100 JAHRE JUBILÄUM: Landesverbandes Katholischer Kindertagesstätten
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23. JAHRGANG · NR. 85 · ISSN 1438-4582 SEPT. 2021 MAGAZIN FÜR UNSERE MITGLIEDER HEFT 3 JUBILÄUM: 100 JAHRE LANDESVERBAND Fachberatung in der Praxis START „Starke Leitung – starke Kita“ PRÄVENTION „Echte Schätze“ startet im Landkreis Freudenstadt RECHT SGB-VIII-Reform – was ändert sich?
inhaLt FOTO: PHOTOCASE.DE/SLOW MAN 14 DiE unSichtBarE Macht DEr WortE Politik Aus dem VerbAnd FOTO: ISTOCKPHOTO 08 orientierungsplan wurde evaluiert 04 Das Berufsfeld der Fachberatung 16 Fristverlängerung beim investitions- 10 Ein Fachtag zum Wissenstransfer programm 11 Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ 17 FFB gründet „BaWü Landesnetz- in der Pandemie werk Fachberatung“ 22 Landesverband wird Partner von 18 6. Forum Frühkindliche Bildung und „Mach dich stark“ inklusion 28 Personalien 04 BEruFSFELD FachBEratunG 25 Förderrichtlinie für mobile Luftfilter und co2-Sensoren in Kraft Aus der PrAxis 06 Erarbeitung eines Schutzkonzeptes Fort- und Weiterbildung 09 „Echte Schätze“ startet im FOTO: ISTOCKPHOTO 13 „Starke Leitung – starke Kita“ Landkreis Freudenstadt gestartet 20 Kindergarten St. Gabriel erneut 28 Fortbildungen – was ist neu? BeKi-zertifiziert 27 75 Jahre Kindergarten St. Gallus Aus der diÖZese 26 Die Kita-Welt im digitalen Wandel WissensWertes 14 Framing. Die unsichtbare Macht recht in der PrAxis der Worte 06 SchutzKonzEPt PrävEntion 21 SGB-viii-reform – was ändert sich? 24 Eine kleine Geschichte der Maske lesensWert FOTO: ADOBESTOCK 23 Bücher mit Sound 24 GESchichtE DEr MaSKE 2 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
DanKE Für DaS oFFEnE WiLLKoMMEn Liebe Mitglieder, FOTO: PRIVAT schön, dass ich Sie an dieser Stelle als vorstand „Strategie, Entwicklung, Pädagogik“ begrüßen darf. am 01.06.21 habe ich diese spannende und herausfordernde aufgabe im Landesverband angetreten und hatte in den ersten Wochen bereits viele interes- sante und bereichernde Begegnungen, Gespräche und Gremientermine. Für das of- fene Willkommen, das ich bisher erleben durfte, will ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. viele Kontakte und Sitzungstermine finden zurzeit in digitaler Form statt und die ar- beit unter corona-Bedingungen ist in den Kitas weiterhin ein zentrales thema. Mit dem rückgang der inzidenzzahlen im Frühsommer wird oft der Wunsch verbunden, auch im Kita-alltag zur normalität zurückzukehren und pädagogische Konzepte, wie die arbeit mit offenen Gruppen, wieder aufnehmen zu können. Gleichzeitig ist die Sorge groß, dass die Fallzahlen nach der urlaubszeit ansteigen und wir erneut in einen Krisenmodus zurückfallen. in dieser Phase von vorsichtiger Entspannung wird an vielen Stellen die notwendigkeit von aufholprogrammen und „Lernbrücken“ erkannt und vor allem im schulischen Be- reich werden unterschiedlichste initiativen gestartet. Leider ist der frühkindliche Bil- dungsbereich hier weniger im Blick. allerdings sind auch vor allem in der sozial-emo- tionalen Entwicklung und in der Sprachentwicklung bei manchen Kindern Stagnation und zum teil deutliche rückschritte zu beobachten. auch für diesen Bereich müssen zeitnah gezielte angebote entwickelt werden, um an altersgemäße Entwicklungs- schritte anknüpfen zu können. Der Landesverband setzt sich hier für alltagsnahe und unkomplizierte unterstützungsformen für die Kitas ein. auch im rahmen der Fachberatung ist aktuell die Pandemie-Bewältigung mit all ihren Facetten ein zentrales thema. Dabei ist Fachberatung nicht nur als unterstützung in Krisensituationen sinnvoll, sondern generell ein wichtiger Bestandteil von Fachlichkeit und Qualität in der frühkindlichen Bildung – und entsprechend im SGB viii verankert. Daher kommen verschiedene aspekte zum thema Fachberatung in diesem heft zur Sprache. Sei es im Bericht zum Summit des „Forums Frühkindliche Bildung“, sei es am Beispiel der Erstellung eines Schutzkonzeptes mit unterstützung von Fachbera- tung, beim thema Fortbildungen oder dem Sprach-Kita-Fachtag. ich bin sicher, Sie finden in diesem tacheles interessante themen – sowohl zum Schwerpunkt Fach- beratung als auch in den gewohnten rubriken. im herbst finden in den meisten Fachberatungsbereichen die trägerkonferenzen statt, bei denen ich in diesem Jahr gerne teilnehme. ich freue mich darauf, mich ihnen in diesem rahmen auch persönlich vorstellen zu können und viele trägervertreter*in- nen dort kennenzulernen. ihr Wolf-Dieter Korek vorstand Strategie, Entwicklung, Pädagogik tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 3
FOTO: ISTOCKPHOTO FOTO: ISTOCKPHOTO das berufsfeld der Fachberatung Was genau sind die fachlichen Bereich der frühkindlichen Bildung, sie ent- um diese unterschiedlichen aufgaben im Aufgaben einer Fachberatung? wickelt und sichert Qualität vor ort im unmit- Bereich der Kinder- und Jugendhilfe pro- telbaren austausch mit den Leitungen und fessionell erfüllen zu können, benötigt die zunächst einmal ist Fachberatung als wich- Fachkräften. Das Wirken auf diesen verschie- Fachberatung differenzierte Kompetenzen. tiges unterstützungssystem im Feld der denen Ebenen bringt eine große aufgaben- Diese werden von Beitzel (2015) in anleh- frühkindlichen Bildung zu verstehen und vielfalt mit sich. als Beispiele seien hier ge- nung an den Kompetenzatlas von heyse wird „als Motor für die Qualitätsentwicklung nannt: und Erpenbeck (2009) beschrieben. Der vor ort“ (Fuchs, 2020) beschrieben. Sie • Qualifizierung von Leitungen und Kompetenzatlas identifiziert 64 teilkompe- stellt eine personen- und anlassbezogene Fachkräften tenzen, die vier Basiskompetenzen zuge- soziale Dienstleistung dar, die ihre gesetzli- • Beratung von trägervertreter*innen, Lei- ordnet werden können: der Fach- und Me- che verankerung im SGB viii, § 72 abs. 3 tungen und Kita-teams im Spannungs- thodenkompetenz, der sozial-kommuni- findet. verhältnis zwischen pädagogisch-fachli- kativen Kompetenz, der personalen Kom- Die Fachberatung ist von hoher Diversität chen inhalten und strukturell-finanziellen petenz sowie der aktivitäts- und hand- geprägt. So sind Fachberatungen im Bereich anforderungen lungskompetenz (siehe Schaubild „Kompe- der öffentlichen Jugendhilfe, bei kommunalen • Steuerung, implementierung und Wei- tenzatlas“). oder freien trägern, Fachverbänden, als ex- terentwicklung von fachlichen Stan- hinzu kommt ein häufig charakteristi- terne Dienstleister oder auch in Programmen dards, gesetzlichen vorgaben und politi- sches Spannungsfeld, das durch die Kop- wie etwa dem Bundesprogramm Sprach- schen Entscheidungen im System der pelung der Beratung mit der Fach- und Kitas zu finden. Fachberatung ist – vor allem tageseinrichtungen für Kinder – stets mit Dienstaufsicht entsteht. Dieses Modell lässt über die verbandsstruktur – involviert in Bil- dem ziel, förderliche rahmenbedingun- Widersprüchlichkeiten aufgrund der Bera- dungs- und Sozialpolitik, berät träger, sie ist gen für das Leben mit Kindern zu schaf- tung und der aufsicht entstehen. Beim Lan- vernetzt mit Wissenschaft und Forschung im fen desverband Katholischer Kindertagesstät- 4 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
