1 22 INFORMATIONSFLUSS - Erftverband

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1 22 INFORMATIONSFLUSS - Erftverband
1 22 INFORMATIONSFLUSS
                                             für Mitglieder des Erftverbandes

  Klärschlammkooperation

  3                      5                        6
      A BWA SSER             GE WÄ SSER                SCHWERPUNKT
      Wiederverwertung       Veybachausbau             Erftverband und
      von gereinigtem        Euskirchen                WVER gründen
      Abwasser                                         KKR GmbH
1 22 INFORMATIONSFLUSS - Erftverband
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EDITORIAL                                             I N H A LT

Struktur- und                                          2 | Editorial
                                                       2 | Stellvertretender Verbandsrats-
                                                                                                       8 | Meine Meinung
                                                                                                       9 | Aus der Rechtsprechung
Klimawandel –                                              vorsitzender gewählt                       10 | Aus dem Archiv
prägend für die                                        3 | Wiederverwertung von gereinigtem
                                                           Abwasser
                                                                                                      11 | Witterungsverlauf

Zukunft                                                4 | Umgestaltung der Erft in der Erftaue
                                                                                                      11 | Autoren dieser Ausgabe
                                                           Euskirchen                                 11 | Impressum
                                                       5 | Veybachausbau Euskirchen                   12 | NEU: Lexikon
                  Am 8. September 2021
                  war es soweit. In Düren              6 | Erftverband und WVER gründen
                  gründeten unser Nach-                    KKR GmbH
                  barverband, der Wasser-
                  verband Eifel-Rur und
                  der Erftverband unter
                  notarieller Aufsicht die                                                            AKTUELL
                  Klärschlammkoopera­
                  tion Rheinland (KKR                                                                 Stellvertretender
                  GmbH). Damit wurde
die strategisch wichtige Entscheidung                                                                 Verbandsratsvor­
getroffen, zukünftig gemeinsame
Wege bei der Entsorgung unseres Klär-
                                                                                                      sitzender gewählt
schlamms zu gehen.
    Zwei Entwicklungen waren dafür maß­                                                                 In der 128. Sitzung des Verbandsrates am
gebend: Zum einen ist ab 2029 Phosphor, ein                                                             16. November wurde Michael Eyll-Vetter,
knapper werdender essentieller Nährstoff,                                                               RWE Power AG, zum stellvertretenden
aus dem Klärschlamm wiederzugewinnen,                                                                   Vorsitzenden gewählt. Er tritt hiermit die
zum anderen führt der beschleunigte Braun­                                                            Nachfolge von Prof. Dr. Christian Forkel an,
kohlenausstieg in absehbarer Zeit zu einem                                                            der seinen stellvertretenden Vorsitz aufgrund
Betriebsende der konventionellen Braunkoh­                                                            eines organisatorischen Wechsels innerhalb
lenkraftwerke. Die bisher von beiden Verbän­                                                          des RWE Konzerns abgegeben hat.
den praktizierte Co-Verbrennung des Klär­
                                                                                                         Text: Jochen Birbaum
schlamms in Braunkohlenkraftwerken hat
somit – über dieses Jahrzehnt hinaus – keine
Zukunft. Damit steht dieses Projekt auch in
                                                      AKTUELL
engem Zusammenhang mit dem Struktur­
wandel in unserer Region.
    Darüber hinaus berichten wir über zwei
                                                      Spatenstich in                                  Hierdurch wird die Erft auf die reduzierte
                                                                                                      Wasserführung (rund ein Viertel der heutigen
Gewässermaßnahmen in Euskirchen. Bei der              Neuss-Gnadental                                 Menge) mit dem Auslaufen der Braunkohlen­
Erftumgestaltung im Erftpark steht die Ge­                                                            gewinnung angepasst.
wässerrenaturierung im Vordergrund, beim                 Seit Anfang Oktober laufen im Bereich des        Seit Ende Oktober laufen die Erdarbeiten
Veybachausbau der Hochwasserschutz. Wie                  Neusser Ortsteils Gnadental die Bauar­       für den neuen Gewässerlauf sowie für einen
dem auch sei: Bei der Planung von Gewässer­              beiten zur »Erft-Verlegung Gnadenthal«.      Fischpass, der es Fischen und Gewässer-
maßnahmen denken wir Hochwasserschutz                    Durch das Rheinhochwasser im Februar         Kleinlebewesen ermöglicht, aus dem Rhein
und Artenschutz immer gemeinsam. Beides               und die anschließende Brutzeit, in der Ro­      in die Erft aufzuwandern. Ab November
sind wichtige Aspekte bei der Bewältigung             dungsarbeiten untersagt sind, verschob sich     2021 bis voraussichtlich Juni 2022 ist die
des Klimawandels.                                     der Baubeginn von Mai auf Oktober. Die Pla­     Erft wegen der Bautätigkeiten gesperrt. Eine
    Struktur- und Klimawandel – sie werden            nung sieht vor, die Erft zwischen dem Berg­     Befahrung des Gewässers ist in diesem Zeit­
die Arbeit des Erftverbandes und seiner Mit­          häuschensweg (L380) und der Mündung in          raum nicht möglich. Der pandemie- und
glieder auf Jahre hinaus prägen.                      den Rhein auf rund 1,7 km naturnah umzuge­      hochwasserbedingt aufgeschobene Spaten­
                                                      stalten. Hierbei sollen u.a. vorhandene, heu­   stich erfolgte Ende November unter Beteili­
    Ihr                                               te trockene Relikte (Altarme) des ehemaligen    gung des Landrates des Rhein-Kreises Neuss
                                                      Erftverlaufs mit in den neuen Gewässerlauf      Hans-Jürgen Petrauschke, des Umweltdezer­
                                                      eingebunden werden. Die Maßnahme ist Be­        nenten des Kreises Karsten Mankowsky, des
                                                      standteil des Perspektivkonzepts »Untere        Bürgermeisters Reiner Breuer, Erftverbands­
                                                      Erft«. Das Konzept beinhaltet die naturnahe     vorstand Dr. Bernd Bucher und der Projekt­
    Dr. Bernd Bucher                                  Umgestaltung des 40 Kilometer langen            leiterin Martina Jüttner.
                                                      Abschnitts der Erft von Bergheim bis Neuss.
                                                                                                         Text: Ronja Thiemann
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           A BWA SSER

           Wiederverwertung
           von gereinigtem Abwasser
           Ansatz des Erftverbandes

   Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die    Mindestkriterien: Lage außerhalb Schutz- oder Einzugsgebiet
                                                (bei Entnahme aus oberem Grundwasserstockwerk) bei kommunalen Abwässern oder gezielte Spurenstoffelimination
   Auswirkungen des Klimawandels zuneh­
   mend auch im Verbands- und Tätigkeits­
                                                 Entspricht die Güte des Abwassers den
   gebiet des Erftverbandes sichtbar werden.     Mindestan­f orderungen, die für den geplanten
Es sind vermehrt Jahre mit extrem trockenen      Zweck der Wiederverwertung definiert sind?            Eine Wasserwiederverwertung ist tendenziell aus­z u­
                                                                                                       schließen, kann aber durch weitergehende Wasserauf­
Sommern, wie im Zeitraum 2018 bis 2020,                           Ja                      Nein         bereitung abgewogen werden.
und Jahre mit gehäuft auftretenden Stark­
niederschlägen, wie z.B. 2016 und das zu­         Ist zu erwarten, dass sich der chemische
                                                  Zustand des Grundwassers verschlechtert?
rückliegende Jahr mit dem katastrophalen                                                              Eine Wasserwiederverwertung ist tendenziell auszu­
Hochwasserereignis im Juli zu beobachten.                         Nein                    Ja          schließen, kann aber durch eine Einzelfallbetrachtung
                                                                                                      und/oder weitergehende Auf­b ereitung abgewogen
Auch wenn beide Extrema auf den ersten
                                                                                                      werden.
Blick nichts gemein haben, so teilen sie doch
                                                  Wird der Mindestabfluss im betreffenden
die Eigenschaft, dass sie keine nutzbaren         Oberflächengewässer bei Wiederverwertung
Wasserressourcen hinterlassen. Starkregen­        des Abwassers unterschritten?
                                                                                                      Eine Wasserwiederverwertung ist tendenziell auszu­
ereignisse liefern in zu kurzer Zeit zu viel                                                          schließen, kann aber durch eine Einzelfallbetrachtung
                                                                  Nein                    Ja
Wasser, das größtenteils oberirdisch abfließt                                                         und/oder angepasste Wassermengenwirtschaft abge­
                                                                                                      wogen werden.
und somit auch nicht für die Grundwasser­
                                                  Werden durch die Wiederverwertungs­
neubildung zur Verfügung steht. Trocken­          maßnahme (Oberflächen-)Wasserrechte von
zeiten hingegen bedingen ein zu geringes          Unterliegern berührt?                               Wasserrechte müssen geprüft und bewertet werden und
Wasserdargebot über einen zu langen Zeit­                                                             Wasser­w iederverwertung kann im Einzelfall abgewogen
                                                                  Nein                    Ja          werden.
raum. Da, sowohl deutschlandweit, als auch
im Tätigkeitsbereich des Erftverbandes davon
                                                  Die angedachte Wiederverwertungsmaß­               Wenn ja:    - Wasserrechtsverfahren notwendig
auszugehen ist, dass insbesondere die Tro­        nahme kann in Betracht gezogen werden.                         - Randbedingungen für das Risikomanagement
ckenheitsperioden in ihrer Häufigkeit und                                                                          (einschl. Monitoring) festsetzen
ihrer Dauer weiter zunehmen werden, muss
der Verbrauch von Wasserressourcen neu
überdacht werden.                               Europäische Union im Jahr 2020 eine neue                    Das Ziel der Arbeitsgruppe war es, eine ge­
    Im Tätigkeitsgebiet des Erftverbandes       Verordnung über Mindestanforderungen für                    meinsame Sichtweise und darauf aufbauend
wird der Wasserbedarf zu etwa 98 % (Stand:      die Wasserwiederverwertung in der Land­                     einen Leitfaden zu entwickeln, wie sich der
2020) durch Grundwasserressourcen ge­           wirtschaft verabschiedet (EU-Verordnung                     Erftverband künftig mit Fragestellungen zur
deckt. Diese Ressourcen stehen durch die        2020/741). Obwohl sich diese zunächst nur                   Wiederverwendung von aufbereitetem Ab­
permanente Grundwasserabsenkung für den         auf Wiederverwendungsmaßnahmen in der                       wasser auseinandersetzen kann. In Form
Tagebaubetrieb bereits unter hohem Druck,       Landwirtschaft bezieht, die im Tätigkeits­                  eines Entscheidungsbaums definiert der erste
da durch diese dauerhafte Entnahme die          gebiet des Erftverbandes nur einen Anteil                   Entwurf dieses Leitfadens die zu prüfenden
Neubildung und damit die Anreicherung von       von 2,5 % am gesamten Wasserbedarf hat                      Kriterien sowohl hinsichtlich der Lage einer
Grundwasser größtenteils unterbunden wird.      (Stand: 2020), und auch eine Implementie­                   geplanten Wiederverwendungsmaßnahme,
In den Bereichen, welche nicht von dieser Ab­   rung dieser Verordnung in nationales Recht                  als auch in Bezug auf die Anforderungen
senkung betroffen sind, führten die zurück­     noch aussteht, ist davon auszugehen, dass                   für die Wasserqualität und -quantität. Diese
liegenden Trockenheitsperioden bereits zu       sich der Erftverband in Zukunft mit Frage­                  Kriterien richten sich nach den Vorgaben des
deutlich sinkenden Grundwasserständen.          stellungen zum Thema Wasserwiederver­                       vorsorgenden Trink- und Grundwasserschut­
Regional kommt es bereits zu Nutzungskon­       wendung auseinandersetzen muss.                             zes, sowie nach den Maßgaben der Wasser­
flikten um die Ressource Grundwasser. Vor          Um sich dieser Thematik frühzeitig zu nä­                rahmenrichtlinie. So soll im Tätigkeitsgebiet
diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob    hern, wurde zu Beginn des Jahres 2021 eine                  des Erftverbandes sichergestellt sein, dass
durch eine kontrollierte Wiederverwendung       hausinterne Arbeitsgruppe (AG) etabliert,                   durch spezifische Maßnahmen zur Wieder­
von aufbereitetem Abwasser der Verbrauch        welche sich mit dem Konzept der Wasserwie­                  verwendung von gereinigtem Abwasser keine
wertvoller Grundwasserressourcen verringert     derverwendung im Erftverband beschäftigen                   Verschlechterung der uns verfügbaren Grund­
oder eine Konkurrenz um Grundwassernut­         soll. Die AG ist zusammengesetzt aus Exper­                 wasserressourcen eintritt, sowie insbeson­
zungen vermieden werden kann.                   ten der Bereiche Hydrologie, Grundwasser                    dere im Hinblick auf den Braunkohlenausstieg
    Bezugnehmend auf diese Fragestellung        und Abwasser, sodass gewährleistet wird,                    und die Auswirkungen des Klimawandels,
und um auf den steigenden Druck auf Grund­      dass alle relevanten inhaltlichen Blickwinkel               der Mindestabfluss in unseren Gewässern in
wasserressourcen zu reagieren, hat die          auf die Thematik beleuchtet werden können.                  Zukunft sichergestellt wird.
                                                                                                                Text: Dr. Daniel Bittner
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    GE WÄ SSER

    Umgestaltung
    der Erft in
    der Erftaue
    Euskirchen
    Seit Mitte November fließt
    die Erft in ihrem neuen Bett

