Moldau und Elbe mit der Stadt Prag. Während der                                            wie aus einem Karussell über der gleichen Gegend niedergingen.
letzten Jahrzehnte gab es zahlreiche Starkregenereignisse                                      Innerhalb von drei Stunden ergossen sich 114 mm Niederschlag auf
über kleinen Flächen, die zu lokalen Unglücken führten. Die                                    Jesenik nad Odrou, und die Wasserführung des Flüsschens Luha
schlimmste dieser Sturzfluten traf 2009 das Dorf Jesenik                                       schwoll von normalen 800 auf über 200.000 Liter pro Sekunde an.
nad Odrou und kostete fünf Menschen das Leben.
                                                                                               Fünf Dorfbewohner starben, insgesamt 23 Häuser wurden zerstört,
                                                                                               und die Schäden summierten sich auf 12,8 Mio. Euros.

Seite 7                                                                                                                   Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Slowakei:
  Sinkende
  Vorräte an
  Grundwasser

 Jozef Páleník,
 Hydrogeologe                                                                                                                       eeDer
                                                                                                                                      Augenblick,
                                                                                                                                      in dem nach
                                                                                                                                      tiefer Bohrung
                                                                                                                                      das Wasser
                                                                                                                                      erreicht wird
                                       © Jozef Páleník

                                                                                                                                                       © Jozef Páleník
  Mein Name ist Jozef Páleník.
  Ich arbeite seit 1965 als
                                                         WISSENSCHAFTLICHER                              ANDERE FOLGEN DES
  hydrogeologischer Experte. Ein Teil                    HINTERGRUND                                     KLIMAWANDELS
  meiner Arbeit ist die Kooperation mit                  Die Slowakei ist zwar bekannt für ihre großen   Die steigenden Temperaturen beeinflussen
  Firmen, die Brunnen für die Leute
                                                         Grundwasserreserven, aber Untersuchungen        die Lebenszyklen von Pflanzen, Tieren und
  bohren. Ich muss sagen, dass es vor
  nicht allzu langer Zeit viel einfacher                 über das Potential von Grundwasser und          Menschen.
  für die Leute war, Wasser zu                           Quellen haben bestätigt, dass in der Mitte,
                                                         im Süden und im Südosten des Landes             Die Zahl der tropischen Tage nimmt zu
  erreichen – etwa 10 bis 15 Meter tief
  bohren und schon hat man Wasser                        in der Zeitspanne von 1981 bis 2011 die         (zum Beispiel 22 im August 2003 in
  für das ganze Jahr. Aber heute muss                    Wassermenge der Quellen im Vergleich zur        Bratislava). Hitzewellen über 30° C führen zu
  man viel tiefer gehen, manchmal                        Periode bis 1980 um 15 % gesunken ist. Dies     gesundheitlichen Komplikationen vor allem
  über 70 Meter, und man braucht                         wird als Auswirkung des Klimawandels und        bei Älteren und Menschen mit Atem- und
  Bohrmaschinen dazu. Ich nehme an,                      nicht von anderen menschlichen Tätigkeiten      Herzproblemen.
  dass dieser Trend so weitergehen
                                                         bewertet. Die Folgen des Klimawandels auf
  wird. Die Aufnahme zeigt den                                                                           Dürreperioden, Starkregen, Hochwasser
                                                         den Wasserkreislauf in der Slowakei sind
  Bohrvorgang in dem Moment, wo                                                                          und heftige Stürme richten Schäden in der
  wir das Wasser erreichen, so dass                      einerseits vor allem Überschwemmungen           Landwirtschaft, an der Infrastruktur und an
  der Grundbesitzer seinen eigenen                       und andererseits allmählich sinkende            Menschen an.
  Brunnen haben kann.                                    Grundwasservorräte.                                       15
                                                                                                                   14
                                                                                                                   13
                                                                                                                        EU27
                                                                                                                        10.00 Slowakei
                                                                                                                   12
                                                                                               CO2e-               11
                                                                                               Emissionen          10            9,3 Welt
                                                                 Slowakei                      in Tonnen pro
                                                                                                                    9
                                                                                                                    8                  7,3
                                                                                               Kopf 2010            7
                                                                                                                    6
                                                                                                                    5
                                                                                                                    4
                                                                                                                    3
                                                                                                                    2
                                                                                                                    1
                                                                                                                    0

                                                                                               WorldRiskIndex
                                                                                               2012                 SEHR NIEDRIG MITTEL   HOCH   SEHR
                                                                                                                   NIEDRIG                       HOCH

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                     Seite 8
WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Ungarn:
  Leben wie im
  Backofen

 Szép Gyöngyvér

                                                                                                                                                 eeWohnblocks
                                                                                                                                                   in Budapest,
                                                                                                                                                   Óbuda
                                                 DomaniczkyCouncil

                                                                                                                                                                   © Tivadar Domaniczky
                                         Inuit Circumpolar
                                      ©©Tivadar

  Szép Gyöngyvér, 46 Jahre alt,
  arbeitslos und Mutter von drei                                                                                               15
                                                                                                                               14
  Jungen und einer Tochter. Die                                                                                                13
  fünfköpfige Familie lebt in einer                                                                                            12   EU27
  50 m2 großen Fertigbauwohnung.                                                                                               11   10,0
                                                                                                                                             Ungarn Welt
                                                                                                                               10
  „Wir müssen im Monat mit 500                                                                                                  9
  € auskommen. Die Nebenkosten                                                         Budapest                                 8
                                                                                                                                              6,7   7,3
                                                                                                                                7
  belaufen sich auf 260 €. Die                                                                             CO2e-                6
  Heizkosten im Bezirk betragen 130                                                                        Emissionen           5
                                                                                                                                4
  € im Winter und 60 € im Sommer,
                                                                                                           in Tonnen pro        3
  doch die Temperaturen in der                                                                                                  2
  Wohnung sind überhaupt nicht
                                                                                                           Kopf 2010            1
                                                                                                                                0
  angemessen – es ist immer zu warm.                                     Ungarn
  Im Winter sind es 26° C; ich kann                                                                        WorldRiskIndex
  das nicht regulieren, deshalb muss                                                                       2012                 SEHR NIEDRIG MITTEL    HOCH   SEHR
                                                                                                                               NIEDRIG                        HOCH
  ich das Fenster öffnen, um eine
  erträgliche Temperatur zu erreichen,
  d.h. eigentlich heize ich die Straße.
  Im Sommer habe ich 33° C in der
                                                                     WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  Wohnung gemessen, was dazu führt,                                  Es gibt in Ungarn fast 788.000 Wohnungen in Fertigbauweise mit 2,1 Mio. Bewohnern.
  dass ich nicht schlafen kann und                                   Technische Probleme, die Bedachung, die Leitungen, unpassende Schall- und
  an Ödemen und Schwellungen leide.                                  Wärmedämmungen sowie nicht regulierbare Heizsysteme erhöhen die Lebenshaltungskosten
  Als ich vor sieben Jahren hierher                                  in diesen Blöcken unverhältnismäßig. Das nationale Dämmprogramm für Fertigbauwohnungen
  zog, war es nach meiner Erinnerung
                                                                     kommt nur langsam voran.
  mindestens 4° C kühler.”
                                                                     In der Hitzewelle von 2003 stieg die Zahl der Tage mit Temperaturen über 30° C im
                                                                     landesweiten Schnitt auf den Rekordwert von 45 an. In den Hitzewellen von 2008 bis 2011
                                                                     wurde ein Anstieg der Sterberate um 15 – 28 % festgestellt; es traf in 80% der Fälle alte
                                                                     Menschen über 65 Jahre. Die Stadtbevölkerung ist weitaus stärker gefährdet, weil die
                                                                     Temperaturen etliche Grade höher liegen, der natürliche Luftaustausch geringer ist und die
                                                                     Abstrahlung der Gebäude die Temperaturen etliche Stunden länger hoch hält.

