Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital

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Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
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                                        September 8/2018
                                             Preis Fr. 5.00

                                «Tango» und «Walzer»:

                             Züge aus der
                     Änderungsschneiderei
                                             Seite 28

                               Der neue AB-Fahrplan:

                     Durchmesserlinie und
                       Viertelstundentakt
                                             Seite 54

Appenzeller Bahnen
Modernisierung als
Jahrhundertprojekt
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
Herzlichen Glückwunsch
zur Modernisierung!
Mit der Durchmesserlinie, den 16 neuen Fahrzeugen und verschiedenen
Bauprojek ten gehen die Appenzeller Bahnen mit Zug in eine moderne Zukunf t.
Herzliche Gratulation dazu ! Wir freuen uns auf ein weiteres, par tner-
schaf tliches Miteinander.

thurbo.ch

Werner Frit schi   Leiter Mark t / Unternehmenskommunikation Thurbo AG
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
VORWORT

Das Jahrhundertprojekt

      Geschätzte Leserin, geschätzter Leser    St.Gallen. Diese ermöglicht künftig dank des
                                               Zusammenschlusses der bisher voneinan-
         Wir wohnen, arbeiten, geniessen       der unabhängigen Linien Trogen-St.Gallen
          unsere Freizeit – doch all das       und Appenzell-St.Gallen ein umsteigefreies
          längst nicht immer am selben Ort.    Fahren durch das Stadtzentrum. Alles in al-
          Täglich legen wir grosse Distan-     lem hat die Modernisierung ein Volumen von
          zen zurück. Der motorisierte Ver-    rund 300 Millionen Franken, an denen sich
          kehr wächst ständig, die Strassen    der Bund und die Kantone Appenzell Ausser­
         werden immer voller. Umso wichti-     rhoden, Appenzell Innerrhoden, St.Gallen so-
        ger sind effiziente, direkte Verbin-   wie die Stadt St.Gallen beteiligen.
      dungen mit dem öffentlichen Verkehr.
    Ein schnelles, sicheres und bequemes       Gerne widmet der LEADER der Modernisie-
 Reisen mit guten Anschlüssen an den Fern-     rung der Appenzeller Bahnen die vorliegende
verkehr: Das ermöglicht die umfassende         Sonderausgabe, die nicht nur die «neuen»
Modernisierung der Appenzeller Bahnen.         Appenzeller Bahnen mit ihren erweiterten
                                               Angeboten und Möglichkeiten vorstellt, son-
Diese Modernisierung ist das grösste Pro-      dern auch die Menschen dahinter. Denn als
jekt seit der Gründung der Appenzeller Bah-    Ostschweizer Unternehmermagazin beur-
nen 1886 überhaupt. Es besteht aus meh-        teilen wir auch einen gut funktionierenden
reren Bauvorhaben. Sie erlauben es, das        öffentlichen Verkehr als wichtigen Stand-
Appenzellerland bis Teufen und später bis      ortfaktor einer Region – und da spielen die
Gais mit einem attraktiven Viertelstunden-     Appenzeller Bahnen definitiv ganz vorne mit.
takt sowie mit Schnellzügen nach Appenzell
zu bedienen.                                   Wir laden Sie herzlich ein, mit uns die neuen
                                               Appenzeller Bahnen zu entdecken und wün-
Die Neubaustrecke Ruckhalde mit ihrem          schen Ihnen auf diesem Streifzug, der auch
Tunnel, die den Appenzeller Bahnen den         zahlreiche Blicke hinter die Kulissen ermög-
Viertelstundentakt zwischen Teufen und Tro-    licht, viel Vergnügen.
gen ermöglicht, ist zwar das bahntechnisch
grösste Teilprojekt der Modernisierung.
Doch zu diesem Jahrhundertprojekt gehören      Herzlich,
auch eine komplett neue Fahrzeugflotte von
Stadler Rail und umfassende Anpassungen
der Infrastruktur am gesamten Strecken-        Stephan Ziegler, Dr. phil. I
netz bis hin zur Durchmesserlinie durch        Chefredaktor

                                                                     SPECIAL | September 2018   3
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PERFORMANCE
ON TRACK®
Innovative Systemlösungen
für moderne Bahnnetze

voestalpine Railway Systems ist der weltweit führende Anbieter von Systemlösungen
im Bereich Bahninfrastruktur und bietet hochqualitative Produkte, Logistik und
Dienstleistungen für Schienen-, Weichen-, Signal- und Überwachungsanwendungen.
Die über Stahl hinausgehende vollintegrierte Werkstoffkompetenz und industrielle
Wertschöpfungskette ermöglichen es voestalpine, die wechselseitigen Abhängigkeiten
der Gleiskomponenten zu verstehen und mit diesem Wissen die Lebenszykluskosten des
Systems zu optimieren. Durch intelligente digitale Lösungen schaffen wir die Basis für
modernes Fahrwegmanagement im Sinn unseres Markenversprechens:
“Performance on Track®”.

www.voestalpine.com/railway-systems
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INHALT

                                                                                                                                                        Bereit für die
                                                                                                                                                        nächsten vierzig
                                                                                                                                                        Jahre
                                                                                                                                                        Direktor Thomas Baumgartner im
                                                                                                                                                        Interview

                                                                                                                                                        Seite 6

                                                                                       14      Planmässiger Verlauf ohne                                43     Ampel statt Sperrung
                                                                                               Un- oder Zwischenfälle
                                                                                                                                                        45     Auf der Höhe der Zeit
                                                                                       17      Grosse Kunst braucht keine
                                                                                               grosse Bühne                                             47     Laptop und Schraubenschlüssel

                                                                                       20      Die Modernisierung des                                   49     Der Quantensprung
                                                                                               Streckennetzes im Bild
                                                                                                                                                        51     Die Modernisierung geht weiter
                                                                                       28      Aus der Änderungsschneiderei
                                                                                                                                                        54     «Rausgeholt, was möglich war»
                                                                                       31      «Tango» und «Walzer» auf einen Blick
                                                                                                                                                        59     Gut Ding will Weile haben
                                                                                       34      Tradition dezent in Szene gesetzt
                                                                                                                                                        66     Die Modernisierung auf einen Blick
                                                                                       40      Aus der Bedienersicht

                                      www.leaderonline.ch
                                        September 8/2018
                                             Preis Fr. 5.00

                                «Tango» und «Walzer»:
                                                              LEADER SPECIAL zur Modernisierung der Appenzeller Bahnen
                              Züge aus der
                      Änderungsschneiderei
                                               Seite 28

                                                              Impressum

                                                              Magazin LEADER, MetroComm AG, Bahnhofstrasse 8, 9001 St.Gallen, Telefon 071 272 80 50, Fax 071 272 80 51, leader@metrocomm.ch,
                                                              www.leaderonline.ch | Verleger: Natal Schnetzer | Redaktion: Stephan Ziegler (Leitung), sziegler@metrocomm.ch | Texte: Urs Fitze | Foto­grafie:
                                 Der neue AB-Fahrplan:

                       Durchmesserlinie und                   Marlies Thurnheer, Gian Kaufmann, Axel Kirchhoff, zVg | Geschäftsleitung: Natal Schnetzer, nschnetzer@metrocomm.ch | Anzeigenleitung: Oliver Iten,
                         Viertelstundentakt
                                                   Seite 52
                                                              oiten@metrocomm.ch | Marketingservice/Aboverwaltung: Fabienne Schnetzer, info@metrocomm.ch | Abopreis: Fr. 60.– für 18 Ausgaben | Erschei-
                                                              nung: Der LEADER erscheint 9x jährlich mit Ausgaben Januar/Februar, März, April, Mai, Juni, August, September, Oktober, November/Dezember, zusätzlich
Appenzeller Bahnen                                            9 Special-Ausgaben | Satz: Beatrice Lang, blang@metrocomm.ch
Modernisierung als
Jahrhunder tprojekt
                                                              LEADER ist ein beim Institut für geistiges Eigentum ­ein­ge­­tragenes Markenzeichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher
                                                              Genemigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine ­Haf­tung. ISSN 1660-2757

                                                                                                                                                                                    SPECIAL | September 2018          5
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
INTERVIEW

    Bereit für die nächsten vierzig Jahre
                                         Mit einem lauten Knall, der ersten Sprengung im Ruckhaldetunnel,
                                         ging es richtig los mit der Modernisierung der Appenzeller Bahnen.
                                         Direktor Thomas Baumgartner blickt im Interview zurück und voraus.

