XPORT 15 - Das iMOVE-Exportmagazin
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xPORT Inhalt Editorial....................................................................................................3 Einführung: Bildungsanbieter als Innovations- manager von Silvia Niediek................................................................5 Beschaffungsstrategie EdTech als Herausforderung und Chance für den Berufsbildungsexport von Dr. Romy Hilbig.....................................7 Digitalisierung in der Berufsbildung – ganz umsonst? von Thorsten Trede................................................11 Behutsam und mit Augenmaß von Martin Fielko und Ursula Plötz..................................................17 Bildung 4.0 - Kurz und bündig..........................................................20 Innovative Bildungsformate Eintauchen in Lernwelten mit Simulatoren von Martin Zimmermann....................................................................21 Bildungswege begleiten oder sogar überspringen von Gabriele Riedmann de Trinidad................................................24 Digitalisierte Berufsbildung: Zur Gleichwertigkeit von Software und Inhalt von Julian Gajo......................................28 Kompetenzaufbau durch innovative Berufsbildungs- formate von Bonny Brandenburger.................................................31 Aus dem iMOVE-Netzwerk..................................................................33 Rollenwandel bei den Lehrkräften Das „umgedrehte Klassenzimmer“ für Digital Natives von Edwin Lemke..................................................................................35 Technische Kompetenz allein reicht nicht von Dr. Gertraud Kinne........................................................................39 Kurz und bündig.....................................................................................42 xPORT-Magazin 01 | 2020 2
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, die Corona-Krise bewegt uns derzeit alle sehr stark und hat ex- Die Darstellungen der Autorinnen und Autoren sind durchweg sehr treme Auswirkungen – nicht nur auf unsere Arbeit, sondern auch ausführlich, anschaulich und konkret – aus der Praxis für die Pra- auf unsere Gesundheit, unsere Gesellschaft und letztendlich unser xis. Positiv sticht außerdem hervor, dass sich mehrere von ihnen gesamtes Zusammenleben auf diesem Planeten. Wenn es um die ausdrücklich eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Bil- Gesundheit, für einige gar um Leben und Tod geht, dann ist alles dungsanbietern wünschen, weil man seine Ziele gemeinsam oft andere sekundär. In diesem Sinne hoffe ich, dass es Ihnen und Ih- besser erreichen kann, auch oder gerade in einer zunehmend digi- ren Familien soweit gut geht und dass wir gesamtgesellschaftlich talisierten Welt. Hierbei möchten wir von iMOVE alle interessierten möglichst unbeschadet durch diese unsteten Zeiten kommen. Partner sehr gern weiterhin unterstützen. Die gegenwärtigen Entwicklungen konnten im Vorhinein nicht in Die intensive Nutzung von xPORT als Plattform für den Austausch dieser gewaltigen Dynamik abgesehen werden, aber in Zeiten von innerhalb der Bildungsexportbranche und als Anknüpfungspunkt strikten Ausgehbestimmungen, eingeschränktem Versammlungs- für Bildungspartnerschaften wünschen wir uns auch für die Zu- recht, Eigenisolation bis hin zu Quarantäne zeigt sich immer deut- kunft. Daher werden wir auch für die kommenden Ausgaben inte- licher, wie sehr die Digitalisierung und neue Technologien unser ressante Schwerpunktthemen wählen und diese frühzeitig kom- Leben und unsere Arbeit vereinfachen im Umgang mit Distanz, munizieren, damit Sie sich in Ruhe überlegen können, ob Sie sich manche Projekte und Aufgabenbewältigung sogar erst möglich mit einem Artikel beteiligen möchten. Fühlen auch Sie sich ermu- machen. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns entschieden, mit tigt, von Ihren Erfahrungen und Erfolgen zu berichten! dieser Ausgabe von xPort den rein digitalen Weg zu beschreiten und auf Druck und Versand zu verzichten. Über Rückmeldung zu Der Fokus der nächsten Ausgabe liegt auf dem Thema „Incoming/ diesem Vorgehen, auch im Hinblick auf die nächsten Ausgaben, Outgoing – der beste Ort für den Bildungsexport“. Bieten Sie Ihre würden wir uns sehr freuen. Bildungsleistungen in Deutschland oder im Ausland oder an beiden Standorten an? Warum ist das eine aus Ihrer Sicht besser geeignet Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen bewegen die Bildungs- als das andere? Welche guten und schlechten Erfahrungen haben exportbranche schon seit geraumer Zeit. Wie sehr die sogenannte Sie mit den verschiedenen Varianten gemacht? Wie lauten Ihre Em- Industrie 4.0 den Bildungsbereich beeinflusst, ist leicht an zahlrei- pfehlungen? Und aktuell angesichts der Corona-Krise ganz wichtig: chen neuen Schlagworten erkennbar à la Bildung 4.0, Lehrkräfte Ist der beste Ort für Bildungsleistungen heutzutage das Internet? 4.0, Training 4.0 etc. Über diese vielen unterschiedlichen Facetten haben wir auch in xPORT immer wieder berichtet. Lassen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bildungsexport- branche an Ihren Erkenntnissen teilhaben! Wenn Sie in der Ausga- Mit der Zeit nehmen die Herausforderungen in diesem Bereich im- be 2/2020 von xPORT zu Wort kommen wollen, senden Sie uns Ihre mer weiter zu und kaum ein Bildungsanbieter kann sich dem Druck Artikel bitte bis Ende Juli zu. Wenden Sie sich dazu direkt an Silvia entziehen, die eigenen Angebote auf ihre Tauglichkeit für das neue Niediek aus unserem iMOVE-Team. digitale Zeitalter zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Je mehr von Ihnen das tun, desto größer wird auch der Erfahrungs- Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie dabei wären! schatz, von dem die gesamte Branche profitieren kann. Ich wünsche uns allen Gesundheit, Geduld und dass wir die Krisenzeit Vor diesem Hintergrund legen wir in der vorliegenden Ausgabe gemeinsam gut überstehen. den Schwerpunkt unserer Berichterstattung auf die Digitalisie- rung und die Bildung 4.0. Zahlreiche Ihrer Kolleginnen und Kolle- gen aus der Bildungsexportbranche haben sich bereit erklärt, von ihren Erfahrungen zu berichten und Chancen aufzuzeigen, die die Nutzung neuer Kommunikationsmedien in der beruflichen Bildung weltweit bietet. Für die aufschlussreichen Beiträge bedanken wir uns an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich. Die meisten Au- torinnen und Autoren beleuchten mehrere Aspekte des Themas. Je nach Schwerpunkt haben wir die Artikel in drei Kategorien unter Dr. Andreas Werner den Überschriften „Beschaffungsstrategie“, „Innovative Bildungs- (Universidade de São Paulo, Brasilien) formate“ und „Rollenwandel bei den Lehrkräften“ gegliedert. Leiter „iMOVE: Training – Made in Germany“ 3 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Einführung BILDUNGSANBIETER ALS INNOVATIONSMANAGER Der Veränderungsdruck, der von der zunehmenden Digitalisierung ausgeht, bietet Bildungsanbietern gute Geschäfts- und Gestaltungschancen. Silvia Niediek 5 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Einführung Die digitale Transformation ist ein globa- wicklung und Ausrichtung konkreter Ange- die geringere Halbwertszeit von Wissen ler Prozess mit direkten Auswirkungen auf bote für die berufliche Aus- und Weiterbil- macht auch eine fortlaufende Erneuerung Arbeit und Bildung. Nach jüngsten Daten dung in internationalen Märkten gewinnen. der Wissensbasis in der Wirtschaft notwen- nutzten im vergangenen Jahr 4,1 Milli- Gerade wenn es deutschen Anbietern dig. Die Nachfrage nach Bildungsmaßnah- arden Menschen und somit mehr als die gelingt, die weltweit anerkannten Vorteile men wächst. Das Erlernen neuer beruflicher Hälfte der Weltbevölkerung das Internet. dualer Berufsbildung mit digitalen Medien Fähigkeiten ist fortan für alle Mitarbei- 2005 hatte der Anteil weltweit noch unter und Inhalten zu verbinden, können sie ihre ter/-innen eine Lebensaufgabe. 20 Prozent gelegen. In Europa werden in- Wettbewerbschancen deutlich erhöhen. zwischen Anteile von über 80 Prozent er- Der Qualifizierungsbedarf auf der Ebene Bei der Übertragung von Bildungsange- reicht. Die Daten zeigen auch: Der Einsatz der Mitarbeiter/-innen, aber auch der des boten in internationale Märkte spielt in digitaler Technologien schafft Wachstum Ausbildungspersonals ist jedenfalls enorm. Zukunft nicht nur das kulturelle Ansehen und Wohlstand in den Industrieländern. beruflicher Bildung eine wichtige Rolle, Von den 38 Millionen Arbeitsplätzen, die im Der digitale Wandel sorgt dafür, dass be- sondern auch die vorherrschende Tech- OECD-Raum zwischen 2006 und 2016 ge- rufliche Bildung in Zukunft noch viel mehr nologieakzeptanz und damit verbundene schaffen wurden, entfielen 40 Prozent auf als bislang jenseits öffentlicher Bildungs- technische Infrastruktur. Je größer die hochdigitalisierte Sektoren. systeme erfolgt. Innovative Unternehmen kulturelle und technologische Distanz zwi- werden für ihre spezifischen Fachkräftebe- schen Heimat- und Zielmarkt, desto hö- Die Digitalisierung treibt die Globalisierung darfe das Heft des Handelns fester in die her ist die Notwendigkeit von spezifischen geradezu voran. Wertschöpfungsketten Hand nehmen. Für Bildungsanbieter erge- Anpassungen an die Kundenbedarfe. Zu und Anbieter-Kunden-Beziehungen funk- ben sich so große Chancen, sich stärker den beachtenswerten Rahmenbedingun- tionieren dank digitaler Anwendungen un- als bislang an der Durchführung von Aus- gen zählen mehr denn je die Verfügbarkeit abhängig von bestimmten geografischen bildungsmodulen und berufsbegleitender von Hardware und digitaler Netze. Standorten. So entstehen nicht nur neue Weiterbildung zu beteiligen, etwa indem Geschäftsmodelle für Unternehmen, son- sie gemeinsame Lernplattformen entwer- Am Ende bleibt die Frage nach (internati- dern auch neue Kompetenzprofile für die fen und einrichten. onalen) Leitplanken für Bildung 4.0. Bedarf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu ge- es allgemeiner Orientierungshilfen oder gar hört auch, dass die Ausbildung von Fach- Offen lizenzierte Bildungsmaterialien, Reglementierungen, um bei digitalisierten kräften heute in vielen Berufen nicht nur sogenannte Open Educational Resour- Bildungsangeboten das technisch Mach- eine digitale, sondern auch eine internati- ces (OER), treiben den Systemwechsel bare mit dem ethisch Vertretbaren in eine onale Dimension umfasst. in der Bildung weiter voran. Sie betonen vernünftige Beziehung zu setzen? Bislang den Charakter von Bildung als öffentli- sind es vor allem die Lehrenden und mithin Der hohe Innovationsdruck, den die digita- ches Gut und als Gemeinschaftsaufgabe, auch Bildungsanbieter, denen eine zentrale le Transformation ausübt, fordert auch die die in Kooperation und im Austausch der Rolle bei der Entwicklung eines ganzheitli- deutsche Bildungsexportwirtschaft und Akteure umgesetzt wird. Lernende und chen Bildungsverständnisses und der not- deren Transformationsfähigkeit heraus. Die Lehrende übernehmen neue Rollen. In ei- wendigen Reflexion über das Erlernte und Notwendigkeit, das eigene Bildungsangebot nem gleichberechtigten, dialogischen und den Lernprozess zukommt. angesichts hochdynamischer Entwicklun- agilen Prozess werden sie zu Mitprodu- gen immer wieder auf den neuesten Stand zenten des Wissens, das sie kollaborativ zu bringen, erfordert ein intensives Innova- weiterentwickeln. Digitale Medien eignen tionsmanagement der Organisationen. sich ausgezeichnet als Werkzeuge für die Zusammenarbeit und fördern den neuen Bildungsbegriff. VERÄNDERUNGSPROZESSE Eine besondere Herausforderung, aber auch Chance für Bildungsanbieter bleibt Aus dem veränderten Anspruch an die das Tempo der Veränderung. Zwar erfordert berufliche Bildung lassen sich aber auch der technische Fortschritt laufend Anpas- wichtige Impulse für die zukünftige Ent- sungen der eigenen Angebotspalette. Aber xPORT-Magazin 01 | 2020 6
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie EdTech als Herausforderung und Chance für den Berufs- bildungsexport Digitale Technologien verändern Bildungsinhalte, aber auch Lehr- und Lernmethoden. Bildungsanbieter müssen sich entscheiden, wie sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft sichern wollen. Dr. Romy Hilbig 7 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie Die Welt, in der wir leben, ist volatil, unsi- rativ entwickelten Inhalten) genutzt, kamen hervorbringt. Das Angebot von EdTech-Un- cher, komplex und mehrdeutig. Digitale 2012 die ersten MOOCs (Massive Open On- ternehmen ist vielseitig: Einige Anbieter Technologien treiben Veränderungsprozes- line Courses) auf den Markt. Im Jahr 2020 stellen Plattformen mit Softwarelösungen se voran und schaffen mittels Sensoren, bestimmen unter anderem Virtual/Aug- zur Verfügung, während andere komplette Robotern und Künstlicher Intelligenz (KI) mented Reality (VR/AR), Serious Games Lehrmodule für Dozierende entwickeln. Zu smarte Lebens- und Arbeitswelten. Die zu- und Lernmanagementsysteme (LMS) die den Angeboten zählen Lernmanagement- nehmende globale und digitale Vernetzung nationale und internationale Bildungsland- systeme wie Canvas, Sprachlern-Apps wie verändert nicht nur die Art und Weise, wie schaft. Zwei Beispiele: Der deutsche Anbie- Babble und Software für virtuelle Klassen- wir leben, sondern stellt auch neue Anfor- ter WBS Gruppe hat mit WBS LearnSpace zimmer wie edudip. Hier entstehen auch derungen an unsere Arbeitswelt und damit 3D® eine virtuelle, dreidimensionale, simu- ganz neue Berufsbilder, etwa Autor/-in zur auch an die nationale und internationale lative Lernumgebung entwickelt, in der Teil- pädagogischen Erstellung von E-Learning- Berufsbildung. Dachdecker/-innen setzen nehmer/-innen und Dozent/-innen mittels Kursen oder Industrial Designer/-in für Drohnen ein, um Gebäude zu vermessen, Avataren weltweit miteinander lernen und Online-Lernwelten. Zahnarzthelfer/-innen fertigen Zahnersatz lehren können. Der Motorsägen-Hersteller mittels 3D-Druck an und Kaufleute im Ein- STIHL setzt international VR-Brillen ein. Angesichts dieser Entwicklungen müssen zelhandel spezialisieren sich im Bereich In virtuellen Realitäten erlernen Mitarbei- sich international agierende Berufsbil- E-Commerce. Die sogenannte Arbeit 4.0 ter/-innen Sägen, Schweißen und Bohren. dungsdienstleister intern die klassische und Berufsbildung 4.0 müssen sich ge- Durch digitale Technologien verändert sich „Make or Buy“-Frage stellen: Kaufen sie meinsam entwickeln, um junge wie ältere die Didaktik und es entstehen neue E-Lear- EdTech-Lösungen ein oder entwickeln sie Arbeitnehmer/-innen in den geforderten ning- und Blended-Learning-Formate, die diese mit eigenen Ressourcen und erobern digitalen Kompetenzen weltweit aus- und On- und Offline-Lernen miteinander kom- damit gegebenenfalls selbst neue Märkte weiterzubilden. binieren. So bieten z. B. die Euro Akademien als EdTech-Anbieter. Unternehmensextern weiterbildende Blended-Learning-Formate wächst der Wettbewerbsdruck, da mehr Die Studie „Future Skills“ von Stifterverband für Pflegekräfte und Erzieher an, wodurch Player in den Bildungsmarkt eintreten und und McKinsey aus dem Jahr 2018 zeigt auf, diese bisher weniger digitalisierten Berei- jedes EdTech-Unternehmen gleichzeitig dass digitale Schlüsselqualifikationen wie che auch an digitales Lernen herangeführt auch eine Konkurrenz darstellt. Deutsche Data Literacy, Kollaboration, digitales Ler- werden. Berufsbildungsdienstleister konkurrieren nen, aber auch Soft Skills wie Adaptions- im Ausland zunehmend nicht nur mit An- fähigkeit und Veränderungsbereitschaft bietern aus den Zielmärkten, sondern auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern EDTECH-ANBIETER – mit anderen international agierenden Ed- vermittelt werden sollten. Darüber hinaus Tech-Unternehmen. bedarf es der Aus- und Weiterbildung von KONKURRENZ ODER KOOPERA- Tech-Spezialisten in Bereichen wie Big TIONSPARTNER FÜR BERUFS- Gleichzeitig erobern die großen „TechLords“ Data, Robotics oder KI, um einen sicheren BILDUNGSDIENSTLEISTER? wie Amazon, Google, Samsung, Microsoft Umgang mit diesen transformativen Tech- und Facebook den Bildungsmarkt. Ihr ent- nologien in allen Branchen vom Handwerk scheidender Wettbewerbsvorteil: Sie ha- über die Gesundheit bis hin zum Einzel- Lernen 4.0 ist digital, mobil, individuell und ben bereits die digitalen Daten ihrer Kun- handel sicherzustellen. Dies impliziert eine weltweit möglich. Dadurch entstehen neue den und können diese nun mit innovativen Adaption bzw. sogar Neuentwicklung der nationale und internationale Geschäfts- Lern- und Lehrapplikationen verbinden. beruflichen Ausbildung, aber auch die kon- möglichkeiten für deutsche Berufsbil- stante Entwicklung von Weiterbildungen, dungsdienstleister. Gleichzeitig verändert Laut iMOVE-Trendbarometer geben noch um die digitale Transformation von Unter- sich die Markt- und Wettbewerbssituation. 56 Prozent der deutschen Bildungsexpor- nehmen und Arbeit 4.0 zu ermöglichen. Zunehmend etabliert sich der sogenannte teure an, dass das duale System bedeu- EdTech- (Education Technology) Sektor, tend für das internationale Geschäft ist. Aber Berufsbildung 4.0 bedeutet nicht nur, der 2020 ein globales Wachstum in Höhe Dessen Vorteile müssen nun aber mit di- dass die Aus- und Weiterbildungsinhalte von acht Billionen Dollar an Bildungsaus- gitalen EdTech-Lösungen kombiniert wer- sich an den Anforderungen der Digitali- gaben generieren soll. Als EdTech wird die den, um international Erfolg zu haben. Dies sierung ausrichten müssen, sondern auch Digitalisierung von Bildungsdienstleistun- bedeutet für Berufsbildungsexporteure In- die Lehr- und Lernmethoden. In den letz- gen und Geschäftsmodellen durch Soft- vestitionen in Technologien, aber vor allem ten 20 Jahren hat sich der Bildungssektor wareanbieter definiert, die neue Technolo- auch in Personal. beim Einsatz digitaler Instrumente rasant gielösungen für das Lernen und Lehren an entwickelt. Wurden Ende der 90er-Jahre allgemeinbildenden Schulen und Berufs- hauptsächlich Wikis (Websites mit kollabo- schulen, Universitäten und Unternehmen xPORT-Magazin 01 | 2020 8
LERNDATEN UND DIGITAL- triebene Lernempfehlungen analog zu den Voraussetzungen durch die Aus- und Wei- AFFINE LEHRKRÄFTE – Amazon-Logiken „Was andere Nutzer/-in- terbildung der Lehrkräfte (Trainer/-innen) nen gelesen/gelernt/geklickt haben, könn- geschaffen werden. Medienpädagogik ist SCHLÜSSELRESSOURCEN DER te Sie ebenfalls interessieren“ zunehmend gefordert, damit eine sinnvolle, aber auch BERUFSBILDUNG 4.0 auf digitalen Lernplattformen, aber auch in kritische Reflexion der Lerninhalte unter Lernmanagementsysteme implementiert. Einsatz digitaler Technologien erfolgen KI-gestützte Lern- und Lehrsysteme, die kann. Den Lehrkräften kommt hierbei eine Ein entscheidender Vorteil digitaler Bildung sich adaptiv an die individuellen Bedürf- Schlüsselrolle zu: Nur wenn sie „mitge- ist, dass relativ mühelos und systematisch nisse der Nutzer/-innen anpassen, befin- nommen“ und ihre Ängste vor (techni- die Daten des Lehr- und Lernverhaltens den sich dagegen noch in den Anfängen. schen) Veränderungen ausgeräumt wer- von Nutzer/-innen erhoben werden kön- Von zentraler Bedeutung ist in Europa die den können, wird eine flächendeckende nen. Gemeinsam mit Forscherkollegen Konformität mit der Datenschutz-Grund- Berufsbildung 4.0 überhaupt erst möglich. habe ich den europäischen EdTech-Markt verordnung (DSGVO) bei der Erhebung der Es geht nicht nur darum, digitale Medien untersucht und festgestellt, dass die meis- Nutzerdaten, während andere internatio- im Unterricht zu nutzen, sondern es muss ten EdTech-Anbieter einfache Statistiken nale Märkte weniger stark reguliert sind. ein grundlegendes Verständnis für digitale zur Verfügung stellen, die Aufschluss darü- Technologien und die damit verbundene ber geben, wann, wie oft und über welches Zusätzlich