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WIR ALLE SIND ZEUGEN - MENSCHEN IM KLIMAWANDEL - Erfahrungen von Menschen aus Europa, Amazonien, Westafrika und Südasien
Ecuador 1:
  Gletscher-
  schmelze am
                                                                                          eeDer Vulkan Chimborazo, 6268 m
  Äquator

 Sr. Olmedo Cayambe,
 Präsident von CORDTUCH, des
 kommunalen Tourismusverbandes vom
 Chimborazo:

                                                                                                                                                                   © Felipe Segovia / EcoCiencia
                                         © Silvia Vallejo, EcoCiencia

  „Früher dienten der Yanacocha-See
  und der Chaquishkacocha-See den                                                                                                15
                                                                                                                                 14
  Dorfbewohnern von Tambohuasha                                                                                                  13
  als Viehtränke. Aber die Seen sind                                                   Äquator                                   12   EU27
  verschwunden, weil es weniger                                                                                                  11   10,0
  regnet und wärmer geworden ist.                                              Ecuador                                           10
                                                                                                                                  9
                                                                                                                                                         Welt
  Jetzt müssen sie das Wasser für                                                       Chimborazo
                                                                                                                                  8                      7,3
                                                                                                                                  7
  ihre Tiere mit einer Rohrleitung vom                                                                                            6          Ecuador
  benachbarten Berg Carihuayrazo                                                                               CO2e-Emissionen    5
                                                                                                                                  4
                                                                                                                                               3,9
  herbeibringen. In den letzten zehn                                                                           in Tonnen pro      3
  Jahren muss das Vieh in dem Wild                                                                             Kopf 2010          2
                                                                                                                                  1
  -Reservat des Chimborazo immer                                                                                                  0
  höher und höher gehen, um Zugang
  zu Wasser und Weideland - das vom                                                                            WorldRiskIndex
  Wasser abhängig ist - zu haben.                                                                              2012               SEHR NIEDRIG MITTEL   HOCH   SEHR
                                                                                                                                 NIEDRIG                       SEHR
  Der letzte „Hielero“ vom Chimborazo

  Früher haben die Indigenen oberhalb                                   WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  dieser Seen Eis von den Gletschern
                                                                        Die kleineren Gletscher der Anden – wie jene des Carihuayrazo – unter 5100 Metern über
  des Chimborazo abgebaut - die
  sogenannten „Hieleros“ (Eismänner)                                    dem Meeresspiegel sind im aktuellen Klima völlig aus dem Gleichgewicht geraten: Von
  - und an die Stadtbewohner verkauft.                                  1939 bis 2006 stieg die Temperatur in den tropischen Anden um 0,7° C; das Ausmaß des
  Heutzutage gibt es nur noch einen                                     Frostes und das Verhältnis von Regen und Schneefall bestimmen, wieweit der Gletscher
  Hielero, Don Baltasar Ushca. Er                                       an der Oberfläche abschmilzt. Derzeit verlieren sie an Eismasse, und wenn die aktuellen
  erzählte mir, dass es früher am                                       Bedingungen fortbestehen, werden die Gletscherreste in wenigen Jahren oder spätestens in
  Chimborazo ziemlich kalt,und                                          zwei Jahrzehnten verschwunden sein.
  regnerisch war, und dass der Schnee
  meist bis hinunter in die Gemeinden
  liegen blieb; auf 4.000 Metern lag er
  bis zu 40 cm hoch. Heute beginnt das
  Eis erst bei 5.500 m Höhe und es gibt
  keinen Schnee mehr!“

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                  Seite 10
Ecuador 2 /
     Das Anden-
     vorland von
     Amazonien:
     Extreme Klima-
     schwankungen
 Maria Ushca
 aus Santa Rosa, Kanton Santa Clara
 in der Provinz Pastaza in Ecuador

                                                                                                                                                                              eeAm Oberlauf
                                                                                                                                                                                des Rio
                                                                                                                                                                                Pastaza bei
                                                                                                                                                                                Mera

                                                                                                                                                                                                      © Veronica Angulo / EcoCiencia
                                                           © Verónica Angulo, EcoCiencia

     “Die Leute hier haben in den letzten
     Jahren Hochwasser erlebt, die
                                                                                               WISSENSCHAFTLICHER

                                                                                                                                                                                              © Segundo Chasipanta ✝
     nicht normal für die Wintermonate                                                         HINTERGRUND
     sind und einige Materialschäden
                                                                                               Der westliche Rand des Amazonasbeckens – auf 600
     verursachten. Obwohl ein Teil der
     Brücke von der Gemeinde Santa Clara
                                                                                               bis 1300 m Höhe am östlichen Fuß der Anden - erhält
     nach Tena Anfang 2013 beschädigt                                                          hohe Regenfälle von 3000 bis 4500 mm pro Jahr. Bei
     wurde, wurde das Problem schnell                                                          beständiger Wolkenbedeckung liegen die Temperaturen
     gelöst, da die Behörden eh dabei                                                          bei 14° bis 24° C. Die Andenflüsse – so wie der Pastaza       
     waren, die viel zu enge Kanalisation                                                      und der Coca – führen vulkanische Sedimente mit               Wasserfall San
     zu reparieren.”                                                                           sich und versorgen damit jedes Jahr das Tiefland              Rafael am oberen Rio
                                                                                               Amazoniens.                                                   Coca am Fuße der
                                                                                                                                                             Anden: Wassermenge
                                                                                               Im Andenvorland gibt es immer deutlichere                     zur Trockenzeit im
                           Venezuela
                                       Guyana                                                  Veränderungen in der Trocken- und Regenzeit                   Februar...
            Colombia                     Suriname French Guyana                                mit extremen Wetterereignissen, weniger Regen
                                                                                               und höheren Temperaturen. 2005 erlitt das
 Ecuador
                                                                                               Amazonastiefland die schlimmsten Dürren, und
                                                                                                                                                             ...und zur Regenzeit
                                                                                                                                                                                              © Segundo Chasipanta ✝

                                                                                               2010 erlebte es die negativen Folgen von Hitze und
                                                                                                                                                             im Juni
                                                                                               Regenmangel wieder, ausgehend vom Bergregenwald.
                                                                                                                                                             
            Peru                                  Brazil

                            Bolivia
                                                                                               Diese unnormalen Klimaschwankungen führten zu
                                                                                               längeren Trockenzeiten, gefolgt von Starkregen, die
                                                                                               Erdrutsche, Überschwemmungen und Schäden an
-3         -2       -1
                   Chile          0         1
                                       Paraguay     2                                      3   der Infrastruktur und den Ernten verursachten und
Die Ausdehnung der starken Dürre in den                                                        die Sicherheit der Menschen und die Regenwälder
Regenwäldern im Westen Amazoniens                                                              Amazoniens bedrohten.
während der Sommermonate 2005,
gemessen von Satelliten der NASA;
die am stärksten betroffenen Gebiete
sind mit rot und gelb gekennzeichnet.
Bildnachweis: NASA/JPL-Caltech/GSFC.

