S LETTER - WISSENSCHAFT UND MICROBLOGGING GOOGLE NEUE ENERGIEN 2020 SYSTEMBIOLOGIE TA'10: DIE JUBILÄUMSKONFERENZ - OEAW
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INSTITUT FÜR TECHNIKFOLGEN- ABSCHÄTZUNG März 2010 Wissenschaft und N • Microblogging • Google Neue Energien 2020 E Systembiologie W TA'10: Die Jubiläumskonferenz S LETTER
ITA-Editorial/Inhalt______________________________________________________________________ Editorial Inhalt Werte Leserinnen und Leser! ITA-Projekte Microblogging und die Wissenschaft................2 Die nächsten Monate werden neben der Pro- „Googeln“ für die Wissenschaft? .....................3 jektarbeit für das ITA durch zwei Konferenzen geprägt sein: Systembiologie: Der ganzheitliche Ansatz in den neuen Lebenswissenschafte ..................4 Mitte April findet das dreitägige Jahrestreffen der Zeitschrift GAiA, mit der das ITA verbun- Neue Wege zu mehr Nachhaltigkeit im den ist, in Wien statt. Im Rahmen dessen ver- österreichischen Energiesystem .......................5 anstalten wir ein halbtägiges öffentliches Sym- Smart New World? .........................................6 posium zum Thema „Nachhaltigkeit 2010 – Technologien für verbraucherseitiges zwischen Umwelt, Technik und Politik“, zu dem Energiemanagement.......................................8 ich Sie hiermit sehr herzlich einladen möchte! Details dazu auf Seite 11. Die Strategische Umweltprüfung (SUP) – 2010 wieder ein heißes Thema .......................9 2001 fand die TA’01 statt, in der sich die Tech- nikfolgenforschung in Österreich erstmalig prä- TA-aktuell sentierte. Seit damals trifft sich jährlich im Früh- ITA‘10: Die Jubiläumskonferenz zum ling eine wachsende Community von österrei- Verhältnis von Ethik und Technik ...................10 chischen und internationalen Technikfolgenab- schätzerInnen. Immer wieder stellten wir pro- Nachhaltigkeit 2010 – zwischen Umwelt, Technik und Politik ........................................11 vokante Fragen: Wozu Experten? Exklusive Technik? Vermessen, codiert, entschlüsselt? Wachstum im Wandel? .................................11 Letztes Jahr schließlich: Wann TA? Der Erfolg Verantwortlicher Umgang mit der Konferenzreihe macht deutlich, dass die verbrauchernahen Nano-Produkten ...............12 Frage „Brauchen wir TA?“ nicht gestellt wer- den muss. Wir freuen uns daher, Sie bereits Aktuelle Publikationen................................14 Ende Mai zur zehnten internationalen TA-Kon- ferenz nach Wien einzuladen. Das Thema heu- ITA-Veranstaltungen....................................18 er: Die Ethisierung der Technik und ihre Be- deutung für die TA. Als Eröffnungsvortragen- Kontakt .........................................................20 de haben Wolfgang van den Daele vom Wis- senschaftszentrum Berlin und Nicole Karafyl- Impressum ....................................................17 lis von der United Arab Emirates University zu- gesagt. Näheres zum Programm auf Seite 10. Aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums wird die Tagung zweitägig abgehalten. Am Abend des ersten Konferenztages erwartet Sie eine Über- raschung! Auf ein Wiedersehen bei diesen beiden Ver- anstaltungen in Wien am 16. April, 31. Mai und 1. Juni freut sich, Ihr Michael Nentwich ITA-News/März 2010 _________________________________________________________________________ 1
___________________________________________________________________________ ITA-Projekte Microblogging und die Wissenschaft Im Rahmen des ITA-Projekts „Interac- Trennung von fachlicher und persönlicher Ebe- tive Science“ wurde kürzlich das Poten- ne nicht trivial, etwa wenn einzelne Wissen- zial des Einsatzes von Microblogging im schafterInnen im Namen von Forschungsein- wissenschaftlichen Kontext am Beispiel richtungen auftreten. Twitter wird schließlich ver- von Twitter untersucht. Vorläufiges Fazit: suchsweise auch in der Lehre eingesetzt, etwa Twitter wird von den WissenschafterIn- für organisatorische Belange oder zur Samm- nen nicht nur fleißig genutzt, sondern lung von Fragen während der Unterrichtseinheit. scheint auch großteils funktional für die Wie gut kann Microblogging zu den Rahmen- wissenschaftliche Praxis zu sein. bedingungen der modernen Wissenschaft pas- „Blogging“ bezeichnet das Verfassen eines sen? Folgende Themen spielen dabei eine Rol- „Blogs“, einer in der Regel öffentlich geführ- le: der Zeitmangel der WissenschafterInnen, die ten Webseite, die aufgrund der Chronologie mögliche Informationsüberladung, das fehlen- der Einträge und Zuordenbarkeit zu den dort des Anreizsystem, Twitter zu nutzen, die Qua- schreibenden Personen häufig mit einem Jour- lität von Kurzmeldungen, persönliche Nutzen- nal oder Tagebuch verglichen wird. Der Be- erwartungen, die Notwendigkeit ständigen On- griff „Blog“ ist eine Kurzform von Weblog (engl. line-Seins und schließlich mögliche Konkurrenz- Webtagebuch). „Microblogging“ ist gleichsam verhältnisse im Gegensatz zu prinzipieller Frei- eine spezifische Form des Bloggens, bei der die giebigkeit mit Informationen. AutorInnen anstelle von Artikeln nur kurze Text- Wir kamen in unserer Studie zu folgenden Er- nachrichten (daher die Vorsilbe „Micro“) ver- gebnissen: Microblogging wird von einer wach- öffentlichen. Als erste und bis dato größte Platt- senden Anzahl WissenschafterInnen für ver- form dieser Art wird Twitter häufig mit Micro- schiedene Zwecke eingesetzt. Soweit das in die- blogging gleich gesetzt. sem frühen Stadium bereits beurteilt werden Auch im Wissenschaftsbetrieb wird Microblog- kann, scheint Microblogging großteils funktio- ging bereits häufig genutzt, allerdings nicht nur nal für die wissenschaftliche Praxis zu sein, wo- zur Beantwortung der von Twitter vorgegebe- bei es sehr auf das individuelle Nutzungsver- nen Frage, was man gerade tut bzw. was ge- halten und auf kulturelle (insbesondere diszip- rade passiert, sondern für eine Reihe weiterer linäre) Faktoren ankommen wird. Bislang gibt Kommunikationsinhalte. Insbesondere wird auf es keine klassischen Anreizsysteme für die Nut- wissenschaftliche Ereignisse und Publikationen zung von Microblogging, jedoch eine Reihe aufmerksam gemacht, es werden Fragen ge- indirekter Faktoren, wie etwa den potenziel- stellt und gemeinsame Aktivitäten koordiniert. len Erwerb individueller Reputation oder die Twitter hat weiters Potenzial für die sogenann- Einfachheit und Raschheit des Informationsaus- te informelle Kommunikation unter ForscherIn- tauschs. Die Hauptanwendungsfelder dürften nen, die nicht am selben Ort anwesend sind, daher auch im Bereich kontextangereicherten also gleichsam als Ersatz für die „Kaffeeküche“. Suchens und Veröffentlichens und beim Repu- Im Rahmen von wissenschaftlichen Konferen- tationsmanagement liegen. Auch in der Lehre zen kann Microblogging sowohl als