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Ausgabe 2 | September 2021 FL ASHL IGHT 18 Laserbiomimetik – ( R ) evolutionierte Oberflächen 50 38 Thermoplastische Nanomaterialien Hinterspritzte OLEDs für die Massenfertigung für Beleuchtungen transparenter Gläser an Bedieneinheiten
Experten in Optikfertigung und Messtechnik • Einfache Werkstückeinrichtung dank präziser Messung des Werkzeug-Offsets • Berührungslose Messtechnik für schnelle und hochgenaue Messung ohne Beschädigung der Oberfläche • Zuverlässige und vergleichbare Messergebnisse durch abgestimmte Lösungen mit AMETEK Ultrapräzisionstechnologie-Systemen Diamant 3D – Form- Oberflächen- Drehen messtechnik messtechnik Precitech’s Nanoform X Taylor Hobson’s LUPHOScan HD ZYGO’s Nexview™ NX2
ediTorial Liebe Photonics flashlight-Leser, Wir leben in komplizierten Zeiten – und ich meine ausnahmsweise einmal nicht Corona. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Aber die Zusammenhänge sind vielschichtig und für Nicht-Wissenschaftler schwer verständ- lich. Viele stehen ratlos vor der Mammutaufgabe, den Klimawandel aufzuhalten. Dr. thomas r. Dietrich Dabei müssen viele Teildisziplinen ihren Beitrag leisten. Denn nur in Kooperation Geschäftsführer, ivAm fachverband für und Zusammenarbeit können wir die Auswirkungen unseres Handelns verstehen mikrotechnik und dann auch gezielt gegensteuern. Ein weiteres gesellschaftliches Problem ist die Überalterung unserer Gesellschaft, die u. a. unser Gesundheitssystem an seine Leistungsgrenzen bringt. Es gibt nicht aus- reichend Pflegekräfte, Krankenhausbetten sind rar und teuer. Hier kann technologi- sche Unterstützung, z. B. durch mobile Diagnostik, Telemedizin und Pflegeroboter, helfen. Die Zusammenarbeit von Medizinern und Technologen wird immer wichtiger. In allen diesen Bereichen ist die Mikrotechnik ein Teil der Lösung. Ob man Umweltdaten z. B. durch optische Sensorsysteme oder ob man hochsensible Kör- perdaten in mobilen Diagnosegeräten erfasst, ob man Produktionsmaschinen oder Autos, Flugzeuge, Züge oder Raumschiffe steuern will: Überall spielt Mikrotechnik eine große Rolle. Aber auch für die Mikrotechnik gilt, wie bereits für andere Bereiche gesagt: nie- mand kann alles wissen, Kooperationen sind das Mittel, um einen umfassenden Überblick zu erhalten. Das gilt genauso für Netzwerke und Verbände. Deshalb freue ich mich sehr, dass IVAM und Optence so gut und erfolgreich zusammen arbeiten. Wir konnten z. B. gerade auf unserem Hightech Summit die spannenden Ideen der Optence-Mit- gliedern den IVAM-Mitgliedern vorstellen. Herzlichen Dank an Frau Reuter und Frau Murr! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre bei der Beschreibung von optischen Technologien und Produkten, die unsere Welt ein Stück besser machen werden. Dr. thomas r. Dietrich Geschäftsführer, IVAM Fachverband für Mikrotechnik PhotonicS fLAShLiGht 3
Inhalt Branchen - News Forschung und Entwicklung 6 KI im Mittelstand: Roadmaps und Praxisbeispiele für den Einstieg 6 Meyer Optik Görlitz – Neugründung als eigenständiges Unternehmen Hochleistungslaser 7 Zentrum für Künstliche Intelligenz in Coburg für die Neurowissenschaft 12 7 SPEEDKongress „Optik & Beleuchtung“ ein voller Erfolg 8 TRUMPF gründet Unternehmen für Ortungstechnologie 8 Excelitas Technologies trifft Vereinbarung 12 Hochleistungslaser für die zur Übernahme der PCO AG Neurowissenschaft 8 Photovoltaics Report informiert über 16 Durchbruch in der Fusionsforschung Fakten zur Solarenergie weltweit 17 Neues Konzept für intensive XUV-Laser 9 Innovationslage im Mittelstand macht Sorgen 18 Laserbiomimetik – (R)evolutionierte Oberflächen 10 Europäische Photonikbranche wächst mehr als doppelt so stark wie das globale BIP 24 Forscherteam weist „Spin“ einer Nanoschallwelle erstmals in Echtzeit nach 10 Neue optische Fingerabdrucksensoren mit IR-Wellenlängen bei 1380 nm 25 Paradoxe Wellen: Gefangene Lichtteilchen auf dem Sprung 11 Optence feiert 20-jähriges Bestehen 25 Schaltbare IR-aktive organische Pigmente 26 Beleuchtung des Beobachtungsfeldes zur Aufnahme von spektral aufgelösten Bildern 21 Neues Konzept intensive XUV-Laser 4 photonics Flashlight 2 | September 2021
