1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt

 
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1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
11. BIS 24. JULI

                                                     15 2020

1400 Jahre St-Ursanne
 Reportage Von der Einsiedelei zum Kulturerbe

 Im Kanton Jura feiert St-Ursanne sich selbst
 und den Eremiten Ursicinus, der hier im Jahr 620
 gestorben sein soll.
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
EDITORIAL

                                                                    Sturm auf der Nordsee: Dunkle
                                                                    Wolken zogen am Himmel auf.
                                                                    Die Sonne verschwand. Die
                                                                    Wellen prallten immer schwe-
                                                                    rer aufs Schiff. Plötzlich
                                                                    rutschten alle Tische und die
Die meisten Menschen möchten etwas Gutes tun                        Stühle glitten mit den Perso-
und die Welt verbessern.                                            nen, die draufsassen, an den
                                                                    Rand des Schiffes. Panik
Fast täglich landet eine digitale Unterschriftensammlung bei
                                                                    machte sich breit. Es galt, sich
mir: für grössere Meeres-Schutzgebiete; gegen die Annektierung
                                                                    festzuhalten und einen kühlen
palästinensischer Gebiete durch Israel; gegen tödliche Pestizide;
                                                                    Kopf zu bewahren.
für eine humane Flüchtlingspolitik; gegen Rassismus. Ich bin
geneigt, in den meisten Fällen zu unterschreiben, min­destens       Allerlei Gedanken kamen auf.
dort, wo mir die Kampagne vertrauenswürdig erscheint. Auch          Auch, dass ich auf meiner
ich möchte Gutes tun und die Welt verbessern.                       Hochzeitsreise, auf der wir ge-
                                                                    rade waren, nicht in die tosen-
Auch mit Demonstrationen, Pilgermärschen oder Sitzstreiks           de Nordsee stürzen wollte.
kann man Themen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen          Plötzlich kam mir ein Text aus
und Politik, Gesellschaft oder Kirche sensibilisieren. Und doch     der Bibel in den Sinn: Die
bleibt mir der Verdacht, dass sowohl das Unterschreiben             Jünger kamen auch auf einem
von Petitionen wie das Demonstrieren manchmal vor allem             See in einen Sturm und hatten
dazu dient, mein persönliches Gewissen zu beruhigen. Die            Angst (Mk 4,35–41). Ich ver-
Frage bleibt: Wie erreiche ich wirklich etwas, das die Welt über    stand sofort, was diese Angst
das allernächste Umfeld hinaus verändert?                           bedeutete. Ich fing an zu be-
                                                                    ten, dass Gott uns beschütze.
Thomas Merton, Trappist, Schriftsteller und Mystiker, sagt          Nach gefühlt unendlich langer
provokativ: «Es gibt eine vorherrschende Form zeitgenössischer      Zeit im wilden Sturm kamen
Gewalt, der ein Idealist, der mit gewaltlosen Methoden für          wir, dank des guten Kapitäns,
den Frieden kämpft, am ehesten erliegt: Aktivismus und Über­        heil im Hafen an. Was für ein
ar­beitung.» Merton hält das deshalb für so gefährlich, weil        Geschenk!
damit die eigene, innere Kapazität für den Frieden angegriffen      Wie ein Kapitän das Schiff
wird und die Wurzeln der inneren Weisheit getötet werden.           sicher aus einem Sturm steu-
                                                                    ern kann, kann uns auch Gott
Ich kann mich also nicht davon entbinden, meine innere Kapazität    aus unseren Stürmen des Le-
für den Frieden zu suchen. Finde ich diese Verbindung zu            bens führen. Gott ist immer
meinen Wurzeln, verstehe ich auch, wo ein konkreter Einsatz         für uns da. Wir dürfen ihn je-
gefragt ist und wo meine Arbeit fruchtbar werden kann.              derzeit rufen. Er hat die
                                                                    Macht, den schlimmsten
Die Sommerferien stehen vor der Tür – sie können mir auch           Sturm zu bändigen, wenn wir
dafür Raum und Zeit schenken.                                       ihm vertrauen.

                                                                    Ramona Ruch-Kupschina
                                                                    Katechetin St. Gallus, Fischenthal

                                                                                     forum 15 2020    2
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
INHALT

                                                            4

                                                                                                                                                                      Foto: Jean-Claude Gadmer
              SCHWERPUNKT

          Von der Einsiedelei
          zum Kulturerbe
          Im Jahr 620 soll der Eremit
          Ursicinus gestorben sein. Nach
          ihm ist St-Ursanne benannt.
          Ein Rundgang durch die Stadt
          und ihre spirituelle Dimension.

              LEBEN IN BEZIEHUNG
                                                            8                                                             SCHWERPUNKT 
                                                                                                                          Eine Million Kreuzstiche
                                                                                                                          Ein gesticktes Wandbild zum
                                                                                                                                                                7

          Danke Ausgangssperre                                                                                            Jubiläumsjahr in St-Ursanne.

          Sofern man weder gesundheitlich
          noch wirtschaftlich bedroht war,
          konnte man dem Lockdown auch
                                                                                     IM ZÜRIPIET DIHEI        26          AUS DEN PFARREIEN             9–24
          positive Seiten abgewinnen.
                                                                                     Energie im Kreislauf                 GLAUBEN HEUTE                      25
                                                                                                                          Gleichnisse aktuell
                                                                                     Die Kirche St. Franziskus in Ebma-
Foto: Alamy

                                                                                                                          Unbezahlbar – Kamel und Nadelöhr
                                                                                     tingen hat für ihr Energiekonzept
                                                                                     gleich zwei Solarpreise erhalten.
                                                                                                                          KULTUR                             28
                                                                                                                          Ausstellung im Museum Tinguely
                                                                Foto: Manuela Matt

                                                                                                                          Waffen werden zu Musik

                                                                                                                          BOUTIQUE                           29
                                                                                                                          Kräuter aus dem Kloster
                                                                                                                          Echtes und Wiesen-Labkraut

                                                                                                                          AGENDA                             31
                                                                                                                          SCHLUSSTAKT                        32
                                                                                                                          Was ich einmal war …
                                                                                                                          Tatjana Disteli, Bereichsleiterin
                                                                                                                          im Generalvikariat

                                                                                                                           ONLINE + 

                                                                                                                           ohne Punkt und Komma
                                                                                                                           Die dritte Folge unseres Podcastst
                                                                                                                           zur Frage: Sind die Kirchen noch
          Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 30. Juni 2020                                                                  systemrelevant?
          Titel: St-Ursanne im Jura                                                                                        www.forum-pfarrblatt.ch
          Foto: Jean-Claude Gadmer

                                                                                                                                                 forum 15 2020    3
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
SCHWERPUNKT

Nachhaltiger Einzelgänger
Im Jahr 620 soll der Eremit Ursicinus gestorben sein. Nach ihm ist die Stadt
St-Ursanne benannt. Auf einem Rundgang durch die Stadt erläutert Diakon
Philippe Charmillot die spirituelle Dimension des Jubeljahres.
Text Silvia Stam, kath.ch / Fotos Jean-Claude Gadmer