                                         Thomas Baumgartner, wie beschreiben Sie         mit dem Ruckhaldetunnel, der Erneuerung
                                         einem Gast aus der Fremde Ihre Bahn?            des Bahnhofes in St.Gallen, der Gleisführung
                                         Vom Unesco-Welterbe in der Stadt St.Gallen      am Güterbahnhof und mit der Kreuzungsstel-
                                         aus lässt sich das Appenzellerland mit sei-     le Lustmühle. Doch schon rasch zeigte sich,
                                         nen Streusiedlungen, der voralpinen Land-       dass das nur der Anfang sein konnte. Die In-
                                         schaft und herrlichen Ausblicken auf Berge,     frastruktur der AB und die Züge waren in die
                                         Landschaft und Bodensee am besten mit           Jahre gekommen, es gab einigen Nachholbe-
                                         den modernen Zügen der Appenzeller Bah-         darf, auch im Vergleich mit anderen Bahnen
                                         nen erkunden…                                   in der Region. Und so haben wir nach und
                                                                                         nach eine umfassende Modernisierung dar-
                                         Jetzt sprechen Sie wie ein Vertreter von        aus gemacht, von der Buchhaltungssoftware
                                         Appenzellerland Tourismus.                      über Marktauftritt, Infrastruktur und Energie-
                                         Sicher. Wer noch nie im Appenzellerland war,    versorgung bis zu den Perrons und Haltestel-
                                         wird dessen Sehenswürdigkeiten mit den          lenhäuschen, um nur einige zu nennen.
                                         Appenzeller Bahnen am besten kennenler-
                                         nen. Da gehen Tourismus und öffentlicher        Hatten die Appenzeller Bahnen die Ent-
                                         Verkehr Hand in Hand, übrigens auch bei vie-    wicklung denn verschlafen?
                                         len touristischen Angeboten, wo es selbst-      So kann man das nicht sagen, auch wenn es
                                         verständlich Kombiangebote gibt. Wir sind       zutreffen mag, dass man die Modernisierung
                                         eine Bahn für die touristischen Gäste von       vermutlich etwas zu wenig forcierte. Aber
                                         nah und fern. Und wir sind eine moderne         das lag auch an den Rahmenbedingungen,
                                         Bahn des urbanen Nahverkehrs. Dieses Pro-       namentlich der Finanzierung. Am 9. Februar
                                         fil ist durch die Modernisierung ganz wesent-   2014 wurden mit der klaren Annahme der
                                         lich geschärft worden.                          Vorlage über die Finanzierung und den Aus-
                                                                                         bau der Eisenbahninfrastruktur die Weichen
                                                                                         neu gestellt. Nun wurde möglich, was zuvor
                                                                                         als schwierig galt: die Finanzierung einer
                    «Wir haben viel mehr in Angriff genommen,                            umfassenden Modernisierung der AB mit ei-
                    als ursprünglich vorgesehen gewesen war.»                            nem Gesamtbudget von 150 Millionen Fran-
                                                                                         ken für die Infrastruktur. In der Folge wurde
                                                                                         es den AB erst möglich, nochmals dieselbe
                                         Das waren die Appenzeller Bahnen doch           Summe in den Verkehr, namentlich Züge und
                                         schon seit Jahrzehnten.                         Werkstätten, zu investieren. Der Rest, das
                                         Das mag stimmen. Aber sie waren auch ein        war letztlich der starke Wille von Geschäfts-
                                         Gemischtwarenladen mit drei verschiedenen       leitung, Verwaltungsrat und Personal, diese
                                         Spurweiten, sehr unterschiedlichem Roll-        Gelegenheit beim Schopf zu packen und da-
                                         material und einem Schienennetz, das am         mit die Grundlage für die nächsten vier Jahr-
                                         wichtigsten Bahnhof in der Stadt St.Gallen      zehnte zu legen. Es galt, nicht nur zu wollen,
                                         zwei stumpfe Enden hatte. Das hatte auch        sondern es auch zu tun.
                                         historische Gründe: Die AB sind ja nach und
                                         nach aus der Fusion verschiedener Bahnen        Was waren die grössten Herausforderun-
                                         im Appenzellerland entstanden. Mit diesem       gen auf diesem Weg in die Moderne?
                                         Durcheinander ist es nun weitgehend vorbei.     Die Parallelität der Ereignisse. Als die Steine
                                                                                         einmal ins Rollen gekommen waren, galt es,
                                         Wie haben Sie die Modernisierung der            schier unendlich viele Einzelprojekte prak-
                                         Appenzeller Bahnen erlebt?                      tisch zeitgleich zu koordinieren und durch-
                                         Wir haben viel mehr in Angriff genommen, als    zuziehen. Das war schon eine sehr starke
                                         ursprünglich vorgesehen gewesen war. Es         Mannschaftsleitung. Alle, Ingenieure, Planer,
                                         begann mit der Idee einer Durchmesserlinie      Projektleiter, das Bundesamt für Verkehr als

6   SPECIAL | September 2018
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
INTERVIEW

Thomas Baumgartner:
«Die Tradition bleibt, bei aller
Modernisierung, gewahrt.»

                                   SPECIAL | September 2018   7
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
«Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit mit
den Appenzeller Bahnen und allen Projektbeteiligten und
wünschen der neuen Bahnverbindung zwischen Stadt
und Land einen schwungvollen Start!»

                                             Christoph Rüegg, Gesamtprojektleiter Ruckhalde-Tunnel

Die Gesamtprojektleitung und die Projektleitung des 700 Meter langen Ruckhalde-Tunnels haben die Appenzeller Bahnen
den Spezialisten von Amberg Engineering anvertraut. Dank ihrer langjährigen Erfahrung mit komplexen Grossprojekten
und ihrem Know-how in sämtlichen Sparten des Untertagebaus haben sie massgeblich zum erfolgreichen und terminge-
rechten Bau dieser wichtigen Infrastruktur der Neubaustrecke beigetragen.

Amberg Engineering AG - Trockenloostrasse 21 - Postfach - CH-8105 Regensdorf-Watt - www.ambergengineering.ch
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
INTERVIEW

Aufsichtsbehörde, die Geschäftsleitung,          ein Stück ihrer Identität?                        aller Erfahrung bei anderen Bahnen von einer
der Verwaltungsrat, jene, die auf den vielen     Die Tradition bleibt, bei aller Modernisierung,   Steigerung auszugehen. Aber es wird ein bis
Baustellen zu tun hatten, und natürlich unser    gewahrt. Sie zeigt sich etwa auch in der In-      zwei Jahre dauern, bis die Veränderungen bei
Personal zogen an einem Strick.                  nenausstattung der Tango- und Walzer-Züge         den Passagieren angekommen sind. Neue
                                                 oder dem Alpaufzug-Bild im Ruckhaldetun-          Züge und neue Fahrplanangebote brauchen
Gab es Pleiten, Pech oder Pannen?                nel. Und sie zeigt sich in den touristischen      Zeit, bis sie am Markt angelangt sind.
Eigentlich nicht. Wenn man so will, kann man     Kombi-Angeboten. Die Appenzeller Bahnen
den Güterbahnhof ansprechen, wo wir das          sind ähnlich beliebt wie etwa die Rhätische       Für jeden Franken, den Sie von Ihren Pas-
ursprüngliche Projekt verwarfen und nun mit      Bahn oder die Matterhorn-Gotthard-Bahn,           sagieren einnehmen, erhalten Sie von der
einer Verzögerung von knapp drei Jahren eine     das sind eigentliche Marken. Da verbietet         öffentlichen Hand 1.45 Franken an Abgel-
wesentlich bessere Lösung haben werden.          es sich, allzu stark daran herumzufeilen.         tungen. Dazu kommen Abgeltungen für die
Aus der Panne ist etwas Besseres geworden.       Doch die Modernisierung wird unsere Marke         Infrastruktur, die nochmals einen Franken
                                                 stärken, zumal wir unsere Tradition ja keines-    ausmachen. Wie sieht die künftige Ent-
Die Modernisierung ist auch für das Perso-       wegs verleugnen, sondern uns dazu beken-          wicklung aus?
nal eine grosse Herausforderung. Wie meis-       nen, auch mit der Farbgebung. Und wenn äl-        Ich rechne kurzfristig mit einer leichten Stei-
tern Ihre Leute das jahrelange Arbeiten im       tere Menschen sich freuen, nicht mehr in den      gerung. Das neue Rollmaterial ist teuer und
Umbruch?                                         Zug klettern zu müssen, sondern bequem            muss abgeschrieben werden. Auch die War-
Extrem gut, das war ein ganz wesentlicher        und ohne Treppe zusteigen können, dann ho-        tungsintensität ändert sich, denken Sie nur
Faktor, dass alles so gut geklappt hat. Es war   len wir diese gar zurück. Ich weiss von man-      an die ganze Elektronik oder die besonders
auch beeindruckend, ihre wachsende Freude        chen, die unsere Züge mieden, gerade wegen        heikel zu wartenden Toiletten. Ich möchte
und das grosse Engagement zu sehen.              der unüberwindbaren Stufen.                       eines betonen: Die Abgeltungen verfolgen
                                                                                                   den Zweck, auch abgelegener Siedlungen
Aus Sicht der Passagiere sind die Appen-         Die Appenzeller Bahnen haben 2017 über            mit dem öffentlichen Verkehr und einem nut-
zeller Bahnen kaum wiederzuerkennen:             fünf Millionen Personen befördert. Mit wel-       zergerechten Fahrplan zu erschliessen. Die-
modernstes Rollmaterial, eine neue Durch-        cher Steigerung rechnen Sie in den kom-           ser Service public hat seinen Preis. Aber die
messerlinie, ein neuer Tunnel, neue Kreu-        menden Jahren?                                    Bahn gehört wie die Schule, das Lebensmit-
zungs- und Haltestellen, ein verdichteter        Schwierig zu sagen. Wir bewegen uns ak-           telgeschäft oder die Post zu einem lebendi-
Fahrplan. Ein Quantensprung! Aber wo             tuell im Rahmen der Verkehrsprognosen,            gen Dorf und ist unverzichtbarer Teil für eine
bleibt die Tradition? Verlieren die AB nicht     wie sie 2004 gemacht wurden. Es ist nach          volkswirtschaftliche Entwicklung.