       Im August 2021 begannen die Bauarbeiten
       zur Umgestaltung der Erft in der Erftaue
       Euskirchen – oder sollten dies zumindest.
       Das Hochwasser im Juli hat auch an der
    Erft in der Kernstadt Euskirchen erhebliche
    Schäden verursacht, die mit Unterstützung
    der für die Erftverlegung beauftragten Bau­
    firma zunächst beseitigt wurden.
        Inzwischen sind die Schäden im Projekt­
    bereich zwischen Kölner Straße und Veybach­
    mündung behoben und die Renaturierung ist
    im vollen Gange. Die Erft verlief hier auf einer
    Strecke von einem Kilometer in einem gerad­
    linigen, stark befestigten Trapezprofil durch
    den Erftauenpark.
        Durch die Umgestaltung erhält sie ein
    1,6 km langes, mäandrierendes Bett mit ab­
    wechslungsreicher Profilform, welches durch
    seine unterschiedlichen Strömungsbereiche
    Lebensraum für verschiedene Wassertier-
    und -pflanzenarten bietet. Steilufer und
    strömungs­beruhigte Bereiche bieten zudem
    Habitate für Vögel und Amphibien. Bei der
    Gestaltung des Gewässers wurde darauf
    geachtet, dass es sowohl seine ökologische
    Funktion erfüllt als auch erlebbarer Teil der
    Naherholung im Park wird. In vielen Berei­
    chen wird die Erft durch flache Ufer und lang
    gezogene Kiesbänke leicht erreichbar, in den
    Spielplatz am Erfttreff ist sie fest integriert.
                                                       oben: Eine freigespülte Hochdruckgasleitung wird gesichert; unten: Die Erft »bezieht« ihr neues Bett.
    Wo immer es möglich ist, ist sie unbefestigt,
    sodass sie sich mit der Zeit – wie bei natür­
    lichen Gewässern üblich – eigendynamisch           Die Verlegung der Erfttrasse machte ein                   Umweltbildungsinitiative für Kindergarten-
    entwickeln kann, also ihr Bett selbst verän­       neues Wegekonzept erforderlich, da die vor­               und Schulkinder, beitragen.
    dert. In der Nähe der Veybachmündung be­           mals vorhandenen Uferwege von der neuen                      Die Bauarbeiten werden sich bis ins Früh­
    grenzt sie künftig die neue Hundewiese. Zwei       Erft mehrfach durchschnitten werden. Damit                jahr 2022 hinziehen, da die Beseitigung der
    neue Spiel- und Aussichtshügel ermöglichen         der Park auch künftig als Verbindungsachse                Hochwasserschäden den Beginn der Umge­
    einen weiten Blick in den Park.                    für Fußgänger und Radfahrer genutzt werden                staltungsmaßnahme verzögert hat. Im Herbst
                                                       kann, werden die Wege zu einem großen Teil                nächsten Jahres wird die Maßnahme mit der
                                                       verlegt und teilweise ertüchtigt. Eine neue,              Anpflanzung von rund 100 neuen Bäumen
                                                       barrierefreie Brücke wird den Erfttreff künftig           abgeschlossen.
                                                       mit dem ehemaligen Freibad verbinden und                     Die Maßnahme wird vom Land Nordrhein-
                        Infotafel und                  somit nicht nur das Queren der Erft erleich­              Westfalen mit 80 % der Projektkosten bezu­
                        Blogartikel                    tern, sondern auch zu einer Erweiterung des               schusst. Die Baukosten betragen ca. 1,7 Milli­
                        zum Projekt
                                                       »Grünen Klassenzimmers«, einer städtischen                onen €.
                                                                                                                     Text: Volker Gimmler
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            GE WÄ SSER

           Veybachausbau Euskirchen
           Arbeiten zur Umsetzung des ersten Bauabschnitts stehen kurz vor dem Abschluss

   Weite Teile der Euskirchener Ortslagen        ergänzende Bodenuntersuchungen, die Er­
   westlich der Bahnstrecke Euskirchen –         öffnung des Flurbereinigungsverfahrens zum
   Düren sind durch Überschwemmungen des         Grunderwerb, die Aktualisierung der hydrau­
   Veybachs gefährdet. Gemäß Hochwasser-         lischen Grundlagen und die Überar­beitung
risikokarte der Bezirksregierung Köln sind bei   der Planung, um die Auflagen und Änderun­
einem 100-jährlichen Hochwasser, also einem      gen aus der Planfeststellung zu erfüllen.
Hochwasser, das statistisch alle 100 Jahre           Anfang August 2021 starteten schließlich
auftritt, 730 Einwohner durch Überschwem­        die Arbeiten zur Umsetzung des ersten Bau­
mungen betroffen. Zur Verbesserung des           abschnitts zwischen Euenheim und der Georg­
Hochwasserschutzes wird der Veybach da­-         straße in Euskirchen. Dank der günsti­gen
her zwischen der Georgstraße in Euskirchen       Witterung im September schritten die Ar­
und dem Westrand von Wißkirchen in zwei          beiten planmäßig voran und der neue, rund
                                                                                                   Bundesumweltministerin Svenja Schulze besichtigt
Bauabschnitten umgestaltet. Im Bereich der       950 m lange und naturnah gestaltete Gewäs­        den ersten fertiggestellten Bauabschnitt der Hochwas­
Alten Tuchfabrik wird das Gewässer nach          serverlauf südlich der Alten Tuchfabrik konn­     serschutzmaßnahme am Veybach.
Süden verlegt und im Bereich Wißkirchen          te bereits Anfang Oktober fertiggestellt wer­
durch einen südlich der Ortslage verlaufen­      den. Damit verlängert sich die Fließstrecke       Ob der geplante Ausbau in der Lage gewesen
den Umfluter ergänzt. Durch die Anlage           des Veybachs um rund 300 m. Der alte Vey­         wäre zu einer Reduzierung der Schäden in der
von Verwallungen werden die Überschwem­          bachverlauf wurde abgeriegelt und durch           Hochwasserkatastrophe im Juli beizutragen,
mungsflächen in Richtung der angrenzenden        ein Fachunternehmen abgefischt. Die einge­        lässt sich kaum abschätzen. Die Maßnahmen
Ortslagen begrenzt und somit der Hochwas­        fangenen Fische wurden an geeigneter Stelle       sind auf die Wasserspiegellagen eines 100-
serschutz für die bebauten Bereiche sicherge­    wieder im Veybach ausgesetzt. Auch der            jähr­lichen Hochwassers bemessen. Bei dem
stellt. Die neuen Gewässerabschnitte werden      Großteil der Hochwasserschutzwälle mit ins­       Ereignis wurde am Pegel Burg Veynau ober­
naturnah gestaltet und für Fische und andere     gesamt rund 600 m Länge ist bereits fertig­       halb von Wißkirchen der für ein 100-jähr­
Gewässerorganismen frei durchwanderbar           gestellt. Bis Ende Januar 2022 werden die Ar­     liches Hochwasser angegebene Wasserstand
hergestellt. Damit wird gleichzeitig das Ziel    beiten im ersten Bauabschnitt voraussichtlich     von 1,95 m mit maximal 3,81 m um fast 2 m
einer ökologischen Verbesserung verfolgt.        komplett abgeschlossen sein. Aktuell laufen       übertroffen. In den Ortslagen Wißkirchen,
    Der im Juli 2013 vom Kreis Euskirchen er­    noch die erforderlichen Verlegungen ver­          Euenheim und in Euskirchen wurden entspre­
lassene Planfeststellungsbeschluss zum Vey­      schiedener Einleitungen, u. a. die Ablauflei­     chend extrem hohe Wasserstände beobach­
bachausbau wurde seitens eines Betroffenen       tung für das Regenüberlaufbecken (RÜB) Fal­       tet. Es ist davon auszugehen, dass die ge­
beklagt. Nach längeren Verhandlungen konn­       terstraße des Erftverbandes und Einleitungen      planten Hochwasserschutzeinrichtungen
te sich der Erftverband mit dem Kläger eini­     von Straßen.NRW und die Anlage einer Hoch­        sämtlich überströmt worden wären. Das Er­
gen und die Klage wurde zurückgenommen.          wasserschutzverwallung entlang des Heinz-         eignis verdeutlicht, dass erheblich größere
Damit erlangte der Planfeststellungsbeschluss    Küpper-Weges, die die nördlich angrenzende        Hochwasser als das 100-jährliche auftreten
Ende 2016 Rechtskraft. Als nächste Schritte      Wohnbebauung schützt. Im Frühjahr 2022            können und daher ein absoluter Schutz vor
folgten die Sicherstellung der Finanzierung,     folgt dann die Umsetzung des zweiten Bau­         Hochwasser mit technischen Maßnahmen
                                                 abschnitts von Wißkirchen bis Euenheim.           nicht erreichbar ist.
                                                                                                       Text: Dr. Christian Gattke

