ZEIT FÜR MEHR GERECHTIGKEIT! - KOMPETENZ-online
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Österreichische Post AG, MZ 02Z031731M, ÖGB-Verlag, Johann-Böhm-Pl. 1, 1020 Wien, Retouren an PF 100 1350 Wien 2 / 2021 MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT GPA ZEIT FÜR MEHR GERECHTIGKEIT! Sozialwirtschaft: Worte reichen nicht! S. 12 Handel: „Wir sind am Ende unserer Kräfte!“ S. 16 GPA.AT | KOMPETENZ-ONLINE.AT 1
KOMPETENZ 2 / 2021 INHALT 4 9 22 COVERSTORY INTERVIEW ARBEITSRECHT Welche Investitionen notwendig sind, um Die Ökonomin Franziska Disslbacher Wann muss ich mich für die Arbeit gut aus der Krise zu kommen. über neue Erkenntnisse zur Vermögens- testen oder impfen? Wir erklären die verteilung. Rechtslage. 02 / 21 3 EDITORIAL 11 KINDERGÄRTEN 18 KURZMELDUNGEN Wiener PädagogInnen kämpfen für 4 ZEIT FÜR MEHR GERECHTIGKEIT bessere Arbeitsbedingungen 20 EINE FRAU MIT Was für einen ökologischen und GERECHTIKEITSSINN Foto: Titelseite: iStock, S 4: Daniel Novotny, S. 9: Nurith Wagner-Strauss, S 22: Adobe Stock sozial gerechten Wiederaufbau der 12 SOZIALWIRTSCHAFT Die Betriebsratsvorsitzende der Wirtschaft nötig ist. Die Beschäftigten im Gesundheits- Caritas Gabriele Wurzer im Porträt und Sozialbereich warten vergeblich, 7 MEINUNG dass dem Klatschen Taten folgen. 22 ARBEITSRECHT ExpertInnen aus Wirtschaft und Alles zum Impfen und Testen Kultur verraten ihre Rezepte gegen 14 PRAKTIKA die Krise. Für fair bezahlte Paktika im 24 VERSCHULDET DURCH CORONA Gesundheits- und Sozialbereich Warum private Schulden ansteigen 8 BILDMELDUNG Aktion: MillionärInnen fair besteuern 15 ERWACHSENENBILDUNG 26 JOURNALISMUS IN GEFAHR Kollektivvertragsabschluss Warum unabhängiger Journalismus 9 „DEN VERMÖGENDEN WIRD IN derzeit so gefährdet ist wie noch nie DER POLITIK VIEL MEHR GEHÖR 16 HANDEL GESCHENKT.“ Beschäftigte sind am Ende 28 FAKTENCHECK Die Ökonomin Franziska Disslbacher ihrer Kräfte Arbeitslos - was nun? im Interview 17 FOTOGRAMM 30 GPA-WOHNBAUVEREINIGUNG Sicheres und leistbares Wohnen 2
EDITORIAL ZUSAMMENHALT STATT GIER Nur wenn wir die Krisenkosten fair ver- teilen, kommen wir gut aus der Krise. ZUR PERSON: Jene, die sich für Fußball interessieren, wissen der Pflege dringend zusätzliches Personal und Martin Panholzer ist Bescheid. Einige der reichsten europäischen Ressourcen. Im Lebensmittelhandel wurde zu- Leiter der Abteilung Spitzenclubs wollten eine Super-Liga gründen, letzt sehr viel Geld verdient. Das müssen auch Öffentlichkeitsar- die es ihnen ermöglicht hätte, noch mehr Geld die Beschäftigten spüren und auch hier muss beit in der GPA und Chefredakteur zu verdienen und dadurch noch reicher und dafür Sorge getragen werden, dass mehr Per- der KOMPETENZ. mächtiger zu werden. Es kam zu einem Auf- sonal zum Einsatz kommt. Eine Umfrage unter schrei vor allem der Millionen Fußballfans in den Handelsbeschäftigten hat ergeben, dass Europa und so wie es aussieht, ist diese Idee sie es nur durch solidarischen Zusammenhalt vorerst gescheitert. Das, was sich hier abge- untereinander geschafft haben, die schwierige spielt hat, lässt sich durchaus auf die Gesell- Situation zu meistern. Verantwortung und Soli- schaft übertragen. Führt die aktuelle Krisensi- darität verlangen wir jetzt auch von jenen, die tuation dazu, dass die Reichen und Mächtigen an den Schalthebeln von Wirtschaft und Politik noch dominanter werden oder setzt ein gesell- sitzen! schaftlicher Prozess ein, der mehr auf Zusam- menhalt und Solidarität setzt? Ein Trainer eines Die GPA führt im kommenden Juli ihr Bundes- Wiener Traditionsvereins merkte in diesem Zu- forum, das höchste politische Gremium, durch. sammenhang ganz richtig an: „Letztendlich Aufgrund der Pandemie leider nur online. Wir kommt es ja auf die breite Masse an.“ werden dort Anträge diskutieren und beschlie- ßen, die den Fokus auf die aktuelle Krisensitu- Auch wir sind der Überzeugung, dass uns noch ation legen, aber auch den Blick darüber hin- mehr Gier von einigen Wenigen und ungleiche aus. Die Bewältigung der an wirtschaftlichen, Verteilung tiefer in die Krise führen wird. Nur sozialen und ökologischen Krise wird einer For- Foto: Nurith Wagner-Strauss wenn Superreiche künftig einen größeren Bei- derung nicht vorbei können: Es ist Zeit für mehr trag leisten, werden wir die Krise bewältigen. Gerechtigkeit! Wo wir dabei konkret ansetzen müssen, be- MARTIN PANHOLZER handelt unter anderem diese Ausgabe der KOMPETENZ. Wir brauchen etwa im Bereich 3
KOMPETENZ 2 / 2021 Die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA Barbara Teiber bei der Aktion für eine Millionärssteuer am Ballhausplatz. ZEIT FÜR MEHR GERECHTIGKEIT! Foto: Daniel Novotny 4
COVERSTORY Viel ist in letzter Zeit vom notwendigen Neuaufbau der Wirtschaft die Rede. Einig sind sich alle, dass die öffentliche Hand riesige Geld- beträge für Investitionen in die Hand nehmen muss. D as Wichtigste ist, zu verhindern, dass die Schere zu schaffen. Denn parallel zum Reichtum Weniger stei- zwischen Arm und Reich noch weiter auseinan- gen global wieder Armut und Unterernährung. der geht und immer mehr Menschen jegliche Perspektive im Leben verlieren. Wenn also von gezielten KOLLEKTIVVERTRÄGE SICHERN Milliardeninvestitionen in den ökologischen Umbau und die Digitalisierung gesprochen wird, dann muss die Si- Eine wichtige Herausforderung wird sein, das ös- cherung eines guten Lebens für alle erste Priorität ha- terreichische System der kollektiven Lohn- und Ge- ben. haltsfindung abzusichern und weiter zu entwickeln. Die Gewerkschaft GPA verhandelt jährlich über 170 BEITRAG DER REICHEN Kollektivverträge und sichert so die Gehaltserhöhung samt Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Hunderttau- Der Tenor der österreichischen Regierung lautet der- sende. „Gerade in diesen extrem unsicheren Zeiten ist zeit: Durch Wirtschaftswachstum wird der Staat so der Verlass auf die vertraglich gesicherte Einkommens- hohe Steuereinnahmen lukrieren, dass die Schulden entwicklung für die Beschäftigten von großer Bedeu- automatisch zurückgeführt werden können. Abgesehen tung und ein wichtiger Beitrag zum Wachstum“, sagt davon, dass es höchst umstritten ist, ob und wann das der Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA Karl Dürt- Wirtschaftswachstum in der notwendigen Höhe Reali- scher. tät wird, weist unser Steuersystem aktuell eine eklatan- te Schieflage auf. Rund 80 Prozent der Steuern werden »Der Unterschied zwischen arm und von ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen gezahlt. reich hat ungesunde und inzwischen Unternehmen und MillionärInnen tragen im Vergleich demokratiegefährdende Ausmaße nur wenig bei. „Der Unterschied zwischen arm und reich hat ungesunde und inzwischen demokratiegefährden- angenommen, die sich durch die de Ausmaße angenommen, die sich durch die Coro- Corona-Pandemie noch verschärft na-Pandemie noch verschärft haben“, untermauert haben.