                                                                                                                         SPECIAL | September 2018    9
Züge aus der Änderungsschneiderei - Durchmesserlinie und Viertelstundentakt - "Tango" und "Walzer": Der neue AB-Fahrplan: LEADER Digital
Besten Dank der Bauherrschaft
für die geschätzten Aufträge.
                                                       Besuchen Sie uns im Internet: www.lentec.ch

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INTERVIEW

Die Appenzeller Bahnen werden im Nah-           und im Rahmen der Budgetvorgaben gemeis-
verkehr der Stadt St.Gallen mit dem Vier-       tert haben.
telstundentakt zu den Hauptverkehrszei-
ten zum wichtigen Zubringer für Pendler.        Und von welchem Erlebnis werden Sie Ihren
Rechnen Sie mit einem baldigen weiteren         Enkeln erzählen?
Ausbau?                                         Das war nach einer musikalischen Einstim-
Das wird sicher nicht so schnell gehen. Ich     mung mit Hackbrett und Geige die erste
rechne mit einem Ausbau in Etappen. Das         Sprengung am Nordportal des Ruckhalde-
hängt aber sowohl vom Passagieraufkom-          tunnels – ein lauter Knall, der nach den lan-
men als auch vom politischen Willen ab, die-    gen Monaten des Planens, unzähliger Sitzun-
sen Ausbau zu finanzieren.                      gen und steigender Nervosität uns allen klar
                                                machte: Jetzt geht es wirklich los!
Wie lautet Ihr persönliches Fazit der Mo-                                                       Betriebsökonom Thomas Baumgartner
dernisierung?                                                                                   (*1968) ist seit Juni 2012 Direktor der
Ich bin froh, dass es gelungen ist, die AB so                                                   Appenzeller Bahnen. Zuvor hatte er in
umfassend zu modernisieren. Damit haben
                                                «Es wird ein bis zwei Jahre                     verschiedenen Funktionen bei Verkehrs-
wir ein tolles Angebot für unsere Kundinnen     dauern, bis die Veränderungen                   betrieben und bei der öffentlichen Hand
und Kunden geschaffen. Und wir alle sind        bei den Passagieren angekom-                    gearbeitet, zuletzt als Mitglied der
stolz, dass wir dieses komplexe Vorhaben in     men sind.»                                      Geschäftsleitung der Rhätischen Bahn.
so kurzer Zeit und in dieser hohen Qualität

Quelle: vAIRmessung.ch

                                                                                                                 SPECIAL | September 2018   11
PROFIL

     Ein Blick hinter die Kulissen
                                             63 Masten, 46 Tunneltragwerke, 4,2 Kilometer elektrische Fahrleitung,
                                             10 Fahrleitungsmonteure – was hinter den Kulissen geschah, damit
                                             die Durchmesserlinie am 7. Oktober 2018 den Bahnbetrieb wieder
                                             aufnehmen kann.

                                             Schon der Beschrieb des Projekts Durch-         muss die bestehende Infrastruktur mit neu-
                                             messerlinie zeigte den Spezialisten bei         en, sanierten Streckenabschnitten oder Hal-
                                             Kummler+Matter: Das grösste und wich-           testellen behutsam verknüpft werden – eine
                                             tigste Infrastrukturprojekt der Appenzeller     wichtige Anforderung an die Planung. Eine
                                             Bahnen ist in mehrfacher Hinsicht ein ganz      knifflige Herausforderung für den Bau der
                                             besonderes Bauvorhaben. Das Projekt muss        Bahninfrastruktur ist der neue, 700 Meter
                                             in teilweise engen, innerstädtischen Verhält-   lange Ruckhaldetunnel mit einer Steigung
                                             nissen realisiert werden. Besondere Rück-       von 80 Promille (8 Prozent) – das entspricht
                                             sicht auf die Anwohner ist gefordert. Zudem     der Steigung der Brünigpassstrasse!

     Stephan Güpfert – Geschäftsfeldleiter
     Fahrleitung Projekte, Kummler+Matter:
     «Mit diesem Projekt können
     wir unsere Kompetenz von der
     Entwicklung und Planung über
     die Materiallieferung bis hin
     zur Montage zeigen.»

     Heinrich Kobler – Leiter Fahrleitung,
     Appenzeller Bahnen:
     «Kummler+Matter hat den
     Appenzeller Bahnen mit dem
     Bau der Fahrleitung einen
     wesentlichen Beitrag zur
     Realisierung des Projekts
     Durchmesserlinie geleistet.»

12
 2   SPECIAL | September 2018
PROFIL

An die Arbeit!                                    weitere Aufgabe war die Bauführung für die       Ein paar Fakten und Zahlen
Die Projektleiter und Bauleiter von Kummler+      vier Teilprojekte St. Gallen, Ruckhalde, Lieb-   Von den rund 8 Kilometern Totalstrecke wur-
Matter – Spezialgebiet elektrische Fahrlei-       egg und Lustmühle.                               den etwa 5 Kilometer von Kummler+Matter
tungen und Infrastruktur – machten sich an                                                         mit neuen Fahrleitungen ausgestattet. Insge-
die Arbeit. Gefragt waren neben der Planung       Es geht los!                                     samt verbaute Kummler+Matter 4,2 Kilome-
und Projektierung der Fahrleitungsanlage die      Nach der Planungsphase gingen die Arbeiten       ter Kettenwerke (bestehend aus Tragseil und
Demontage der bestehenden Fahrleitungs-           los. Die Appenzeller Bahnen richteten eine       Fahrleitung), 2,9 Kilometer Speiseleitung
anlage vom Güterbahnhof bis zur Haltestelle       Totalsperre vom 3. April bis Anfang Okto-        (Transportleitung für die Einspeisung von
Riethüsli sowie der Rückbau der Fahrleitun-       ber 2018 ein. Die Kummler+Matter-Teams           Strom) und 2,8 Kilometer Rückleitung. 70
gen von Liebegg und Lustmühle, das Setzen         demontierten zunächst 70 Masten auf der          Masten wurden demontiert, 63 neue Masten
der neuen Masten für die Aufhängung der           Strecke St. Gallen–Teufen. Nach dem Er-          gestellt und 46 Tunneltragwerke im Ruck-
Tragwerke und die Montage von Tunneltrag-         stellen der Fundamente durch die Tiefbauer       haldetunnel installiert. Bis zu 10 Monteure
werken für die neue Fahrleitungsinfrastruk-       konnte die Arbeit der Fahrleitungsprofis be-     von Kummler+Matter waren in unterschiedli-
tur des Ruckhaldetunnels. Daneben wurde           ginnen: die Montage von 63 neuen Masten          chen Schichten Tag und Nacht für das grosse
Kummler+Matter beauftragt, das System-            mit Tragwerken, das Ziehen der Kettenwerke,      Bauvorhaben der Appenzeller Bahnen im
material für die Fahrleitungen zu liefern. Eine   bestehend aus Tragseil und Fahrdraht, das        Einsatz.
                                                  Ziehen der Rück- und der Speiseleiter, das
                                                  Anbringen der Erdung und sowie die Reglage
                                                  der Fahrleitung.