Seite 11                                                                                                                                             Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
Peru /
  Amazonas­
  region
  Loreto:

 Aurelio Chino Dahua,
 Präsident der indigenen Organisation
 FEDIQUEP

                                                                                                                                       eeHochwasser
                                                                                                                                         in Bolivar /
                                                                                                                                         Loreto
                                        © FORMABIAP

                                                                                                                                                        © Astrid Sieler
  Aurelio Chino Dahua, 40 Jahre alt,
  aus dem Volk der Quechua, Präsident                                                                                  15
                                                                                                                       14
  der indigenen Organisation FEDIQUEP:                                                                                 13
                                                                    Loreto                 CO e-Emissionen
                                                                                               2                       12   EU27
  „In der Region Loreto erleben                                                            in Tonnen pro               11   10,0
  wir gravierende (Umwelt-)                                                                Kopf 2010
                                                                                                                       10
                                                                                                                        9
                                                                                                                                              Welt
  Veränderungen. Es kommt häufiger                                                         Derzeit sind keine           8                     7,3
                                                                                                                        7
  zu starken Überschwemmungen, die                                                         Emissionsdaten für die
                                                                                           Region Loreto oder indigenen 6
  unsere Felder und Häuser zerstören.                                                      Völker in Peru verfügbar.    5           Peru
  Wir beobachten Veränderungen in der                                                      Aufgrund ihrer Lebensweise 4              2,6
  Natur, die unseren Alltag wie auch                                                       sind sie sehr wahrscheinlich 3
                                                                                                                        2
                                                                                           weit unter 1 t pro Kopf.
  unsere Lebensweise beeinflussen.                                                                                      1
                                                                                                                        0
  Es gibt weniger Früchte und die
  Jäger kommen öfter ohne Beute
                                                        Peru                               WorldRiskIndex
  nach Hause. Wir haben den Eindruck,                                                      2012                        SEHR NIEDRIG MITTEL   HOCH   SEHR
  dass der Wald an sich aber auch                                                                                     NIEDRIG                       HOCH
  trockener wird und es deshalb
  häufiger zu Waldbränden kommt. Ich
  bin sehr besorgt über die Situation                 WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  und welchen Einfluss das auf unsere                 Peru ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Folgen sind Überschwemmungen,
  Kinder und unsere Zukunft hat.“                     Erdrutsche, aber auch Trockenheit und Kältewellen. Die Niederschlagsverteilung wird sich
                                                      durch den Klimawandel in allen Ökosystemen deutlich verändern. Während in manchen
                                                      Regionen (Loreto, Apurimac, Cusco) der Niederschlag zunimmt, ist der Trend im
                                                      Süden rückläufig.

                                                      Die Anden-Gletscher haben in den letzten 35 Jahren 22 Prozent ihrer Substanz verloren.
                                                      Mit dem Abschmelzen der Gletscher, die besonders relevant für die Süßwasserspeicherung
                                                      sind, ist der Rückgang von den aus den Bergen in die Küstenwüste abfließenden
                                                      Wassermengen verbunden.

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                       Seite 12
Brasilien 1/
  Rio Negro:
  Regenfälle
  zur falschen
  Zeit
                                                                                                                                               eeEin Zufluss
                                                                                                                                                 zum Rio Içana

 André Baniwa

                                                                                                                                                                 © Emil Benesch, KB Österreich
                                     © Emil Benesch

  Mein Name ist André Baniwa. Wie
  mein Name schon sagt, gehöre ich                                                           CO2e-                            15
                                                                                                                              14
  dem indigenen Volk der Baniwa an.                                          Brasilien       Emissionen                       13
  Meine Muttersprache ist Baniwa. Ich                                                        in Tonnen pro                    12   EU27
  bin etwa 40 Sommer alt – so pflegen                   Rio Negro Region                                                      11   10.0 Brasilien
                                                                                             Kopf 2010
                                                                                                                                           8.3 Welt
                                                                                                                              10
  wir zu sagen, um die Bedeutung                                                                                               9
  der trockenen Sommerperiode für
                                                                                             Für die Region Rio Negro
                                                                                             oder die indigenen Völker in      8                  7.3
                                                                                             Brasilien sind keine eigenen      7
  unsere Kultur und unser Leben                                                              Emissionsdaten erhältlich.        6
  hervorzuheben. Ich wurde in Tucumã                                                         Infolge ihrer Lebensweise
                                                                                             liegen sie sehr wahrscheinlich
                                                                                                                               5
                                                                                                                               4
  Rupitá geboren, einem Dorf mit                                                             weit unter 1 Tonne pro Kopf       3
                                                                                             (die meisten Emissionen
  200 Einwohnern am Rio Içana,                                                               Brasiliens resultieren aus
                                                                                                                               2
                                                                                                                               1
  einem Nebenfluss des Rio Negro im                                                          Entwaldung).
                                                                                                                               0
  Nordwesten von Brasilien. Um unsere
  Region auf der Karte zu finden,                                                            WorldRiskIndex
  suchen Sie nach dem „Hundekopf”                                                            2012                              SEHR NIEDRIG MITTEL   HOCH   SEHR
                                                                                                                              NIEDRIG                       HOCH
  am oberen Rio Negro, denn so wird
  sie auch genannt.

  Seit 20 Jahren bin ich in der                       WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  indigenen Bewegung engagiert und                    Die jährlichen Niederschläge in der Region am Rio Içana betragen 3.460 mm.
  bin betroffen über die Änderungen im
  Laufe der letzten Jahre. Im Februar                 Die massiven Änderungen bei den Niederschlägen in den letzten Jahren im Gebiet des Rio
  2012 führten lang anhaltende                        Negro zeigen sich in seiner Wasserführung. Im Jahr 2009 führte er soviel Wasser wie noch
  Regenfälle statt einer wie üblich                   nie in der Geschichte. Innerhalb eines Jahres jedoch folgte eine der stärksten Dürren, die zum
  sonnigen und trockenen Periode
                                                      niedrigsten jemals gekannten Wasserstand führte. Eine andere schwere Dürre traf die Region
  bei uns zu einer Hungerzeit, weil
  die Maniokwurzeln wegen dieser                      2005, als ganze Nebenflüsse vollständig austrockneten; Dörfer, die normalerweise nur im
  Regenfälle zur falschen Zeit im                     Boot erreichbar sind, wurden von der Umwelt abgeschnitten.
  Boden zu verfaulen begannen.

Seite 13                                                                                                               Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
Brasilien 2 /
  Rio Negro:
  Eine ungewöhnliche
  Kooperation
  angesichts globaler
  Herausforderungen
                                                                                                                                                                                  eeTrockengestell
                                                                                                                                                                                    am Ufer des
                                                                                                                                                                                    Rio Içana für
                                                                                                                                                                                    Beju, eine Art
                                                                                                                                                                                    Maniokbrot
 Almerinda Ramos de Lima
 Rechts: Johann Kandler,
 Klimabündnis Österreich
                                        © Klimabündnis Österreich, Photo: Emil Benesch

