XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin

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XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
xPORT
                          Das iMOVE-Exportmagazin

                         Schwerpunktthema:
                          Bildung 4.0

                              15
                              Jahre
Ausgabe 1 | April 2020
1
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
xPORT Inhalt
                          Editorial....................................................................................................3

                          Einführung: Bildungsanbieter als Innovations-
                          manager von Silvia Niediek................................................................5

                          Beschaffungsstrategie

                          EdTech als Herausforderung und Chance für den
                          Berufsbildungsexport von Dr. Romy Hilbig.....................................7

                          Digitalisierung in der Berufsbildung –
                          ganz umsonst? von Thorsten Trede................................................11

                          Behutsam und mit Augenmaß
                          von Martin Fielko und Ursula Plötz..................................................17

                          Bildung 4.0 - Kurz und bündig..........................................................20

                          Innovative Bildungsformate

                          Eintauchen in Lernwelten mit Simulatoren
                          von Martin Zimmermann....................................................................21

                          Bildungswege begleiten oder sogar überspringen
                          von Gabriele Riedmann de Trinidad................................................24

                          Digitalisierte Berufsbildung: Zur Gleichwertigkeit
                          von Software und Inhalt von Julian Gajo......................................28

                          Kompetenzaufbau durch innovative Berufsbildungs-
                          formate von Bonny Brandenburger.................................................31

                          Aus dem iMOVE-Netzwerk..................................................................33

                          Rollenwandel bei den Lehrkräften

                          Das „umgedrehte Klassenzimmer“ für Digital Natives
                          von Edwin Lemke..................................................................................35

                          Technische Kompetenz allein reicht nicht
                          von Dr. Gertraud Kinne........................................................................39

                          Kurz und bündig.....................................................................................42

xPORT-Magazin 01 | 2020                                                                                                             2
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Corona-Krise bewegt uns derzeit alle sehr stark und hat ex-         Die Darstellungen der Autorinnen und Autoren sind durchweg sehr
treme Auswirkungen – nicht nur auf unsere Arbeit, sondern auch          ausführlich, anschaulich und konkret – aus der Praxis für die Pra-
auf unsere Gesundheit, unsere Gesellschaft und letztendlich unser       xis. Positiv sticht außerdem hervor, dass sich mehrere von ihnen
gesamtes Zusammenleben auf diesem Planeten. Wenn es um die              ausdrücklich eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Bil-
Gesundheit, für einige gar um Leben und Tod geht, dann ist alles        dungsanbietern wünschen, weil man seine Ziele gemeinsam oft
andere sekundär. In diesem Sinne hoffe ich, dass es Ihnen und Ih-       besser erreichen kann, auch oder gerade in einer zunehmend digi-
ren Familien soweit gut geht und dass wir gesamtgesellschaftlich        talisierten Welt. Hierbei möchten wir von iMOVE alle interessierten
möglichst unbeschadet durch diese unsteten Zeiten kommen.               Partner sehr gern weiterhin unterstützen.

Die gegenwärtigen Entwicklungen konnten im Vorhinein nicht in           Die intensive Nutzung von xPORT als Plattform für den Austausch
dieser gewaltigen Dynamik abgesehen werden, aber in Zeiten von          innerhalb der Bildungsexportbranche und als Anknüpfungspunkt
strikten Ausgehbestimmungen, eingeschränktem Versammlungs-              für Bildungspartnerschaften wünschen wir uns auch für die Zu-
recht, Eigenisolation bis hin zu Quarantäne zeigt sich immer deut-      kunft. Daher werden wir auch für die kommenden Ausgaben inte-
licher, wie sehr die Digitalisierung und neue Technologien unser        ressante Schwerpunktthemen wählen und diese frühzeitig kom-
Leben und unsere Arbeit vereinfachen im Umgang mit Distanz,             munizieren, damit Sie sich in Ruhe überlegen können, ob Sie sich
manche Projekte und Aufgabenbewältigung sogar erst möglich              mit einem Artikel beteiligen möchten. Fühlen auch Sie sich ermu-
machen. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns entschieden, mit            tigt, von Ihren Erfahrungen und Erfolgen zu berichten!
dieser Ausgabe von xPort den rein digitalen Weg zu beschreiten
und auf Druck und Versand zu verzichten. Über Rückmeldung zu            Der Fokus der nächsten Ausgabe liegt auf dem Thema „Incoming/
diesem Vorgehen, auch im Hinblick auf die nächsten Ausgaben,            Outgoing – der beste Ort für den Bildungsexport“. Bieten Sie Ihre
würden wir uns sehr freuen.                                             Bildungsleistungen in Deutschland oder im Ausland oder an beiden
                                                                        Standorten an? Warum ist das eine aus Ihrer Sicht besser geeignet
Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen bewegen die Bildungs-         als das andere? Welche guten und schlechten Erfahrungen haben
exportbranche schon seit geraumer Zeit. Wie sehr die sogenannte         Sie mit den verschiedenen Varianten gemacht? Wie lauten Ihre Em-
Industrie 4.0 den Bildungsbereich beeinflusst, ist leicht an zahlrei-   pfehlungen? Und aktuell angesichts der Corona-Krise ganz wichtig:
chen neuen Schlagworten erkennbar à la Bildung 4.0, Lehrkräfte          Ist der beste Ort für Bildungsleistungen heutzutage das Internet?
4.0, Training 4.0 etc. Über diese vielen unterschiedlichen Facetten
haben wir auch in xPORT immer wieder berichtet.                         Lassen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bildungsexport-
                                                                        branche an Ihren Erkenntnissen teilhaben! Wenn Sie in der Ausga-
Mit der Zeit nehmen die Herausforderungen in diesem Bereich im-         be 2/2020 von xPORT zu Wort kommen wollen, senden Sie uns Ihre
mer weiter zu und kaum ein Bildungsanbieter kann sich dem Druck         Artikel bitte bis Ende Juli zu. Wenden Sie sich dazu direkt an Silvia
entziehen, die eigenen Angebote auf ihre Tauglichkeit für das neue      Niediek aus unserem iMOVE-Team.
digitale Zeitalter zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Je
mehr von Ihnen das tun, desto größer wird auch der Erfahrungs-          Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie dabei wären!
schatz, von dem die gesamte Branche profitieren kann.
                                                                        Ich wünsche uns allen Gesundheit, Geduld und dass wir die Krisenzeit
Vor diesem Hintergrund legen wir in der vorliegenden Ausgabe            gemeinsam gut überstehen.
den Schwerpunkt unserer Berichterstattung auf die Digitalisie-
rung und die Bildung 4.0. Zahlreiche Ihrer Kolleginnen und Kolle-
gen aus der Bildungsexportbranche haben sich bereit erklärt, von
ihren Erfahrungen zu berichten und Chancen aufzuzeigen, die die
Nutzung neuer Kommunikationsmedien in der beruflichen Bildung
weltweit bietet. Für die aufschlussreichen Beiträge bedanken wir
uns an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich. Die meisten Au-
torinnen und Autoren beleuchten mehrere Aspekte des Themas.
Je nach Schwerpunkt haben wir die Artikel in drei Kategorien unter      Dr. Andreas Werner
den Überschriften „Beschaffungsstrategie“, „Innovative Bildungs-        (Universidade de São Paulo, Brasilien)
formate“ und „Rollenwandel bei den Lehrkräften“ gegliedert.             Leiter „iMOVE: Training – Made in Germany“

3                                                                                                                          xPORT-Magazin 01 | 2020
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
xPORT-Magazin 01 | 2020   4
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Einführung

    BILDUNGSANBIETER ALS
    INNOVATIONSMANAGER
    Der Veränderungsdruck, der von der zunehmenden Digitalisierung ausgeht, bietet Bildungsanbietern
    gute Geschäfts- und Gestaltungschancen.