                                                  Im Tunnel unterwegs
                                                  Allein auf der steilen, einspurigen Tunnel-
                                                  strecke des Ruckhaldetunnels waren 46
                                                  Tunneltragwerke zu montieren. Diese Instal-
                                                  lationsarbeit an der Tunneldecke erfordert       Kummler+Matter AG
                                                  äusserste Präzision. Die Fahrleitung muss        Hohlstrasse 188
                                                  jederzeit und unabhängig von Temperatur          8004 Zürich
                                                  oder Feuchtigkeit gleich gespannt sein und       T +41 44 247 47 47
                                                  darf nicht durchhängen – eine Kunst für sich!    www.kuma.ch
                                                  Es erfordert nicht nur eine präzise Berech-
                                                  nung der beweglichen Ausgleichgewichte,
                                                  sondern auch Fingerspitzengefühl und viel           Elektrifizierung der Bahnstrecken
                                                  Erfahrung bei der Montage der Fahrleitungs-         mit ARCAS
                                                  anlage. Hinzu kommt die nötige Maschinen-           Kummler+Matter entwickelt und produ-
                                                  power von Schienentraktoren, die auch auf           ziert mit dem ARCAS-Fahrleitungsport-
                                                  steilen Strecken einsetzbar sind.                   folio zukunftsweisende Produkte,
                                                                                                      Systeme und Lösungen zur Elektrifizie-
                                                  Kummler+Matter konnte für die Arbeiten im           rung von Bahnlinien. Das äusserst robus-
                                                  und rund um den Tunnel auf eigene Fahrzeu-          te und qualitativ hochwertige Material ist
                                                  ge sowie auf Fahrleitungsfahrzeuge bewähr-          seit Jahrzehnten in der Schweiz bei vielen
                                                  ter Partnerfirmen zurückgreifen, die für sol-       Bahnen im Einsatz. Am Kummler+Matter
                                                  che Einsätze zugelassen sind.                       Hauptsitz in Zürich arbeiten die Entwick-
                                                                                                      ler täglich an der Weiterentwicklung von
                                                  Sicherheit im Tunnel                                ARCAS. Die kürzlich erfolgte Überarbei-
                                                  Für die Selbstrettungsmassnahmen im                 tung des ARCAS-Bahnsortiments führt
                                                  Ruckhaldetunnel projektierte und instal-            zu einer einfacheren Handhabung und
                                                  lierte Kummler+Matter zukunftsweisende              Logistik. Die Systemunterlagen richten
                                                  Technologien. Darunter fallen LED-beleuch-          sich an alle im Prozess beteiligten
                                                  tete Handläufe für die gesamte Tunnel-              Personen wie Monteure, Bauführer,
                                                  länge, nachleuchtende Fluchtwegschilder,            Bauleiter, Planer und Lagerlogistiker.
                                                  ein modernes VoIP-Tunnel-Notrufsystem,              Neu ist auch, dass für externe Planer
                                                  LED-Leuchten für die Unterhaltsbeleuch-             CAD-Zeichenblöcke, beispielsweise für
                                                  tung und Steckdosenverteiler für den Unter-         Ausleger, zur Verfügung stehen.
                                                  haltsdienst.

                                                                                                                        SPECIAL | September 2018   13
                                                                                                                                                   3
RUCKHALDETUNNEL

     Planmässiger Verlauf ohne
     Un- oder Zwischenfälle
                                Der Ruckhaldetunnel ist das Herzstück der Modernisierung
                                der Appenzeller Bahnen. Chefbauleiter Thomas Looser ist
                                mit dem Bauablauf sehr zufrieden.

                                Diese Stadt ist auf Wasser gebaut. Grund-       sondern eher wie aus einer Quelle spru-
                                wasser. Auf der Baustelle des Teilprojekts      delnd, an sich kein grosses Problem für die
                                3.4 der Appenzeller Bahnen, zu welchem          Mineure. Doch wenn das Wasser auf Sand
                                auch der neue Ruckhaldetunnel St.Gallen         trifft, wird es heikel; ein ähnliches Drama
                                gehört, musste zuerst ein Grundwassersee        droht wie beim Zusammenbruch einer Sand-
                                abgepumpt werden, bevor mit dem Vortrieb        burg, wenn die Flut kommt. Im Ruckhaldetun-
                                begonnen werden konnte. Bei der Vonwilbrü-      nel hatten die Mineure diese Einbrüche stets
                                cke, wo es galt, das Gleis auf einer Strecke    im Griff, sodass sowohl deren Arbeitssicher-
                                von 60 Metern zwecks Ausgleichs des Gefäl-      heit als auch die Sicherheit der Infrastruktur
                                les abzusenken, sorgt eine Betonwanne für       stets gewährleistet waren. Mit Injektionen
                                Stabilität im weichen Untergrund. Diese ent-    einer harzähnlichen Substanz und zahlrei-
                                hält, nach einer schmalen Deckschicht, Torf     chen Lanzen, die spiralförmig in die Molasse
                                und liegt im Grundwasser, bevor sich feste-     getrieben wurden, wurde das Tunnelprofil in
                                rer Untergrund zeigt. Zwei Wassereinbrüche      diesen Fällen stabilisiert.
                                während des Ausbruches des Tunnelprofils
                                im Ruckhaldetunnel sorgten für einige Aufre-
                                gung, wie sich Chefbauleiter Thomas Looser
                                erinnert.                                       Immer wieder fanden sich
                                Während nordseitig im festen Fels gesprengt     im Lockergestein kleinere
                                werden konnte, mussten sich die Mineure         oder grössere Linsen aus
                                auf der Südseite und später auch von Nor-
                                                                                feinstem Sand.
                                den her mit einem Spezialbagger mit mini-
                                malem Wendekreis durch Lockergestein ar-
                                beiten. Zuerst wurden in dichter Abfolge, der
                                künftigen Tunnelwand folgend, Stahlrohre in     Wäre das Wasser gekommen, wenn man
                                den Berg getrieben. Durch sie wurde eine        sich gerade durch eine Sandbank von der
                                Zementsuspension in den Untergrund ge-          Grösse des ganzen Tunnels gearbeitet hätte
                                presst. Diese sorgte für die nötige Verfesti-   – und davon gab es einige –, so hätte sich
                                gung und Stabilität, damit der Bagger weiter-   ein wässriger, nur schwer zu stoppender
                                graben konnte. Mehr als ein Meter Vortrieb      Brei ins Tunnelinnere ergossen. Es wäre
                                pro Tag war nicht möglich. Nach dem Abtrans-    dann zu einigen Verzögerungen gekommen.
                                port des Aushubs wurden radial mächtige         Doch von derlei Unbill blieb man während
                                Stahlträger eingebaut und mit Spritzbeton       der ganzen Bauphase verschont. «Es ist bis-
                                ausgekleidet. So erhielt der Tunnel nach und    her alles planmässig verlaufen», freut sich
                                nach seine endgültige Form.                     Thomas Looser, und er hegt keine Zweifel,
                                                                                dass der reguläre Bahnbetrieb pünktlich
                                Sand wie am Strand                              aufgenommen wird. Der Bauingenieur wird
                                Immer wieder fanden sich im Lockergestein       noch bis Mitte nächsten Jahres mit dem
                                kleinere oder grössere Linsen aus feinstem      Schlussbericht beschäftigt sein, fünf Jahre,
                                Sand, wie er jedem Strand zur Ehre gereichen    nachdem er in der Projektierungsphase zum
                                würde. Manchmal gab es auch nur Sand zu         Team gestossen war. «Ich bin sehr zufrieden,
                                durchqueren. Und weil sich trotz des abge-      wie gut es gelaufen ist. Die Zusammenar-
                                pumpten Grundwassersees noch immer              beit mit allen Beteiligten war hervorragend,
                                kleinere und grössere Wasserquellen im Ge-      wir zogen an einem Strick. Und, für mich
                                stein fanden, kam es mehrmals zu Wasser-        das Wichtigste: Wir blieben von Unfällen
                                einbrüchen, nicht in einem grossen Schwall,     verschont.»

14   SPECIAL | September 2018
RUCKHALDETUNNEL

Thomas Looser:
Wenn Wasser auf Sand trifft, droht
ein ähnliches Drama wie beim
Zusammenbruch einer Sandburg,
wenn die Flut kommt.

                                       SPECIAL | September 2018   15
RUCKHALDETUNNEL

16   SPECIAL | September 2018
RUCKHALDETUNNEL

Grosse Kunst braucht
keine grosse Bühne
                                                 Pirmin Breu war Graffitikünstler der ersten Stunde. Er begann als
                                                 künstlerischer Rebell, der Schönheit verpflichtet, und hat mit
                                                 «Meine Menschen» ein künstlerisches Markenzeichen entwickelt.
                                                 Für die Appenzeller Bahnen bringt er eines seiner wichtigen Motive,
                                                 den Alpaufzug, als moderne Höhlenmalerei in den Ruckhaldetunnel.