                           «Es sind 190 Stufen bis zur Grotte», sagt Philippe   elle Dimension des Jubiläums im Vordergrund.
                           Charmillot, Diakon in St-Ursanne, und steigt flink   «Ursicinus hat sein Leben ganz auf Gott ausge-
                           die steilen Treppen hinauf. Er ist Mitglied im       richtet.» In Zeiten der Verzettelung, wie wir sie
                           Komitee für das 1400-Jahr-Jubiläum des Städt-        heute kennen, könne die Beschäftigung mit dem
                           chens am Clos du Doubs. Die Stufen sind hoch,        Eremiten helfen, «Prioritäten zu setzen und das
                           einzelne mit Moos überwachsen, auf den Zwi-          Puzzle unseres Lebens neu zu ordnen».
                           schenabsätzen sammelt sich Wasser vom mor-
                           gendlichen Regen.                                    Kein zweiter Niklaus von Flüe
                               «Wir belassen das bewusst schlicht», erläu-      Charmillot geht davon aus, dass Evangelisie-
                           tert Charmillot, «andernorts hätte man das viel-     rung nicht das Ziel von Ursicinus war. «Er such-
                           leicht ausgebessert», sagt er und zeigt auf das      te ein Leben in Einsamkeit und Innerlichkeit.»
                           Moos und die Wasserpfützen. In St-Ursanne wol-       Hierin ist er also durchaus dem Eremiten aus der
                           le man nur sanft restaurieren.                       Zentralschweiz, Niklaus von Flüe (1417 – 1487),
                                                                                verwandt. Anders als im Ranft sei jedoch nicht
                           «Gibt es in St-Ursanne noch Wunder?»                 überliefert, dass Menschen zu dem Eremiten
                           Die Grotte, in der Ursicinus gelebt haben soll,      am Clos du Doubs gepilgert wären und ihn um
                           befindet sich in einem Felsen direkt über der        Rat gefragt hätten.
                           Stadt. Bevor er sie betritt, hebt Charmillot eine        Jetzt aber kommen Touristen, um die Einsie-
                           Postkarte auf, die am Boden liegt. Es ist eine       delei zu besuchen. Denn für das Jubiläumsjahr
                           jener Karten, die zum Jubiläum erstellt wurden.      haben sich die «Ursiniens» viel vorgenommen:
                           Darauf aufgedruckt sind verschiedene Fragen,         Mit Konzerten, Kunstausstellungen, Tagungen,
                           die zum Nachdenken anregen sollen. «Gibt es in       Pilgerreisen, Erzählungen und Theaterstücken
                           St-Ursanne noch Wunder?», lautet die vorlie-         soll ein möglichst breites Publikum angesprochen
                           gende. «Ich bin der lebendige Beweis dafür –         werden. Um die Bevölkerung einzubeziehen, wur-
                           Michel», steht von Hand als Antwort darauf.          den die örtlichen Vereine und Schulen eingeladen,
                           Charmillot zeigt die Karte wie ein Beweisstück,      einen Beitrag zum Jubiläum zu leisten.
                           als wollte er sagen: «Genau darum geht es bei
                           diesem Jubiläum.»                                    Eremit für 14 Stunden
                               In der Grotte befindet sich hinter einem         Eines der Angebote, die das Organisationskomi-
                           Metallgitter ein Altar mit einer Marienstatue,       tee in einer Broschüre und auf der Website zu-
                           davor steht die Skulptur eines offenen Buches –      sammengestellt hat, ist eine Übernachtung in
                           eine Bibel. Darunter in einer Felsnische eine        der kleinen Kapelle, die direkt unterhalb der
                           Statue des liegenden Heiligen, der den Kopf auf      Grotte liegt. Auf dem Weg zurück in die Stadt
                           die rechte Hand stützt. Rechts davor die Statue      öffnet Charmillot diese und erzählt, dass auch
                           eines Bären, der auf den Hinterbeinen steht.         er ab und zu eine Nacht hier verbringe. Wer das
                                                                                Eremitendasein für 14 Stunden erproben möch-
                           Prioritäten setzen                                   te, kann sich in den Sommermonaten für eine
                           «Der Legende nach soll ein Bär den Esel gefres-      Nacht einschreiben. In der Kapelle werden ein
                           sen haben, den der Heilige, der als Wandermönch      Bett und ein kleiner Schreibtisch stehen. «Es
                           hierher kam, mit sich führte», erläutert Charmil-    gibt jedoch kein Wasser, keinen Strom, keine
                           lot. Daraufhin habe dieser zum Bären gesagt:         Toilette», warnt Charmillot.
Philippe Charmillot ist
                           «Jetzt musst du mir als Gehilfe dienen.» Aus dem         Zurück in der Stadt, führt Charmillot die Be-
Diakon in der Pfarrei
St-Ursanne, die Teil des
                           lateinischen «ursus» (Bär) entstand der franzö-      sucher durch den eindrucksvollen Kreuzgang
Pastoralraums Saint-       sische Name Ursanne, auf Deutsch Ursicinus.          zum Lapidarium, wo die erste Kirche von
Gilles – Clos du Doubs         «Ich komme ab und an zur Grotte hoch und         St-Ursanne stand, die Peterskirche. In den Bo-
ist. Zum Pastoralraum      bete zum heiligen Ursicinus, bitte ihn um Unter-     den sind Gitter eingelassen, sodass die darunter
gehören rund 3500 Katho-   stützung bei den Vorbereitungen zum Jubi­            liegenden Sarkophage aus der Merowinger- und
likinnen und Katholiken.   läum», so Charmillot. Für ihn steht die spiritu­     Karolingerzeit sichtbar sind. Beim Verlassen des

                                                                                                               forum 15 2020    4
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
Der heilige Ursicinus – Fakten und Legenden
Der Kult des heiligen Ursicinus (französisch   phag, der dem heiligen Ursicinus zuge-
St-Ursanne) ist im Jura seit dem letzten       schrieben wird.
Drittel des 7. Jahrhunderts belegt. Eine
glaubhafte Überlieferung sieht in Ursanne      Gemäss nicht gesicherter Überlieferung
einen Schüler des heiligen Kolumban, der       kam Ursicinus mit dem heiligen Kolum-
als Eremit am Ufer des Doubs lebte und         ban von Irland nach Frankreich und lebte
dort auch gestorben sein soll, heisst es im    dort im Kloster Luxeuil. Mit Kolumban
Historischen Lexikon der Schweiz. Dem-         und Gallus sei er in die Schweiz gezogen
nach soll der heilige Wandregisel um 630       und zuerst nach Biel gekommen, heisst es
auf einer Reise an Ursannes Grab ein           im ökumenischen Heiligenlexikon. Um
Kloster gegründet haben. Die Klosterge-        615 soll er sich in einer Einsiedelei ober-
meinschaft wurde zu Beginn des 12. Jahr-       halb des heutigen Städtchens St-Ursanne
hunderts in das weltliche Chorherrenstift      in einer Höhle niedergelassen haben, wo
St-Ursanne umgewandelt. Archäologisch          ihn ein Bär regelmässig mit Kräutern und
nachgewiesen sind am Ort des Klosters          Wurzeln versorgt habe. Der Name «Ursici-
Särge aus dem 7. Jahrhundert, die – wegen      nus» leitet sich vom lateinischen «ursus»
des Glaubens an die Auferstehung – nach        (Bär) ab. Ursicinus habe eine Schar von
Osten ausgerichtet waren. In der Krypta        Jüngern angezogen, die auch nach seinem
der Stiftskirche befindet sich ein Sarko-      Tod dort blieben.

                                                                                             forum 15 2020    5
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
190 Stufen führen zur     Lapidariums weist Charmillot auf das Tatzen-            «1507 wurde der Sarkophag letztmals geöff-
Grotte hinauf, in der     kreuz über dem Eingang hin. «Es ist das älteste      net», erzählt Charmillot. Er hofft, dass der Sarko-
Ursicinus als Eremit      christliche Zeichen, das man im Kanton Jura          phag nach Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten
gelebt haben soll.        gefunden hat», erklärt er nicht ohne Stolz. «Man     im Jahr 2021 erneut geöffnet und einer Analyse
Philippe Charmillot ist   vermutet, dass es von einem Sarkophag stammt         unterzogen werden kann, um völlige Transparenz
Diakon in St-Ursanne      und später hier eingesetzt wurde.»                   über das darin enthaltene Skelett zu erhalten.
und Mitglied im Orga­                                                          Für das Jubiläumsjahr, sagt er, «wollen wir das
nisationskomitee.         Tympanon aus dem 12. Jahrhundert                     Geheimnis bewahren».
                          Auf dem Weg in die romanische Stiftskirche, die
                          Collégiale, weist Charmillot auf das Tympanon
                          über dem Südportal hin, ein eindrückliches
                          Werk aus dem 12. Jahrhundert. Es zeigt den
                                                                                Highlights im Jubiläumsjahr
                          thronenden Christus, umgeben von den Apos-
                          teln Petrus und Paulus sowie sieben Engeln. Der       • Schatz der Stiftskirche
                          Mönch links zu seinen Füssen, erkennbar an der           Ausstellung von ausgewählten Objekten aus dem
                          Tonsur, sei Ursicinus. Charmillot wüsste noch            Schatz der Stiftskirche. Aus den rund 400 Objekten
                          viel zu erzählen, wie er selber schmunzelnd sagt,        wurden laut Diakon Philippe Charmillot sechs aus-
                                                                                   gewählt, die in Zusammenhang mit Frömmigkeit
                          beschränkt sich dann aber auf die Erläuterung
                                                                                   oder Gebet stehen.
                          eines Kapitells. Dieses zeigt einen Wolf, der auf
                          dem Weg zur Schule durch das Auftauchen eines         • Skulpturenweg
                          Lammes abgelenkt wird. «Damit wird verdeut-              Auf einer Länge von knapp einem Kilometer werden
                          licht, dass ein Leben gemäss dem Evangelium              zehn hölzerne Skulpturen aufgestellt, welche vier
                          manchmal gegen die eigene Natur geht.»                   bekannte Legenden aus dem Leben von Ursicinus
                                                                                   illustrieren.
                          1507 letztmals geöffnet                               • «Circuit secret»
                          Der kurze Rundgang endet in der Krypta unter-            Ein «Geheimer Rundgang» führt zu 20 Stationen
                          halb der Stiftskirche. Hier befand sich früher der       innerhalb der Stadt, darunter private Räume, die
                          Sarkophag, der dem heiligen Ursicinus zuge-              normalerweise nicht zugänglich sind.
                          schrieben wird. Heute befindet sich dieser hinter     Alle Veranstaltungen unter
                          dem Hauptaltar und ist für Besucher zugänglich.       www.ursanne1400.ch
                          Er bleibt allerdings vorderhand verschlossen.

                                                                                                                  forum 15 2020    6
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
Eine Million Kreuzstiche
In der Stiftskirche von St-Ursanne hängt ein gesticktes Wandbild. Es zeigt
die Stadt und Motive aus ihrem Kulturerbe. 192 Personen haben daran gestickt
oder genäht. Eine davon ist Lucette Stalder.