« GPA-Vorsitzende Barbra Teiber die Forderung der Ge- Barbara Teiber werkschaft GPA nach einer Millionärssteuer. „Durch die Rettungspakete wurden nicht nur Unter- ARBEITSPLÄTZE SCHAFFEN nehmen und Arbeitsplätze gerettet, sondern auch die Privatvermögen der UnternehmenseignerInnen. Es ist „Das Wirtschaftswachstum allein wird nicht reichen, nur gerecht, wenn MillionärInnen einen substantiel- um Beschäftigung zu sichern“, ist Barbara Teiber len Beitrag zur Krisenbewältigung leisten“, ergänzt der überzeugt. Dazu brauche es auch gezielte und groß Leiter der GPA-Grundlagenabteilung, David Mum. Die angelegte Programme der öffentlichen Hand, um Men- Gewerkschaft steht mit der Forderung nach einer Mil- schen mit geringen Arbeitsmarktchancen, wie zum Bei- lionärssteuer nicht alleine da. Kürzlich hat etwa der Ge- spiel ältere Langzeitarbeitslose, in Beschäftigung zu neralsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, bringen. eine globale Reichensteuer gefordert, um die Folgen der Krise zu bewältigen. Auch der Internationale Wäh- ArbeitnehmerInnen werden immer produktiver, sie rungsfonds hat empfohlen, durch Besteuerung reicher schaffen immer mehr in weniger Arbeitszeit. „Es ist ab- Personen und Konzerne mehr Verteilungsgerechtigkeit surd, wenn in einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit jene, 5
KOMPETENZ 2 / 2021 die Arbeit haben, immer mehr unter Druck kommen, STRUKTURWANDEL während für Hundertausende die Arbeitszeit auf Null gesetzt wird“, ergänzt Teiber. Die GPA trete deshalb für Es ist unbestritten: Die Klimakrise bedroht das Überle- eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- ben des Planeten. Wir müssen alles unternehmen um ausgleich ein. „Wir sind aber auch offen für kreative CO2 zu reduzieren und mehr erneuerbare Energie wie Modelle auf betrieblicher und Branchenebene“. Windkraft oder Sonnenenergie zu nutzen und den öf- fentlichen Verkehr massiv auszubauen. Dieses Projekt FÜR ECHTE GLEICHSTELLUNG kann jedoch nicht dem Markt überlassen werden, son- dern muss mit einer aktiven Rolle des Staates und unter Frauen sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen nach Einbeziehung der betroffenen Menschen erfolgen. wie vor benachteiligt. Durch die Gesundheitskrise wur- den bestehende Benachteiligungen manifest. Home- Österreich ist ein Industrieland und der Erhalt einer schooling und Kinderbetreuung wurden in großem hochwertigen industriellen Produktion ist die Basis für Ausmaß von Frauen geschultert. Neben konkreten Maß- unseren Wohlstand. Ein strategischer Plan, in welche nahmen, um die Einkommen von Frauen zu verbessern, Richtung sich die Industrie entwickelt, wird notwendig braucht es auch kulturelle Veränderung. „Kinderbetreu- sein. Auf die Kräfte des freien Marktes allein kann man ung darf nicht nur in den Händen von Frauen liegen, sich dabei nicht verlassen. sondern muss partnerschaftlich aufgeteilt werden“, stellt Teiber klar. Darüber hinaus haben die letzten Lock- DEMOKRATIE SCHÜTZEN downs ab Ende 2020 insbesondere Branchen mit hoher Frauenbeschäftigung getroffen. Schwere Krisen stellen immer auch eine Gefahr für die Demokratie dar. Das lehrt uns die Geschichte und das »Hochwertige Pflege wird es nur dann wissen insbesondere auch GewerkschafterInnen aus geben, wenn die Beschäftigten gute leidvoller Erfahrung. Gerade jetzt muss man allen Ver- suchen, die Krise mit autoritären Mitteln und Demokra- Löhne und Gehälter und kürzere Ar- tieabbau zu bewältigen, entgegentreten. Dazu gehört beitszeiten haben.« auch eine kritische Haltung gegenüber Medienkonzen- Barbara Teiber tration und Versuchen, die Medien für politische Ziele von Parteien und deren Interessen dienstbar zu machen. DER SOZIALSTAAT ALS WERTVOLLES GUT Demokratie ist mehr als periodische Wahlen in öffent- lichen Körperschaften. Demokratie muss auch am Ar- Die Gesundheitskrise hat eindrucksvoll gezeigt: Län- beitsplatz und in den Ausbildungsstätten sichergestellt der mit einem gut ausgebauten Sozialsystem konnten werden. „Das gesetzlich verbriefte Recht, Betriebsräte die negativen Folgen der Pandemie besser abfedern. zu wählen, muss gesichert bleiben, ebenso wie die ge- „Gerade in den Sozial- und Gesundheitsbereich muss setzliche Interessensvertetung der ArbeitnehmerInnen der Staat jetzt investieren“, fordert Teiber. „Hochwertige durch die Arbeiterkammern“, stellt Barbara Teiber klar. Pflege wird es nur dann geben, wenn die Beschäftigten ● gute Löhne und Gehälter und kürzere Arbeitszeiten ha- ben.“ Österreich besitzt im internationalen Vergleich ein MARTIN PANHOLZER gutes und leistungsfähiges Pensionssystem. Dieses muss auch weiterhin erhalten bleiben. Die Krisenkosten dür- fen nicht zu Lasten der öffentlichen Pensionen gehen. Die Coronakrise zeigt auch Defizite in unserem Bil- Die GPA hält Anfang Juli dungssystem schonungslos auf. Die Infrastruktur der ihr Bundesforum ab und Bildungseinrichtungen entspricht vielfach nicht den wird sich offensiv mit ihren modernen Standards (Stichwort Digitalisierung). Inves- Vorschlägen in die Diskussion titionen in das Bildungssystem müssen eine faire Bil- einbringen. „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ dungschance für alle sicherstellen und junge Menschen lautet das Motto. Es ist klar, dass zu kritischen und selbstbewussten Individuen bilden. ein Neustart unserer Gesellschaft Insbesondere dem Bereich der Berufsausbildung muss mit einer Offensive für mehr mehr Augenmerk geschenkt und die Ausbildungsga- Gerechtigkeit verbunden sein muss. rantie ausgebaut werden. 6
MEINUNG Was unser Land jetzt braucht! Stimmen zur Krisenbewältigung „ Wir brauchen einen Aufschwung, der so stark ist, dass er auch genügend neue Jobs schafft. Und wir brauchen eine gerechte Verteilung der Krisenkosten. Jenen, die überproportionale Lasten schulterten, sollten wir unter die Arme greifen - etwa dem Personal in den Spitälern, von der Reinigungskraft bis zur Assistenzärztin, aber auch den SchülerInnen und Lehrlingen, die stark unter den Lockdowns litten. “ Barbara Blaha Momentum Institut „Die Erwerbslosigkeit muss dringend gesenkt werden – keineswegs nur auf das Niveau von vor dieser Krise. Beschäftigungspolitik soll dringend benötigte Arbeit im Gesundheitswesen, in der Bildung, in weiteren öffentlichen Dienstleistungen und für die Ökologisierung ermöglichen. Zudem braucht es mutige Schritte der Arbeitszeitverkürzung, um Arbeit auf mehr Personen zu verteilen und mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Die Krise hat auch gezeigt, dass jede Erwerbsarbeit unabhängig von der Vertragsform volle (Daniel Wisser)/Diakonie (Martin Schenk)/Nurith Wagner-Strauss (Jörg Flecker)/privat (Eva Zeglovits)/Attac (Lisa Mittendrein)/Momentum Instiut (Barbara Blaha) soziale Absicherung braucht – letztlich also ein Ausbau des Sozialstaates unabdingbar ist.