Feedback- und auf Konferenzen könnte sich Microblog- kanal als auch als Organisationshilfsmittel ver- ging als paralleler Kommunikationskanal etab- wendet werden. Dabei kann sich eine zusätz- lieren. Es ist vorstellbar, dass die soziale Kom- liche informelle Kommunikationsebene unter ponente einer offenen informellen Kommuni- den vor Ort und auf Distanz an der Tagung Teil- kation unter WissenschafterInnen bedeutsam nehmenden eröffnen. werden könnte. Ein weiteres Anwendungsfeld ist der Einsatz in Schließlich ist festzuhalten, dass Microblogging der Öffentlichkeitsarbeit. Dabei ist zu berück- ein sich noch stark weiterentwickelndes, neu- sichtigen, ob Microblogging nur als zusätzlicher es Kommunikationsmedium darstellt, das nicht Publikationskanal genutzt werden soll oder ob nur vom Marktführer Twitter angeboten wird, ein Dialog mit der Öffentlichkeit angestrebt sondern auch in anderen Social-Media-Platt- wird. Insbesondere im Fall eines Dialogs ist die formen eingebettet wird. Die rezente mediale 2 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
ITA-Projekte ___________________________________________________________________________ Präsenz, online wie offline, von Twitter mag hoch- Zu diesem Thema gibt es auch ein Interview gespielt und vielleicht nicht von langer Dauer im Jänner in der ORF-Futurezone: sein. Dennoch dürfte nach unserer Einschät- futurezone.orf.at/stories/1636333. zung Microblogging kein ganz kurzfristiges In- Übrigens: Seit Anfang März kann man dem ITA ternet-Phänomen sein und es scheint, dass sich auch auf Twitter „folgen“: hier ein neuartiges Kommunikationsprinzip eta- twitter.com/Technikfolgen. bliert. Daher sollte von der Wissenschafts- und Technikforschung weiter beobachtet werden. Wir werden in unregelmäßiger Folge über Ver- anstaltungen, Publikationen und sonstige Neu- Das Mini-Assessment zu Microblogging und igkeiten aus dem Institut auch auf diesem Ka- Wissenschaft kann man hier herunterladen: nal berichten. epub.oeaw.ac.at/ita/ita-projektberichte/ d2-2a52-4.pdf. Michael Nentwich „Googeln“ für die Wissenschaft? Die Suche im Netz hat einen Namen: Zudem greift Google durch sein Ranking von Google. Der Konzern dominiert nicht nur Ergebnissen massiv in den Suchvorgang ein. den Suchmaschinenmarkt bei allgemei- Untersuchungen zum Nutzungsverhalten zei- nen Webrecherchen – „Googeln“ ist auch gen, dass in der Regel nur die ersten Resulta- längst Teil der wissenschaftlichen All- te Beachtung finden. Zusammen mit der Markt- tagspraxis geworden. Welchen Einfluss macht des Konzerns führt dies dazu, dass Con- hat dies auf Forschung und Lehre? tent-Anbieter ihre Webseiten strategisch an Google anpassen müssen. In der Privatwirt- Google umweht ein mythenhafter Wind: In Se- schaft wird dies im Bereich der Suchmaschinen- kundenbruchteilen gibt die Suchmaschine Ant- optimierung (auch SEO – Search Engine Op- worten auf unsere meist in Form von wenigen timation) bereits intensiv praktiziert. In der Wis- Stichwörtern formulierten Fragen – und führt senschaft geschieht dies noch nicht in dem uns dabei häufig mit erstaunlicher Präzision Maße, doch auch hier wurde unlängst ein Kon- zu den gewünschten Informationen. Doch ge- zept für akademische Suchmaschinenoptimie- nauso alltäglich wie diese Praxis geworden ist, rung vorgestellt. Das zeigt, dass die Proble- so rätselhaft sind die hintergründigen Vorgän- matik der durch Google bedingten Relevanz- ge geblieben, die zu diesen Resultaten führen. herstellung auch in der Wissenschaft bereits er- Durchschnittliche NutzerInnen wissen über die kannt wird. Funktionsweise der Suchmaschine meist na- hezu nichts und selbst in der Fachliteratur wird Freilich sind die Relevanzkriterien für den aka- Google häufig mit der Metapher der „Black demischen Sektor andere als die für den alltäg- Box“ mystifiziert. lichen Universalgebrauch einer Suchmaschine. Gemeinsam ist beiden Bereichen, dass sie die Entgegen dem Mythos der allwissenden Ant- Relevanz von Inhalten vor allem anhand von wortmaschine hat Google (genauso wie an- Referenzen bestimmen: In der Wissenschaft in dere Suchmaschinen) jedoch durchaus ihre Form von Zitaten, bei Google in Form von Hy- blinden Flecke – und die sind nicht unwesent- perlinks, die eine Webseite erhalten hat. Der lich: Im sogenannten „Deep Web“ verbergen eklatante Unterschied liegt auf der Hand: Ers- sich riesige Datenmengen, die für Suchmaschi- tere stützen sich allein auf die Referenzen von nen aus unterschiedlichsten Gründen nicht zu- FachkollegInnen, während Hyperlinks im Netz gänglich sind. Dazu gehören auch viele wissen- prinzipiell von jedem gesetzt werden können. schaftliche Publikationen, die z. B. oftmals nicht erkannt werden können, da sie passwortge- Hinzu kommt, dass Google ohnehin viele aka- schützt sind. demische Inhalte gar nicht findet und anzeigt, so dass die hier erzeugte Relevanz keinesfalls der wissenschaftlichen Bedeutung entsprechen ITA-News/März 2010 _________________________________________________________________________ 3
___________________________________________________________________________ ITA-Projekte muss. Vor allem für den Nachwuchs ist es da- nen. Auch wendeten sich viele AutorInnen und her schwer, in diesem Kontext Wichtiges von Verlage gegen die Digitalisierung und (wenn Unwichtigem oder gar Falschem zu trennen. auch nur auszugsweise) Bereitstellung ihrer ur- Dennoch zeigen Untersuchungen und die Er- heberrechtlich geschützten Werke. Vielfach be- fahrung von Lehrenden immer wieder, dass gegnet man zudem der teilweise monopolar- Google eine beliebte Alternative zu traditio- tigen Marktmacht des Konzerns und seiner ex- nellen Angeboten zur Suche nach wissenschaft- zessiven Speicherung von Nutzungsdaten mit lichen Informationen darstellt. Skepsis und Ablehnung. Einigen Problemen wird teilweise durch die Doch ein Ende des Erfolgs der Angebote – al- Schaffung von Spezialsuchmaschinen begeg- len voran der Universalsuchmaschine Google net. So macht Google Scholar durch Koopera- – ist weder im Allgemeinen, noch im Wissen- tionen mit Verlagen und Bibliotheken viele aka- schaftssystem, in Sicht. So muss sich die Wis- demische Publikationen zugänglich, die an- senschaft auch weiter mit Google auseinander- sonsten in den Tiefen des Webs verborgen blie- setzen und auch der Konzern ist auf die Koo- ben, und Google Books macht durch die Di- peration mit akademischen PartnerInnen ange- gitalisierung ganzer Bibliotheken riesige Text- wiesen, wenn er sein Ziel, so die Selbstbeschrei- sammlungen zu einem Teil der Online-Welt. bung auf der Google-Website, „(…) die auf der Dabei eröffnen sich auch zusätzliche Möglich- Welt vorhandenen Informationen zu organi- keiten, wie etwa die schnelle Volltextsuche oder sieren und allgemein zugänglich und nutzbar das Zurückverfolgen und Analysieren von Zi- zu machen“, erfüllen