kompetenzatlas: gemeinsame, standortübergreifende arbei- ten zu bestimmten Fragestellungen. neben einer breiten fachlichen Expertise aller Fachberater*innen gibt es Spezialisierungen innerhalb des verbandes in Form von län- gerfristigen, themenspezifischen arbeits- kreisen (aK), wie z. B. dem aK Bau, aK Gesundheit, und zeitlich begrenzten Quali- tätszirkeln (Qz) zur Erarbeitung verschie- dener Fragestellungen, z. B. Qz Beobach- tung und Dokumentation, Qz Beziehung und Bindung u. a. Grundsätzlich fließen der schnelle, unkomplizierte austausch unter- einander ebenso in die tägliche arbeit ein wie regelmäßige Fachtage aller Fachbe- rater*innen des Landesverbandes. auf die- se Weise sichert der Landesverband die erstklassige, bedarfsorientierte und kompe- tente Dienstleistung für seine Mitglieder. hu, bb, al, kfe F A C H B E R AT U N G G A N Z P R A K T I S C H : Konkrete Beispiele aus der Praxis der Fachberatung folgen in den verschiedenen Rubriken dieser Ausgabe. Im Interview mit Norbert Köngeter, Diakon und Kindergartenbeauftragter Pastoral der Gesamtkirchengemeinde Göppingen, wird die Begleitung und Beratung der Träger, Leitungen und Teams bei der Entwicklung ihres Schutzkonzeptes deutlich („Aus der Praxis“). Der Bericht zum Kurs-Start „Starke Leitung – starke Kita“ zeigt eine mögliche Rolle der Fachberatung im Kontext der Fort- und Weiterbildung („Rubrik Fortbildung“). Über die Quelle: Petra Beitzel (2015), nach KompetenzAtlas, Heyse und Erpenbeck (2009) Herausforderungen des Homeoffice und die wertvolle Unter- https://deutscher-verein.de/de/uploads/vam/2015/doku/f-2237-15/f-2237-15_handout_beitzel_augsburg.pdf stützung seitens der Fachberatung schreibt Sabina Riker, zusätzliche pädagogische Fachkraft im Bundesprogramm Sprach-Kitas vom katholischen Kindergarten St. Markus in ten e. v. nehmen die Fachberaterinnen und Schorndorf in der Rubrik „Aus dem Verband“. Bettina Berger HINTERGRUND Fachberater keine Dienst- oder Fachauf- und Andrea Lips fassen den internen Fachtag Bundes- programm Sprach-Kita zusammen, ebenfalls in der Rubrik Sozialgesetzbuch – Achtes Buch – Kinder- und sicht wahr, sodass eine fachlich unabhän- „Aus dem Verband“. Und in einem der nächsten Hefte stellt Jugendhilfe – § 72 gige Beratung sowie ein fachlich unabhän- sich der Arbeitskreis Sinn-Werte-Religion vor. (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen bei giger Blick von außen möglich sind. So wird beispielhaft die eigene innerverbandliche Arbeit der den Jugendämtern und Landesjugendämtern haupt- Fachberatungen im Landesverband deutlich. beruflich nur Personen beschäftigen, die sich für die Fachberatung im Landes- FOTO: KFE jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen verband und eine dieser Aufgabe entsprechende Ausbildung erhalten haben (Fachkräfte) oder auf Grund besonde- Der Landesverband ist regional aufgestellt: rer Erfahrungen in der sozialen Arbeit in der Lage in neun Fachberatungsstellen innerhalb der sind, die Aufgabe zu erfüllen. Soweit die jeweilige Diözese rottenburg-Stuttgart, d. h. vom Aufgabe dies erfordert, sind mit ihrer Wahrnehmung Bodensee bis nach Mergentheim, von nur Fachkräfte oder Fachkräfte mit entsprechender Zusatzausbildung zu betrauen. Fachkräfte verschie- Freudenstadt bis heidenheim, sind die dener Fachrichtungen sollen zusammenwirken, so- Fachberater*innen für die Mitglieder des weit die jeweilige Aufgabe dies erfordert. Landesverbandes tätig. Die zuordnung er- folgt gemäß den Dekanatsgrenzen. Das (2) Leitende Funktionen des Jugendamts oder des Landesjugendamts sollen in der Regel nur Fach- aufgabenspektrum ist so breit gefächert, kräften übertragen werden. wie die träger und Mitarbeitenden, die Fa- milien und die Kinder unterschiedlich sind, (3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben je nach örtlichen Gegebenheiten und Be- Fortbildung und Praxisberatung der Mitarbeiter des Jugendamts und des Landesjugendamts sicherzu- darfen. aufgrund der dezentralen Struktur stellen. wird im Landesverband der innerverband- liche austausch ebenso gepflegt wie das tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 5
FOTO: ISTOCKPHOTO Aus der PrAxis erarbeitung eines schutzkonzeptes für kitas ein einblick in die praktische Arbeit der Fachberatung gÖPPingen. die erarbeitung eines institu- klaren Plan: ein Schutzkonzept. Besonders es aber von Anfang an wichtig, zu schauen, tionellen schutzkonzeptes in den kinder- deutlich ist uns dies durch die Missbrauchs- wie wir die Thematik gut und vernünftig in tageseinrichtungen ist derzeit landauf und debatte geworden und die an uns selbst den Einrichtungen verortet bekommen, da- landab in der diözese in aller munde. so gestellten Fragen: Sind unsere Einrich- mit für alle Beteiligten auch ein Nutzen er- zählen einrichtungen zu unseren mitglie- tungen, die mit Kindern und Jugendlichen sichtlich wird. Wir wollten nicht ein Papier dern, die planen, sich auf den Weg zu arbeiten, ein sicherer Ort? Wie können sich erarbeiten, weil die Diözese es von uns ver- machen, die ihre ressourcen bündeln unsere Kitas zu sicheren Orten entwickeln? langt, sondern uns war wichtig, dass sich und im erarbeitungsprozess sind – und Letztlich hat auch der Auftrag unserer mit der Erarbeitung ein gemeinsames Ver- andere, die ihr schutzkonzept schon er- Diözese, sich diesem Thema zu stellen, da- ständnis über die Ziele, die wir in unseren stellt haben. mit seine Umsetzung erfahren. Für uns war Kitas erreichen wollen, entwickelt. Dann Wir haben nachgefragt und wollten wird das Ganze zum Erfolgsfaktor und wissen, was aus sicht eines trägervertre- macht auch Sinn. FOTO: PRIVAT ters förderlich, hilfreich oder auch hinder- lich bei der erarbeitung eines schutzkon- Wie sind sie bei der erarbeitung vorge- zeptes ist. gangen? Wer war einbezogen? Was war der grund bzw. der Anlass für die N.K.: Wir betreiben als katholische Gesamt- erarbeitung eines institutionellen schutz- kirchengemeinde Göppingen in acht Kir- konzeptes? chengemeinden elf Kindertageseinrichtun- gen mit 33 Gruppen. Nun wollten wir aber N.K.: Die katholischen Kirchengemeinden nicht elf verschiedene Schutzkonzepte ha- der Gesamtkirchengemeinde Göppingen ben, sondern ein Schutzkonzept, das für wollen Mädchen und Jungen Lebens- und alle Einrichtungen Gültigkeit hat. Bezüglich Schutzräume bieten, in denen sie ihre Per- NORBERT KÖNGETER (N.K.), DIAKON UND KIN - der Umsetzung sahen wir daher die Lei- sönlichkeit, ihre Fähigkeiten und Begabun- DERGARTENBEAUFTRAGTER PASTORAL DER tungen unserer Einrichtungen in der Ver- gen entwickeln und entfalten können. Damit GE SAMTKIRCHENGEMEINDE GÖPPINGEN, HAT antwortung, die gemeinsam mit den Kin- es nicht dem Zufall überlassen bleibt, ob FEDERFÜHREND MIT DEN ELF KINDERTAGES - dergartenbeauftragten Verwaltung und die Kinder in den Kindertageseinrichtungen EIN RICHTUNGEN DER GESAMTKIRCHEN GE - Pastoral den Arbeitsprozess gestalten. Uns geschützt werden, braucht auch die Prä- MEINDE EIN GEMEINSAMES SCHUTZKONZEPT war schnell klar, dass die Inhalte des vention in Kindertageseinrichtungen einen ERARBEITET. Schutzkonzeptes eine Schnittmenge zu den 6 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
