Klima-neutral - Taking - Ambitionierte Strategie für mehr Klimaschutz - Vaillant Group
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Ausgabe 2020 / 2021 Taking Klima- neutral Ambitionierte Strategie für mehr Klimaschutz H2 für die Herausforderung Innovation Energiewende Corona stärken Heizen mit Aus der Not eine Johann Vaillant Wasserstoff Tugend gemacht Technology Center
… of a better climate. Inside e ach hom and the e world around i t. CO 2 Herausgeber Vaillant GmbH Berghauser Straße 40 42859 Remscheid Deutschland www.vaillant-group.com info@vaillant.de VC Unternehmenskommunikation Tel. +49 2191 18-2754 Fax +49 2191 18-2895 Gestaltung gerlach & partner, Köln Fotos Mike König, iStock, Joachim Stretz, Vaillant Group Illustrationen Sergio Ingravalle Druck druckpartner, Essen
Inhalt Rückblick auf ein Jahr Corona-Pandemie Ambitionierte Strategie für mehr Klimaschutz Aus der Not eine Tugend gemacht (S. 8) Klimaneutral (S. 22) Wissenswertes zu CO2-Zertifikaten Modelle und Technik auf einen Blick Vermeiden, reduzieren und kompensieren (S. 34) Wärmepumpen im Fokus (S. 38) CO2-neutrales Gas für die Energiewende Diversity & Inclusion im Arbeitsalltag Heizen mit Wasserstoff (S. 44) Mit Vielfalt erfolgreich (S. 52) Neues Test Center nimmt Arbeit auf Neue Lösungen für Wärmekomfort Johann Vaillant Technology Center (S. 54) Digital breit aufgestellt (S. 66)
4 Review WISSENSWERTES 2,7 Arbeitgeber der Wahl Empfehlen wir die Vaillant Group unseren Freunden als Arbeitgeber? Die Antwort ist: Ja! Und das ist das höchste Lob. Weil so viele Kollegen und Kolleginnen das Unternehmen weiterempfehlen, gehören wir zu den beliebtesten Arbeitgebern Deutschlands. So das Ergebnis eines Rankings des unabhängigen Marktforschungsinstituts Statista und der Zeitschrift Stern. MRD EURO Trotz der Pandemie hatte die Vaillant Group ein insgesamt erfolg- reiches Geschäftsjahr 2020. Die Umsatzerlöse überstiegen erstmals die Marke von 2,7 Mrd Euro. Das entspricht einem Wachstum von über 4 Prozent. Vaillant Wuxi behauptet sich in der Pandemie Arbeitsschutz und Sicherheit an erster Stelle. Schon unmittelbar nach dem Beginn der Ausbreitung des neuen Coronavirus reagierte die Vaillant Group im chinesischen Wuxi mit Infektionsprävention im Unternehmen. Das Prinzip lautet Früherkennung, Früherfassung, sofor- tige Isolation und schnelle Behandlung. Die lokale Produktion im Werk in Wuxi ließ sich so weitgehend mit normaler Belegschaft und Leistung aufrechterhalten.
5 WISSENSWERTES Technologische Kompetenz unter einem Dach. Zusammen mit den beiden Verwaltungsgebäuden bildet das neue Test Center in Remscheid das innovative Herz der Vaillant Group. Kurze Wege und offene Strukturen erhöhen die Entwicklungsgeschwindigkeit. Die Innovationskraft der Vaillant Group hat eine lange Tradition, die bis zu unserem Firmengründer Johann Vaillant zurückreicht. Deshalb ist der neue Gebäudekomplex nach ihm benannt: Johann Vaillant Technology Center. Siehe auch Seite 54
6 Review WISSENSWERTES Klimaneutrales Unternehmen Wir verfolgen eine ambitionierte und langfristige Klimastrategie. Bis zum Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen der Vaillant Group um 50 Prozent sinken. Die verbleibenden Emissionen gleichen wir ab sofort vollständig durch bestehende, zertifizierte Auffors- tungsprojekte aus. Zudem planen wir, langfristig eigene Aufforstungsprojekte in Schwellenländern durchzuführen. Die Klimastrategie mit den Schwerpunk- ten CO2-Reduzierung und CO2-Kom- pensation ist Teil unseres 2020 neu aufgelegten Nachhaltigkeitsprogramms SEEDS. Darin setzen wir für die Vaillant Group in den vier Fokusfeldern Umwelt, Mitarbeiter, Entwicklung & Lösungen sowie Gesellschaft Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 – die Klimaneutralität des Unternehmens ist eines davon. Siehe auch Seite 22 Erfolgreich zertifiziert Die Zertifizierungsgesellschaft Lloyd’s Register Quality Assurance (LRQA) hat der Vaillant Group erneut die Einhal- tung internationaler Standards in Sachen Qualität (ISO 9001), Umweltschutz (ISO 14001) und Arbeitsschutz (ISO 45001) bescheinigt. Die Auditoren der LRQA prüfen regelmäßig die Standorte Belper, Bergheim, Bozüyük, Nantes, Remscheid, Skalica, Trenčín, Vitoria und Wuxi.
7 WISSENSWERTES 53 Prozent Umsatzplus bei Wärmepumpen Effiziente Wärmepumpen bleiben auch trotz Corona stark nachgefragt. Die Vaillant Group profitierte von diesem Trend in besonderem Maße. In dem wichtigen Produktsegment erreichte das Umsatzplus im letzten Jahr einen neuen Rekord von 53 Prozent. Gründe hierfür sind der konsequente Ausbau der Produktpalette und die starke Nachfrage nach der neuen Wärmepumpe aroTHERM plus, die aufgrund ihres umwelt- freundlichen Kältemittels auch in Bestandsgebäuden für Wärme- und Warmwasserkomfort sorgen kann. Siehe auch Seite 38 Stärkung der Menschenrechte Die Vaillant Group hat 2020 eine Grund- satzerklärung zur Achtung der Men- schenrechte veröffentlicht. Damit bringt das Unternehmen zum Ausdruck, dass es Menschenrechte achtet und stärkt – WARUM ein elementarer Bestandteil des unter- WARTEN nehmerischen Selbstverständnisses der Vaillant Group. Die Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte ist Teil des Nachhaltigkeitsprogramms SEEDS und gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gab nie einen günstigeren, aber auch noch nie einen drängenderen Zeitpunkt, einen Beitrag gegen die Klimaerwärmung zu leisten. Das ist die Kernbotschaft von #warumwarten. Die internationale Kampagne zeigt, wie wichtig hocheffiziente Heiztechnik für den Schutz von Umwelt und Klima ist. Mit #warumwarten ist Vaillant in den sozialen Medien sichtbar sowie im TV, im Rundfunk und in Printmedien. Die Kampagne läuft in über 20 Ländern.
8 Das Pandemie-jahr bei der Vaillant Group Aus der Not eine Tugend gemacht Kurz nach dem Jahreswechsel 2020 erfuhr die Welt von einer neuen Lungenkrankheit in der chinesischen Stadt Wuhan. Nur wenige Wochen später kam die Welt zum Stillstand.