    Silvia Niediek

5                                                                                           xPORT-Magazin 01 | 2020
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Einführung

Die digitale Transformation ist ein globa-      wicklung und Ausrichtung konkreter Ange-      die geringere Halbwertszeit von Wissen
ler Prozess mit direkten Auswirkungen auf       bote für die berufliche Aus- und Weiterbil-   macht auch eine fortlaufende Erneuerung
Arbeit und Bildung. Nach jüngsten Daten         dung in internationalen Märkten gewinnen.     der Wissensbasis in der Wirtschaft notwen-
nutzten im vergangenen Jahr 4,1 Milli-          Gerade wenn es deutschen Anbietern            dig. Die Nachfrage nach Bildungsmaßnah-
arden Menschen und somit mehr als die           gelingt, die weltweit anerkannten Vorteile    men wächst. Das Erlernen neuer beruflicher
Hälfte der Weltbevölkerung das Internet.        dualer Berufsbildung mit digitalen Medien     Fähigkeiten ist fortan für alle Mitarbei-
2005 hatte der Anteil weltweit noch unter       und Inhalten zu verbinden, können sie ihre    ter/-innen eine Lebensaufgabe.
20 Prozent gelegen. In Europa werden in-        Wettbewerbschancen deutlich erhöhen.
zwischen Anteile von über 80 Prozent er-        Der Qualifizierungsbedarf auf der Ebene       Bei der Übertragung von Bildungsange-
reicht. Die Daten zeigen auch: Der Einsatz      der Mitarbeiter/-innen, aber auch der des     boten in internationale Märkte spielt in
digitaler Technologien schafft Wachstum         Ausbildungspersonals ist jedenfalls enorm.    Zukunft nicht nur das kulturelle Ansehen
und Wohlstand in den Industrieländern.                                                        beruflicher Bildung eine wichtige Rolle,
Von den 38 Millionen Arbeitsplätzen, die im     Der digitale Wandel sorgt dafür, dass be-     sondern auch die vorherrschende Tech-
OECD-Raum zwischen 2006 und 2016 ge-            rufliche Bildung in Zukunft noch viel mehr    nologieakzeptanz und damit verbundene
schaffen wurden, entfielen 40 Prozent auf       als bislang jenseits öffentlicher Bildungs-   technische Infrastruktur. Je größer die
hochdigitalisierte Sektoren.                    systeme erfolgt. Innovative Unternehmen       kulturelle und technologische Distanz zwi-
                                                werden für ihre spezifischen Fachkräftebe-    schen Heimat- und Zielmarkt, desto hö-
Die Digitalisierung treibt die Globalisierung   darfe das Heft des Handelns fester in die     her ist die Notwendigkeit von spezifischen
geradezu voran. Wertschöpfungsketten            Hand nehmen. Für Bildungsanbieter erge-       Anpassungen an die Kundenbedarfe. Zu
und Anbieter-Kunden-Beziehungen funk-           ben sich so große Chancen, sich stärker       den beachtenswerten Rahmenbedingun-
tionieren dank digitaler Anwendungen un-        als bislang an der Durchführung von Aus-      gen zählen mehr denn je die Verfügbarkeit
abhängig von bestimmten geografischen           bildungsmodulen und berufsbegleitender        von Hardware und digitaler Netze.
Standorten. So entstehen nicht nur neue         Weiterbildung zu beteiligen, etwa indem
Geschäftsmodelle für Unternehmen, son-          sie gemeinsame Lernplattformen entwer-        Am Ende bleibt die Frage nach (internati-
dern auch neue Kompetenzprofile für die         fen und einrichten.                           onalen) Leitplanken für Bildung 4.0. Bedarf
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu ge-                                                    es allgemeiner Orientierungshilfen oder gar
hört auch, dass die Ausbildung von Fach-        Offen lizenzierte Bildungsmaterialien,        Reglementierungen, um bei digitalisierten
kräften heute in vielen Berufen nicht nur       sogenannte Open Educational Resour-           Bildungsangeboten das technisch Mach-
eine digitale, sondern auch eine internati-     ces (OER), treiben den Systemwechsel          bare mit dem ethisch Vertretbaren in eine
onale Dimension umfasst.                        in der Bildung weiter voran. Sie betonen      vernünftige Beziehung zu setzen? Bislang
                                                den Charakter von Bildung als öffentli-       sind es vor allem die Lehrenden und mithin
Der hohe Innovationsdruck, den die digita-      ches Gut und als Gemeinschaftsaufgabe,        auch Bildungsanbieter, denen eine zentrale
le Transformation ausübt, fordert auch die      die in Kooperation und im Austausch der       Rolle bei der Entwicklung eines ganzheitli-
deutsche Bildungsexportwirtschaft und           Akteure umgesetzt wird. Lernende und          chen Bildungsverständnisses und der not-
deren Transformationsfähigkeit heraus. Die      Lehrende übernehmen neue Rollen. In ei-       wendigen Reflexion über das Erlernte und
Notwendigkeit, das eigene Bildungsangebot       nem gleichberechtigten, dialogischen und      den Lernprozess zukommt.
angesichts hochdynamischer Entwicklun-          agilen Prozess werden sie zu Mitprodu-
gen immer wieder auf den neuesten Stand         zenten des Wissens, das sie kollaborativ
zu bringen, erfordert ein intensives Innova-    weiterentwickeln. Digitale Medien eignen
tionsmanagement der Organisationen.             sich ausgezeichnet als Werkzeuge für die
                                                Zusammenarbeit und fördern den neuen
                                                Bildungsbegriff.
VERÄNDERUNGSPROZESSE
                                                Eine besondere Herausforderung, aber
                                                auch Chance für Bildungsanbieter bleibt
Aus dem veränderten Anspruch an die             das Tempo der Veränderung. Zwar erfordert
berufliche Bildung lassen sich aber auch        der technische Fortschritt laufend Anpas-
wichtige Impulse für die zukünftige Ent-        sungen der eigenen Angebotspalette. Aber

xPORT-Magazin 01 | 2020                                                                                                                6
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

    EdTech als Herausforderung
    und Chance für den Berufs-
    bildungsexport
    Digitale Technologien verändern Bildungsinhalte, aber auch Lehr- und Lernmethoden. Bildungsanbieter
    müssen sich entscheiden, wie sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft sichern wollen.

    Dr. Romy Hilbig

7                                                                                                          xPORT-Magazin 01 | 2020
XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