Lucette Stalder sprudelt, wenn sie vom «panneau
brodé» erzählt, von jenem gestickten Wandbild,
das seit Januar in der Stiftskirche von St-Ursanne
hängt. Inspiriert von gestickten Bannern, wie sie
für Jubiläen der französischen Städte Baume
oder Cluny geschaffen wurden, hatte die 67-jäh-
rige Ursannerin die Idee, etwas Vergleichbares
zum 1400-Jahr-Jubiläum ihrer Stadt zu machen.
«Für das Hauptbild haben wir eine Ansicht der
Landschaft gewählt, wie Ursicinus sie gesehen
                                                     Fotos: Jean-Claude Gadmer

haben muss, als er über den Col des Rangiers
hierherkam», erzählt Stalder.
    Fünf einzelne Motive aus dem Kulturerbe
von St-Ursanne sind als eigene gestickte Bilder
gleichsam in diese Landschaft gesetzt. Sie zei-
gen die Statuen der Mutter Gottes mit dem
Christuskind sowie die von Ursicinus aus dem
Südportal der Stiftskirche, die Grotte mit der                             Arbeit nicht nur eitel Freude war. «Wir haben          Lucette Stalder hatte die
Statue des liegenden Heiligen, seinen Sarko-                               die Farbe Grün aus unseren nächsten Projekten          Idee für das Wandbild,
phag in der Krypta und in der Mitte die silberne                           verbannt», hiess es etwa auf einer Karte.              das nun in der Stiftskirche
                                                                                                                                  hängt.
Reliquienbüste aus dem Stiftsschatz – alles in                                 Insgesamt sei aber die Freude am gemeinsa-
Kreuzstichen gestickt. Insgesamt 1 566 962 Stiche                          men Projekt im Vordergrund gestanden, erzählt
waren nötig, um das Wandbild von 2,66 Metern                               Stalder. Dies sei für die meisten der eher älteren
Breite und 1,29 Meter Höhe herzustellen.                                   Frauen die Hauptmotivation gewesen.
                                                                               «Für die fünf Hauptmotive haben wir be-
156 kleine Rechtecke                                                       stimmte Stickerinnen angefragt, die sich be-
Wie aber konnte ein solches Projekt realisiert                             reits bei früheren grösseren Projekten bewährt
werden? Wer das Bild aus der Nähe betrachtet,                              hatten.» Im September begannen die Näherin-
erkennt, dass es aus lauter kleinen Rechtecken                             nen, die Rechtecke zusammenzunähen. Insge-
besteht, 156 insgesamt, die zusammengenäht                                 samt 23 Frauen aus der Schweiz und aus Frank-
wurden. Jedes Rechteck ist etwa 10 cm hoch und                             reich beteiligten sich an diesem zweiten Teil
25 cm breit.                                                               des Projekts.
    Im März 2019 lancierte die Französin Marie-
Jeanne Lambert, die einen Stickerei-Blog führt,                            «C’est pour Saint-Ursanne»
einen Appell zum Mitmachen. «Jede Stickerin                                Nach vier Zusammenkünften waren die Recht-
hat ein Stück Tuch und die gedruckte Stick-                                ecke Ende November zusammengenäht. Nun
schrift mit der Anleitung erhalten, und zwar in                            wurde das Gesamtwerk auf der Rückseite mit
der Reihenfolge ihrer Anmeldungen. Sie haben                               Vlieseline verstärkt und mit einem weiteren Tuch
im Gegenzug ihre Zeit und die Kosten für das                               abgedeckt, sodass insgesamt drei Lagen Stoff
Stickgarn investiert», erzählt Stalder. Das Garn                           übereinanderliegen. Am 17. Dezember schliess-
wurde von den Initiantinnen festgelegt, sodass                             lich war das Gemeinschaftswerk beendet.
die 164 Stickerinnen und der eine Sticker, dar-                                «Zu Beginn waren wir nur zu zweit. Wir stell-
unter 42 aus der Schweiz, die übrigen aus Frank-                           ten uns 1000 Fragen, natürlich gab es Momente
reich, anhand von Nummern die richtigen Farb-                              des Zweifels!», erzählt die inzwischen pensio-
töne bestellen konnten.                                                    nierte Archäologin rückblickend. Zu ihrer
    Nach und nach seien die gestickten Recht-                              eigenen Motivation befragt, überlegt sie einen
ecke zurückgeschickt worden. «Es war jedes Mal                             Moment. «C’est pour Saint-Ursanne», sagt sie
eine Überraschung, wenn ein Päcklein herein-                               schliesslich. Ob sie damit die Stadt oder den
kam.» Nicht wenige seien mit einer Karte verse-                            Heiligen meint, lässt sie offen.
hen gewesen. Einige davon bezeugen, dass die                                                                Sylvia Stam kath.ch

                                                                                                                                        forum 15 2020    7
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
LEBEN IN BEZIEHUNG

Broschüre                                  DENKANSTOSS

Gesichter der Kirche
Wie sieht die Zukunft der Kirche aus?
Dieser Frage geht der Katholische
Jahresspiegel 2019 von Katholisch
Stadt Zürich nach, indem er Men-

                                                                                                                                   Foto: Alamy
schen aus der Kirche mit ihrer
Geschichte, ihren Gedanken und
Visionen ein Gesicht gibt. Es sind
Porträts von Menschen, die sich in
dieser Kirche engagieren – von jung
bis alt, von der Jugendarbeiterin
                                          Danke Ausgangssperre
zum Dekanassistenten, von der Ka-         Seit Juni werden die Massnahmen gegen        Mitbewohnerinnen kochten wir ausgie-
techetin bis zum Leiter von «Kirche       Covid-19 Schritt für Schritt gelockert und   big, frühmorgens praktizierten wir im
urban». Der Jahresspiegel präsen-         ich bin überfordert. Nach den letzten Wo-    engen Gang unserer Wohnung Yoga und
tiert aber auch Zahlen zu Geld und        chen, in denen ich mich zutiefst im Kom-     und an Samstagabenden verweilten wir
Mitgliederzahlen und zeigt auf, wo        fort meiner vier Wände eingeigelt hatte,     glücklich mit Pizza und Film auf der
überall die Kirche tatkräftig hilft. bl   fühle ich mich wie ein Maulwurf, der         Couch – ohne FOMO (Fear Of Missing
                                          langsam aus seinem Loch hervorkrabbelt       Out: die Angst, etwas zu verpassen).
www.katholischer-jahresspiegel.ch         und völlig verwirrt erkennt, dass alle an-   Auch wenn die täglichen Nachrichten
                                          deren schon draussen sind. Und obwohl        verunsicherten – ich fühlte mich wie auf
Podcast                                   ich mich mit der Mehrheit freue, so be-      einer kleinen Insel.
                                          gleitet ein kleiner Wermutstropfen meine         Natürlich blieben auch die Konflik-
                                          Euphorie. Und ich sehne mich zurück          te nicht aus. Dennoch – bei allem, was
                                          nach der Zeit in der Ausgangssperre, in      negativ war – die Ausgangssperre hat
                                          der Unwichtiges plötzlich etwas wegfiel.     mir persönlich viel beigebracht und ge-
                                              Zugegeben, dies war nicht schon am       holfen, mich wieder mit meinem eige-
                                          Anfang so. Es begann – wie bei allen – un-   nen Leben und den Dingen darin aus-
                                          sicher: Wie eine Besessene sah ich mich      einanderzusetzen. Ich habe mehr ge-
                                          stündlich die neueste Portion Info auf der   kocht, geputzt, eingerichtet, gestaltet
ohne Punkt und                            Webseite des SRF schlucken und zuneh-        und Dinge, die sonst andere erledigen,
Komma                                     mend Diskussionen mit meinen (immer          selber in die Hand genommen. Ich habe
                                          noch neuen) Mitbewohnerinnen führen          entdeckt, dass mir gewisse Freunde
Während des Lockdowns und darü-           – Gäste im Haus? Und wenn ja, wie viele?     fehlen und andere mich eher anstren-
ber hinaus wurde häufig behauptet,        Sollten wir die ÖV noch benutzen? Durf-      gen. Und dass ich mehr aushalten kann,
die Kirchen seien nicht mehr sys-         ten wir die Eltern besuchen? Plötzlich       als ich mir zutraue. Diese Zeit hat mir
temrelevant. Trifft dies zu? Und          waren wir nicht mehr nur für unsere          gezeigt, dass Samstagabende alleine
wer bestimmt eigentlich über              eigene Gesundheit verantwortlich, son-       zuhause genauso «verpasst» werden
Systemrelevanz? Darüber disku-            dern für die der WG-Mitbewohnerinnen         können wie Samstagabende draussen
tieren Thomas Binotto, Chef­              auch. Als sich Ebbe in der Informations-     in Gesellschaft, und ich weiss nun, was
redaktor forum, und Katja Rost,           flut zeigte und wir uns langsam an die Re-   und wer mir wirklich fehlt. Bevor ich
Soziologieprofessorin in Zürich,          geln gewöhnten, kam die kreative Phase.      mich also in Termine, soziale Anlässe
in der 3. Folge ihres Podcasts.           Ich begann, Listen zu führen mit «Din-       und die «neue Normalität» stürze, ver-
                                          gen, die ich schon immer zuhause erledi-     weile ich einen Moment und gedenke
«ohne Punkt und Komma»                    gen wollte» oder «Ideen für coronage-        der Zeit, in der für mich die Unterschei-
kann bei allen gängigen Anbietern
                                          rechte Unternehmungen in der WG». Ge-        dung zwischen Wichtigem und Unwich-
von Podcasts gehört und abonniert
                                          gen meine Gewohnheit begann ich,             tigem klarer wurde.
werden.
                                          zweimal wöchentlich zu joggen. Mit den                                      Luana Nava