zu den technischen Voraus- Mensch-Maschine-Interaktion geschaffen Endgerät Nutzer/-innen gelernt haben. setzungen müssen bei der Digitalisierung werden. Darüber hinaus werden Algorithmus-ge- der Berufsbildung auch die personellen 9 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie AUTOMATISIERUNGS- DEMYSTIFIZIERUNGSDISKURS- MASCHINE Forscher/-innen des Weizenbaum-Instituts für die vernetzte Gesellschaft – Das Deutsche Internet-Institut haben dafür eine interaktive Installation, die sogenann- te „Automatisierungsdemystifizierungs- Dr. Romy Hilbig diskursmaschine“ (ADDM), prototypisch entwickelt. Ein Highlight der ADDM ist Leitung Business Development B2C ein Machine-Learning-System, das mit- Euro-Schulen-Organisation GmbH tels Streichholzschachteln in der Lage ist, (ESO Education Group) Tic-Tac-Toe gegen Menschen zu spielen. www.eso.de Sowohl KI als auch die Mensch-Maschi- ne-Interaktion werden in diesem Zusam- menhang im analogen Raum greifbar, ver- ständlich und erlebbar gemacht. Es bedarf solcher innovativen Formate, um Lehrkräf- te, Studierende, Schüler/-innen und Mit- arbeiter/-innen aus- und weiterzubilden, damit Berufsbildung 4.0 und Arbeit 4.0 Re- alität werden. Für Berufsbildungsexporte bedeutet dies, dass Trainer/-innen nicht nur die kultu- rellen und sprachlichen Kompetenzen für den Auslandsmarkt mitbringen müssen, wie in vielen bisherigen Studien heraus- gestellt, sondern vor allem auch die digita- len Kompetenzen. Dies erfordert Mut und Lernbereitschaft bei den Lehrkräften, aber auch Investitionen der Berufsbildungs- dienstleister für die Entwicklung oder den Einkauf von EdTech-Lösungen, um inter- national wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Weiterführende Literatur Romy Hilbig, André Renz und Thomas Schildhauer: Data Analytics − The Future of Innovative Teaching and Learning https://www.researchgate.net /publication/333995044_Data_ Analytics_The_Future_of_Innovative_ Teaching_and_Learning xPORT-Magazin 01 | 2020 10
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie Digitalisierung in der Berufsbildung – ganz umsonst? Freie und quelloffene Software bietet vielfältige Möglichkeiten der Digitalisierung von Berufsbildungsdienstleistungen für den Export. Thorsten Trede 11 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie Zugegeben, „freie und quelloffene Software“ Software, deren Anschaffungskosten und oder ihr Produkt ebenfalls frei und quelloffen ist als Begriff nicht gerade sexy. Free-and- Lizenzgebühren den Preis der Angebote der zur Verfügung zu stellen. Wie also sieht das Open-Source-Software klingt internationa- Bildungsexporteure erhöhen und am Ende Geschäftsmodell aus? ler, aber auch nicht spannender. Und um das an Dritte fließen. Ganze auf die Spitze zu treiben: Kostenlos Weltweit gibt es eine unüberschaubare ist hier auch nichts, wie man im ersten Mo- Anzahl von Anbietern, deren Geschäfts- ment vermuten mag. Aber dennoch: FOSS, modell auf einer solchen freien Software wie derartige Software abgekürzt genannt beruht. Das klingt zunächst unlogisch, ist wird, kann ein interessanter Ansatz sein, um RECHTLICHES es aber nicht: Einerseits bieten Unterneh- digitale Lösungen in der Berufsbildung zu men Services rund um die Software an, sei entwickeln, nachhaltig zu nutzen und – ganz es die Installation, die Wartung, die Anpas- wichtig! – erfolgreich zu exportieren. Wenn man (kommerziell) mit sung oder Schulungen zur Nutzung. Ande- FOSS arbeitet, sollte man die rerseits werden Zusatzmodule zur freien Grundlagen der Open-Source- Software angeboten, die eben nicht FOSS Lizenzen kennen. Wichtig ist sind und damit kostenpflichtig werden KOSTENLOS IST HIER NICHTS! dabei, inwieweit diese eine (eine Light-Version gibt es dann als Tea- sogenannte Copyleft-Klausel ser oft kostenlos). Die freie Software wird enthalten: damit nicht nur zur Grundlage des eigenen Da der Begriff „frei“ schnell, aber fälschlich mit „kostenlos“ gleichgesetzt wird, trägt die- Service, sondern quasi zum Marketingins- ¬ Lizenzen mit einer reinen Co- trument: Je mehr Nutzer/-innen die freie se Art Software zumindest im deutschspra- pyleft-Klausel verlangen, dass chigen Raum auch den Namen FLOSS (Free/ Software hat, desto größer der Markt für sämtliche Bearbeitungen der Dienstleistungen und Add-ons. Libre-Open-Source-Software), um dem Be- Software und ihrer Weitergabe griff die Gratismentalität zu nehmen. Das „L“ der gleichen Lizenz zu unterstel- wie in libre (französisch und spanisch), livre len sind wie das Original. Anders (portugiesisch) oder libero (italienisch) steht formuliert: Wenn man entspre- ANWENDUNGSSZENARIEN für „frei“, aber eben nicht für „kostenfrei“. chenden freien Code verwendet, muss man das Produkt eben- Richtig ist, dass diese Softwarelösungen kos- falls frei verfügbar machen. Am Was heißt das für einen Berufsbildungs- tenlos bezogen und genutzt werden dürfen. Es weitesten verbreitet ist die GNU exporteur nun in der Praxis? Nehmen wir fallen keine Anschaffungskosten, Lizenzge- General Public License. an, ein Anbieter entwickelt und vertreibt bühren oder Nutzungsentgelte an. Wichtiger Schulbücher. Berufsschulen in Indien stel- aber ist, dass für solche Software der Quell- ¬ Lizenzen mit einer einge- len einen Auftrag in Aussicht, brauchen code offen ist und von jedem eingesehen, schränkten Copyleft-Klausel ha- aber auch eine Software, mit der sie den verändert und genutzt werden kann. Gerade ben ebenfalls einen Copyleft- Verleih innerhalb der Schule und den Be- deshalb ist das Ganze auch nicht vollständig Effekt, der aber Ausnahmen von stand überwachen können. Natürlich kann kostenlos, denn der Nutzer bzw. die Nutzerin der Lizenzierungspflicht der Be- man so eine Software einkaufen. Aber man ist selbst für seinen oder ihren Umgang mit arbeitungen zulässt. kann auch eine freie Lösung finden, die der Software verantwortlich, muss sie warten, man kundengerecht anpassen und auch aktualisieren, anpassen und unter Umstän- ¬ Lizenzen ohne Copyleft-Klausel in andere Sprachen übersetzen (lassen) den einen Server zur Verfügung haben. gestatten hingegen die Lizenzie- kann. Dann verfügt man über eine Kom- rung von Weiterentwicklungen plettlösung, wobei man sich den Service unter abweichenden Lizenzbe- der Anpassung entlohnen lässt. Soll es POTENZIAL FÜR BILDUNGS- dingungen. Allerdings können sie zusätzlich noch eine E-Reader-Software Mindestpflichten enthalten, die für die verlagseigenen Bücher sein? Kein ANBIETER Problem, es findet sich fast garantiert eine in jedem Falle einzuhalten sind. FOSS, die angepasst werden kann. Für Bildungsanbieter, zumal Exporteure, Nehmen wir an, ein anderer Anbieter wird hat solche Software viel zu bieten, denn gebeten, Berufsschulen in Sambia auszu- man kann kundenspezifische Lösungen statten, aber bitte dann auch gleich mit auf der Basis von vorhandenem (und dann Rechtlich gesehen darf jeder den Code ins- einer Online-Lösung für digitales Lernen eben doch kostenlosem) Code erarbeiten gesamt verwenden, anpassen oder auch nur außerhalb des Klassenzimmers. Die Server und anbieten. Dabei handelt es sich um Lö- teilweise nutzen. Je nach Lizenz (siehe Kas- sind im Bestand, die Werkstattausstattung sungen, die den Kunden am Ende weniger ten „Rechtliches“) verpflichtet sich der Nutzer auch. Aber was ist mit der Online-Akade- kosten als kommerzielle oder proprietäre bzw. die Nutzerin dabei allerdings dazu, sein mie? Als FOSS-Lösung ist sie vorhanden, xPORT-Magazin 01 | 2020 12