Die Welt, in der wir leben, ist volatil, unsi-   rativ entwickelten Inhalten) genutzt, kamen      hervorbringt. Das Angebot von EdTech-Un-
cher, komplex und mehrdeutig. Digitale           2012 die ersten MOOCs (Massive Open On-          ternehmen ist vielseitig: Einige Anbieter
Technologien treiben Veränderungsprozes-         line Courses) auf den Markt. Im Jahr 2020        stellen Plattformen mit Softwarelösungen
se voran und schaffen mittels Sensoren,          bestimmen unter anderem Virtual/Aug-             zur Verfügung, während andere komplette
Robotern und Künstlicher Intelligenz (KI)        mented Reality (VR/AR), Serious Games            Lehrmodule für Dozierende entwickeln. Zu
smarte Lebens- und Arbeitswelten. Die zu-        und Lernmanagementsysteme (LMS) die              den Angeboten zählen Lernmanagement-
nehmende globale und digitale Vernetzung         nationale und internationale Bildungsland-       systeme wie Canvas, Sprachlern-Apps wie
verändert nicht nur die Art und Weise, wie       schaft. Zwei Beispiele: Der deutsche Anbie-      Babble und Software für virtuelle Klassen-
wir leben, sondern stellt auch neue Anfor-       ter WBS Gruppe hat mit WBS LearnSpace            zimmer wie edudip. Hier entstehen auch
derungen an unsere Arbeitswelt und damit         3D® eine virtuelle, dreidimensionale, simu-      ganz neue Berufsbilder, etwa Autor/-in zur
auch an die nationale und internationale         lative Lernumgebung entwickelt, in der Teil-     pädagogischen Erstellung von E-Learning-
Berufsbildung. Dachdecker/-innen setzen          nehmer/-innen und Dozent/-innen mittels          Kursen oder Industrial Designer/-in für
Drohnen ein, um Gebäude zu vermessen,            Avataren weltweit miteinander lernen und         Online-Lernwelten.
Zahnarzthelfer/-innen fertigen Zahnersatz        lehren können. Der Motorsägen-Hersteller
mittels 3D-Druck an und Kaufleute im Ein-        STIHL setzt international VR-Brillen ein.        Angesichts dieser Entwicklungen müssen
zelhandel spezialisieren sich im Bereich         In virtuellen Realitäten erlernen Mitarbei-      sich international agierende Berufsbil-
E-Commerce. Die sogenannte Arbeit 4.0            ter/-innen Sägen, Schweißen und Bohren.          dungsdienstleister intern die klassische
und Berufsbildung 4.0 müssen sich ge-            Durch digitale Technologien verändert sich       „Make or Buy“-Frage stellen: Kaufen sie
meinsam entwickeln, um junge wie ältere          die Didaktik und es entstehen neue E-Lear-       EdTech-Lösungen ein oder entwickeln sie
Arbeitnehmer/-innen in den geforderten           ning- und Blended-Learning-Formate, die          diese mit eigenen Ressourcen und erobern
digitalen Kompetenzen weltweit aus- und          On- und Offline-Lernen miteinander kom-          damit gegebenenfalls selbst neue Märkte
weiterzubilden.                                  binieren. So bieten z. B. die Euro Akademien     als EdTech-Anbieter. Unternehmensextern
                                                 weiterbildende Blended-Learning-Formate          wächst der Wettbewerbsdruck, da mehr
Die Studie „Future Skills“ von Stifterverband    für Pflegekräfte und Erzieher an, wodurch        Player in den Bildungsmarkt eintreten und
und McKinsey aus dem Jahr 2018 zeigt auf,        diese bisher weniger digitalisierten Berei-      jedes EdTech-Unternehmen gleichzeitig
dass digitale Schlüsselqualifikationen wie       che auch an digitales Lernen herangeführt        auch eine Konkurrenz darstellt. Deutsche
Data Literacy, Kollaboration, digitales Ler-     werden.                                          Berufsbildungsdienstleister konkurrieren
nen, aber auch Soft Skills wie Adaptions-                                                         im Ausland zunehmend nicht nur mit An-
fähigkeit und Veränderungsbereitschaft                                                            bietern aus den Zielmärkten, sondern auch
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern          EDTECH-ANBIETER –                                mit anderen international agierenden Ed-
vermittelt werden sollten. Darüber hinaus                                                         Tech-Unternehmen.
bedarf es der Aus- und Weiterbildung von         KONKURRENZ ODER KOOPERA-
Tech-Spezialisten in Bereichen wie Big           TIONSPARTNER FÜR BERUFS-                         Gleichzeitig erobern die großen „TechLords“
Data, Robotics oder KI, um einen sicheren        BILDUNGSDIENSTLEISTER?                           wie Amazon, Google, Samsung, Microsoft
Umgang mit diesen transformativen Tech-                                                           und Facebook den Bildungsmarkt. Ihr ent-
nologien in allen Branchen vom Handwerk                                                           scheidender Wettbewerbsvorteil: Sie ha-
über die Gesundheit bis hin zum Einzel-          Lernen 4.0 ist digital, mobil, individuell und   ben bereits die digitalen Daten ihrer Kun-
handel sicherzustellen. Dies impliziert eine     weltweit möglich. Dadurch entstehen neue         den und können diese nun mit innovativen
Adaption bzw. sogar Neuentwicklung der           nationale und internationale Geschäfts-          Lern- und Lehrapplikationen verbinden.
beruflichen Ausbildung, aber auch die kon-       möglichkeiten für deutsche Berufsbil-
stante Entwicklung von Weiterbildungen,          dungsdienstleister. Gleichzeitig verändert       Laut iMOVE-Trendbarometer geben noch
um die digitale Transformation von Unter-        sich die Markt- und Wettbewerbssituation.        56 Prozent der deutschen Bildungsexpor-
nehmen und Arbeit 4.0 zu ermöglichen.            Zunehmend etabliert sich der sogenannte          teure an, dass das duale System bedeu-
                                                 EdTech- (Education Technology) Sektor,           tend für das internationale Geschäft ist.
Aber Berufsbildung 4.0 bedeutet nicht nur,       der 2020 ein globales Wachstum in Höhe           Dessen Vorteile müssen nun aber mit di-
dass die Aus- und Weiterbildungsinhalte          von acht Billionen Dollar an Bildungsaus-        gitalen EdTech-Lösungen kombiniert wer-
sich an den Anforderungen der Digitali-          gaben generieren soll. Als EdTech wird die       den, um international Erfolg zu haben. Dies
sierung ausrichten müssen, sondern auch          Digitalisierung von Bildungsdienstleistun-       bedeutet für Berufsbildungsexporteure In-
die Lehr- und Lernmethoden. In den letz-         gen und Geschäftsmodellen durch Soft-            vestitionen in Technologien, aber vor allem
ten 20 Jahren hat sich der Bildungssektor        wareanbieter definiert, die neue Technolo-       auch in Personal.
beim Einsatz digitaler Instrumente rasant        gielösungen für das Lernen und Lehren an
entwickelt. Wurden Ende der 90er-Jahre           allgemeinbildenden Schulen und Berufs-
hauptsächlich Wikis (Websites mit kollabo-       schulen, Universitäten und Unternehmen

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XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
LERNDATEN UND DIGITAL-                         triebene Lernempfehlungen analog zu den       Voraussetzungen durch die Aus- und Wei-
AFFINE LEHRKRÄFTE –                            Amazon-Logiken „Was andere Nutzer/-in-        terbildung der Lehrkräfte (Trainer/-innen)
                                               nen gelesen/gelernt/geklickt haben, könn-     geschaffen werden. Medienpädagogik ist
SCHLÜSSELRESSOURCEN DER                        te Sie ebenfalls interessieren“ zunehmend     gefordert, damit eine sinnvolle, aber auch
BERUFSBILDUNG 4.0                              auf digitalen Lernplattformen, aber auch in   kritische Reflexion der Lerninhalte unter
                                               Lernmanagementsysteme implementiert.          Einsatz digitaler Technologien erfolgen
                                               KI-gestützte Lern- und Lehrsysteme, die       kann. Den Lehrkräften kommt hierbei eine
Ein entscheidender Vorteil digitaler Bildung   sich adaptiv an die individuellen Bedürf-     Schlüsselrolle zu: Nur wenn sie „mitge-
ist, dass relativ mühelos und systematisch     nisse der Nutzer/-innen anpassen, befin-      nommen“ und ihre Ängste vor (techni-
die Daten des Lehr- und Lernverhaltens         den sich dagegen noch in den Anfängen.        schen) Veränderungen ausgeräumt wer-
von Nutzer/-innen erhoben werden kön-          Von zentraler Bedeutung ist in Europa die     den können, wird eine flächendeckende
nen. Gemeinsam mit Forscherkollegen            Konformität mit der Datenschutz-Grund-        Berufsbildung 4.0 überhaupt erst möglich.
habe ich den europäischen EdTech-Markt         verordnung (DSGVO) bei der Erhebung der       Es geht nicht nur darum, digitale Medien
untersucht und festgestellt, dass die meis-    Nutzerdaten, während andere internatio-       im Unterricht zu nutzen, sondern es muss
ten EdTech-Anbieter einfache Statistiken       nale Märkte weniger stark reguliert sind.     ein grundlegendes Verständnis für digitale
zur Verfügung stellen, die Aufschluss darü-                                                  Technologien und die damit verbundene
ber geben, wann, wie oft und über welches      Zusätzlich zu den technischen Voraus-         Mensch-Maschine-Interaktion geschaffen
Endgerät Nutzer/-innen gelernt haben.          setzungen müssen bei der Digitalisierung      werden.
Darüber hinaus werden Algorithmus-ge-          der Berufsbildung auch die personellen

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XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

                                          AUTOMATISIERUNGS-
                                          DEMYSTIFIZIERUNGSDISKURS-
                                          MASCHINE

                                          Forscher/-innen des Weizenbaum-Instituts
                                          für die vernetzte Gesellschaft – Das
                                          Deutsche Internet-Institut haben dafür
                                          eine interaktive Installation, die sogenann-
                                          te „Automatisierungsdemystifizierungs-
       Dr. Romy Hilbig                    diskursmaschine“ (ADDM), prototypisch
                                          entwickelt. Ein Highlight der ADDM ist
       Leitung Business Development B2C   ein Machine-Learning-System, das mit-
       Euro-Schulen-Organisation GmbH     tels Streichholzschachteln in der Lage ist,
       (ESO Education Group)
                                          Tic-Tac-Toe gegen Menschen zu spielen.
       www.eso.de                         Sowohl KI als auch die Mensch-Maschi-
                                          ne-Interaktion werden in diesem Zusam-
                                          menhang im analogen Raum greifbar, ver-
                                          ständlich und erlebbar gemacht. Es bedarf
                                          solcher innovativen Formate, um Lehrkräf-
                                          te, Studierende, Schüler/-innen und Mit-
                                          arbeiter/-innen aus- und weiterzubilden,
                                          damit Berufsbildung 4.0 und Arbeit 4.0 Re-
                                          alität werden.