Leitungsaufgaben darstellen, wie z. B. Per- bei allen Leitungen das sonalführung, Teamgestaltung, Ablaufpla- Interesse da, sich mit die- nung etc. und von daher war es nur folge- sen und weiteren Themen richtig und sinnvoll, sich gemeinsam mit auseinanderzusetzen. den elf Leitungen an die Erarbeitung zu ma- Die Frage war nur: Wie chen. schaffen wir dies mit un- Als formales Ziel haben wir die Erstellung seren Ressourcen und des institutionellen Schutzkonzeptes be- wie organisieren wir uns? nannt, inhaltlich ging es uns aber primär Denn diese Arbeit braucht um den Prozess der Auseinandersetzung Zeit und Energie. mit der Thematik. Konkret: Wir wollten einen gemeinsamen ganzheitlichen Ansatz schaf- Was hat im Prozess der fen, der auf der Basis einer Grundhaltung erarbeitung spaß ge- von Wertschätzung und Respekt, gepaart macht und wo gab es mit einer Kultur der Achtsamkeit, alle prä- hindernisse? ventiven Maßnahmen in Beziehung zuein- menwachsens befördert und auch zu mehr ander bringt und zum eigenen Grund- N.K.: Es war spürbar, dass es unterschied- gegenseitigem Verständnis beigetragen. verständnis wird. Dafür wollten wir uns län- liche Vorstellungen und Haltungen unter ger Zeit nehmen – gedacht waren zwölf den Leitungen gab. Leitungen, die erst vor gab es im Prozess was Überraschendes? Monate, geworden sind es dann fast zwei Kurzem die Leitungsposition eingenommen Jahre. In dieser Zeit haben wir uns auch haben, und langjährig erfahrene Leitungen, N.K: Ja, denn Transparenz hat im Handeln professionelle Begleitung vom Landesver- sie alle kommen aus unterschiedlichen im Kita-Alltag einen hohen Stellenwert be- band Kath. Kindertagesstätten geholt. Mit Häusern, die Teams sind verschieden, die kommen. Dies auch im Hinblick auf Struk- unserer Fachberaterin Martina Kottmann Kinder und die Eltern usw. Da war es umso turen, Räume, Personal und Gelegenheiten. war schnell eine versierte Fachfrau ge- spannender, miteinander in einen Aus- Das war uns vorher nicht so bewusst. Dazu funden, die wir zum einen über viele Jahre tausch zu kommen und voneinander zu er- kam die Erkenntnis, dass, wenn jede und in der Zusammenarbeit kennen und schät- fahren, zu informieren und auch nachzufra- jeder in seinem Bereich anpackt und acht- zen und die zum anderen auch unseren gen. Zu manchen Punkten, so bei den Ri- sam und wertschätzend unterwegs ist, das Leitungen sehr vertraut ist. Bei ihr braucht sikofaktoren und auch den konkreten Hand- Zusammenleben so viel mehr an Qualität sich niemand zu „verstecken“, sondern Of- lungsfeldern, gab es kontroverse Einschät- gewinnt – und wir letztlich als kirchlicher fenheit, Transparenz, Rückspiegelung in ge- zungen, die besprochen werden mussten Ort zu einer Stätte werden, an dem die genseitiger Wertschätzung ist hier Grund- – immer auch im Hinblick auf die Res- frohe Botschaft Jesu Christi erlebt und ge- lage der Zusammenarbeit. Und das ist bei sourcen in den Einrichtungen selbst. lebt werden kann. diesem Thema wichtig. Freude bereitet hat mir das Interesse der Leitungen. Alle haben sich eingebracht, Teil- Was haben sie in der Auseinanderset- Wie war die reaktion von den leitungen aufträge übernommen, in den jeweiligen zung als besonders wichtig erlebt? und dem einrichtungsteam auf das ge- Arbeitsgruppen kritisch hinterfragt, Formu- plante Vorhaben? lierungen entworfen und nach einer weite- N.K.: Mir persönlich ist das Thema Selbst- ren Diskussion wieder verworfen und um- bestimmungsrecht der Kinder besonders N.K.: In einer Auftaktveranstaltung im Jahr formuliert. Es ist gut gelungen, Sichtweisen wichtig geworden. Wie respektieren und 2018 haben wir uns dem Thema angenä- immer wieder zu wechseln und andere Be- fördern wir dies? Was braucht es für einen hert und uns im ersten Schritt gefragt, aus trachtungswinkel einzunehmen. Kritisches „Rahmen“, damit Selbstbestimmung grei- welchen Bestandteilen bzw. Bereichen die- Hinterfragen war ausdrücklich gewünscht, fen kann? Die Einführung von Kinderkonfe- ses Schutzkonzept Prävention besteht. Es auch im Hinblick auf die Verantwortlichkeit renzen ist zu kurz gegriffen. Daraus ergibt gibt hier ein gutes Schaubild, das uns von des Trägers. sich auch die Frage, wie achtsam wir mit Beginn an durch diesen Prozess begleitet Auch war die Frage nach den zeitlichen den Beschwerden der Kinder umgehen? hat (siehe Schaubild). Ressourcen immer ein Thema. Wir haben Denn die Entscheidung für die systemati- An diesem Schaubild wird deutlich, wel- versucht, eine Mischung hinzubekommen sche Beteiligung von Kindern an Themen, che wichtigen Themen ein Schutzkonzept und die regelmäßig stattfindenden Lei- die sie betreffen, stärkt deren Position und beinhaltet, und dies alles auf der Grundlage tungskonferenzen zu nutzen, kombiniert mit verringert das Machtgefälle zwischen Er- einer wertschätzenden Haltung und einer der Durchführung von Workshops. Denn wachsenen und Kindern. Kultur der Achtsamkeit. Vor allem die Frage, mit 1,5 Std. nutzbarer Zeit in den Leitungs- Diese Themen werden uns in nächster welche Kultur wir in unseren Einrichtungen konferenzen ist die Arbeit nicht getan. Es Zeit weiter beschäftigen. mit den Kindern, Eltern, Kolleg*innen und braucht immer wieder auch mal einen hal- in der Zusammenarbeit mit Träger und der ben oder ganzen Tag, um thematisch dran- hätten sie es gut gefunden, wenn sie Kirchengemeinde leben wollen, war uns zu zubleiben. eine „blaupause“ gehabt hätten? Beginn bedeutsam. Spätestens jetzt war Dies alles hat den Prozess des Zusam- tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 7
N.K: Ich glaube, wir Menschen neigen sehr N.K: Für uns beginnt nun die Phase der PoLitik schnell dazu, gerne eine solche haben zu Umsetzung. Die nächsten Schritte sind wei- wollen. Uns haben in diesem Prozess be- tere Themenbesprechungen in den Kita- orientierungsplan sonders das Material der Diözese und die teams, Einbezug der Elternbeiräte und El- wurde evaluiert Expertise des Landesverbandes geholfen tern und die Umsetzungsarbeit mit den Kin- und die Begleitung von Martina Kottmann dern. Das Thema Beteiligung wird uns noch StuttGart. Das Evaluationsprojekt als Fachberaterin. Eine Blaupause hätte lange beschäftigen, insbesondere die Aus- („Eval-o BaWü“) hat zum ziel, den ba- möglicherweise manche Diskussionen nicht wahl der richtigen Formate dazu. Hier sind den-württembergischen orientierungs- entstehen lassen. wir noch auf der Suche und am Auspro- plan für Bildung und Erziehung hinsicht- bieren. lich der umsetzung seiner ziele und der hatten sie ein zeitliches Planungsraster? Von unserer erarbeiteten Expertise wird einzelnen Bildungs- und Entwicklungs- Wie lange hat der erarbeitungsprozess es zunächst eine Auflage von ca. 400 Ex- felder in der Praxis zu evaluieren. gedauert? emplaren geben, die für alle Mitarbeiter*in- Die einjährige Evaluation des Plans nen und alle Elternbeiräte bestimmt sind. von März 2020 bis März 2021 hat das N.K.: Die ursprüngliche Idee war maximal Des Weiteren für die Eltern, die Interesse zentrum für Kinder- und Jugendfor- ein Jahr; es sind aber dann fast zwei Jahre haben, und auch für die Kirchengemeinde- schung (zfKJ) an der