“ Jörg Flecker Uni Wien „Ob Jeff Bezos, Didi Mateschitz oder Johann Graf: Während wir alle im Seuchenjahr um die Zukunft bangten, wurden die Superreichen noch reicher. Um Ungleichheit wirklich zu bekämpfen, müssen wir das Wirtschafts- system grundlegend umgestalten. Kurzfristig braucht es einen Ausgleich der enormen Lasten der aktuellen Krise. Attac fordert einen Corona-Lastenausgleich: Wer mehr als eine Milliarde Euro besitzt, soll davon 60 Prozent abgeben.“ Lisa Mittendrein attac „Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind. Viele sind durch auslaufende Mietstundungen gefährdet, zu viele von schikanösen Sozialhilfekürzungen betroffen, tausende Kinder können sich notwendige Therapien nicht leisten. Dringend: Für leistbares Wohnen kämpfen, in soziale Dienstleistungen investieren, digitalen Wandel allen zugänglich machen, Kinder stärken, Therapielücke schließen. Insgesamt braucht es mehr solch sozialstaatlicher Antworten auf die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich. Das sind Martin Schenk Maßnahmen, auf die man ein Recht hat, die nachhaltig wirken und die mehr als zufällig die Betroffenen Diakonie erreichen.“ „Die Pandemie zeigt, dass Gesundheitsversorgung und Spitalskapazitäten nicht nach markwirtschaftlichen Kriterien organisiert werden dürfen, sondern wir Überkapazitäten einplanen müssen, um in Notfällen und bei Auslastungsanstieg effizient zu sein. Und es muss sich die symbolische Würdigung von Pflege- und Sozialberufen auch in konkreten Verbesserungen von Bezahlung und Arbeitsbedingungen zeigen.“ Daniel Wisser Autor „Wenn die gesundheitliche Krise überwunden ist, werden viele andere Probleme sichtbar werden – PöschlAdobeStock die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Armut stehen da ganz oben auf der Agenda. Wir müssen über die Arbeitsbedingungen der vielen „SystemerhalterInnen“ nachdenken, die Großes geleistet haben. Auf Lehrlinge und Schülerinnen und Schüler in berufsbildenden Schulen wurde in der Krise oft vergessen. Spiola, Nach Monaten mit Distance Learning und „Schichtbetrieb“ brauchen sie die Berufspraxis, im Rahmen des Arnold / © Petra Eva Zeglovits Unterrichts und in Form von Praktika.“ Foto: AMSFotos: IFES 7
KOMPETENZ 2 / 2021 MILLIONÄRE FAIR BESTEUERN Aktionismus auf dem Ballhausplatz: Milliardär Rudi hat gut lachen. Österreich ist ein Paradies für Superreiche. In Österreich wird Vermögen extrem niedrig besteu- Eine Millionärssteuer von nur einem Prozent würde jähr- ert. Unter den Industrieländern ist unser Land ganz am lich mehrere Milliarden an Einnahmen bringen. Dieses unteren Ende zu finden. Das hat natürlich Auswirkun- Geld könnte man in die Pflege, in Kindergärten und gen auf unsere Gesellschaft. Die Ungleichheit nimmt Schulen oder mehr Klimaschutz Investieren. Unsere Mil- in Österreich zu. Und der Staat wird vor allem durch lionärInnen würden damit einen kleinen, aber wichtigen hohe Steuern auf Arbeit finanziert. 80 Prozent der Steu- Beitrag für Österreich leisten. ● ern und Abgaben zahlen in Österreich die Arbeitneh- merInnen und PensionistInnen, die damit zu kämpfen Zur Kampagnenseite: haben, dass die Lebenshaltungskosten in den letzten https://fuer-gerechte-steuern.at/ Jahren explodiert sind, während die Einkommen sta- gnierten. Sowohl die OECD als auch zahlreiche Öko- nomInnen fordern daher längst die Einführung einer Foto: Daniel Novotny Vermögensbesteuerung in Österreich. Denn die demo- grafische Entwicklung, der Klimawandel und die Digita- lisierung benötigen viele Investitionen, die derzeit nicht gesichert sind. Das könnte eine Millionärssteuer leisten. 8
INTERVIEW Die Datenlage zur Vermögensvertei- lung in Österreich ist dürftig. Öko- nomin Franziska Disslbacher ging der Sache auf die Spur. Ergebnis: Ein Prozent der Haushalte verfügt über 37 Prozent des Vermögens. „VERMÖGEN- DEN WIRD IN DER POLITIK MEHR GEHÖR GESCHENKT“ KOMPETENZ: Zum Einstieg ganz grundsätzlich heit herangezogen werden, liegt der Vergleichswert gefragt: Was wissen wir über die Verteilung von mit 35 Prozent darunter. Wobei man natürlich dazusa- Vermögen in Österreich? gen muss, dass die Ungleichheiten für die Menschen DISSLBACHER: Über die höchsten Vermögen, also hierzulande vergleichsweise gut abgefedert werden die Hyper-Reichen, wissen wir nach wie vor viel zu we- – durch einen ausgebauten Sozialstaat, öffentlichen nig. Man kann aber generell sagen, dass die meisten Wohnbau, das öffentliche Bildungssystem etc. Menschen kein nennenswertes Vermögen besitzen. Erst ab der oberen Mitte der Vermögensverteilung Wie ist Vermögen definiert, was wird hier berück- spielen etwa Immobilien im Eigentum eine Rolle. sichtigt? Wenn man weiter nach oben geht, werden die Vermö- Wir sprechen hier von Netto-Vermögen: Das umfasst gen nicht nur größer, sondern auch komplexer – mit Sachvermögen wie Immobilien, Unternehmensbesitz, Aktien, Unternehmensanteilen und Ähnlichem. außerdem Wertgegenstände wie Kunstwerke oder Gebrauchsgegenstände wie Autos und Finanzvermö- Wie würden Sie die Gruppe der Hyper-Reichen de- gen, also Aktien, Anleihen oder auch Lebensversiche- finieren? rungen. All das abzüglich der Verschuldung ergibt Es geht hier um ganz wenige Menschen, die so viel das Netto-Vermögen. Vermögen haben, dass damit auch Auswirkungen auf die Gesellschaft verbunden sein können – etwa durch Die hohe Vermögenskonzentration in Österreich ist mehr wirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten und ein Aspekt, der in Ihrer Studie auffällt. Gibt es noch politischen Einfluss. andere Überraschungen? Ja, es gibt noch einen zweiten Ausreißer. Dabei geht Sie haben zum Thema Ungleichverteilung und Ver- es darum, wie die Vermögensungleichheit gemessen mögenskonzentration eine aktuelle Studie veröf- wird. In vielen Ländern sind freiwillige Haushaltsbe- fentlicht. Was haben Sie herausgefunden? fragungen die einzige Datenquelle. Solche Befragun- Foto: Nurith Wagner-Strauss Es waren zum Teil überraschende Ergebnisse: So ver- gen sind aber problembehaftet, denn wir wissen, dass fügt in Österreich das oberste Prozent der Haushalte gerade vermögende Haushalte die Teilnahme häufig über 37 Prozent des Vermögens. Innerhalb der EU sind ablehnen oder unvollständige Angaben machen. Das wir damit das Land mit der zweithöchsten Vermögens- heißt: In Summe werden die Vermögendsten mit sol- ungleichheit, knapp hinter den Niederlanden. Selbst chen Methoden nicht sehr gut erfasst. Als Konsequenz in den USA, die ja oft als Paradebeispiel für Ungleich- wird das Gesamtvermögen in den Befragungsdaten 9