U 10 der Pandemie weltweit die Liefer- und Servicefähigkeit zu bewahren und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter gesund zu erhalten. Die offiziellen Maßnahmen für den Infektionsschutz schränkten im letztjährigen Frühjahr an allen Unternehmensstandorten das öf- fentliche Leben stark ein – zu Beginn in China. „Ich war gerade in der deutschen Zentrale, als sich Mitte Januar das Infek- tionsgeschehen in China dramatisierte und das Land in den Lockdown ging“, berichtet Dr. Liangya Cheng, Director Industrial Asia und Leiter der Produk- tion im chinesischen Vaillant Group Werk in Wuxi. Seine Rückreise in die Heimat war unmöglich geworden. China hatte aufgrund der hohen Infektionszah- naufhaltsam und innerhalb len die Metropole Wuhan und weitere weniger Wochen verbreitete Großstädte abgeriegelt und einen lan- sich das Coronavirus erst in desweiten Lockdown verhängt. Flüge China und dann auf allen Kon- und der öffentliche Nahverkehr waren tinenten. Der Reiseverkehr gestoppt worden. Die Regierung hatte wurde ausgesetzt, Grenzen die Feiertage nach dem chinesischen Neujahrsfest verlängert, damit die Men- wurden abgeriegelt, Geschäfte schen länger zu Hause bleiben konnten. geschlossen, Produktionen „Auch unsere Produktion im Werk Wuxi gestoppt – das öffentliche stand einige Tage länger still als üblich“, Leben stand plötzlich still. so Dr. Liangya Cheng. Er schaffte es – unter der Einhaltung aufwendiger Si- cherheitsmaßnahmen –, gerade recht- Auch die Vaillant Group mit ihren rund zeitig vor Ort zu sein, als die Produktion 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbei- am 10. Februar wieder starten konnte – tern musste auf die Herausforderung unter strengen Hygiene- und Sicher- Corona reagieren. Es galt, das Grundbe- heitsauflagen. Zu diesem Zeitpunkt hat- dürfnis nach Wärme und warmem Was- te das Virus bereits begonnen, sich auch ser weiterhin zuverlässig zu erfüllen und in Europa auszubreiten. zugleich die Kunden und Mitarbeiter vor dem Virus zu schützen. Das ist gelun- Erste Herausforderung: gen. Und nicht nur das: Die Vaillant am Ball bleiben Group hat durch die Krise an Stärke ge- wonnen. Die Menschen im Unterneh- Die Vaillant Group reagierte unmittel- men stehen – bei allen gebotenen Ab- bar: Bereits mit den Entwicklungen in standsregeln – geschlossen zusammen. China wurde eine Taskforce aktiv, um die internationale Handlungsfähigkeit Die Lage Anfang 2020 war unübersicht- des Unternehmens zu sichern. Zu ihr lich. Das rasante Infektionsgeschehen gehörten Vertreter aus der Zentrale in im Zusammenhang mit dem neuartigen Deutschland; geleitet wurde die Task- Coronavirus löste überall große Unsi- force von Mathias Stecher, Group Direc- cherheit aus. Es gab keine Erfahrungen tor Business Processes, und Dr. Thomas mit der Krankheit, es gab kein Gegen- Jasinski, Head of Process Management mittel. Mit ihren internationalen Ver- & Organisational Development. Eine triebsgesellschaften und Entwicklungs- Pandemie war für alle Beteiligten etwas und Produktionsstandorten in Europa, völlig Neues. „Wir hatten zunächst zwei der Türkei und China stand die Vaillant wichtige Themen zu klären: Zum einen Group, wie viele andere Unternehmen mussten wir eine kontinuierliche Kom- auch, urplötzlich vor der Aufgabe, trotz munikation aufbauen und einen Infor-
11 mationskanal einrichten, über den wir tauscht haben“, berichtet Joe Dunn, uns weltweit austauschen und beraten Werksleiter in Belper. Auch in Großbri- konnten. Und zum anderen mussten wir tannien waren ab Ende Februar die In- Entscheidungskompetenzen an den ein- fektionszahlen stark angestiegen, und zelnen Standorten festlegen, um ein das Land sollte sich wie Spanien und schnelles Handeln zu ermöglichen“, so Italien in den kommenden Wochen zu Thomas Jasinski. einem sogenannten Hotspot entwickeln. Der Austausch der internationalen Kol- Zu Beginn lag der Fokus der Taskforce legen aus Beschaffung, Produktion, Per- auf China; kurze Zeit später auf Italien sonal, IT, Vertrieb, Service und Arbeits- und Spanien – schließlich auf allen euro- sicherheit gehörte wochenlang zum päischen Märkten. Die Runde wurde an- wichtigsten Punkt auf der Agenda. „So gesichts der zunehmenden Dramatik der ein crossfunktionales Zusammenkom- weltweit steigenden Infektionszahlen men gab es in dieser Form vorher nicht. schnell erweitert und die oberste Ent- Wir haben damit sichergestellt, dass uns scheidungsebene eingebunden. „Ab Fe- kein wichtiger Aspekt entgeht“, betont bruar tauschte sich die Geschäftsfüh- Thomas Jasinski. rung der Vaillant Group mehrmals wöchentlich virtuell mit allen internatio- Neue Realität nalen Führungskräften über die Ent- wicklungen und das Infektionsgesche- hen vor Ort aus“, berichtet Mathias Die Vaillant Group musste sich auf das Leben mit dem neuen Virus einrichten. „Kommunika- Stecher. Zu diesem Zeitpunkt war die Taskforce bereits auf 40 Personen ange- Anfang März 2020 wurden alle verwal- tenden und kaufmännischen Mitarbeite- tion aufbauen wachsen. „Jeder Tag begann mit dem rinnen und Mitarbeiter der Vaillant und Entschei- Coronavirus-Meeting, bei dem wir uns Group ins Homeoffice geschickt. In den über die lokalen Entwicklungen ausge- Produktionswerken wurden strenge Hy- dungskompe- tenzen festlegen Andere Länder, andere waren unsere ersten Maßnah- Hamsterkäufe men, noch vor Hygienevor- schriften und Homeoffice.“ Dr. Thomas Jasinski, Head of Process Management & Organisational Development Was horten Menschen in der Pandemie? Das ist unterschiedlich. In Deutschland kam es zu einer derart hohen Nachfrage nach Toilettenpapier, dass Supermärkte pro Kunde nur noch ein Paket verkauften. Leere Regale gab es ebenfalls bei Nudeln und Mehl. In der Türkei war Eau de Cologne hoch begehrt. In Frankreich und Spanien taten sich Lücken in den Weinregalen auf. In skandinavischen Ländern versorgte man sich mit Medikamenten. In den Niederlanden bildeten sich vor Coffeeshops Schlangen. Und in den USA schnellten die Waffenkäufe in die Höhe.