                                                                                                              forum 15 2020    8
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
GLAUBEN HEUTE

                                 GLAUBEN HEUTE
                               Gleichnisse aktuell ➜ Kamel und Nadelöhr                                                            MATTHÄUS 19,16–30
Illustration: Nadja Hoffmann

                                                                                                                                   Kamel und
                                                                                                                                   Nadelöhr
                                                                                                                                   Ein Mann kam zu Jesus und fragte:
                                                                                                                                   Meister, was muss ich Gutes tun, um
                                                                                                                                   das ewige Leben zu gewinnen? Jesus
                                                                                                                                   antwortete: Was fragst du mich nach
                                                                                                                                   dem Guten? Nur einer ist der Gute.
                                                                                                                                   Wenn du aber in das Leben eintreten
                                                                                                                                   willst, halte die Gebote! Darauf frag-
                                                                                                                                   te er ihn: Welche? Jesus antwortete:
                                                                                                                                   Du sollst nicht töten, du sollst nicht
                                                                                                                                   die Ehe brechen, du sollst nicht steh-
                                                                                                                                   len, du sollst kein falsches Zeugnis
                                                                                                                                   geben; ehre Vater und Mutter! Und:
                                                                                                                                   Du sollst deinen Nächsten lieben
                                                                                                                                   wie dich selbst! Der junge Mann er-
                                                                                                                                   widerte ihm: Alle diese Gebote habe
                               Unbezahlbar
                               Spiritualität ganz alltäglich
                                                                                                                                   ich befolgt. Was fehlt mir noch?
                                                                                                                                       Jesus antwortete ihm: Wenn du
                       «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr,              eine Aufforderung, meine Haltung re-                  vollkommen sein willst, geh, verkauf

                               Kamel und Nadelöhr
                       als dass ein Reicher in das Reich Gottes
                       kommt» – dieser Spruch aus der Bibel
                                                                             gelmässig zu überprüfen: Was ist wich-
                                                                             tig im Leben? An welcher Stelle stehen
                                                                                                                                   deinen Besitz und gib ihn den Ar-
                                                                                                                                   men; und du wirst einen Schatz im
                       wird oft zitiert, bis heute, obwohl er                mein Glaube und meine Beziehung                       Himmel haben; und komm, folge mir
                      Es  gibtumstritten
                       heiss     Menschen,   ist.die
                                                  Dennhaben    fast eine
                                                          ebenfalls    bis   und
                                                                             zu     nicht in samtener Schatulle oder
                                                                                 Gott?                                             nach! Als der junge Mann das hörte,
                      Gabe,    von   „Fettnäpfchen        zu
                       heute ist nicht klar, was hier gesagt   Fettnäpf-     auf goldenem Tablet! Und der Mann, der                ging er traurig weg; denn er hatte ein
                      chen“
                       wordenzusein tappen.
                                        könnte  Andere
                                                   und was  können
                                                               schliess-es   ihn entdeckt,
                                                                             Die   wichtigste so Aussage
                                                                                                   lässt das Gleichnis
                                                                                                               darin ist ah-für    grosses Vermögen. Da sagte Jesus zu
                      nicht   lassen, anderen
                       lich übersetzt       wurde.auf     die Füsse zu
                                                       Theologinnen,         nen, stolpert
                                                                             mich            fast darüber….
                                                                                     die Zusage      Gottes, dass er alles         seinen Jüngerinnen und Jüngern:
                      treten   oder   gar  ein  Bein   zu
                       Theologen, Exegeten, Archäologinnen stellen. Und      Mit demmacht.
                                                                             möglich      Bild vom Durch  Schatz
                                                                                                             ihn undim Acker
                                                                                                                         seine     Amen, ich sage euch: Ein Reicher
                      ja, zu  den   beliebten     Kindereien
                       – sie haben sich mit unterschiedlichen     gehört,    werden        wir      an
                                                                             Gnade kommen wir in das Reich  die      Wahrheit
                                                                                                                       Gottes.     wird schwer in das Himmelreich
                      unter    dem    Tisch    und    den
                       Thesen dazu geäussert. Und sämtliche  elterlichen     herangeführt,
                                                                             Es                dassoffenen
                                                                                 lohnt sich, mit       das grosse
                                                                                                                AugenGlück
                                                                                                                        durchoft   kommen. Nochmals sage ich euch:
                      Blicken
                       könnenentzogen,
                                  nicht belegteinander     mit den
                                                     werden.      IstFüs-
                                                                      das    vor Welt
                                                                             die  unserer   Nase liegt,
                                                                                        zu gehen      und oder     eben unter
                                                                                                            zu schauen,     wo     Leichter geht ein Kamel durch ein
                      sen   zu  stupfen    und    zu  necken.
                       Kamel einem Übersetzungsfehler ge-        Was    da   unseren    Füssen!      Könnte     es
                                                                             wir Christus nachfolgen können. In die-sein, dass     Nadelöhr, als dass ein Reicher in das
                      nicht   alles  abgeht    mit  unseren
                       schuldet und würde eigentlich Schiffs-    Füssen!     wiraktiven
                                                                             ser  manchmal      auf bessere
                                                                                           Haltung     kann sich Zeiten   hoff-
                                                                                                                    die Bezie-     Reich Gottes gelangt.
                      Was    sich nicht
                       tau heissen,        alles
                                        also  ein tut  unter
                                                   festes       unseren
                                                            Seil,  das in    en   und   warten,     dabei    läge   das
                                                                             hung zu Gott vertiefen. Ich erwidere die    Beste         Als die Jüngerinnen und Jünger
                      Füssen!
                       der Schifffahrt gebraucht wird? War                   ganz nah?
                                                                             Liebe   und Könnte
                                                                                           Gnade,es   diesein,
                                                                                                           Gottdass
                                                                                                                  mirauch  un-
                                                                                                                       zusagt,     das hörten, gerieten sie ganz ausser
                      Zwar    wurde mir der
                       das «Nadelöhr»       in derNameReha    nachStadt-
                                                           eines     zwei    ser   derzeitiges     Leben      nicht
                                                                             dadurch, dass ich das eine oder andere   nur   aus    sich vor Schrecken und sagten: Wer
                      üblen    Beinbrüchen        das  Laufen
                       tors in Jerusalem, allerdings eines, das   wieder     Problemen        und      Herausforderungen
                                                                             für ihn aufgebe und versuche, mich ganz               kann dann noch gerettet werden?
                      beigebracht
                       klein und schmalund ich war,musste     dabei ler-
                                                      im Vergleich      zu   besteht,
                                                                             seiner     sondernhinzugeben.
                                                                                      Botschaft      auch diese Zeit und           Jesus sah sie an und sagte zu ihnen:
                      nen,   nicht auf den Boden zu schauen,
                       den anderen?                                          mein derzeitiger Weg wahre Schätze                    Für Menschen ist das unmöglich, für
                      sondern nach vorn mich zu orientieren.                 birgt?
                                                                             Regelmässig     fordert Jesus die Nachfol-            Gott aber ist alles möglich.
                      Und
                       Bleibtauch
                                die in  einem
                                     Frage,   was späteren
                                                     uns Jesus Tanzkurs
                                                                    damit    „Duohne
                                                                             ge    stehst  auf heiligemEr
                                                                                        Kompromisse.          Boden“,   wurde
                                                                                                                 lebt sie  und
                      lernte
                       sagen wollte. Ich vermute, Jesusschau-
                               ich, nicht  auf   die  Füsse   zu   wollte    damals    Mose   gesagt,    als  er sich
                                                                             will sie auch: die radikal gelebte Nächs-in einer         Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, voll­
                      en,
                       damitsondern
                                nicht sagen,aufrecht-elegant
                                                 dass Reichtum ver-    die   nicht einfachen
                                                                             tenliebe               Situation Ja,
                                                                                        und Gottesliebe.         seines   Leb-
                                                                                                                    ich finde,     ständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe
                      Schritte    zu   setzen.   Das    wohl
                       werflich ist. Er hat seine Worte zuge-   kürzeste     ens,   beim    Hüten       der   Schafe,
                                                                             der Preis der Nachfolge Jesu ist hoch.     einem
                                                                                                                                    © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart
                      Gleichnis
                       spitzt undJesu  so macht
                                           vor den unsGefahren
                                                         in einem ein-des    brennenden
                                                                             Ich  finde aberDornbusch
                                                                                                auch, dass der  näherte.   „Du
                                                                                                                    Lohn un-                                 Alle Rechte vorbehalten
                      zigen
                       Reichtums gewarnt. Er fordert auf
                              Vers  trotzdem     aufmerksam            die
                                                                   Armut     stehst   auf heiligem
                                                                             bezahlbar ist.            Boden“.    Das  könnte
                      Möglichkeit,
                       als Bedingung    dass    sich unter
                                          für seine             unseren
                                                        Nachfolge.    Al-    meinen Schritten und jedem Augen-
                      Füssen     gar  ein Schatz    verbirgt
                       lerdings gilt auch: Was uns reich oder   –  und  es   blick ein neues Gewicht verleihen! Wer
                      sich  also  durchaus     lohnt,  dem
                       arm macht, sind nicht die Summen auf   Boden    auf   nach einem       spirituellen
                                                                                          Esther                Leben sucht,
                                                                                                  Stampfer Pastoralassistentin
                      dem    wir stehen,
                       unserem      Bankkonto,grösste     Sorgfalt
                                                     sondern          und
                                                                  unsere     muss    nicht unbedingt       sein  ganzes
                                                                               Katholische Pfarrei St. Georg Küsnacht     Leb-
                                                                                                                      Erlenbach
                      Beachtung
                       Haltung zum   zu schenken!
                                         Leben. DenDa      ist dochseh-
                                                         anderen      von    en auf den Kopf stellen. Es genügt, dem
                      einem    Schatz   die Rede,    der
                       en, Nöte wahrnehmen und uns nicht  sich  weder   in   Boden der eigenen Realität genug
                      den   Tiefen     des  Meeres,     in
                       blenden lassen von Äusserlichkeiten   unerreich-      Beachtung zu schenken und neu zu be-
                      baren   Höhen oder in weiter
                       und Oberflächlichkeit.          IchFerne
                                                             lese befin-
                                                                    darin    gegnen. Was sich auf dem Ackerboden
                      det, sondern in einem ganz gewöhnli-                   meiner inneren und äusseren Realität
                      chen Acker. Ein Schatz in brauner Erde                 doch nicht alles tut!                                                          forum 15 2020    25
1400 Jahre St-Ursanne 15 2020 - Forum Pfarrblatt
Foto: Manuela Matt
Energie im Kreislauf
Die Kirche St. Franziskus in Ebmatingen versorgt sich nicht nur selber mit
Energie, sondern gibt davon noch ab. Sie bekam dafür zwei Solarpreise.