                                                                                                                                                                                                          © Emil Benesch, KB Österreich
  Almerinda Ramos de Lima vom                                                                                                  Die durchschnittlichen monatlichen Regenmengen -
  indigenen Volk der Tariano ist
                                                                                         WISSENSCHAFTLICHER                    basierend auf Messungen im Zeitraum von 1961-1990 – im
  die erste Frau an der Spitze der                                                       HINTERGRUND                           Vergleich zu den monatlichen Regenmengen im Jahr 2012.
                                                                                                                               (rainfall in mm)
  Organisation FOIRN:
                                                                                         Die durchschnittlichen Monatsmittel     500                          2012
  “Unsere Völker leben hier seit                                                         der Niederschläge in Sao Gabriel                                     Period 1961-1990
                                                                                         da Cachoeira am Rio Negro zeigen        400
  3000 Jahren und haben seitdem
  einen Kalender entwickelt, der die                                                     weniger Niederschläge in den            300
  Vorbereitung der Felder in unseren                                                     Sommerperioden, wenn traditionell
  trockenen Sommermonaten                                                                die neuen Felder angelegt werden.       200
  vorsieht: jede Familie schafft dann                                                    Die Zahlen von 2012 weichen
  neuen Raum im Wald für Felder.                                                                                                 100
                                                                                         deutlich von den Monatsmittel der
  Die Männer fällen die Bäume und                                                                                                   0
  verbrennen sie. Die Asche dient als                                                    vergangenen 30 Jahre von 1961 bis              JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
  Dünger für die neuen Pflanzungen.                                                      1990 ab.                              Quelle:
                                                                                                                               INMET, http://www.inmet.gov.br/portal/index.php?r=clima/normaisClimatologicas
  Doch die Regenfälle im Februar
  2012 machten das Verbrennen
  der gefällten Bäume unmöglich,                                                         ZUM HINTERGRUND DER BEZIEHUNG VON KLIMABÜNDNIS
  und keine neuen Felder konnten in
  diesem Sommer vorbereitet werden.
                                                                                         ÖSTERREICH ZUR REGION RIO NEGRO
  Danach begann wieder die Regenzeit                                                                                           Das Hauptziel der Föderation der indigenen
  – also keine Chance für neue                                                                                                 Organisationen der Region Rio Negro (FOIRN) ist die
  Felder. Wenn man bedenkt, dass wir                                                                                           Verteidigung der Rechte der 23 indigenen Völker, die
  unsere Felder nur zwei Jahre für                                                                                             dort leben. Der wichtigste Erfolg ist die Schaffung
  den Anbau von Maniok, Ananas und
                                                                                                                               indigener Territorien mit einer Größe von 122.000
  Pfeffer benutzen können, bevor die
  Vegetation des Regenwaldes wieder                                                                                            km2. In diesen Gebieten können die Indigenen ihre
  alles überwuchert, dann wurde die                                                                                            nachhaltige Lebensweise beibehalten, und dies hat
  Anbaufläche jeder Familie durch den                                                                                          zur Folge, dass 99,94% des Regenwaldes intakt
  nassen Sommer 2012 halbiert.”                                                                                                geblieben sind.

                                                                                                                               FOIRN und Klimabündnis Österreich unterstützen
                                                                                                                               sich seit 1993 in gegenseitiger Partnerschaft.

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                                                       Seite 14
Amazonien

  Amazonien:                                                                                                                                               beherbergt mit
                                                                                                                                                           etwa 6 Mio.
                                                                                                                                                           km2 das größte
  Dürre­                                                                                                                                                   Regenwaldgebiet der
                                                                                                                                                           Erde. Hier leben rund
                                                                                                                                                           ein Drittel aller Tier-
  perioden                                                                                                                                                 und Pflanzenarten
                                                                                                                                                           der Erde und über
                                                                                                                                                           1,5 Millionen
                                                                                                                                                           Indigene in etwa
                                                                                                                                                           400 verschiedenen
                                                                                                                                                           Völkern.

                                                                                                                                                         eeBlick vom Alto da Serra
                                                                                                                                                           de Tunuí Cachoeira
                                                                                                                                                           auf den Rio Içana in
                                                                                                                                                           Nordbrasilien
 Diego Escobar
 COICA
                                       © Nicole Romijn Fotografie

                                                                                                                                                                                     © Camila Sobral Barra / ISA
  Diego Escobar, Koordinator für
                                                                                                                                                      Der Regenwald ist ein
  Territorien, Umwelt und natürliche
  Ressourcen der COICA (Dachverband
                                                                                                                        © Copyright: Klima-Bündnis    gewaltiger Kohlenstoffs-
  der indigenen Organisationen
                                                                                             Venezuela                                                peicher: ein durchschnitt-
                                                                                                         Guyana
  des Amazonasbeckens) und                                                                                                                            licher Hektar Regenwald
                                                                              Colombia                     Suriname French Guyana
  stellvertretender Vorsitzender des                                                                                                                  bindet jährlich rund 5 – 20 t
  Klima-Bündnis:                                                                                                                                      Kohlendioxid aus der Atmos-
                                                                    Ecuador                                                                           phäre und beherbergt in sei-
  „Neben außergewöhnlichen
  Regenfällen in einigen Regionen                                                        AMAZON                                                       ner Biomasse ständig rund
                                                                                                                                                      250 t Kohlenstoff. Dort, wo
  suchten mehr „Jahrhundertdürren“                                                                                                                    die Indigenen ihre Landre-
  das Amazonasgebiet heim, so 2005
                                                                                                                                                      chte gesichert haben, ist
  und 2010. Ganze Flüsse trockneten                                           Peru                                  Brazil                            der Regenwald am besten
  komplett aus, wodurch die dort
  lebenden Menschen aus ihren                                                                                                                         erhalten. Damit leisten sie
                                                                                              Bolivia
  Gemeinden nicht herauskamen                                                                                                                         einen überragenden Beitrag
  und vom Militär versorgt werden                                                                                                                     zum Klimaschutz.
  mussten. Millionen von Bäumen
                                                                                     Chile               Paraguay
  starben ab, Waldbrände nahmen
  zu. Neben der Ausbeutung                                          WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  der Bodenschätze, illegalem
  Holzeinschlag, der Ausweitung                                     Beobachtungen in Amazonien durch Satelliten und vor Ort haben während den jüngsten
                                                                                        ArgentinaBäume und Waldbrände gezeigt. Über 70 Mio. Hektar Wald in
                                                                    Dürren mehr absterbende
  der Agrarwirtschaft und großen
  Infrastrukturprojekten ist der                                    Westamazonien litten während der Trockenzeit in 2005 unter starkem Wassermangel
  Klimawandel für uns eine neue                                     und einer damit einhergehenden Verringerung des Blätterdaches und der Feuchtigkeit,
  zusätzliche Gefahr: Wir, die indigenen                            die bis zur nächsten Dürreperiode 2010 anhielt. Das Ergebnis legt nahe, dass ein 5- bis
  Völker Amazoniens, schützen den                                   10-Jahresrhythmus von Dürren zu einer dauerhaften Änderung des Blätterdaches führt.
  Regenwald seit jeher als unsere
  Lebensgrundlage.“                                                 Durch die gegenwärtigen Raten der Walddegradation und Entwaldung nähert sich Amazonien
                                                                    einem Kipp-Punkt, bei dem sich Regenwälder zu saisonalen Wäldern oder sogar Savannen
                                                                    wandeln und aus Kohlenstoffsenken zu Kohlenstoffquellen werden.

Seite 15                                                                                                                                   Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
Burkina
   Faso 1:
   Ernteschäden
   durch
   Überschwemmungen:

 Yempabou Lankoande
                                                     © Ba Mahamadou

                                                                                                                                           eeÜberschwemmungen
                                                                                                                                             in Burkina Faso im

                                                                                                                                                                  © Severine Flores/Tearfund
                                                                                                                                             September 2007