                                          Für Berufsbildungsexporte bedeutet dies,
                                          dass Trainer/-innen nicht nur die kultu-
                                          rellen und sprachlichen Kompetenzen für
                                          den Auslandsmarkt mitbringen müssen,
                                          wie in vielen bisherigen Studien heraus-
                                          gestellt, sondern vor allem auch die digita-
                                          len Kompetenzen. Dies erfordert Mut und
                                          Lernbereitschaft bei den Lehrkräften, aber
                                          auch Investitionen der Berufsbildungs-
                                          dienstleister für die Entwicklung oder den
                                          Einkauf von EdTech-Lösungen, um inter-
                                          national wettbewerbsfähig zu sein und zu
                                          bleiben.

                                          Weiterführende Literatur

                                          Romy Hilbig, André Renz und Thomas
                                          Schildhauer: Data Analytics − The Future
                                          of Innovative Teaching and Learning
                                          https://www.researchgate.net
                                          /publication/333995044_Data_
                                          Analytics_The_Future_of_Innovative_
                                          Teaching_and_Learning

xPORT-Magazin 01 | 2020                                                                  10
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

Digitalisierung in der
Berufsbildung – ganz umsonst?
Freie und quelloffene Software bietet vielfältige Möglichkeiten der
Digitalisierung von Berufsbildungsdienstleistungen für den Export.

Thorsten Trede

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Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

Zugegeben, „freie und quelloffene Software“       Software, deren Anschaffungskosten und            oder ihr Produkt ebenfalls frei und quelloffen
ist als Begriff nicht gerade sexy. Free-and-      Lizenzgebühren den Preis der Angebote der         zur Verfügung zu stellen. Wie also sieht das
Open-Source-Software klingt internationa-         Bildungsexporteure erhöhen und am Ende            Geschäftsmodell aus?
ler, aber auch nicht spannender. Und um das       an Dritte fließen.
Ganze auf die Spitze zu treiben: Kostenlos                                                          Weltweit gibt es eine unüberschaubare
ist hier auch nichts, wie man im ersten Mo-                                                         Anzahl von Anbietern, deren Geschäfts-
ment vermuten mag. Aber dennoch: FOSS,                                                              modell auf einer solchen freien Software
wie derartige Software abgekürzt genannt                                                            beruht. Das klingt zunächst unlogisch, ist
wird, kann ein interessanter Ansatz sein, um          RECHTLICHES                                   es aber nicht: Einerseits bieten Unterneh-
digitale Lösungen in der Berufsbildung zu                                                           men Services rund um die Software an, sei
entwickeln, nachhaltig zu nutzen und – ganz                                                         es die Installation, die Wartung, die Anpas-
wichtig! – erfolgreich zu exportieren.                Wenn man (kommerziell) mit                    sung oder Schulungen zur Nutzung. Ande-
                                                      FOSS arbeitet, sollte man die                 rerseits werden Zusatzmodule zur freien
                                                      Grundlagen der Open-Source-                   Software angeboten, die eben nicht FOSS
                                                      Lizenzen kennen. Wichtig ist                  sind und damit kostenpflichtig werden
KOSTENLOS IST HIER NICHTS!                            dabei, inwieweit diese eine                   (eine Light-Version gibt es dann als Tea-
                                                      sogenannte Copyleft-Klausel                   ser oft kostenlos). Die freie Software wird
                                                      enthalten:                                    damit nicht nur zur Grundlage des eigenen
Da der Begriff „frei“ schnell, aber fälschlich
mit „kostenlos“ gleichgesetzt wird, trägt die-                                                      Service, sondern quasi zum Marketingins-
                                                      ¬ Lizenzen mit einer reinen Co-               trument: Je mehr Nutzer/-innen die freie
se Art Software zumindest im deutschspra-             pyleft-Klausel verlangen, dass
chigen Raum auch den Namen FLOSS (Free/                                                             Software hat, desto größer der Markt für
                                                      sämtliche Bearbeitungen der                   Dienstleistungen und Add-ons.
Libre-Open-Source-Software), um dem Be-               Software und ihrer Weitergabe
griff die Gratismentalität zu nehmen. Das „L“         der gleichen Lizenz zu unterstel-
wie in libre (französisch und spanisch), livre        len sind wie das Original. Anders
(portugiesisch) oder libero (italienisch) steht       formuliert: Wenn man entspre-                 ANWENDUNGSSZENARIEN
für „frei“, aber eben nicht für „kostenfrei“.         chenden freien Code verwendet,
                                                      muss man das Produkt eben-
Richtig ist, dass diese Softwarelösungen kos-         falls frei verfügbar machen. Am               Was heißt das für einen Berufsbildungs-
tenlos bezogen und genutzt werden dürfen. Es          weitesten verbreitet ist die GNU              exporteur nun in der Praxis? Nehmen wir
fallen keine Anschaffungskosten, Lizenzge-            General Public License.                       an, ein Anbieter entwickelt und vertreibt
bühren oder Nutzungsentgelte an. Wichtiger                                                          Schulbücher. Berufsschulen in Indien stel-
aber ist, dass für solche Software der Quell-         ¬ Lizenzen mit einer einge-                   len einen Auftrag in Aussicht, brauchen
code offen ist und von jedem eingesehen,              schränkten Copyleft-Klausel ha-               aber auch eine Software, mit der sie den
verändert und genutzt werden kann. Gerade             ben ebenfalls einen Copyleft-                 Verleih innerhalb der Schule und den Be-
deshalb ist das Ganze auch nicht vollständig          Effekt, der aber Ausnahmen von                stand überwachen können. Natürlich kann
kostenlos, denn der Nutzer bzw. die Nutzerin          der Lizenzierungspflicht der Be-              man so eine Software einkaufen. Aber man
ist selbst für seinen oder ihren Umgang mit           arbeitungen zulässt.                          kann auch eine freie Lösung finden, die
der Software verantwortlich, muss sie warten,                                                       man kundengerecht anpassen und auch
aktualisieren, anpassen und unter Umstän-             ¬ Lizenzen ohne Copyleft-Klausel              in andere Sprachen übersetzen (lassen)
den einen Server zur Verfügung haben.                 gestatten hingegen die Lizenzie-              kann. Dann verfügt man über eine Kom-
                                                      rung von Weiterentwicklungen                  plettlösung, wobei man sich den Service
                                                      unter abweichenden Lizenzbe-                  der Anpassung entlohnen lässt. Soll es
POTENZIAL FÜR BILDUNGS-                               dingungen. Allerdings können sie              zusätzlich noch eine E-Reader-Software
                                                      Mindestpflichten enthalten, die               für die verlagseigenen Bücher sein? Kein
ANBIETER                                                                                            Problem, es findet sich fast garantiert eine
                                                      in jedem Falle einzuhalten sind.
                                                                                                    FOSS, die angepasst werden kann.

Für Bildungsanbieter, zumal Exporteure,                                                             Nehmen wir an, ein anderer Anbieter wird
hat solche Software viel zu bieten, denn                                                            gebeten, Berufsschulen in Sambia auszu-
man kann kundenspezifische Lösungen                                                                 statten, aber bitte dann auch gleich mit
auf der Basis von vorhandenem (und dann           Rechtlich gesehen darf jeder den Code ins-        einer Online-Lösung für digitales Lernen
eben doch kostenlosem) Code erarbeiten            gesamt verwenden, anpassen oder auch nur          außerhalb des Klassenzimmers. Die Server
und anbieten. Dabei handelt es sich um Lö-        teilweise nutzen. Je nach Lizenz (siehe Kas-      sind im Bestand, die Werkstattausstattung
sungen, die den Kunden am Ende weniger            ten „Rechtliches“) verpflichtet sich der Nutzer   auch. Aber was ist mit der Online-Akade-
kosten als kommerzielle oder proprietäre          bzw. die Nutzerin dabei allerdings dazu, sein     mie? Als FOSS-Lösung ist sie vorhanden,

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OPEN EDUCATIONAL RESOURCES

     Was für Software gilt, gilt in vielen Bereichen auch für Bildungsangebote oder -materialien: Es gibt zahlreiche offene Quellen
     und Modelle zu deren Nutzung, derer man sich als Bildungsanbieter bedienen kann. Dabei wird – vereinfacht gesagt − davon
     ausgegangen, dass die Leistung eines Bildungsanbieters nicht in der Erstellung von Materialien liegt, sondern in deren rich-
     tiger Nutzung, also im Lehren selbst.