Evangelischen geworden, und das war gut so. So konnte räte und den Kindergartenausschuss auf hochschule Freiburg unter Leitung von eine vertiefte Beschäftigung mit diesen The- der Ebene der Gesamtkirchengemeinde. Prof. Dr. Dörte Weltzien durchgeführt. men gelingen – und es blieb auch noch Kooperationspartner war das Forum Zeit für das Tagesgeschäft. sind durch die erarbeitung strukturelle Frühkindliche Bildung Baden-Württem- Veränderungen hervorgegangen? berg (FFB), auftraggeber das Kultus- Welche Faktoren halten sie für grundle- ministerium. gend, damit das schutzkonzept gelebt N.K.: Schon bislang waren die Strukturen Der aus dem Jahr 2005 stammende wird? in unserer Gesamtkirchengemeinde klar. orientierungsplan ist Grundlage und Kooperationen gab es immer; sie haben al- Kompass der pädagogischen arbeit in N.K.: Aus meiner Sicht muss das Grund- lerdings an Bedeutung gewonnen. Die Ko- den baden-württembergischen Kitas. verständnis für die Erarbeitung des Schutz- operationen zum Kinderschutzbund und Der orientierungsplan wurde zuletzt konzeptes geklärt sein. Wir erarbeiten kein auch zu anderen Beratungsstellen werden 2011 überarbeitet. Konzept, damit der Vorgabe genüge getan wir intensivieren. ist. Sondern wir erarbeiten gemeinsam ein Außerdem haben wir die Benennung ei- Das Forum Frühkindliche Bildung lädt solches Papier, weil es bedeutsame Fragen nes Präventionsbeauftragten diskutiert, je- am 30. September ein zur digitalen ver- unseres Kita-Alltags berührt und wesentlich doch kam die Frage auf, wer das machen anstaltung „Den orientierungsplan le- für erfolgreiches Tun ist. Nur wer die Be- soll und wo dieser vernünftig angesiedelt ben“. Prof. Weltzien wird dort die Er- deutung und Tragweite des Konzepts be- ist. Wir haben uns geeinigt, dass es in der gebnisse der Evaluation vorstellen. griffen hat, wird dieses auch leben und in Verantwortung von jeder Leitung liegt und in einer anschließenden Podiumsdis- seiner Einrichtung umsetzen. Konkret: Das sie sich bei Bedarf Unterstützung von den kussion beleuchten verschiedene ak- Schutzkonzept hat mit mir selbst und mei- regionalen Ansprechpersonen holt. teur*innen aus der pädagogischen ner Arbeit zu tun! Fachpraxis und Fachschaft chancen Zum guten schluss: gibt es noch ein the- und herausforderungen des orientie- Welche rolle spielt das schutzkonzept ma, das sie besonders hervorheben rungsplans. abschließend präsentiert im kindergartenalltag? möchten? das FFB das Konzept zur Weiterent- wicklung des orientierungsplans N.K: Es bleibt die Aufgabe, das Schutz- N.K: Ja, und zwar die Verbindung des (Weop). konzept im Blick zu behalten und das Schutzkonzeptes und der katholischen Kin- Die teilnehmenden haben während eigene Tun daran zu messen. Auch zeigt es dertageseinrichtung. Die Kita als sicherer der veranstaltung die Möglichkeit, sich Handlungsoptionen auf und erinnert immer Ort hat mit der Frohen Botschaft Jesus per chat und umfragen einzubringen. wieder an die Grundhaltungen von Wert- Christus zu tun. Die Kita als Raum, in dem schätzung und Respekt. Da das Schutz- Kinder geschützt und geborgen sind unter kfe konzept auch mit dem eigenen Leitbild und Gottes Hand. Diese Verknüpfung ist ein Ur- mit den christlichen Werten viel zu tun hat, auftrag der katholischen Kirche und so auch INFO wird es an Bedeutung gewinnen – und si- für unsere katholischen Kindertageseinrich- Die Ergebnisse der Evaluation sind kostenfrei verfügbar. cherlich weiterentwickelt werden. Dies wird tungen. Sie finden den wissenschaftlichen Abschlussbericht als Volltext sowie eine Kurzfassung auf den Seiten des im Dialog mit den pädagogischen Fach- ZfKJ: www.zfkj.de/index.php/forschungsaktivitaeten/ kräften und den Eltern geschehen. Das Gespräch führte Martina Kottmann. evaluation-orientierungsplan Wie geht es jetzt weiter? Wie werden el- tern, kinder der kitas einbezogen? 8 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
und dienen dazu, die neu gewonnenen FOTO: PRIVAT Sichtweisen einzuüben. So können Kinder beispielsweise mit einem schweren schwarzen Sack spüren, wie sich ein schlechtes Geheimnis anfühlt. an abbil- dungen eines Kinderkörpers können sie markieren, an welchen Stellen sie selbst gerne oder gar nicht berührt werden wol- len. Mithilfe eines Megafons wird das „Wei- tersagen“ veranschaulicht. Die handpuppe „Katze Kim“ wird für die Kinder zum Ge- sprächspartner. am Ende erhält jedes Kind eine urkunde und das Bilderbuch als Mini-ausgabe. Der Kauf dieser Kiste im Wert von 1 500 Euro wurde durch einen Spender ermöglicht. ziel von „Echte Schätze“ ist es, beson- ders vorschulkinder so zu stärken, dass Strategien der Missbrauchstäter nicht zum Die Unterstützer und Unterstützerinnen des Projekts zusammen mit Kindern des Lützenhardter Kindergartens (v. l. n. r.): Pfarrer Anton Romer, Träger, Yvonne Blattner, Leitung, Tina Schäfer-Brennenstuhl, Projekt Modellstandorte gegen Erfolg führen. Das schwierige thema se- Sexualisierte Gewalt der Diözese Rottenburg-Stuttgart, und Roland Gaiser vom Polizeipräsidium Freudenstadt xualisierte Gewalt wird dabei nicht direkt angesprochen, um bei den Kindern keine ängste zu wecken, vielmehr soll die arbeit Aus der PrAxis mit der „Starke-Sachen-Kiste“ Spaß ma- „echte schätze“ startet im chen. Das Projekt hat sich als besonders nachhaltig erwiesen, es fördert insgesamt im Kindergarten eine Kultur der achtsam- landkreis Freudenstadt keit und des respektvollen umgangs mitei- nander und wirkt präventiv auch anderen Projekt gegen sexuellen Missbrauch stärkt Kindergartenkinder Konflikten entgegen. Die Polizei in Freudenstadt unterstützt lÜtZenhArdt. eine der neuen maßnahmen bereichen und Lebenslagen benötigt wer- das Projekt ebenfalls mit Elternabenden, im kampf gegen missbrauch ist das Prä- den. in unterschiedlichen varianten wird die von Polizisten durchgeführt werden. in ventionsprojekt für kindergärten „echte dieses thema kindgerecht in allen alters- Lützenhardt wurden die Eltern über das schätze“. Als erster kindergarten im gruppen durchgeführt, insbesondere im Kindergartenprojekt informiert und darüber, landkreis Freudenstadt startet nun der vorschulalter richten wir noch einmal die wie sie ihr Kind vor Missbrauch schützen katholische kindergarten herz Jesu in aufmerksamkeit auf Selbstbewusstsein können. Dazu Yvonne Schwarz-tron, Mitar- lützenhardt das Projekt. und Selbstvertrauen. Durch ,Echte Schät- beiterin des Polizeireferats Prävention in Das thema sexueller Missbrauch an Kin- ze‘ wird dieser Bereich mit neuen ideen Pforzheim: „in Pforzheim und im Enzkreis dern löst allgemein große Betroffenheit aus. und Materialien ergänzt.“ läuft das Projekt ,Echte Schätze‘ schon seit So auch bei der Diözese rottenburg-Stutt- Das Kindergartenteam war seinerseits vielen Jahren sehr erfolgreich. Wir wün- gart, die anfang des Jahres die Psycholo- bereit, einen abend lang die Schulbank zu schen uns, dass es auch im Landkreis gischen Beratungsstellen an den Stand- drücken und sich zum thema sexualisierte Freudenstadt verbreitung erfährt.