OPEN EDUCATIONAL RESOURCES Was für Software gilt, gilt in vielen Bereichen auch für Bildungsangebote oder -materialien: Es gibt zahlreiche offene Quellen und Modelle zu deren Nutzung, derer man sich als Bildungsanbieter bedienen kann. Dabei wird – vereinfacht gesagt − davon ausgegangen, dass die Leistung eines Bildungsanbieters nicht in der Erstellung von Materialien liegt, sondern in deren rich- tiger Nutzung, also im Lehren selbst. Die UNESCO schreibt dazu: „Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium, die unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden. Eine solche offene Lizenz ermöglicht den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen. Open Educational Resources können einzelne Materialien, aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann verwendet werden. Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia-Anwendungen, Podcasts – all die- se Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden.“ Unter der Richtlinie zur Förderung von OER unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Projekte zur Sensibilisierung und Ausbildung von Multiplikatoren, um das Thema in die Breite zu tragen. Das Bundesinstitut für Berufs- bildung (BIBB) ist als Transferpartner für die Berufliche Bildung weiterhin am Ausbau der zentralen Plattform OERinfo beteiligt. 13 xPORT-Magazin 01 | 2020
UNESCO-UNEVOC RUFT SEIN Verbesserung des Zugangs zu hochwerti- ¬ Schaffung oder Einführung von Plattfor- ger Berufsbildung angesehen. Die Auffor- men für die gemeinsame Nutzung von of- ERSTES ZUSCHUSSPROGRAMM derung zur Einreichung von Vorschlägen fenen Bildungsressourcen INS LEBEN richtet sich an Institutionen (z. B. Berufs- schulen, Ausbildungsanbieter, Lehr- und ¬ Umwandlung bestehender geschlossener Lernzentren, Lehrerbildungseinrichtungen, Ressourcen in offene Ressourcen UNESCO-UNEVOC hat sein erstes „Glo- Bibliotheken, OER-Arbeitsgruppen usw.). bal Open Educational Resources (OER)”- OER-Schulungen können Teil des Vor- Zuschussprogramm ins Leben gerufen, Die offenen Bildungsressourcen müssen schlags sein, aber letztendlich muss es ein welches fünf Zuschüsse von bis zu 5.000 sich auf ein Fachgebiet im Zusammen- konkretes Ergebnis mit einer offenen Lizenz US-Dollar für Institutionen bereitstellt, die hang mit der technischen und berufli- geben, das zu offenen Bildungspraktiken offene Bildungsressourcen (OER) entwi- chen Bildung beziehen. UNESCO-UNEVOC in der beruflichen Bildung beiträgt. UNES- ckeln, anpassen oder kuratieren, um Prak- begrüßt ausdrücklich die Entwicklung CO-UNEVOC unterstützt die Schaffung von tiken in der technischen und beruflichen von Ressourcen nicht nur für formale Bil- Ressourcen und offenen Praktiken auch in Bildung (TVET) zu fördern. dungsgänge, sondern auch für informelle anderen Sprachen als Englisch. Bereiche: Mit dem Global-OER-Zuschussprogramm Das Global OER Grant Zuschussprogramm will UNESCO-UNEVOC offene Bildungs- ¬ Erstellung neuer offener Bildungsres- ist nur für Institutionen zugänglich. Perso- ressourcen fördern und die globale sourcen für die berufliche Bildung ein- nen mit innovativen Ideen werden jedoch TVET-Gemeinschaft motivieren, OER so- schließlich Lehrbücher, Online-Kurse, ermutigt, mit lokalen Institutionen zusam- wie verwandte Initiativen und Praktiken zu Lehrpläne, Animationen, Multimedia-Res- menzuarbeiten. Die Umsetzung erfolgt entwickeln. Eine von der UNESCO-UNEVOC sourcen usw. vorzugsweise in Zusammenarbeit oder mit im Jahr 2018 in Auftrag gegebene Studie Unterstützung eines UNEVOC-Zentrums. über den Einsatz von OER in der berufli- ¬ Anpassungen, Lokalisierungen und Neu- Eine Auswahlkommission wird die Vor- chen Bildung ergab, dass das OER-Kon- ausrichtungen bestehender offener Bil- schläge bewerten. zept bei den Beteiligten der beruflichen dungsressourcen, z. B. Anpassungen und Bildung noch weitgehend unbekannt war. Übersetzungen bestehender Lehrbücher, Gleichzeitig wurden die offenen Bildungs- Online-Kurse, Curricula, Animationen, Mul- ressourcen als vielversprechend für die timedia-Ressourcen etc. Quelle: unbonn.org 14
kann angepasst und installiert werden und das Gesamtpaket steht. Eine Berufsschule in Hanoi will eine Lehrer- und Schülerbe- AUS DER PRAXIS: wertungsplattform dazu. Kein Problem. Ein Bildungszentrum in Timbuktu sucht nach UMFRAGEPLATTFORM einer Verwaltungslösung für die Schule. Auch kein Problem. Das Unternehmen APPLICATIO hat in Albanien im Rahmen eines Pro- jekts der Entwicklungszusammen- VORAUSSETZUNGEN arbeit die staatliche Akademie für Staatsbedienstete beraten. Diese brauchte dringend eine Lösung, Es gibt spezialisierte Anbieter, die vor allem um die Qualität ihrer Tausenden Thorsten Trede digitale Lösungen erarbeiten und anbie- von Schulungen zu überwachen. ten. Abhängig von den Anforderungen der Managing Director Limesurvey™ (http://limesurvey. APPLICATIO Training & Nachfrageseite ist es aber auch für alle org) war Grundlage der entwickel- Management GmbH anderen Bildungsanbieter kein Hexenwerk, ten Lösung, kostenlos zu bezie- FOSS in der Originalversion kostenlos mit hen, anzupassen und zu nutzen. www.applicatio.com anzubieten oder (als Service) anzupassen. Nach nur drei Monaten stand die So mancher von ihnen hat seine eigene Plattform auf Albanisch bereit, bot Software entwickelt, dann als FOSS veröf- genau die Fragebögen und Aus- fentlicht und generiert heute Umsatz aus wertungen, die gebraucht wurden, der Betreuung der gleichen Software bei und passte sich in die anderen On- Partnern oder bei der Entwicklung und dem lineangebote der Akademie ein. Ein Vertrieb von Zusatzmodulen. Administrator und drei Nutzer wur- den jeweils einige Tage geschult Voraussetzungen sind ein gewisses Maß und noch heute, fünf Jahre später, an digitaler Affinität, ein Mitarbeiter oder wird die Lösung ohne Lizenzkosten eine Mitarbeiterin mit etwas Programmier- erfolgreich