12 Alltagsmaske – Symbol der Pandemie Sie macht die Pandemie sichtbar: die Maske zum Schutz für sich selbst und die Mitmenschen. Das glo- bale Handelsvolumen von Einwegmasken stieg 2020 von 0,8 auf schätzungsweise 165 Mrd Dollar an. „Wir mussten Handlungsweisen für die unter- schiedlichsten Situationen finden, vom kleinsten Schnupfen eines Einzelnen bis giene- und Sicherheitsmaßnahmen ein- Standards für Krisenzeiten hin zu großen geführt. „Wir standen vor einem Puzzle aus einzelnen Maßnahmen, und die wa- In der Produktion sorgte ein zentrales betriebswirtschaft- ren lokal zum Teil sehr unterschiedlich. Wir haben uns an den Empfehlungen Business Continuity Management (BCM) Team für international einheitliche Pro- lichen Fragestel- der WHO und der maßgeblichen staatli- zesse. Lokale BCM-Teams übernahmen lungen wie chen Gesundheitsbehörden orientiert und sie an die Führungskräfte in den deren Umsetzung vor Ort. Das überge- ordnete Ziel: die Produktion trotz aller Grenzschlie- Ländern kommuniziert. Diese mussten sie dann wiederum an lokale Regularien Widrigkeiten und gleichzeitig mit größt- möglicher Sicherheit aufrechtzuerhal- ßungen.“ anpassen“, sagt Thomas Jasinski. Des- wegen waren erweiterte Entscheidungs- ten. „Plötzlich hatten wir es nicht mit einer technischen Anforderung, sondern Mathias Stecher, kompetenzen so wichtig. „Wir mussten mit einem Virus zu tun. Wir mussten ge- Group Director Business Processes schnell handeln“, so Werksleiter Joe meinsam mit dem Industrial Manufactu- Dunn. „Als wir erkannten, was auf uns ring erst einmal herausfinden, welche zukommt, haben wir unsere Präven- Maßnahmen wir implementieren müss- tions- und Reaktionsrichtlinien, Pläne ten und wie wir diese koordiniert be- und Risikobewertungen sofort ange- kommen würden“, so Thomas Jaster, der passt. Wir wollten bereit sein, bevor die in seiner Funktion als Director Group Fallzahlen in Großbritannien zu steigen Manufacturing, Organisation & Standar- begannen. Wir haben das gesamte disation das gesamte Produktionsnetz- Werksteam gebrieft. Jeder sollte sich im werk der Vaillant Group im Blick hat. Klaren sein, was gemeinsam zu tun ist.“ Täglich wurde mehrfach in Statusrun- Die Maßnahmen wurden – wie an ande- den die Lage in den Werken sondiert, ren Standorten auch – daraufhin immer um den Fortgang des Fertigungsbetriebs wieder feinjustiert. zu gewährleisten. Zugänge und Wege in
13 „Alle kamen als eine Einheit zusammen, um dafür zu sorgen, dass alle Kollegen und das Unter- der Produktion, Belegungspläne von So- Abläufe in der Materialbeschaffung und nehmen während zialräumen, Absperrungen von Teilen des Geländes, die Montage von Trennwän- in der Produktion wurden durch die Pan- demie beeinträchtigt“, sagt Oliver Albig, der Pandemie den, Einführung der Maskenpflicht, Hy- gienevorschriften, Abstandsregelungen Director Group Supply Chain Opera- tions. Er ist mit einem Team dafür zu- geschützt waren. und anderes mehr galt es zu bedenken. ständig zu gewährleisten, dass die Pro- Es gab ein echtes „Wir haben für unsere Werke ein 100-Punkte-Programm erarbeitet, mit duktionsstandorte der Vaillant Group in allen Ländern zuverlässig und zeitgenau Gefühl der Kame- dem wir die Produktionen Schritt für Schritt sicher gemacht haben“, berichtet mit Materialien und Komponenten ver- sorgt werden und die Logistik reibungs- radschaft.“ Lutz Forßmann, Werksleiter in Rem- los läuft. Er stand im engen Austausch Joe Dunn, mit dem Gruppeneinkauf und den inter- Werksleiter Belper, scheid, Deutschland. Dass die Maßnah- Großbritannien men so schnell und überall so konsequent nationalen Werksleitern. Viele Lieferan- umgesetzt worden seien, sei ein Grund ten hatten gleichzeitig ihre Produktion für das erfolgreiche Krisenmanagement gestoppt oder konnten nicht liefern. der Vaillant Group. „Das hat uns zusam- Es drohten Engpässe. „Gemeinsam mit mengeschweißt“, sagt er. Und überall ist unseren Kollegen im Einkauf haben wir die Versorgung mit Produktionsmaterial darauf mit dem Aufbau von weiteren gewährleistet gewesen, was Lutz Forß- Sicherheitsbeständen – sofern noch mann beeindruckt hat. möglich –, kurzfristigen Wechseln zu Al- ternativlieferanten und Expresslieferun- Anpassungsfähigkeit bewiesen gen reagiert. Zum Teil konnten wir auch auf Sicherheitsbestände zurückgreifen, Die Bereitstellung von Produktionsmate- die wir unter anderem für den Brexit rialien ist eine neuralgische Stelle, und aufgebaut hatten“, so Albig. Man hat von ihr hängt die Fertigung ab. „Unsere sich gegenseitig unterstützt. In einzel-
14 nen Werken wurden Produktionsabläufe mie im Frühjahr 2020 mit sich brachte: an Marktänderungen und die Material- Das große Gemeinschaftsgefühl unter verfügbarkeit angepasst. Der internatio- den Kolleginnen und Kollegen der Vail- nale Austausch funktionierte sehr gut. lant Group ist während dieser Zeit wei- ter gewachsen. Sowohl in den nationa- Immer lieferfähig geblieben len Teams als auch in der internationalen Zusammenarbeit. „Wir mussten wegen der geringeren Nachfrage im Land zwar kurzfristig die Es gelang, die Produktion in der Vaillant Produktion anpassen. Aber nach ein Group aufrechtzuerhalten und lieferfähig paar Monaten hatten wir wieder das nor- zu bleiben. „Wir hatten den Vorteil, dass „Ein großer male Niveau erreicht“, so Joe Dunn aus wir schon früh Sicherheitsbestände auf- Großbritannien. Lediglich im französi- gebaut hatten, noch bevor sich die Lage Gewinn durch die schen Werk in Nantes gab es eine kriti- verschärfte. Und wir hatten das Glück, Corona-Krise sche Phase: Aufgrund von personellen Ausfällen wegen der strengen Quarantä- dass der Gütertransport weitgehend gut funktionierte“, erinnert sich Supply Chain ist das Gemein- nemaßnahmen im besonders stark be- troffenen Frankreich drohte ein Perso- Manager Oliver Albig. Als sich die Lage Mitte des Jahres etwas beruhigte, wurde schaftsgefühl.“ nalengpass. Dank der guten Vernetzung die Zeit dazu genutzt, die getroffenen und Koordination der Werke wurde auch Maßnahmen nochmals zu bewerten und Lutz Forßmann, Werksleiter Remscheid, hierfür schnell eine Lösung gefunden: mit Blick auf eine weitere Welle weiterzu- Deutschland Mehrere Kollegen aus Großbritannien entwickeln. „Durch die Krisenerfahrung und aus Deutschland meldeten sich frei- im engen Austausch mit den anderen Ab- willig und halfen unter strengen Sicher- teilungen und Ländern und dank der heitsvorkehrungen in Nantes aus. Bei großartigen Teamleistung wussten wir zu allem Negativen, das die Corona-Pande- diesem Zeitpunkt, was zu tun war.“ Wortschatzerweiterung Die Corona-Pandemie schlägt sich auch im Sprachgebrauch nieder. Zahlreiche Begriffe, die im letzten Jahr noch eher Fachleuten vorbehalten waren, sind den meisten von uns wohl mittlerweile geläufig. Auch Wortschöpfungen sind entstanden, von denen es manche bis in die Wörterbücher geschafft haben. Corona-App mRNA Intensivkapazitäten Social Distancing Lockdown COVID-19 Mund-Nasen-Schutz Maskenverweigerer Wuhan Herdenimmunität R-Wert Hotspot Spike-Protein Coronavirus Hygienekonzepte FFP2-Maske PCR-Test Superspreading-Event SARS-CoV-2 Risikogebiet Inzidenzwert Antikörpertest