                   Auf der Anhöhe mit Blick auf den Greifensee, gleich   mepumpen, Pufferspeicher, Erdsondeneinfüh-
                   neben der Busstation an der Durchgangstrasse          rung, ebenso der Wechselrichter, der die Strah-
                   von Zürich Witikon nach Maur, fällt ein kleiner,      lung der Sonne von den Photovoltaik-Modulen
                   knapp zwölf Meter hoher Turm ins Auge, dahinter       auf dem Dach in Strom verwandelt.
                   ein vollständig mit Photovoltaik-Modulen beleg-           Die Technik gibt Einblick ins Geheimnis die-
                   tes breites Dach. Wenn es eindunkelt, leuchten        ses kleinen Kraftwerkes: «Sonne, Wärme, Erd-
                   das Kreuz und das Eingangstor unter dem Kirch-        reich: alles ist vorhanden, es braucht nichts mehr.
                   turm weithin sichtbar im warmen Licht der neu-        Wir müssen die vorhandene Energie nur in einen
                   en LED-Lampen. «Unsere Kirche will sichtbar           Kreislauf setzen!» Das ist das Credo von Louis
                   und einladend sein», sagt der für das Pfarrvikari-    Landolt. Zusammen mit Architekt Daniel Studer
                   at Maur zuständige Seelsorgehelfer Andreas Bol-       und dem Anlagenhersteller Niklaus Haller von
                   kart. «Wir freuen uns, dass der heilige Franziskus    der Firma BS2 AG konnte er es dank einem spe-
                   mit seiner Liebe zur ganzen Schöpfung nicht nur       ziellen Hybrid-System umsetzen: «Wir haben
                   in unserem Namen steht, sondern die Kirche auch       drei Erdwärmesonden installiert, je 300 Meter
                   als Gebäude dieser Schöpfung Sorge trägt.» Stolz      tief», erklärt Landolt. «Hier wird Erdwärme
                   zeigen er und Baukommissionspräsident Louis           angezapft und nach oben geführt.» Arbeitet man
                   Landolt ihre Kirche. Sie vermittelt nicht nur gött-   jedoch allein mit diesem System, kühlt sich die
                   liche Energie, sondern bringt auch Sonnenener-        Umgebung der Abzapfstelle nach und nach ab
                   gie und Erdwärme in einen Kreislauf. Dabei pro-       und die Energie-Effizienz der Anlage wird
                   duziert sie so viel Strom, dass im vergangenen ers-   schlechter.
                   ten Betriebsjahr nach Deckung des gesamten
                   Eigenbedarfs mehr als die Hälfte davon ans EKZ        Hier kommt die hybride Solaranlage auf dem Dach
                   weitergegeben bzw. verkauft werden konnte.            ins Spiel: Sie produziert nicht nur Strom für die
                                                                         Erzeugung von Licht, sondern auf der gleichen
                   Am halbrunden, lichtdurchfluteten Kirchenraum         Fläche und damit unsichtbar auch Wärme – die
                   und dem daneben liegenden Pfarreisaal vorbei          im Sommer ja nicht gebraucht wird. Diese Wär-
www.kath.ch/maur   steigen wir in die Kellerräume. Hier sind Wär-        me wird mittels der Erdsonden in die Tiefe ge-

                                                                                                        forum 15 2020    26
IM ZÜRIPIET DIHEI

                                                                                                                                                  Foto: Solarpreis/zvg
führt. «Der Boden ist ein wunderbarer Speicher»,                  Foto: Manuela Matt
                                                       Zwei Solarpreise bekam St. Franziskus Ebmatin-               V. l. n. r.: Niklaus Haller
sagt Landolt. «Durch die Zuführung von Wärme           gen für diesen Umbau: Am 18. Oktober 2019 – als              (Systementwickler),
im Sommer kann im Winter die Wärme abge-               einzige Kirche unter anderen Plus-Energie-                   Louis Landolt (Präsident
führt werden, ohne dass sich die Umgebung ab-          Bauten – den Schweizerischen Solarpreis in                   Baukommission) und
kühlt.» Dank den energiebedarfsreduzierenden           Genf und am 15. November 2019 den Europä­                    Daniel Studer (Architekt).

Massnahmen, der verbesserten Isolierung und            ischen Solarpreis in Luxemburg. RSI, das Fern-
der Dreifachverglasung der Fenster ist ein emis-       sehen der italienischen Schweiz, hat dies wahr-
sionsfreies Gebäude entstanden. Der 1,2 Millio-        genommen und gleichentags einen Beitrag zur
nen teure Neubau habe sich daher mehr als              Renovation von St. Franziskus Ebmatingen rea-
gelohnt, ist Landolt überzeugt, zumal über die         lisiert. Die Laudatio des Schweizer Solar­preises
ganze weitere Lebensdauer des Gebäudes die             betont, dass der Energieverbrauch des Gebäu-
Heizungskosten gespart werden.                         des mit Kirche, Pfarreisaal, Unti- und Büro-
                                                       räumlichkeiten «um nicht weniger als 35 Prozent
«Die gute Isolierung und die Kreislaufenergie sind –   gesenkt werden konnte. Die alte Ölheizung wur-
ausser dem Sonnendach – für die Kirchenbesu-           de herausgerissen, wodurch pro Jahr 7000 Liter
cher unsichtbar», sagt Andreas Bolkart. «Sicht-        Heizöl gespart und damit rund 21 Tonnen CO2
bar ist aber die Umgebung. Wir haben deshalb           vermieden werden.»
alles neu gepflanzt, Magerwiesen entstehen las-            Stolz sagt Landolt: «Nur sieben Länder-Pro-
sen, den Garten ökologisch neugestaltet. Er ist        jekte in den gegen 30 Ländern Europas erhielten
nicht nur als Dekoration gedacht, sondern das          2019 einen Solarpreis, und unser Projekt war das
Gesamte der Kirche samt der ökologischen Um-           innovativste, da wir Sonnen- und Erdwärme in ei-
gebung soll ausstrahlen und etwas bewegen.»            nen Kreislauf gesetzt haben.» Und die Jury hielt
Das Thema «Bewahrung der Schöpfung» werde              fest: «St. Franziskus Ebmatingen ist ein Vorbild der
im pfarreilichen Religionsunterricht entspre-          Nutzung des solaren Potenzials von Kirchen und
chend behandelt. Schulklassen kämen die Kir-           – man könnte sagen – das Annehmen eines himm-
che besichtigen und lernten etwas über Nach-           lischen Geschenks: der Kraft der Sonne.»
haltigkeit für Mensch und Schöpfung.                                                   Beatrix Ledergerber-Baumer

«Als Pfarrei haben wir uns gefragt, was dieser Um-
bau für uns symbolisch bedeutet», erzählt der           Mehr Nachhaltigkeit ist das erklärte Ziel
Seelsorgehelfer weiter. «Der heilige Franziskus         der katholischen Kirche im Kanton Zürich.
bekam ja den Auftrag, die Kirche neu aufzubau-          Einen Überblick erhält man in einem Dossier.
                                                        www.zhkath.ch/kirche-aktuell/gesellschaft-politik/
en. Er dachte zuerst an das kleine Kirchlein aus
                                                        dossier_nachhaltigkeit
Stein, doch es ging um die Kirche als Gemein-
schaft der Menschen. Darum geht es auch bei
                                                        Mit dem Öko-Label «Grüner Güggel» ausgezeichnet
uns. Unsere Kirchgemeinde Egg-Ebmatingen-               sind die Kirchgemeinden Bülach, Dübendorf und
Maur hat schwierige Zeiten mit Konflikten hin-          Pfungen. Auf dem Weg dazu sind Embrachertal,
ter sich. Mit dem Umbau konnten wir einen               Uster, Wallisellen.
Neuanfang verbinden und die Zersplitterung in           www.oeku.ch
diese und jene Partei überwinden.»