KOMPETENZ 2 / 2021 Vergleich: Im OECD-Durchschnitt sind es 5,7 Prozent. Gleichzeitig ist die Besteuerung von Arbeitseinkom- men in Österreich im internationalen Vergleich eher hoch. Es wäre also wichtig, an der Struktur der Besteu- erung anzusetzen. Die favorisierte Steuer auf Vermö- gen bei ÖkonomInnen ist vor diesem Hintergrund die Erbschaftssteuer. Es ist unerklärlich, warum es diese in Österreich nicht gibt. Außerdem müsste über Vermö- genssteuern diskutiert werden. Welches Modell wäre aus Ihrer Sicht hier vorstell- bar? Vorstellbar wäre ein Modell, das ab einer Million Euro an Vermögen ansetzt. Hier wäre eine Vermögens- hierzulande deutlich, nämlich um ein Drittel, zu nied- steuer von einem Prozent denkbar. Der Satz würde rig eingeschätzt. dann in Stufen ansteigen und bei einem Vermögen ab einer Milliarde Euro vier Prozent ausmachen. Ver- Welche Methode haben Sie in Ihrer Studie ange- mögen unter einer Million Euro, und damit 96 Prozent wandt, um mehr Licht ins Dunkel zu bringen? der Haushalte, wäre damit nicht von der Besteuerung Wir haben die Befragungsdaten mit so genannten betroffen. Reichenlisten kombiniert. Das sind Listen, die in der Regel von JournalistInnen recherchiert und publiziert Was würde dieses Modell bringen? werden. Wir haben länderspezifische Listen berück- Dieses Modell würde jährlich elf Milliarden Euro brin- sichtigt, zum Beispiel die Trend Liste für Österreich. gen. Das entspricht dem eineinhalbfachen Budget für Familie und Jugend im heurigen Jahr. Es wäre also ein Wie valide sind die Daten solcher Listen? enormes Aufkommen. Es ist eine Methode, mit der immer häufiger gearbei- tet wird. Außerdem nehmen wir bei unseren Berech- Wir haben mittlerweile ein Jahr Pandemie hinter nungen auf potenzielle Fehler in den Listen Rücksicht. uns. Die Ungleichheit hat sich in dieser Zeit noch Tatsache ist, dass ForscherInnen auf diesem Gebiet verschärft. An den Börsen gibt es Rekordwerte, nur mangels Alternativen auf solche journalistisch er- gleichzeitig liegt die Realwirtschaft am Boden. stellten Datenquellen zurückgreifen. Welche Konsequenzen müssten gezogen werden? Die Ansage - vor dem Virus sind wir alle gleich – stimmt Welche Auswirkungen hat eine starke Vermögens- nicht. Das beginnt mit Unterschieden bei der realen konzentration auf die Gesellschaft? gesundheitlichen Bedrohung etwa zwischen Berufs- Wir wissen aus Studien zu den USA, dass die Politik gruppen, die tagtäglich mit Menschen zu tun haben den Anliegen von Vermögenden mehr Gehör schenkt. versus jenen, die im Homeoffice arbeiten können. Dazu kommt, dass in den vergangenen Jahrzehnten Und es endet bei der besprochenen Ungleichvertei- die gesellschaftliche Bedeutung von Vermögen im lung des Vermögens mit all ihren Konsequenzen. Eine Vergleich zu den Einkommen stetig zugenommen Steuerreform muss diesen Entwicklungen Rechnung hat. Und Vermögen kann für dessen EigentümerInnen tragen, sie muss der Konzentration von Vermögen ent- unterschiedlichste Funktionen erfüllen: Wer etwa eine gegenwirken. Letztlich geht es darum, in welcher Ge- Immobilie hat, kann diese nutzen, wer ein großes Akti- sellschaft wir nach dieser Pandemie leben wollen. ● enpaket besitzt, kann damit Einkommen erzielen. Und bei sehr großen Vermögen kommt auch der Macht- EVELYN HOLLEY-SPIESS Aspekt dazu. ZUR PERSON: Die Ungleichheit und hohe Konzentration von Ver- Franziska Disslbacher ist als Ökonomin in der Ab- mögen ist kein Naturgesetz, sondern vom Men- teilung Wirtschaftswissenschaften und Statistik der Foto: Nurith Wagner-Strauss schen gemacht. Wie müsste man Ihrer Ansicht nach Arbeiterkammer Wien tätig. gegensteuern? Sie lehrt an der WU Wien und forscht im Rahmen Ein wichtiger Hebel wäre die Steuerpolitik: In Öster- ihrer Dissertation zur Verteilung von Einkommen und reich kommen derzeit nur 1,3 Prozent des Steuerauf- Vermögen und zur intergenerationellen sozialen kommens aus vermögensbezogenen Steuern. Zum Mobilität. 10
KINDERGÄRTEN BESSERE ARBEITSBEDINGUNGEN IN WIENS KINDERGÄRTEN Die Wiener Themenplatt- form der Elementar-, Hort- und Freizeitpäda- gogik macht weiter Druck für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Beschäftigten. Die Sprecherin der Themenplattform, Ka- rin Wilflingseder, bringt es auf den Punkt: „Die Corona-Pandemie hat den Arbeits- druck der KollegInnen weiter verschärft, viele arbeiten am Limit. Seit Jahren wei- Mehr als 20.000 Unterschriften wurden an den Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr übergeben. sen wir auf die dringende Notwendigkeit der Verbesserung der Rahmenbedin- dagogik nicht möglich ist. Es kann nicht Qualitätsstandards einzuführen. Wir gungen und mehr finanzielle Ressourcen sein, dass sich die Rahmenbedingungen brauchen einen Modernisierungsschub für diesen für die Gesellschaft so wich- seit Jahrzehnten nicht verändert haben, in der Elementarpädagogik und ein Ab- tigen Bereich der Elementarbildung hin obwohl die Anforderungen ständig stei- gehen vom vorhandenen Fleckerlteppich und werden immer nur vertröstet.“ gen“, so Karin Samer, Betriebsratsvorsit- an Kompetenzen. Konkrete Schritte der zende der Wiener Kinderfreunde. Wiener Stadtverwaltung würden diesen GROSSE UNTERSTÜTZUNG FÜR AN- notwendigen Prozess sicher beschleuni- LIEGEN „Als Gewerkschaft GPA unterstützen wir gen“, erklärt Mario Ferrari, Geschäfts- die Forderungen der Themenplattform führer der Gewerkschaft GPA Wien. ● Die Themenplattform vertritt die Be- mit aller Kraft. Letztendlich geht es da- schäftigten in den privaten Wiener Kin- rum, bundesweit endlich einheitliche LUCIA BAUER dergärten und Kleinkindgruppen, in denen über 70 Prozent der Wiener Kinder betreut werden. Eine Petition an die Poli- WAS DIE BESCHÄFTIGTEN DER WIENER KINDERGÄRTEN tik wurde inzwischen von über 20.000 Be- VON DER STADTREGIERUNG FORDERN: schäftigten und Eltern unterstützt. Darin fordern die engagierten PädagogInnen ● Eine schrittweise Verbesserung des Erwachsenen-Kind-Schlüssels unter anderem mehr Personal, kleinere ● Eine schrittweise Herabsetzung der Kinderzahl pro geführter Gruppenform Gruppen und bessere Bezahlung. ● Eine gesetzliche Verankerung von Vor- und Nachbetreuungszeiten sowie Reflexionszeiten FORTSCHRITTSKOALITION BEIM ● Eine Neudefinition der Tätigkeit von Assistentinnen WORT NEHMEN ● Einheitliche, bewegungsfreundliche räumliche Bedingungen im Innen- und Außenbereich „Wir nehmen den Anspruch der Wiener ● Abgehen von der K2-Regelung: betroffene KollegInnen Stadtregierung, eine Fortschrittskoalition müssen als K1-Personen gelten. zu bilden, beim Wort. Wir fordern konkre- Foto: Daniel Novotny te Schritte für eine verbindliche, an wis- senschaftlichen Erkenntnissen orientierte Du möchtest die Petition auch unterstützen? Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Dann unterschreibe hier: http://bit.ly/petition_kindergarten ohne die eine moderne, hochwertige Pä- 11