Mit dreizehn Jahren sprayte Pirmin Breu sein     war, überraschend viel Zuspruch fanden. Ei-     Ein Vierteljahrhundert später braucht sich
erstes Objekt, ein goldenes Einhorn, aus ei-     nige haben sich bis heute erhalten, nicht zu-   Pirmin Breu nicht mehr zu verstecken. Viel-
ner Spraydose, die er seinem Vater stibitzt      letzt, weil Breu schon damals auf gute Farben   leicht wäre er damals Schriftenmaler geblie-
hatte. Da packte es ihn, das Sprayen, und es     gesetzt hatte, andere musste er, auf eigene     ben, doch er, der noch klassisch mit Vergol-
liess ihn nicht mehr los. In seiner Jugend war   Kosten nach den Wünschen der Besitzer neu       den und Pinsel gearbeitet hatte, war schon
er nachts unterwegs, auf der Suche nach der      sprayen, in einem Falle ein Stromhäuschen.      nach seiner Lehre ein Auslaufmodell, binnen
Schönheit in der Darstellung wählte er, ohne     Das habe 500 Franken an Material verschlun-     weniger Jahre war ein ganzer Berufsstand an
zu fragen, seine Wände aus, Geschäftshäu-        gen, für ihn, den Schriftenmalerer-Lehrling     den Computermonitor gedrängt worden. Und
ser, Unterführungen, und versuchte sich mit      mit 150 Franken Monatslohn, eine stattliche     so blieb Breu seiner Kunst treu, ging in die
ersten Werken, die, als er erwischt worden       Stange Geld.                                    Vereinigten Staaten, verdiente sich einige

Für die Appenzeller Bahnen zeigt
Breu einen Alpaufzug im Dunkel
des Ruckhaldetunnels.

                                                                                                                      SPECIAL | September 2018   17
Wir danken der Bauherrschaft für
                                                    den geschätzten Auftrag.

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                                                                   www.hagmann-ag.ch

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I N VOLLEN DUNG.
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RUCKHALDETUNNEL

                                                                                       wie sie Kinder an jedem Jahrmarkt erfreu-
                                                                                       en und wie sie ein Jeff Koons in die Welt
                                                                                       der Kunstgalerien überführt hat, und in der
                                                                                       sehr ernsthaften und zugleich so verspielt
                                                                                       wirkenden Kunst eines Roman Signer, den
                                                                                       die Bewegung ähnlich fasziniert wie Pirmin
                                                                                       Breu. Signer sei eine grosse Inspiration und
                                                                                       ein Vorbild, weil er sich immer treu geblieben
                                                                                       ist, lange gerade in seiner Heimat missver-
                                                                                       standen, ja geradezu verlacht wurde und erst
                                                                                       seinen späteren Jahren die Anerkennung als
                                                                                       einer der grossen Künstler seiner Zeit gefun-
                                                                                       den habe. Er wolle sich auch treu bleiben, auf
                                                                                       seinem Weg, seine Menschendarstellungen
                                                                                       auf den Punkt zu bringen, durch das Weglas-
                                                                                       sen auf das Wesentliche zu reduzieren. Eben
                                                                                       hat Breu angefangen, die menschliche Sil-
Pirmin Breu übernimmt                künstlerische Lorbeeren, liess sich von gros­     houette als Schablone zu verwenden, er folgt
die klassische Abfolge der           sen Künstlern wie Jean-Michel Basquiat oder       mit der Spraydose ihren Konturen, es ent-
Alpaufzüge, wie sie in der
                                     Keith Haring inspirieren, machte erste Instal-    stehen Profile an der Wand, die beides sind:
naiven Bauernmalerei
vorgegeben ist.                      lationen und Ausstellungen, kehrte zurück in      Schablone und sehr individuelles Porträt. Ein
                                     die Schweiz und schuf sich mit «Meine Men-        schönes Bild.
                                     schen» ein künstlerisches Markenzeichen.
                                     Neben seiner freien künstlerischen Arbeit         Höhlenmalerei im Ruckhaldetunnel
                                     hat Breu auch stets Auftragskunst gemacht,        Für die Appenzeller Bahnen zeigt Pirmin Breu
                                     mit thematischen Vorgaben, aber in künstle-       einen Alpaufzug im Dunkel der aufwärts
                                     rischer Freiheit.                                 führenden rechten Wand des Ruckhaldetun-
                                                                                       nels. Bergauf fahren die Züge mit 60 Stun-
                                     Back to the Roots                                 denkilometern vorbei, bergab sind es nur 40
                                     Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt sich        km/h. Nur das aus dem Zug dringende Licht
                                     Breu, der vielgereiste Sohn eines Appen-          der Innenbeleuchtung wird, wie in grauer Vor-
                                     zellers, mit seinen eigenen Wurzeln, und so       zeit der Schein der Fackeln auf die Felsbilder,
                                     kam er auf den Alpaufzug. Erste Arbeiten          ein wenig Licht auf Breus Figuren werfen.
                                     entstanden, in einigen Werken nahm er den         Er hat lange, in einem anderen Tunnel der
                                     Begriff wörtlich, die Alp auf dem Zug, und pro-   Appenzeller Bahnen, mit den Abständen ex-
                                     jizierte auf grosser Leinwand seine schönen       perimentiert, die ganz in Schwarz gehaltenen
                                     Sennen, Kühe, Geissen und Sennenhunde in          Sennen, Sennbuben, Geissen und Kühe in
                                     die Umrissskizzen von Zügen der Appenzel-         verschiedenen Körperhaltungen sollen in-
                                     ler Bahnen. Er sieht es als Spiegelbild seiner    dividuell erkennbar sein, vorbeihuschend,
                                     selbst, der Reisende und der Suchende, und        aber fassbar; zugleich übernimmt Breu die
                                     auch als Spiegelbild der Gesellschaft, die        klassische Abfolge der Alpaufzüge, wie sie
                                     sich in allgemeiner Hektik verliert und darob     in der naiven Bauernmalerei vorgegeben
                                     die Verbindung zu sich selbst, zu den Wurzeln     ist. Die Rollen sind verteilt, das grosse Gan-
                                     zu verlieren droht.                               ze geht vor, als dessen Teil das Individuum
                                                                                       sich versteht, ohne sich darin zu verlieren.
                                                                                       Mit einem Hauch Weiss, in farblicher Umkeh-
                Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt                                  rung des Schattens, wird diese Individualität
                sich Breu, der vielgereiste Sohn eines                                 unterstrichen.
                Appenzellers, mit seinen eigenen Wurzeln.                              Sie werden in ihrer schlichten, minimalisti-
                                                                                       schen Schönheit nicht auffallen auf der Fahrt
                                                                                       durch den Tunnel, manche werden sie gar
                                     Pirmin Breus Figuren sind archetypisch, sie       nicht bemerken, andere vielleicht erst mit
                                     sind geerdet und sympathisch, und sie ha-         der Zeit, und nach und nach, so hofft Pirmin
                                     ben Vorbilder, die weit in die Menschheits-       Breu, werden sie den Betrachterinnen und
                                     geschichte zurückreichen, jahrtausendealte        Betrachtern näherkommen, sie innehalten
                                     Felsmalereien, die Mensch und Tier in ähnli-      lassen, zum Nachdenken bringen, auf dem
                                     cher Komposition und Reduktion zeigen – in        Weg zur Arbeit, zum Tagesausflug oder in
                                     den bewegten und sich bewegenden Figuren          die Ferien. Die grosse Kunst braucht keine
                                     eines Keith Haring, in den Ballonfiguren,         grosse Bühne.

                                                                                                             SPECIAL | September 2018    19
STATIONEN

     Die Modernisierung des
     Streckennetzes im Bild
                                       Mit der Modernisierung der Appenzeller Bahnen ist das ganze Streckennetz
                                       auf Vordermann gebracht worden. Wie an einer Perlschnur gereiht sind diese
                                       Neuerungen. Ein Überblick.

     1a
         In der Werkstatt Speicher
              werden die elf neuen
             Tango-Züge gewartet.
       Diese sind 14 Meter länger
          und einiges schwerer als
               die Vorgänger-Züge.
             Deshalb mussten die
      Arbeitsgruben entsprechend
                angepasst werden.

     1b
               Beim mehrphasigen
             Umbau der Werkstatt
          Speicher wurde auch die
              Arbeits­sicherheit der
              Mitarbeiterinnen und
         Mitarbeiter verbessert. In
         Speicher werden die Züge
             gewartet und kleinere
        Reparaturen durchgeführt.

20   SPECIAL | September 2018
STATIONEN

                                                2
                               Die Haltestelle Schützen­
                               garten in Speicher musste
                               an die Länge der neuen Züge
                               angepasst werden. Sie
                               wurde 2014 umgebaut und
                               verlängert.

3
   Beim Bahnhof St.Gallen
   der Appenzeller Bahnen
         wurden zwei neue
Aussenperrons erstellt. Die
komplett neue, zweispurige
 Gleisanlage wird über den
  neugestalteten Bahnhof-
          platz fortgeführt.