                                                                                                                         forum 15 2020    27
Foto: Museum Tinguely/Daniel Spehr
                                                                                         Foto: Museum Tinguely/Daniel Spehr

                                                                                                                                                                              Foto: Pedro Reyes
Musikdose mit abgesägten Läufen von Schweizer Karabinern – die Installation «Disarm (Mechanized) II» – der Künstler Pedro Reyes.

Waffen werden zu Musik
Der mexikanische Künstler Pedro Reyes verwandelt Schusswaffen in
Musikdosen. Das Museum Tinguely in Basel zeigt in einer Dialogausstellung
eine Auswahl dieser hintersinnigen Werke.

Aufgereiht stehen sie da, die drei massiv     Es ist nicht leicht, den sanften Melo­                                          Baum zu pflanzen. Eine Aktion, die be-
vergrösserten Musikdosen aus poliertem        dien aus den vergrösserten Musik­                                               reits in mehreren Kunstinstitu­tionen
Messing. Wenn die Assistenzkuratorin          dosen zu folgen. Denn im Raum vor                                               stattgefunden hat.
an der Kurbel dreht, erklingt aus einer       Tinguelys Spätwerk «Mengele-Toten-                                                  Mit seinen sozialen Skulpturen
der Dosen die Melodie von Mani Mat-           tanz» von 1986 ist es laut. Der Raum ist                                        will der Künstler die Waffenindustrie
ters «I han es Zündhölzli azündt». Für        gefüllt vom Musikmaschinen-Or-                                                  hinterfragen: «Ich rufe alle Erdenbür-
den Klang sorgen abgesägte Läufe von          chester «Disarm (Mechanized) II» von                                            ger auf, die Stigmatisierung und Ver-
Schweizer Karabinern. Aus der Musik-          2014. Ein Schlagzeug, ein Bass, ein rie-                                        urteilung dieser Unternehmen zu un-
dose nebenan erklingt auf Läufen von          siges Xylophon, eine Harfe und ein                                              terstützen», gibt er in einem Interview
italienischen Beretta-Pistolen Vivaldi        Percussionsturm       aus    unzähligen                                         im Begleitheftchen zur Ausstellung zu
und auf der dritten auf abgesägten Res-       Schusswaffenteilen finden zu einem                                              Protokoll.
ten von österreichischen Glock-Pisto-         elektronischen Orchester zusammen.
len Mozart.                                      Es ist die zweite Version einer Ar-                                                               Dominique Spirgi kath.ch

                                              beit, in der Reyes von der Polizei be-
«Return to Sender» nennt der mexika-          schlagnahmte Schusswaffen mexikani-
nische Künstler seine jüngste Werk­           scher Drogenbanden zerstörte und zu
serie, die er speziell für die gleichnamige   Musikautomaten umfunktionierte.                                                  «Pedro Reyes. Return to Sender»
Ausstellung im Basler Museum Tinguely                                                                                          ist die fünfte Ausstellung, die in Dialog
geschaffen hat. Ihm gehe es nicht zu-         In Umwandlung des Bibelzitats «Schwer-                                           tritt zur Installation «Mengele-Totentanz»
letzt darum, mit seinen «Disarm Music         ter zu Pflugscharen» wandelt Reyes nun                                           des Hauskünstlers Jean Tinguely; diese
Boxes» die florierende Waffenindustrie        also Pistolen und Gewehre zu Musik­                                              hat 2017 im Museum eine eigene Kunst-
zu entblössen, sagte er in einem Video-       instrumenten um. Oder er lässt aus ein-                                          kapelle erhalten.
talk während der Medienführung.               geschmolzenen Schusswaffen Schau-                                                Offen bis 15. November,
    Es sind Schusswaffen, die in dieser       feln herstellen («Palas por Pistolas»).                                          Di–So, 11.00–18.00 Uhr,
Form wirklich das erfüllen, was die Her-      Eine davon hängt ebenfalls im Museum.                                            Museum Tinguely,
steller und Waffenverkäufer stets be-         Vorgesehen ist, sie im ausgedehnten                                              Paul-Sacher-Anlage 1, Basel.
haupten: nämlich, dass es ja nicht an und     benachbarten Park zu nutzen, um einen                                            www.tinguely.ch
für sich die Waffen seien, die töteten.

                                                                                                                                                     forum 15 2020    28
Echtes und Wiesen-Labkraut
(Galium verum und Galium mollugo)                                 AUS DEM

Die meisten der über zwanzig in der Schweiz   zu enthalten, das die Milch gerinnen
wachsenden Arten der Gattung Galium blü-      lässt. Galium kommt von gala, was auf
hen weiss wie das Wiesen-Labkraut. Eine       Griechisch Milch bedeutet – und einem
einzige blüht gelb: das Echte Labkraut.       Streichkäse seinen Namen gab.
Kennzeichnend ist für beide, dass ihre            Sicher ist jedoch, dass die Pflanzen als
Blätter in Quirlen angeordnet sind und        Heilmittel zum Einsatz kamen und kom-
die Blüten vier Kronblätter haben.            men. Tee aus Echtem Labkraut hilft ge-
    Diese beiden Merkmale sind typisch        gen Rheuma. Tee aus Wiesen-Labkraut
für die hiesigen Vertreter aus der Pflan-     reinigt Lymphe und Blut. Dazu brüht man
zenfamilie der Rötegewächse. Der Name         einen Teelöffel getrocknetes Kraut mit
weist daraufhin, dass aus den Wurzeln         250 ml heissem Wasser auf und lässt es
einiger Arten roter Farbstoff gewonnen        fünf Minuten ziehen.
werden kann. Die Färber-Röte (rubia               Äusserlich anwenden lässt sich der
tinctorum) setzte man früher sogar zum        Tee aus beiden Pflanzen als Bad oder
Färben von Stoffen ein.                       Waschung bei schlecht heilenden Wun-
    Ob die Labkräuter allerdings tat-         den und Hautausschlägen wie Ekzemen
sächlich seit der Antike wie das Lab aus      und Akne. Eine berühmte Verwandte
den Kälbermägen zum Käsen verwen-             der beiden Kräuter ist übrigens die Kaf-           Illustration aus «Kräuterbuch deß ur-
det wurden, darüber gehen die Meinun-         feepflanze.                                        alten Unnd in aller Welt berühmtesten
                                                                                                 Griechischen Scribenten Pedacii
gen auseinander. Sie scheinen zumindest                                      Alexandra Dosch
                                                                                                 Dioscoridis Anazarbaei (…).» 1614.
in geringen Mengen das Lab-Enzym                           Dipl. Feldbotanikerin und Theologin   (Buch im Besitz des Klosters Fahr)

Schaufenster ➜ Buch                                                                              Auf Sendung

Auf dem Grund                                                                                    Hungertod durch den Lockdown
                                                                                                 Europas Strategie gegen Corona
der Klage                                                                                        passt nicht für Lateinamerika.
Eine junge Mutter verbringt einen Winter                                                              Sa, 11. Juli – 9.05 – SRF2 Kultur
lang am Spitalbett ihres zwei Monate al-
ten Babys, das zwischen Leben und Tod                                                            Sprechende Felsen der Aborigines
schwebt. Und als es entgegen den Diag-                                                           Das von grosser Spiritualität ge-
nosen gesund wird, springt der jungen                                                            prägte Leben zurückgezogen leben-
Frau, die reformierte Pfarrerin ist, die                                                         der Stämme in Nordostaustralien –
«Klage an die Gurgel», wie sie schreibt.                                                         zwischen Tradition und Moderne.
Statt sich über den Sommer und die                                                                   Sa, 11. Juli – 15.30 – 3sat
Lebendigkeit ihres Kindes zu freuen,          identifiziert die Autorin ein Glaubens-
kann sie «das Licht nicht mehr ertra-         system, das uns Sicherheit und Schutz              Musliminnen und das Kopftuch
gen», schliesst die Fensterläden, ist kei-    vorgibt. Das ist bei jedem von uns et-             Die einen sehen es als Symbol der
ner Handlung mehr fähig. Berührend,           was anders, religiös oder auch nicht.              Unterdrückung der Frau, die anderen
authentisch und mit grosser Klarheit          Wenn dieses System ins Wanken gerät,               als Ausdruck religiöser Gefühle. Doch
beschreibt Marion Muller-Colard ihren         lässt es nur Verzweiflung oder Abwehr              wie beurteilen das die Musliminnen?
Weg aus dieser Gelähmtheit. Dabei ver-        übrig. Mit klarem Blick und ohne sich zu               So, 12. Juli– 8.30 – SRF 2 Kultur
bindet sie auf wunderbare Weise ihre          schonen, nimmt sie mit auf die Suche
dramatische Erfahrung um die Lebens-          nach einem «neuen Gott», der jenseits              Sternstunde Religion:
bedrohung ihres Kindes mit der Ge-            der falschen Sicherheiten und Schutz-              Mekka 1979 – Urknall des Terrors?
schichte von Hiob, der seine Söhne und        mauern trägt.                         bl          Vor über 40 Jahren stürmten
Töchter, all sein Hab und Gut verliert                                                           500 Bewaffnete einer islamisti-
und zu Gott schreit, und mit Erlebnis-        «Als mir das Licht unerträglich wurde.             schen Bruderschaft die Grosse
sen aus der Spitalseelsorge, wo kein          Auf dem Weg zu einem anderen Gott.»                Moschee in Mekka. Das Ereignis
tröstendes Wort mehr möglich war.             Marion Muller-Colard                               wirkt bis heute.
Auf dem Urgrund der Klage, die einem          TVZ 2019. 111 Seiten                                   So, 12. Juli– 10.00 –SRF1
den Boden unter den Füssen wegzieht,          ISBN: 978-3-290-18251-9