Inhalt TECHNOLOGIE UND Quanten - APPLIKATION technologie 35 Satelliten zur Erkennung von Waldbränden 54 Erster Quantencomputer wird im Jahr 2025 enthüllt 36 Verbesserte Ladefähigkeit von Batterien durch laserbasiertes Verfahren 54 Fraunhofer IOF bekommt mehr Raum für Quantenforschung 36 Smarte Optiken mit Nanostrukturen für kostengünstiges Lichtmanagement 55 Initiative QuNET demonstriert Quantenkommuniktion 37 Head-Mounted Displays im direkten Vergleich: Welches System hat die beste Reichweite und Präzision? 38 Thermoplastische Nanomaterialien für die Massenfertigung transparenter Gläser 56 42 Veranstaltungen Fraunhofer IWS erprobt tausendfach schnellere Strahlformung 42 Filteraufwand beim Reaktorrückbau durch Laserstrahlschneiden reduzieren 58 43 Miniatur-Spektrometer fürs Smartphone 44 Kunststofflinsen für kostengünstigere Produkt - Head-Up-Displays und Lieferanten - 48 Infrarot-Detektor für Smartphones und autonome Fahrzeuge verzeichnis 49 Optronia macht digitale Rehkitz- Rettung möglich 64 50 Hinterspritzte OLEDs für Beleuchtungen an Bedieneinheiten Impressum 50 Hinterspritzte OLEDs für Beleuchtungen an Bedieneinheiten photonics Flashlight 5
BraNcheN - News ki im mittelstand: roadmaps und Praxisbeispiele für den einstieg Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Schlüsseltechnologie für die zukünftige Wett- bewerbsfähigkeit von Unternehmen jeder Größe. Sie bietet ein wirksames Werk- zeug, um betriebliche Prozesse und bestehende Produkte zu verbessern oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Deutsche Mittelständler nutzen die Chancen von KI allerdings bislang kaum. Ihnen fehlen häufig gut aufbereitete Daten, Know-how und Investitionsspielraum. In einer aktuellen Publikation zeigt die Plattform Ler- nende Systeme die Potenziale von KI anhand erfolgreicher Praxisbeispiele aus dem Mittelstand und gibt Unternehmen konkrete Umsetzungspläne für die Einführung intelligenter Systeme an die Hand. Eine große Hürde stellt häufig die erforderliche KI-Expertise dar. Unternehmen müssen das notwendige Know-how nicht selbst aufbauen, sondern können erfor- derliches Wissen von außen einholen. Neben externer Beratung sind auch Koope- rationen mit Forschungseinrichtungen oder Hochschulen möglich. Das Papier stellt dazu verschiedene Förderprogramme und Anlaufstellen für mittelständische Unter- nehmen vor. Die Plattform Lernende Systeme wurde 2017 vom Bundesministerium für Bil- dung und Forschung (BMBF) auf Anregung des Fachforums Autonome Systeme des Hightech-Forums und acatech gegründet. Sie vereint Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft aus dem Bereich Künstliche Intelligenz. > weitere informationen meyer optik Görlitz – neugründung als eigenständiges unternehmen Meyer Optik Görlitz, bislang lediglich ein Markenname, firmiert mit sofortiger Wir- kung als eigenständiges Unternehmen und manifestiert so seine Basis für zukünftige Entwicklungen. Ende 2018 hat OPC Optics die Marke „Meyer Optik Görlitz“ übernommen und seither die gesamte Struktur, inklusive Portfolio, vollständig neu aufgebaut. Die Konsequenz daraus ist nun die neue Meyer Optik Görlitz GmbH, mit Sitz in Bad Kreuznach. „Besonders hervorheben möchte ich, dass die Gründung perfekt in das Jubiläumsjahr von Meyer Optik passt und wir somit, 125 Jahre nach der initialen Gründung, dem Ganzen nun noch mehr Substanz und Leben einhauchen können“ erläutert der Geschäftsführer Timo Heinze. > weitere informationen 6 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
