Zustimmung und Rückenwind - Ergebnisse der Mitgliederbefragung 2017 - CLV
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JUNI 2018
Das Schulblatt
Zeitschrift des
Christlichen Lehrervereins
für Oberösterreich
Zustimmung und Rückenwind
Ergebnisse der Mitgliederbefragung 2017
Pädagogik.2025 Sprachentwicklung Lehrermangel
Michael Weber und Wenn die Sprache Fakten, Prognosen
Fritz Pirkl im Dialog hüpft und singt und Berechnungen2 Editorial DAS SCHULBLATT | JUNI 2018
Feedback bewegt.
Ende 2017 führte der CLV eine Mitgliederbefragung Das positive Image, das dem CLV bestätigt wurde,
durch. In diesem Schulblatt werden zentrale Ergeb- bereitet den Boden für die weitere Arbeit. Diese sollte
nisse daraus vorgestellt. Die Umfrage gibt Rücken- sich aus Mitgliedersicht künftig aber stärker aus einer
wind für den CLV im Gesamten und seine bildungs- unabhängigen Position den politischen Entschei-
politischen Kernforderungen. dungsträgern präsentieren. Wobei hier schon bewusst
Sinnvoll war es, ein offenes Textfeld in die Befragung eine Reaktion erfolgt ist, wird doch der neue Bil-
zu integrieren, in dem Anregung und Kritik geäußert dungsdirektor nicht gleichzeitig CLV Obmann sein.
werden konnte. Es gab eine große Anzahl an konst- Aus Sicht vieler Mitglieder und Funktionäre stellt dies
ruktiven Antworten, was zeigt, dass die Befragung eine Stärkung des Vereins dar, schätzen sie doch eine
Maximilian Egger, sehr ernst genommen wurde. All Ihre Anmerkungen aktive und emanzipatorische Mitgestaltung von
Redaktionsleitung wurden gelesen, wissenschaftlich ausgewertet und Pädagogik und Bildungspolitik (auch der LKUF) ohne
fließen in die weitere Arbeit ein. Kompromisse durch den CLV als zukunftsfähiger ein.
Die offenen Antworten unterstützen die quantitativen Eine abschließende Bemerkung: Eine Vereinsaktivität,
Befragungsergebnisse, wird doch die Wahrnehmung wie die durchgeführte Befragung, ist nur dann erfolg-
des Vereins in seiner Gesamtheit am häufigsten the- reich, wenn das Engagement der Mitglieder stimmt
matisiert und dabei überwiegend positiv (96%) und ihr Interesse und ihre Bereitschaft zur Mitwir-
bewertet. Am zweithäufigsten wurde das Thema (Bil- kung hoch sind. Bei der aktuellen Befragung war dies
dungs-)Politisches Handeln im Freitextfeld themati- auf großartige Weise der Fall. In diesem Sinne darf
siert, wobei sich viele Anmerkungen auf parteipoliti- ich den Dank der CLV-Verantwortlichen für Ihr wichti-
sche Abhängigkeiten beziehen, die mehrheitlich kri- ges Feedback herzlich an alle Beteiligten weiterge-
tisch (79%) bewertet wurden. ben. Es wird bewegen.
Inhalt
Mein Standpunkt ................................................................ 3 Interview ..................................................................................... 12 Mitgliederbefragung 2017 . ............................. 28
Ohne Unterstützung geht es nicht! Michael Weber & Fritz Pirkl Detailergebnisse im Überblick
Sprachentwicklung mit Musik ........................ 4 Bildungsprogramm . .................................................... 16 Standardüberprüfung 2017 ............................ 32
Wenn die Sprache hüpft und singt Vorhaben im Schulblatt-Check Mathematik, 8. Schulstufe
Sprachsensibler Unterricht ................................. 6 Daheim und doch dabei ....................................... 20 CLV Zukunftswerkstatt ........................................... 35
Thema für alle Unterrichtsfächer Oö. Hilfsmittelpool Zukunft der Bildung digital?
I-Klassen an Sonderschulen ............................. 8 Stefan Pirc ................................................................................ 21 Lehrermangel ....................................................................... 33
Plädoyer von Franz Spiesberger Schulblatt-Fragebogen Fakten, Prognosen, Berechnungen
Gedanken und Argumente .................................... 9 Und sie bewegt sich doch! ............................... 22 CLV Zukunftswerkstatt ........................................... 35
Doppelbesetzung Grundstufe I Schulqualität trotz Neuerungen
CLV Sektionen berichten ..................................... 37
Digitalisierung ................................................................... 10 Deutschförderklassen ............................................. 27
Der Mensch zählt Stellungnahme der Gewerkschaft Rezensionen & Reviews ....................................... 45
Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Christlicher Lehrerverein für Oberösterreich (CLV), Stifterstraße 23, 4020; Linz E-Mail: office@clv.at; Schriftleiter und verantwortlicher
Redakteur: Maximilian Egger, MA; Redaktion: Michael Andexlinger, Birgit Loidl, Helmuth Nitsch, Sabine Schmidt, Mag. Wolfgang Schwarz, Michael Weber; Redaktionssekretariat:
Walter Utz (0732/77 68 67), Maria Pauleder; Anzeigenleitung: Walter Utz (0732/78 22 66); Erscheinungsort: Linz, Verlagspostamt 4020 Linz, P.b.b.; Offenlegung lt.§ 25 Medien-
gesetz: Die grundlegende Richtung des „Schulblattes“ ergibt sich aus den Satzungen des Christlichen Lehrervereins.JUNI 2018 Landesobmann 3
tarpädagogik und für unsere Bildungsein-
Mein Standpunkt richtungen mehr Autonomie und pädago-
Paul Kimberger gische Freiheit. Somit ist die Lösung klar,
die sich auch durch zahlreiche internatio-
nale Erfolgsbeispiele belegen lässt: Jede
Schule sollte nach den Bedürfnissen ihrer
Ohne Unterstützung Schülerinnen und Schüler, also nach dem
sozialen und kulturellen Umfeld und nach
der Anzahl der Kinder mit besonderem
geht es nicht!
(sprachlichen) Förderbedarf, unterschied-
lich arbeiten können. Nur so kann man
auf die vielfältigen Anforderungen an die
Lehrerinnen und Lehrer im Speziellen
eingehen. Das starre Schulsystem müsste
dafür aber aufgebrochen und Kompeten-
S
eit Jahrzehnten wird versucht, realisieren täglich, dass die Grundlagen zen abgegeben werden. Das wollen aber
über das Schulsystem mehr Chan- für Ungleichheit und Ungerechtigkeit bisher weder Bund noch Länder.
cengleichheit zu schaffen. Dass sich schon in den Elternhäusern gelegt wer-
diese aber gar nicht wesentlich verändert den. Die Benachteiligung von Kindern Es besteht aber berechtigter Grund zur
hat, belegen aktuelle Zahlen. Nach wie beginnt sehr früh und selbst die besten Hoffnung. Immer mehr Schulen ver-
vor wird Bildung ebenso wie das Desin- didaktischen Konzepte können oft nur suchen schon jetzt, sich entsprechend
teresse daran großteils vererbt. mehr wenig ausrichten. Zusätzlich gibt ihrer Herausforderungen zu organisieren.
es dann auch noch außerschulische Fak- Glücklicherweise haben wir viele charis-
Nur rund sieben Prozent der Kinder, toren, die bedeutend sind: Der Arbeits- matische Schulleiterinnen und Schulleiter
deren Eltern maximal einen Pflichtschul- markt, die sozialen Bestimmungen, und noch mehr mutige Lehrerinnen und
abschluss haben, schaffen es laut Statistik Zuwanderung und Integration, der Wert Lehrer, dies sich souverän über alle mög-
Austria an die Universität, aber fast jedes der Familie, die Wohnungs- und sogar lichen Gegebenheiten und Hindernisse
zweite Kind aus einem Akademikerhaus- die Sicherheitspolitik. Statt das Bildungs- hinwegsetzen. Doch das wird langfristig
halt. „Zu glauben, dass Schule das Pro- wesen in diesem komplexen Spannungs- nicht genügen, um immer mehr und
blem der Ungleichheit lösen kann, ist eine feld zu sehen, wird heute oft suggeriert, immer größere Herausforderungen, die
Überforderung des Systems“, meint dazu die Schule sei ein Lehrerproblem. politisch und gesellschaftlich an Bildung
Bildungswissenschafter Stefan Hopmann. und Schule gestellt werden, alleine bewäl-
„Das kann Schule nicht leisten – und das Um bei der Chancengleichheit wirklich tigen zu können. Keine Frage, es besteht
hat sie historisch auch nie geleistet.“ anzusetzen, müssen viele Hebel zugleich bildungspolitischer Handlungsbedarf!