                                                                                 Der neue Veybach im Bereich der Alten Tuchfabrik
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                                                SCHWERPUNKT

                                                Erftverband und
                                                WVER gründen
                                                KKR GmbH
                                                Zum Bau und Betrieb einer Klärschlammverbrennungs­
                                                anlage wird ein Strategischer Partner gesucht

                                                                      Der Erftverband betreibt als sondergesetz­
                                                                      licher Wasserverband derzeit 31 Kläran­
                                                                      lagen. Die mit der Abwasserreinigung
                                                                      anfallenden Klärschlämme in einer Größen-­­
                                                                   ordnung von ca. 12.500 MgTR*/a – entspre­
                                                                   chend ca. 50.000 Mg entwässerter Schlamm
                                                                   pro Jahr – werden derzeit in den Kohlever­
                                                                   edelungsbetrieben der RWE Power mitver­
                                                                   brannt. In dem Klärschlamm ist auch Phos­
                                                                   phor enthalten. Auf Grund der weltweiten
                                                                   Limitierung der Phosphorressourcen hat der
                                                                   Gesetzgeber mit der Novellierung der Abfall­
                                                                   klärschlammverordnung im Jahr 2017 vorge­
                                                                   geben, das Phosphor aus dem Klärschlamm
                                                                   spätestens ab 2029 zurückzugewinnen ist.
                                                                   Nach Überprüfung der möglichen techno­
                                                                   logischen Routen sieht der Erftverband die
                                                                   Rückgewinnung aus der Asche als zielfüh­
                                                                   rend an. Die notwendigen Phosphorkonzen­
                                                                   trationen in der Asche entstehen bei der Nut­
                                                                   zung einer Klärschlammverbrennungsanlage
                                                                   (KVA). Die bisherigen Studien und Erfah­

                                                            Ein neues
                                                            Schlammsilo
                                                            wird auf dem
                                                            GKW Kessenich
                                                            aufgestellt.
                                                                                             *Trockenrückstand
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 © Marcus Seiler, WVER

                                                                                                                         Vorn als Unterzeichner des
                                                                                                                         Kooperationsvertrags
                                                                                                                         Dr. Bernd Bucher, Vorstand
                                                                                                                         des Erftverbandes (l.) und
                                                                                                                         Dr. Joachim Reichert, Vor­
                                                                                                                         stand des Wasserverbands
                                                                                                                         Eifel-Rur, stehend von links
                                                                                                                         nach rechts: Prof. Heinrich
                                                                                                                         Schäfer, Notar Dr. Hagen
                                                                                                                         Monath und Stefan Ruchay

rungen vieler anderer Abwasserent­sorger        entsprechenden Verbrennungsanlagen verfü­       Die KKR wird den SP über ein Verhandlungs­
zeigen, dass eine solche KVA für einen wirt­    gen. Mit dem SP soll ein gemeinsames Toch­      verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahme­
schaftlichen Betrieb mindestens Mengen von      terunternehmen (TU) gegründet werden.           wettbewerb suchen. Durch die Langfristigkeit
ca. 30.000 – 35.000 MgTR/a benötigt. Aus        Dieses TU wird dann die notwendige Klär­        des Vertrages gewährt die KKR eine große
diesem Grund haben der Erftverband und der      schlammverbrennungsanlage planen, bauen         Planungssicherheit für die Auslastung der ge­
Wasserverband Eifel-Rur (WVER) die gemein­      und betreiben. Dabei wird dem SP auf Grund      meinsamen Anlage. Die Beteiligung der KKR
same Gesellschaft »Klärschlammkooperation       seiner Erfahrung eine wichtige Rolle zukom­     an dem TU sichert die angemessene Berück­
Rheinland (KKR) GmbH« gegründet, diese          men. Die Klärschlämme der Verbände werden       sichtigung der Interessen der Mitglieder der
wird ab 2029 die Klärschlämme beider Ver­       über die KKR in dem TU entsorgt. Die KVA        Verbände und damit auch der Bürger­innen
bände für die nächsten 30 Jahre entsorgen.      muss dabei für die Mengen der Verbände von      und Bürger. Die vorgesehene Inbetriebnahme
    Da die KKR selbst über keinen geeigneten    rund 37.000 MgTR/a ausreichen. Eine ge­         der KVA in 2029 scheint in weiter Ferne, die
Standort für eine KVA verfügt, wird die KKR     wisse Zusatzmenge kann aber auch vom SP         einzelnen Phasen der Ausschreibung zur Ein­
eine Ausschreibung durchführen, um einen        miteingebracht werden. Da aktuell noch kein     bindung des SP, die Planung, die Genehmi­
Strategischen Partner (SP) zu finden. Dieser    Stand der Technik für die Phosphorrückge­       gung und der Bau der KVA erfordern jedoch
Strategische Partner muss über ein für die      winnung besteht, wird die KKR die anfallende    einen ausreichenden Vorlauf. Mit der Grün­
Errichtung einer KVA geeignetes Grundstück      Asche zurücknehmen, um in angemessenem          dung der KKR gehen die beiden Verbände in
sowie Erfahrungen im Bau und Betrieb von        Vorlauf zu 2029 über den weiteren Umgang        dieser Konstellation erstmals gemeinsame
                                                entscheiden. Hierzu wird sie in den nächsten    Wege, die über den bereits praktizierten Aus­
                                                Jahren Optionen prüfen und ggf. selbst die      tausch von Erfahrungen weit hinausgehen.
                                                Phosphorrückgewinnung durchführen oder          Basis ist das vertrauensvolle Verhältnis, das
Beim Aufbau des Silos ist Teamarbeit gefragt.
                                                dies gemeinsam mit anderen öffentlich-recht­    nicht zuletzt in den bisherigen Phasen vor
                                                lichen oder privaten Partnern organisieren.     Gründung der KKR in der Auf­gabenstellung
                                                    Die KKR kann mit ihrer Beteiligung in dem   weiter gewachsen ist.
                                                Tochterunternehmen Einfluss auf die Techno­
                                                                                                     Text: Prof. Heinrich Schäfer
                                                logie und den späteren Betrieb nehmen. Die
                                                neue KVA wird durch den Neubau den aktu­
                                                ellen Standards in Deutschland nach den                Lesen Sie dazu:
                                                besten verfügbaren Techniken entsprechen               MEINE
                                                und so den hohen Anspruch der Verbände an              MEINUNG
                                                den Umweltschutz umsetzen. Spätere Ände­
                                                rungen werden gemeinsam von den Gesell­
                                                schaftern beschlossen. Gleichzeitig können
                                                jedoch das Know-how des SP und ggf. auch
                                                standortbedingte Synergieeffekte genutzt
                                                werden.
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                    MEINE MEINUNG