genutzt. und/oder Web-Erfahrung, Kenntnisse der Rechtslage und ein offenes Ohr für die APPLICATIO ist beileibe kein Bedarfe der Kundinnen und Kunden. Eine IT-Dienstleister, konnte aber seine frühzeitige Beschäftigung mit FOSS ist auf Stärken im Aufbau von Qualitäts- jeden Fall besser, als dem Trend irgend- sicherung in der Bildung dadurch wann hinterherzurennen. ausspielen, dass auch eine digitale BEZUGSQUELLEN Lösung (ohne echte Zusatzkosten und bei voller Wertschöpfung im AUF GEHT’S! Unternehmen) mit angeboten wer- Die wohl umfassendste Sammlung den konnte. an FOSS findet sich unter: https:// sourceforge.net/directory/. Mit Machen wir uns nichts vor: Viele der Ziellän- Die Software wird von den Entwick- den dort zur Verfügung gestellten der des deutschen Berufsbildungsexports lerinnen und Entwicklern als FOSS Tools erstellen Entwickler/-innen sind uns in Sachen Digitales weit voraus, herausgegeben, gleichzeitig kann auf SourceForge in über 500.000 zumindest was die Selbstverständlichkeit sie aber auch kostenpflichtig mit Projekten leistungsstarke Soft- der Nutzung angeht und die klaren Anfor- entsprechenden Services (Hosting, ware. Millionen von registrierten derungen an den Nutzen. Auch als nicht Wartung etc.) angemietet werden. Nutzerinnen und Nutzern betei- auf Digitallösungen spezialisierter Anbieter ligen sich oder beziehen die Lö- kann man da mithalten und vielleicht ein sungen. Das beliebte Verzeichnis neues Geschäftsfeld erobern, zumindest verbindet monatlich mehr als 35 aber Komplettlösungen anbieten und im Millionen Nutzer/-innen mit all die- Wettbewerb bestehen, ohne das Rad − sen Open-Source-Projekten und oder wie man auf dem Balkan sagt, „heißes bedient mehr als vier Millionen Wasser“ − neu zu erfinden. Downloads pro Tag. Da ist für jeden etwas dabei! 15
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Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie Behutsam und mit Augenmaß Voraussetzungen für gelungene Digitalisierungsstrategien im Bildungsbereich sind die sensible Integration neuer Lernformate in bestehende Konzepte und die Akzeptanz durch die Lernenden. Martin Fielko und Ursula Plötz Digitale Lernformate sind in der internati- Noch schwerwiegender ist allerdings die so dass die Präsenzzeit verringert werden onalen Bildungsarbeit nicht mehr wegzu- mangelnde Akzeptanz digitaler Lernan- kann. Andere Kursinhalte, die schwieriger denken. Auch für unser Unternehmen, das gebote, wenn sie mit höheren Kosten für digital umzusetzen sind, bleiben bewusst Collective Leadership Institut (CLI), erge- die Teilnehmenden verbunden sind: Au- „im analogen Bereich“, beispielsweise ben sich dadurch klare Vorteile. Vor allem ßerhalb geförderter Maßnahmen ist auf Teambuildingprozesse und Krisenmanage- gelingt es uns, Distanzen besser zu über- dem freien Bildungsmarkt kaum jemand ment. Besonders bei Kursprogrammen, die brücken: Keine oder weniger Reisen, die bereit, nennenswerte Summen für digita- aus mehreren Modulen bestehen, sparen sonst für unsere internationalen Trainings le Fortbildungen auszugeben. Dort wer- wir durch die Onlinebegleitung (Reise-)Zeit nötig sind, bedeuten eine erhebliche Zeit- den überwiegend kostenlose oder sehr und Kosten. ersparnis und verringern den CO2-Aus- niedrigpreisige und damit kleinteilige Bil- stoß. Darüber hinaus kann schwer er- dungsangebote erwartet, die für unseren Ebenso zentral für die Umsetzung unse- reichbaren Zielgruppen, wie z. B. in Nigeria Ansatz weniger geeignet sind. rer Digitalisierungsstrategie ist die Einbe- oder Afghanistan, ein Zugang zu unseren ziehung unserer Alumni. Wer bereits eine Bildungsangeboten ermöglicht werden. Trainingserfahrung mit uns gemacht hat, Entsprechend gehören Angebote wie We- … UND WIE WIR SIE ÜBER- ist aufgeschlossener dafür, das Lernen binare, Online-Peer-Coaching oder frei auch in digitalen Umgebungen auszupro- verfügbare Inhalte auf Lernplattformen WINDEN … bieren. Außerdem bieten digitale Tools bereits zu unserem Standardrepertoire. niedrigschwellige Möglichkeiten zur Ver- netzung der Alumni untereinander. In ei- Daher sieht unsere Digitalisierungsstra- nem nächsten Schritt geht es uns aktuell tegie eine behutsame Umsetzung und die darum, synchrone Tools stärker für unse- DIE HÜRDEN Integration digitaler Lernformate in beste- re Bildungsarbeit zu erschließen, da die hende Konzepte vor: Wir setzen auch in Gleichzeitigkeit des Austausches und das Zukunft darauf, unsere Trainingsangebote gemeinsame Lernen sehr gut zu unserer Warum stellen wir dann nicht komplett auf gemeinsam mit den Partnerorganisatio- digitale Bildungsangebote um? Zum einen Methodik passt. Konkret umgesetzt wird nen auf den jeweiligen Länderkontext zu- das mit Services für Remote-Conference gibt es technische Hürden: Beispielsweise zuschneiden. Daher werden wir auch wei- sind bei synchronen Tools, bei denen die und Virtuellen Lernräumen. terhin Präsenztrainings vor Ort anbieten. gleichzeitige Online-Präsenz aller Kursteil- Darüber hinaus wird es weiter offene Kurse nehmenden entscheidend ist, ein stabiler an unseren Standorten in Deutschland und Internetzugang und ausreichend Band- Südafrika geben, bei denen unsere Metho- … MIT DIGITALEN TOOLS breite oft ein Problem. Auch unterschied- den und Ansätze zur Verbesserung von liche Zeitzonen und Verzögerungszeiten Dialogfähigkeit und gemeinschaftlicher durch große Entfernungen können das Führung auch physisch erfahrbar bleiben. Remote-Conference-Services (wir nut- Trainingserlebnis beeinträchtigen. Außer- zen dafür aktuell „Zoom“, aber es gibt viele dem bedürfen digitale Lernangebote ne- Diese Präsenzformate werden allerdings weitere Anbieter) funktionieren ähnlich wie ben der inhaltlichen immer auch der tech- sukzessive durch Blended-Learning-Ele- analoge Konferenzen oder Workshops, nur nischen Vorbereitung. In manchen Fällen mente ergänzt und Teile des Trainingskon- dass sich die Teilnehmenden per Laptop kann es da einfacher sein, auf die Arbeit zepts werden in digitaler Form angeboten, mit Kamera dazuschalten. Dabei achten wir mit Flipchart und Marker zurückzugreifen. 17 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 - Beschaffungsstrategie xPORT-Magazin 01 | 2020 18