in Bewegung gebracht werden. Keine
Ob wir es wollen oder nicht, wir finden Lösung sind hier oberflächliche System- Mein Fazit: Schule ist ein Spiegel der
Ungleichheit vor, die mit pädagogischen und Organisationsdiskussionen. Wirklich Gesellschaft. Wir produzieren keine Pro-
Mitteln allein nicht aus der Welt geschafft entscheidend für die Erfolgschancen bleme, wir bekommen sie importiert.
werden kann. Daher ist die Aufforderung unserer Kinder ist einerseits, dass man die Die Erwartungen sind in den letzten
an die Schule, sie solle Chancengleichheit sechs Jahre vor der Einschulung pädago- Jahren gestiegen, doch der Raum für
herstellen, ähnlich illusorisch wie die Auf- gisch nicht mehr länger ausblenden darf Kompensation ist in diesem komplexen
forderung an den Arzt eines Armenvier- und Eltern, die erzieherische Hilfe benö- und widersprüchlichen Umfeld sehr eng.
tels, er möge seinen Patienten die gleiche tigen, mehr unterstützen muss. Anderer- Daher brauchen wir dringend mehr
Lebenserwartung schaffen wie der besse- seits ist es wesentlich, was dann an den Unterstützung, weil Pädagogik allein
ren Gesellschaft in Luxuswohngegenden. einzelnen Schulen passiert. Laut einer nicht alle Probleme lösen und gleichzei-
Studie der Statistik Austria spielt näm- tig eine gerechte Welt schaffen kann.
Was in all den Debatten massiv unter- lich weniger der Schultyp als vielmehr
schätzt wird, sind Lebensumstände der Standort und damit die Bedingun- Ihr
und die Erziehung unserer Kinder, also gen an einer Schule eine wichtige Rolle.
der Einfluss von zu Hause oder durch
das Umfeld. Besonders unsere Grund- Was wir dringend brauchen, sind massive
schulpädagoginnen und -pädagogen Investitionen in die Frühkind- und Elemen-4 SPRACHENTWICKLUNG DAS SCHULBLATT | JUNI 2018
Foto: Fotolia
Wenn die Sprache hüpft und singt
Kommunikationsförderung mit Musik in der Volksschule
K
ommunikation ist der Schlüssel zur
Integration in die Gemeinschaft. Für Sprachentwicklung durch Musik
uns Menschen ist eine der Voraus- Auf der Homepage der PH OÖ finden Sie der-
setzungen dazu die Sprache. Miteinander zeit 26 Unterrichtsbeispiele samt Arbeitsblät-
zu kommunizieren bedeutet allerdings tern und Spielmaterial zu Themen, die für den
viel mehr als Reden und Hören. Spra- sofortigen Einsatz im Unterricht in der Volks-
che umfasst auch Empathie, also verste- schule sowohl im Regelunterricht als auch in
hen, begreifen und Gefühle des Anderen Deutsch-Förderklassen geeignet sind, die Sie
nachempfinden zu können. Dazu spielen aber auch einfach als Muster verwenden kön-
Umgangsformen eine ganz wesentliche nen. Sie dürfen und sollen kreativ sein, unsere
Rolle. Sprache ist demnach nicht allein auf Anregungen als solche sehen und sie auf Ihre
sich beschränkt. Sie ist untrennbar verbun- Klasse zuschneiden und verändern, wie Sie das
den mit Körpersprache und Musik. Erst in möchten und brauchen … Das Angebot wird
der Gesamtheit schaffen Sprachkenntnisse demnächst erweitert.
Verbindungspotentiale und öffnen Zugän- Link: https://ph-ooe.at/ph-ooe/forschung/musik-und-sprache.html
ge zu Bildung und Kultur. Kinder mit nicht
ausreichenden Kommunikationskenntnis-
sen sind in ihrer kleinen individuellen Welt Die Unterrichtsbeispiele sind seit einigen Gesamtunterricht. Das Erlernen der Spra-
gefangen, sie befinden sich innerhalb sehr Jahren Grundlage für das Forschungspro- che beschränkt sich nicht auf sich selbst,
enger Grenzen. Sprachgrenzen bedeuten jekt „Sprachentwicklung durch Musik“ es findet sich sinnvoll angewendet in allen
Lerngrenzen, die Kinder sind sowohl kog- an der PH OÖ. Erste Tests zeigen durch- Unterrichtsgegenständen. Lernen einer
nitiv als auch emotional in der Bewegung aus positive Ergebnisse gegenüber Ver- Sprache braucht regelmäßige Wiederho-
ihrer Entwicklung eingeschränkt. gleichsklassen. lungen zur Festigung und Vertiefung des
Unser Rahmenlehrplan ermöglicht eine Erfahrungs- und Interessenbereichs der
Bewegung, Sprache und guter Ton Vielzahl an kreativen Sprachanlässen, wir Kinder ebenso wie den Gebrauch des Wort-
Ein altes Sprichwort sagt: „Der Ton macht Pädagoginnen und Pädagogen schaffen schatzes in unterschiedlichen sprachlichen
die Musik“. Rhythmus, Melodie, Betonung, das dazu notwendige lernförderliche Klima. Kontexten und Situationen.
Tempo, Pausierung und Klangfarbe sind Im (Sprach-) Unterricht ist ein hoher Anteil
allerdings auch in der Sprache wichtig, diese an echter Lernzeit und Aufmerksamkeit Sprachfluss, flüssig sprechen
wiederum ist Grundstein für Denken, Lernen, genauso wichtig wie Methodenwechsel, und schreiben bzw. eine Sprache
Kultur und Sozialkompetenzen. Ohne Töne Spannung und Entspannung mit unter- fließend sprechen
gibt es weder Musik noch Sprache. Sowohl schiedlichen Aktivitäten: Sprechen, Zuhö- Diese Begriffe waren Inspiration für die
in der Musik als auch in der Sprache gilt es, ren, Untersuchen, Spielen, Singen und Unterrichtsvorschläge für sprachlich ori-
den richtigen Ton zu treffen. Der sogenann- Bewegen. Musik bildet das Flussbett für entierten Gesamtunterricht. Musik ist Aus-
te „gute Ton“ bezeichnet metaphorisch gangspunkt für Sprech- und Lernanlässe
Auftreten, Haltung und Benehmen eines und Verbindung aller Unterrichtsgegen-
Menschen, heute wohl am ehesten mit dem stände. Zunächst werden durch (klassi-
modernen Begriff „soft skills“ zu erklären. sche) Musikhörbeispiele oder aktiv durch
Das kindgerechte, spielerische und ganz- Kinderlieder, Reime, Rhythmen bzw. durch
heitliche Lernen und der aktive Einsatz der einzelne Signalwörter, die zu den darauf-
deutschen Sprache werden im Lehrplan für folgenden Inhalten passen, Sprachfenster
Volksschulen ebenso wie Gesamtunterricht geöffnet und eine Themenbereitschaft
gefordert. Damit ist die Schulung sprachli- geweckt. Die Kinder werden dabei unter-
cher Kompetenzen eine sehr komplexe Her- stützt, Ablenkungen auszublenden.
ausforderung für Lehrerinnen und Lehrer. Eingebettet in eine sehr klar erkennbareJUNI 2018 | DAS SCHULBLATT SPRACHENTWICKLUNG 5
Struktur, die ihnen Sicherheit Schneider-Verlag. Hohen- ne Tätigkeit. Das Zeitgefühl verändert sich.