                   Kooperation in der Wasserwirtschaft –
                   Zukunftsmodell mit Tradition
                   Frank Peter Ullrich
                   Bürgermeister der Stadt Düren
                   Vorsitzender des Verbandsrates des Wasserverbands Eifel-Rur

       In der Wasserwirtschaft hat Kooperation      Diese soll in Zukunft den rechtlichen Vorga­      wirtschaftliche Entsorgung des Klär­
       eine lange Tradition. Im Bereich der Klär­   ben entsprechend die Verbrennung des auf          schlamms in der Region sicherzustellen.
       schlammentsorgung müssen unsere              den Kläranlagen beider Verbände anfallen-         Wir gehen diese Aufgabe mit realistischen
       Verbände nun gemeinsam eine wichtige         den Klärschlamms sicherstellen.                   Erwar­tungen an. Bis eine gemeinsame
    Aufgabe erfüllen.                                   Beide Verbände verfügen zusammen über         Anlage technisch einwandfrei, betriebs­
        Die Phosphor-Reserven der Erde sind end­ 70 Kläranlagen in den Einzugsgebieten von            wirtschaftlich optimiert und rechts­sicher
    lich und können nicht ersetzt werden. Der       Rur und Erft. In diesen Gebieten, die eine Flä­   be­trieben werden kann, ist ein langer
    Gesetzgeber sieht daher vor, dass ab 2029       che von 3.900 km² umfassen, wird das Ab­          Atem notwendig. Dennoch ist dieser Weg
    Phosphor aus dem Klärschlamm zurückge­          wasser von rund 1,85 Mio. Menschen sowie          alternativlos. Die bisherigen Kooperations­
    wonnen werden soll. Eine wirtschaftliche        aus Gewerbe und Industrie entsorgt. Dabei         leistungen der Wasserwirtschaft in Ver­
    und zielgerichtete Rückgewinnung ist nur        fallen pro Jahr ca. 156.000 Tonnen entwäs­        gangenheit und Gegenwart, von der
    möglich, wenn der Klärschlamm in Zukunft        serter Klärschlamm an. Dies entspricht einer      römischen Wasserversorgung über die
    in sogenannten Monoklärschlammverbren­          Trockenmasse von ca. 40.000 Tonnen.               Trockenlegung von Mooren, den Deichbau
    nungsanlagen entsorgt wird. Damit bei die­          Die Kooperation der beiden Verbände           bis zum Generationenprojekt Emscherum­
    sen Verfahren der im Klärschlamm meist zu       dient dem Zweck, den Klärschlamm durch            bau, belegen, dass die gemeinsamen An­
    rund 5 % enthaltene Phosphor nicht verloren die entsprechende Menge gemeinsam wirt­               strengungen uns technisch, wirtschaftlich
    geht, verpflichtet die Klärschlammverord­       schaftlich entsorgen zu können. Ebenso soll       und bei der Nutzung unserer natürlichen
    nung die Betreiber solcher Anlagen dazu, den ein hohes Niveau an Umwelt- und Klima­               Ressourcen deutlich voranbringen.
    Phosphor aus der Asche zurückzugewinnen.        schutz erreicht werden. Die KKR soll keine
                                                                                                         Text: Frank Peter Ullrich
    Bisher wird der Klärschlamm noch in den um­ Gewinne erwirtschaften, um die Verbands­
    liegenden Kohlekraftwerken mitverbrannt,        beiträge niedrig zu halten.
    wobei aber eine Phosphor-Rückgewinnung              Auf dem Weg zu einer gemeinsamen
    wegen des vergleichsweise geringen Anteils      Monoklärschlammverbrennungsanlage wird
    am Gesamtbrenngut nicht möglich ist.            die neue GmbH per Ausschreibungsverfahren
        Der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) mit      zunächst einen Strategischen Partner suchen.
    Sitz in Düren und der Erftverband                             Dieser sollte über einen Stand­
    haben einen Gesellschafter­ver­      Die Kooperation          ort für eine Klärschlammver­
    trag zur Gründung der KKR            ermöglicht es den brennungsanlage verfügen,
    (»Klärschlamm­koopera­tion           beiden Verbänden, Erfahrungen bei der Schlamm­
    Rhein­land GmbH«) geschlossen.                                verbrennung besitzen und
                                         gemeinsam eine
                                                                  ggf. auch die zu errichtende
                                         nachhaltige und          Verbrennungsanlage mit der
                                         wirtschaftliche          KKR zusammen betreiben.
                                         Entsorgung des              Die Kooperation ermöglicht
                                         Klärschlamms in          es den  beiden Verbänden, ge­
                                         der Region sicher-       meinsam    eine nachhaltige und
                                                   zustellen.
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            AUS DER RECHT SPRECHUNG

            Zum Begriff des Gewässerausbaus
            Eine aus großen Steinen hergestellte Uferbefestigung kann einen planfeststellungs­
            bedürftigen Gewässerausbau darstellen.