                                                4
                               Durch die Strecken­
                               verlegung auf die Nordseite
                               des Güterschuppens und
                               dem Bau einer Halte- und
                               Kreuzungsstelle wird
                               zukünftiges Entwicklungs­
                               gebiet im Westen der
                               Innenstadt St.Gallen
                               erschlossen, was die
                               Standortattraktivität erhöht.
                               Geplante Inbetriebnahme
                               Ende 2021.

                                    SPECIAL | September 2018   21
STATIONEN

                                                       5
                                      Am Süportal des 700 Meter
                                      langen Ruckhaldetunnels
                                      bietet die neue Haltestelle
                                      Riethüsli einen sicheren,
                                      ebenerdigen Einstieg.

     6
                    Die bestehende
          Kreuzungsstelle Liebegg
             wurde im Rahmen der
      Modernisierung der Strecke
      Trogen–St.Gallen–Appenzell
        erneuert. Der Abstand von
           der Strasse zur Schiene
           wurde den gesetzlichen
              Vorgaben angepasst,
                sodass keine Über­
      schreitungen der Lichtraum-
            profile von Strasse und
          Bahn bestehen bleiben.

                                                       7
                                      Die Einführung des
                                      Viertelstundentakts
                                      erfordert mehr Kreuzungs-
                                      stellen. Die Verlängerung
                                      der Kreuzungsstelle
                                      Lustmühle trägt zur
                                      Stabilität des Fahrplans
                                      bei. Die Haltestelle wurde
                                      behindertengerecht
                                      umgebaut.

22   SPECIAL | September 2018
STATIONEN

                                                8
                                Die Haltestelle Sternen in
                                Teufen wurde behinderten­
                                gerecht umgebaut, sodass
                                der Zugang vom Perron
                                zu den neuen Zügen
                                hindernisfrei möglich ist.
                                Es entsteht ein neues
                                Wartehäuschen, wobei
                                das bestehende zu
                                einem Velounterstand
                                umfunktioniert wird.

9
    Die Haltestelle Stofel in
     Teufen kommt neu vor
     der Einmündung in die
        Unterrainstrasse zu
   stehen. Aufgrund dieser
      Verschiebung werden
 sowohl die öffentlichen als
          auch die privaten
        Parkplätze in dieser
   Region aufgehoben bzw.
verschoben. Geplant ist der
    Bau der Ortsdurchfahrt
           Teufen ab 2021.

                                    10
                                Die heutige Bahnhof­
                                kreuzung Teufen wird zu
                                einem Kreisel und damit
                                zu einer sicheren
                                Verkehrsanlage umge-
                                baut. Ebenfalls werden für
                                die Fussgänger auf allen
                                Verbindungen ein Trottoir
                                erstellt und auf dem
                                heutigen Bahnhofplatz
                                der neue Busbahnhof
                                realisiert.

                                     SPECIAL | September 2018   23
STATIONEN

     11
                Im Servicezentrum
                 Appenzell, dessen
         Inbetriebnahme für 2022
         geplant ist, sollen künftig
              die grossen Instand­
          setzungs- und Revisions­
        arbeiten der beiden neuen
            Züge Tango und Walzer
         durchgeführt werden. Die
           Werkstätten in Gais und
                   Herisau werden
                       aufgehoben.

     12
                     Auf mehreren
          Abschnitten der Strecke
       Gossau–Appenzell–Wasser­
               auen wurden Gleise
           erneuert und Bahnüber­
          gänge saniert. Ebenfalls
              sind auf dieser Linie
                 neue Fahrzeuge –
           die Walzer – im Einsatz.

                                       Anzeige

24   SPECIAL | September 2018
PROFIL                                                                                                                                    PROFIL

    Dank der CSD INGENIEURE AG hat
    auch die Umwelt etwas zu «sagen»
    Von der Abfall- und Altlastenentsorgung über die Lärmverminderung
    bis zur Renaturierung: Die CSD INGENIEURE AG ist beim Grossprojekt
    der Appenzeller Bahnen für die Umweltbaubegleitung zuständig.

    «Beim Bau der neuen Durchmesserlinie
    St.Gallen – Appenzell sind nicht nur techni-
    sche Aspekte, sondern auch zahlreiche Um-
    weltauflagen zu erfüllen», informiert Martina
    Schmucki, Projektleiterin Umweltbaubeglei-
    tung der CSD INGENIEURE AG Ostschweiz für
    die neue Durchmesserlinie St.Gallen – Ap-
    penzell – Trogen. Sie ist bei diesem Gross-
    projekt dafür verantwortlich, dass die Um-
    weltvorgaben richtig umgesetzt werden. «Wir
    kontrollieren während der Ausführung zum
    Beispiel regelmässig die Qualität des Bau-
    stellenabwassers sowie die Einhaltung der
    Einschränkungen der Arbeitszeiten bezüg-
    lich Lärm, oder achten darauf, dass Abfälle       Abwasserbehandlungsanlage.                                                       Foto: CSD INGENIEURE

    richtig entsorgt werden.» (s. Bild ‹Abwasser-
    behandlungsanlage›). Besonders wichtig ist
    uns der enge Austausch mit Bauleitung und         Es gibt allerdings nicht nur technische Mass-        abgegrenzt und geschützt. Nur ein kleiner Teil
    Unternehmer. Eine gute Zusammenarbeit             nahmen, die die Umwelt schützen und für die          wurde gerodet und wird nach Bauabschluss
    mit entsprechender Sensibilisierung aller         Natur einen Mehrwert bedeuten: so wurde der          wieder bepflanzt werden. Ebenfalls wurden
    Beteiligten erleichtert unsere Arbeit sehr, so-   Feldwaldbach, der an der Strecke liegt, rena-        beim Teilprojekt Verlängerung Kreuzungsstel-
    dass wir nicht als Kontrolleure, sondern als      turiert und Altlasten wie z. B. alte Teerbelags-     le Lustmühle für Reptilien wie z. B. Eidechsen
    Berater und Partner in Sachen Umwelt wahr-        stücke in der Böschung entfernt. Ökologisch          Steinhaufen und Holzhaufen erstellt. (s. Bild
    genommen werden.»                                 hochwertige Hecken an der Ruckhalde wurden           ‹Reptilienstrukturen am Bach›).

                                                                                                           Das Mandat der Umweltbaubegleitung für
                                                                                                           das Grossprojekt Durchmesserlinie St.Gal-
                                                                                                           len – Appenzell – Trogen ist eines von meh-
                                                                                                           reren Mandaten, welches die CSD für die Ap-
                                                                                                           penzeller Bahnen ausführen darf.

                                                                                                           Seit mehr als 30 Jahren ist die CSD INGE-
                                                                                                           NIEURE AG in der Ostschweiz präsent, un-
                                                                                                           terdessen mit Büros in St.Gallen und Frau-
                                                                                                           enfeld. Die Schwerpunkte der heute mehr
                                                                                                           als 20 Mitarbeitenden unter der Leitung von
                                                                                                           Jens Bohne umfassen nebst der Bearbeitung
                                                                                                           sämtlicher Umweltthemen auch die Bereiche
                                                                                                           Geologie, Hydrogeologie und Geotechnik, Alt-
                                                                                                           lasten, Bauschadstoffe und Wasserbau. Die
                                                                                                           CSD Gruppe ist in der ganzen Schweiz und in
                                                                                                           vier europäischen Ländern mit über 700 Mit-
                                                                                                           arbeitenden im Bau- und Umweltingenieurwe-
                                                                                                           sen aktiv.

    Reptilienstrukturen am Bach.                                                    Foto: CSD INGENIEURE   www.csd.ch

2   SPECIAL | September 2018                                                                                                     SPECIAL | September 2018     25
Gleis-Neutrassierung
AB Ruckhalde

Vom Zahnstangengleis 1889 … zum Adhäsionsgleis 2018
Am Anfang dieses Schlüsselprojekts stand der politische Auftrag an die Appenzeller Bahnen mit der
Einführung des 15-Minuten-Taktes zu Spitzenzeiten. Für die Umsetzung dieses Auftrags war die Eliminie-
rung der «Bergstrecke» Ruckhalde mit Zahnstangengleis und dem Ersatz durch ein reines Adhäsionsgleis
mit dem Bau des Ruckhaldentunnels unumgänglich.

                                   Bestehendes Zahnstangengleis
                                   mit 110 ‰ Neigung.
                                   Bild: Legendäre Ruckhalden-
                                   Kurve mit 30 m Radius.

                                             Neues Adhäsionsgleis
                                          (ohne Zahnstange / reine
                                        Haftreibung) mit max. 80 ‰
                                         Neigung durch den neuen
                                                Ruckhalden-Tunnel.