gibt, erleben die Schülerinnen gerlen, 2001, S. 204-223). Im Flow gibt es keine Zeit. Für Lehrende
und Schüler das Zuhören und „Flow of spirits“ bezeich- ergibt sich die Möglichkeit, Kinder ent-
das gedankliche Umsetzen von net den Zustand der Aus- wicklungsorientiert statt defizitorientiert zu
Gehörtem, Erlebtem und Gese- geglichenheit, des inneren begleiten. Unterricht geschieht konstrukti-
henem. Sie drücken sich mit Gleichgewichts, der tiefen vistisch: Die Kinder konstruieren, dekonst-
dem eigenen Körper und verbal Freude und des Glücks. ruieren und rekonstruieren. Dem Schaffen
aus, stellen Inhalte dar, inter- „Urbild des Menschen im einer förderlichen Lernumgebung wird
pretieren, tanzen, formulieren, Flow ist das spielende Kind, eine neue Bedeutung zugemessen.
lautieren, schreiben, rechnen, das sich im glückseligen Die Unterrichtsvorschläge können als
musizieren. Je nach Inhalten Zustand des totalen Bei- Grundlage dienen für die Vorbereitung
kann fächerübergreifend und sich-Seins befindet“. Fol- eines Tages oder, besser noch, für einen
individuell (Inklusion) aktiv am gende 6 Punkte nennt War- längeren Zeitraum. Ziel ist, Sprach- und
Thema gearbeitet werden. Dies witz als ausschlaggebend: Kulturgrenzen zu erweitern und alle Kin-
ermöglicht große Freiheit in einer doch • Der Handelnde fühlt sich den Anforde- der in die Gesellschaft einzubinden. Erfah-
sehr gut geplanten und durchorganisier- rungen voll gewachsen. ren, wie Mimik und Gestik wirken, Laute
ten Lernumgebung. • Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf bilden, Wörter aneignen und verwenden,
ein begrenztes, überschaubares Hand- Sätze bauen und diese mit Sinn hinterle-
Sprache, Musik und Gesamt- lungsfeld. gen, durch Sprachmelodie
unterricht • Eindeutigen Handlungsan- und Sprachrhythmus Gram-
Jeder schulische Unterricht soll gleichzeitig forderungen folgen klare matik verinnerlichen, Dialoge
Förderung der sozialen Kompetenzen und Rückmeldungen. führen, durch Vorlesen und
der allgemeinen Bildung nach sich ziehen, • Handeln und Bewusstsein Lesen unterschiedliche Texts-
daher ganzheitlich geschehen. Aus diesem verschmelzen miteinander. orten kennenlernen, all das
Grund sollte laut Lehrplan eine strenge • Der Handelnde geht ganz geschieht zuerst in Interaktion
Scheidung des Lehrstoffs nach Unterrichts- in seiner Sache auf. mit den engsten Bezugsperso-
gegenständen vermieden werden. • Die Aktivitäten belohnen nen, später in den Bildungs-
Musik ist kein Allheilmittel, dennoch sich selbst. institutionen. In der Schule
kann sie Lernprozesse verbessern, weil Flow-Erleben muss erarbeitet müssen wir erfahrungsgemäß
die Aufnahme und Verarbeitung von Sin- werden und wächst aus Akti- Manches aufholen bzw. erst-
neseindrücken anders ablaufen. Musik vierung und echten Leistungen. Schwierig- mals anbieten.
„erhöht die Aufmerksamkeit, ordnet, keit und Können müssen ins Gleichgewicht Zur praktischen Umsetzung bietet die PH
strukturiert, kanalisiert Emotionen, regt gebracht werden. Über- und Unterforde- OÖ im Jänner und April 2019 zwei Fortbil-
die Sprachentwicklung an, fordert zum rung lassen Flow gar nicht erst entstehen. dungen an. ■
Ausdruck heraus und gleichzeitig zur intel- Der Flow-Erlebende ist in einer Art gedan-
lektuellen Auseinandersetzung, vermittelt kenfreier Konzentration voll bei einer Die grafische Gestaltung stammt von
Kultur über Liedgut, Tänze, Geisteshaltun- Sache. Er integriert sich in seine momenta- Renate Perner-Schwarzmann.
gen, Inhalte. Das Wesentliche aber ist: Die
Kinder lernen mit Freude, Schwung und
unter Einsatz ihres ganzen Körpers, ihrer
ganzen Person, mit Leib und Seele“ (Pal-
misano, Agnes: Gesangsunterricht mit geis-
tig schwerstbehinderten Kindern; in: vox
humana, Hrsg: Bundesverband Deutscher
Gesangspädagogen und evta-austria bund
österreichischer Gesangspädagogen, Jahr-
gang 3, 2008, S.52). Prof. Dr.in Helga SCHACHINGER, Prof. SR Susanne FREYNSCHLAG, Renate PERNER-SCHWARZMANN,
BEd, Dipl.-Päd. für Volks- und MA, Studium der Elementar- und BA BEd, Studium LA für NMS in
Für die Unterrichtsbeispiele ist die Sonderschulen, Studium der Bewegungspädagogik am Orff-Ins- den Fächern Deutsch, Bildnerische
„Flow-Theorie“ von Csikszentmihalyi Grundschuldidaktik, der Allge- titut/Mozarteum Salzburg, Studi- Erziehung, Technisches und Texti-
meinen und der Schulpädagogik um der Musikvermittlung an der les Werken an der PH OÖ, Studium
Grundlage. (In: Warwitz, Siegbert: Sinn- an der Universität Passau, Zertifi- Anton Bruckner Privatuniversität der Kunstgeschichte an der Uni-
suche im Wagnis: Leben in wachsenden kat Systemisches Coaching im Linz, Volksschullehrerin mit lang- versität Wien, Ausbildung zur
pädagogischen Kontext, Mobbing- jähriger Erfahrung im Primar Kreativpädagogin an der Kunstuni-
Ringen; Erklärungsmodelle für grenzüber- präventionsbeauftragte des stufenbereich, Professorin an der versität Linz, Lehrerin in der NMS
schreitendes Verhalten; Bartmannsweiler: BMBWF, Professorin an der PH OÖ. PH OÖ. Eferding Nord.6
Sprachliche Bildung – ein Thema
für alle Unterrichtsfächer?
N
icht nur in fachwissenschaftlich- Alltags- und Bildungssprache ler, eine Schülerin sagen: „Wenn ich das
fachdidaktischen Kreisen, auch Jedes Lernen erfordert immer wieder die ausleere, dann bleibt da etwas Braunes
in Bildungspolitik und Schule Aufnahme von neuen Wissensinhalten und drinnen.“ In einem Lehrwerk oder einem
hört man seit einiger Zeit häufig vom verändert unsere Wahrnehmungsschemata Protokoll könnte der Sachverhalt jedoch
„sprachsensiblen“ oder „sprachbewussten und -strategien. Die Sprache spielt dabei bildungssprachlich folgendermaßen for-
Unterricht“. Dass Sprache und Unterricht eine wesentliche Rolle, denn einerseits fin- muliert werden: „Nach Abgießen der Flüs-
zusammengehören, erscheint auf den ers- det Unterricht stets im Medium der Spra- sigkeit ist ein brauner Bodensatz sichtbar“
ten Blick als selbstverständliche Beobach- che statt, andererseits dient Sprache aber (nach einem Beispiel von der Hahn 1983
tung und gelebte Praxis – wie sollte dies auch als Werkzeug, mit dem die fachlichen zit. n. Gogolin 2011, 201). Die Bildungs-
auch nicht der Fall sein, ist doch Sprache Inhalte er- und bearbeitet sowie gestaltet sprache ermöglicht das kontextunabhängi-
unser ständiges Mittel und Werkzeug der werden. Während Kommunikation im ge, verdichtete und präzise Sprechen über
Kommunikation? Und das Wort „sensibel“ schulisch-fachliche Inhalte, und zwar u.a.
scheint auf die empathische Lehrerpersön- durch sprachliche Mittel wie Präfix- und
lichkeit hinzuweisen, die zum Selbstver- Partikelverben (erhitzen, ausgießen) und
ständnis vieler Lehrer gehören dürfte. Was ausgebaute Nominalphrasen (die erhitzte
auf den ersten Blick als logisch-einfach
erscheint, wirft bei näherer Betrachtung Sprache ist Flüssigkeit, die vom Schmutz befreite Ober-
fläche) und stellt in der gesamten Schulzeit
jedoch Fragen auf: Was steckt wirklich
hinter sprachbewusstem Unterricht? Sol- Werkzeug eine wesentliche Erwerbsaufgabe dar (vgl.