will. taten. Gleichzeitig entstehen jedoch auch neue Ein Mini-Assessment zu Google, Google Scho- Probleme. So wird etwa die häufig mangel- lar und Google Books im Rahmen des Projekts hafte Qualität von Metadaten kritisiert, die „Interactive Science“ wird demnächst hier ver- u. a. dazu führen kann, dass Dokumente falsch öffentlicht: www.oeaw.ac.at/ita/interactive. bewertet und somit im Ranking unangemes- sen hoch oder niedrig positioniert werden kön- René König Systembiologie: Der ganzheitliche Ansatz in den neuen Lebenswissenschafte Ein neues Forschungsprojekt am ITA setzung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die widmet sich seit Jahresbeginn der Sys- solchermaßen entwickelten Computermodelle tembiologie, ihren theoretischen Kon- ermöglichen es, Zusammenhänge in leben- zepten, ihren Forschungsmethoden und den Systemen virtuell darzustellen und bioche- ihrer gesellschaftlichen Bedeutung. Es mische Vorgänge über die Zeit zu simulieren. wird in Kooperation mit dem Forschungs- SystembiologInnen erhoffen sich daraus neue schwerpunkt Biotechnik, Gesellschaft Erkenntnisse über genetische und physiologi- und Umwelt (BIOGUM) der Universität sche Funktionszusammenhänge. Hamburg durchgeführt und im Rahmen Darüber hinaus gibt es auch erste Ideen über des Förderprogramms GEN-AU unter- mögliche außerwissenschaftliche Anwendungs- stützt. felder des neu generierten Wissens. Systembio- Einzelne biochemische Prozesse in Zellen, Or- logische Ansätze könnten etwa in der Produk- ganen und ganzen Organismen in ihrer Ge- tion hochwertiger organischer Substanzen, in samtheit zu erfassen, das ist das anspruchs- der Entwicklung neuer Medikamente, in der vo- volle Ziel der Systembiologie. Um diesem Ziel rausschauenden medizinischen Diagnose, der näher zu kommen werden unterschiedlichste Krankheitstherapie oder in toxikologischen Test- Datensätze in mathematischen Modellen zu- verfahren Einsatz finden. Somit stellt die Sys- sammengeführt; etwa Daten zur Zellphysiolo- tembiologie – neben der mit ihr eng verknüpf- gie, Genexpression oder Proteinzusammen- ten synthetischen Biologie und der Genom-For- 4 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
ITA-Projekte ___________________________________________________________________________ schung – ein neues Forschungsgebiet der Le- den Stellenwert der Ergebnisse, den sensiblen benswissenschaften dar: Es sucht Grundlagen- Umgang mit den anfallenden Daten, die Zutei- forschung mit dem Blick auf mögliche Anwen- lung von Eigentumsrechten etc.)? Gibt es hier dungen zu verknüpfen und speist sich aus un- Unterschiede zwischen Deutschland und Öster- terschiedlichen Fachgebieten wie der Genetik, reich? der Biochemie, der Mathematik, der Informa- Noch überwiegen die offenen Fragen. Auf der tik und der Medizin. Basis von ExpertInneninterviews, Dokumenten- Das transnationale Forschungsprojekt „Auf dem analyse und anderen empirischen Erhebungs- Weg zu einer ganzheitlichen Konzeption von methoden werden sie in den kommenden drei Leben? Epistemische Prämissen und soziokul- Jahren detailliert bearbeitet. Die Ergebnisse turelle Implikationen der Systembiologie“ wid- werden an die WissenschafterInnen, die For- met sich folgenden Fragestellungen: Wie lässt schungspolitik und die Öffentlichkeit im Rah- sich der ganzheitliche Ansatz der Systembio- men von ExpertInnenworkshops, öffentlichen logie methodisch umsetzen? Wie gelingt die Tagungen und Berichten zurückgespielt. Neben dazu notwendige Zusammenarbeit der unter- einem besseren Verständnis der Systembiolo- schiedlichen Fachbereiche? Welche Rolle spielt gie in ihrem wissenschaftlichen und gesell- der Blick auf mögliche Anwendungsfelder für schaftlichen Kontext geht es dabei auch darum, die Grundlagenforschung? Werden systembio- einen allgemeinen Eindruck vom Funktionieren logische Erkenntnisse in der Technologie- und moderner Wissenschaft, ihrer Rolle in der Ent- Produktentwicklung relevant? Wie wird die Sys- wicklung neuer technologischer Anwendun- tembiologie in den Medien dargestellt und von gen und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zu der Öffentlichkeit wahrgenommen? Ergeben erlangen. sich spezifische Diskussions-, Reflexions- oder Karen Kastenhofer und Helge Torgersen Steuerungsnotwendigkeiten (etwa in Bezug auf Neue Wege zu mehr Nachhaltigkeit im österreichischen Energiesystem Es besteht kein Zweifel daran, dass sich tionen verlangen nach einem koordinierten Zu- die Art und Weise, wie Energie erzeugt sammenspiel von Technologien, Institutionen, und verbraucht wird, in den kommenden sozialen Praktiken und kulturellen Wertvorstel- Jahrzehnten radikal verändern wird. lungen. Selbstverständlich sind dabei auch Das ITA sucht in einem bereits laufenden kurzfristigere Interessen und Strategien wichti- Projekt gemeinsam mit KollegInnen vom ger AkteurInnen entsprechend zu berücksich- Interuniversitären Forschungszentrum tigen. Für die politische und gesellschaftliche für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) und Gestaltung eines solchen Prozesses bedarf es vom Austrian Institute of Technology (AIT) der Entwicklung gemeinsam geteilter Zielvor- nach möglichen Transformationspfaden stellungen über die mögliche Zukunft des Ener- in Richtung mehr Nachhaltigkeit für das giesektors sowie der Analyse und ständigen An- österreichische Energiesystem. passung der Entwicklungsschritte hin zu die- sen Zielen. Ausgangspunkt für dieses im Rahmen des Pro- gramms „Neue Energien 2020“ geförderten Foresight oder Szenariostudien über die wei- Projekts (Kurztitel: E-Trans 2050) ist die Erkennt- teren Fortgang des Energiesystems sind im all- nis, dass eine grundlegende Veränderung des gemeinen sehr stark ‚Output’-orientiert, d. h. Energiesystems einen komplexen gesellschaft- ihr Schwerpunkt liegt besonders im Bereich lichen Gestaltungs- und Lernprozess erfordert, der Quantifizierung des Energiebedarfs und der eine Vielzahl von AkteurInnen und meh- anderer Parameter bei Eintreffen bestimmter rere Ebenen der Transformation umfasst. Die Entwicklungen (business-as-usual, forcierte Ein- dazu notwendigen langfristigen Systeminnova- sparung etc.). ITA-News/März 2010 _________________________________________________________________________ 5