Unser Bahntechnik-Auftrag
Abbruch                                                              Neubau
• 1’000 m Zahnstangengleis                                           • 600 m Adhäsionsgleis
• 9’000 m Steuer- und Datenkabel                                     • 600 m Kabelkanal
                                                                     • 29’000 m Steuer- und Datenkabel

Impressionen

Einbau der Unterschottermatte      Montage des Betonschwellen-       Verlegen von Steuer- und
zur Minimierung der Emissionen.    gleises.                          Datenkabel.

Unser Dankeschön
Die GLEISAG bedankt sich bei unseren Auftraggebern Appenzeller Bahnen, ARGE TransRuck sowie
SIEMENS für die zugesprochenen Bahntechnik-Arbeiten. Wir wünschen den Appenzeller Bahnen unfall-
freie Fahrt auf den Gleisen der neuen Durchmesserlinie.
Wir sind das Bahntechnik-Unternehmen für innovative und kundenfokussierte
Ausführungen. In sämtlichen Fachbereichen am Gleis bietet die GLEISAG als
WALO-Tochter Leistungen an. Dabei spielen Sicherheit, Qualität und Termin-
einhaltung eine zentrale Rolle.

GLEISAG Bahntechnik – Kompetenzen

   Gleis und Weichen       Industriegleisanlagen      Maschineneinsätze      Feste Fahrbahn
      Totalumbau

  Fahrleitungsmastbau            Kabelbau             Sicherungsanlagen      Bahnsicherheit

      Gleistiefbau         Spezialkonstruktionen       Bankettarbeiten       Abbrucharbeiten

    Bankettsicherung        Material- und Aushub        Fundamentbau            Beratung
       «RÜGLEI»                   Logistik

GLEISAG Gleis- und Tiefbau AG, Schuppis 21, 9403 Goldach                     www.gleisag.ch
TANGO UND WALZER

     Aus der Änderungsschneiderei
                                               «Tango» und «Walzer», die beiden neuen Züge der Appenzeller Bahnen,
                                               sind weder aus der Grossserie noch eigene Anfertigungen:
                                               Sie gleichen Anzügen aus der Änderungsschneiderei. Adrian Wetter,
                                               Leiter Projekte Rollmaterial ist mit beiden Zügen sehr zufrieden.

                                               735 Anforderungspunkte galt es für die Of-        ein. Die eine folgte den Vorgaben des Bestel-
                                               fertsteller der Züge zu erfüllen, die künftig     lers, die andere machte als «Unternehmer-
                                               auf der Durchmesserlinie Appenzell–Trogen         offerte» Vorschläge zum Besseren. So regte
                                               verkehren sollten. «Für die speziellen Bedin-     Stadler bei den Zügen für die Durchmesser-
                                               gungen auf unserem Netz eignet sich kein          linie eine Zweiteilung an; die beiden Zug-
                                               Standardprodukt,» erläutert Adrian Wetter. Er     hälften sollten, etwa im Falle eines Unfalles,
                                               ist seit 2015 bei den AB als Leiter Projekte      unabhängig voneinander fahren können, was
                                               Rollmaterial angestellt. Für die global tätigen   auch mehr Flexibilität bei grösserem Passa-
                                               Anbieter waren diese Anforderungen offen-         gieraufkommen versprach. Und dann ging
                                               bar zu hoch und die Stückzahlen zu klein,         es noch um manche Details, etwa bei der
                                               sodass sich einige grosse Hersteller rasch        Innenausstattung in Form farbiger Nähte auf
                                               zurückzogen, als es an das Eingemachte            den Erstklasssitzen. Das Ergebnis sind zwei
                                               ging. Bei den parallel ausgeschriebenen neu-      sowohl konzeptionell als auch optisch recht
                                               en Zügen für die Linie Gossau–Wasserauen          unterschiedliche Züge, der «Walzer» auf der
                                               reagierte kein einziger auf die internationale    Linie Gossau–Wasserauen und der «Tango»
     Technische Daten Zugskomposition          Ausschreibung.                                    auf der Durchmesserlinie Appenzell–Trogen.
     Walzer (5 Einheiten):
     2,65 Meter breit, 58,8 Meter lang,        Übrig blieb schliesslich ein einheimischer        Der Tango: Aus dem Tram wird ein Zug
     15 Sitzplätze 1. Klasse, 161 Sitzplätze   Zugbauer: Stadler. Der hat zwar längst auch       Der «Tango» ähnelt einem Tram, und er war
     2. Klasse, 209 Stehplätze, Höchstge-      international grosse Erfolge, ist sich aber       es auch, bevor er zum Änderungsschnei-
     schwindigkeit 80 km/h, Gewicht 114        offensichtlich nicht zu schade, auch auf die      der kam. «Der Tango ist ein Überlandtram»,
     Tonnen (bei maximaler Beladung)           Wünsche der kleinen Bahnen einzugehen.            schmunzelt Adrian Wetter. Doch der Tango
                                               Und so reichte Stadler gleich zwei Offerten       ist ein Zug, schwerer und schneller als ein

28   SPECIAL | September 2018
TANGO UND WALZER

Adrian Wetter:
«Für einige global tätige Anbieter
waren die Anforderungen zu hoch
und die Stückzahlen zu klein.»

                    SPECIAL | September 2018   29
TANGO UND WALZER

                                                                                          Fensterflächen und moderne Bahntechnik
                                                                                          sind nur einige der Neuerungen. Die gesam-
                                                                                          te Ausrichtung ist touristischer als beim
                                                                                          Tango. Ein Teil des bisherigen Rollmaterials
                                                                                          lebt bei den AB weiter, um in Stosszeiten ein-
                                                                                          gesetzt zu werden, ein Teil wird verkauft, und
                                                                                          ein Teil landet auf dem Schrottplatz.

                                                                                          Freude und Stolz
                                                                                          Die Wartung des neuen Rollmaterials über-
                                                                                          nehmen die Appenzeller Bahnen nach den
                                                                                          Vorgaben des Lieferanten selbst. So werden
                                                                                          14-täglich verschiedene Betriebsmittel, vom
                                                                                          Scheibenwasser bis zum Sand für die Ver-
                                                                                          besserung der Traktion, nachgefüllt. Weite-
                                                                                          re Wartungen erfolgen monatlich, nach drei
                                                                                          und nach sechs Monaten. Die allermeisten
                                                                                          Reparaturen werden vom eigens geschulten
                                                                                          Personal durchgeführt, nur bei der Software
                                                                                          braucht es externe Spezialisten. Doch auch
     Elf «Tango» (vorne) und fünf         Tram, mit zwei Führerständen und einer ers-     die Mitarbeiter in der Werkstatt werden den
     «Walzer» bieten den                  ten Klasse ausgestattet, zudem auch als         Schraubenschlüssel viel seltener brauchen:
     Passagieren Komfort und
                                          Zug zertifiziert. Sein Ursprung liegt in Ber-   Ähnlich wie bei modernen Autos ersetzt die
     Sicherheit.
                                          lin-Pankow, wo 1994 eine Tramkomposition        Sensortechnik die klassische Schrauberei.
                                          namens Variotram entwickelt worden war.         Die Fehlersuche wird einfacher, Wartung und
                                          Stadler übernahm 2001 die Firma. Darauf         Reparatur werden effizienter.
                                          basierende Be-4/8-Niederflurzüge wurden in
                                          den Jahren 2004 und 2008 an die damalige        «Wir haben mit den neuen Zügen sehr moder-
                                          Trogenerbahn geliefert. Stadler entwickelte     nes Rollmaterial, das Passagieren und Per-
                                          Konzept und Design des Variotrams weiter:       sonal gleichermassen Freude bereiten wird»,
                                          Der Tango war geboren. Die Baselland Trans-     bilanziert Adrian Wetter. Der Laie staunt über
                                          port AG fährt seit 2008 mit Tango-Trams.        die Risszeichnungen und Pläne, in denen
                                          Auf dieser Komposition basiert der im Werk      sich diese schönen und zugleich sehr prak-
                                          Bussnang gebaute Tango der Appenzeller          tischen Züge spiegeln. Der Fachmann freut
                                          Bahnen. Es ist ein Zug mit einer sehr ele-      sich, dass diese Planung so gut aufgegangen
                                          ganten Anmutung daraus geworden. Wie ein        ist. «Wir dürfen stolz darauf sein.»
                                          Massanzug.