   Sachverhalt                                    stellungsverfahren vielfach verbundene Auf­        Stellungnahme
   Der Kläger errichtete an einem Gewässer        wand und die hauptsächliche Anwendung              Die Entscheidung zeigt, dass schon Maßnah­
   eine etwa 20 m lange aus großen Natur­         solcher Planfeststellungsverfahren in komple­      men von geringer Länge an einem Gewässer
   steinen bestehende Abböschung seines           xen Großvorhaben unter Einbeziehung aller          möglicherweise einer vorherigen Planfest­
Ufergrundstücks. Die Steine waren in einem        widerstreitenden Interessen entscheidend,          stellung bedürfen. Das gilt in erster Linie für
Mörtelbett verlegt. Eine wasserrechtliche         sondern die sachliche Berechtigung im Ein­         die erstmalige Errichtung der Mauer, mög­
Genehmigung hatte der Kläger nicht. Die           zelfall. Wesentlich sei eine Umgestaltung          licherweise aber auch für deren Änderung
Wasserbehörde ordnete die Beseitigung der         immer dann, wenn sie nicht so unbedeutend          oder Wiederaufbau. Die Entscheidung ist
Steine an, weil die Befestigung formell und       ist, dass sie keine Auswirkungen verursa­          gerade im Hinblick auf die nach der Hoch­
materiell rechtswidrig sei. Die dagegen ge­       chen, und nicht so ins Gewicht fallen, dass        wasser­katas­trophe vom Juli 2021 und der
richtete Klage und Berufung blieben erfolg­       Anlass zu einer behördlichen Vorabkontrolle,       deswegen notwendigen Wiederherstellung
los, wie der Beschluss des OVG NW vom             hier mittels Planfeststellung, bestehe.            von Bedeutung. Es dürfte sich vor allem für
4. Juni 2021 – 20 A8 102/19 – zeigt.                  Eine solche Kontrolle sei hier erforderlich,   die Praxis der für die Gewässerunterhaltung
                                                  sagt das OVG. Die Aufbringung der Steine           Verantwortlichen empfehlen, vor Beginn der
Entscheidungsgründe                               auf der Böschung berühre unter anderem die         Maßnahme Kontakt mit der Wasserbehörde
Das OVG gab der Wasserbehörde recht. Die          ökologischen Funktionen des Ufers und da­          aufzunehmen, um die Notwendigkeit eines
Uferbefestigung stelle einen Gewässeraus­         mit des Gewässers (§ 3 Nrn. 7 und 8 WHG),          Genehmigungsverfahrens zu besprechen.
bau im Sinne von § 67 WHG dar. Denn durch         die für dessen Eigenschaften von wesent­
                                                                                                        Text: Per Seeliger
die Verlegung von Natursteinen in einem           licher Bedeutung sind (vgl. auch § 39 Abs. 1
Mörtelbett an der Uferböschung auf einer          Satz 2 Nr. 4, § 67 Abs. 1 WHG). Das treffe
Länge von etwa 20 Metern und die Aufschüt­        auch für den Bereich der Böschung oberhalb
tung von Steinen am Böschungsfuß werde            der Linie des Mittelwasserstandes (§ 38
der bestehende Zustand des Ufers verändert        Abs. 1 und 2 WHG) zu. Durch die Steine und
und damit im Sinne von § 67 Abs. 2 WHG            ihre Einmörtelung sei die Böschung auf einer
umgestaltet.                                      nicht unbedeutenden Länge so befestigt wor­
    Die von dem Kläger vorgenommene Um­           den, dass die natürlichen Veränderungen
gestaltung des Ufers sei – so das OVG – we­       ihrer Lage und ihres Profils weitgehend ent­
sentlich, denn das Gewässer werde in einer        zogen und ihre Tauglichkeit als Lebensraum
für den Wasserhaushalt oder in sonstiger          für Tiere und Pflanzen zumindest erheblich
Hinsicht bedeutsamen Weise verändert. Es          herabgesetzt wurden.
hänge von der Wesentlichkeit der Umgestal­            Die Beseitigungsanordnung sei auch ver­
tung ab, ob eine Planfeststellung notwendig       hältnismäßig. Insbesondere reiche es für die
sei. Insofern sei nicht der mit einem Planfest­   Beseitigungsanordnung aus, dass die Mauer
                                                  errichtet worden sei, ohne sich vorher um die
                                                  notwendige Genehmigung zu bemühen. Es
                                                  sei Aufgabe der Wasserbehörden, die Aus­
                                                  wirkungen der Mauern auf die Eigenschaften
                                                  des Gewässers vorab zu prüfen.
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                AUS DEM ARCHIV

           »Wir leiten
            keine schlammigen
            Wasser ein sondern
            nur getrübte«
                Die Einleitung der Grubenabwässer der Gewerkschaft
                Walter verursacht Ärger