KOMPETENZ 2 / 2021 ALLTAGSHELDINNEN IN DER WARTESCHLEIFE Die Beschäftigten im Gesundheits-, Sozial-, Pflege- und Bildungsbereich haben viel für unsere Gesellschaft geleistet – doch schönen Worten sollten nun endlich Taten folgen. können, wirkt beruhigend – eine MNS- Maske nicht.“ KRÄNKELNDER GESUNDHEITSBE- REICH VOR DEM KOLLAPS Auch die stellvertretende Betriebs- ratsvorsitzende im Wiener Hanusch- Krankenhaus, Ilse Kalb, spürt die Ver- schärfungen, die das Corona-Virus und seine Mutanten mit sich bringen. „Der Gesundheitsbereich war schon vor COVID-19 sehr gefordert und ausge- powert – die Pandemie hat die Situ- ation empfindlich zugespitzt“, weiß S Kalb. „Einige Beschäftigte sind deshalb pürbare Anerkennung und Ent- Allerdings haben sich die Arbeitsbedin- bereits vergangenes Jahr ausgestiegen.“ lastung fehlen. Die Situation war gungen drastisch verschärft. Aus Sicher- schon vor dem Beginn Pandemie heitsgründen sind etliche Aktivitäten » Das Pflichtgefühl lässt vie- nicht einfach, doch seither sind Arbeit für KlientInnen eingeschränkt, häufig le von uns über die Grenzen und Leben noch schwieriger geworden. gibt es kurzfristige Änderungen in den gehen. Es gibt eine Bereit- Arbeitsabläufen – damit muss u.a. in WENN DAS HERZ ZU GROSS IST einem knappen Zeitrahmen äußerst viel schaft zur Selbstaufopfe- abgearbeitet werden. Valid Hanuna: rung bis hin zur Selbstauf- „Das Pflichtgefühl lässt viele von uns über „Eigentlich ist kein Stein auf dem ande- gabe.« die Grenzen gehen. Es gibt eine Bereit- ren geblieben“. Die BetreuerInnen leiden Valid Hanuna schaft zur Selbstaufopferung bis hin zur besonders unter der FFP2/FFP3-Mas- Selbstaufgabe“, berichtet Valid Hanuna, ke oder der Schutzausrüstung, die den Mut und Kraft standen am Anfang: aus Betriebsratsvorsitzender der AVS Kärnten ganzen Tag über getragen werden muss. verschiedensten Abteilungen meldeten (Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe). Die Die sozialen Dienstleistungen sind wegen sich MitarbeiterInnen für die Betreuung AVS bietet eine breite Palette an sozialen der notwendigen, aber strengen Hygie- der Corona-PatientInnen. Und in kür- Dienstleistungen an: das reicht von mo- nemaßnahmen wesentlich komplizierter zesten Abständen entwickelte sich alles bilen Pflegediensten und Tagesmüttern durchzuführen. Etwa, wenn es darum anders als gedacht, ein fast tagtägliches bis zur psychologisch/psychotherapeu- geht, in betreuten Wohngemeinschaf- Neueinstellen auf die aktuellen Gege- tischen Hilfe. ten einen Quarantäne-Raum zu schaf- benheiten war die Folge. Die stellvertre- fen und trotzdem alle BewohnerInnen tende Betriebsratsvorsitzende Kalb: „Am „Alle, die im Gesundheits- und Sozial- gleichbleibend gut zu versorgen. Oder Anfang mussten die Schutzmaßnahmen bereich tätig sind, haben ein großes wenn die KlientInnen Kinder sind: „Für noch entwickelt werden, dabei wurden Foto: Unsplash Herz, sie denken an all die anderen, be- die Betreuung von Kindern kann auch auch KollegInnen infiziert oder mussten vor sie auf sich selbst schauen“, ist sich eine gewisse Körpernähe wichtig sein“, als K1-Personen in Quarantäne“. Das üb- der AVS-Betriebsratsvorsitzende gewiss. erklärt Hanuna. „Das Gesicht sehen zu rige Personal musste den Arbeitsausfall 12
SOZIALWIRTSCHAFT ausgleichen, massenhaft Überstunden dingungen schaffen. „Den Worten sollen leisten. Auch der Austausch zwischen endlich einmal Taten folgen – vom Be- der erweiterten KollegInnenschaft fehlt griff ‚HeldInnen des Alltags‘ haben wir mittlerweile extrem: „Teamsitzungen in nichts“, erklären Ilse Kalb und Hanuna. ● der klassischen Form gibt es nicht mehr“, CHRISTIAN RESEI bestätigt Ilse Kalb eine Lücke in der Kom- munikation. Selbst beim Mittagessen WORTE REICHEN NICHT! dürfen die ArbeitnehmerInnen nicht län- ger zu viert an den Tischen sitzen. Viele MitarbeiterInnen sehen daher nur ihre eigene Situation und wissen gar nicht, Ganz Österreich weiß, welch enorme Leistungen im ob es den anderen Abteilungen ähn- Gesundheits-, Sozial-, Pflege- und Bildungsbereich erbracht lich ergeht. Was auch zu der Frage führt: werden. „Allerdings muss jetzt Finanzminister Blümel Geld in die „Arbeiten die anderen auch so viel oder Hand nehmen“, macht GPA-Wirtschaftsbereichssekretärin Eva geht es nur uns so schlecht?“ Scherz deutlich. Die GPA hat die dringendsten Forderungen MEHR FREIZEIT UND MEHR GELD unter www.worte-reichen-nicht.at zusammengefasst – wer will, kann dort seine Anliegen direkt an den Finanzminister schicken. Dass sich endlich etwas ändern muss, darüber sind sich beide BetriebsrätInnen einig. Der Beruf muss attraktiver werden, damit mehr Leute in die Sozialwirtschaft Forderungen der GPA wechseln. Seit Jahren schon herrscht Per- Ein monatlicher steuerfreier Bonus von 150 Euro für Beschäftigte sonalmangel, junge Leute haben kaum im privaten Gesundheits-, Sozial-, Pflege- und Bildungsbereich als Interesse an Berufen, die Stress in Kom- bination mit niedrigen Löhnen bedeu- Anerkennung für zusätzliche Schwerstarbeit. Generell wird ten. Bloß 17 Prozent der Jugendlichen natürlich auch eine bessere Bezahlung gefordert. im Alter von 14 bis 18 Jahren können sich überhaupt vorstellen, einen Pflegeberuf Ein zusätzlicher freier Tag pro Monat für alle. Dieser Erholungstag auszuüben, das hat eine Umfrage der AK soll gemeinsam mit der Wochenendruhe konsumiert werden. Die Niederösterreich ergeben. GPA-Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bleibt aufrecht. Eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stun- Helfende Hände fehlen! Die GPA setzt sich für die Schaffung von den wäre ein großer Schritt in die rich- tige Richtung. „Es ist wichtig, dass die 20.000 Arbeitsplätzen im Support-Bereich ein: Jobs werden vom Leute mehr Freizeit haben und trotzdem Träger bereitgestellt, von der öffentlichen Hand finanziert. Das ausreichend Personal zur Verfügung qualifizierte Personal soll um 20 Prozent aufgestockt werden. steht – nur das ermöglicht Planungssi- cherheit“, sagt Ilse Kalb. Regelmäßiges Ohne PraktikantInnen gibt es in Betrieben keine reibungslosen Einspringen und gestrichene Freizeit ge- Abläufe. Eine faire Bezahlung von zumindest 950 Euro soll endlich hören jedenfalls nicht zu den Erholungs- Gerechtigkeit schaffen. faktoren. Zwar gab es gehörig Applaus und musikalische Häppchen für den Einsatz, doch fehlt die adäquate Ent- lohnung. Das gilt auch ganz besonders für die PraktikantInnen: „Das sind unsere Sag es KollegInnen der Zukunft. So viel wir in sie investieren, bekommen wir auch zurück“, dem Finanzminister! ist sich Valid Hanuna gewiss. Um der Sozialwirtschaft gerecht zu wer- Auf www.worte-reichen-nicht.at den, muss der Finanzminister Geld in kannst du ihm eine Nachricht schicken. die Hand nehmen, der Staat ein Konzept erstellen und angemessene Rahmenbe- 13