15 Andere Länder, andere Sitten tion im Unternehmen und einem Gefühl von Sicherheit, das es in der Belegschaft „Eine Herausforderung während der ge- gibt. Während andere Unternehmen und samten Pandemie war es, den sich häu- Branchen Kurzarbeit anmeldeten oder ih- fig ändernden lokalen Vorschriften und ren Betrieb vollständig einstellen muss- Verordnungen gerecht zu werden und ten, konnte die Vaillant Group ihre Kun- dennoch einheitliche Standards für alle den während des gesamten Krisenjahres Unternehmensabläufe zu finden“, re- 2020 verlässlich mit Technik für Wärme- flektiert Thomas Jaster. Es herrschte an- und Warmwasserkomfort versorgen so- fangs zum Beispiel nicht überall eine wie Serviceeinsätze durchführen. gesetzliche Maskenpflicht; die Empfeh- lungen für das Tragen von Masken und Für die Kunden im Einsatz die Größe des Abstands waren von Land zu Land und teilweise von Region zu Für die Kollegen in Kundendienst und Region unterschiedlich. Für Werke in ei- Service, deren Einsatz vor Ort beim Kun- nem Grenzgebiet wie Roding in Deutsch- den stattfindet, war die Sicherstellung land und Skalica in der Slowakei war des Gesundheitsschutzes von höchster die Grenzschließung zum Nachbarland Bedeutung. „Die Schutzmaßnahmen im Tschechien relevant, und es mussten Servicegeschäft mussten sowohl unsere Genehmigungen für die Berufspendler Servicekräfte als auch unsere Kunden beantragt werden. Andernorts waren in- effektiv schützen“, sagt Eric Ebner, Head dividuelle kulturelle Fragen zu berück- of Service Excellence. Zu seinen Aufga- sichtigen, wie die tief verwurzelte Tee- ben gehört, dafür zu sorgen, dass die kultur in der Türkei: Dort wurde im März operativen Prozesse im Service auf in- der Teeservice aus hygienischen Grün- ternationaler Ebene einwandfrei laufen. den gestoppt. „Das war für unsere Be- legschaft ein großer Einschnitt. Wir ha- Es wurden Sicherheitskonzepte entwi- ben dann eine sichere Lösung entwickelt und konnten einen Mechanismus zum ckelt: Bei den Servicecenter-Mitarbeitern war auf den nötigen Abstand untereinan- „Wir haben uns Ausschenken per Fußpedal einführen“, der zu achten. Die Einsätze der Kunden- weiterentwickelt, berichtet Mustafa Kuyucu aus der türki- schen Produktion in Bozüyük. diensttechniker wurden priorisiert: „War- tungsarbeiten haben wir verschoben. während das Andererseits waren vielerorts die Pro- Aber wenn ein Boiler ausfällt, benötigen Sie einfach jemanden, der Ihnen hilft“, Land stillstand.“ bleme ähnlich gelagert – wie die Beschaf- betont Marc Nathan, Director Service Fabio Boselli, Director Service & Master fung von Masken und persönlicher France. Wie in anderen Märkten ent- Division Italy Schutzausrüstung. Kollegen aus China, schied man sich in Frankreich dazu, die Frankreich, Italien und Spanien bezeich- Kontakte auf das Nötigste zu reduzieren. nen das übereinstimmend als die für sie Nicht zwingende oder dringliche War- größte Herausforderung in der ersten tungsarbeiten ließen sich in den Som- Jahreshälfte 2020. „Eine persönliche mermonaten nachholen, als das Infekti- Schutzausrüstung für unsere Servicemit- onsgeschehen in den meisten Ländern arbeiter zu bekommen, schien schier un- auf einem niedrigen Niveau lag. „Wir möglich“, so Alberto Basauri, Director hatten am Anfang wirklich Sorge um un- Service Spain. Neben Italien war Spanien ser Geschäft, aber wir sind entgegen dem das europäische Land, in dem die Infek- wirtschaftlichen Trend stabil geblieben“, tionen früh ein dramatisches Ausmaß an- sagt Łukasz Górnicki, Head of Service Po- nahmen. „Die Preise für Masken, Hand- land. Anspruchsvoll fand der polnische schuhe und Schuhschutz sind in die Serviceleiter die spontane Umstellung Höhe geschossen“, bestätigt Fabio Bosel- der Trainings auf E-Learning-Formate li, Director Service & Master Division Ita- zur Schulung der Außendienstmitarbei- ly. Er kann in der gemeinsamen Bewälti- ter und Kundendiensttechniker. „Es war gung von Corona im Unternehmen schon eine Herausforderung, die prakti- jedoch auch etwas Positives erkennen. Es schen Inhalte in ein neues virtuelles For- habe noch nie ein besseres Zugehörig- mat zu bringen. Das haben wir geschafft keitsgefühl als jetzt gegeben, und das lie- und gute Erfahrungen damit gemacht“, ge nicht zuletzt an der guten Organisa- so Górnicki.
16 Boom für Online-Trainings und ins Homeoffice gegangen – ohne die E-Learnings vorhandene Infrastruktur hätte das nicht funktionieren können.“ An allen Standorten der Vaillant Group ersetzten im Jahresverlauf E-Learnings Das extrem erhöhte Volumen des Daten- und Online-Schulungen die Präsenzver- austauschs und die Gewährleistung der anstaltungen für die Monteure im Kun- Sicherheit der IT-Systeme stellten aller- dendienst, Fachhandwerker und weitere dings Herausforderungen dar: „Die Sys- Servicemitarbeiter. „Wir hatten eine teme mussten auf Videokonferenzen deutlich höhere Teilnahme an On- umgestellt und entsprechend erweitert line-Trainings, nicht nur von Technikern, werden. Wir haben durch die Flexibilität Installateuren und Planern. Auch Marke- von Providern und im guten Zusammen- ting- und Vertriebsmitarbeiter haben spiel mit dem Einkauf innerhalb von we- vermehrt teilgenommen“, berichtet Fa- nigen Tagen die Bandbreiten unterneh- bio Boselli aus Italien. In China gab es mensweit verdoppeln können, um den allein im Februar und März fast 80.000 IT-Service unter den neuen Bedingun- registrierte Webcast-Teilnahmen. „Es gen aufrechtzuerhalten“, so Benjamin hat sich eine völlig neue Welt für uns Ottersbach. Natürlich lief nicht alles aufgetan“, reflektiert Jörg Sieland, Lei- glatt. Viele Mitarbeiterinnen und Mitar- ter Training bei Vaillant Deutschland. beiter mussten sich erst mit den Mög- Die Digitalisierung sei für Trainings lichkeiten der Digitalisierung vertraut zwar bereits ein Thema gewesen, aber machen. Die Anfragen beim internen in dieser Fülle und Regelmäßigkeit habe IT-Support erhöhten sich zu Beginn um es digitale Veranstaltungen bis dahin ein Vielfaches. Die Umstellung auf das nicht gegeben. „Wir haben all unsere Homeoffice war aufwendig. „Ein klarer „Corona hat uns Themen digital abgebildet, Produktvi- Vorteil war aber, dass die dafür erforder- auf dem Weg der deos in die Webinare eingebaut und mit Unterstützung des Digitalmarketings liche Technik schon vorher im Einsatz war. Wir konnten uns also ganz auf Da- digitalen Trans- unsere Infrastruktur und Plattformen er- weitert“, so Jörg Sieland. Präsenztrai- tensicherheit und Verfügbarkeit konzen- trieren.