Ortner 2009).
len alle Fachlehrer nun zu Sprachlehrern
werden? Neben einigem Bekanntem gibt Sprachliche Herausforderungen
es hier viel Neues zu entdecken und – hof- des Fachunterrichts
fentlich – auszuprobieren. Der Schirm des Im Fachunterricht wird die bildungssprach-
sprachbewussten Unterrichts spannt sich liche Kompetenz von Schülerinnen und
von den in jedem Unterricht enthaltenen Alltag meist kontextgebunden ist und als Schülern um fachspezifisches Vokabular
sprachlichen Anforderungen und Erwar- Sprache der Nähe („konzeptionell münd- (z.B. rechter Winkel, Brutpflege), beson-
tungen über die sprachlichen Vorausset- lich“) bestimmt werden kann, wird im dere Darstellungsmöglichkeiten (z.B. For-
zungen der Schülerinnen und Schüler (= Fachunterricht eine kontextunabhängige, meln, Diagramme, Bilder, Texte) und um
SuS) bis hin zu didaktischen Prinzipien und konzeptionell schriftliche Sprache verwen- spezielle Textsorten (z.B. Textaufgaben,
Unterrichtsmethoden. Im Folgenden wer- det. Konzeptuell mündliche Äußerungen Wahlplakat) ausgebaut. Im Unterricht
den einige Eckpunkte des sprachbewussten sind kontextgebundene, alltagssprachli- spielen ferner sogenannte Operatoren (wie
Unterrichts vorgestellt – ein möglicher Weg che Äußerungen, die auch im Medium BESCHREIBEN und VERGLEICHEN) eine
in die Praxis kann über gute Literatur, die der Schrift kommuniziert werden können, große Rolle. Um am Unterricht teilnehmen
zu diesem Thema erhältlich ist, aber auch beispielsweise als SMS („Gemma heit wos zu können, müssen sich Schülerinnen und
über Fortbildungen (z.B. SCHILFs) führen. essn?“) Alltagssprachlich könnte ein Schü- Schüler daher ein großes Repertoire anJUNI 2018 | DAS SCHULBLATT SPRACHBEWUSSTER UNTERRICHT 7
sprachlichen Mitteln aneignen und ihre Die wesentliche Rolle des
fachspezifische Diskurs- und Textkompe- Fachunterrichts in der sprachlichen Prof. Dr.in Gudrun
Kasberger PHDL
tenz ausbauen, die es ihnen ermöglicht, Bildung Fachbereich Deutsch
Arbeitsaufträge und Fachinhalte zu verste- Weshalb wird angenommen, dass der Sekundar- und Primar-
hen, Informationen zu suchen, zu erschlie- Fachunterricht im Hinblick auf die sprach- stufe
ßen und zu verarbeiten sowie Lernergeb- liche Bildung eine so wesentliche Rolle
nisse zu kommunizieren und zu reflektieren spielt? Wenn ein kleines Kind zu seiner
(nach dem Modell von Thürmann/Vollmer Mutter läuft und „Da Ball!“ sagt, so wird
2013: 46f.). Wesentlich ist hier die Fest- die Mutter die Aufmerksamkeit auf den
stellung, dass diese Erwerbsaufgabe nicht vom Kind bezeichneten Sachverhalt/den Gerüsten in Angriff genommen und mög-
nur Deutsch-als-Zweitsprache-Lernende, Gegenstand richten und etwas äußern lich gemacht. Im weiteren Sinn stellen
sondern alle Kinder betrifft – und zwar wie „Ja, Susi, da ist ein Ball!“ Der elterliche Scaffolds alle Arten von Visualisierungen,
unabhängig von ihrer alltagssprachlichen Input expandiert dabei die Äußerung des Vokabel-Bild-Karten… dar, im engeren Sinn
Kompetenz. Kindes, ohne explizit zu korrigieren („Susi, geht es um das Scaffolding in der Interak-
du sollst bitte in ganzen Sätzen sprechen.“), tion, das durch Modellieren, Expandieren,
Multikompetenz – in verschiede- Feedback, diagnostisches Fragen, das Erhö-
nen Sprachen und Registern hen der Redezeit usw. erzielt wird.
Das Ziel des sprachbewussten Unterrichts
ist es, Schülerinnen und Schülern situati- Am besten im Team…
onsangemessenes sprachliches Agieren zu
Lerngerüste Das hier skizzierte Konzept des sprach-
Foto: Fotolia
vermitteln und sie dabei zu unterstützen, bewussten Unterrichts vereint (in seinen
in vielfältigen Situationen sprachlich kom- verschiedenen Ausprägungen) in vielerlei
petente Experten („multi-contextual com-
municative experts“; Hall/Cheng/Carlson
aufbauen Hinsicht aktuelle Erkenntnisse der Spracher-
werbsforschung und benachbarter Diszipli-
2006: 233) zu werden, indem Sprachen nen. Der Anspruch, vom Bedarf in einem
und Register funktionell eingesetzt werden konkreten Fach und dem Lernstand der
(z.B. wann gebrauche ich welche Form der SuS ausgehend den Unterricht zu planen
Anrede, wie äußere ich mich per WhatsApp und sprachliche Bildung bewusst zu för-
oder beim Referat im Biologieunterricht dern, ist kein geringer. Die Arbeit im Team
usw.). In diesem Sinn bedeutet sprachbe- sondern stellt dem Kind im Zuge dieses rei- am Schulstandort stellt in diesem Zusam-
wusster Unterricht, Teilhabe zu ermöglichen chen elterlichen Inputs ein Gerüst (engl. menhang neben dem eigenen Bewus-
und ressourcenorientiert zu arbeiten. Dem scaffold) zur Verfügung, mit Hilfe dessen stsein für die Bedeutung der Sprache im
Fachunterricht kommt hier eine zentrale das Kind selbst durch die Interaktion sowie jeweiligen Fach/Unterricht einen entschei-
Bedeutung zu: Anhand von fachlichen Inhal- durch Zeit und Gelegenheit für – vielleicht denden Erfolgsfaktor dar. So könnten im
ten können Lernende mit Unterstützung „holprigen“ – Output lernt, diese Form zu Sprachunterricht z.B. für die Fächer wich-
der Lehrpersonen ihre Sprachkompetenz gebrauchen. Dabei bleibt der gemeinsame tige Sachtexte oder spezieller Wortschatz
ausbauen. Fachlehrer müssen dabei keines- Fokus auf der Bedeutung – das Gespräch erarbeitet werden oder explizites Sprach-
wegs Sprachunterricht halten – ein wesentli- dreht sich um den Ball, d.h. Motivation training (auch im Sprachförderunterricht)
cher Ausgangspunkt ist es, Bewusstsein und und Aufmerksamkeit des Lernenden blei- an die Arbeit im Fach anschließen. Wenn
Einsicht in die sprachlichen Besonderheiten ben dabei erhalten. Dieses Instruktionsprin- man mit Wittgenstein (PU 43) annimmt,
und Herausforderungen meines Faches zip kann als Muster für den Fachunterricht dass die Bedeutung eines Wortes in seinem
(z.B. Mathematik, Sachunterricht, Geo- genutzt werden – die gemeinsame Arbeit Gebrauch liegt, so können Wörter nur so
graphie) zu gewinnen. Im zweiten Schritt an einer Sache (z.B. Kreislauf des Wassers) – nämlich in ihrem jeweiligen Kontext und
kann auf die besonderen Form-Funktions- wird mit Unterstützung von sprachlichen in der Interaktion – erworben werden. ■
zusammenhänge didaktisch-methodisch
Bezug genommen werden (z.B. welche
sprachlichen Mittel brauche ich, um z.B.
eine Beschreibung eines Tieres zu verfassen). Literatur
Caspari, D. (2017). Instrument zur sprachbildenden Analyse von Aufgaben im Fach. https://www.sprachen-bil-
Für viele Fächer liegen inzwischen Beschrei- den-chancen.de/images/Files/Caspari-et-al.-2017---isaf_Instrument-zur-sprachbildenden-Analyse-von-Aufgaben-im-
bungen der sprachlichen Anforderungen Fach.pdf (24.4.2018).