   Mein Name ist Yempabou
   LANKOANDE; ich bin ein Bauer aus
                                                                      WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
   Manni. Ich baue Reis in der Ebene von                              Die Wissenschaftler des Weltklimarates stimmen darin überein, dass in der Sahel- und Sub-
   Manni an. Der Regen hat eine Menge                                 Sahel-Region Überschwemmungen im Wechsel mit Dürreperioden “normale” Erscheinungen
   Schäden hier verursacht. Alle jungen                               werden. Für Burkina Faso ist dies bereits Realität. Seit 2007 erlebt das Land wiederholt
   Pflanzen wurden durch die Kraft des                                Überschwemmungen – die jüngsten Beispiele:
   Wassers weggeschwemmt – sogar
   die Ackerkrume mit allen Setzlingen,                               • 2009: Über die Hauptstadt Ouagadougu ergießen sich 273 mm Regen innerhalb kurzer Zeit;
   die wir gepflanzt hatten. Jetzt                                      etwa 150.000 Menschen sind hier betroffen und Tausende auf dem Lande.
   müssen wir wieder ganz von vorne
   anfangen.                                                          • 2010: Hochwasser in fünf der dreizehn Regionen des Landes mit mehr als 26.000
   Ich hatte auf meinem Stück Mais                                      Geschädigten.
   gepflanzt, um über die Zeit mit
   Engpässen hinwegzukommen, aber                                     • Erntesaison 2011-2012: Die Regenfälle setzen spät ein und sind unregelmäßig, ihr frühes
   auch der ist vollkommen weggespült                                   und jähes Ende führt zu einem Ernterückgang um 16% und zu Ernährungsproblemen in 146
   worden. Ich habe weder für den                                       Gemeinden.
   Mais noch für den Reis irgendeine
   Hoffnung. Das ist eine völlig
   verlorene Ernte.
                                                                                                                               15
                                                                                                                               14

       Jahresniederschläge in mm
                                                                          Burkina Faso                                         13
                                                                                                                               12   EU27
       Anzahl der Regentage     1098,5                                                                     CO2e-               11   10,0
                                       933
                                                                                                           Emissionen in       10
                                                                                                                                9
                                                                                                                                                        Welt
                  815
                                                                                                           Tonnen pro Kopf      8                       7,3
 733
                                                                                                 Fada
                                                                                                           2010                 7
                                                                                                                                6
                                                                                             N’Gourma                           5
                                                                                                                                4
                                                                                                                                3
                                                                                                                                        Burkina Faso
                                                                                                                                2           1,40
                                                                                                                                1
                                                                                                                                0
         54               45                 52     49                                                     WorldRiskIndex
   2006              2007               2008      2009                                                     2012                 SEHR NIEDRIG MITTEL    HOCH   SEHR
 Quelle: ARFA, Büro in Fada N’Gourma                                                                                           NIEDRIG                        HOCH

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                 Seite 16
Burkina
  Faso 2:
  Wirbelstürme
  und instabile
  Wetterlagen

 Ousséni Sayaogo
                                        © Ba Mahamadou

                                                                                                                                                                              eeVom Wirbelsturm
                                                                                                                                                                                zerstörtes Haus

                                                                                                                                                                                                                        © Ba Mahamadou
  Mein Name ist Ousséni SAYAOGO; ich
  bin ein Bauer aus Niessega.                              Langfristige Entwicklung der jährlichen Niederschläge in Fada N’Gourma
                                                                                                                                                                                           y = 1.7939x + 770.88
                                                          Regenfälle (mm)                                                                                                                           R² = 0.0297
  Am Montag, den 13. Mai 2013, war
                                                           1200
  ich in Gourcy, als man mich anrief
  und mir mitteilte, dass mein Haus                        1100
  durch einen starken Regensturm
                                                           1000
  zerstört wurde. Als ich dort ankam,
  sah ich den Schaden: Das Haus war                        900
  niedergerissen und das Dach vom
                                                           800
  Wind verstreut. Ich hatte das Haus
  gerade für meine Familie und mich                        700
  fertiggestellt. Gott sei Dank ist
  niemand umgekommen.                                      600

                                                           500
  Zur Zeit habe ich kein Geld, um es
  wiederaufzubauen. Ich muss also bis                      400
                                                                         1973

                                                                                1975

                                                                                       1977

                                                                                              1979

                                                                                                            1983

                                                                                                                   1985

                                                                                                                          1987

                                                                                                                                 1989

                                                                                                                                                       1995

                                                                                                                                                              1997

                                                                                                                                                                     1999

                                                                                                                                                                             2001

                                                                                                                                                                                            2005

                                                                                                                                                                                                   2007

                                                                                                                                                                                                          2009

                                                                                                                                                                                                                 2011
                                                                  1971

                                                                                                     1981

                                                                                                                                         1991

                                                                                                                                                1993

                                                                                                                                                                                    2003

  nächstes Jahr warten, um es dann
  hoffentlich neu errichten zu können.
  Ich frage mich bloß, wo wir solange                                                                   Regenfälle                      Durchschnitt                        Trend
  wohnen sollen.

  Ich habe so etwas noch nie
  erlebt. Es ist für unser Dorf                          WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  völlig ungewöhnlich, da es im Mai                      Der Klimawandel wird sich gemäß dem Bericht des Weltklimarates von 2007 kurzfristig in
  geschah, denn die Regenzeit beginnt                    einer höheren Frequenz und Intensität von Wetterextremen wie Dürren, Überschwemmungen
  frühestens Mitte Juni.
                                                         oder Hitzewellen auswirken. Für Burkina Faso äußert sich dies in unstabilen Wettermustern
                                                         und steigenden Temperaturen.

                                                         Unstabile Niederschläge bedeuten kürzere Regenzeiten und eine Zunahme von Starkregen und
                                                         Stürmen bis hin zu Wirbelstürmen zu ungewohnten Jahreszeiten.

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Burkina
  Faso 3:
  Dürreperioden

 Mahamadi Sawadogo
                                         © Ba Mahamadou

                                                                                                                                                             eeDegradation von
                                                                                                                                                               Ackerland in der
                                                                                                                                                               Provinz Zondoma

                                                                                                                                                                                       © Ba Mahamadou
  Ich bin Mahamadi SAWADOGO und
  stamme vom Zentralplateau von
                                                          WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  Burkina Faso.                                           Im Norden und im Zentrum des Landes hat die Verschlechterung der Ökosysteme zur
                                                          Erschöpfung der Böden und unzureichenden Niederschlägen geführt. Dies liegt der
  In meinem Dorf leitete ich als Bauer
                                                          Nahrungsunsicherheit zugrunde, die ihrerseits das Phänomen der Armut verstärkt.
  Projekte zur Wiederherstellung
  von degradierten Böden,                                 Die direkte Folge des Schwindens der Vegetationsdecke sind mehr Schäden durch Winde
  Wiederaufforstung etc. an.
                                                          – vor allem den Harmattan –, steigende Temperaturen, weniger und unregelmäßigere
  Mit dem Wandel des Klimas änderte                       Niederschläge.
  sich vieles: Trockenheit, Verlust
  der Vegetationsdecke, Verarmung                         Häufigere Dürreperioden haben zu einer Abwanderung von Teilen der Bevölkerung aus
  der Böden. So war ich gezwungen,                        dem Zentralplateau nach Osten und Westen geführt. Diese Binnenwanderer tragen jedoch
  bessere Lebensbedingungen                               spürbar zu einer Degradation in den Zielgebieten bei und sind mit vielen Herausforderungen
  zu suchen und kam 2003 nach                             konfrontiert.
  Bourguéogo. Hier ist das Klima
  für Landwirtschaft zwar besser,
  aber es sind andere Probleme                             Südwanderung der Linien gleichen Niederschlags                                                       AKTION
  aufgetaucht wie zum Beispiel Mangel                      600 mm und 900 mm
                                                                                                                                                                ARFA, der Verein
                                                                                                   60

  an Trinkwasser und Straßen; und
                                                                                                     0
                                                                                       60