“ formation einen nings muss es aus seiner Sicht zwar auch in Zukunft noch geben. Der Vor- Eine Frage der Kultur gewaltigen schub, den die Corona-Pandemie der Schritt nach Digitalisierung geleistet hat, hat das Un- ternehmen aber wohl dauerhaft verän- Das gut funktionierende Homeoffice hat gezeigt, wie wertvoll flexibles Arbeiten vorn gebracht.“ dert. ist. Und das ist nicht allein eine Frage rein technischer Hilfsmittel, sondern be- Benjamin Ottersbach, Effektiver als gedacht: trifft auch soziale und kulturelle Aspekte Teamleiter IT-Infrastruktur Remote Work – schließlich arbeiten Menschen mitein- ander. „Homeoffice gibt es bei uns nor- Rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mit- malerweise nicht“, bemerkt Dr. Liangya arbeiter weltweit, rund 9.000 mit einem Cheng aus China, wo quasi die ganze Computer-Arbeitsplatz. Über 5.500 da- Nation plötzlich von zu Hause aus arbei- von an den verschiedensten Standorten tete. Auch in Italien ist diese Form der sollten kurzfristig im Homeoffice arbei- Arbeit überhaupt erst durch Corona po- ten. Die neue Arbeitsrealität kam plötz- pulär geworden. „Wir sind sehr kontakt- lich, traf die Vaillant Group aber glückli- freudige Menschen. Das Homeoffice cherweise nicht komplett unvorbereitet: war für uns zuvor keine Option. Aber wir „Wir hatten bereits vor einigen Jahren haben durch diese besondere Situation damit begonnen, eine digitale Infra- gute Erfahrungen damit gemacht“, sagt struktur für Kommunikation, virtuelle Fabio Boselli, der sich für die Zukunft Meetings und Arbeitstools aufzubauen. eine gute Mischung aus Remote Work Wir hatten so eine gute Ausgangslage“, und Präsenz im Büro vorstellen kann. sagen Christian Spieß, IT-Projektlei- ter, und Benjamin Ottersbach, Teamlei- Die Einstellung zum Homeoffice hat sich ter IT-Infrastruktur. „Wir sind innerhalb durch Corona verändert: „Die Akzeptanz von vier Tagen für zwei Monate komplett ist gestiegen. Wir haben gelernt, dass es
17 sehr gut funktioniert“, sagt Jessica Homeoffice bei der Vaillant Group auch Kirch, Director Group HR Learning & in Zukunft ein fester Bestandteil der Ar- Development, verantwortlich für die Be- beitsorganisation sein. Die Erfahrungen reiche Talent Management, Learning so- aus der Corona-Pandemie haben ge- wie Diversity & Inclusion. Sie war Teil zeigt, dass man mit Anpassungsfähig- einer erweiterten Taskforce für Fragen, keit aus der Not auch eine Tugend ma- die auch das Personalmanagement be- chen kann. rührten – zum Beispiel die Frage nach der Arbeit von zu Hause aus und dem Nach langen Monaten Leben und Arbei- Umgang damit. Denn das Homeoffice ist ten in der Corona-Pandemie lässt sich nicht immer vorteilhaft. Wenn zum Bei- rückblickend sagen: Die Vaillant Group spiel wenig Platz ist oder die Kinder zu hat schnell, besonnen und konsequent Hause sind. „Die Menschen brauchen reagiert. Das hat dem Unternehmen Si- „Das Homeoffice soziale Kontakte. Und der persönliche Kontakt ist in unserer Kultur bei der cherheit gegeben und ein besonderes Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen. ist ein wichtiger Vaillant Group ein wichtiger Bestand- teil“, so die Personalerin. Sie selbst hat Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ihren Teil zur Bewältigung dieser Baustein dafür, aus diesem Grund während des Lock- einzigartigen Herausforderung beigetra- dass wir die downs mit ihrem Team regelmäßige gen. Und: Die Vaillant Group blieb auch „Corona-Stimmungs-Calls“ durchge- 2020 weiter auf Wachstumskurs – der Herausforderun- führt, um sich zwischendurch rein per- sönlich auszutauschen und auch über Pandemie und allen Lockdowns zum Trotz. gen so gut meis- Sorgen zu sprechen. Auch in den Trai- nings für Führungskräfte spielen die Auch wenn die mittlerweile verfügbaren tern konnten.“ zwischenmenschlichen Aspekte von Impfstoffe das Ende der Pandemie erhof- Jessica Kirch, Director Group HR Learning & Development Führung inzwischen eine immer größe- fen lassen, wird es noch eine ganze Weile re Rolle. dauern, bis die Vaillant Group in eine neue alte Normalität aufbricht. Wann das Das Resümee nach knapp einem Jahr auch sein mag: Die in der akuten Krise örtlich flexibler Arbeit fällt überwiegend gewachsene Solidarität und die gewon- positiv aus. Aus diesem Grund wird das nenen Lehren werden bleiben. Gut fürs Klima?! Die Welt im Lockdown, das hat Auswirkungen – auch auf die Umwelt. Fabriken ruhten, der Verkehr ging zurück, Flugzeuge blieben am Boden. So schlecht das für die Wirtschaft war – das Klima profitierte: Laut dem Forschungs- netzwerk „Global Carbon Project“ ging der Ausstoß von Kohlendioxid 2020 um 2,4 Milliarden Tonnen zurück. Auch die Feinstaubbelastung in Großstädten war 2020 deutlich geringer. In Indien lichtete sich der Smog. Das Wasser in Venedig wurde klar. An der Adria und am Bosporus ließen sich wegen des geringen Schiffsverkehrs Delfine und Wale blicken. Das Jahr 2020 war auch ruhiger, wie seismografische Aufzeichnungen nachwiesen. Zwar mögen diese Phäno- mene temporär sein und sich nicht langfristig auf das Klima auswirken, doch machen sie mindestens eins: nachdenklich.
18 Fragen an unsere Kolleginnen und Kollegen. Was sind die persönlichen Auswirkungen der Pandemie?
19 Nicolas Auffray, Jimson Chiew, Serena Cattaneo, Carmen Iglesias, Adrian Simpson, Anders Zeeberg, Manager Product Business HR Manager Head of HR Process and Country Director Communication Development Vaillant Group Vaillant Saunier Project Manager Vaillant Saunier Duval Manager Italia Duval Ibérica Vaillant Group UK Netherlands France Vaillant China Auf welche Dinge, die ihr normalerweise tun würdet, verzichtet ihr gerade wegen Corona? Die Frage wäre eher: Was tun wir weiterhin …? Die größte Auswirkung war die Einschränkung unserer Möglichkeiten, Familie und Freunde zu besuchen – für diejenigen, die wie ich ältere Verwandte haben, war dies eine Herausforde- rung, die es zu bewältigen galt. Keine Umarmungen und Händeschütteln. Was sind die Einschränkungen durch Corona, die für euch am stärksten ins Gewicht fallen? Das Tragen von Gesichtsmasken und soziale Distan- zierung in der Öffentlichkeit sind eine neue Normalität, mit der ich persönlich mich unwohl fühlte. Im Moment gilt eine Ausgangssperre ab 18 Uhr, was bedeutet, dass ich nach einem Arbeitstag zu Hause nicht rausgehen darf. Wirklich seltsames Gefühl. Die Einschränkungen, die man aufgrund der Restriktionen befolgen muss, bedeuten, die eigene „Freiheit“ ist beschnitten.