        Der Beschwerdeführer zum Thema Ver­
        schmutzung der Gewässer ist Gustav Kott­                                                                                   Briefkopf Gewerkschaft Walter
                                                                                                                                                    im Jahr 1920
        mann, zur Burg Wevelinghoven, sein Inte­
        resse liegt besonders an der Reinhaltung
     der Erft für die Fischerei. Er schreibt am 2. Juli   in Grevenbroich. Sie wollen sich gemeinsam       des Herrn Kottmann, dass wir durch Einleiten
     des Jahres 1921 an die Wasserpolizeibehörde          die Situation vor Ort anschauen.                 von Wasser in die Erft Unfug treiben. Es be­
     in Bergheim und an die Regierung zu Düssel­              Die auf die Erftschau folgenden, gefassten   darf auch keiner Erörterung, dass es viel
     dorf durch den Herrn Landrat in Grevenbroich:        Beschlüsse des Wasserschauamtes beziehen         wichtiger ist, die hiesige Grube wasserfrei zu
         »Als stellvertretender Vorsitzender der          sich auf den Gustorfer Entwässerungsgraben       halten, als zur Schonung der Fischerei den
     Erft-Fischereigenossenschaft in Bergheim,            und dessen Entkrautung sowie der Ausbag­         Betrieb hier einzustellen.[…] Die Arbeiten
     […] wende ich mich hiermit beschwerdefüh­            gerung des Grabens und Förderung der Ar­         an den Kläranlagen haben keinen Augenblick
     rend an unsere Regierung zu Düsseldorf über          beiten an der Kläranlage. Die Strecke der Erft   geruht. Wie wir schon mehrfach erklärt ha­
     die unerträgliche, skandalöse Verunreinigung         unterhalb der Einmündung des Gustorfer           ben, hat es ungeheure Schwierigkeiten ge­
     der Erft durch die Abwässer der Gewerkschaft         Grabens einschließlich der Strecken von Gre­     macht, einen einigermaßen brauchbaren Plan
     »Walter« Braunkohlenbergwerk in Frimmers­            venbroich und des Flutkanals unterhalb von       zur Einführung der Grubenwasser in die Klär­
     dorf, Kreis Grevenbroich. Diese Gewerkschaft         Wevelinghoven sollen ebenfalls gereinigt         becken aufzustellen und festzulegen, auch
     hat eine Grube bei Frimmersdorf, welche un­          werden.                                          das sind Arbeiten an Kläranlagen, von denen
     gemein viel Wasser enthält, welches durch                Die Vertreter des Braunkohlenbergwerks       die Öffentlichkeit aber nichts sieht. Es unter­
     große Pumpwerke ausgepumpt und mit allem             wollen jedoch die getroffenen Entschei­          liegt keinen Zweifel, dass der Flutgraben
     Schlamm und Braunkohlenteilen in die Erft            dungen nicht anerkennen, da sie keine Gele­      demnächst gereinigt werden muss. Diese Fra­
     abfließt.«                                           genheit hatten, vor der anberaumten Erft­        ge ist aber anderweitig geregelt. Durch das
         Darüber hinaus klagt Kottmann an, dass           schau zu den vorliegenden Beschwerden            Verschlammen des Grabens soll das Wasser
     die Einleitung den Fischen schadet, da das           Stellung zu beziehen. So widerspricht Herrn      im Bruchgelände gestiegen sein. Wir können
     Wasser der Erft bis in Wevelinghoven und             Direktor Heck, von der Gewerkschaft Walter       in der Zeit der erheblichen Dürre hierin für die
     weiter unterhalb stark verschlammt ist und           mit einem Schreiben im August des Jahres an      Landbesitzer im Bruch keinen Schaden erken­
     dadurch hauptsächlich die Flora und Fauna            die Wasserpolizeibehörde, Bergheim:              nen. Es war im Gegenteil zum mindestens
     abstirbt, die den Fischen als Nahrung dient.             »Die Behauptungen des Herrn Kottmanns        ein Vorteil für die Leute, dass sie kein ausge­
     Der bisherige Fischreichtum der Erft ist zu­         sind im höchsten Maße übertrieben. Die Ver­      dorrtes Gelände hatten.«
     rückgegangen und die Erft ist nur noch ein           unreinigung der Erft durch unsere Gruben­            Der Gewerkschaftsdirektor Heck trifft in
     »Schlammbassin und stark vermodert«.                 wasser, die aus reinen unlöslichen minera­       diesem Schreiben unter anderem die zitierte
     (vgl.ebd.)                                           lischen Bestandteilen bestehen, kann weder       Aussage: »Die Verschmutzung der Erft bei
         Weitere Beschwerden der Anlieger ma­             unerträglich noch skandalös sein. Durch die­     Grevenbroich ist unseres Erachtens durch aus
     chen eine Ortsbesichtigung der Erft, des             se Bestandteile kann ein Flussbett niemals       nicht so, wie behauptet wird. Wir leiten keine
     Grevenbroicher Flutkanals und des Gustorfer          vermodern. Unseres Erachtens hat die Einfüh­     schlammigen Wasser ein sondern nur ge­
     Entwässerungsgraben bis zur Grube Gewerk­            rung solcher trüben Wasser einen viel gerin­     trübte.«
     schaft Walter nötig. Hierzu treffen sich die         geren Schadeinfluss für die Fischerei, als die       Die Gewerkschaft Walter einigt sich ab­
     Mitglieder des Erftschauamtes am Dienstag            erheblichen, unangenehmeren Abwässer aus         schließend, eine jährliche Entschädigung an
     den 12.Juli 1921, darunter auch der Be­              den, an der Erft liegenden Fabriken jeder Art.   die Erft-Fischereigenossenschaft zur Hebung
     schwerdeführer Gustav Kottmann sowie der             Im Allgemeinen baut man auch Kläranlagen         der Fischzucht zu zahlen.
     Bergassessor von Marées und Kaufmann                 erst nach der Eröffnung des Betriebes.[…]
                                                                                                              Text: Karin Beusch
     Heck als Vertreter der Gewerkschaft Walter           Wir verwahren uns gegen die Behauptung              Quellen: Archiv Erftverband Sign. 480.3

                                                                                                                               Ausschnitt Übersichtskarte 1910
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K L I M A S TAT I O N B E R G H E I M                                                               AUTOREN DER AUSGABE

Witterungsverlauf 4. Quartal 2021
                                   Aug 2021       Sept 2021         Okt 2021      Sommerhalbj.
 Lufttemperatur
 Min.                                    7,9 °C      6,1 °C              0,4 °C          – 1,1 °C
                                                                                                    Karin Beusch                   Jochen Birbaum
 Max.                                  29,1 °C      28,7 °C             20,3 °C          35,2 °C
 Mittel                                17,4 °C      16,3 °C             11,3 °C          15,9 °C
 30-jähriges Mittel 1991/20            18,9 °C      15,2 °C             11,2 °C          16,1 °C
 Bodentemperatur Mittel                17,9 °C      15,9 °C             12,1 °C          16,0 °C
 Niederschlag Summe                     76 mm        35 mm               42 mm           487 mm
 30-jähriges Mittel 1991/20             71 mm        54 mm               58 mm           375 mm
                                                                                                    Dr. Daniel Bittner             Jochen Buir

                           Wasserwirtschaftsjahr 2021              30-jähriges Mittel 1991/20
 Niederschlag Summe                                 785 mm                               687 mm
 Lufttemperatur im Mittel                           11,0 °C                              11,1 °C

   Der August präsentierte sich überwiegend       20 mm Niederschlag. Lediglich zur Monats­
   unbeständig. Insbesondere an den Eifel­        mitte dominierten kurzzeitig Tiefdruckge­         Dr. Christian Gattke           Volker Gimmler
   stationen regnete es mit bis zu 24 Regen­      biete mit teils kräftigen Niederschlägen. Die
   tagen (Nettersheim-Zingsheim) häufig und       Temperaturen lagen etwa 1° C über dem
in der Summe mit bis zu 120 mm deutlich           langjährigen Mittel.
mehr als üblich. Die Temperaturen lagen im            Im Oktober lagen sowohl die Temperatur­
Mittel etwa 1 °C unter denen eines durch­         en als auch die Niederschläge nahe an den
schnittlichen Augusts und 3 – 4 °C unter den      entsprechenden Werten der Referenzperiode
Rekordwerten im Vorjahr. Den Temperatur­          (1991 – 2020). Aufgrund der Extremnieder­
höchstwert verzeichnete die Station Jüchen-       schläge im Juli lagen die Niederschlags­          Dr. Tilo Keller                Prof. Heinrich Schäfer
Kelzenberg mit 31,6 °C am 12. August. Die         summen sowohl für das Sommerhalb- als
Niederschlagsmengen lagen etwas über dem          auch für das Wasserwirtschaftsjahr deut­
langjährigen Mittel, die höchste Tagessumme       licher höher als gewöhnlich. So waren die
verzeichnete die Station Eicherscheid mit         Jahresniederschlagssummen an der be­
35,6 mm am 28. August.                            sonders betroffenen Station Steinbach die
    Der September war demgegenüber deut­          höchsten seit 1984, an der DWD-Station
lich trockener und sonnenscheinreich. Die         Weilerswist-Lommersum sogar seit 1968.
meisten Stationen verzeichneten weniger als                                                         Per Seeliger                   Ronja Thiemann
                                                     Text: Dr. Tilo Keller