                                                                                                                                                                für Forschung
                                                                                         0

  als Anwohner des Wildreservats ist                                                                                            0
                                                                                 600                               DORI       60 00                             und Fortbildung
                                                                             600

  unser Land Schäden durch Elefanten                                             600                                            6
  ausgesetzt. Ohne eine Betreuung                                                                                                                               in ökologischem
                                                                                   OUAHIGOUYA                                          600
  werden die wenig entwickelten                                 90
                                                                                                                                       600                      Landbau, hilft
                                                                                                                                       600
  Anbaumethoden die Degradation                                 900                                             BOGANDE                                         Bauern, ihre Erträge
                                                               9   0
  der natürlichen Ressourcen                                  90 00              DEDOUGO          OUAGADOUGOU                                                   durch ökologische
                                                             9000                                                  FADA NGOURMA
  beschleunigen. Werden wir also                                                                                                                                Anbaumethoden
  wieder von hier wegziehen müssen?                                                      BOROMO
                                                                                                                                                         9      zu steigern und
                                                                                                                                                      9 00
                                                                                                                                       900            9000      sich besser an
                                                                                                                                      900                0
                                                                BOBO-DIOULASSO                           PO
                                                                                                                                                                den Klimawandel
                                                                                                  1931-1960
                                                                                 GAOUA
                                                                                                  1951-1980                                                     anzupassen.
                                                                                                  1961-1990
                                                                                                  1971-2000       Source: Meteorologische Direktion
                                                                                                  1981-2010       von Burkina Faso

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                                     Seite 18
Niger 1:
  Die Krise der
  Viehzucht

 Jobari Mokao,
 ein betroffener nomadischer Hirte

                                                                                                                                      eeTiere, die unter
                                                                                                                                        Futtermangel leiden
                                                                                                                                        und Gewicht und Wert
                                                                                                                                        verloren haben
                                          © CESAO -PRN

                                                                                                                                                               © CESAO -PRN
  Mein Name ist Jobari MOKAO aus dem
  Dorf Bermo im Norden von Dakoro in                                                                                      15
                                                                                                                          14
  den Weidegründen der Maradi Region                                                                                      13
  von Niger. Seit mehr als zehn Jahren                                                                                    12   EU27
  folgt ein Dürrejahr dem nächsten.
                                                                                       Agadez                             11   10.0
  Die Folgen: Degradation unserer
                                                                                                                          10
                                                                                                                           9
                                                                                                                                                    Welt
  Weidegründe sowie Futter- und                                                                                            8                        7.3
                                                                                                                           7
  Wassermangel; dies alles führt zu                                                             Diffa                      6
                                                                       Tahoua
  wiederholten Krisen in der Viehzucht.
                                                                                       Zinder           CO2e-Emissionen    5
                                                                                                                           4
                                                           Tillaberi                                    in Tonnen pro
  In den Jahren der Krisen können                                      DAKORO Maradi                                       3             Niger
  die Verluste an Vieh von 30% bis
                                                                  Dosso                                 Kopf 2010          2
                                                                                                                           1              0.6
  100% ansteigen. Die stärksten Tiere                                           Niger                                      0

  überleben, verlieren aber über ein                                                                    WorldRiskIndex
  Drittel ihres Gewichtes und über                                                                      2012               SEHR NIEDRIG MITTEL    HOCH    SEHR
  90% ihres Wertes. So bekam man                                                                                          NIEDRIG                         HOCH
  in der Krise von 2010 für ein Tier
  mit einem Wert von 250.000 Franc
  CFA in unserer Gegend mal gerade                       WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  10.000 F. Schlimmer noch – bei                         In Niger wiederholen sich seit einem Jahrzehnt die Nahrungskrisen, weil das Muster der
  Tieren, die während der ganzen
                                                         Regenfälle durcheinandergeraten ist: weniger Niederschläge, ihre ungleiche Verteilung nach
  Trockenzeit gelitten haben, rafft oft
  der thermische Schock der ersten
                                                         Regionen und Perioden, kurze Winterzeit, Überschwemmungen etc.
  Regenfälle den letzten Rest ihrer
                                                         Die Krise von 2011/2012 war gekennzeichnet durch eine Situation der Nahrungsunsicherheit
  Widerstandskräfte dahin.
                                                         für 5,5 Millionen Menschen, über ein Drittel der Bevölkerung. Die Hälfte des nötigen Futters
                                                         für den Viehbestand fehlte. Schon 2010 hatte eine Krise der Viehzucht zum Tod von fast 5
                                                         Millionen Tieren geführt – einem Viertel des Bestands. Die ärmsten Haushalte verloren an die
                                                         90% ihres Viehs und damit ihrer Existenzgrundlagen. Die jüngsten sich wiederholenden Krisen
                                                         haben katastrophale Folgen für das Leben der Gemeinschaften in der Viehzuchtregion im
                                                         Norden von Dakoro in der Region von Maradi in Niger.

Seite 19                                                                                                           Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
Niger 2:
  Degradation
  der Umwelt

 Finda Lompo,
 67 Jahre

                                                                                                                                                                       eeVerlust der
                                                                                                                                                                         Vegetationsdecke in
                                                                                                                                                                         der Region Tillabéri
                                                   © CESAO -PRN

                                                                                                                                                                                                       © CESAO -PRN
  Ich heiße Finda LOMPO, wurde um
  1946 in Niaktiré in der Gemeinde
                                                                       WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  Makalondi in der Region von                                          Starkregen, Überschwemmungen, plötzliche Hochwasser und weniger Niederschläge – all
  Tillabéri in Niger geboren:                                          diese Erscheinungen des Klimawandels verursachen den Artenverlust bei Bäumen und
                                                                       Kräutern und damit eine Degradation des Ökosystems.
  Der Wald hat seine Seele
  verloren. Einst war er voll von                                      Im Niger verschwinden jedes Jahr an die 100.000 bis 120.000 ha Waldfläche. Der Rückgang
  Gummiarabikum und wilden
                                                                       des Waldbestands zwingt ein Viertel der Bevölkerung und ihr Vieh, auf
  Früchten von unschätzbarem Wert
  für die Bevölkerung. Heute ist                                       degradiertem Land zu leben mit einer entsprechenden Verschlechterung ihrer Lebens­
  das alles weg. Schlimmer noch:                                       bedingungen; so ist dies der Fall in der Gemeinde Makalondi in der Region von Tillabéri.
  die Heilpflanzen, die wir nutzen,
  sind nicht mehr da. Das bringt uns                                   Der Index der Regenfälle für die Jahre von 1951 bis 2007 zeigt, wie feucht oder trocken die
  Frauen ist eine hoffnungslose                                        Regensaison war:
  Lage, denn mit ihnen ist unser
  Einkommen dahin. Der Wald                                                         2.5
  verschwindet, und wir appellieren,                                                2.0
  ihn zu retten.
                                                                                    1.5
                                                                                    1.0
                                                                  Rainfall Index

                                                                                    0.5
                                                                                    0.0
                                                                                   -0.5
                                                                                   -1.0
                                                                                   -1.5
        Niger                                                                      -2.0
                                                                                          1951

                                                                                                 1954

                                                                                                        1959

                                                                                                               1963

                                                                                                                      1967

                                                                                                                             1971

                                                                                                                                    1975

                                                                                                                                           1979

                                                                                                                                                  1983

                                                                                                                                                         1987

                                                                                                                                                                1991

                                                                                                                                                                        1995

                                                                                                                                                                               1999

                                                                                                                                                                                      2003

                                                                                                                                                                                                2007

                                  Agadez

                Tahoua                     Diffa
                                  Zinder
                                                                       Positive Werte kennzeichnen Jahre mit mehr Regenfällen als im Durchschnitt von 1951 –
    Tillaberi
                         Maradi                                        2007 und negative Werte Jahre mit weniger Niederschlag. Man sieht, dass die Regenfälle in
           Dosso
       MAKALONDI                                                       der Region von Tillabéry – wie auch im übrigen Sahel – ab 1969 weit unter den Durchschnitt
                                                                       fielen; dies hatte fatale Folgen für das Ökosystem.