KOMPETENZ 2 / 2021 FÜR BEZAHLTE de, hätten die Betroffenen kein Anrecht auf Arbeitslosengeld, „da sie auf Grund PRAKTIKA ihrer unbezahlten Arbeit ja dem Arbeits- markt nicht zur Verfügung stehen“, er- klärt Grolmus. Sie hat nun eine Petition gestartet, die sich an die Verantwortlichen im Gesundheits- und Sozialbereich in den Ländern sowie an den Gesundheitsminister richtet. Die Kernforderung: Praktika im Rahmen von Studiengängen müssen bezahlt werden. Sie verbindet dabei ihre Forderung auch mit einer konkreten Summe: 950 Euro pro Monat sollte es während eines Vollzeit- Praktikums geben. Der Argumentation, Studierende würden hier vorrangig nicht arbeiten, sondern lernen, kann sie nichts abgewinnen. „Es wird oft so getan, als ob uns die Einrichtungen, in denen wir ar- beiten, einen Gefallen tun. Das Praktikum sei ja Teil der Ausbildung. Die Mehrheit der Studierenden erzählt aber, dass sie fix in Teams eingebunden werden, dass Leokadia Grolmus reicht es mit der Gratisarbeit. Sie hat eine Petition für fair bezahlte Praktika gestartet. sie nur kurz begleitet und angeleitet wer- den, dann aber selbstständig arbeiten, Fachhochschulstudierende keinen anderen Ausweg mehr, als sich im weil ihre Arbeitskraft in dem Betrieb von im Gesundheits- und Sozial- Freundes- und Bekanntenkreis Geld aus- Nöten ist.“ ● zuborgen. ALEXIA WEISS bereich müssen im Rahmen ihres Studiums zahlreiche Noch belasteter seien Studierende des Monate an unbezahlten Studiengangs Pflege. Sie müssen ein Praktika absolvieren. mehrmonatiges Praktikum im fünften Se- mester vorweisen. Das Gros ihrer ECTS, Leokadia Grolmus ist 22 Jahre alt und das sind die Punkte, die man für abge- studiert Soziale Arbeit an der Fachhoch- schlossene Lehrveranstaltungen erhält, schule Campus Wien. 20 Wochen an beziehen sich auf Praktika. „In Pflegeein- Praktika muss sie im Rahmen ihres Stu- richtungen wird dann oft verlangt, dass diums vorweisen. Dies brachte sie teils man auch am Wochenende für einen an den Rand der Erschöpfung. Denn Dienst eingeteilt werden kann. Das macht Du findest, dass Praktikan- einerseits wurden all ihre Praktika bisher es unmöglich, den Teilzeitjob, den man tInnen im Gesundheits- und nicht bezahlt, andererseits studiert sie zuvor vielleicht am Samstag und/oder Sozialbereich eine Bezahlung berufsbegleitend, arbeitet also. Sie hat Sonntag hatte, weiter zu machen. Wie verdient haben, von der sie daher ihren Urlaub für die Absolvierung aber soll jemand da sein Geld verdie- leben können? Dann unterstüt- der Praktika genutzt und damit aber seit nen, wenn er oder sie Vollzeit unbezahlt ze diese Petition: https://bit.ly/ drei Jahren keinen arbeitsfreien Monat arbeiten muss?“ Petition_Pflichtpraktika. mehr verbracht. Gleichzeitig könnte die Existenz auch Mit solchen Sorgen ist sie nicht alleine. nicht anders gesichert werden. Vollzeit- Grolmus ist an der FH Campus Wien auch studierenden stehe keine Mindestsiche- Studierendenvertreterin und in der GPA rung zu. Und selbst wenn vor dem mehr- Foto: Edgar Ketzer Ansprechperson für Studierende. Vielen monatigen Praktikum, eben zum Beispiel ihrer KollegInnen ergeht es ähnlich, er- an Abenden und Wochenenden über die zählt sie. So sehen manche Studierende Geringfügigkeitsgrenze gearbeitet wur- 14
KOLLEKTIVVERTRAG PLUS 1,7 PROZENT IN der Volkshochschulen, wo 450 von 1000 Angestellten in Kurzarbeit waren, be- DER ERWACHSENEN- kommen die Extrazahlung leider nicht. „Die klassischen Aufgabenbereiche der Volkshochschulen sind während der BILDUNG Pandemie weggebrochen, das hat ein riesiges finanzielles Problem erzeugt“, erklärt Lacevic. Auch bei den kleineren Senad Lacevic, Betriebsratsvorsitzender der Volkshoch- Sprachschulen sind die Einnahmen weg- schulen Wien und in Abwesenheit von Nerijus Soukup gebrochen. Chefverhandler für den Kollektivvertrag in der Er- ARBEITSZEITVERKÜRZUNG BLEIBT wachsenenbildung, freut sich über ein Plus von WICHTIGES THEMA 1,7 Prozent ab Mai und eine Einmalzahlung für die Mehrheit der Beschäftigten im Oktober. Dass im aktuellen Abschluss keine Ver- kürzung der Arbeitszeit erreicht wurde, obwohl diese als gewerkschaftliche Kern- forderung in der Branche gilt, hat Lace- vic nicht überrascht: „In Krisenzeiten, in denen die MitarbeiterInnen in Kurzarbeit sind, damit die Firmen wirtschaftlich überleben können, ist eine rasche Um- setzung nicht realistisch.“ Immerhin wur- de eine Arbeitsgruppe der Sozialpartner zum Thema gegründet, ein erstes Treffen mit VertreterInnen der Arbeitgeber, bei dem sinnvolle Wege einer Arbeitszeit- verkürzung skizziert wurden, hat bereits stattgefunden. » Die Leistung der Beschäf- tigten muss langfristig hö- her bewertet werden.« Senad Lacevic Senad Lacevic, Betriebsratsvorsitzender der VHS Wien Die Verkürzung der Arbeitszeit für die Be- Für die rund 10.000 Beschäftigten bei pri- am freien Markt anzubieten, weil Ko- schäftigten in der Erwachsenenbildung vaten Bildungseinrichtungen gibt es ab chen, Bewegung oder Sprachkurse der- bleibt dennoch das große Ziel des Ge- 1. 5. 2021 ein Plus von 1,7 Prozent. Senad zeit nicht erlaubt sind, boomen durch werkschafters: „In dieser Branche ist es Lacevic, der Nerijus Soukup als Chefver- Drittmittel finanzierte Kurse im Auftrag nicht immer möglich, auf Wunsch Vollzeit handler vertreten hat, ist zufrieden mit des AMS, der Stadt Wien oder anderer zu arbeiten, viele KollegInnen müssen, dem neuen Kollektivvertrag, er bringt ein Fördergeber“, beschreibt Lacevic die un- zum Beispiel bei Projektkürzungen, sogar „solides Ergebnis in schwierigen Zeiten: einheitlichen Interessenslagen. unfreiwillig weniger arbeiten.“ Arbeits- Unser Abschluss liegt deutlich über der zeitverkürzung hätte für den Gewerk- Inflationsrate von 1,35 Prozent. Viele Kol- EINMALZAHLUNG schafter nicht nur positive Effekte für alle legInnen waren positiv überrascht von Teilzeit und Vollzeit Beschäftigten, son- der Höhe der Gehaltssteigerung.“ Der neue Kollektivvertrag bringt für die dern wäre auch „ein wichtiger Schritt in überwiegende Mehrheit der Beschäf- der Bekämpfung der hohen Arbeitslosig- Die Ausgangslage für die Verhandlungen tigten neben der Erhöhung der KV- und keit“. Lacevic wird die gewerkschaftliche war heuer schwierig, weil die wirtschaft- IST-Löhne und Gehälter außerdem 200 Hauptforderung in wirtschaftlich stabile- Foto: Nurith Wagner-Strauss liche Situation in den Betrieben höchst Euro als Einmalzahlung - die sogenannte ren Zeiten nicht vergessen: „Die Leistung unterschiedlich ist. „Die Auftragslage in Corona-Prämie. Allerdings können nicht der Beschäftigten muss langfristig höher der Branche ist derzeit sehr uneinheit- alle Betriebe in der Branche die Prä- bewertet werden.“ ● lich. Während es für die Volkshochschu- mie leisten, die mit dem Oktober Gehalt ANDREA ROGY len sehr schwierig ist, ihr Kursangebot ausbezahlt wird. Die MitarbeiterInnen 15