     Die UNESCO schreibt dazu: „Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium,
     die unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden. Eine solche offene Lizenz ermöglicht den kostenlosen Zugang sowie die
     kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen. Open
     Educational Resources können einzelne Materialien, aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann
     verwendet werden. Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia-Anwendungen, Podcasts – all die-
     se Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden.“

     Unter der Richtlinie zur Förderung von OER unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Projekte
     zur Sensibilisierung und Ausbildung von Multiplikatoren, um das Thema in die Breite zu tragen. Das Bundesinstitut für Berufs-
     bildung (BIBB) ist als Transferpartner für die Berufliche Bildung weiterhin am Ausbau der zentralen Plattform OERinfo beteiligt.

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UNESCO-UNEVOC RUFT SEIN                         Verbesserung des Zugangs zu hochwerti-         ¬ Schaffung oder Einführung von Plattfor-
                                                ger Berufsbildung angesehen. Die Auffor-       men für die gemeinsame Nutzung von of-
ERSTES ZUSCHUSSPROGRAMM                         derung zur Einreichung von Vorschlägen         fenen Bildungsressourcen
INS LEBEN                                       richtet sich an Institutionen (z. B. Berufs-
                                                schulen, Ausbildungsanbieter, Lehr- und        ¬ Umwandlung bestehender geschlossener
                                                Lernzentren, Lehrerbildungseinrichtungen,      Ressourcen in offene Ressourcen
UNESCO-UNEVOC hat sein erstes „Glo-             Bibliotheken, OER-Arbeitsgruppen usw.).
bal Open Educational Resources (OER)”-                                                         OER-Schulungen können Teil des Vor-
Zuschussprogramm ins Leben gerufen,             Die offenen Bildungsressourcen müssen          schlags sein, aber letztendlich muss es ein
welches fünf Zuschüsse von bis zu 5.000         sich auf ein Fachgebiet im Zusammen-           konkretes Ergebnis mit einer offenen Lizenz
US-Dollar für Institutionen bereitstellt, die   hang mit der technischen und berufli-          geben, das zu offenen Bildungspraktiken
offene Bildungsressourcen (OER) entwi-          chen Bildung beziehen. UNESCO-UNEVOC           in der beruflichen Bildung beiträgt. UNES-
ckeln, anpassen oder kuratieren, um Prak-       begrüßt ausdrücklich die Entwicklung           CO-UNEVOC unterstützt die Schaffung von
tiken in der technischen und beruflichen        von Ressourcen nicht nur für formale Bil-      Ressourcen und offenen Praktiken auch in
Bildung (TVET) zu fördern.                      dungsgänge, sondern auch für informelle        anderen Sprachen als Englisch.
                                                Bereiche:
Mit dem Global-OER-Zuschussprogramm                                                            Das Global OER Grant Zuschussprogramm
will UNESCO-UNEVOC offene Bildungs-             ¬ Erstellung neuer offener Bildungsres-        ist nur für Institutionen zugänglich. Perso-
ressourcen fördern und die globale              sourcen für die berufliche Bildung ein-        nen mit innovativen Ideen werden jedoch
TVET-Gemeinschaft motivieren, OER so-           schließlich Lehrbücher, Online-Kurse,          ermutigt, mit lokalen Institutionen zusam-
wie verwandte Initiativen und Praktiken zu      Lehrpläne, Animationen, Multimedia-Res-        menzuarbeiten. Die Umsetzung erfolgt
entwickeln. Eine von der UNESCO-UNEVOC          sourcen usw.                                   vorzugsweise in Zusammenarbeit oder mit
im Jahr 2018 in Auftrag gegebene Studie                                                        Unterstützung eines UNEVOC-Zentrums.
über den Einsatz von OER in der berufli-        ¬ Anpassungen, Lokalisierungen und Neu-        Eine Auswahlkommission wird die Vor-
chen Bildung ergab, dass das OER-Kon-           ausrichtungen bestehender offener Bil-         schläge bewerten.
zept bei den Beteiligten der beruflichen        dungsressourcen, z. B. Anpassungen und
Bildung noch weitgehend unbekannt war.          Übersetzungen bestehender Lehrbücher,
Gleichzeitig wurden die offenen Bildungs-       Online-Kurse, Curricula, Animationen, Mul-
ressourcen als vielversprechend für die         timedia-Ressourcen etc.                        Quelle: unbonn.org

                                                                                                                                         14
kann angepasst und installiert werden und
 das Gesamtpaket steht. Eine Berufsschule
 in Hanoi will eine Lehrer- und Schülerbe-        AUS DER PRAXIS:
 wertungsplattform dazu. Kein Problem. Ein
 Bildungszentrum in Timbuktu sucht nach           UMFRAGEPLATTFORM
 einer Verwaltungslösung für die Schule.
 Auch kein Problem.
                                                  Das Unternehmen APPLICATIO hat
                                                  in Albanien im Rahmen eines Pro-
                                                  jekts der Entwicklungszusammen-
 VORAUSSETZUNGEN                                  arbeit die staatliche Akademie für
                                                  Staatsbedienstete beraten. Diese
                                                  brauchte dringend eine Lösung,
 Es gibt spezialisierte Anbieter, die vor allem   um die Qualität ihrer Tausenden        Thorsten Trede
 digitale Lösungen erarbeiten und anbie-          von Schulungen zu überwachen.
 ten. Abhängig von den Anforderungen der                                                 Managing Director
                                                  Limesurvey™ (http://limesurvey.        APPLICATIO Training &
 Nachfrageseite ist es aber auch für alle         org) war Grundlage der entwickel-      Management GmbH
 anderen Bildungsanbieter kein Hexenwerk,         ten Lösung, kostenlos zu bezie-
 FOSS in der Originalversion kostenlos mit        hen, anzupassen und zu nutzen.         www.applicatio.com
 anzubieten oder (als Service) anzupassen.        Nach nur drei Monaten stand die
 So mancher von ihnen hat seine eigene            Plattform auf Albanisch bereit, bot
 Software entwickelt, dann als FOSS veröf-        genau die Fragebögen und Aus-
 fentlicht und generiert heute Umsatz aus         wertungen, die gebraucht wurden,
 der Betreuung der gleichen Software bei          und passte sich in die anderen On-
 Partnern oder bei der Entwicklung und dem        lineangebote der Akademie ein. Ein
 Vertrieb von Zusatzmodulen.                      Administrator und drei Nutzer wur-
                                                  den jeweils einige Tage geschult
 Voraussetzungen sind ein gewisses Maß            und noch heute, fünf Jahre später,
 an digitaler Affinität, ein Mitarbeiter oder     wird die Lösung ohne Lizenzkosten
 eine Mitarbeiterin mit etwas Programmier-        erfolgreich genutzt.
 und/oder Web-Erfahrung, Kenntnisse der
 Rechtslage und ein offenes Ohr für die           APPLICATIO ist beileibe kein
 Bedarfe der Kundinnen und Kunden. Eine           IT-Dienstleister, konnte aber seine
 frühzeitige Beschäftigung mit FOSS ist auf       Stärken im Aufbau von Qualitäts-
 jeden Fall besser, als dem Trend irgend-         sicherung in der Bildung dadurch
 wann hinterherzurennen.                          ausspielen, dass auch eine digitale   BEZUGSQUELLEN
                                                  Lösung (ohne echte Zusatzkosten
                                                  und bei voller Wertschöpfung im
 AUF GEHT’S!                                      Unternehmen) mit angeboten wer-       Die wohl umfassendste Sammlung
                                                  den konnte.                           an FOSS findet sich unter: https://
                                                                                        sourceforge.net/directory/.      Mit
 Machen wir uns nichts vor: Viele der Ziellän-    Die Software wird von den Entwick-    den dort zur Verfügung gestellten
 der des deutschen Berufsbildungsexports          lerinnen und Entwicklern als FOSS     Tools erstellen Entwickler/-innen
 sind uns in Sachen Digitales weit voraus,        herausgegeben, gleichzeitig kann      auf SourceForge in über 500.000
 zumindest was die Selbstverständlichkeit         sie aber auch kostenpflichtig mit     Projekten leistungsstarke Soft-
 der Nutzung angeht und die klaren Anfor-         entsprechenden Services (Hosting,     ware. Millionen von registrierten
 derungen an den Nutzen. Auch als nicht           Wartung etc.) angemietet werden.      Nutzerinnen und Nutzern betei-
 auf Digitallösungen spezialisierter Anbieter                                           ligen sich oder beziehen die Lö-
 kann man da mithalten und vielleicht ein                                               sungen. Das beliebte Verzeichnis
 neues Geschäftsfeld erobern, zumindest                                                 verbindet monatlich mehr als 35
 aber Komplettlösungen anbieten und im                                                  Millionen Nutzer/-innen mit all die-
 Wettbewerb bestehen, ohne das Rad −                                                    sen Open-Source-Projekten und
 oder wie man auf dem Balkan sagt, „heißes                                              bedient mehr als vier Millionen
 Wasser“ − neu zu erfinden.                                                             Downloads pro Tag. Da ist für jeden
                                                                                        etwas dabei!