                                                                                                                     forum 15 2020    29
KURZNACHRICHTEN

Verein Netz4

Tausende Mahlzeiten verteilt
                                                                                                                  dreimal pro Woche je 24 Jugendliche am
                                                                                                                  Mittagstisch. Bereits Mitte Mai konnte –
                                                                                                                  unter Einhaltung der BAG-Richtlinien –
                                                                                                                  das Nähcafé wiedereröffnet werden, das
                                                                                                                  vielen Menschen ein wichtiger Treff-
                                                                                                                  punkt und eine willkommene Beschäf­
                                                                                                                  tigung ist. Dort werden unter anderem
                                                                                                                  Stoffmasken für das Sozialwerk Pfarrer
                                                                                                                  Sieber und andere produziert. Netz4 hat

                                                                                         Foto: Verein netz4/zvg
                                                                                                                  auch weiterhin durch Coachings jugend-
                                                                                                                  liche Migrantinnen und Migranten per
                                                                                                                  Telefon und im Einzelsetting vor Ort
                                                                                                                  begleitet. Erschwerte Lehrstellensuche,
                                                                                                                  Hausaufgabenhilfe im Homeschooling
Mitte Juni wurde im Take-away beim Hope      Sozialprojekt der Evangelisch-Methodis-                              und Beratung zu persönlichen Proble-
House der Heilsarmee Zürich die 10 000ste    tischen Kirche, der Heilsarmee und dem                               men waren ein grosses Bedürfnis. Für
Mahlzeit seit Beginn der Corona-Krise        Verein Chrischtehüsli aufgebaut und                                  eine geregelte Tagesstruktur bietet Netz4
verteilt. Wie viele andere Institutionen     seither kontinuierlich erweitert worden.                             in kleinen Gruppen regelmässiges Jog-
musste auch die Gassenküche des Ver-         «Solche Anfragen sind für uns allerdings                             gen und Möglichkeiten für «freiwillige
eins Netz4 mit Beginn der Corona-Krise       auch ausserhalb von Corona-Zeiten All-                               Mitarbeit» an. Beispielsweise das Backen
schliessen. Bereits am 20. März war das      tag», schreibt Netz4 in seiner Medien­                               von Muffins, welche beim Corona-Take-
neue Take-away-Angebot beim Hope             mitteilung. Schon vorher verköstigte der                             away verteilt wurden.
House der Heilsarmee, an der Anker­          sozialdiakonische Verein in der Gassen-                                                                      pd
strasse, in Betrieb. Es war von Netz4, dem   küche wöchentlich 100 Personen und                                   www.netz4.ch

Schweizer Bischofskonferenz

Bischöfe im Gespräch mit Frauenbund
Die Schweizer Bischöfe wollen den «Weg       findet, vorzubereiten. Simone Curau-                                 tung liegt bei der SBK, inhaltlich sind
zur Erneuerung der Kirche» doch noch auf     Aepli, Präsidentin des SKF, sagte dazu:                              wir paritätisch verantwortlich.» Neben
nationaler Ebene angehen – und kom-          «Das gab es noch nie, dass eine Frauen-                              den elf Mitgliedern der SBK würden
men dazu erstmals einen ganzen Tag           gruppe einen ganzen Tag auf Augenhö-                                 elf SKF-Frauen teilnehmen. Inhaltlich
mit dem Katholischen Frauenbund ins          he mit den Bischöfen tagt.» Sie freut                                gehe es darum, dass sich SKF und SBK
Gespräch. Derzeit ist eine Arbeitsgrup-      sich, dass die SBK für die erste Ge-                                 gegenseitig vorstellen. «Unser Ziel ist
pe mit Mitgliedern der Bischofskonfe-        sprächsrunde den Frauenbund ausge-                                   es aber auch, dass die Frauenfrage –
renz und des Frauenbundes dabei, das         wählt hat, und wertet dies als Zeichen,                              also die Frage der Partizipation und die
Gespräch, das anlässlich der nächsten        dass der Frauenkirchenstreik vom                                     Ämterfrage – zuoberst auf die Agenda
Vollversammlung der Schweizer Bi-            14. Juni 2019 etwas in Bewegung ge-                                  der SBK kommt.»
schofskonferenz im Dezember statt­           bracht hat. «Die organisatorische Lei-                                                                   kath.ch

INSERATE

                                                                    ➜ als PDF zum Download
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                                                                    ➜	mit Bildern und Tönen
                                                                       angereichert                                           ➜ 27. Juli (Nr. 17)
                                                                    ➜ 96 Pfarreiseiten mit
                                                                       komfortabler Suchfunktion
                                                                                                                              ➜ 10. August (Nr. 18)
   Die Dargebotene Hand
                                    Das forum im Netz               www.forum-pfarrblatt.ch                                   forum@c-media.ch

                                                                                                                                        forum 15 2020    30
11. BIS 24. JULI

Ausflüge                                           berühmtesten Schweizer Plastiker. Hal-         Gottesdienste
                                                   lers ästhetischer Haltung werden gegen-
                                                                                                  Online-Gottesdienste
                                                   wärtige Positionen gegenübergestellt.
                                                                                                  www.forum-pfarrblatt.ch (Zürcher Kirchen)
                                                   Geöffnet bis 18.10., Fr–So, 12.00–18.00.
                                                                                                  www.kloster-einsiedeln.ch/live (je Sa, 17.30)
                                                   Eintritt frei.
                                                                                                  www.bistumsg-live.ch
                                                   www.stadt-zuerich.ch/atelierhermannhaller

                                                   Le Corbusier für Kinder                        TV-/Radio-Gottesdienste
                                                   Ferienprojekt für Kinder von 9 bis 12 Jah-     Kath. Radiopredigt: jeweils So, 10.00,
                                                   ren im Rahmen der Ausstellung Le Corbu-        Radio SRF 2 Kultur, Musikwelle;
                                                   sier und Zürich (bis 29.Nov.), in Zusam-       Tel. 032 520 40 20
                                                   menarbeit mit Pro Juventute Ferienplausch.     www.radiopredigt.ch.ch
An der Limmat zum Kloster Fahr                     Mo, 13.7., bis Fr, 17.7., je 9.00–16.00,
                                                   Pavillon Le Corbusier, Höschgasse 8, Zürich.   Kath. Gottesdienst: So, 12.7., 9.30, ZDF
Die KAB (Kath. ArbeitnehmerInnen-Be-               Fr. 198.–, Zmittag mitbringen.
wegung) lädt alle ein zur Wanderung in                                                            Sonntagslesungen
                                                   www.pavillon-le-corbusier.ch
kleinen Grüppchen, hin und zurück ca.                                                             www.bibelwerk.ch
3 Stunden. Die Wanderung kann jederzeit
abgebrochen werden. Einkehr nach Mög-              Spiritualität
                                                                                                  Seelsorge-Gespräche
lichkeit im Garten des Klosters Fahr.
Do, 16.7., 13.00, Treffpunkt Bahnhof Altstetten.
                                                   Bibel teilen                                   Bahnhofkirche
Auskunft über die Durchführung: 044 431 10 69      Glauben und Leben, Bibel und Alltag mit-       Mo – Fr, 7.00 –19.00, Sa/So, 10.00 –16.00
                                                   einander zu verbinden.
                                                                                                  Predigerkirche
Vogelbeobachtung                                   Do, 30.7., 19.00–20.00, Werdstr. 53, Zürich
                                                                                                  Mo – Fr, 14.00 –18.00
Für Familien und Kinder ab 1.  Klasse,             www.zentrum-spiritualitaet.ch
Wanderung mit Vogelbeobachtung und                                                                Raum+Stille Glattzentrum
Bräteln.                                           Meditationswoche                               Mo – Sa 12.15–16.00, Mi – Fr 12.15–18.00
Mi, 15.7., 8.00 Treffpunkt Kirche St. Josef,       Lauschen auf Gottes Wort, durch die rei-
Röntgenstrasse 80, Zürich. Teilnahme für           che Bilderwelt des Klosters St. Johann. Im
Kinder kostenlos. Bitte anmelden.                                                                 Gebete und Meditation
                                                   Schweigen, Meditieren, Sichbewegen.
www.stjosef-zuerich.ch                                                                            Bahnhofkirche
                                                   Fr, 21.8., bis Fr, 28.8., Kloster St. Johann
                                                   in Müstair. Fr. 100.– zuzügl. Pension.         Mo – Fr, 7.00, 7.30, 8.00, 8.30: Wegworte
Die App zum Verweilen                              Anmelden bis 31. 7.: 043 317 90 27             Mo–Fr, 18.45. Sa/So, 15.45: Abendgebet
Ruhig werden, verweilen – mitten in der            www.zentrum-spiritualitaet.ch
Stadt. Die App «3:33 WEILER» lädt ein,                                                            Mittagsgebet in der Predigerkirche
an 33 Orten in der Stadt Zürich vertief-                                                          Mo – Fr, 12.15 – 12.35
ter über Themen nachzudenken und
spirituelle Techniken wie Hören, Atmen                                                            Mittagsgebet im Flughafen
und Gehen im Alltag anzuwenden.                                                                   Mi, 12.00, Check-in 1, Andachtsraum
Download kostenlos im App Store und auf
Google Play.                                                                                      Mittwochsgebet in St. Peter und Paul
www.katholisch-stadtzueri.ch (Kirche urban)                                                       Mi, 18.00, im Chor der Kirche