besonders auf Interaktivität und einen qua- litativ hochwertigen Dialog. Virtuelle Lern- räume ermöglichen einen Transfer unserer in analogen Räumen langjährig erprobten Methoden in eine Lernumgebung, die zum Teil die gleichen und zusätzliche methodi- sche Möglichkeiten anbietet. Aktuell arbeiten wir zu diesem Zweck mit dem Unternehmen WBS zusammen, eben- falls Anbieter im iMOVE-Netzwerk, um Martin Fielko deren 3D-Learnspace im internationalen Head of Educational Kontext zu nutzen. Das Thema Digitalisie- Programmes and Marketing rung bietet für uns insofern auch wichtige Collective Leadership Anknüpfungspunkte für Kooperationen, als Institute (CLI) wir selbst zum Beispiel keine Kompetenz in www.collectiveleadership.com der Erzeugung neuer Technologien haben, aber dafür in der Erstellung und Überset- zung unserer Inhalte. In unserem aktuellen Projekt DIGIPEER kommen viele der oben genannten Stra- tegieansätze erfolgreich zum Tragen. Wir arbeiten mit einer uns gut bekannten Zielgruppe zusammen: deutsche Nichtre- gierungsorganisationen (NROs) und ihre internationalen Implementierungspartner- schaften. Diese können ihre realen Fälle als virtuell zusammengeführtes Team in unse- re Online-Trainings einbringen. Das können z. B. die Verbesserung der Ausbildungssitu- Ursula Plötz ation im Gesundheitssektor in Kenia oder der Aufbau von Strukturen der organischen Digital Strategy Project Manager Landwirtschaft in der Mongolei sein. Collective Leadership Institute (CLI) Den Teilnehmenden vermitteln wir dabei www.collectiveleadership.com über die o. g. Remote-Conference-Services und die virtuellen Lernräume unser fun- diertes und maßgeschneidertes Wissen und die Kompetenzen zu ergebnisorientier- ter und wirkungsvollerer Zusammenarbeit. Als Nebeneffekt können die Teilnehmen- den des Projekts danach nicht nur unsere Methodik anwenden, sondern gleichzeitig die virtuellen Dialogplattformen bei Bedarf auch selbst gezielt nutzen, um Reisen in die Zielländer zu verringern und sich stärker mit ihren lokalen Partnerorganisationen und anderen NROs zu vernetzen. Digitale Lernformate können somit maßgeb- lich zur schnelleren Verbreitung von Wissen und stärkeren Vernetzung der Bildungsak- teure beitragen, wenn sie auf die entspre- chende Akzeptanz der Nutzer/-innen stoßen. 19 xPORT-Magazin 01 | 2020
Bildung 4.0 – Kurz und bündig Digitale Medien in der mittelständische Unternehmen beim Einsatz die die Herausforderungen verdeutlicht, vor von künstlicher Intelligenz unterstützen. der das Bildungs- und Beschäftigungssys- Beruflichen Bildung tem angesichts technologischer Entwicklung steht, und gleichzeitig zeigt, dass Prognosen So heißt ein Förderprogramm des Bundesmi- Digitales Know-how aufbauen und Annahmen noch von vielen Unschärfen nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF), begleitet sind. Über das Thema „Digitalisierung das seit 2012 Projekte fördert, die digitale Zwei Drittel der deutschen Unternehmen und Künstliche Intelligenz“ ist zudem die Aus- Technik mit pädagogischer Zielrichtung in der wollen in digitales Know-how der Mitarbei- gabe 3/2019 der Zeitschrift BWP (Berufsbil- Ausbildung einsetzen. Die jüngsten unter- ter/-innen investieren. Davon erhoffen sich dung in Wissenschaft und Praxis) erschienen. stützten Projekte werden voraussichtlich im die Firmen vor allem Produktivitätssteigerung Zahlreiche Autorinnen und Autoren zeigen, wie Jahr 2023 auslaufen. Bis dahin fließen insge- und Vorteile im Wettbewerb. Das ist der zen- Digitalisierung und KI zu mehr Attraktivität in samt rund 150 Millionen Euro Fördermittel. Die trale Befund einer aktuellen Studie, die das der Berufsbildung beitragen können. Themen reichen vom Einsatz von VR-Brillen bis Marktforschungshaus YouGov im Auftrag des hin zu berufsspezifischen Lernplattformen und britischen Anbieters von Unternehmenssoft- Weitere Informationen zu den Veröffentli- freien digitalen Bildungsmaterialien. ware Sage durchgeführt hat. Hierfür wurden chungen des BIBB unter publikationsma- rund 3.000 Manager aus zwölf Ländern be- nagement@bibb.de Digitale Medien im fragt. Unabhängig von Größe oder Branchen bevorzugen jene Verantwortlichen, die sich Ausbildungsalltag Digitalisierung in der für mehr digitale Kompetenz in ihrem Unter- nehmen entschieden haben, ihre Investiti- Erwachsenenbildung – eine Die gleichnamige Roadshow wird vom BMBF onssummen mehrheitlich (68 Prozent) in di- neue Broschüre für Bildungs- gemeinsam mit dem Bundesinstitut für gitale Ressourcen fließen zu lassen, wie etwa Berufsbildung (BIBB) durchgeführt. Jedes in die Implementierung von E-Learning-Por- anbieter Jahr werden in sechs Veranstaltungen in talen, die der Aus- und Weiterbildung der Be- verschiedenen Städten besonders gute oder Der Verband „Weiterbildung Hessen e. V.“ hat legschaft zugute kommen. wegweisende Projekte und Konzepte aus dem im Auftrags des Hessischen Ministeriums Förderprogramm vorgestellt. Weitere Infor- für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Woh- mationen zur Roadshow unter www.qualifi- nen die Broschüre „Berufliche Weiterbildung zierungdigital.de Veröffentlichungen im Zeitalter der Digitalen Transformation – Leitfaden für Weiterbildungsanbieter 2019“ Vom Wissensvermittler zum Digitalisierung ist erstellt. Die Publikation stellt Informationen für Bildungsanbieter über die Veränderungen Lernbegleiter zentrales Thema der BIBB- durch die Digitalisierung, die verbundenen Ausführliche Informationen zur sich verän- Veröffentlichungen Chancen und Risiken, ihre Auswirkungen auf die Bildungslandschaft und bereits vorhan- dernden Rolle des Ausbildenden in der Indust- Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) dene Angebote zusammen. Besonders hilf- rie 4.0 gibt es auf dem Ausbilderportal foraus: hat eine Reihe von Publikationen zum Thema reich ist die Übersicht „Wo finde ich Antwor- www.foraus.de/html/foraus_6201.php Berufsbildung 4.0 herausgebracht. Zu den ak- ten auf folgende Fragen?“. Außerdem enthält tuellsten Veröffentlichungen zählt das Wissen- die Publikation ein Glossar, in dem zahlreiche Funktionsfähige Prototypen schaftliche Diskussionspapier von Dr. Gert Zinke Begriffe aus der Welt des digitalen Lernens mit dem Titel „Berufsbildung 4.0 – Fachkräfte- erklärt werden. Illustriert werden die Hinwei- Die Fraunhofer Academy, Mitglied im iMOVE- qualifikationen und Kompetenzen für die di- se durch Zitate und aktuelle Ergebnisse aus Netzwerk, präsentierte sich auf der gitalisierte Arbeit von morgen: Branchen- und der Forschung. Eine interessante Ergänzung LEARNTEC mit drei Schwerpunktthemen: Berufescreening“. Exemplarisch wurde un- bildet ein Raster zur Beurteilung digitaler Der Prototyp ihrer Plattform „Blockchain for tersucht, wie die Digitalisierung in berufliche Kompetenzen, das sich am Europass der Eu- Education“ ermöglicht fälschungssichere Aufgabenfelder verändernd hineinwirkt und ropäischen Union orientiert. Weiterbildungszertifikate. Das „Fraunhofer was das für die Aus- und Weiterbildung der CLM“ ist eine Portallösung, unter der un- Fachkräfte bedeutet. Das BIBB hat auch eine Die Broschüre steht auf dem Portal von Wei- terschiedlichste Lernmanagementsysteme Auswahlbibliografie mit dem Titel „Industrie terbildung Hessen kostenlos zum Download zusammenfinden. Das neue BMBF-Förder- 4.0 – Wirtschaft 4.0 – Berufsbildung 4.0“ he- bereit: https://www.wb-hessen.de/projekte/ projekt „KI-Labor“ soll speziell kleine und rausgegeben. Sie ist eine Momentaufnahme, digitalisierung-in-der-weiterbildung/ xPORT-Magazin 01 | 2020 20