20 Habt ihr konkrete Pläne für die Zeit nach Corona, oder wollt ihr etwas Bestimmtes nachholen? Ich freue mich darauf, … die Welt etwas freier zu erleben. Meine Frau und ich haben für das kommende Jahr Reisepläne, die sich hoffentlich als realisierbar erweisen – vielleicht bekommt sie sogar die Chance, ihre Verwandten in Deutschland zu besuchen. Reisen, ohne Barrieren Menschen treffen, den Geschmack eines schönen Glases Wein mit Freunden genießen. Am liebsten würde ich reisen … Mein Plan ist, die Ostküste der Vereinigten Staaten zu besuchen. Habt ihr während der Corona-Zeit neue Gewohnheiten entwickelt, die ihr in Zukunft beibehalten wollt? Nun, neue Gewohnheiten im Zusammenhang mit neuen Technologien und digitalen Werkzeugen, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben – und ich bin mir sicher, dass es Zeiten geben wird, in denen ich sie wieder nutzen werde. Während der Corona-Zeit habe ich mehr über Krisenbewusstsein, Disziplin in der Einhaltung von Standardabläufen und Online-Kommunikation gelernt … Ich verbringe viel mehr Zeit mit meinen Kindern und koche regelmäßig … Ich habe festgestellt, dass es mir wirklich gefällt. Kuchen backen wird nach Corona wahrscheinlich an Bord bleiben.
21 Habt ihr etwas aus der Pandemie gelernt? Könnt ihr auch etwas Positives daraus ziehen? Die Pandemie hat mich gelehrt, hellwach und auf Verän- derungen gut vorbereitet zu sein (und) immer zweimal nachzudenken, bevor ich eine Entscheidung treffe …, auch wenn seit dem ersten Ausbruch in Hongkong schon ein Jahr vergangen ist. In Italien gab es viel Leid und dramatische Ereignisse, vor allem während der ersten Welle. Aber woran ich mich erinnere, ist die Synergie der Organisation, die durch „Diario di Bordo“ entstanden ist. Es begann per E-Mail und entwickelte sich dann zu einem Buch, um Gedanken, Emotionen und Erfahrungen zu sammeln. Es hielt uns während des Lockdowns in Kontakt und spendete Mut, Widerstandskraft und Hoffnung. Für mich sind die Flexibilität, die Unterstützung und der Einfallsreichtum meines Arbeitgebers Vaillant, der lokalen Gemeinde, in der ich lebe, und von Gesundheits- experten und Wissenschaftlern, die sich sowohl um die Bedürftigen gekümmert als auch die Impfstoffe entwickelt haben, um unseren zukünftigen Weg zu bestimmen, alles große Pluspunkte. Als persönliches Learning würde ich sagen: die Fähigkeit, sich anzupassen und Situationen zu normalisieren, die a priori unmöglich oder sehr kompliziert erscheinen. Letzten Endes bietet die Veränderung immer neue Möglichkeiten, aus denen man lernen kann! Zu sehen, wie schnell und flexibel wir uns als Organisa- tion auf eine neue Situation und Arbeitsweise einstellen können.
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23 Klima- neutral Die Vaillant Group hat sich in ihrem Nachhaltigkeitsprogramm SEEDS vorgenommen, das gesamte Unternehmen klimaneutral zu machen. Dafür reduzieren und kompensieren wir unsere kompletten CO2-Emissionen.
24 M it dem Klimaabkommen von Paris hat sich die Staaten- gemeinschaf t verpflich- tet, den Klimawandel auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Vaillant Group leistet dazu als Unterneh- men einen Beitrag.
25 Im Rahmen des Nachhaltigkeitsprogramms SEEDS setzen wir uns konkrete Klimaziele. Diese wollen wir bis zum Jahr 2030 erreichen. Die eigenen CO2-Emissionen sollen schrittweise um 50 Prozent sinken und das Unternehmen soll vollständig klimaneutral werden.
26 W ir bilanzieren nach dem international anerkannten Standard des Greenhouse Gas Protocol. Unsere Ziele orientieren sich an den sogenannten SCIENCE- BASED TARGETS.
27 Wir ermitteln nach wissen- schaf tlicher Methodik, in welchem Umfang und in welcher Zeit wir unsere Treibhausgasemissionen reduzieren müssen, um zur Erreichung des 1,5- Grad- Ziels beizutragen. Eine valide Datengrund- lage verrät uns, wie viel Treibhausgase durch welche Aktivitäten entstehen. Einmal pro Jahr berechnet das Nachhaltigkeitsmanage- ment dafür den vollstän- digen CO2-Fussabdruck der Vaillant Group.
28 E in groSSer Hebel, mit dem wir eine CO2-Einsparung erzielen, ist der Bezug von Elektrizität aus erneuer- baren Energiequellen. Mit Ökostrom, vor allem für die Produktionsstand- orte, lassen sich jährlich bis zu 18.000 Tonnen CO2 vermeiden.
29 Ein weiterer Hebel ist die Fahrzeugflotte. Bis 2030 sollen durch Firmen- Fahrzeuge verursachte Emissionen deutlich sinken: durch sparsamere Fahrzeuge und – wo möglich – durch Elektroautos. Der dritte Hebel ist, den Energieverbrauch in unseren Produktionsprozessen und Gebäuden zu senken. EffizienzmaSSnahmen sollen den Gasverbrauch der Vaillant Group und die damit verbundenen CO2-Emissionen deutlich reduzieren.
30 Die Verantwortung für diese Emissionen teilen wir uns mit Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern, weil wir sie nicht allein beeinflussen können. N eben den Emissionen, die im direkten Verantwortungsbereich der Vaillant Group entstehen, gibt es Emissionen, die in der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette verursacht werden. Dazu gehören etwa Emissionen, die auf die eingekauften Güter und Dienstleistungen zurückzuführen sind, sowie solche, die durch Transporte, Dienstreisen oder die Arbeitswege der Mitarbeiter entstehen.
31 Während des Betriebs eines Heizsystems entstehen meist Emissionen, abhängig von der Energiequelle und individuellen Heiz- gewohnheiten. Der Austausch veralteter Heiztechnik trägt nach- haltig zum Klimaschutz bei. Damit unsere Kunden möglichst viel Energie und CO2-Emissio- nen sparen, richten wir unser Produktportfolio auf umwelt- f reundliche Wärmepumpen und hocheff iziente Gas-Heizgeräte aus.
32 W älder sind in der Lage, CO2 zu binden. ein Teil der Klimastrategie der Vaillant Group besteht deshalb darin, Emissionen, die zunächst nicht vermieden werden können, durch Aufforstungsprojekte komplett auszu- gleichen. Damit ist die Vaillant Group bereits seit 2020 klimaneutral.
33 Bis eigene Waldflächen die verbleibenden Emissionen vollständig binden, erwirbt die Vaillant Group CO2-Zertifikate aus bereits bestehenden, zertifizierten Aufforstungs- projekten. Wir werden im Rahmen langf ristiger Projekte eigene Waldflächen anlegen. Die neu angelegten Wälder ersetzen schrittweise die erworbenen CO2- Zertifikate.