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                                                Seite 20
Indien 1:
  Intensivere
  Regengüsse
  und Über-
  schwemmungen
                                                                                                                                           eeDie Überschwemmung
                                                                                                                                              in Kedarnath

 Ram Singh und seine Frau
                                       © Soma Basu/ Down to Earth

                                                                                                                                                                       © Rohit Dimri
  Es war am 16. Juni 2013 um 19.18
  Uhr, als Ram Singh den lautesten
                                                                    WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
  Knall seines Lebens hörte, das                                    Die Überschwemmungen in Uttarakhand im Juni 2013: Surya Prakash, Dozent am National
  ohrenbetäubende Getöse einer                                      Institute of Disaster Management (NIDM), hat festgestellt, dass die außer­ordentliche Höhe der
  Katastrophe: „Ich fühlte mich,                                    Niederschläge durch ein Zusammenkommen von Westwinden mit dem Monsunwolken-System
  wie wenn der Himmel auf die                                       verursacht wurde. Dazu kam noch, dass wahrscheinlich eine große Menge Schmelz­wasser von
  Erde stürzen würde. Innerhalb                                     den Gletschern infolge hoher Temperaturen in Mai und Juni zum Bruch von Moränen führte, die
  von Sekunden drang eine riesige                                   die Seen am Fuße der Gletscher eindämmen. Mehrere Hundert Personen kamen ums Leben,
  Wasserwand zum Tempel von
                                                                    Tausende sind noch vermisst.
  Kedarnath vor. Dicke Brocken von
  Geröll flogen in die Luft wie bei                                 Änderungen im indischen Monsunsystem: Eine Trendanalyse von S.K. Dash, Professor und Leiter
  einer Explosion. In weniger als 15                                am Centre for Atmospheric Sciences, Indian Institute of Technology – Delhi, zeigt, dass Indien
  Minuten wurden tausende Menschen                                  zwischen 1951 und 2000 während der Monsunzeit kurze Phasen von weniger als vier Tagen
  hinweggeschwemmt.” Singh war                                      mit Starkregen erlebte, aber weniger längere Phasen mit mäßigem Regen. Nach Erfassung von
  zusammen mit 17 Leuten aus                                        Niederschlagsmengen von 2599 Stationen zwischen 1901 und 2005 warnen Wissenschaftler
  seiner Heimatstadt Ujjain in Madhya
                                                                    des India Meteorological Department (IMD) vor einem erhöhten Überschwemmungsrisiko in den
  Pradesh auf Pilgerreise; er kehrte
                                                                    meisten Teilen von Indien: “Höheres Überschwemmungsrisiko gilt von nun an als die wichtigste
  nur mit fünf zurück. „Nach unserem
  Besuch im Tempel wollte mein Sohn                                 punktuelle Bedrohung durch den Klimawandel.” (Current Science, Juni 2013).
  noch die Berge sehen, und so nahm                                                                                            15
  ich ihn mit; meine Frau folgte uns”,                                                                                         14
                                                                                                                               13
  sagte er. „So überlebten wir. Ich habe                                Kedarnath                                              12   EU27
  nicht die geringste Ahnung, wo der                                                                       CO2e-               11   10,0
  Rest meiner Familie ist.”                                                                                Emissionen          10
                                                                                                                                9
                                                                                                                                                             Welt
                                                                                                           in Tonnen pro        8                            7,3
                                                                                                                                7
                                                                                                           Kopf 2010            6
                                                                                                                                5
                                                                                                                                4
                                                                                                                                              Indien
                                                                                                                                3               2,2
                                                                                                                                2
                                                                                                                                1
                                                                                                                                0

                                                                          Indien                           WorldRiskIndex
                                                                                                           2012                  SEHR NIEDRIG MITTEL    HOCH        SEHR
                                                                                                                                NIEDRIG                             HOCH

Seite 21                                                                                                                  Weitere Informationen: www.overconsumption.eu
Indien 2:
  Ladakh –
  Sturzfluten

                                                                                                                                                                             eeBergpanorama von
                                                                                                                                                                               Ladakh

 Ram Singh und seine Frau
                     eeVon der
                                         © Ladakh Art and Media Organisation(LAMO)

                       Wasserflut
                       zerstörtes Haus
                       in Leh

                                                                                                                                                                                                      © Papia Samajdar/CSE
  DAS FALLBEISPIEL                                                                   DER REGIONALE ZUSAMMENHANG
  LEH                                                                                Ladakh liegt an der Nordwestseite des Himalayas, umgeben von vier Gebirgsketten mit extrem
  August 2010. Eine reißende Sturzflut                                               hohen, schneebedeckten Gipfeln: Himalaya, Zanskar, Ladakh und Karakorum. Zusammen
  verwüstet Leh, tötet 257 Menschen                                                  mit dem Hochplateau von Tibet beherbergen diese Ketten 45.000 Gletscher mit zusammen
  im gesamten Bezirk, verletzt                                                       90.000 qkm. Sie bilden den größten Frischwasserspeicher außerhalb der Polkappen und
  Tausende und zerstört Eigentum,                                                    werden daher auch „Asiens Wasserturm“ oder „Der dritte Pol“ genannt; sie speisen die
  Infrastruktur und Lebensgrundlagen.                                                größten Ströme Asiens. Aber die Gletscher des Himalayas, Wasserquelle für Milliarden
  Sie war das Ergebnis sehr heftiger                                                 Menschen, ziehen sich schneller als in anderen Teilen der Welt zurück (Cruz et al., 2007,
  Regenfälle auf einer kleinen Fläche,
                                                                                     Quelle: NASA EROS Data Center, September 9, 2001).
  und es gab noch andere Gründe:
  starke Sonnenstrahlung ließ den
  Schnee schneller schmelzen und                                                     DER KLIMAWANDEL IN LADAKH
  erhöhte die Luftfeuchtigkeit. Die
  Temperaturen blieben niedrig
                                                                                     Ladakh ist eine kalte Wüste, in der es nur an zwei Tagen pro Jahr regnet oder schneit. In den
  und führten zur Bildung dichter                                                    letzten 20 bis 25 Jahren nahmen die Niederschläge zu, allerdings in sehr unregelmäßigem
  tiefhängender Wolken. In dem                                                       Muster. 2002 zum Beispiel gab es fast keinen Regen, aber viel Schnee. Im Gegensatz dazu
  Moment, wo sie über Gletscher                                                      betrug 2006 die Regenmenge 150 mm gegenüber einem Durchschnitt von 32 mm von 1995 bis
  zogen, kondensierten sie weiter                                                    2007 (Field Research Laboratory in Leh).
  und entluden sich schließlich in
  Wolkenbrüchen. Wolkenbrüche
  und Gewitterschauer, wie man sie                                                            Karakorum
                                                                                                                           160
  vorher noch nie in der Geschichte                                                                                        140            Regen
  von Ladakh kannte, verursachten                                                                                                         Schnee
                                                                                                                           120
  Sturzfluten in fast allen Seitentälern
  des Indus im Distrikt Leh.                                                                           Leh                 100
                                                                                                   I                        80
                                                                                                       N

                                                                                                                            60
                                                                                                       D

                                                                                                           S
                                                                                                           U

                                                                                                                            40
                                                                                                                            20
                                                                                                                             0
                                                                                      Himalaya                                   1995 1996 1997 2002 2003 2004 2005 2006 2007
                                                                                                                            Quelle: Field Research Laboratory (FRL) in Leh

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                                                                     Seite 22
Indien 3:
  Ladakh –
  Wasser-
  reporter

                                                                                                                                                                                                                                                                                          eeDie Überschwemmung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 in Kedarnath

 Ringchen
 Wasserreporter aus Domkar

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      © Ladakh Art and Media Organisation (LAMO).
                                     © CSEIndia