“ orten Stuttgart, horb und tuttlingen beauf- Gewalt und der arbeit mit dem Projekt wei- Die Koordinatorin des Projekts, tina tragte, den Kampf gegen sexuellen Miss- terbilden zu lassen. „Mein Körper gehört Schäfer-Brennenstuhl, zeigte sich sehr zu- brauch zu verstärken. Die Beratungsstelle mir! ich darf nein sagen! Es gibt gute und frieden mit dem gelungenen Start: „Mein in horb bekam dafür eine neue Mitarbei- schlechte Geheimnisse – die schlechten Dank gilt Yvonne Blattner und ihrem Kinder- terin. sage ich weiter und hole mir hilfe!“ sind ei- gartenteam für ihr großes Engagement so- Die Kindergartenleiterin Yvonne Blattner nige der zentralen aussagen des Projekts. wie dem Spender. ich freue mich, wenn begründet ihre vorreiterrolle mit ihrem team Diese sind in eine Bilderbuchgeschichte dies noch viele nachahmer findet und sich so: „Die Prävention von sexuellem Miss- eingebettet, die über den zeitraum von weitere Kindergärten bei mir melden. auch brauch an Kindern ist eins von vielen wich- sechs Wochen durch die arbeit führt. die ,hänsel+Gretel‘-Kinderschutzstiftung tigen themen in unserer pädagogischen Wichtigster Baustein ist die „Starke- stellt unter bestimmten voraussetzungen arbeit. Schon immer wurden in verschie- Sachen-Kiste“, in der alle Materialien vor- kostenlose Starke-Sachen-Kisten zur ver- denen Projekten das Selbstbewusstsein handen sind, die die Erzieher*innen für die fügung.“ und das Selbstvertrauen der Kinder ge- arbeit zu diesem thema brauchen. Die Ma- Yvonne Blattner, stärkt und gefördert, die in allen Lebens- terialien veranschaulichen die aussagen Leiterin Kath. Kindergarten Herz Jesu tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 9
Aus dem VerbAnd ein Fachtag zum Wissenstransfer Einblicke in die innerverbandliche arbeit am Beispiel Sprach-Kita stuttgArt. Aus der gesamten diözese richtungen, verteilt auf fünf Fachberatungs- chen Fachkräfte in den handlungsfeldern rottenburg-stuttgart reisten die Fachbe- stellen, die sich in amtzell, Biberach, tutt- alltagsintegrierte Sprachbildung, inklusive rater*innen des landesverbandes katho- lingen, horb und Waiblingen befinden, mit Pädagogik und zusammenarbeit mit Fami- lischer kindertagesstätten am 13. Juli fünf zusätzlichen Fachberaterinnen Sprach- lien sowie entlang der individuellen Bedarfe. neugierig und engagiert nach stuttgart Kitas. Sie fördert die jeweiligen teambildungs- an, um am Fachtag sprach-kitas mitzu- ziel des Bundesprogramms ist die Stär- prozesse und unterstützt die Einrichtungen wirken. Ziel des tages war es, die bishe- kung des Systems der frühen Bildung in der Konzeptions- und Qualitätsweiter- rige laufzeit des bundesprogramms durch: entwicklung. zusätzlich befördert und initi- „sprach-kitas: Weil sprache der schlüs- • Qualifizierung und Spezialisierung iert sie die Bildung von netzwerken und ar- sel zur Welt ist“ gemeinsam zu reflektieren • fachliche unterstützung und Weiterent- beitskreisen und sorgt so für die Stärkung sowie die essenzen und Ziele heraus- wicklung der Kita-teams einrichtungsübergreifender kollegialer zu- zuarbeiten. • Stärkung und Qualifizierung des unter- sammenarbeit und fachlichen austausch. stützungssystems im weiteren verlauf des Fachtages wur- aufgrund der Pandemie musste die veran- • das Schaffen von aufstiegsmöglichkeiten den die Ergebnisse der Masterthesis von staltung mehrfach verschoben werden und für berufserfahrene pädagogische Fach- vanessa Krauth besprochen, die es sich konnte dann, endlich, unter Berück- kräfte zur aufgabe gemacht hatte, die strukturel- sichtigung der 3-G-regel in Präsenz statt- • Bildungs-und chancengerechtigkeit len Gelingensfaktoren des Bundespro- finden. Mit viel Liebe fürs Detail wurde • sprachliche Entwicklung aller Kinder von gramms Sprach-Kita in den verbünden des dieser Fachtag von den derzeitigen und anfang an Landesverbandes zu erforschen. ihre For- den in der vergangenheit als solche tätigen • Weiterentwicklung der Einrichtungskon- schungsarbeit zeigt auf, dass der Profit zusätzlichen Fachberaterinnen Sprach-Ki- zeption durch das Bundesprogramm von den pä- tas unter Einbeziehung vieler kreativer • Qualitätsweiterentwicklung dagogischen Fachkräften Methoden vorbereitet. zu Beginn stellten Die zusätzliche Fachberatung stärkt und als hoch eingestuft Diana Gratz und andrea Lips das arbeits- unterstützt bereits bestehende Strukturen wird. Es stellt sich feld des Bundesprogramms Sprach-Kitas in den Einrichtungen durch ihre Fachlich- dem Landesver- vor und gingen auf die geschichtliche Ent- keit. Mit Schulungen und netzwerktreffen band die Frage, wicklung im Landesverband ein. annedore sowie bei regelmäßigen Besuchen vor ort wie das er- vandermoeten stellte die verschiedenen qualifiziert sie die Leitungen und zusätzli- worbene verbünde vor: insgesamt gibt es im Lan- Wissen desverband acht Sprach-Kita-ver- bünde mit insgesamt 98 beteiligten Ein- FOTO: KFE 10 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
durch das Bundesprogramm nun auch den anderen, nicht am Bundesprogramm teil- nehmenden Kindertageseinrichtungen zu- teil werden kann (Stichwort: transfer in das gesamte Kita-System). am nachmittag setzten sich die teil- nehmerinnen und teilnehmer mithilfe der Methodik des World cafés, durch das Jo- hanna Bayer und Danielle Schumacher- zondel führten, mit folgenden Fragen zum thema nachhaltigkeit und vernetzung in- nerhalb des Landesverbandes auseinan- der: Wie bereichert das Bundesprogramm im hinblick auf seine Struktur und seine handlungsfelder die Einrichtungen des Lan- desverbandes? Welche Schnittstellen ha- ben sich während der Programmlaufzeit ergeben und wie kann zukünftig damit um- gegangen werden? Welche Strukturen und inhalte des Bundesprogramms können in der Fachberatung vor ort genutzt und was soll zum Ende der Programmlaufzeit bis 2022 implementiert werden? schLüsseLmomente Die überregionale vernetzung der Fachbe- Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ ratung stellt sich als besonders relevant dar. auch die große Methodenvielfalt des in der Pandemie ein bericht aus dem homeoffice Sprach-Kita-Programms, eindrucksvoll an vielen Stellen durch Manuela Wagner veran- zu Beginn der Pandemie 2020 hat sich das team erarbeitet und mich auf die zeit schaulicht, kann in die arbeit in den ar- für die Menschheit in kürzester zeit einiges vorbereitet, in der ich wieder mit dem beitskreisen und Qualitätszirkeln sowie vor verändert. Eine neue Gefahr lag in der Luft team direkt arbeiten kann. Die ganze zeit ort in die arbeit mit Leitungen und teams und unser gewohnter beruflicher und pri- über stand ich mit der Kita-Leitung andrea stärker mit einfließen. Die intensive Pro- vater alltag sowie das soziale Miteinander Müller sowie mit unserer zusätzlichen zessbegleitung, die im Bundesprogramm wurden stark verändert, ja sogar stark ein- Fachberatung heike Stadel-zeh in Kon- Sprach-Kitas aufgrund der Struktur der ver- geschränkt. takt. Gemeinsam haben wir überlegt, was bünde mit ihrer überschaubaren anzahl von ich, Sabina riker, zusätzliche Fachkraft ich im Sinne des Bundesprogramms tun 12 bis 15 Einrichtungen intensiv erfolgen im Bundesprogramm, konnte meiner ar- kann, und uns darüber ausgetauscht. kann, wird als sehr gewinnbringend ange- beit, dem auftrag des Bundesprogramms Durch genau diesen wichtigen, rückbli- sehen. in