BraNcheN - News Zentrum für künstliche intelligenz in coburg Die Hochschule Coburg schafft ein neues Kompetenz- zentrum für angewandte künstliche Intelligenz (KI). Es wird sich mit den Entwicklungen in den Bereichen Industrie 4.0, Mobility und Smart City, Visual Compu- ting, IT-Sicherheit sowie dem Internet der Dinge beschäf- tigen. Darüber hinaus sollen ethische Fragestellungen der künstlichen Intelligenz untersucht wer-den. Und es gibt einen Schwerpunkt, in dem es um die Auswirkungen von KI auf die Versicherungswirtschaft geht. Mit dem KI-Kompetenzzentrum bündelt die Hoch- Bildquelle: hochschule coburg schule Coburg ihre bereits vorhandenen Kompeten- zen auf den Gebieten Data Mining, KI für virtuelle und erweiterte Realität, Bioinformatik, Internet der Dinge und Sensordatenverarbeitung. Anfang des Jahres erhielt die Hochschule vom Freistaat Bayern zudem die Zusiche- rung der Finanzierung eines Institutsbaus in Höhe von Die Anwendungen der künstlichen intelligenz 4,1 Mio. Euro. > weitere informationen werden in Zukunft immer vielfältiger. SPeeDkongress „optik & beleuchtung“ ein voller erfolg Am 31. August 2021 lud das Kunststoff-Institut Lüdenscheid Kunststoff-Institut zum SPeeDkongress ein. Lüdenscheid kimW management Gmbh karolinenstraße 8 Die knapp 100 Teilnehmer, die auf Grund der Corona-Pandemie hauptsächlich 58507 Lüdenscheid Online teilnahmen, konnten sich von Experten aus dem Kunststoff-Institut über die Herausforderungen und Chancen im boomenden Markt für Optik und Beleuchtung informieren. Hierzu gab es eine Reihe von spannenden Fachvorträgen zu den Themen Wachs- tumsmarkt Polymeroptiken, Werkstoffinnovationen, Technologie und Trends im Lichtdesign, Material- und Schadensanalyse, Einstieg in neue Märkte und dem ZIM Kooperationsnetzwerk CAM-SYS-4.0 “Mikrooptiksysteme aus Kunststoff“, welches durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. tobias kammans Zusätzlich gab es eine Live-Schaltung aus dem Technikum zu den Themen Herstel- netzwerkmanager lung von Kunststoffoptiken mittels Spritzguss-/Spritzprägetechnik und Leuchtdich- optische technologien +49 (0) 15 16 7 33 28 24 tenmessung an Symbolbeleuchtungen. kammans@kimw.de PhotonicS fLAShLiGht 7
BraNcheN - News trumPf gründet unternehmen für ortungstechnologie TRUMPF hat am 1. Juli 2021 die Gesellschaft „TRUMPF Tracking Technologies GmbH“ gegründet. Es entwickelt und produziert Ortungssoftware und -elektro- nik für Fabrikausrüster, die sie in ihre Produkte einbauen können. Dadurch lassen sich elektronische Geräte wie W-LAN-Router, 5G-Sender oder Industrieleuchten zu einem Sender für Ortungstechnologie aufrüsten. Sie können dann beispielsweise in Fertigungsfabriken dafür sorgen, dass sich Produktionsaufträge und einzelne Pro- dukte orten und nachverfolgen lassen. „Mit unseren standardisierten Ortungslö- sungen ermöglichen wir smarte Logistik für die vernetzte Fertigung. Sie basiert auf offenen Standards und legt damit die Basis für einen anbieteroffenen und wirtschaft- lichen Einsatz.“, sagt Eberhard Wahl, langjähriger TRUMPF Mitarbeiter und CEO von TRUMPF Tracking Technologies. Das Unternehmen beschäftigt zunächst rund 20 Mitarbeiter. Sitz der neuen Gesellschaft ist Ditzingen. > weitere informationen Excelitas Technologies trifft Vereinbarung zur Übernahme der Pco AG Excelitas erweitert sein Photonikportfolio um die wissenschaftliche CMOS-Kamera- technologien von PCO. Die PCO AG aus Kelheim, Deutschland, ist ein privat geführ- tes Unternehmen und ein marktführender Entwickler und Hersteller von hochwerti- gen wissenschaftlichen CMOS-Kameras für die Bildgebung in der Biomedizin und in industriellen