___________________________________________________________________________ ITA-Projekte Komplementär und aufbauend auf solchen ebenfalls unter Einbeziehung wichtiger Stake- quantitativ orientierten Szenario-Modellierun- holder, sozio-ökonomische Kernhandlungsfel- gen konzentriert sich unser aktuelles Projekt auf der identifiziert, die für den weiteren Entwick- die Fundierung solcher Annahmen und auf den lungsverlauf des Energiesystems als zentral an- Prozess der Veränderung des Energiesystems gesehen werden. aus einer sozio-technischen Sichtweise. Sozio- Der zweite Projektabschnitt wird sich aufbau- technisch meint dabei, dass verfügbare Tech- end auf den Vorarbeiten in den Workshops und nologieoptionen und die Nutzung und Ver- Szenarien auf die detaillierte Analyse der drei breitung neuer Energietechnologien eng mit so- ausgewählten Kernhandlungsfelder konzentrie- zio-ökonomischen Rahmenbedingungen (wirt- ren. Insbesondere sollen einige zentrale Hot schaftliche Entwicklung, Demographie, gesell- Spots identifiziert werden, die eine Hebelwir- schaftliche Trends) auf der einen und der ins- kung zur Systeminnovation aufweisen können. titutionellen, sozialen und ökonomischen Struk- tur des Energiesystems auf der anderen Seite Die Projektergebnisse sollen zu einem besseren zusammenhängen. Verständnis der sozio-ökonomischen Aspekte bei der Entwicklung möglicher Energiezukünf- Ziel dieses Projektes ist es, Erkenntnisse über die te beitragen und konkrete Handlungsoptionen notwendigen Änderungen von AkteurInnen und in einzelnen Kernfeldern aus sozio-technischer Institutionen innerhalb des Energiesystems zu Sicht aufzeigen. erlangen. Weiters sollen Schlüsselbereiche iden- tifiziert werden, die das Potenzial zu grundle- Erste Ergebnisse aus dem Projekt wurden vor genden Systeminnovationen haben und somit kurzem im Rahmen der Sussex Energy Group einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit Conference in Brighton vorgestellt und disku- leisten können. tiert. Die Wichtigkeit der ausgewählten Kern- handlungsfelder wurde einmal mehr bestätigt Im Rahmen des ersten Projektabschnitts, der und es konnte reges Interesse an der gewähl- bereits abgeschlossen ist, wurden auf Basis um- ten Thematik des Projektes wahrgenommen fangreicher Literaturrecherchen mehrere Rah- werden. Die weiteren Vorträge und Diskussio- menszenarien zur Beschreibung möglicher zu- nen gaben einen guten Einblick in die vielfäl- künftiger Entwicklungen unter unterschiedlichen tigen Erkenntnisse und Betrachtungsweisen zu sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen aus- möglichen Transformationspfaden eines Ener- gearbeitet. Diese Rahmenszenarien wurden giesystems und unterstrichen die Bedeutung daraufhin in zwei Workshops mit VertreterInnen eines sozio-technischen Zugangs für System- verschiedener Stakeholder-Gruppen zu konsis- innovationen. tenten sozio-technischen Zukunftsbildern wei- terentwickelt und hinsichtlich ihres Nachhal- Michael Ornetzeder und Petra Wächter tigkeitspotenzials bewertet. Schließlich wurden, Smart New World? Smart Meters bzw. „intelligente“ Strom- führt werden kann, wobei besonderes zähler stellen ein wichtiges Element bei Augenmerk auf den Schutz der Privat- der Planung zukünftiger Elektrizitäts- sphäre gelegt werden wird. netze dar. Die genaue Aufzeichnung des Das Projekt „Smart New World? – Key Factors Stromverbrauchs soll zu einem besseren for an Effective and Acceptable Deployment Energiemanagement und einem gerin- of Smart Meters” wird im Rahmen des For- geren CO2-Ausstoß beitragen, wirft aber schungs- und Technologieprogramms „Neue gleichzeitig viele offene Fragen für Kon- Energien 2020“ des Österreichischen Klima- sumentInnen auf. In einem partizipati- und Energiefonds durchgeführt. Koordiniert ven Forschungsprojekt sollen Szenarien wird es vom IFZ Graz, neben dem ITA ist die entwickelt werden, wie diese Technolo- e-commerce monitoring GmbH ein weiterer gie erfolgreich und akzeptabel einge- 6 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
ITA-Projekte ___________________________________________________________________________ Partner im Projekt. Das Projekt startet im Früh- rung der KundInnen getroffen werden können. jahr 2010 und wird im Sommer 2011 abge- Im Sinne eines „Privacy by Design“ soll erhoben schlossen werden. werden, welche Daten überhaupt zur Erzie- lung der angestrebten Effekte notwendig sind Smart Metering spielt eine wichtige Rolle bei der und wie die Systeme gestaltet werden können, Konzeption effizienterer und ressourcenscho- damit der Transfer und die Speicherung die- nenderer Elektrizitätsnetze der Zukunft. Die ver- ser Daten minimiert werden. Besondere Vor- mehrte Einbindung erneuerbarer Ressourcen kehrungen sind nicht nur notwendig, um die wie Wind- oder Sonnenenergie bringt zwangs- Verbreitung der sensiblen Daten zu verhindern, läufig stärkere Schwankungen bei der Ener- sondern auch um die Sicherheit dieser kriti- gieerzeugung mit sich. Smart Metering soll da- schen Infrastruktur nicht zu gefährden. zu beitragen, diese Schwankungen nachfra- geseitig zu berücksichtigen. In einem ersten Die Beteiligung von Stakeholdern und von Kon- Schritt sollen die KonsumentInnen durch detail- sumentInnen sind zentrale Elemente im Projekt- lierte und aktuelle Informationen befähigt wer- design. ExpertInnen und Stakeholder werden in den, ihren Verbrauch besser zu managen und Form von Interviews und Workshops bei der so Einsparungen erzielen zu können. In einem Analyse der Problemwahrnehmung und der weiteren Schritt sollen zukünftig intelligente Ge- Handlungsspielräume sowie bei der Entwick- räte selbst den Verbrauch an schwankende Be- lung von Handlungsempfehlungen eingebun- reitstellungskapazitäten anpassen können und den. Die Sichtweise von KonsumentInnen und somit die Effizienz insgesamt verbessern. deren Anforderungen an eine sozialverträgli- che Gestaltung von Smart Metering wird in Form Weder die technische und wirtschaftliche Mach- von Fokusgruppen erhoben, wobei jeweils ei- barkeit noch eine flächendeckende Verbreitung gene Gruppen für Personen eingerichtet wer- von Smart Metering allein sind hinreichend, um den, die noch keine Erfahrungen mit Smart Me- die angestrebten Energieeinsparungen erzielen tering haben und solche, die an entsprechen- zu können und die weitere Verbreitung von effi- den Pilotprojekten teilgenommen haben. zienten Technologien in den Haushalten zu för- dern. Dazu wird es notwendig sein, offene Fra- Die Hauptergebnisse des Projekts werden ei- gen aus Sicht der Konsumentinnen zu identi- nerseits Anforderungen an Netzbetreiber und fizieren und unter Einbeziehung von deren Be- Energieversorger bezüglich der Einführung und dürfnissen und Erwartungen zu klären. Offe- der technischen Gestaltung von intelligenten ne konsumentenpolitische und soziale Punkte Stromzählern sein, andererseits Empfehlun- betreffen etwa die Verteilung der Kosten der gen an die Politik hinsichtlich der Gestaltung Einführung, die Tariftransparenz oder soziale der rechtlichen Rahmenbedingungen für Smart Wirkungen für einkommensschwache Gruppen Metering. Sie sollen dazu beitragen, Einsparun- bei zeitlich gestaffelten Tarifen. gen beim Energieverbrauch und der CO2-Emis- sionen erzielen zu können, ohne Konsumen- Ein zentrales Problem stellen datenschutzrecht- tInnen zu benachteiligen und deren Grund- liche Konsequenzen und Verletzungen der Pri- rechte einzuschränken. vatsphäre dar, da mit den generierten Daten Rückschlüssen auf die persönliche Lebensfüh- Johann C̀´as und Walter Peissl ITA-News/März 2010 _________________________________________________________________________ 7