der Beratungsarbeit wurden auch „Sprach-Kitas“, nicht wie gewohnt nach- ckend gesehen den wichtigsten, aus- viele Gemeinsamkeiten der arbeitsweisen gehen. Da stand ich nun und wusste erst tausch in Bezug auf das arbeiten im und inhalte von Fachberatung und zusätz- mal nicht weiter. ich war im homeoffice – homeoffice wurde mir klar, welche ideen licher Fachberatung Sprach-Kitas deutlich. und in der Kita vor ort war ebenfalls plötz- und ansätze gut waren und was mich hier seien die Beratungshaltung, das ganz- lich alles anders. Schließungen, notbe- nicht zufriedenstellte. heitliche Denken, die orientierung an Pro- treuung, Öffnungen, der Betrieb unter zess- und Strukturqualität als Beispiele ge- Pandemiebedingungen nahm seine Form motivation und teamwork nannt. Eine enge verzahnung beider Bera- an. Das erste Mal seit Beginn des Bundes- tungsangebote kann sich somit vorteilhaft Wichtig war nun die arbeit vor ort. Ein programms habe ich meine arbeit hinter- auswirken. hygieneplan wurde erstellt, neue regeln fragt. Diese tatsache hat mich dazu be- abschließend wurde von Wolf-Dieter ausprobiert und festgelegt. Doch was ist wogen, neu zu denken, mich neu zu struk- Korek, vorstand des Landesverbandes, mit meiner rolle in der Kita, mit meiner ar- turieren und die umstände zu akzeptieren. hervorgehoben, dass das Bundespro- beit? Was kann ich tun? Wie setze ich Ja, meine arbeit sollte sogar moderner gramm Sprach-Kitas ein Qualitätsmerkmal meinen auftrag nun um? nach dem ersten werden. Somit war der erste wichtige des Landesverbands darstellt und damit Schreck und der plötzlichen veränderung, Schritt getan, ich habe meine Motivation das gesamte Dienstleistungsprofil berei- habe ich dort angesetzt, woran ich vor gefunden. Daraufhin habe ich eine Mind- chert. der Pandemie gearbeitet habe. ich habe map zu den aus meiner Sicht wichtigsten bb/al themen des Bundesprogramms weiter für Bereichen erstellt, um mich besser orien- tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 11
tieren zu können (siehe Schaubild). „Sprach-Kitas“ angeschafften neuen Ge- der trägerschaft ermöglicht. zunächst war es wichtig, meine Motiva- räte. zudem kommunizieren wir im team, interessant finde ich für die zukunft auch tion neu zu finden. Dazu habe ich mir selbst mit dem träger, in Kleinteams sowie mit die Möglichkeit hybrider veranstaltungen. Fragen gestellt wie: Was treibt mich an? den Familien über digitale Plattformen und So könnten zum Beispiel Eltern, die sonst Was möchte/kann ich aus der Ferne errei- führen videokonferenzen durch. Die von nicht an Elternabenden teilnehmen könn- chen? Welchen Beitrag ten, weil sie vielleicht keinen Babysitter ha- soll ich leisten? ben, per video dazugeschaltet werden. Das ich habe mich darauf- gleiche Prinzip kann ich mir für bestimmte hin fest dazu entschlos- DI G I TA L I - Fortbildungen, die eventuell weit entfernt S I E R UNG sen, gute Wege zu finden, stattfinden und mittels videoschaltung die themen des Bun- trotzdem eine teilnahme ermöglichen, gut desprogramms spürbar, vorstellen. Mein Fazit ist: Lasst uns mutig wenn auch aus der Ferne, sein und neue Wege und Möglichkeiten in die Einrichtung zu sen- entdecken, diese ausprobieren und einen SPR A CH - K I TA S den. MOTIVATION IM H OME OF F I CE NE T Z W E RK vorteil daraus schöpfen. Meine eigene Motiva- tion war in dieser schwe- Vernetzung ren zeit der akuten Pan- Dank des Meilensprungs im Bereich der di- demie nicht ausreichend. gitalen Kommunikation war eine zusam- um eine erfolgreiche um- LE I T UNG menarbeit mit netzwerkpartnern möglich. setzung des Bundespro- U ND T E A M Beispielsweise fanden verschiedene aktio- gramms mit mir aus der nen in zusammenarbeit mit dem treffpunkt Ferne zu erzielen, war Familie, mit der Leitung und den Familien meine rolle im team, die statt. auch die arbeit im verbund des Bun- unterstützung des teams sowie die enge mir vorbereiteten themen stelle ich eben- desprogramms und die arbeit unserer zusammenarbeit im tandem (bestehend falls per videokonferenz zu regelmäßig fest- Fachberatung finden nun digital sowie, aus der Leitung und mir) wichtig. Es ist ein gelegten terminen dem team vor. Gemein- durch den Wegfall der anfahrt, auch sehr klarer vorteil, wenn die Leitung und das sam im team erarbeiten wir die themen, engmaschig statt. team dieselben ziele verfolgen. Die Leitung setzen uns ziele und reflektieren Erfah- abschließend kann ich sagen, dass ich hat den Weg für ein gutes arbeiten in der rungen. Der umgang mit den „neuen“ mit meiner Situation des homeoffices in ausnahmesituation geebnet. Dieser Einsatz Kommunikationsmöglichkeiten ist mit der Bezug auf die arbeit im Bundesprogramm der Leitung ist eine Grundvoraussetzung zeit immer umfangreicher und präziser ge- „Sprach-Kitas“ sehr zufrieden bin. Eine kur- für den Erfolg des Bundesprogramms vor, worden. So führen wir Präsentationen ze zwischenbilanz verdeutlicht sogar eine während und nach der Pandemie. Die auf- durch, schauen uns gemeinsam videoaus- effizientere Erarbeitung einiger vorhaben geschlossenheit und die vielseitigen Kom- schnitte an oder erstellen zeitgleich gemein- sowie einen großen Fortschritt in der Digi- petenzen des teams sind ebenso ein Ge- same Dokumente. talisierung. lingensfaktor. um im haus präsent zu sein, auch die Kinder werden an dieses führe ich zum einen videokonferenzen und thema herangeführt, denn ihnen begegnen FOTO: PRIVAT teamsitzungen durch, zum anderen melde diese Medien auch häufiger als zuvor. viele ich mich regelmäßig in einem zirkulierenden von ihnen bekommen mit, wie zu hause im rhythmus bei den einzelnen Gruppen. in homeoffice gearbeitet wird, Geschwister- dieser zeit bin ich speziell für diese Gruppe kinder online-unterricht haben oder die Kita da. ich begleite sie und wir erarbeiten si- ein video an sie sendet. auch videokon- tuationsorientiert themen und anliegen. ferenzen mit Kindern haben stattgefunden. nun sind eine Schulung des Fachper- digitALisierung sonals und der Eltern zu dem thema Er- als tandem haben wir uns dazu ent- rungenschaften und Gefahren sowie der schlossen, diese Situation dazu zu nutzen, richtige umgang mit digitalen Medien für unsere einst utopisch erscheinenden ideen Kinder von großer Bedeutung. Ebenso wie SABINA RIKER, STAATLICH ANERKANNTE zur Digitalisierung Wirklichkeit werden zu es eine verkehrserziehung für den Straßen- KINDERPFLEGERIN UND ERZIEHERIN, WAR lassen. Wir arbeiteten in einigen Bereichen verkehr gibt, sollte eine solche Medien- „SPRACHEXPERTIN“ IM BUNDESPROGRAMM zuvor schon digital, nun hat uns die Pan- erziehung stattfinden. ich bin zurzeit sehr FRÜHE CHANCEN 2015–2016 UND IST SEIT demie einen großen anstoß nach vorn, vor dankbar für diese Errungenschaften, denn 2016 ZUSÄTZLICHE PÄDAGOGISCHE FACHKRAFT allem im Bereich der digitalen Kommunika- dies hat mir eine rege Kommunikation mit IM BUNDESPROGRAMM „SPRACH-KITAS“. SIE tion, gegeben. der Leitung, dem team, den Familien, netz- IST IM KATHOLISCHEN KINDERGARTEN ST. Wir nutzen die im zuge des Digitalisie- werkpartnern, dem verbund „Sprach-Ki- MARKUS IN SCHORNDORF TÄTIG UND ARBEITET rungszuschusses des Bundesprogramms tas“, der Fachberatung und zum teil mit SEIT BEGINN DER PANDEMIE IM HOMEOFFICE. 12 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