Hochgeschwindigkeitsanwendungen. > weitere informationen Photovoltaics report informiert über fakten zur Solarenergie weltweit Seit zehn Jahren veröffentlicht das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, unterstützt durch die PSE Projects GmbH, regelmäßig den Photovoltaics Report, kurz PV Report. Dieser stellt die wichtigsten Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, der Europäischen Union und weltweit zusammen und dokumentiert damit insbesondere die Entwicklung des Photovoltaikmarkts, der Solarzellen- und Moduleffizienz sowie der Preise in den letzten Jahrzehnten. > download des aktuellen pV reports > aktuelle fakten zur photovoltaik in deutschland 8 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
BRANCHEN - NEWS Innovationslage im Mittelstand macht Sorgen Die verhaltene Innovationstätigkeit im deutschen Mittelstand vor und während der Corona-Krise macht zunehmend Sorge. Laut dem jüngsten von der KfW veröffent- lichten Innovationsbericht Mittelstand ist nur rund jeder fünfte deutsche Mittel- ständler mit Innovationen aktiv. Eine Aktivierung kleiner und mittlerer Unternehmen für mehr Innovationen kann nach Auffassung der Zuse-Gemeinschaft daher am besten über zielgenaue Projekt- förderung gelingen. Zu konstatieren ist, dass die starke Steigerung der Forschungsausgaben in Deutsch- land bisher viel zu wenig im Mittelstand ankommt. „Während staatliche Forschungs- ausgaben wie zugunsten des „Pakts für Forschung und Innovation“ sowie die Aufwen- dungen von Großunternehmen für FuE weiter steigen, fehlt es bei der Entwicklung der Innovatorenquote im Mittelstand bislang an Dynamik“, erklärt Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer der Zuse-Gemeinschaft. INNOVATORENQUOTE IM MITTELSTAND UND FORSCHUNGSAUSGABEN Während Deutschlands Forschungsausgaben immer stärker gestiegen sind, liegt der Anteil der Innovationen hervorbringenden Mittelständler auf relativ niedrigem Niveau. Ausgaben in Milliarden Euro Innovatorenquote in Prozent* 120 50 45 42 % 100 109,5 Mrd. € 40 35 80 30 60 25 22 % 55,0 20 40 Mrd. € 19 % 15 33,9 20 Mrd. € 10 16,9 5 Mrd. € 0 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Forschungsausgaben des Staates und der Wirtschaft *Erhebung der KfW erfolgt jeweils für einen Dreijahreszeitraum, z.B. wurde FuE-Ausgaben von Bund und Ländern in der 2019er Erhebung nach der Innovationstätigkeit 2016–2018 gefragt. Der entsprechende Wert 19 % wurde für 2018 aufgetragen. Methodische Umstellung 2019, daher direkter Vergleich zu Vorjahren nicht möglich. Quellen: OECD, Statistisches Bundesamt, KfW Stand: Juni 2021 PHOTONICS FLASHLIGHT 9
BraNcheN - News europäische Photonikbranche wächst mehr als doppelt so stark wie das globale biP Eine Studie der Deep-Technology-Forschungsgruppe Tematys zeigt, dass die euro- päische Photonik mehr als doppelt so schnell wächst wie das globale Bruttoin- landsprodukt (BIP) – und damit das BIP der EU und die Industrieproduktion der EU um das Drei- bzw. Fünffache übertrifft. Photonisch Technologien, die für viele High-End-Produkten der nächsten Generation unverzichtbar sind, haben sich als langfristiger Wachstumstreiber in wichtigen Zukunftsmärkten erwiesen. Die Photonik eine der resilientesten und am schnellsten wachsenden Branchen in Europa und übertrifft laut der neuen „Marktforschungsstudie – Photonik 2020“ viele andere Marktsegmente. Die europäische Photonik ist der Schlüssel zu mehreren Megamärkten – darunter Industrie 4.0, Digitalisierung, Quantentechnologie, Künst- liche Intelligenz, IoT – und hat viele Marktsegmente und Anwendungen geschaffen z. B. in den Bereichen Raumfahrt, Gesundheitswesen, Umwelt, Verteidigung oder Sicherheitstelekommunikation. Die Studie liefert Marktzahlen der europäische Photonik von 2015 bis 2019: Die Branche