KOMPETENZ 2 / 2021 HANDEL: „WIR SIND AM ENDE UNSERER KRÄFTE!“ Die Beschäftigten im Handel, insbesondere im Lebensmittelhandel, haben nach einem Jahr Pandemie ihre Belas- Anita Palkovich, Wirtschaftsbereichssekretärin im Handel in der GPA, stellt klar, dass es für die Beschäftigten im tungsgrenze erreicht. Handel so nicht weiter gehen kann. Eine Mitgliederbefragung der GPA zeigt war, sind die Beschäftigten im Lebens- zur Sprache. Mehr als die Hälfte der Be- die angespannte Situation der Beschäf- mittelhandel SystemerhalterInnen. „Sie fragten klagten über Aggressionen. Vie- tigten im Handel auf. Die Rückmeldun- stellen seit einem Jahr die Versorgung le fühlen sich vom Arbeitgeber und den gen sind alarmierend: Der Fleckerltep- der Bevölkerung mit Lebensmitteln si- Behörden allein gelassen: Erinnert man pich an Maßnahmen und Regelungen, cher“, betont Sabine Eiblmaier, Zentral- einen Kunden z.B. an die Maskenpflicht, die von den KundInnen oft nicht mehr betriebsratsvorsitzende bei Interspar. wird dieser ungehalten und beschwert mitgetragen werden, führt zu großer Ver- Eiblmaier erinnert daran, dass vor einem sich dann bei der Firmenleitung „und wir unsicherung. Zugleich ist die Arbeitsbe- Jahr noch für die Handelsangestellten kriegen noch eins drauf, wenn wir Kun- lastung stark gestiegen, ohne dass sich öffentlich geklatscht wurde. Seither sind den darauf aufmerksam machen, dass dies positiv auf die Bezahlung auswirken die zusätzlichen Belastungen durch die sie ihre Masken tragen“, wie eine Mit- würde. Pandemie leider nicht kleiner gewor- arbeiterin auf ihrem Befragungsbogen den. Die Arbeitgeber erwarten jedoch vermerkte. Gewerkschaft und Betriebs- „Aggressive KundInnen, Überlastung, ein Höchstmaß an Flexibilität. Teilzeit- rätInnen verlangen daher einen Sicher- Personalmangel und fehlender Respekt kräfte müssen Mehrarbeit leisten und bei heitsgipfel mit dem Ziel: „Ein zeitlich be- der KundInnen gegenüber unseren Kol- Ausfällen einspringen, Mehrarbeit wird fristeter Zusatzkollektivvertrag, der für leginnen und Kollegen sind die größten jedoch, im Gegensatz zu Überstunden, die Zeit der Pandemie die anstehenden Probleme,“ fasst Anita Palkovich, Wirt- nicht besser abgegolten. Probleme regelt“, erklärt Palkovich. schaftsbereichssekretärin im Handel in der GPA, die Ergebnisse der Befragung STEIGENDE BELASTUNGEN Eine weitere dringende Forderung be- zusammen. „Es ist nicht übertrieben auf- trifft die schwangeren MitarbeiterInnen grund der aktuellen Lage von einer Ge- Werner Hackl, Betriebsratsvorsitzender mit direktem Kundenkontakt: Sie müssen fährdung der sicheren Versorgung zu bei Billa, berichtet ebenfalls von ge- sofort freigestellt werden. Für den Be- sprechen,“ warnt Palkovich. „Dem gro- stiegenen Belastungen durch Ausfälle reich Sicherheit fordert die GPA, dass die ßen Zusammenhalt der Beschäftigten wegen Krankheit und Quarantäne, aber Kontrollen der Corona-Maßnahmen mit ist es vielerorts zu verdanken, dass der auch durch Arbeiten mit Maske und Zu- eigenem Sicherheitspersonal durchge- Betrieb weiter aufrechterhalten werden satzarbeiten wie z.B. Hygienemaßnah- führt werden, Außerdem sollen Handels- kann.“ Von den über 3.000 TeilnehmerIn- men im Betrieb. Dazu kommen private angestellte rasch mit Impfstoff; versorgt nen der Befragung fühlen sich ein Drittel Belastungen durch Kinderbetreuung. werden und Mehrarbeit muss fair abge- unzureichend geschützt. Der Umgang mit Kunden, erzählt Hackl, golten werden. ● Foto: Edgar Ketzer sei schwieriger geworden. Auch in der Während ein Teil des stationären Handels Umfrage der GPA kamen mehrfach die BARBARA LAVAUD während der Lockdowns in Kurzarbeit Probleme im Umgang mit KundInnen 16
FOTOGRAMM LEBENSMITTELHANDEL: MEHR ALS 60 PROZENT SIND GESTRESST. Quelle: Online-Befragng von 3272 Handelsangestellten. Alle Erbgnisse: Mehr als 60 Prozent der Beschäftigten im Lebensmittelhandel fühlen sich bei ihrer Arbeit immer oder meistens gestresst. Nur 3 Prozent fühlen sich gar nicht gestresst. http://bit.ly/handel_befragung; Foto: Edgar Ketzer Viele geben an am Ende ihrer Kräfte zu sein. Ein Drittel fühlt sich durch die aktuell gesetzten Maßnahmen nicht ausreichend geschützt. Sie sehen Versäumnisse und haben kein gutes Gefühl, im Handel zu arbeiten. Als wirksame Schutzmaßnahmen werden die verpflichtende FFP2-Mas- ke für alle KundInnen sowie sämtliche Maßnahmen, die für Hygiene und Abstand sorgen, wahrgenommen. Auch die Beschränkung der Öffnungszeiten wurde von den Befragten positiv vermerkt. Was fehlt, sind verpflichtende wöchentliche Tests. 17
KOMPETENZ 2 / 2021 Langzeitversicherten- Schwangere regelung Handelsangestellte brauchen Schutz. WAHRUNGSBESTIMMUNG. Mit 1.1.2020 ist eine Abschlagsbefreiung bei der Langzeitversicherten- regelung (LZV) in Kraft getreten. Versicherte, die ab diesem Zeitpunkt in Pension gegangen sind bzw. RISIKOGRUPPE. Schwangere haben ein drei noch im Jahr 2021 gehen, haben keine Abschläge. mal höheres Risiko einen schweren Coronaver- Inzwischen ist die Bestimmung wieder abgeschafft. lauf zu erleiden als andere Frauen derselben Damit gibt es ab 2022 wieder Abschläge bei der LZV. Altersgruppe. Jede 5. Schwangere, die mit Eine Ausnahme gilt für Versicherte, die im Jahr 2021 COVID ins Krankenhaus kommt, landet auf der die erforderlichen 45 Jahre einer Erwerbstätigkeit Intensivstation. Wir waren deshalb am 28. April zusammen bringen. Auch wer erst ab 2022 62 wird, 2021 vor dem Gesundheitsministerium und kann mit der LZV abschlagsfrei in Pension gehen. haben Minister Mückstein aufgefordert, das Durch diese Wahrungsbestimmung ist gewährleistet, Mutterschutzgesetz zu ändern, sodass schwan- dass Personen nicht zum frühestmöglichen Antritts- gere Angestellte im Handel endlich freigestellt tag in Pension gezwungen werden. werden müssen. Du möchtest mehr über die LZV wissen? Dann kannst du hier nachlesen: http://bit.ly/Faktencheck_LZVR in der Krise Psyche a nehm en psyc hische srä- eit Coro n ieb ht erst s zu. Betr . N ic m e r weiter lle- BROSCH Ü R E nnen im , ihre o K A rb e it nehmerI ra u s fo rderung n d für er r der H e tützen u Krisen d it v o n te rs tehen d a m ut zu u roschüre tInnen s S it u a tionen g rg e n . Diese B s in solch e n te zu s o ittelt da gInnen b li c h e Angebo w e g e u nd verm e betrie sungs passend zeigt Lö P ra x istipps, n. gibt da fü r ndwis e s ic h e H intergru rl erforde :: wnload Foto: iStock/Edgar Ketzer Zum D o psyche .l y/ b ro schüre_ / b it http:/ 18