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xPORT-Magazin 01 | 2020   16
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

Behutsam und mit Augenmaß
Voraussetzungen für gelungene Digitalisierungsstrategien im Bildungsbereich sind die sensible Integration neuer Lernformate
in bestehende Konzepte und die Akzeptanz durch die Lernenden.

Martin Fielko und Ursula Plötz

Digitale Lernformate sind in der internati-    Noch schwerwiegender ist allerdings die       so dass die Präsenzzeit verringert werden
onalen Bildungsarbeit nicht mehr wegzu-        mangelnde Akzeptanz digitaler Lernan-         kann. Andere Kursinhalte, die schwieriger
denken. Auch für unser Unternehmen, das        gebote, wenn sie mit höheren Kosten für       digital umzusetzen sind, bleiben bewusst
Collective Leadership Institut (CLI), erge-    die Teilnehmenden verbunden sind: Au-         „im analogen Bereich“, beispielsweise
ben sich dadurch klare Vorteile. Vor allem     ßerhalb geförderter Maßnahmen ist auf         Teambuildingprozesse und Krisenmanage-
gelingt es uns, Distanzen besser zu über-      dem freien Bildungsmarkt kaum jemand          ment. Besonders bei Kursprogrammen, die
brücken: Keine oder weniger Reisen, die        bereit, nennenswerte Summen für digita-       aus mehreren Modulen bestehen, sparen
sonst für unsere internationalen Trainings     le Fortbildungen auszugeben. Dort wer-        wir durch die Onlinebegleitung (Reise-)Zeit
nötig sind, bedeuten eine erhebliche Zeit-     den überwiegend kostenlose oder sehr          und Kosten.
ersparnis und verringern den CO2-Aus-          niedrigpreisige und damit kleinteilige Bil-
stoß. Darüber hinaus kann schwer er-           dungsangebote erwartet, die für unseren       Ebenso zentral für die Umsetzung unse-
reichbaren Zielgruppen, wie z. B. in Nigeria   Ansatz weniger geeignet sind.                 rer Digitalisierungsstrategie ist die Einbe-
oder Afghanistan, ein Zugang zu unseren                                                      ziehung unserer Alumni. Wer bereits eine
Bildungsangeboten ermöglicht werden.                                                         Trainingserfahrung mit uns gemacht hat,
Entsprechend gehören Angebote wie We-          … UND WIE WIR SIE ÜBER-                       ist aufgeschlossener dafür, das Lernen
binare, Online-Peer-Coaching oder frei                                                       auch in digitalen Umgebungen auszupro-
verfügbare Inhalte auf Lernplattformen         WINDEN …                                      bieren. Außerdem bieten digitale Tools
bereits zu unserem Standardrepertoire.                                                       niedrigschwellige Möglichkeiten zur Ver-
                                                                                             netzung der Alumni untereinander. In ei-
                                               Daher sieht unsere Digitalisierungsstra-      nem nächsten Schritt geht es uns aktuell
                                               tegie eine behutsame Umsetzung und die        darum, synchrone Tools stärker für unse-
DIE HÜRDEN                                     Integration digitaler Lernformate in beste-   re Bildungsarbeit zu erschließen, da die
                                               hende Konzepte vor: Wir setzen auch in        Gleichzeitigkeit des Austausches und das
                                               Zukunft darauf, unsere Trainingsangebote      gemeinsame Lernen sehr gut zu unserer
Warum stellen wir dann nicht komplett auf      gemeinsam mit den Partnerorganisatio-
digitale Bildungsangebote um? Zum einen                                                      Methodik passt. Konkret umgesetzt wird
                                               nen auf den jeweiligen Länderkontext zu-      das mit Services für Remote-Conference
gibt es technische Hürden: Beispielsweise      zuschneiden. Daher werden wir auch wei-
sind bei synchronen Tools, bei denen die                                                     und Virtuellen Lernräumen.
                                               terhin Präsenztrainings vor Ort anbieten.
gleichzeitige Online-Präsenz aller Kursteil-   Darüber hinaus wird es weiter offene Kurse
nehmenden entscheidend ist, ein stabiler       an unseren Standorten in Deutschland und
Internetzugang und ausreichend Band-           Südafrika geben, bei denen unsere Metho-      … MIT DIGITALEN TOOLS
breite oft ein Problem. Auch unterschied-      den und Ansätze zur Verbesserung von
liche Zeitzonen und Verzögerungszeiten         Dialogfähigkeit und gemeinschaftlicher
durch große Entfernungen können das            Führung auch physisch erfahrbar bleiben.      Remote-Conference-Services (wir nut-
Trainingserlebnis beeinträchtigen. Außer-                                                    zen dafür aktuell „Zoom“, aber es gibt viele
dem bedürfen digitale Lernangebote ne-         Diese Präsenzformate werden allerdings        weitere Anbieter) funktionieren ähnlich wie
ben der inhaltlichen immer auch der tech-      sukzessive durch Blended-Learning-Ele-        analoge Konferenzen oder Workshops, nur
nischen Vorbereitung. In manchen Fällen        mente ergänzt und Teile des Trainingskon-     dass sich die Teilnehmenden per Laptop
kann es da einfacher sein, auf die Arbeit      zepts werden in digitaler Form angeboten,     mit Kamera dazuschalten. Dabei achten wir
mit Flipchart und Marker zurückzugreifen.

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Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie

xPORT-Magazin 01 | 2020                                18
besonders auf Interaktivität und einen qua-
     litativ hochwertigen Dialog. Virtuelle Lern-
     räume ermöglichen einen Transfer unserer
     in analogen Räumen langjährig erprobten
     Methoden in eine Lernumgebung, die zum
     Teil die gleichen und zusätzliche methodi-
     sche Möglichkeiten anbietet.

     Aktuell arbeiten wir zu diesem Zweck mit
     dem Unternehmen WBS zusammen, eben-
     falls Anbieter im iMOVE-Netzwerk, um           Martin Fielko
     deren 3D-Learnspace im internationalen
                                                    Head of Educational
     Kontext zu nutzen. Das Thema Digitalisie-      Programmes and Marketing
     rung bietet für uns insofern auch wichtige     Collective Leadership
     Anknüpfungspunkte für Kooperationen, als       Institute (CLI)
     wir selbst zum Beispiel keine Kompetenz in
                                                    www.collectiveleadership.com
     der Erzeugung neuer Technologien haben,
     aber dafür in der Erstellung und Überset-
     zung unserer Inhalte.