___________________________________________________________________________ ITA-Projekte Technologien für verbraucherseitiges Energiemanagement Technologien zum automatisierten Last- Nur in Ausnahmefällen ergänzen sich die ver- management – also Maßnahmen zur An- schiedenen Optionen in positiver Weise. Da- gleichung von Energieangebot und Ener- rin besteht ein wesentlicher Grund für das bis- gienachfrage durch deren zeitliche Ent- lang weitgehende Fehlen konkreter Umsetzun- kopplung – gelten als Schlüsselinstru- gen im Bereich Lastmanagement. mente intelligenter Stromnetze der Zu- Im diesem neuen Projekt versuchen wir nun kunft. Das ITA erforscht als Partner eines einen Schritt weiter zu gehen. Es soll untersucht interdisziplinären Projekts technische, werden, wie und in welcher Form verbraucher- soziale, ökonomische und ökologische seitiges Energiemanagement in zukünftigen Aspekte von realistischen Anwendungs- Smart Grids einen optimalen Beitrag zur Ener- szenarien. gieeffizienz liefern kann. Dazu werden in einem Das Projekt mit dem Titel Demand Response for ersten Schritt Energiemanagement-Szenarien Austrian Smart Grids wird im Rahmen des Pro- mit möglichst hohem Reduktionspotenzial ent- gramms „Neue Energien 2020“ vom Öster- wickelt. In einem zweiten Schritt werden diese reichischen Klima- und Energiefonds finanziert. Szenarien dann einer umfassenden technischen, Geleitet wird das Projekt, das voraussichtlich im sozialen, ökonomischen und ökologischen Be- April 2010 starten wird, vom Institut für Com- wertung unterzogen. Unter anderem werden putertechnik an der TU Wien. Ein weiterer Pro- dabei technische Umsetzungschancen, Fragen jektpartner neben dem ITA ist das ebenfalls in der Akzeptanz durch die NutzerInnen, des Da- Wien ansässige Kompetenzzentrum für Elektro- tenschutzes und die jeweils insgesamt erziel- nik und Umwelt (KERP). baren CO2-Reduktion im Detail analysiert wer- den. Auf dieser Grundlage wird es möglich sein, Die bisherige Forschung in diesem Bereich hat den ökonomischen und ökologischen Nutzen gezeigt, dass eine Reihe sehr verschiedener Ein- von unterschiedlichen Energiemanagement- satzmöglichkeiten für verbraucherseitiges Ener- Szenarien für Österreich zu quantifizieren und giemanagement bestehen. So könnte Lastver- zu vergleichen. schiebung sinnvoll eingesetzt werden bei der Glättung des täglichen Energieverbrauchs, bei Die Projektergebnisse werden eine Entschei- der Bereitstellung von Regelenergie für das elek- dungsgrundlage für den sinnvollen Einsatz von trische Netz, zum zeitnahen Verbrauch der Ein- verbraucherseitigem Energiemanagement im speisung aus verteilter Erzeugung, aber auch Zeithorizont 2020 liefern. Darüber hinaus er- zum Beispiel für die Effizienzsteigerung in Groß- hoffen wir uns auch weitere Aufschlüsse da- gebäuden. Oft schließen sich solche Anwen- rüber, in welche Richtung verbraucherseitiges dungsmöglichkeiten aber gegenseitig aus und Energiemanagement weiterentwickelt werden es kommt zu einer Konkurrenzsituation bei der soll. Nutzung von Lastverschiebungspotentialen. Michael Ornetzeder 8 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
ITA-Projekte ___________________________________________________________________________ Die Strategische Umweltprüfung (SUP) – 2010 wieder ein heißes Thema Die SUP ist ein systematisches Prüfungs- Brisant könnte allerdings werden, dass die Tex- verfahren zur Einbeziehung von Umwel- te des SUP-Protokolls und der EU-Richtlinie zwar taspekten auf der Ebene von strategi- ähnlich, aber doch nicht deckungsgleich sind. schen Planungen, Plänen, Programmen Es mag sich um sogenannte „weiche“ und da- und Politiken. 2010 kommt nun wieder mit weniger verpflichtende Formulierungen han- Schwung in die SUP-Welt, in Österreich deln, in denen das SUP-Protokoll der UNECE und auch international: Einerseits wird über die SUP-Richtlinie der EU hinausgeht. Doch in Kürze das SUP-Protokoll der UNECE in immerhin wird den Vertragsparteien ein gewis- Kraft treten. In Österreich läuft dazu ge- ses Bemühen zur Umsetzung der „weichen“ Re- rade der Ratifizierungsprozess. Ande- geln abverlangt. So umfasst beispielsweise Ar- rerseits hat die EU gegen zahlreiche Mit- tikel 13 des Protokolls auch Politiken und Rechts- gliedstaaten, darunter auch Österreich, akte (Gesetze, Verordnungen), während sich die ein Vertragsverletzungsverfahren we- SUP-Richtlinie ausschließlich auf die Prüfung be- gen der nicht ordnungsgemäßen Umset- stimmter Pläne und Programme bezieht. Ob der zung der SUP-Richtlinie eingeleitet. Gera- Standpunkt, dass ohnehin schon alle Regelun- de rechtzeitig um die jüngsten Entwick- gen umgesetzt seien, haltbar ist, wird sich wei- lungen zur SUP mit Fachinformationen sen. In Insiderkreisen hört man, dass sich eine zu unterstützen, ist kürzlich die 3. Aufla- Anpassung der SUP-Richtlinie mittelfristig doch ge des Handbuchs Strategische Umwelt- nicht vermeiden lassen wird. Vielleicht ist das prüfung erschienen – diesmal als kos- eine Chance, die vielfältigen Praxiserfahrungen tenlose Online-Edition. zur SUP, die in den Mitgliedstaaten in den letz- ten Jahren gesammelt wurden, in eine praxis- Das SUP-Protokoll der UNECE (United Nations gerechte und zweckmäßige Richtlinie zu gießen. Economic Commission for Europe) ist neben der SUP-Richtlinie 2001/42/EG die zweite inter- Praxiserfahrungen gibt es in Österreich bereits nationale Rechtsgrundlage für die Strategische genug: Bis Sommer 2009 wurden an die 400 Umweltprüfung. Es wurde im Mai 2003 auf SUPs durchgeführt, die in der SUP-Dokumenta- der 5. Ministerkonferenz „Umwelt für Europa“ tion des Handbuchs Strategische Umweltprüfung von 35 Staaten – darunter auch Österreich – aufgelistet sind. Seit Dezember 2009 ist die drit- und der Europäischen Union unterzeichnet. An- te Auflage dieses SUP-Handbuchs, das vom ITA fang Februar hatten es bereits 14 Vertragsstaa- herausgegeben und von Kerstin Arbter regel- ten ratifiziert, folgen zwei weitere, dann tritt es mäßig aktualisiert wird, kostenlos zugänglich.3 in Kraft.1 In Österreich steht die Ratifizierung Schwung kommt in die SUP-Welt noch durch ein unmittelbar bevor. Am 29. Jänner wurde sie weniger erfreuliches Ereignis, das mögliche EU- im Nationalrat mehrheitlich beschlossen. Da- Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich nach wurde der Bundesrat damit befasst.2 wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Doch so dynamisch das auch klingen mag – in- SUP-Richtlinie. Im Oktober 2009 erhielt die Re- haltliche Änderungen zu den bestehenden SUP- publik ein Mahnschreiben der Kommission. Das