F O R T- U N D W E I T E R B I L D U N G „starke leitung – starke kita“ gestartet Qualifizierungskurse für Kita-Leitungen in kürzester zeit ausgebucht berlin/rottenburg-stuttgArt. „starke mer*innen. Das kostenfreie und freiwillige rungstagen konnte erlebt werden, dass in leitung – starke kita“ ist ein Programm Programm richtet sich ausschließlich an den aufbau und die Weiterentwicklung ei- der deutschen kinder- und Jugend- Kita-Leitungen gem. § 7 (6) KitaG, die in nes QM-Systems sehr wohl verschiedene stiftung (dkJs), gefördert durch das Baden-Württemberg tätig sind. Der Lan- ressourcen wie zeit und Geld fließen müs- ministerium für kultus, Jugend und sport desverband bietet bis einschließlich 2023 sen. auch wurde deutlich, dass die Ent- baden-Württemberg. die dkJs agiert als fünf Qualifizierungskurse für jeweils 20 Lei- wicklung und Sicherung von Qualität die koordinierungsstelle. tungen an, die in kürzester zeit ausgebucht unbedingte unterstützung des trägers be- waren. Der erste Kurs startete im Mai und nötigt. Das steht außer Frage. Die zehntägigen Qualifizierungskurse finden beschäftigte sich im Grundlagenmodul un- Ein lebendiges QM-System stellt die Pro- im rahmen des Programms „Starke Lei- ter anderem mit folgenden themen: zesse vor ort dar und ist kein verstaubter tung – starke Kita“ statt und werden aus • Kindertageseinrichtung als System di- ordner im Schrank. Es bietet allen Betei- Mitteln des Gute-Kita-Gesetzes finanziert. verserer interessierter Parteien mit ge- ligten transparenz und Sicherheit in der ver- Sie beinhalten neben dem Kurs auch coa- sellschaftlichem auftrag unter Berück- lässlichen umsetzung der Prozesse und un- ching und netzwerktreffen für die teilneh- sichtigung rechtlicher und behördlicher terstützt die Leitung in ihrer Führungs- und Grundlagen Steuerungsfunktion. Diese und viele weitere • erfolgreiche Führung und Selbstreflexion Lernerfahrungen konnten während des ers- von rolle und haltung ten Moduls gesammelt werden. Dies zeigen • Führungskultur als ausdruck des Leit- auch die rückmeldungen, die trotz viertägi- Aussagen von Teilnehmer*innen des Online- bilds und Leitung als vorbild gem onlines-Seminar, das zuvor alle mit Seminars: • Prinzipien und Grundlagen des Qualitäts- respekt betrachteten, positiv waren. „Sehr fachliche und fundierte Beratung durch beide managements als Steuerungs- und Füh- nun freuen wir uns auf die kommenden Referenten!“ rungsinstrument Module, die leider in diesem Kalenderjahr „Abwechslungsreiche Methoden, Zeit und Raum für • aufbau eigenes QM-System, ausgehend noch online stattfinden müssen. im nächs- den Austausch unter uns Leitungen.“ vom diözesanen QM ten Jahr werden wir (hoffentlich!) mit großer „Besonders gut haben mir der Austausch mit ande- • das QM-handbuch und seine Doku- Freude auf Präsenzveranstaltung um- ren Leitungen und die Präsenz der Fachberatung mente steigen können, um den austausch und gefallen. So konnten gezielte Fragen gestellt wer- den. Sehr strukturierter Ablauf, klare Arbeitsaufträ- Ein weiterer Baustein der Qualifizierung ist das voneinanderlernen noch intensiver pfle- ge, methodisch sehr abwechslungsreich.“ die Erstellung eines Maßnahmenplanes auf gen zu können. „Ich fand es sehr wichtig, dass auf alles gleich ein- Grundlage eines veränderungsprojektes in hu gegangen wurde.“ den jeweiligen Kindertageseinrichtungen. INFO „Toll war, dass die Fachberatung begleitend dabei Diese enge verzahnung eines QM-Sys- https://starke-leitung-starke-kita.de war, so konnte sie bei weiteren Fragen gleich ergän- tems vor ort mit der Weiterentwicklung von zend Frau Wiese (der Referentin) zur Seite stehen. Konzeptions-, team- und interaktionsquali- Großes Lob! Es waren tolle, informative und motivie- tät hat sich als sinnstiftend und praxisnah rende Tage. Ich freue mich jetzt schon auf Oktober.“ herausgestellt. in den ersten vier Qualifizie- „Gut gefiel mir, dass der Ordner mit den Fortbil- dungsinhalten vorher zugeschickt wurde. So konnte ich während der Fortbildung Notizen machen, mitle- sen und im Voraus erfahren, was die Inhalte sind, und mich etwas vorbereiten.“ „Außerdem gefielen mir die Struktur und Or- ganisation während der Fortbildung. Es war stets klar, was wann und wie bearbeitet wird.“ „Besonders hervorheben möchte ich das Zusam- menspiel der Referentin und Fachberatung. Sie haben sich hervorragend ergänzt. Als Zuhörer/ Teilnehmer habe ich mich stets gehört und ge- sehen gefühlt. Eigene Themen und Fragen konnte ich einbringen. Durch die Abwechslung zwischen Einzel-/Gruppenarbeit, Präsentationen, Gesprächen, FOTO: ISTOCKPHOTO Erfahrungsaustausch, Aufgabenbearbeitung … war die Zeit sehr abwechslungsreich, kurzweilig und durchgehend spannend.“ tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 13
Framing Framing FRAMING Framing die unsichtbare Framing Framing macht der Worte Framing Framing die unSichtBarE mAcht der Worte heute schon „geframed“? natürlich ha- Ein Frame zeigt einen ausgewählten Bild- May-Filme kamen ab 1963 in die Kinos. ben sie das – oder sie wurden selbst ge- ausschnitt vom Ganzen und ist immer sub- Pierre Brice als wortkarger apachen-häupt- framed. schon früh am morgen, wenn sie jektiv gefärbt. Es sind kognitive Deutungs- ling begleitete mich durch meine Jugend – einen blick in die Zeitung werfen oder rahmen im Kopf, innerhalb derer Menschen nicht aber meinen Sohn. ihren news-Feed checken, werden sie denken, sprechen und handeln. Dies ge- neben den bildhaft aufgeladenen Fra- frame-mäßig „upgedated“. da wird die schieht meist unbewusst und beinhaltet im- mes sind es oft codes, die zu Miss- oder pandemische Notbremse gezogen, es tun mer emotional besetzte Basisvorstellungen nichtverstehen führen. Die Jugendsprache sich Gräben in einer Partei auf und einer der eigenen individuellen Erlebenswelten. zum Beispiel ist reich an codierten Frames, ganzen branche geht die Puste aus. sie ist kreativ, besteht aus übertreibungen FrAming ist die kunst, den und Wortverschmelzungen. Wenn Sie als über „Framing“ wird viel geredet und ge- bLick AuF unsere subjektiVe Erwachsener oder gar Elternteil cool sein schrieben. Das ist gut so, denn wir werden WirkLichkeit zu Verändern wollen, dann sind Sie einfach nur „cringe damit aufmerksam gemacht auf die Bild- George Lakoff, ein amerikanischer Pro- pur“, was man in etwa mit „höchst peinlich“ sprache der Manipulationen, der wir seit fessor für Linguistik und bestens vertraut übersetzen könnte. Diese schnell wech- Beginn unseres Lebens ausgesetzt sind, mit dem weiten Feld des Framings, vertritt selnden codierten Wörter der Jugend- und darauf, dass wir als Erwachsene selbst die these, dass alle Menschen in Meta- sprache bleiben uns Erwachsenen meist Meister des Framens sind, ob wir wollen phern denken. unsere Kommunikation läuft fremd und kryptisch. Das ist durchaus ge- oder nicht. also zum Großteil über Bilder ab. wollt und zeigt: Wenn wir uns von etwas nehmen wir ein Beispiel aus dem ganz kein Bild machen können, weil die Worte FrAming ist nichts neues alltäglichen Leben. in diesem Fall aus