Feilke, H. (2012). Bildungssprachliche Kompetenzen – fördern und entwickeln. Praxis Deutsch 233, 4-13.
vor (z.B. Sachunterricht, Mathematik), die Gogolin, I. et al. (2011). Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Bilanz eines Modellpro-
als Ausgangspunkte der eigenen Analyse gramms (= Förmig Edition Bd. 7). Münster: Waxmann.
Hall, J.K./Cheng, A./Carlson, M. (2006). Reconceptualizing Multicompetence as a Theory of Language Knowledge.
dienen können. Weiters stehen mit sehr Applied Linguistics 27/2: 220–240. doi:10.1093/applin/aml013.
praxisnahen und anwendungsbezogenen Österreichisches Sprachen Kompetenzzentrum/Plattform sprachsensibler Unterricht: http://www.oesz.at/OESZNEU/
main_01.php?page=014&open=12 (24.4.2018).
Planungsformularen Instrumente zur Ver- Ortner, H. (2009). Rhetorisch-stilistische Eigenschaften der Bildungssprache. In: Fix, U.: Rhetorik und Stilistik: ein
fügung, die eingesetzt werden können, internationales Handbuch historischer und systematischer Forschung: Bd. 2 (S. 2227-2240). Berlin: De Gruyter.
Tajmel, T., & Hägi-Mead, S. (2017). Sprachbewusste Unterrichtsplanung: Prinzipien, Methoden und Beispiele für die
um den sprachlichen Bedarf von z.B. Auf- Umsetzung. Münster et al.: Waxmann.
gabenstellungen zu ermitteln (vgl. Caspari Vollmer, H. J., & Thürmann, E. (2013). Sprachbildung und Bildungssprache als Aufgabe aller Fächer der Regelschule. In
M. Becker-Mrotzek, K. Schramm, E. Thürmann & H. J. Vollmer (Hrsg.), Sprache im Fach: Sprachlichkeit und fachliches
et al. 2017; vgl. auch Planungsrahmen von Lernen (S. 41–58). Münster et al.: Waxmann.
Tajmel/Mead 2017 und ÖSZ). Wittgenstein, L. (1953). Philosophische Untersuchungen. Oxford: Basil Blackwell. Reprinted 1963.8 REINTEGRATION DAS SCHULBLATT | JUNI 2018
Integrationsklassen PSI RR Franz
Spiesberger
Bildungsregion
an Sonderschulen
Vöcklabruck
Warum engagieren sich Eltern, Lehrerinnen und ihre Schülerinnen und Schüler abgestimmt
und gemeinsam weiterentwickelt.
Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter und auch die
politischen Vertreter aller Parteien für den Erhalt der Und mit Weitblick – auf dem Weg zu einer
inklusiven Schule mit Jahrgangsmischung
Integrationsklassen an Sonderschulen? und individualisiertem Unterricht.
Diese Art von Schule ist der erste Schritt
zu einer inklusiven Schule. Die Pestalozzi-
Was heute von Schule verlangt tendlich Eltern, die auf diese Entwicklung schule in Vöcklabruck erhielt von der
wird, entwickelte sich vor mehr als aufmerksam wurden und damals baten, ob Lebenshilfe für ihre Art der Schulentwick-
25 Jahren in vielen Sonderschulen es nicht möglich wäre, ihre Kinder, in der lung im heurigen Jahr den Inklusionspreis
in OÖ Sonderschule unterrichten zu lassen. zugesprochen.
Im Wesentlichen sind es zwei Faktoren,
Eigenständig – Schulentwicklungsteams die die Entscheidung der Eltern dominieren: Fazit
wollten von sich aus gemeinsam die Situa- zum einen ist es der Gedanke, dass ihr Kind Im Schulversuch „Integrationsklassen an
tion an der Schule verbessern – Wie SQA neben der Entfaltung der kognitiven Fähig- Sonderschulen“ wird eine Entwicklung
heute, schon vor vielen Jahren angedacht – keiten sich auch als soziales Wesen weiter vorweggenommen, von der viele Schul-
erarbeiteten Lehrerinnen und Lehrer gemein- entwickeln sollte und zum anderen sind es reformer träumen: Eine Schule entwirft
sam mit dem Schulleiter Konzepte, um den die alternativen pädagogischen Ideen, die ein pädagogisches Konzept, stellt es vor,
Unterricht für die damaligen Sonderschüler auf die Eltern sehr attraktiv wirken. bewirbt es und die Eltern können sich frei
zu verbessern, dass dies auch Eltern von entscheiden, ob sie dieses Angebot anneh-
Volksschülern interessierte, war in der Zeit Vielfältig – in großer Vielfalt in 10 oberöster- men wollen oder nicht. Lassen sich die
der Schulversuchsklassen an Volksschulen reichischen Sonderschulen erfolgreich. Eltern nicht überzeugen, gibt es die Klassen
eine interessante Perspektive für die Sonder- nicht, denn ein automatische „Schülerzu-
schulen. Diese Idee wurde in Oberösterreich von fuhr“ ist nicht möglich; geeignete Werbe-
vielen Sonderschulen aufgenommen. In maßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit sind
Innovativ und autonom – differenzierter Gmunden, in Vöcklabruck, in Wels, in Gall- daher unabdingbare Voraussetzung.
Unterricht und jahrgangsgemischte Klassen neukirchen, in Steyr, in Peuerbach, in Linz Solange die Sonderschulen diese Klassen
Schlagwörter unserer Zeit! – die Lehrerinnen 2 Schulen, in Ried und Wels entstanden jedoch nur im Schulversuch führen dürfen,
und Lehrer setzen auf innovativen Unterricht Integrationsklassen an Sonderschulen. haben sie mit ihren Bemühungen um das
und entwickeln diesen ständig weiter. Interesse und die Unterstützung der Eltern
nur einen ersten Schritt getan. Für den
In Gmunden zum Beispiel holte sich zweiten sind sie immer vom Wohlwollen
die Schule Experten in der Sonder- und » Im Schulversuch der Schulbehörde, die ihnen den Versuch
Reformpädagogik, die sie auf ihrem Weg „Integrationsklassen an erlauben muss abhängig.
in die Zukunft begleiteten. In einer einjäh- Dass die beginnenden Klassen nun dis-
Sonderschulen“ wird
rigen Ausbildung wurden alle Lehrerinnen loziert geführt und an eine Volksschule
und Lehrer geschult, diese Unterrichtsme- eine Entwicklung angeschlossen werden müssen, kann nur
thoden anzuwenden. Es blieb nicht bei die- vorweggenommen, von kurzfristig und eine Übergangslösung sein.