  Ringchen aus dem Dorf Domkar,
  rund 120 km von Leh: „In den letzten
                                                  AKTION
  fünf Jahren stellten wir fest, dass             Das Media Resource Centre von CSE organisierte einen Workshop für Journalisten und
  unsere Bäche im Sommer im Juli und              Wasserreporter in Leh in Ladakh, um ihre Aufmerksamkeit für die Anzeichen von Klimawandel
  August mehr Wasser führen – so                  in diesem anfälligen Ökosystem zu schärfen. Wasserreporter sind handverlesene
  stark, dass sie über die Ufer traten            Bewohner einiger Dörfer rund um Leh, die sich aktiv mit den aktuellen Änderungen der
  und es Fälle von Überflutungen gab.
                                                  dortigen Wettermuster beschäftigt haben. Um sie als Bürgerreporter zu trainieren, hat
  Zunächst waren wir ratlos, aber in
  Gesprächen mit den Dorfältesten                 das Media Resource Centre ein Formular entworfen, das für gründliche Feldstudien vor
  erfuhren wir, dass es oben auf                  Ort mitgenommen werden kann (siehe oben). Es dient als Orientierung für Themen des
  den Bergen am unteren Rand der                  Klimawandels, der Teil ihres Lebens geworden ist, aber vor allem als Hilfestellung dazu, wie
  Gletscher große Seen gibt, die das              man so über seine Indikatoren und Anzeichen schreibt, dass sie das Vorstellungsvermögen
  ganze Jahr über zugefroren sind und             der Leserschaft anregen. Das Media Resource Centre versucht den Wasserreportern also
  wo man nur im August das Wasser                 neben dem Dokumentieren dessen, was sie vor Ort herausfinden, auch einige grundlegende
  sehen kann. Als wir hochstiegen,                Schreibfertigkeiten zu vermitteln.
  sahen wir zahlreiche kleine und
  große Seen mit wenig Wasser infolge
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Finally,
  eines Seedurchbruchs, aber es gab                 How can climate change affect my region?                                                                       C E N T R E       F O R     S C I E N C E       A N D      E N V I R O N M E N T                      How do I report on it?
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     your

                                                                                                                                                               Climate Change
  auch einige mit Wasser. Dies zeigte                                                            >>   RISING TEMPERATURE
                                                                                                      Earth getting warmer. Rise of 1 to 4.5°C
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     checklist
  uns, dass der Schnee aufgrund der                                                                      Melting glaciers
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Identify the issue.

                                                                                                                                                                L A D A K H
                                                                                                         Health problems (new diseases, increased
                                                                                                         incidence of old diseases)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Decide on the story

  steigenden Temperaturen schneller                                                                      Impacts on agriculture                                                                                                                                                                                                            objective.

  abschmilzt.”                                     MELTING GLACIERS                              > FLOODS                                                   Ask: What is the council doing? What is the adaptation strategy being worked on? What
                                                                                                                                                             actions and interventions are being proposed? What are these agencies up to?                                  Are there enough noticeable impacts of
                                                                                                      Glacial Lake Outbursts                                                                                                                                               climate change? Sometimes, these are not                        How are people coping?
                                                                                                         Flash floods and landslides = destruction of        By funding adaptation and mitigation plans                                                                    acute enough, giving rise to the perception
                                                                                                         infrastructure, economic loss, loss of lives and      State Action Plan proposes a budget of Rs 56,641 lakh for 5 years.                                          that it is a distant threat.
                                                                                                         livelihoods                                                                                                                                                                                                                       Cross-check and verify
                                                   RAINFALL                                                                                                  Ask: How much is Ladakh getting out of this and where will the money be used?
                                                                                                                                                                                                                                                                           Is enough information on local impacts of                       your information.
                                                   Changing patterns and trends – intensity,
                                                                                                                                                             By being prepared for natural disasters                                                                       climate change available? Do people,
Bangladesch:
  Anstieg des
  Meeresspiegels
  und Wirbelstürme

 Shadu Charan Mondol

                                                                                                                                    eeVom Wirbelsturm
                                       © Dietmar Mirkes

                                                                                                                                      zerstörtes Haus

                                                                                                                                                            © Dietmar Mirkes
  „Mein Name ist Shadu Charan
  Mondol. Ich bin 72 Jahre alt und lebe                       WISSENSCHAFTLICHER                                     ... UND STÄRKERE
  in Shingertoly am Ufer des Flusses                          HINTERGRUND: ANSTIEG DES                               WIRBELSTÜRME
  Malancha in Bangladesch. Mein
  Haus steht auf dem Deich (links
                                                              MEERESSPIEGELS...                                      Die Sturmfluten mit den weltweit
  auf dem Foto). Es wurde schon                               Der globale Anstieg des Meeresspiegels trifft Ban-     höchsten Verlusten an Menschenleben
  sechsmal zerstört, weil der Deich                           gladesch aufgrund seiner geographischen Lage           im 20. Jahrhundert trafen am Golf
  nicht hielt. Bei Flut drückt das Meer                       stärker als im weltweiten Durchschnitt: Der Bengal     von Bengalen die Küsten Indiens,
  immer weiter den Fluss hinauf. Der                                                                                 Bangladeschs und Birmas, wo extreme
                                                              SAARC Meteorological Research Council hat auf der
  Wasserspiegel begann vor 60 Jahren                                                                                 hohe Wasserstände durch tropische
  anzusteigen, aber seit 10 Jahren                            Basis von Daten aus den letzten 22 Jahren fest-
                                                              gestellt, dass das Meer 3 – 6 mm pro Jahr ansteigt.    Wirbelstürme vorangedrückt wurden
  steigt er schneller. Die Springfluten
                                                                                                                     (z.B. die Wirbelstürme Sidr 2007,
  in Juni und Juli sind sogar noch
  gefährlicher: sie verursachen die                           Weite Gebiete von Bangladesch liegen weniger           Nargis 2008 und Aila 2009) und
  höchsten Wasserstände. Wir wurden                           als 2 Meter über dem Meeresspiegel, und das            hunderttausende Menschen durch den
  schon mehrere Male gezwungen, den                           Meer greift durch die Flüsse wie mit Fingern           Sturm und die mit ihm einhergehende
  Deich vom Fluss zurückzuverlegen;                           tief in das Land hinein. Dadurch verursacht der        Flut ums Leben kamen. Die Anzahl und
  das ist aber ein Dauerproblem, und                          Anstieg des Meeresspiegels eine Versalzung des         die Wucht starker Wirbelstürme gegen
  für eine weitere Rückverlagerung                            Grundwassers im Küstenbereich und den tiefer           Ende der Monsunzeit bis November
  haben wir keinen Platz mehr übrig.”                         gelegenen Zonen nahe der Flüsse.                       haben zugenommen.
  (März 2009)
                                                                                                                        15
  Familie Mondol in Shingertoly nach                                                                                    14
  dem Wirbelstrum Aila.                                                                                                 13
                                                                                                                             EU27
                                                                                                                        12
                                                                                                     CO2e-              11   10,0
                                                                                                     Emissionen         10
                                                                                                                         9
                                                                                                                                                 Welt
                                                                                                     in Tonnen pro       8                       7,3
                                                                                                     Kopf 2010           7
                                                                                                                         6
                                                                                    Bangladesch                          5
                                                                                                                         4
                                                                                                                                 Bangladesh
                                       © Caritas Bangladesh

                                                                                                                         3
                                                                                                                         2
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                                                                    Indien                           WorldRiskIndex
                                                                                                     2012                SEHR NIEDRIG MITTEL    HOCH    SEHR
  Shadu Charan Mondol starb 2012                                                                                        NIEDRIG                         HOCH

Weitere Informationen: www.overconsumption.eu                                                                                                           Seite 24
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