Schwerpunktthema Bildung 4.0 – Innovative Bildungsformate Eintauchen in Lernwelten mit Simulatoren Eine digitale Trainingsplattform, die sich Technologien der Extended Reality (XR) und Artificial Intelligence (AI) zunutze macht, kann praxisorientiertes Basistraining sinnvoll ergänzen. Martin Zimmermann 21 xPORT-Magazin 01 | 2020
Schwerpunktthema Bildung 4.0 – Innovative Bildungsformate Im Berufsbildungsexport wird das Lernen mit Produkte GmbH“ einen weltweiten Roll-out. digitalen Medien stetig wichtiger und damit Menschen im Feuerwehr- und Rettungs- auch sichtbarer. Der digitalisierte (Berufs-) dienst gehen bei ihrem Einsatz – ob beruflich Alltag ist mittlerweile gekennzeichnet von oder im Ehrenamt – oft ein hohes Risiko ein, Datenfluten und der hochkomplexen Vernet- um Leben zu retten. Um an jedem Einsatzort zung von Prozessen. Die Folge: Die Menschen zügig und sicher mit den notwendigen Gerät- benötigen entsprechende Medienkompetenz, schaften, beispielsweise mit einer Rettungs- um ihn zu verstehen und mitzugestalten. säge, arbeiten zu können, ist eine sorgfältige Hierfür eignen sich niedrigschwellige digitale Einweisung im Vorfeld sowie regelmäßiges Trainings-Applikationen mit einem passen- Trainieren für die Einsatzkräfte unerlässlich. Martin Zimmermann den Gamification-Ansatz. CEO Der XR-Simulator ist speziell auf die Anfor- imsimity GmbH Neben Lernfabriken für die Industrie 4.0 und derungen der Blaulichtorganisationen zuge- www.imsimity.de sogenannten „digitalen Zwillingen“, also di- schnitten. Das didaktische Konzept wurde in gitalen Repräsentanzen eines Objekts oder Abstimmung mit Fachleuten und Hauptakteu- Prozesses aus der realen Welt, entwickelt die ren aus Feuerwehr und THW entwickelt, um IT- und Bildungsbranche weitere Trainings- eine möglichst große Praxisnähe zu erreichen. methoden mittels Hard- und Software, die Basiswissen für Standard-Notfallsituationen sich Extended Reality (XR) und Artificial Intel- zu vermitteln, ist das Hauptziel. Die techno- ligence (AI) zunutze machen. Diese digitalen logiegestützten Übungseinheiten erfolgen bzw. digital ergänzenden Lernanwendungen durch Interaktion im Mixed-Reality- (MR) Si- sind vielfältig einsetzbar. mulator mit dem realen Gerät (Motorsäge) in den Händen der Nutzerin oder des Nutzers. Sie sind einfach nutzbar über einen App-Download EINTAUCHEN IN DIE WELT DES und Lizenz-Zugang sowie eine oder mehrere Virtual-Reality-Datenbrillen. WISSENS Unsichtbares sichtbar und erfahrbar zu ma- CHANCEN UND VORTEILE VON chen, ist das Alleinstellungsmerkmal von XR-/AI-SIMULATOREN XR-Lernszenarien. Die Immersion – das in- dividuelle, virtuelle und tiefe Eintauchen in die Lernwelt – soll als emotionales Schlüs- Die echte Motorsäge wird in die virtuelle Welt selerlebnis zu einem wirkungsvolleren Lern- integriert und in Echtzeit abgebildet. Die digi- ergebnis führen. Meist dienen sogenannte tale Lernwelt wurde zuvor am Beispiel realer Head-Mounted Displays, auf dem Kopf zu tra- Notfallsituationen aufbereitet und nach An- gende Sichtgeräte, zur Erschaffung hybrider gaben erfahrener Einsatzkräfte modelliert. So (real-virtueller) oder komplett virtueller Lern- werden die zu erlernenden Einsatzmaßnah- und Trainingswelten. men auf einem realitätsnahen Stress-Level eingeübt. Der 360-Grad-Rundumblick des Ein Beispiel für eine innovative Lernsoftware Rettungssägen-Simulators bringt die Nutze- ist die Applikation „rescuesawMR“. Sie ist ein rin oder den Nutzer direkt ins Geschehen und vom XR-/AI-Experten imsimity entwickelter schafft eine hohe Intensität der Lernerfah- hybrider Simulator für Rettungssägen-Ein- rung − und somit die Chance auf ein nachhal- sätze im Auftrag der international tätigen tig verankertes und abrufbares Basiswissen. STIHL AG, dem Weltmarktführer für die Her- stellung von Motorsägen. Mit diesem ersten Die Vorteile sind ein ressourcenschonen- XR-Trainingsprodukt plant STIHL mit seiner des Trainieren ohne trainingsbedingten Ver- zu diesem Zweck gegründeten „SDP Digitale schleiß, ohne Kraftstoffverbrauch und ohne xPORT-Magazin 01 | 2020 22
Materialausschuss, aber auch Unabhängig- keit von Wetter, Zeit und Ort. Über ein integ- riertes Machine-Learning-Modul können die Trainierenden ihren Erfolg direkt kontrollieren und erhalten individuelle Informationen über eventuell noch unzureichende Kenntnisse. AUSGEZEICHNETE BILDUNGS- INNOVATION Auf der LEARNTEC 2020, der größten Messe für digitales Lernen in Europa, hat imsimity gemeinsam mit STIHL den Immersive Lear- ning Award für die beste Simulation in der Kategorie „Standard Content“ gewonnen. Auf der didacta 2020, die wegen der Corona-Krise ausfallen musste, beabsichtigte die Jury des eLearning Journals, an imsimity den eLear- ning AWARD in der Kategorie Mixed Reality zu vergeben. Das Unternehmen STIHL will den Simulator als zentrales Tool seines zukünftigen Schu- lungskonzepts mithilfe eines Verleihsystems vertreiben. Diese Art der Vermarktung wird nach Expertenmeinung zukünftig eine stetig steigende Bedeutung im Markt einnehmen. Sobald sich das Produkt in der primären Zielgruppe der Freiwilligen Feuerwehren und Berufsfeuerwehren etabliert hat, möchte der Motorsägen-Hersteller damit weitere Ziel- gruppen und Märkte weltweit erschließen. Im neuen Trainingszentrum des Digital Moun- tains Hub St. Georgen finden regelmäßige Schulungen mit dem Rettungssägen-Simula- tor statt. Interessierte Organisationen können beim Betreiber imsimity Inhouse- oder auch Schulungstage im Zentrum vor Ort buchen. Das komplette Equipment und die Schulungs- Beim Virtual Fires Congress (VFC) am 16. und 17. Juli 2020 werden For- unterlagen werden gestellt. Das Angebot er- schungsprojekte, Best-Practice-Beispiele sowie Weiterentwicklungen digital streckt sich vom ersten Kennenlern-Parcours ergänzender Schulungsangebote vorgestellt (www.virtual-fires.de). Der VFC über Meet-ups mit Fachvorträgen und De- gilt als die wichtigste Fachtagung zu den Themen Simulation, Extended Re- monstration der Exponate bis zu einem zer- ality, sowie KI und Robotik im Bereich Terror-, Zivil- und Katastrophenschutz. tifizierten „XR Learning Manager“-Lehrgang. Organisiert werden die Events über das Virtu- al Dimension Center TZ St. Georgen. 23 xPORT-Magazin 01 | 2020
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