     In unserem aktuellen Projekt DIGIPEER
     kommen viele der oben genannten Stra-
     tegieansätze erfolgreich zum Tragen. Wir
     arbeiten mit einer uns gut bekannten
     Zielgruppe zusammen: deutsche Nichtre-
     gierungsorganisationen (NROs) und ihre
     internationalen Implementierungspartner-
     schaften. Diese können ihre realen Fälle als
     virtuell zusammengeführtes Team in unse-
     re Online-Trainings einbringen. Das können
     z. B. die Verbesserung der Ausbildungssitu-
                                                    Ursula Plötz
     ation im Gesundheitssektor in Kenia oder
     der Aufbau von Strukturen der organischen      Digital Strategy Project Manager
     Landwirtschaft in der Mongolei sein.           Collective Leadership
                                                    Institute (CLI)
     Den Teilnehmenden vermitteln wir dabei
                                                    www.collectiveleadership.com
     über die o. g. Remote-Conference-Services
     und die virtuellen Lernräume unser fun-
     diertes und maßgeschneidertes Wissen
     und die Kompetenzen zu ergebnisorientier-
     ter und wirkungsvollerer Zusammenarbeit.
     Als Nebeneffekt können die Teilnehmen-
     den des Projekts danach nicht nur unsere
     Methodik anwenden, sondern gleichzeitig
     die virtuellen Dialogplattformen bei Bedarf
     auch selbst gezielt nutzen, um Reisen in die
     Zielländer zu verringern und sich stärker
     mit ihren lokalen Partnerorganisationen
     und anderen NROs zu vernetzen.

     Digitale Lernformate können somit maßgeb-
     lich zur schnelleren Verbreitung von Wissen
     und stärkeren Vernetzung der Bildungsak-
     teure beitragen, wenn sie auf die entspre-
     chende Akzeptanz der Nutzer/-innen stoßen.

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Bildung 4.0 – Kurz und bündig
Digitale Medien in der                            mittelständische Unternehmen beim Einsatz          die die Herausforderungen verdeutlicht, vor
                                                  von künstlicher Intelligenz unterstützen.          der das Bildungs- und Beschäftigungssys-
Beruflichen Bildung                                                                                  tem angesichts technologischer Entwicklung
                                                                                                     steht, und gleichzeitig zeigt, dass Prognosen
So heißt ein Förderprogramm des Bundesmi-         Digitales Know-how aufbauen                        und Annahmen noch von vielen Unschärfen
nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF),
                                                                                                     begleitet sind. Über das Thema „Digitalisierung
das seit 2012 Projekte fördert, die digitale      Zwei Drittel der deutschen Unternehmen             und Künstliche Intelligenz“ ist zudem die Aus-
Technik mit pädagogischer Zielrichtung in der     wollen in digitales Know-how der Mitarbei-         gabe 3/2019 der Zeitschrift BWP (Berufsbil-
Ausbildung einsetzen. Die jüngsten unter-         ter/-innen investieren. Davon erhoffen sich        dung in Wissenschaft und Praxis) erschienen.
stützten Projekte werden voraussichtlich im       die Firmen vor allem Produktivitätssteigerung      Zahlreiche Autorinnen und Autoren zeigen, wie
Jahr 2023 auslaufen. Bis dahin fließen insge-     und Vorteile im Wettbewerb. Das ist der zen-       Digitalisierung und KI zu mehr Attraktivität in
samt rund 150 Millionen Euro Fördermittel. Die    trale Befund einer aktuellen Studie, die das       der Berufsbildung beitragen können.
Themen reichen vom Einsatz von VR-Brillen bis     Marktforschungshaus YouGov im Auftrag des
hin zu berufsspezifischen Lernplattformen und     britischen Anbieters von Unternehmenssoft-         Weitere Informationen zu den Veröffentli-
freien digitalen Bildungsmaterialien.             ware Sage durchgeführt hat. Hierfür wurden         chungen des BIBB unter publikationsma-
                                                  rund 3.000 Manager aus zwölf Ländern be-           nagement@bibb.de
Digitale Medien im                                fragt. Unabhängig von Größe oder Branchen
                                                  bevorzugen jene Verantwortlichen, die sich
Ausbildungsalltag                                                                                    Digitalisierung in der
                                                  für mehr digitale Kompetenz in ihrem Unter-
                                                  nehmen entschieden haben, ihre Investiti-          Erwachsenenbildung – eine
Die gleichnamige Roadshow wird vom BMBF
                                                  onssummen mehrheitlich (68 Prozent) in di-         neue Broschüre für Bildungs-
gemeinsam mit dem Bundesinstitut für
                                                  gitale Ressourcen fließen zu lassen, wie etwa
Berufsbildung (BIBB) durchgeführt. Jedes
                                                  in die Implementierung von E-Learning-Por-         anbieter
Jahr werden in sechs Veranstaltungen in
                                                  talen, die der Aus- und Weiterbildung der Be-
verschiedenen Städten besonders gute oder                                                            Der Verband „Weiterbildung Hessen e. V.“ hat
                                                  legschaft zugute kommen.
wegweisende Projekte und Konzepte aus dem                                                            im Auftrags des Hessischen Ministeriums
Förderprogramm vorgestellt. Weitere Infor-                                                           für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Woh-
mationen zur Roadshow unter www.qualifi-                                                             nen die Broschüre „Berufliche Weiterbildung
zierungdigital.de                                 Veröffentlichungen                                 im Zeitalter der Digitalen Transformation –
                                                                                                     Leitfaden für Weiterbildungsanbieter 2019“
Vom Wissensvermittler zum                         Digitalisierung ist                                erstellt. Die Publikation stellt Informationen
                                                                                                     für Bildungsanbieter über die Veränderungen
Lernbegleiter                                     zentrales Thema der BIBB-                          durch die Digitalisierung, die verbundenen

Ausführliche Informationen zur sich verän-        Veröffentlichungen                                 Chancen und Risiken, ihre Auswirkungen auf
                                                                                                     die Bildungslandschaft und bereits vorhan-
dernden Rolle des Ausbildenden in der Indust-
                                                  Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)        dene Angebote zusammen. Besonders hilf-
rie 4.0 gibt es auf dem Ausbilderportal foraus:
                                                  hat eine Reihe von Publikationen zum Thema         reich ist die Übersicht „Wo finde ich Antwor-
www.foraus.de/html/foraus_6201.php
                                                  Berufsbildung 4.0 herausgebracht. Zu den ak-       ten auf folgende Fragen?“. Außerdem enthält
                                                  tuellsten Veröffentlichungen zählt das Wissen-     die Publikation ein Glossar, in dem zahlreiche
Funktionsfähige Prototypen                        schaftliche Diskussionspapier von Dr. Gert Zinke   Begriffe aus der Welt des digitalen Lernens
                                                  mit dem Titel „Berufsbildung 4.0 – Fachkräfte-     erklärt werden. Illustriert werden die Hinwei-
Die Fraunhofer Academy, Mitglied im iMOVE-        qualifikationen und Kompetenzen für die di-        se durch Zitate und aktuelle Ergebnisse aus
Netzwerk, präsentierte sich auf der               gitalisierte Arbeit von morgen: Branchen- und      der Forschung. Eine interessante Ergänzung
LEARNTEC mit drei Schwerpunktthemen:              Berufescreening“. Exemplarisch wurde un-           bildet ein Raster zur Beurteilung digitaler
Der Prototyp ihrer Plattform „Blockchain for      tersucht, wie die Digitalisierung in berufliche    Kompetenzen, das sich am Europass der Eu-
Education“ ermöglicht fälschungssichere           Aufgabenfelder verändernd hineinwirkt und          ropäischen Union orientiert.
Weiterbildungszertifikate. Das „Fraunhofer        was das für die Aus- und Weiterbildung der
CLM“ ist eine Portallösung, unter der un-         Fachkräfte bedeutet. Das BIBB hat auch eine        Die Broschüre steht auf dem Portal von Wei-
terschiedlichste Lernmanagementsysteme            Auswahlbibliografie mit dem Titel „Industrie       terbildung Hessen kostenlos zum Download
zusammenfinden. Das neue BMBF-Förder-             4.0 – Wirtschaft 4.0 – Berufsbildung 4.0“ he-      bereit: https://www.wb-hessen.de/projekte/
projekt „KI-Labor“ soll speziell kleine und       rausgegeben. Sie ist eine Momentaufnahme,          digitalisierung-in-der-weiterbildung/

xPORT-Magazin 01 | 2020                                                                                                                           20
Schwerpunktthema Bildung 4.0 – Innovative Bildungsformate

Eintauchen in Lernwelten
mit Simulatoren
Eine digitale Trainingsplattform, die sich Technologien der Extended Reality (XR) und Artificial Intelligence (AI)
zunutze macht, kann praxisorientiertes Basistraining sinnvoll ergänzen.