Regelungen sind zunächst nicht zu erwarten, Antwortschreiben Österreichs wurde bereits denn derzeit vertritt die EU die Meinung, dass nach Brüssel geschickt. Als nächster Schritt ist sie „in Bezug auf die durch das Protokoll erfass- eine begründete Stellungnahme der Kommis- ten Angelegenheiten bereits für ihre Mitglied- sion zu erwarten – und in Österreich vielleicht staaten verbindliche Rechtsinstrumente verab- doch die eine oder andere Adaptierung in zu- schiedet hat“ (Ratsbeschluss 2008/871/EG). mindest einzelnen der knapp 40 österreichi- Auch Österreich hat sich offenbar der Meinung schen Rechtsakte zur SUP, die auch im SUP- angeschlossen, dass die Regelungen des SUP- Handbuch gesammelt zugänglich sind. Protokolls bereits durch die nationale Umset- 1 www.unece.org/env/eia/sea_protocol.htm. zung der SUP-Richtlinie der EU in nationales 2 www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIV/I/I_00401/pmh.shtml. Recht implementiert sind. 3 hw.oeaw.ac.at/handbuch-sup. Kerstin Arbter ITA-News/März 2010 _________________________________________________________________________ 9
_____________________________________________________________________________ TA-aktuell TA‘10: Die Jubiläumskonferenz zum Verhältnis von Ethik und Technik Die diesjährige TA-Konferenz des ITA lungs- und Beteiligungsformen ändern sich, be- setzt neue Maßstäbe: Erstmals läuft die stehende Technologien erscheinen in neuem traditionsreiche Konferenz über zwei Ta- Licht, neue Technologien nehmen ethische Vor- ge (31. Mai und 1. Juni 2010). Gleich- gaben auf. Bisher implizite Wertbezüge werden zeitig feiert das ITA ein Jubiläum: Die explizit. Ethisierung wird damit zu einem wich- jährlich stattfindende TA-Konferenz wird tigen Faktor und zugleich Indikator für ein ver- heuer zum zehnten Mal veranstaltet. Das ändertes Regulieren und Gestalten von Techno- Jubiläumsthema verspricht gleicherma- logien im 21. Jahrhundert. ßen knifflige und kontroverse Diskussio- Auf der TA’10 wird das Thema Technik und Ethik nen: Es geht um das Verhältnis von Ethik also in einen größeren Zusammenhang ge- und Technik. stellt. Mit dieser Themenstellung ist das ITA in Dieses Thema wird zumeist in philosophisch- der TA-Community auf große Resonanz gesto- ethischen Bahnen verhandelt. Im Zentrum steht ßen. Die vielen interessanten Einreichungen dabei die Streitfrage, ob wir dürfen, was tech- aus ganz unterschiedlichen Institutionen und nisch machbar ist. Dies ist traditionell das Ter- Forschungsbereichen der TA haben uns die La- rain der akademischen Ethik. In aktuellen Tech- ge versetzt, ein spannendes Programm zu or- nikkontroversen sind jedoch ethische Fragen ganisieren. längst zum Politikum geworden. Das heißt, ethi- Am ersten Konferenztag wird es im Anschluss sche Begriffe und Argumente informieren die an die Einführungsvorträge von Wolfgang van öffentliche Auseinandersetzungen um Techno- den Daele und Nicole Karafyllis vier Sessions logien – wenngleich oft in verwässerter oder geben. In der ersten Session wird dem Verhält- vielleicht sogar entstellender Form. nis von Ethik und TA nachgegangen: Welche Dass zahlreiche Kontroversen um Wissenschaft Aufgaben kommen der TA im Kontext der Ethi- und Technik in ethischen Kategorien ausgetra- sierung zu? Und in welches (Konkurrenz-)Ver- gen werden, erscheint uns mittlerweile fast hältnis gerät TA zu ethikspezifischer Expertise selbstverständlich. Dies gilt insbesondere für je- (z. B. ELSI-Forschung, nationale Ethikräte)? In ne Forschungszweige, die fundamentale Fragen der zweiten Session wird die Bedeutung ethi- nach dem Umgang mit menschlichem Leben scher Diskurse für die Governance von Techno- aufwerfen. Man denke etwa nur an die Stamm- logien thematisiert. Wie ändern sich Konflikt-, zellforschung und den damit verbundenen Dau- Politik- und Legitimationsmuster, wenn Techno- erstreit, ob man Embryonen zu Forschungszwe- logien aus ethischer Perspektive thematisiert cken verwenden dürfe; oder an die Gendiag- werden – und nicht mehr unter den Aspekten nostik, an die Transplantationsmedizin oder – von Risiko und ökonomischem Nutzen? neuerdings – an die synthetische Biologie. Drittens wird die Frage gestellt, ob Ethisierung In diesen Kontroversen wird nicht in erster Li- als genereller Trend zu begreifen sei. Verdrängt nie darüber gestritten, wie hoch das Risiko ist, die Ethik alle anderen Perspektiven, unter de- das mit einer Technologie verbunden ist. Viel- nen Technik ebenfalls problematisiert werden mehr geht es um die fundamentale Frage, ob kann – oder ist Ethisierung eher ein ideologi- wir ein bestimmtes Technisierungsprojekt auf- sches Geplänkel, das nur mühsam überdeckt, grund unserer Werteüberzeugungen gutheißen dass Technisierung nicht steuerbar ist, am we- sollen. Es wird also in den Koordinaten von Gut nigsten durch Moralpredigten? In der vierten und Böse über Forschung und Technik verhan- Session dieses ersten Tages werden Fallstudi- delt. en zur Ethisierung vorgestellt. Wichtige Bezugs- punkte sind einmal mehr die Bio- und die Na- Mit dem Bedeutungszuwachs des ethischen Dis- notechnologie. kurses für die Problematisierung und Gestal- tung von Technologien wandeln sich die An- Am zweiten Konferenztag stehen vier Work- sprüche an Technology Governance. Verhand- shops auf dem Programm: zur Geschichte der 10 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
TA-aktuell _____________________________________________________________________________ Regulierung der Nanotechnologie in Österreich Detaillierte Hinweise zum Programmablauf der („Nano-Governance“); zum Nutzen Internet- TA ‘10 finden sich auf der ITA-Homepage un- gestützter Beteiligung in Umweltfragen („E-Par- ter www.oeaw.ac.at/ita/ta10/. tizipation und Klimawandel“); zur Rolle der Alexander Bogner Ethik in aktuellen Kontroversen um die synthe- tische Biologie sowie zur Frage, wie sich Wi- kipedia zur Popularisierung der TA nutzen lässt. Nachhaltigkeit 2010 – zwischen Umwelt, Technik und Politik Heuer findet das jährliche Treffen der mit lichkeiten der Akademie der Wissenschaften der transdisziplinären Zeitschrift „GAiA Sitzungen und Workshops zur Zukunft der Zeit- – Ökologische Perspektiven für Wissen- schrift statt. schaft und Gesellschaft“ befassten Ak- Am Nachmittag des 16. April laden die ÖAW teurInnen aus Verlag, Aufsichtsrat, He- und GAiA zu einer öffentlichen Tagung ein. Un- rausgebergremium und dem GAiA-Trä- ter den ReferentInnen finden sich die neu ge- gerverein in Wien statt. Der öffentliche wählten GAiA-Mitherausgeber Prof. Wolfgang Teil dieser Jahrestagung widmet sich am Lucht, Leiter des Forschungsbereichs „Klimawir- 16. April dem Thema „Nachhaltigkeit kung und Vulnerabilität“ am Potsdam-Institut 2010 – zwischen Umwelt, Technik und für Klimafolgenforschung und Prof. Hans-Ru- Politik“. dolf Bork, Direktor des Ökologie-Zentrums der Seit 2004 unterstützen neben der deutschen Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Weiters Helmholtz-Gemeinschaft und dem Schweizer werden unter anderem Prof. Markus Fiebig vom ETH-Rat auch die drei Partner des sogenannten Institut für Angewandte Geologie der Univer- Österreich-Konsortiums (BMWF, ITA, BOKU) sität für Bodenkultur in Wien und Dr. Michael das Projekt GAiA finanziell. Nachdem die letz- Ornetzeder vom ITA zu Nachhaltigkeitsthemen ten Jahrestagungen beim ETH-Rat in Zürich referieren. und am GeoForschungsZentrum in Potsdam Konferenzhomepage mit genauem Programm: stattgefunden haben, freut sich das ITA, das www.oeaw.ac.at/ita/gaia10. Treffen 2010 in Wien auszurichten zu können. Zwischen 15. und 17. April finden in den Räum- Michael Nentwich Wachstum im Wandel? Die internationale Konferenz „Wachs- tig eine Wirtschaftsweise, die solide finanziert tum im Wandel“ fand vom 27.