ser Ausbildung. Am Puls der Zeit wurde in In meiner Bildungsregion haben sich diese
der viele Schulreformer
einigen Sonderschulen jahrgangsübergrei- Klassen als ein nicht mehr wegzudenkender
fender Unterricht eingeführt, schon lange träumen. « Teil in der sonderpädagogischen Landschaft
bevor dieser offiziell angedacht wurde. entwickelt und dienen auch als Modellklas-
sen, wie man Integration und jahrgangs-
Partnerschaftlich – auf Augenhöhe mit den In ihrer Idee gleich, nämlich eine Schule übergreifenden Unterricht gut umsetzen
Eltern und mit der Schulbehörde und mit für alle Kinder zu sein, in der die Schüle- kann. Von Inklusion möchte ich dann spre-
deren Unterstützung. rinnen und Schüler ganz unabhängig von chen, wenn die entsprechenden Ressourcen
ihrer Behinderung auf verschiedenste Art zur Verfügung gestellt werden, und dies
Der Schlüssel zur Entwicklung von Integra- zusammen leben – lernen – spielen und zum Wohle der Kinder mit Beeinträchtigung
tionsklassen an Sonderschulen waren letz- feiern können. In der Methode jeweils auf auch umgesetzt werden kann. ■JUNI 2018 | DAS SCHULBLATT DOPPELBESETZUNG 9
Doppelbesetzung
schiedlicher Aufgabenstellungen für jedes
Kind muss gerade bei jenen Schülerinnen
und Schülern erfolgen, die noch gewisse
Entwicklungsrückstände aufweisen, um
in der ersten und zweiten keine Demotivierung oder Überforderung
zu erzeugen. So steht im Lehrplan der Volks-
Klasse Volksschule schule: „… Die Leistungsbereitschaft von
Kindern wird wesentlich von ihrem Selbst-
wertgefühl, ihrem Selbstvertrauen und ihrer
Erfolgszuversicht bestimmt.“ Es gilt im Sinne
des methodengerechten Arbeitens alle Indi-
I
n der Volksschule unterscheiden sich die Erziehungsarbeit von der Schule geleistet vidualisierungsmaßnahmen auszuschöpfen,
Schülerinnen und Schüler, insbesondere werden muss. um auf die Förderbedürfnisse der einzelnen
die Schulanfängerinnen und Schulanfän- Kinder eingehen zu können.
ger hinsichtlich des Entwicklungsstandes,
des Sozialverhaltens, der Kommunikations-
fähigkeit, der Selbstständigkeit, der Inter-
Als eine wesentliche Voraussetzung der
Arbeit mit heterogenen Gruppen wird
die Teamarbeit angesehen. Guter Unter- E ine große Herausforderung ist für alle
Volksschullehrkräfte im Schuleingangs-
essen, der Motivation, des Vorwissens, der richt erfordert pädagogisches Know-how, bereich das Soziale Lernen. Gilt es doch aus
Lernfähigkeit, der Arbeitshaltung wie kaum zeitliches Engagement und optimale per- einer Gruppe von „kleinen Individualisten“
in einer anderen Schulart. Diese Unter- sonelle Rahmenbedingungen im Sinne der eine lernende Gemeinschaft zu formen.
schiede müssen erkannt, beachtet und Doppelbesetzung. Immer öfter weisen viele Schulanfänger
zum Ausgangspunkt für individualisieren- vor allem im sozialen Bereich großes Ent-
de und differenzierende Lernangebote und
Lernanforderungen gemacht werden. Eine
verantwortungsvolle Berücksichtigung der
E s gilt, die Kinder für zukünftige Anfor-
derungen zu bilden. Dies erfordert eine
starke Individualisierung und die notwen-
wicklungspotential auf. Soziales Lernen
als Grundbaustein für kognitives Lernen
und der Erwerb sozialer Kompetenzen als
Unterschiede in allen Schulstufen der Volks- digen Rahmenbedingungen in personeller Bestandteil der Unterrichtsarbeit benötigen
schule, vor allem aber in der Grundstufe I, Hinsicht. Gilt es doch das Kind – an seinen eine Verbesserung der derzeitigen perso-
schafft die Voraussetzungen für erfolg- Lernmöglichkeiten und -grenzen im Span- nellen Rahmenbedingungen im Schulein-
reiches Lernen und hilft mit, Über- bzw. nungsfeld von dem, was es braucht, und gangsbereich.
Unterforderung zu vermeiden. Unterricht dem was es will – zu fordern, zu fördern
soll in einer pädagogischen Atmosphäre
von Ermutigung und Erfolgszuversicht,
Geduld, Vertrauen und Verständnis,
und zu unterrichten. Eine gezielte Indi-
vidualisierung benötigt mehr Personal,
um auch dem pädagogischen Anliegen
D er CLV ist der Meinung, dass Volksschul-
lehrerinnen und -lehrer hervorragende
pädagogische Arbeit in allen Bereichen
gegenseitiger Achtung und Rücksichtnah- der Begabungs- und Begabtenförderung unter herausfordernden Bedingungen leis-
me erfolgen. gerecht zu werden. ten und Unterstützung und Anerkennung
Bei der bestmöglichen Förderung der dieser Arbeit brauchen. Die Hinführung zu
einzelnen Kinder stoßen Lehrkräfte – spe-
ziell in größeren Klassen der Grundstufe I
– zunehmend an ihre Grenzen. Damit auf
D ie Forderung nach Individualisierung,
Differenzierung und Förderung gilt es
gerade im Schuleingang besonders hervor-
einer Doppelbesetzung mit zwei Lehrkräf-
ten in der Grundstufe I erscheint uns abso-
lut sinnvoll, zudem würde diese Maßnah-
die Bedürfnisse aller Schülerinnen und zuheben Die Dringlichkeit des individuellen me auch Schülerinnen und Schülern mit
Schüler – der leistungsstärkeren als auch Schriftspracherwerbs, die Vergabe unter- Sprachdefiziten zugute kommen. ■
der schwächeren – möglichst optimal ein-
gegangen werden kann, erscheint deshalb
die Hinführung zu einer permanenten Dop-
pelbesetzung unbedingt erforderlich.
Gedanken und Argumente
für eine Doppelbesetzung in der
Grundstufe I
Schulfähigkeit ist ein Entwicklungsprozess,
der mit Faktoren zu tun hat, die einerseits
am Kind liegen und auch von der Schule
abhängig sind. Gerade das 6. Lebensjahr ist
von Entwicklungssprüngen geprägt, die oft
nur schwer einzuschätzen sind.
D ie Grundschule hat die Aufgabe der Bil-
dung und der Erziehung zu erfüllen.
Foto: Fotolia
Derzeit ist tendenziell wahrzunehmen, dass
neben der Unterrichtsarbeit immer mehr10 DIGITALISIERUNG
D
er digitale Wandel ist ein Teil unse-
rer Lebenswirklichkeit geworden.
In allen Lebensbereichen schreitet
die Digitalisierung rasant voran. Wir befin-
den uns in einem tiefgreifenden Transfor-
mationsprozess, der unsere Art zu kom-
munizieren, zu lehren und zu lernen, zu
wirtschaften und zu arbeiten verändert.
Unsere Kinder wachsen in einer Welt von
Smartphones, Tablets & Co auf.
Unsere Erfolge im digitalen Wandel hän-
gen stark davon ab, wie wir die Potenziale
und Talente unserer Kinder fördern und
zur Entfaltung bringen. Ein entscheidender
Schlüssel hierzu liegt in der Bildung. Digi-
tale Bildung wird Lehrende und Lernende
bereichern, wenn individuell auf die Gege-
benheiten der schulischen Einrichtung ein-
gegangen wird. Die Bereitstellung der ent-
sprechenden technischen Voraussetzungen
an den Schulen ist ein wesentlicher Aspekt.
Eines ist jedoch sicher, nur die Hardware
bereitzustellen führt nicht zum Erfolg.
„Was die Schule braucht, ist eine profes-
Digitalisierung –
der Mensch zählt!
sionelle umfassende Entwicklung, um die
digitalen Kompetenzen auch vermitteln zu
können. Die Schule muss die jungen Leute
in ihren Lebensplänen auf eine digitalisier-
te Gesellschaft vorbereiten“, so Peter Eisel-
mair, Geschäftsführer der Education Group. Wissen über digitale Technologien und Lernen noch aktiver und individueller
Zusammenhänge zu vermitteln und ande- gestaltet werden.