                      Es ist ein Zug mit einer sehr                                          Zwei Konzepte, zwei Züge
                                                                                             Der eine, der «Walzer», fährt nur übers
                      eleganten Anmutung daraus
                                                                                             Land, der andere, der «Tango» durch die
                      geworden. Wie ein Massanzug.                                           Stadt und übers Land. Entsprechend
                                                                                             unterschiedlich sind die Anforderungen:
                                                                                             Während der «Walzer» vor allem dem
                                          Das gilt auch für die fünf auf der Stre-           touristischen Verkehr dient und deshalb
                                          cke Goss­   au–Wasserauen verkehrenden             mehr Sitzplätze bietet, befördert der
                                          «Walzer»-­
                                                   Züge. Der «Walzer», intern ABe            «Tango» viele Pendlerinnen und Pend-
                                          4/12 genannt, basiert auf der gleichnamigen        ler, die im Falle des Falles auch mal
                                          Komposition der Serie 100, die seit 2015           einen Stehplatz einnehmen, und muss
                                          auf dem Schmal­spurnetz der Freiburgischen         sich dazu seinen Weg durch die Stadt
                                          Verkehrsbetriebe verkehrt. Für die Zwecke          St.Gallen bahnen. Das begrenzt seine
                                          der AB haben die Züge einige Modifikationen        Ausmasse an einigen Engstellen in der
                                          erfahren. «Technisch ist der Zug im Vergleich      Stadt, wo es für einen konventionellen
                                          mit den alten, bald 40-jährigen Kompositio-        Überlandzug wie dem «Walzer» keinen
                                          nen ein Quantensprung», sagt Wetter. Der           Platz mehr hat. Darum haben sich die
                                          ebenerdige Einstieg erfreut Gehbehinder-           Appenzeller Bahnen für zwei verschiede-
                                          te und Ältere gleichermassen, Klimaanla-           ne Zugskompositionen entscheiden.
                                          gen, behindertenfreundliches WC, grosse

30   SPECIAL | September 2018
Der «Walzer» auf einen Blick
Der «Walzer» ist 2.65 m breit und knapp 59 m lang. Er hat 15 Sitzplätze in der 1. und
161 in der 2. Klasse. Dazu kommen über 200 Stehplätze. Bei dem Zweirichtungs-
fahrzeug ist der Einstieg von beiden Seiten möglich. Es punktet weiter mit einem
hohen Niederfluranteil, mit Kundeninformationssystemen mit Bildschirmen sowie
mit einer behindertengerechten Toilette. Seine breiten Türen ermöglichen zu Spit-
zenzeiten einen rascheren Ein- und Ausstieg, seine grossen Fensterflächen einen
weiten Blick auf die Landschaft.

                                                                 SPECIAL | September 2018   31
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Mit unseren Standorten in Bern, Basel, Genf, Lausanne, Luzern und Zürich sind wir ein führender Dienstleister in
den Bereichen
     • Bauherrenberatung
     • Bauherrenvertretung
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Bauvorhaben und Immobilienprojekte, sowohl im Hoch-, wie im Tief- und Infrastrukturbau.

Unsere 50 praxiserfahrenen IngenieurInnen, ArchitektInnen und BauökonomInnen sind Ihre Partner und
Treuhänder. Die Techdata AG ist vollständig unabhängig und neutral.

Wir fokussieren uns auf die Umsetzung Ihrer Projektziele.
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                                                        OSTWIND
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Der «Tango» auf einen Blick
Der «Tango» ist 2.4 m breit und rund 52 m lang. Er hat 12 Sitzplätze in der 1. und
133 in der 2. Klasse. Dazu kommen 218 Stehplätze. Bei dem Zweirichtungs-
fahrzeug ist der Einstieg von beiden Seiten möglich. Es punktet weiter mit einem
hohen Niederfluranteil, mit Kundeninformationssystemen mit Bildschirmen sowie
mit einem Multifunktionsabteil für Kinderwagen, Velos oder Ähnliches. Und: Dank
seiner luftgefederten Drehgestelle fährt der «Tango» ausserordentlich ruhig.

                                                                                     SPECIAL | September 2018   33
TANGO UND WALZER

     Tradition dezent in Szene gesetzt
                                                Therese Naef ist Mitinhaberin und Geschäftsführerin der Design- &
                                                Consultingagentur Milani in Thalwil ZH. Sie verbindet handwerkliche
                                                mit ästhetischen Ansprüchen. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte
                                                bildet das Design von Zügen, unter anderem für die SBB und die
                                                Verkehrs­betriebe Zürich. Und die Appenzeller Bahnen. Was Naef
                                                daran fasziniert, erklärt die gelernte Modellbauerin und Diplom­
                                                designerin im Porträt.

                                                «Ich habe mir schon lange gewünscht, nicht     präsentieren: Es sollten Anregungen sein,
                                                nur im Umfeld der grossen Bahnen und           mehr nicht. «Für viele würde es dabei blei-
                                                Transportunternehmen tätig zu sein, son-       ben, andere würden sich angesprochen füh-
                                                dern auch bei der Gestaltung der Züge ei-      len und sich davon inspirieren lassen.»
                                                ner regionalen Bahn», erinnert sich Therese
                                                Naef. Denn dort zähle weniger die Marke        Das ‹rote Zügli› musste weiterleben
                                                als vielmehr die Region. Und weil sie dem      Bei einem der ersten Entscheide ging es um
                                                Appenzellerland seit ihren Kindertagen         die Aussenfarbe, und es war allen Beteilig-
                                                verwandtschaftlich verbunden ist, hat sie      ten rasch klar, dass nur das klassische Rot
                                                dieser Auftrag besonders gereizt und ge-       der Appenzeller Bahnen, das ‹rote Zügli›,
                                                freut. «Die Appenzeller Bahnen befördern       infrage kam. Klischee hin oder her, diese
                                                ja Fahrgäste mit ganz unterschiedlichen        Tradition sollte weiterleben. «Im Innenbe-
     Technische Daten Zugskomposition           Ansprüchen, einerseits viele Ausflügler und    reich greifen wir die Farbe mit den Polsterbe-
     Tango (11 Einheiten):                      Touristen, anderseits Pendler. Es gilt also,   zügen in der zweiten Klasse wieder auf», so
     2,4 Meter breit, 52 Meter lang,            sowohl urbane als auch ländliche Motive        Therese Naef. Dann kam die Frage auf, wie
     12 Sitzplätze 1. Klasse, 135 Sitzplätze    einzubringen und dabei die lebendigen Tra-     man die Traditionen und das Städtische
     2. Klasse (davon 24 Klappsitze), ca. 240   ditionen einzubinden», fasst die Wahlzür-      einbringen kann. «In den eher touristisch
     Stehplätze, Zweirichtungsfahrzeug,         cherin zusammen. Für sie war von Anfang        genutzten Zügen auf der Linie Gossau–
     Einstieg beidseits möglich.                an klar, dass es nicht darum gehen konn-       Wasserauen haben wir traditionelle Moti-
                                                te, den Fahrgästen diese Themen direkt zu      ve wie das Silvesterchlausen mit dezent

34   SPECIAL | September 2018
TANGO UND WALZER

Therese Naef:
«In den eher touristisch genutzten
Zügen haben wir traditionelle
Motive wie das Silvesterchlausen
aufgegriffen.»

                          © Carmen Wüest

                   SPECIAL | September 2018   35
TANGO UND WALZER

     aufbereiteten Fotos an den Wänden auf der                                                       Der Tango zwischen
     Längsseite aufgegriffen», beschreibt die                                                   Gais und Appenzell (Linie
                                                                                            Trogen–St.Gallen–Appenzell)
     Milani-Geschäftsführerin. Dazu kommen an
     die Sitze genähte Etiketten mit Appenzel-
     ler Begriffen in gelb und rot-grünen Nähten
     auf den Sitzen der ersten Klasse. Auf der
     Strecke, die durch die Stadt St.Gallen führt,
                                                     Gediegener Luxus und
     wurde auf diese Motive verzichtet, stattdes-
                                                     authentisches Brauchtum in
     sen setzte man ganz auf den Kreuzstich          der ersten Klasse des Walzers (Linie
     als Symbol der textilen Tradition, die das      Gossau–Appenzell–Wasserauen)
     Appenzellerland und die Stadt St. Gallen
     gleichermassen geprägt hat. «Wir zeigen ihn
     stilisiert an den verglasten Trennwänden als
     Sichtschutz, die wie bei einem Stickmuster
     die Silhouette des Alpsteins ergeben», er-
     klärt Therese Naef.

     «Dann kam die Frage auf,
     wie wir die lebendigen
     Traditionen und das
     Städtische einbringen.»

     Daneben war es Therese Naefs Aufgabe,
     sich um die Einhaltung verschiedener Aufla-
     gen zu kümmern. «So wird etwa das Stick-
     muster auf Augenhöhe etwas verdichtet
     dargestellt, damit es für Menschen mit Seh-
     behinderung gleichermassen wahrnehmbar
     ist», veranschaulicht sie an einem kleinen,
     aber wichtigen Detail.

36   SPECIAL | September 2018
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