wuchs mit einer jährlichen Wachstumsrate von 7 % und hatte einen Wert von 103 Milliarden Euro im Jahr 2019. > weitere informationen zur marktstudie neue optische fingerabdrucksensoren mit ir-Wellenlängen bei 1380 nm IR-Emitter bei 1380 nm ermöglichen den Einsatz optischer Fingerabdrucksensoren unterhalb von Displays ohne Einbrennphänomene, erfordern jedoch hochauflösende Testgeräte für eine präzise Spektral- und Leistungscharakterisierung. Instrument Systems hat eine modulare IR-Testlösung entwickelt, die die hohen Anforderungen bei der Anwendung von optischen Fingerabdrucksensoren unter dem Display mit Wellenlängen oberhalb von 1100 nm erfüllt. Mittels IR-Strahlungs- quellen bei 1380 nm können Einbrennphänomene bei Displays vermieden werden. Allerdings erfordert die Prüfung dieser Applikationen eine High-End-Lösung: hoch- auflösend und kalibriert für die präzise Messung radiometrischer Größen, Pulsmes- sung im μs-Bereich und mit Temperatur-Steuerung. > weitere informationen 10 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
BraNcheN - News optence feiert 20-jähriges Bestehen Mit einem Sommerfest auf einem rheinhessi- gehen. Optence wurde im Januar 2001 gegrün- schen Hofgut haben die Mitglieder von Optence det. Nach dem Auslaufen der Förderung 2008 bei bester Laune und bestem Wetter das 20-jäh- wird Optence nun durch Industriemittel getra- rige Bestehen des Vereins gefeiert. gen. Die Gründung der Photonics Hub GmbH, Aus der Schweiz angereist war der „Gründer- die Internationalisierung des Clusters und Weg vater“ von Optence, Prof. Theo Tschudi, der zu ZIM Innovationsnetzwerken sind weitere als Ehrenvorsitzender dem Verein immer noch Meilensteine der erfolgreichen Entwicklung des verbunden ist. Durch seine Mitwirkung im Len- Netzwerks, das heute 109 Mitgliedern hat und kungskreis der „Agenda Optische Technologien unter dem Motto „Gemeinsam mehr erreichen“ für das 21. Jahrhundert“ konnten die deutschen noch viel vor hat. Photoniknetzwerke mit Fördermitteln des Bun- desforschungsministeriums ab 2000 an den Start > www.optence.de motive: photonics hub PhotonicS fLAShLiGht 11
TechNologie uNd applikaTioN Hochleistungslaser Neuro- für die wissenschaft © ag visuell / stock.adobe.com Autoren: Dr. robert riedel · Luisa hofmann class 5 Photonics Gmbh Die hochleistungslaser der multiphotonenmikroskopie in der neurobiologie class 5 Photonics Gmbh eröffnen Biologen und Die Multiphotonenmikroskopie ist eine Schlüs- neurowissenschaftlerinnen seltechnologie für Biologen und Neurowissen- neue, zukunftsweisende schaftlerinnen um ein besseres Verständnis des Gehirns und seiner Funktionalitäten zu gewin- mikroskopiemethoden. nen: Wie entstehen Gefühle? Wie funktioniert Somit könnten bahnbrechende der Tastsinn? Wie werden komplexe Entschei- erkenntnisse in der neuro- dungen getroffen? Die Technik der Multiphoto- nenmikroskopie erlaubt nicht nur die Auflösung wissenschaft erzielt werden. einzelner Zellen, sondern auch die volumetri- sche in-vivo Messung der neuronalen Aktivität. Hierzu werden spezielle genetisch kodierte Kal- ziummarker (genetically encoded calcium indi- cators GECIs) eingesetzt, welche nur dann ein Fluoreszenzsignal liefern, wenn eine bestimmte Kalziumkonzentration und damit ein Aktions- potential an der Nervenzelle anliegt, wenn die Nervenzelle also aktiv ist, und ein Laser zur 12 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