– 29. Jän- ist, gerecht verteilt und mit den Ressourcen der ner 2010 in Wien in der Aula der Wissen- Welt verantwortungsbewusst umgeht. Dabei schaften statt. Im Zentrum dieser Ta- sollen die materiellen wie auch die immate- gung standen die Diskussion des Wachs- riellen Bedürfnisse gleichermaßen berücksich- tumsparadigmas und die Suche nach tigt werden. neuen Lösungen zu gesichertem Wohl- Diese Ziele können aber nicht durch eine per- stand und Nachhaltigkeit. manente Ausweitung der wirtschaftlichen Pro- Eine Gesellschaft im Wandel verlangt nach ver- duktion erreicht werden, sondern erfordern, änderten Normen und Werten. Sowohl Lebens- unter anderem, gezielte Eingriffe in Anreizsys- qualität wie auch Wohlstand erfordern langfris- teme und Regulierungsrahmen, die zu einer ITA-News/März 2010 __________________________________________________________________________ 11
_____________________________________________________________________________ TA-aktuell nachhaltigen Entwicklung beitragen können. doch für westliche Industriestaaten ist Glück seit Erweitert um die konkrete Gestaltung von Maß- den 60er Jahren nicht gestiegen, obwohl sich nahmen muss von Beginn eine möglichst brei- das Realeinkommen verdoppelt hat. Somit liegt te Bevölkerung in den Prozess der Neugestal- die Forderung nahe, dass Wohlstand nicht nur tung miteingebunden sein. anhand des Einkommens gemessen werden sollte, sondern auch andere Faktoren miteinbe- Genau dies war das Ziel der Konferenz: Eine zogen werden müssen. Im Vortrag von Juliet möglichst breite Diskussion über ein Wachstum Schor (Boston College) wurde darauf aufmerk- im Wandel zu forcieren und dabei mit einer gro- sam gemacht, wie wichtig es ist, auch den Ar- ßen und unterschiedlichen Gruppe von Stake- beitsmarkt in die Messung von Nachhaltigkeit holdern in den Dialog zu treten. Das Thema mit einzubeziehen. Durch die Verkürzung der war an VerteterInnen aus Wissenschaft, Politik geleisteten Arbeitsstunden pro Person kann die und Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Arbeitslosenrate durch die Schaffung von Ar- gerichtet, was sich auch an der Auswahl der beitsplätzen reduziert werden, so ihre Schluss- Vortragenden und DiskutantInnen widerspie- folgerung. Auch Peter Victor (York University) gelte. griff die Argumente der beiden VorrednerInnen Die vom österreichischen Lebensministerium auf und verlieh den Forderungen nach Grenz- initiierte Veranstaltung bot ein abwechslungs- ziehung über Ressourcenverbrauch, gerechte- reiches Programm mit Vorträgen von Perso- re Verteilung und eine angemessene Beprei- nen aus Wissenschaft und Politik, Podiumsdis- sung Nachdruck. Die anschließenden Diskus- kussionen, parallelen Sitzungen und einer Vi- sionen zeigten deutlich, wie wichtig die Thema- deobotschaft der Nobelpreisträgerin 2009 für tisierung der Rahmenbedingungen für eine Ökonomie Elinor Ostrom, der ersten weibli- nachhaltige Makroökonomie ist, die ökologisch chen Wirtschaftsnobelpreisträgerin, – sie erhielt nachhaltig und sozial gerecht ist und auch wirt- den Preis für ihre ökonomischen Analysen über schaftliche Stabilität langfristig möglich macht. kollektives Handeln mit knappen Ressourcen. Trotz etlicher Vorträge von Personen aus Poli- In der Session „Macroeconomics for Sustaina- tik und Verwaltung stand die Wissenschaft im bility“ wurde von Daniel O’Neill (University of Vordergrund. Die hohe Anzahl der Teilnehmen- Leeds) der Zusammenhang von materiellem den und deren internationale Herkunft, die Wohlstand und Glück thematisiert: Zu Beginn Auswahl der Vortragenden und die spannen- wachsenden Wohlstands trägt dieser auch zur den Diskussionen machten diese lebendige Erhöhung des persönlichen Glücks bei (wie bei- Veranstaltung aus. spielsweise heute in den Schwellenländern), Petra Wächter Verantwortlicher Umgang mit verbrauchernahen Nano-Produkten Am 18. Februar 2010 veranstaltete das Ebene und das internationale Engagement ös- Bundesministerium für Gesundheit ge- terreichischer WissenschafterInnen in entspre- meinsam mit dem ITA eine Tagung zum chenden Projekten zur Risiko- und Sicherheits- Thema Regulierung von Nanomateria- forschung der Nanotechnologien. Vorausset- lien in verbrauchernahen Produkten. zung dafür sei die Etablierung einer unabhän- gigen Risikoforschung, wie sie im österreichi- Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger be- schen Nanotechnologie-Aktionsplan (NAP) vor- tonte einleitend einige Kernbotschaften seines gesehen ist. Ressorts hinsichtlich des verantwortlichen Um- gangs mit Nanomaterialien in verbraucherna- hen Produkten. Wichtig seien vor allem die ak- tive Teilnahme am legistischen Prozess auf EU- 12 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
TA-aktuell _____________________________________________________________________________ Der Aktionsplan das diese auch mangels generalisierbarer wis- Nanotechnologie (NAP) senschaftlicher Erkenntnisse schwierig zu ge- stalten sei. In der Toxikologie sei eine Einzelfall- André Gazsó (ITA) erinnerte eingangs an den bewertung erforderlich, jedoch bestünden er- EU-Aktionsplan, dessen Grundforderungen hebliche Wissenslücken in vielen Bereichen (Mi- nach transparenter Kommunikation, verstärk- gration von Nanopartikeln aus Verpackungs- ter Einbindung aller Betroffenen und unabhän- materialien, Metabolisierung und Exkretion giger Begleitforschung in allen nationalen Ak- von Nanopartikeln etc.). Die StudienautorInnen tionsplänen der letzten Jahre (so etwa Deutsch- empfehlen daher auch, eine entsprechende land, Schweiz, Niederlande, Österreich) ge- EHS-Forschung zu fördern und zumindest ei- spiegelt werden. Thomas Jakl (Umweltminis- ne Notifikationspflicht einzuführen. Eine all- terium) stellte als einer der Initiatoren und Koor- gemeine Kennzeichnung sei nicht sinnvoll, wohl dinator die wichtigsten Kernaussagen des öster- aber eine spezifische Kennzeichnung in der reichischen