34 Klimastrategie CO2 CO2 CO2 Vermeiden, reduzieren und kompensieren Die Vaillant Group übernimmt Verantwortung für ihre Treibhaus- gasemissionen. Ein Bestandteil der eigenen Klimastrategie ist auch der Erwerb von CO2-Zertifikaten. D as klingt einfacher, als es ausgleichen. Bis das so weit ist, erwirbt Hinter dem Kompensationsansatz steckt ist. Denn hinter jedem die Vaillant Group jährlich zusätzliche nicht etwa die Absicht, sich von der Ver- CO2-Zertifikat steckt ein Emissionszertifikate aus bereits beste- pflichtung zur CO2-Reduktion freizukau- komplexes Prüf- und Kont- henden Projekten, um ihre Klimaneutrali- fen. Stattdessen unterliegt die Ausgabe rollsystem. Wie entsteht ei- tät zu gewährleisten. von CO2-Zertifikaten strengen Regeln, die gentlich ein Emissionszerti- auf eine dauerhafte Reduzierung von fikat? Wer sind die Anbieter und wie Das Prinzip der Kompensation Emissionen abzielen. funktioniert der Handel? Bei einer CO2-Kompensation erwirbt ein Emissionsziele und Die Vaillant Group wird klimaneutral. Da- Unternehmen Emissionsberechtigungen Marktmechanismen für sorgen eine ambitionierte, langfristi- in Form von CO2-Zertifikaten. Ein Zertifi- ge Klimastrategie und das Nachhaltig- kat entspricht einer Tonne CO2. Um Kli- Der Handel mit CO2-Zertifikaten geht auf keitsprogramm SEEDS 2030. Außer der maneutralität zu erreichen, müssen alle das Kyoto-Protokoll von 1997 zurück; die Reduktion von CO2-Emissionen und der CO2-Emissionen kompensiert werden, Industriestaaten einigten sich in dem Jahr Umstellung auf erneuerbare Energien ist die das Unternehmen direkt verursacht. erstmals auf verbindliche Ziele zur Reduk- dabei auch die Kompensation unver- Die Zertifikate stammen entweder von ei- tion des Ausstoßes von Treibhausgasen. meidbarer Emissionen ein wichtiger Be- nem anderen Unternehmen, das über Man führte seinerzeit drei marktbasierte standteil. Langfristig sollen, so die Pla- mehr Emissionsrechte verfügt, als es be- Mechanismen ein: den Emissionshan- nungen, eigene Aufforstungsprojekte nötigt, oder aus einem Klimaschutz- del, die „Joint Implementation“ und den diese noch verbleibenden Emissionen projekt. „Clean Development Mechanism“.
35 Staaten, die sich am Emissionshandel be- willige Markt nicht reguliert ist, haben Bei CO2-Zertifikaten im freiwilligen teiligen, erhalten nach einem Zuteilungs- sich in den vergangenen Jahren ver- Markt ist die Preisbildung von mehreren plan ein „Emissionsbudget“. Dies legt die schiedene Standards herausgebildet, Faktoren beeinflusst: So wird der Preis innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach denen sich Projekte bewerten und für die Kompensation einer Tonne CO2 erlaubte Emissionsmenge fest. Wird die auswählen lassen. Zu den international von der Art, der Größe, der Qualität und erlaubte Emissionsmenge unterschritten, anerkannten Qualitätsstandards mit sehr der Komplexität des Projekts bestimmt. können Emissionszertifikate an einen an- hohen Qualitätsanforderungen zählen Zudem spielen die Kosten für die ver- deren Staat verkauft werden. Wird hinge- der Gold Standard oder der Verified wendete Technologie und der Projekt- gen das Emissionslimit überschritten, Carbon Standard. standort eine Rolle. Wie in jedem Markt müssen Emissionszertifikate zugekauft entstehen Preise nicht zuletzt aufgrund werden. Projekte, die eine Zertifizierung nach von Angebot und Nachfrage. diesen anspruchsvollen Standards an- Alternativ können Industriestaaten im streben, leisten zusätzlich zum Klima- Damit maximale Transparenz gewahrt Rahmen der „Joint Implementation“ nach schutz einen Beitrag zur nachhaltigen bleibt, werden die Zertifikate in einem dem Kyoto-Protokoll Klimaschutzprojek- Entwicklung am Projektstandort, indem Register eingetragen. Anders als für den te in anderen Unterzeichnerstaaten sie einen Mehrwert im Hinblick auf die regulierten Markt existiert für den frei- durchführen oder finanzieren. Die dabei UN-Nachhaltigkeitsziele erbringen. Dies willigen Emissionsmarkt kein allgemein- entstehenden Emissionsminderungen kann zum Beispiel durch die Schaffung gültiges öffentliches Register. Mit APX können sie sich anrechnen lassen. Außer- von Arbeitsplätzen, den Aufbau von Wis- und IHS Markit haben sich hier aber vor dem besteht die Möglichkeit, Klima- sen in der lokalen Bevölkerung oder eine allem zwei Registerbetreiber im Markt schutzprojekte in Entwicklungsländern Verbesserung der Luftqualität gesche- etabliert. Einige Standards, wie zum Bei- umzusetzen, die nicht zur Gruppe der hen. Auch sollen sich die Projekte posi- spiel der Gold Standard, führen auch ei- Kyoto-Unterzeichner gehören. Dies er- tiv auf den Schutz von Menschenrechten gene Register. Anhand der vergebenen folgt dann auf Basis des „Clean Develop- und Biodiversität auswirken. Seriennummer lässt sich nachvollziehen, ment Mechanism“, was übersetzt so viel welches Unternehmen welche Zertifikate heißt wie „Mechanismus für umweltver- Qualitätskriterien zur erworben hat. Wenn ein Unternehmen trägliche Entwicklung“. CO2-Kompensation die Zertifikate nun für die Kompensation von CO2-Emissionen nutzen möchte, Als Kompensationsprojekte kommen so- Klimaschutzprojekte, die eine Zertifizie- werden sie vom Registerbetreiber still- wohl Maßnahmen infrage (beispielswei- rung anstreben, müssen grundsätzlich gelegt, sodass eine Mehrfachverwen- se aus den Bereichen erneuerbare das „Kriterium der Zusätzlichkeit“ erfül- dung ausgeschlossen ist. Energien, Energieeffizienz und Landwirt- len. Das bedeutet: Das Projekt hätte schaft), die darauf ausgerichtet sind, ohne die Erlöse aus dem Verkauf der Klima schützen und Emissionen zu vermindern, als auch CO2-Zertifikate nicht umgesetzt werden Entwicklung fördern Projekte, die auf die langfristige Speiche- können. Außerdem wird ermittelt, wie rung von CO2 abzielen (wie das Anlegen sich die Emissionen ohne das Projekt Die Vaillant Group erwirbt die CO2-Zerti- von Feuchtgebieten, die Aufforstung von entwickeln würden. Und es wird geprüft, fikate, die sie aktuell zur Kompensation Wäldern oder Waldschutzprojekte). ob die CO2-Einsparungen von Dauer ihrer Emissionen nutzt, direkt von Pro- sind und ob die Durchführung des Pro- jektentwicklern aus Mittel- und Südame- Freiwillig kompensieren jekts eventuell Umweltbelastungen (so- rika. Sie sind mit dem Gold Standard zer- genanntes Leakage) an anderer Stelle tifiziert, der zu den Standards mit den Unternehmen wie die Vaillant Group, die verursacht. Der Umfang der Emissions- höchsten Qualitätsanforderungen im ihren eigenen CO2-Fußabdruck nicht nur einsparungen durch die Klimaschutz- freiwilligen Markt gehört. Durch den Er- reduzieren wollen, sondern Klimaneutra- projekte wird anhand festgelegter und werb der CO2-Zertifikate unterstützt die lität anstreben, können Emissionen frei- genehmigter Verfahren ermittelt. Vaillant Group nicht nur die Wiederauf- willig kompensieren. Dafür können sie forstung der Region. Sie trägt auch zu sowohl Zertifikate aus dem „Clean De- Während der Projektlaufzeit überwa- einer nachhaltigen Entwicklung der dor- velopment Mechanism“ nutzen als auch chen unabhängige Gutachter die Projek- tigen landwirtschaftlichen Strukturen auf dem Markt für freiwillige Kompensa- te in regelmäßigen Abständen. Sie er- bei. Der Effekt: Für die dort ansässige tion CO2-Zertifikate aus Klimaschutz- mitteln, welche CO2-Reduzierung oder Bevölkerung werden ökologisch verträg- projekten erwerben. Anbieter dieser Zer- -Bindung bis zum Zeitpunkt der Über- liche Einkommensmöglichkeiten ge- tifikate sind die Projektentwickler, die prüfung tatsächlich stattgefunden hat. schaffen und klimaschädliche Treibhaus- die Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, Nach dieser externen Verifizierung kann gasemissionen reduziert. Dienstleister, die auf die Beratung von der Projektentwickler in entsprechen- kompensationswilligen Unternehmen dem Umfang Emissionszertifikate am ausgerichtet sind, und spezialisierte Kompensationsmarkt anbieten und ver- Händler, sogenannte Broker. Da der frei- kaufen.