mei- bedeutungsleer, schwer verständlich oder „Keiner versteht den anderen ganz, weil nem Leben. Mein jüngster Sohn war ein abstrakt sind, kommen sie im Gehirn nicht keiner bei demselben Wort genau dasselbe Jahr lang nicht beim Frisör und wird in der an und landen im nirgendwo. denkt wie der andere“, so Johann Wolfgang Familie seit ein paar Wochen Winnetou ge- von Goethe. aber was heißt denn nun „Fra- nannt. und schon wissen Sie, wie er aus- Wir sind schneLLer Von etWAs men“ eigentlich? sieht, denn Sie haben ein Bild von einem überzeugt, Wenn Wir „im biLde“ Das englische Wort „frame“ bedeutet großen, schlanken Mann mit langem sind! übersetzt „rahmen“. Der Sozialwissen- schwarzem haar vor augen – eben Winne- in unserer Sprache wimmelt es von Bildern. schaftler Gregory Bateson hat den Begriff tou. Ein einziges Wort und schon ist man Wir wollen hoch hinaus, aber nicht tief „framing“ 1972 geprägt. Für ihn ist die rah- im Bilde? Wäre schön, ist aber nicht so! fallen. Wir denken groß und weit – doch mung kommunikativer handlungen eine Was ist, wenn das Winnetou-Double gar manches führt uns in die Sackgasse. Wir Bedingung, damit verständigung gelingt. nicht weiß, wer oder was dieser Winnetou lassen die vergangenheit hinter uns und Der Sender gibt dem Empfänger durch ge- ist oder sein soll? hier handelt es sich um blicken nach vorn. am himmel sind die zielte Wortwahl eine bestimmte Botschaft. ein Generationenproblem, denn die Karl- Schäfchenwolken und unser Waschmittel 14 tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1
ist für die blütenweiße Wäsche mit dem den. Dies geschieht größtenteils unterhalb das als angsthase betitelt wird? Wie mag Frühlingsduft verantwortlich. der Bewusstseinsschwelle und lässt sich es einem Kind gehen, das seine emotionale in der Werbung sind Könner am Werk. nicht willentlich beeinflussen. trotzdem sind Befindlichkeit über tränen zum ausdruck Sie schaffen es, dass sich Produkte mit Le- diese Wahrnehmungen im Gehirn gemein- bringt und dann „heulsuse“ genannt wird? bensgefühlen verbinden und – ganz subtil sam mit der emotionalen Bedeutung (gut Schmerz, angst und Sorgen sind auch un- und manipulativ – in unsere Köpfe ge- – schlecht – neutral – bedrohlich) abge- ter Erwachsenen subjektiv und nicht ver- langen. Es sind raffinierte inszenierungen. speichert. gleichbar. Woher nehmen Erwachsene sich auch in der Politik wird die manipulative dann das recht, zu urteilen, dass der kind- Bildsprache ganz bewusst in unserem un- sPrAche schAFFt WirkLichkeit liche Schmerz, die kindliche Sorge und terbewusstsein verankert. Ein Meister darin Sie fragen sich vielleicht nun: „Was hat das angst „kleiner“ und weniger wichtig sind? war Donald trump. Er benutzt Wortbilder, alles mit mir und meiner pädagogischen angsthase ist eine Betitelung, von der Kin- die sehr einfach sind, aber sich in die Köpfe arbeit zu tun?“ Sehr viel! der wissen oder zumindest ahnen, dass es aller einprägen. Wer erinnert sich nicht an Sprache ist immer ein ausdruck des Be- sich um eine zuschreibung von versagen die Wortschöpfung „Fake news“?! wusstseins. Sprache schafft Wirklichkeit handelt, um einen vorwurf oder zumindest Was passiert in uns und mit uns, wenn und prägt unser Denken und die Sicht auf ein „Sich-lächerlich-Machen“. So geht es wir von Flüchtlingswelle oder asyltourismus die eigene professionelle arbeit mit Kindern. auch der heulsuse. Sie gilt als überemp- hören und lesen? Ganz gegenwärtig kämp- Eine bewusste auseinandersetzung mit der findlich und nervig. fen wir gegen corona und die Mutanten, eigenen alltagssprache hilft, Wörter, Be- Man könnte es auch anders sehen: Sie die an den Grenzen lauern oder uns über- griffe und Metaphern auf den Prüfstand zu verfügen beide über seismografische Em- rollen. Schauen Sie sich die nachrichten stellen und sie zu hinterfragen. Es lohnt pfindungen, die zeigen, was in unserem an, sie sind voll von Frames. Sie beein- sich, darüber nachzudenken, was und wie umfeld gerade geschieht. flussen uns täglich und meist unmerklich. wir reden. Welche Botschaften stecken in Es ist schwer, dagegen immun zu sein. oder verstecken sich hinter der eigenen sPrAche VerLAngt VerAnt- Wahrscheinlich ist es unmöglich. Sprache? Wortung Es gibt unzählige geläufige Etikettierungen AuF Leisen sohLen ins gehirn ge- Von AngsthAsen und heuLsusen für Kinder, manche können durchaus auch LAngen haben Sie auch angsthasen und heul- liebevoll gemeint sein. Dennoch haben alle 80 Prozent unseres Denkens sind unbe- susen in ihrer Einrichtung? wusst von Metaphern geprägt. Frames Müssen Sie sich mit raben- werden von Menschen genutzt, um kom- Eltern und deren Pendant, den plexen informationen Sinn und Bedeutung helikopter-Eltern, auseinander- zu verleihen. Sie helfen uns, vielschichtige setzen? Wie ist das mit ihren „Ein einziges Phänomene in nachvollziehbare und zu- Kolleg*innen? Mit was und wem sammenhängende Kategorien einzuteilen. haben Sie es hier zu tun? Mit grausames Wort Wenn wir einem Ereignis einen Frame ge- lahmen Schnecken oder, um in kann ein Gemüt ben, werden nur einige aspekte seiner Be- der tierwelt zu bleiben, mit stör- deutung herausgehoben. Es werden jene rischen Eseln oder fleißigen verbiegen. aspekte betont, die uns vertraut sind oder ameisen? die in unser bestehendes Weltbild passen. Frames zeigen die eigene In Gegenwart Gleichzeitig blenden wir andere aspekte Sicht auf die Welt und sind im- einer Seele sollte aus. Framing bedeutet somit auch immer mer eine verzerrung der Wirk- starke vereinfachung und Selektion. lichkeit. verhalten, aussehen, Vorsicht walten“ Wir suchen automatisch in allem, was uns aber auch Begegnungen mit Einar Benediktsson begegnet, nach Sinn. Sinn, Werte und Menschen werden hervorgeho- Glauben speisen sich ausschließlich aus ben. Es sind immer reduzierte der Summe jener Frames, die wir im Laufe ausschnitte – wir haben uns ein unseres Lebens angesammelt haben. Ganz Bild gemacht und stecken mit- egal wie gut zahlen und Fakten aufbereitet ten in der Etikettierung, in der Stigmatisie- eines gemeinsam: Dem Kind wird eine be- werden – ob wir uns für ein Ja oder nein rung schlechthin. stimmte Eigenschaft zugeschrieben – es entscheiden, liegt überwiegend im Bereich wird darauf reduziert und die vielen anderen der Emotionen. unsere Sinnesorgane leiten Wir können es Anders sehen Eigenschaften, die es besitzt, werden mehr alle eintreffenden Wahrnehmungen an das Brisant werden Etikettierungen in Macht- oder weniger ignoriert. Großhirn weiter. aber bevor sie dort ein- verhältnissen. Damit sind wir im Bereich Die aufgabe von pädagogischen Fach- treffen, werden sie vom zwischenhirn be- des adultismus angelangt. kräften ist es, das Kind in seinen Lernpro- arbeitet und emotional eingefärbt. Die ein- Kommen wir noch mal auf die Begriffe zessen und seinem Selbstbild zu bestärken zelnen vorgänge der informationsver- des angsthasen und der heulsuse zurück. und zu unterstützen. Eine Etikettierung, sei arbeitung erledigt das Gehirn in Millisekun- Welche Gefühle entstehen in einem Kind, es bewusst oder unbewusst, kann für die tA c h e l e s n r. 8 5 i s e p t e m b e r 2 0 2 1 15
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