Herausforderungen und Chancen rerseits bekannte bzw. bestehende Inhalte
neuer pädagogischer Realitäten in einen neuen Kontext zu stellen. Schule im Digitalen Wandel
Bestmögliche Bildung ist eine zentrale Das erhöht die Anforderungen an die Bildungseinrichtungen können sich in der
Voraussetzung, um unseren Kindern auf Lehrenden. Gleichzeitig bietet sich aber digitalen Welt besser organisieren, Lehrkräf-
ihrem Lebensweg bestmögliche Chancen auch die Chance, die Qualität von Lernen, te ihren Unterricht besser planen und gestal-
zu bieten. Lehre und Ausbildung durch neue Lern- ten. Sie haben einfachere Möglichkeiten des
Wesentlich im digitalen Zeitalter, ist das formen und Lehrmethoden zu verbessern. Austausches, der Zusammenarbeit und der
Wissen um die Fähigkeiten und Fertigkei- Koordination im Team, mit den Schüle
ten, die nun erforderlich sind, um in der Digitale Schlüsselkompetenzen – rinnen und Schülern sowie den Eltern und
gegenwärtigen, aber insbesondere der die vierte Kulturtechnik außerschulischen Partnern. Das Team der
zukünftigen digitalen Welt bestehen zu kön- Neben Lesen, Schreiben und Rechnen wer- Education Group arbeitet in Abstimmung
nen. Mit dem Einzug der Digitalisierung in den diese digitalen Schlüsselkompetenzen mit dem Land OÖ, dem Landeschulrat für
unsere Lebens- und Arbeitswelt haben sich zur neuen vierten Kulturtechnik avancieren. OÖ und OÖ Lehrkräften intensiv an neuen
die Anforderungen an Bildung geändert. Dazu zählen Medienkompetenz, Anwen- Kommunikationslösungen mittels Apps, die
„Die wichtigste Aufgabe ist, das Thema dungs-Know-How und informatische die Kommunikation zwischen Schule und
nicht auszublenden, sondern aktiv aufzu- Grundkenntnisse ebenso wie Kreativität Eltern vereinfachen sollen. Im Herbst wer-
greifen und zugleich einen kritischen Blick und gesellschaftliches Verantwortungsbe- den die Apps den Schulen und Eltern in OÖ
darauf zu werfen“, so Peter Eiselmair. wusstsein. kostenfrei zur Verfügung stehen.
Das Lernen im Digitalen Wandel steht Lehren und Lernen ist ein aktiver und Gemeinsam können die Chancen der
vor der Herausforderung einerseits neues individueller Prozess. Mit der Digitalisie- Digitalisierung besser genutzt werden. In
rung ist nicht nur der Zugang zu Wissen der Dynamik des digitalen Wandels neh-
Peter Eiselmair, und Informationen erleichtert worden, men die Lehrerinnen und Lehrer durch Ihre
Geschäftsführer der auch die Vielfalt an Lernmitteln hat sich Tätigkeit eine Pionierrolle ein, die wesent-
Education Group erheblich gesteigert. Digitale Lernmittel lich zur innovativen Entwicklung beiträgt.
bieten zudem den Vorteil, auch auf die
zunehmend unterschiedlichen Vorausset- Schlüsselrolle Pädagoginnen und
zungen, Bedürfnisse und Interessen der Pädagogen
Schüler und Schülerinnen eingehen zu Mit der zunehmenden Vielfalt an digita-
können. Mit digitalen Medien kann das len Lernangeboten und -inhalten und derDIGITALISIERUNG 11
Ein Netz voller Lügen –
Fake News auf der Spur
„Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen,
bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.“
Mark Twain
M it reißerischen Schlagzeilen, gefälsch-
ten Bildern und Behauptungen kur-
sieren sie durch das Netz – die sogenann-
Aber wie kann man Gerüchte von Fakten
unterscheiden und warum halten sich Fake-
News so hartnäckig im Internet? Wie geht
ten Fake News. Man könnte meinen, das man am besten mit Lügen oder Halbwahr-
sei ein neues Phänomen. Doch bewusste heiten in Sozialen Netzwerken um? Und
Falschmeldungen gab es immer schon. wie kann man sich vor diesen Manipulati-
damit verbundenen Komplexität nimmt Neu sind jedoch die Distributionsmetho- onen schützen?
der Beruf der Lehrerinnen und Lehrer für den und die rasante Geschwindigkeit, mit
die Wissens- und Kompetenzvermittlung der sie sich im digitalen Zeitalter verbrei- Nachhilfe in Skepsis
eine noch essentiellere Schlüsselrolle ein. ten. Online erreichen Inhalte blitzschnell Liken, teilen und posten können sie schon.
Um das „Lernen im Digitalen Wandel“ und ohne journalistische Standards ein Jetzt müssen Schüler und auch wir lernen,
erfolgreich gestalten zu können, sind die breites Publikum. In sozialen Netzwerken Fakten von Fakes zu unterscheiden.
Pädagoginnen und Pädagogen die unver- machen Likes und Shares sie zu unkontrol- Die Education Group hat sich diesem
zichtbare Basis. Die neuen Wege des digita- lierten Selbstläufern. brisanten Phänomen gewidmet. So stand
len Lehrens verlangen eine Weiterentwick- Unwahre Behauptungen und Nachrich- das alljährlich stattfindende Vernetzungs-
lung des Berufsbildes. ten verbreiten sich z. B. auf Twitter deutlich treffen für MultiplikatorInnen „Gewalt
Als Ansprechpartner für Bildung und schneller und erreichen mehr Menschen als – Schule – Medien“ in diesem Jahr ganz
Medien ist es der Education Group ein großes wahre Informationen. Zu diesem Ergebnis im Zeichen der Fake News. Hochkarätige
Anliegen, ein breites Angebot für Pädagogin- kam ein Forscherteam vom Massachusetts Referentinnen und Referenten wie Mag.a
nen und Pädagogen zur Verfügung zu stellen Institute auf Technology (MIT). Ohne Social Ingrid Brodnig (Journalistin und Autorin),
und sie bestmöglich bei der Gestaltung des Media wäre Donald Trump wohl nicht Prä- DI Barbara Buchegger von saferinternet.
Unterrichtes sowie in der Entwicklung und sident der USA geworden, davon ist Nina at, Andre Wolf von mimikama.at und viele
Stärkung der Medienkompetenz zu unter- Horaczek, Chefreporterin der Wochenzei- weitere waren geladen, um das Thema zu
stützen. (www.edugroup.at) ■ tung Falter überzeugt. beleuchteten und wertvolle Tipps und Hin-
weise zu geben.
„Dem Team der Education Group ist
es sehr wichtig, den Lehrkräften auch bei
Gewinnspiel solchen Themen Unterstützung zu bieten,
z. B. wie man im Unterricht den Schülerin-
Für mehr Fakten in einer Welt der Fake News ver- nen und Schülern Kompetenzen vermitteln
lost die Education Group ein handsigniertes Buch kann, um Irreführung im Netz zu erkennen,
der Online-Expertin Mag.a Ingrid Brodnig mit dem wie die Inhalte aus dem Internet zu bewer-
Titel „Lügen im Netz – Wie Fake News, Populisten ten sind und welchen Gefahren Kindern
und unkontrollierte Technik uns manipulieren“. durch soziale Medien ausgesetzt sind“, so
Senden Sie bitte bis zum 31.8.2018 ein Mail Elisabeth Herndl, Medienpädagogin der
mit Ihrem vollständigen Namen samt Adresse Education Group und Organisatoren der
unter dem Kennwort FAKE NEWS an gewinn- Veranstaltung.
spiel@edugroup.at. Alle Vorträge der Veranstaltung, zahl-
Keine Barablöse möglich. Der Rechtsweg reiche Praxisbeispiele sowie 16 Videos mit
ist ausgeschlossen. Der/die Gewinner/in wird Unterrichtsmaterialen erstellt von Mimi-
schriftlich verständigt und erklärt sich zu einer kama im Auftrag des BMBWF stehen auf
Gewinnbekanntgabe in der nächsten Ausgabe den Portalen www.edugroup.at, www.
des CLV Schulblatt bereit. Nach Gewinnermitt- schule.at und dem BildungsTV youtu-
lung werden alle Daten der TeilnehmerInnen be Channel youtube.at/BildungsTV zum
gelöscht. Download und zur Nutzung im Unter-
richt bereit. ■12
„So sehe ich es und so siehst es du“
PÄDAGOGIK.2025 IM DIALOG
In diesem Schulblatt-Interview Lieber Fritz, du hast das innovative CLV umzusetzen. Dieses – sehr erfolgreiche –
Projekt „Pädagogik. 2025“ als Prozessbe- Angebot konnte ich viele Jahre, auch noch
wird der Pädagogik ein zentraler treuer begleitet. Kannst du dich unseren nach meiner Pensionierung, begleiten.