KURZMELDUNGEN GPA erkämpfte 2020 rund 198 Millionen Euro waren, hat die Corona-Krise andere Branchen in beträchtliche wirtschaftliche Schwierigkeiten ge- bracht.“ Die Folge waren zahlreiche Umstrukturierungsmaß- nahmen, begleitet von Sozialplänen. 56 Sozial- pläne hat die GPA 2020 begleitet, der dabei für die ArbeitnehmerInnen erstrittene Betrag beläuft sich auf rund 176 Millionen Euro. Kurzarbeit war und ist ein Thema, das die GPA GPA Rechtsschutz 2020 mit Rekordwert, Andrea Komar und Franz Gosch beschäftigt hat und noch immer beschäftigt. 2020 haben die MitarbeiterInnen der GPA insgesamt RECHTSSCHUTZ. Der Rechtsschutz der GPA be- 104.857 Kurzarbeitsanträge überprüft und dazu inhaltet kostenlose Rechtsberatung, Interventionen laufend Beratung angeboten. „Damit konnten im Betrieb und die Vertretung vor Gericht. mehr als eine Million Menschen vor Arbeitslosigkeit geschützt werden“, sagt Andrea Komar, Leiterin der „Auf die Rechtsschutzstatistik 2020 hatten die Co- Bundesrechtsabteilung der Gewerkschaft GPA. rona-Maßnahmen erheblichen Einfluss“, resümiert Franz Gosch, stv. Bundesgeschäftsführer der GPA. „Die zahlreichen Sozialpläne, welche mit Hilfe der „Mehrere Lockdowns und sonstige wirtschaftliche GPA erkämpft wurden, zählen als wirksame Scha- Beschränkungen sind trotz staatlicher Unter- densbegrenzung für die Betroffenen und sollen stützung und der Möglichkeit der Kurzarbeit an diesen Perspektiven für einen Neustart bringen“, den Unternehmen nicht spurlos vorbeigegangen. so Franz Gosch. Während einige Branchen nicht allzu sehr betroffen GPA-Bundesforum und GPA-Bundesfrauenforum chge hört / Na acht Vorged BUNDESFORUM. Vom 5. bis 7. Juli 2021 findet Teil 2 B des ÖG des Bundesforums der Gewerkschaft GPA als Online- d e n P odcast euch ol wird Veranstaltung statt. Nachdem bereits am 17. November . W ir m öchten e s s a g e Contr ST on M nen PODCA Zeiten v litikerIn 2020 die personellen Neubestellungen stattgefunden s H e rz legen. In g e h ö rt, was Po o rh aben. haben, werden nun die inhaltlichen Weichen für die an a u nach e rI nnen v g e n g dort ga n z idungs trä uch vor- nächsten Jahre gestellt. Grundlage für die Beschlüsse g e Entsche ä s te n wird a oder wic h ti interess anten G lich be- sind die eingebrachten Anträge der Mitglieder und m m it h ä ft ig ten wirk Gemein s a die Bes c kreten BetriebsrätInnen der Gewerkschaft GPA. Die Anträge w a s das für h t, w e lche kon gedach t, agesli c rhaben zum Bundesforum stehen ab Mitte Mai auf www.gpa.at k o m mt ans T g e p la nten Vo S o en d ie deutet. nd Folg haben. zum Download bereit. u s w ir kungen u n in Ö s terreich A rInne itnehme für Arbe Am 5. Juli 2021 finde das Bundesfrauenforum der Gewerkschaft GPA statt. Nähere Informationen r: t du hie und Downloads dazu gibt es o lg e n findes t/ngvg/ Foto: Edgar Ketzer Alle F ab Mitte Mai unter o d ca s t.oegb.a p https:// www.gpa.at/frauen 19
KOMPETENZ 2 / 2021 EINE FRAU MIT GERECHTIGKEITSSINN Seit mehr als 15 Jahren nimmt sich Gabriele Wurzer als Betriebsrätin der Anliegen und Sorgen ihrer rund 4.000 KollegInnen bei der Caritas in Wien – konkret der gemeinnützigen GesmbH – an. Dieser Teil der Caritas ist in den Bereichen mobile und stationäre Pflege, Behindertenbetreuung, der Versorgung von AsylwerberInnen und in der Familienhilfe aktiv. I n allen Einsatzfeldern geht es also um auch die Caritas-Leitung so sieht: es feh- tig. In den Haushalten werden heute zu- die „Arbeit mit Menschen, denen es len allerdings die finanziellen Mittel. nehmend auch schwer erkrankte Perso- nicht gut geht“, sagt Gabriele Wurzer. nen gepflegt, die lieber zu Hause betreut Sie achtet dabei darauf, dass es auch den » Derzeit leisten meine Kol- werden möchten. Und das auch, wenn MitarbeiterInnen nicht irgendwann nicht legInnen Unmenschliches, sie an COVID erkrankt sind: dann muss mehr gut geht. Beziehungsweise ver- das BetreuerInnenteam entsprechende gehen an ihre Grenzen.« sucht sie es: etwa durch das Ausverhan- Schutzkleidung tragen. Wenn es um die Gabriele Wurzer deln zweier zusätzlicher Urlaubstage ab Arbeitsbedingungen geht, ist die Termin- einer Betriebszugehörigkeit von einem Daher appelliert Wurzer an die Politik, planerstellung immer wieder ein Thema. Jahr. Oder durch die Etablierung eines mit einer höheren Dotierung für bes- Hier werde von den MitarbeiterInnen viel Zeitwertkontos: hier können die Mitarbei- sere Pflege zu sorgen. Diese sei im Sinn – manchmal aus Sicht Wurzers zu viel - terInnen so lange zusätzlich geleistete der BewohnerInnen und der KlientInnen, Flexibilität verlangt. Stunden ansammeln, bis zumindest ein aber eben auch im Sinn der Arbeitsbe- Monat an Zeitausgleich angesammelt dingungen der Pflegekräfte. „Derzeit Die Herausforderungen für jene, die im ist. Den können sie dann am Stück ver- leisten meine KollegInnen Unmenschli- Behindertenbereich KlientInnen betreu- brauchen – „manche lassen auch mehr ches, gehen an ihre Grenzen.“ Die Situa- en, sind etwas andere. Hier kommt es Monate zusammenkommen“. Wichtig ist tion habe sich durch COVID noch massiv immer wieder zu körperlichen Attacken, ihr aber auch, dass die Dienstpläne so verstärkt. Einerseits fallen immer wieder dabei werden Sozial- und Behinderten- gestaltet werden, dass jede/r die ihm/ihr MitarbeiterInnen durch Erkrankung oder pädagogInnen und FachbetreuerInnen zustehenden zwei freien Tage pro Woche Quarantäne aus, das muss dann vom auch verletzt. Das Ziel ist hier, Arbeitsun- zusammenhängend nehmen kann. Rest des Teams abgefedert werden. An- fälle durch Aggressionen zu vermeiden. dererseits macht die nötige Schutzaus- Dazu brauche es aber auch teils neue EIN JAHR AUSNAHMEZUSTAND rüstung die Arbeit physisch anstrengen- Ausbildungsinhalte, gibt Wurzer zu be- der. Und: Noch öfter als sonst waren die denken. Außerdem bräuchten immer Manches Mal wird die Realität dem An- Pflegekräfte in diesem Jahr mit dem Tod mehr Menschen mit psychischen Proble- spruch allerdings nicht gerecht – und konfrontiert. men Betreuung. Hier brauche es zusätz- das umso mehr, wenn, wie nun schon liche Angebote. über ein Jahr lang auf Grund der Co- MOBILE PFLEGE ronapandemie Ausnahmezustand MitarbeiterInnen, die nun in der Grund- herrscht. Dadurch spitzen sich die ohne- Ähnliches würden auch die Mitarbeiter- versorgung, in der AsylwerberInnen be- hin im Sozial- und Pflegebereich schon Innen in der mobilen Pflege berichten. treut werden, eingesetzt sind, sorgen sich schwierigen Arbeitsbedingungen wei- Diese hat sich inzwischen professiona- um ihren Arbeitsplatz. Im Bereich der Be- ter zu. In der Pflege muss vor allem der lisiert, neben Heimhilfen sind hier auch gleitung von Jugendlichen (UMF) haben Personalschlüssel dringend angehoben PflegeassistentInnen sowie diplomiertes schon viele betreute Wohngemeinschaf- werden, sagt Wurzer. Sie weiß, dass das Gesundheits- und Krankenpersonal tä- ten wieder geschlossen. Beschäftigte in 20
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