Aktionsplans vor. Wichtig sei u. a., Volldeklaration. Ein generelles Moratorium für dass es hier gelungen ist, alle wesentlichen den Einsatz von Nanomaterialien und ein spe- AkteurInnen, v. a. alle damit befassten Ressorts, zifisches Nano-Lebensmittelgesetz wird nicht an einem Tisch zu bringen und in allen Politik- empfohlen. feldern zu übereinstimmenden Grundsätzen zu gelangen. Neben der Anwendung von Vorsor- ge- und Verursacherprinzip sei v. a. die Bün- Anwendungsbereiche delung der Risiko- und Sicherheitsforschung in einem eigenen unabhängigen Programm Im dritten Block ging es um Anwendungsberei- notwendig. Ein weiterer Fokus der Forschungs- che. Roland Franz (Fraunhofer-Institut für Ver- förderung müsse auf Umwelttechnologien und fahrenstechnik und Verpackung) gab zunächst die speziellen Bedürfnisse von Klein- und Mit- einen Überblick über kommerzielle Produkte im telbetrieben gelegt werden. Bereich nanotechnologische Kontaktmateria- lien, deren spezifischen Eigenschaften und Un- terschiede zu bisher üblichen Lebensmittelver- Studien zu Nanomaterialien packungsmaterialien. Er konzentrierte sich dann auf das Migrationsverhaltens der eingesetzten und Produktsicherheit Nanopartikel. Mangels Analysemethoden müs- se derzeit noch zu theoretischen Modellen ge- Im zweiten Block stellten Sabine Greßler und griffen werden, um zu beschreiben, wie sich René Fries ihre Studie zu Umwelt- und Gesund- Partikel im Körper ausbreiten. Experimentell- heitswirkungen von nanopartikulärem Silber analytische Methoden seien jedoch auch not- vor, die sie im Auftrag des Gesundheitsminis- wendig. Außerdem forderte er die Entwicklung teriums (BMG) verfasst haben. Neben der Dar- adäquater Prüfmethoden. stellung der mittlerweile verbreiteten Verwen- dung von Nanosilber in Verbraucherproduk- Klaus Riediger (AGES) ging danach auf die An- ten (bei gut einem Viertel der eingesetzten Na- wendung von Nanomaterialien im Bereich der nopartikel in solchen Produkten handelt es sich Nahrungsergänzungsmittel ein, wobei er einige um Nanosilber), diskutierten die AutorInnen Produkte als Fallbeispiele präsentierte. auch die aktuelle Situation hinsichtlich der Re- gulierung ihres Einsatzes, die hinter der Markt- bereitstellung von entsprechenden Nanosilber- Regulierung Produkten zurückbleibt.1 Ulrike Eberle (corsus Hamburg), eine der Koau- Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine torinnen der aktuellen TA-Swiss-Studie zur Ver- Gruppe von Vorträgen zum Thema Regulierung wendung von Nanomaterialien und Nanotech- im Bereich Nahrungsmittel- und Produktsicher- nologien im Lebensmittelbereich)2 stellte die- heit. Die Europarechtsspezialistin Iris Eisenber- se Studie und ihre Hauptresultate vor. Über- ger (dzt. Universität Freiburg) gab eine gute einstimmend mit dem voran gegangenen Vor- Übersicht über den derzeitigen Stand der eu- trag stellte sie fest, dass es auf nationaler Ebe- ropäischen Regulierungsdebatte. Während die ne keine nano-spezifische Regulierung gibt und EU-Kommission zunächst die Meinung vertrat, ITA-News/März 2010 __________________________________________________________________________ 13
_________________________________________________________________________ Publikationen dass der Nanotechnologiebereich durch den Nanomaterialien im Nahrungsmittel- und Kon- bestehenden gesetzlichen Rahmen hinreichend sumproduktbereich aus Sicht des BMG kom- reguliert sei, vertritt das EU-Parlament die An- mentierte. Er berichtete von den Aktivitäten des sicht, dass Nanomaterialien durch neue Be- Ministeriums im Zuge der bereits abgeschlos- stimmungen reguliert werden müssen. Das Ziel senen Diskussion zur EU-Kosmetikrichtlinie und der EU sei dennoch, auf bestehenden Regu- präsentierte den Stand der Diskussion zur No- lierungen aufzubauen. Speziellen Handlungs- vellierung der Novel Food-Verordnung. In bei- bedarf bestünde bei der Definition von Schwel- den Fällen ist vorgesehen, dass Nanomateria- len- und Grenzwerten. Die größten Probleme lien in eigenen Zusatzbestimmungen bzw. als für eine stringente Regulierung seien jedoch all- separate Produktgruppe reguliert werden. Da- gemein das Fehlen entsprechender verbindli- nach stellte Zilberszac in Grundzügen die Ele- cher Standards und geeigneter Nachweis-, Ana- mente einer geplanten Nanotechnologie-Infor- lyse- und Testmethoden. mationsplattform dar, die als Instrument im Ak- tionsplan vorgesehen und unter Leitung des Susanne Stark (VKI) präsentierte anschließend BMG bis spätestens 2012 – also bis zum ers- aus der Sicht einer Konsumentenschutzorga- ten Umsetzungsbericht des NAP – eingerich- nisation einen Forderungskatalog hinsichtlich tet werden soll. Außerdem betonte er noch ein- der Regulierung von Nanomaterialien in Kon- mal die Notwendigkeit der Schaffung einer un- sumprodukten. Während bereits etliche Pro- abhängigen Risiko- und Sicherheitsforschung dukte mit Nanomaterialien am Markt seien, zur Nanotechnologie zur Füllung der bestehen- v. a. im Bereich Hygieneartikel, Kosmetika und den Wissenslücken. Die Einbindung österreichi- Textilien, sei über Exposition und Wirkung die- scher ExpertInnen in internationale Forschungs- ser Materialien sehr wenig bekannt. Daher sei und Regulierungsaktivitäten sei in diesem Zu- eine entsprechende Information der KundInnen sammenhang besonders wünschenswert. etwa in Form einer Kennzeichnung notwendig. Denkbar und sinnvoll aus ihrer Sicht sei auch Alle Präsentationen und die Zusammenfassung die Schaffung eines öffentlichen Registers für des Tages von Michael Nentwich (ITA) sind un- verbrauchernahe Produkte. Stark berichtete ter nanotrust.ac.at/BMG2010 abrufbar. weiters von den aktuellen Bemühungen, das 1 www.bmgfj.gv.at/cms/site/standard.html?channel= Umweltzeichen hinsichtlich Nanomaterialien CH0983&doc=CMS1266311358101. bis Juni 2010 zu novellieren. 2 www.ta-swiss.ch/a/nano_nafo/ KF_Nano_im_Lebensmittelbereich.pdf. Den Abschluss bildete der Vortrag von Alexan- der Zilberszac (BMG), der die Regulierung von André Gazsó Aktuelle Publikationen Referierte Artikel Kastenhofer, K., Lansu, A., van Dam-Mieras, Sotoudeh, M. und Peissl, W., 2010, Impact as- R. and Sotoudeh, M., 2010, The Contribu- sessment as a means to train future engi- tion of University Curricula to Engineering neers for sustainable development, GAIA Education for Sustainable Development, 19(1), 58-60. GAIA 19(1), 44-51. Strauß, S. 2010, Datenschutzimplikationen Sotoudeh, M., 2010, Introduction: Technical staatlicher Identitätsmanagement-Systeme Universities for Sustainable Development – – Fallbeispiel Österreich, in: Datenschutz Learning to Deal with Complexity, GAIA und Datensicherheit (DuD) Jg. 34 02/2010, 19(1), 33-36. 99-103. 14 ____________________________________________________________________ ITA-News/März 2010
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