Stellenwert beigemessen, Leserinnen und Lesern kurz vorstellen. Privat bewege ich mich gerne in der
Fritz Pirkl: Geboren 1940 habe die ganze Natur, besonders in den Bergen. Meine
sprechen doch der neue General- berufliche Laufbahn in unterschiedlichs- Interessen gelten auch den Kulturen und
sekretär des CLV OÖ, Michael ten pädagogischen Bereichen durchlebt. den Menschen anderer Länder.
Vor meiner Pensionierung war ich Bezirks-
Weber, und Fritz Pirkl, ehemali- schulinspektor in Linz-Stadt. Lehrer zu Michael, als neuer CLV Generalsekretär hast
ger Bezirksschulinspektor von sein war die eine Seite meines beruflichen du am Projekt Pädagogik.2025 maßgeblich
Lebens. Die andere Seite war, dass mich mitgewirkt. Welche Aufgaben hast du sonst
Linz Stadt, über ihre Arbeit und auch Erwachsenenbildung und Elternarbeit noch in deiner neuen Funktion inne?
Erfahrungen im Rahmen des immer sehr interessiert haben. In verschie- Michael Weber: Als Generalsekretär ist
densten Institutionen, wie z.B. an Pädago- meine vordergründige Aufgabe, einen
pädagogischen Parts des gischen Instituten, Pädagogischen Akade- konstruktiven und visionären Gesamtblick
Projekts CLV.2025, mit dem im mien, bei Ärztefortbildungen, im CLV usw. auf den Lehrerverein zu haben. Die Ver-
durfte ich Kurse, Referate und Lehrveran- antwortung neben Obmann Paul Kimber-
CLV der Frage nachgegangen staltungen halten. Besonders gefreut hatte ger und Obfrau Johanna Müller für über
wird, wie Schule und Pädagogik mich aber die Anerkennung durch den 13.700 CLV-Mitglieder zu tragen ist schön
Staatspreis für Erwachsenenbildung, den und Herausforderung zugleich. Zu mei-
der Zukunft aussehen sollen? ich zusammen mit einem Kollegen erhal- nen Hauptaufgaben zählt die inhaltliche
ten habe. Als einen besonderen Teil meiner und strategische Weiterentwicklung des
Begleitung von Eltern möchte ich die Lei- Vereins. Dazu gehört die Mitgliederbe-
tung einer Beratungsstelle für Frühdiagnos- treuung, die Planung von Veranstaltungen,
tik an der Landeslehranstalt für Hör- und die Unterstützung unserer Funktionärin-
Sehbildung sehen. Als Trainer für Pädago- nen und Funktionären sowie der strenge
gische Leitungsfunktionen wurde ich vom Blick auf die Finanzen. Öffentlichkeitsar-
Bildungsministerium beauftragt, ein Cur- beit, Marketing und Personalentwicklung
riculum für die Aus- und Fortbildung der gehören ebenso zu den Dingen, die mich
Schulaufsicht Österreichs zu erstellen und tagtäglich begleiten. Besonders wichtig ist13
„Lehrer zu sein war die eine Seite „Der CLV ist und war immer Weg-
meines beruflichen Lebens. Die ande- begleiter und Vordenker im Bereich
re Seite war, dass mich auch Erwach- Bildung und Pädagogik in OÖ. Diesen
senenbildung und Elternarbeit immer sehr erfolgreichen Weg möchte ich als
sehr interessiert haben.“ Generalsekretär weitergehen.“
mir, dass wir als CLV den Lehrerinnen und Pädagogik gelegt. Welche Gründe gibt es Fritz Pirkl: Für den Prozessverlauf war ich
Lehrern Perspektiven bieten. Dazu gehört dafür? zuständig. Ein Glücksgriff war die Auswahl
für mich die inhaltliche Weiterentwicklung Michael Weber: In den letzten Jahren der Teilnehmer/-innen an diesem Projekt.
der oberösterreichischen Bildungspolitik im sind sehr viele neue Vorgaben – auch aus Es war wirklich ausgewogen ein weites
Sinne einer praxisorientieren Schule, die dem Ministerium – an die Schulen hinzu- pädagogisches Feld abgedeckt: Direkto-
die Bedürfnisse sowohl der Kinder als auch gekommen. Vieles hatte leider sehr wenig ren/-innen, Lehrer/-innen, Personen aus
der Lehrerinnen und Lehrer in den Mittel- mit Pädagogik und der Praxis zu tun. Ver- der Schulaufsicht und von der Pädagogi-
punkt stellt! Der CLV ist und war immer mehrt ging es um Struktur und Verwal- schen Hochschule aus der Aus- und Fortbil-
Wegbegleiter und Vordenker im Bereich tung. Da war kein Mehrwert für die Kin- dung waren vertreten, sowie Personen aus
Bildung und Pädagogik in OÖ. Diesen sehr der zu erkennen. Hinzukommend gab es der Sonder- und Inklusionspädagogik, aus
erfolgreichen Weg möchte ich als General- immer mehr Wünsche und Anforderungen der Personalvertretung und der Gewerk-
sekretär weitergehen. der Gesellschaft, die an die Schule heran- schaft. Alle brachten ihre hohe Expertise in
getragen worden sind. Die Schule soll nun diese Aufgabe ein. Im Prozess selbst hatten
Fritz, wie kam es dazu, dass du beim Projekt die Schüler/-innen nicht nur bilden und wir zunächst versucht, Themen aufzulis-
CLV. 2025 mitgewirkt hast. auf das Leben vorbereiten, sondern auch ten und in Clustern zusammen zu stellen.
Fritz Pirkl: Paul Kimberger hat mich gefragt, das reparieren bzw. auffangen, was in der Die jeweiligen Themen haben wir dann
ob ich bereit wäre, beim pädagogischen Gesellschaft oder in der Familie zu kurz in einem dialogischen Verfahren bearbei-
Part des Projekts CLV.2025 die Aufgabe als kommt. Deswegen haben wir uns im CLV tet. Dialog in Form von „So sehe ich es
Moderator bzw. Coach zu übernehmen. Da dazu entschlossen dem entgegenzuwir- und so siehst es du“. Dabei wurden keine
mir durch meine früheren Tätigkeiten sol- ken und ein eigenes pädagogisches Leit- Wertungen der einzelnen Aussagen vollzo-
che Herausforderungen nicht fremd sind, bild entwickelt. Darin sollen sich möglichst gen. Es ging nur darum, die Meinungen
habe ich gerne zugesagt. Zu dem bin ich viele, wenn nicht alle Personen wiederfin- der Teilnehmer kennen zu lernen und ihre
an Pädagogik und ihrer Weiterentwicklung den. Wir haben uns dafür folgende Fragen Standpunkte zu verstehen. Anschließend
noch immer sehr interessiert. Ich habe mit gestellt: Wofür stehen wir als CLV? Und wie diskutierten wir darüber. Hier ist mir wich-
großer Freude mitgearbeitet. sehen wir die Schule und die Pädagogik tig zu sagen, dass ich ganz gezielt Dialog
der Zukunft? von Diskussion unterscheide: Im Dialog
Mit dem Projekt CLV. 2025 ist der CLV nehme ich die Aussagen meines Gegen-
bemüht ein neues Leitbild auf möglichst Ihr beide habt den Prozess Pädagogik.2025 übers zur Kenntnis. Dann in der Diskussion
breiter Basis zu entwickeln. In diesem Pro- entscheidend mitgestaltet. Könnt ihr uns fasst man Meinungen zusammen, wiegt
zess wird der Fokus auch verstärkt auf die den Prozessverlauf kurz erläutern. sie ab und versucht gemeinsam Formulie-Sie können auch lesen