                                                                       Lufttemperatur
30                                                                     Bodentemperatur
                                                                       [15 cm Tiefe]
25

20

15

10

 5

 0

25               Niederschlag                                                                       IMPRESSUM
                 Tagessummen                                                                        Herausgegeben vom Erftverband · Verantwortlich für
20                                                                                                  den Inhalt: Dr. Bernd Bucher, Vorstand · Redaktion:
                                                                                                    Ronja Thiemann · Gestaltung: www.mohrdesign.de
15                                                                                                  Druck: www.druckhaus-sued.de · gedruckt auf
                                                                                                    Blauer-Engel zertifiziertem Papier
10
                                                                                                    Am Erftverband 6, 50126 Bergheim
 5                                                                                                  02271 88-0, info@erftverband.de
                                                                                                    www.erftverband.de

     1. August                  1. September              1. Oktober               1. November
12    I N F O R M AT I O N S F L U S S   1 | 22

              L E X I KO N

              Was ist eigentlich
              Klärschlamm?
     Klärschlamm [Abfall aus der abge-
     schlossenen Behandlung von Abwasser
     in Kläranlagen]

                                                   Anfangs unterscheidet man zwischen Roh­          Im Faulbehälter wandeln besondere Bak­
                                                   schlamm und behandeltem Klärschlamm.             terien und Mikroorganismen den Primär-
                                                   Auf den meisten konventionellen größeren         und Überschussschlamm in eine schwarze,
                                                   Kläranlagen entstehen durch verschiedene         dünnflüssige Masse um. Diese nennt man
                                                   Reinigungsstufen weitere Schlammarten:           Faulschlamm. Er gilt nun als »stabili­
                                                       Bei der ersten Reinigungsstufe, der me­      siert« und entspricht den gesetzlichen
                                                   chanischen, werden beim »Rechen« z. B.           Vorgaben zu Lagerung und Verwertung
                                                   Grobstoffe wie Toilettenpapier entfernt, der     von Klärschlämmen. In den meisten Fällen
                                                   Sand- und Fettfang und die abschließende         wird er mit anderen Bestandteilen ver­
                                                   Vorklärung kommen zum Einsatz. Die Vorklä­       brannt oder in seltenen Fällen noch auf
                                                   rung ist ein großes Sedimentationsbecken.        landwirtschaftliche Flächen aufgebracht.
                                                   Hier verweilt das Abwasser etwa 1 bis            In den – oft großen eiförmigen – Faul­
                                                   1 ½ Stunden. Währenddessen setzen sich           behältern gibt es bei ca. 36 °C, weder
                                                   gröbere Inhaltsstoffe des Roh­abwassers am       Sauerstoff noch Licht. Die Faulbakterien
                                                   Beckenboden ab. Diese sogenannten »ab­           wandeln hier Schritt für Schritt einen er­
                                                   setzbaren Stoffe« werden schließlich gesam­      heblichen Anteil der organischen Schmutz­
                                                   melt und als Primärschlamm bezeichnet.           stoffe um. Am Ende liefern die Methan­
                                                   Dieser besteht zum größten Teil aus unver­       bakterien das begehrte Faulgas, aus dem
                                                   werteten organi­schen Schmutzstoffen und         sich eine Menge Energie gewinnen lässt.
                                                   wird deshalb vor allem für die Erzeugung von     Viele Anlagen können sich damit fast
                                                   Klärgas als Nahrungsquelle in die Faulbehäl­     autark mit Strom und Wärme versorgen.
                                                   ter gegeben. Primärschlamm hat meistens              In vielen Fachzeitschriften der Branche
                                                   eine leicht gräuliche Färbung und ist beson­     wird dem Thema Phosphorrecycling
     Belebungsbecken in Bergheim-Kenten
                                                   ders geruchsintensiv.                            (Phos­phorrückgewinnung aus Klär­
                                                       In der wichtigsten Verfahrensstufe, der      schlamm) vermehrt Aufmerksamkeit ge­
     Jährlich gelangen – insbesondere aus pri­     biologischen Reinigung, bildet sich der so­      widmet. Da die weltweite Landwirtschaft
     vaten Haushalten und vergleichbaren Ein­      genannte Belebtschlamm, teils auch als           aufgrund des steigenden Bedarfs an Le­
     richtungen – etwa 68 Mio m³ Abwasser          Sekundärschlamm bezeichnet. Dieser hat           bensmitteln Jahr für Jahr ergiebiger ge­
     in die Kläranlagen des Erftverbandes.         eine sehr flockige Struktur und eine hell- bis   nutzt wird, setzt man seit langem auf
         In Deutschland sind es ca. 9,8 Milliar­   dunkelbraune Färbung. Unter dem Mikroskop        besonders effiziente Düngemittel. Ein
     den m³ insgesamt. In diesen Kläranlagen       wird schnell klar, woher der »lebendige          wichtiger Bestandteil ist hier der Phos­
     wird das Abwasser aufbereitet und gerei­      Name« kommt. Hier wimmelt es nur so von          phor. Die global bekannten Lagerstätten
     nigt. Dabei entstehen Wärme, Gas und –        kleinen fleißigen Arbeitern: Eine spezielle      des Mineralstoffs sind allerdings in den
     Klärschlamm.                                  Fauna aus Mikroorganismen wandelt die im         nächsten 50 – 100 Jahren erschöpft. Des­
         Klärschlamm durchläuft viele Wasch-,      Abwasser enthaltenen organischen Schmutz­        halb versucht man den natürlichen Kreis­
     Löse- und Neutralisationsprozesse und         stoffe um und vermehrt sich kontinuierlich       lauf dieses Rohrstoffes wieder in Gang
     erhält nach jedem Vorgang einen »neuen        zu einer rasant wachsenden Population. Um        zu bringen. Pro Tag landen durch jeden
     Namen«. Bei der Aufbereitung werden           den Reinigungsprozess effizient zu halten        Einwohner etwa 1,8 g Phosphor im Ab­
     Schadstoffe entfernt und Wertstoffe zu­       und weil das Nahrungs- und Platzangebot          wasser. Durch eine spezielle Aufbereitung
     rückgewonnen. Dabei handelt es sich vor       nicht unendlich groß ist, wird regelmäßig ein    könnte Phosphor aus dem Klärschlamm
     allem um Phosphor, aber auch um Stick­        Teil des Belebt­schlammes entfernt. Diese        zurück­gewonnen und der Landwirtschaft
     stoff, Kalium und Magnesium.                  Menge wird als Überschussschlamm be­             wieder zur Verfügung gestellt werden.
                                                   zeichnet. Dieser dient – ebenso wie der Pri­
                                                                                                       Text: Klaus-Jochen Buir und
                                                   märschlamm – als Nahrungsquelle für den             Ronja Thiemann
                                                   Faulbehälter.
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