36 Expertengespräch Glaubwürdiger Klimaschutz Käufer von Emissionszertifikaten vertrauen auf unabhängige Zertifizierer wie den Gold Standard. Sie sollen die ökologische und soziale Nachhaltigkeit von Klimaschutzprojekten garantieren. Wir haben Sarah Leugers, Director of Communications bei der Gold Standard Foundation in Genf, gefragt. Wie wird sichergestellt, dass die Projekte das halten, was sie versprechen? Und warum finden Kompensationsprojekte häufig in Entwicklungsländern statt? Frau Leugers, warum ist die Zertifizierung weiterer Kriterien: Erstens dürfen die Projekt- von Klimaschutzprojekten wichtig? maßnahmen zum Emissionsschutz vor Ort keine Die Qualitätsstandards gewährleisten, dass die negativen Nebeneffekte haben. Zweitens muss durchgeführten Projekte zur Reduzierung von die lokale Bevölkerung von Anfang an mitein- CO2-Emissionen nachprüfbar bestimmte Quali- bezogen werden. Bestehen Bedenken, die sich tätskriterien erfüllen. Erst wenn ein Projektent- nicht ausräumen lassen, muss das Projektdesign wickler nachweisen kann, dass das Projekt alle entsprechend angepasst werden. Und drittens Kriterien erfüllt, werden die Emissionszertifikate müssen die Projekte zusätzlich zur Emissions- ausgestellt. So können die Käufer sicher sein, reduktion auch noch einen mess- und nachprüf- dass die Kompensation ihrer Emissionen auch baren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung wirklich stattgefunden hat und von Dauer ist. der Region leisten. Das bedeutet, die Projekte müssen außer dem Klimaziel mindestens zwei Welche Bedingungen müssen für eine der von den Vereinten Nationen festgelegten Zertifizierung nach dem Gold Standard Entwicklungsziele erreichen. erfüllt sein? Es gibt einige Grundvoraussetzungen. Dazu Wie prüfen Sie, ob die Kriterien gehört der Nachweis, dass das Projekt ohne die erfüllt werden? Finanzierung über Emissionszertifikate nicht Bevor der Projektentwickler den Zertifizie- durchführbar gewesen wäre und die Berechnung rungsprozess durchläuft, überprüfen wir dies der Emissionen methodisch korrekt ist. Der Gold bereits. Zusätzlich wird das Vorhaben von einem Standard verlangt darüber hinaus die Erfüllung unabhängigen Gutachter geprüft, der sich auch
37 vor Ort einen Überblick verschafft. Verläuft der aus diesem Projekt zudem Zertifikate veräußert, Validierungsprozess erfolgreich, geht das Projekt käme es zu einer Doppelzählung. in die Umsetzung. Dann werden die Emissions- einsparungen gemessen und dokumentiert. Erst Gibt es überhaupt genug Projektangebote, nachdem ein zweiter unabhängiger Gutachter um die zunehmende Nachfrage auf dem die Klimaschutzeffekte und das Erreichen der freiwilligen Markt nach CO2-Kompensation im Vorfeld festgelegten Entwicklungsziele im zu bedienen? angegebenen Umfang bestätigt hat, erfolgt die Momentan gibt es noch einen Angebotsüber- Ausgabe der Zertifikate. hang. Entwickler von Kompensationsprojekten, die bereits vor einigen Jahren ins Leben gerufen Wie lange dauert so ein Zertifizierungs- wurden, bringen aktuell ihre Emissionszertifikate prozess? auf den Markt. Außerdem werden neue Projekte Im Schnitt dauert der gesamte Prozess ein initiiert, sodass das Angebot weiter zunehmen Jahr. Bei Aufforstungsprojekten kann die Zertifi- wird. Wir beobachten derzeit auch, dass immer zierung bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen. mehr Unternehmen mit Projektentwicklern Bei Projekten aus den Bereichen erneuerbare langfristige Abnahmevereinbarungen treffen und Energien und Energieeffizienz geht es dagegen Projekte sogar vorfinanzieren. Dies dient der Pla- schneller. nungssicherheit der Projektentwickler. Setzt sich diese Entwicklung fort, so würde dies sicherlich Warum konzentrieren sich die meisten die Entstehung weiterer Klimaschutzprojekte Projekte zur CO2-Kompensation auf forcieren. Entwicklungsländer? Die Finanzierung dieser Projekte in Entwick- lungsländern ist ein kosteneffizienter Ansatz, Der Gold Standard Treibhausgase zu reduzieren, und verhilft diesen Ländern zudem zu mehr Nachhaltigkeit bei Der Gold Standard gehört zu den weltweit Entwicklung und Wachstum. Dies ist neben der strengsten Qualitätsstandards für CO2-Kom- Reduktion von Treibhausgasemissionen eines der pensationsprojekte. Er wurde 2003 vom wesentlichen Ziele der internationalen Klimaver- World Wide Fund for Nature sowie von handlungen und ein zentrales Element für mehr anderen Umweltschutzorganisationen ins Klimagerechtigkeit. Außerdem vermindert es Leben gerufen. Als Zusatzstandard bildet die Gefahr von Doppelzählungen, die entstehen er die Grundlage der Zertifikation UN- können, wenn diese Projekte in einem industria- registrierter Projekte und seit 2006 auch lisierten Land durchgeführt würden, welches das der Zertifikation von Projekten im Rahmen Kyoto-Protokoll unterzeichnet hat. der freiwilligen Kompensation. Könnten Sie das bitte kurz erläutern? Seit 2018 bezieht der Gold Standard for Das Kyoto-Protokoll, der ursprüngliche Kli- the Global Goals (GS4GG) die Entwick- mavertrag, schrieb lediglich für Industriestaaten lungsziele der Vereinten Nationen ein, die verpflichtende Emissionsreduktionsziele fest. im Rahmen der Agenda 2030 für nachhalti- Klimaschutzprojekte im Rahmen des internatio- ge Entwicklung gesetzt wurden. So müssen nalen Emissionshandels wurden in Entwicklungs- die Projekte, die mit dem Zertifikat GS4GG ländern umgesetzt, finanziert von den Industrie- ausgewiesen werden, zusätzlich zur Emis- staaten. Nach dem Pariser Abkommen müssen sionsreduktion mindestens zwei der 17 nun alle Unterzeichnerstaaten ihre Emissionen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen in ihren nationalen Klimabilanzen ausweisen. fördern. Dadurch wird die Vermeidung von Doppelzählun- gen noch schwieriger. Die Klimaauswirkungen eines Aufforstungsprojekts, beispielsweise in Frankreich, würden in dessen nationalen Inven- tarbericht für Treibhausgase einfließen. Würden
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