Martin Zimmermann

21                                                                                                                   xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 – Innovative Bildungsformate

                                         Im Berufsbildungsexport wird das Lernen mit        Produkte GmbH“ einen weltweiten Roll-out.
                                         digitalen Medien stetig wichtiger und damit        Menschen im Feuerwehr- und Rettungs-
                                         auch sichtbarer. Der digitalisierte (Berufs-)      dienst gehen bei ihrem Einsatz – ob beruflich
                                         Alltag ist mittlerweile gekennzeichnet von         oder im Ehrenamt – oft ein hohes Risiko ein,
                                         Datenfluten und der hochkomplexen Vernet-          um Leben zu retten. Um an jedem Einsatzort
                                         zung von Prozessen. Die Folge: Die Menschen        zügig und sicher mit den notwendigen Gerät-
                                         benötigen entsprechende Medienkompetenz,           schaften, beispielsweise mit einer Rettungs-
                                         um ihn zu verstehen und mitzugestalten.            säge, arbeiten zu können, ist eine sorgfältige
                                         Hierfür eignen sich niedrigschwellige digitale     Einweisung im Vorfeld sowie regelmäßiges
                                         Trainings-Applikationen mit einem passen-          Trainieren für die Einsatzkräfte unerlässlich.
          Martin Zimmermann              den Gamification-Ansatz.
          CEO                                                                               Der XR-Simulator ist speziell auf die Anfor-
          imsimity GmbH                  Neben Lernfabriken für die Industrie 4.0 und       derungen der Blaulichtorganisationen zuge-
          www.imsimity.de                sogenannten „digitalen Zwillingen“, also di-       schnitten. Das didaktische Konzept wurde in
                                         gitalen Repräsentanzen eines Objekts oder          Abstimmung mit Fachleuten und Hauptakteu-
                                         Prozesses aus der realen Welt, entwickelt die      ren aus Feuerwehr und THW entwickelt, um
                                         IT- und Bildungsbranche weitere Trainings-         eine möglichst große Praxisnähe zu erreichen.
                                         methoden mittels Hard- und Software, die           Basiswissen für Standard-Notfallsituationen
                                         sich Extended Reality (XR) und Artificial Intel-   zu vermitteln, ist das Hauptziel. Die techno-
                                         ligence (AI) zunutze machen. Diese digitalen       logiegestützten Übungseinheiten erfolgen
                                         bzw. digital ergänzenden Lernanwendungen           durch Interaktion im Mixed-Reality- (MR) Si-
                                         sind vielfältig einsetzbar.                        mulator mit dem realen Gerät (Motorsäge) in
                                                                                            den Händen der Nutzerin oder des Nutzers. Sie
                                                                                            sind einfach nutzbar über einen App-Download
                                         EINTAUCHEN IN DIE WELT DES                         und Lizenz-Zugang sowie eine oder mehrere
                                                                                            Virtual-Reality-Datenbrillen.
                                         WISSENS

                                         Unsichtbares sichtbar und erfahrbar zu ma-         CHANCEN UND VORTEILE VON
                                         chen, ist das Alleinstellungsmerkmal von           XR-/AI-SIMULATOREN
                                         XR-Lernszenarien. Die Immersion – das in-
                                         dividuelle, virtuelle und tiefe Eintauchen in
                                         die Lernwelt – soll als emotionales Schlüs-        Die echte Motorsäge wird in die virtuelle Welt
                                         selerlebnis zu einem wirkungsvolleren Lern-        integriert und in Echtzeit abgebildet. Die digi-
                                         ergebnis führen. Meist dienen sogenannte           tale Lernwelt wurde zuvor am Beispiel realer
                                         Head-Mounted Displays, auf dem Kopf zu tra-        Notfallsituationen aufbereitet und nach An-
                                         gende Sichtgeräte, zur Erschaffung hybrider        gaben erfahrener Einsatzkräfte modelliert. So
                                         (real-virtueller) oder komplett virtueller Lern-   werden die zu erlernenden Einsatzmaßnah-
                                         und Trainingswelten.                               men auf einem realitätsnahen Stress-Level
                                                                                            eingeübt. Der 360-Grad-Rundumblick des
                                         Ein Beispiel für eine innovative Lernsoftware      Rettungssägen-Simulators bringt die Nutze-
                                         ist die Applikation „rescuesawMR“. Sie ist ein     rin oder den Nutzer direkt ins Geschehen und
                                         vom XR-/AI-Experten imsimity entwickelter          schafft eine hohe Intensität der Lernerfah-
                                         hybrider Simulator für Rettungssägen-Ein-          rung − und somit die Chance auf ein nachhal-
                                         sätze im Auftrag der international tätigen         tig verankertes und abrufbares Basiswissen.
                                         STIHL AG, dem Weltmarktführer für die Her-
                                         stellung von Motorsägen. Mit diesem ersten         Die Vorteile sind ein ressourcenschonen-
                                         XR-Trainingsprodukt plant STIHL mit seiner         des Trainieren ohne trainingsbedingten Ver-
                                         zu diesem Zweck gegründeten „SDP Digitale          schleiß, ohne Kraftstoffverbrauch und ohne

xPORT-Magazin 01 | 2020                                                                                                                   22
Materialausschuss, aber auch Unabhängig-
                                                                                      keit von Wetter, Zeit und Ort. Über ein integ-
                                                                                      riertes Machine-Learning-Modul können die
                                                                                      Trainierenden ihren Erfolg direkt kontrollieren
                                                                                      und erhalten individuelle Informationen über
                                                                                      eventuell noch unzureichende Kenntnisse.

                                                                                      AUSGEZEICHNETE BILDUNGS-
                                                                                      INNOVATION

                                                                                      Auf der LEARNTEC 2020, der größten Messe
                                                                                      für digitales Lernen in Europa, hat imsimity
                                                                                      gemeinsam mit STIHL den Immersive Lear-
                                                                                      ning Award für die beste Simulation in der
                                                                                      Kategorie „Standard Content“ gewonnen. Auf
                                                                                      der didacta 2020, die wegen der Corona-Krise
                                                                                      ausfallen musste, beabsichtigte die Jury des
                                                                                      eLearning Journals, an imsimity den eLear-
                                                                                      ning AWARD in der Kategorie Mixed Reality zu
                                                                                      vergeben.

                                                                                      Das Unternehmen STIHL will den Simulator
                                                                                      als zentrales Tool seines zukünftigen Schu-
                                                                                      lungskonzepts mithilfe eines Verleihsystems
                                                                                      vertreiben. Diese Art der Vermarktung wird
                                                                                      nach Expertenmeinung zukünftig eine stetig
                                                                                      steigende Bedeutung im Markt einnehmen.
                                                                                      Sobald sich das Produkt in der primären
                                                                                      Zielgruppe der Freiwilligen Feuerwehren und
                                                                                      Berufsfeuerwehren etabliert hat, möchte der
                                                                                      Motorsägen-Hersteller damit weitere Ziel-
                                                                                      gruppen und Märkte weltweit erschließen.

                                                                                      Im neuen Trainingszentrum des Digital Moun-
                                                                                      tains Hub St. Georgen finden regelmäßige
                                                                                      Schulungen mit dem Rettungssägen-Simula-
                                                                                      tor statt. Interessierte Organisationen können
                                                                                      beim Betreiber imsimity Inhouse- oder auch
                                                                                      Schulungstage im Zentrum vor Ort buchen.
                                                                                      Das komplette Equipment und die Schulungs-
     Beim Virtual Fires Congress (VFC) am 16. und 17. Juli 2020 werden For-           unterlagen werden gestellt. Das Angebot er-
     schungsprojekte, Best-Practice-Beispiele sowie Weiterentwicklungen digital       streckt sich vom ersten Kennenlern-Parcours
     ergänzender Schulungsangebote vorgestellt (www.virtual-fires.de). Der VFC        über Meet-ups mit Fachvorträgen und De-
     gilt als die wichtigste Fachtagung zu den Themen Simulation, Extended Re-
                                                                                      monstration der Exponate bis zu einem zer-
     ality, sowie KI und Robotik im Bereich Terror-, Zivil- und Katastrophenschutz.
                                                                                      tifizierten „XR Learning Manager“-Lehrgang.
                                                                                      Organisiert werden die Events über das Virtu-
                                                                                      al Dimension Center TZ St. Georgen.

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