                                                                                                  Klangtag Kirche Enge
Gespräch                                                                                          Mi, 9.00 –9.30 Einklang; 12.15 –12.35
                                                                                                  Haltestille; 18.30 –19.00 Ausklang
Mit 66 Jahren ...
... ist noch lange nicht Schluss! Ökume-
nischer Themennachmittag über Her-                  Sommerzyklus im                               Vernetzt
ausforderungen, aber auch ungeahnte                 Grossmünster                                  Jugendseelsorge
Möglichkeiten des Älterwerdens.                                                                   www.jugendseelsorge.ch
                                                    Bis zum 12.  August erklingt jeweils
Do, 16.7., 14.30, Zentrum St. Franziskus
Wollishofen, Musikzimmer 2. Stock.                  am Mittwoch um 18.30 Uhr im Gross-            Jugendkirche
www.st-franziskus.ch                                münster die Orgel: am 15.  Juli spielt        www.jenseitsimviadukt.ch
                                                    Tobias Willi aus Zürich Werke von
                                                                                                  Spitalseelsorge
                                                    Byrd, Aston, Purcell, Wesley, Howells,
                                                                                                  www.zh.kath.ch/spitalseelsorge
Ausstellungen                                       Preston u. a.
                                                                                                  Behindertenseelsorge
Wenn du geredet hättest                             Mi, 15.7., 18.30, Grossmünster Zürich.
                                                                                                  www.behindertenseelsorge.ch
                                                    Freiwilliger Beitrag von Fr. 15.–.
Dialoge mit den Skulpturen von Her-
                                                    www.grossmuenster.ch                          Anderssprachige Gottesdienste
mann Haller, einem der wichtigsten und
                                                                                                  www.zh.kath.ch/migrantenseelsorge

                                                                                                                          forum
                                                                                                                           forum15 2017    31
                                                                                                                                 222020   
WAS ICH EINMAL WAR ...
PFARRBLAT T DER KATHOLISCHEN KIRCHE

                                                                                                                                                                      Foto: Christoph Wider
IM KANTON ZÜRICH

Gültig für die Sonntage vom 12. und 19. Juli

Herausgeberin
Stiftung forum – Pfarrblatt der katholischen
Kirche im Kanton Zürich
Redaktionsadresse
Hirschengraben 72, 8001 Zürich
044 266 12 72, redaktion@forum-pfarrblatt.ch,
www.forum-pfarrblatt.ch
Sekretariat: Di/Do 8.30 –11.30 Uhr,
Di/Do 13.30–16.30 Uhr
Stiftungsratspräsident: Pfr. Andreas Rellstab
Geschäftsführung: Anita Koch
Redaktionssekretariat: Rita Grob
Chefredaktion: Thomas Binotto (bit)
Redaktion: Pia Stadler (ps), Beatrix Ledergerber (bl),

                                                                       Medizinische Laborantin
Veronika Jehle (vej)
Fotografie: Christoph Wider
Grafik: Angelika Dobner

Abo-Service und Adressmutationen                                       Tatjana Disteli, Bereichsleiterin im Generalvikariat
Stadt Zürich: 043 322 18 18, info@i-kg.ch
Zürich-Land: Direkt beim Pfarramt Ihres
Wohnortes (Adresse auf Pfarreiseiten ersichtlich)
Stadt Winterthur: 052 224 03 80,
                                                                      «Biomedizinische Analytikerin HF» laute       den Patientin geholt wurde, war klar:
mitgliederverwaltung@kath-winterthur.ch
Bezahlte Abos: 044 266 12 72,                                         die Berufsbezeichnung heute, erklärt          «Meine Berufung sollte fortan die Be-
redaktion@forum-pfarrblatt.ch
                                                                      Tatjana Disteli am Telefon. Als sie sich      gleitung von Menschen sein.»
Abopreise: Jahresabo Inland Fr. 38.–, Ausland Fr. 77.–
Anzeigenverkauf                                                       vor 33 Jahren für einen Berufsweg im              Tatjana Disteli begann Theologie
creative media gmbh, Schützenstrasse 19,                              weissen Medizinalkittel inmitten von          zu studieren, um sich auf ihre Aufgabe
8902 Urdorf, 043 322 60 30, Fax 043 322 60 31
forum@c-media.ch, www.c-media.ch                                      Reagenzgläsern und Pipetten entschied,        als Spitalseelsorgerin vorzubereiten.
                                                                      begann sie eine Lehre als «medizi­            Im Glauben habe sie seit Kindheit
Druck
AVD Goldach AG, 9403 Goldach, www.avd.ch                              nische Laborantin».                           Kraft und Trost gefunden: «Er ist mei-
Pfarreiseiten: Text&Gestaltung jeweiliges Pfarramt                                                                  ne wichtigste Ressource. Er ist Weite
65. Jahrgang, erscheint 14-täglich, ISSN 1420-2212                    Naturwissenschaften – insbesondere            und Befreiung.» So war auch ihr Um-
                                                                      Biologie, Chemie, Physik – und mitten-        feld über den Berufswechsel nicht er-
                                                                      drin der Mensch waren schon immer             staunt: «Während meines Englandauf-
                                                                      ihre Leidenschaft. Die Ausbildung durch-      enthaltes haben mich die Lehrer lä-
                                                                      lief sie im Kantonsspital Aarau. Da-          chelnd ‹little pope› genannt, weil ich
                                                                      nach arbeitete sie sieben Jahre in ihrer      den Gottesdienst besuchte …»
                                                                      Heimatstadt Olten.
                                                                          «Die Arbeit am Mikroskop, die Ana-        Päpstin ist Tatjana Disteli nicht gewor-
                                                                      lyse von Blut faszinierte mich», erinnert     den. Dafür hat sie in der Zürcher Kir-
                                                                      sie sich. «Herauszufinden, was nicht          che Verantwortung übernommen: Nach
                                                                      stimmt in der Biochemie eines Patienten,      zwölf Jahren am Krankenbett wechselte
                                                                      glich oft einer Detektivarbeit.» Es sei ein   sie vor fünf Jahren in die Führung,
                                                                      Beruf im Hintergrund, ohne den die Me-        erst als Dienststellenleiterin Spital- und
                                                                      dizin nicht funktionieren würde: «Die         Klinikseelsorge, nach der Aus­bildung
                                                                      Ärzte stützen ihre Diagnose auf Labor-        Non-Profit-Management seit einem Jahr
                                                                      werte – auch während der Corona-Krise.»       als Bereichsleiterin. Eine stimmige Ent-
                                                                          Die Affinität zur Medizin liegt in ih-    wicklung: «Nun begleite ich die Seelsor-
                                                                      rer Familie: Ihr Vater wollte Arzt wer-       genden der Spezialseelsorge. Ihr Wirken
                                                                      den – und ihre Grosstante war in den          ist für Gesellschaft und Kirche immens
                                                                      40er Jahren eine der ersten Laborantin-       wichtig. Sie vermitteln Gottespräsenz
                                                                      nen der Schweiz.                              im Alltag.»
                                                                                                                                                       Pia Stadler
                                                                      Als Laborantin erlebte Tatjana Er-
                                                                      staunliches: «Schwerkranke Patienten
                                                                      erzählten mir oft in den drei Minuten             Nicht nur nach Rom führen viele Wege,
                                                                                                                        sondern auch zur Theologie.
                                                                      der Blutabnahme ihr halbes Leben.»
                                                                                                                        Wir porträtieren in loser Folge Seel­-
                                                                      Stets nahm sie sich Zeit, das Gespräch
                                                                                                                        sor­gerinnen und Seelsorger im Kanton
                                                                      zu Ende zu führen: «Schliesslich ging es
                                                         Post CH AG

                                                                                                                        Zürich, die zuvor einen anderen Beruf
                                                                      um eine existentielle Notsituation.» Als
                                                                                                                        erlernt haben.
                                                                      sie eines Nachts ans Bett einer sterben-

                                                                                                                                              forum 15 2020    32
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