Forschung und Entwicklung Fluoreszenz anregt. Ist genug Laserleistung vor- misst, trägt bereits ein erheblicher Anteil der handen, erlauben verschiedene, neue Strategien Laserintensität in oberen Gewebeschichten vor der Strahl- und Pulsformung im Mikroskop die dem Fokus zur Fluoreszenz bei und verhindert Abtastung sehr großer Volumina im mm3-Maß- daher eine gute Tiefenauflösung. Zudem wer- stab und annähernd in Echtzeit. Dies ermög- den die kurzen Wellenlängen für lineare Fluo- licht das Abrastern größerer neuronaler Popu- reszenzmikroskopie im sichtbaren Bereich bei lationen, in welchen massive parallele Prozesse ca. 480 nm stärker vom Gewebe gestreut und ablaufen. Wissenschaftlerinnen und Biologen reduzieren damit weiter die optische Auflösung. erwarten, dass dies zu einem tieferen Verständ- Bei der Zwei-Photonenmikroskopie, dem ersten nis führen kann, wie auf neuronaler Ebene Schritt in der Multiphotonenmikroskopie, wird gleichzeitig Sensorikinformationen sowie Ver- die doppelte Anregungswellenlänge verwendet, haltensinformationen ausgewertet werden. Eine welche üblicherweise im nah-infraroten Bereich neu demonstrierte, zukunftsweisende Technik bei 960 nm liegt. Dies verringert einerseits die ermöglicht zum Beispiel die Abtastung einer Streuung, andererseits ist eine deutlich höhere Hirnregion mit ca. 1 Millionen Neuronen inner- Lichtintensität erforderlich, um die Fluoreszenz halb eines Volumens von 16 mm3 bei einer Bild- mittels Zwei-Photonenabsorption nichtlinear rate von 2 Hz [1]. anzuregen. Dieser Schwellenwert wird erst sehr nah am Fokus erreicht, wie in Abb. 1 dargestellt ist. Die erreichten Tiefen mit Zwei-Photonen Messen in der Tiefe mikroskopie betragen zwischen 500 und 800 μm. In GECI-ausdrückenden Labormäusen, welche Ein Vorteil der Multiphotonenmikroskopie im häufig als Modellsysteme verwendet werden lie- Gegensatz zur linearen Fluoreszenzmikrosko- gen jedoch die wirklich interessanten Regionen, pie ist ein sehr hoher Kontrast in der Tiefe und wie Teile des Hippocampus, deutlich unterhalb somit die Messung tief im Inneren liegender eines Millimeters Tiefe. Traditionell führte bis- Neuronen und Zellen. Denn sobald man mittels lang kein Weg an invasiven Methoden vorbei, linearer Fluoreszenzmikroskopie in der Tiefe um diese relevanten Regionen freizulegen. Abbildung 1: Prinzip der linearen Fluoreszenzmikroskopie im Vergleich zur Multiphotonenmikroskopie (Zwei-Photonen- und Drei-Photonenmikroskopie). In der Drei-Photonenmikroskopie kann gezielt in der Tiefe gemessen werden, da nur im Fokus genug Laserintensität erreicht wird um via Drei-Photonen absorption zur Fluoreszenz anzuregen. Somit lässt sich Gewebe unterhalb eines Millimeters Tiefe abtasten. © Class5 Photonics photonics Flashlight 13
Forschung und Entwicklung Durchbruch in der einem Millimeter – und weiterhin große Volu- Drei-Photonenmikroskopie mina abzurastern [2], werden neuartige Femto- sekundenlaser benötigt, welche die genannten Heutzutage ermöglichen neuartige Hochleis- Spektralbereiche um ca. 1300 und 1700 nm mit tungslaser und optische Systeme den Zugang genügend Pulsenergie und Leistung liefern. zu diesen noch tieferen Bereichen mittels Drei-Photonenmikroskopie, der nächste Schritt gegenüber der Zwei-Photonenmikroskopie. Das Neue Hochleistungslaser Prinzip ist sehr ähnlich, nur dass Wellenlängen im kurzwelligen Infrarot bei 1300 oder 1700 nm Die Class 5 Photonics GmbH hat sich darauf eingesetzt werden. Durch die noch höhere spezialisiert Laser für Drei-Photonenmikrosko- Laserintensität, die für Drei-Photonabsorption pie mit einigen μJ Pulsenergien und -repetitions benötigt wird, wird die Fluoreszenz nur in einem raten bis zu 16 MHz zu bauen. Die resultieren- sehr kleinen Fokalbereich angeregt. Eine Kon- den mittleren Leistungen von 6 W sind einzig trastverringerung durch Fluoreszenzstreuung mittels der sogenannten optisch-parametrischen vor dem Fokus ist kaum vorhanden. In Abb. 2 Verstärkung bei den eher exotischen Wellenlän- ist eine Vergleichsmessung zwischen Zwei-Pho- gen 1300 und 1700 nm zu erreichen, welches tonen- und Drei-Photonenmikroskopie gezeigt, ebenfalls ein nichtlineares Verfahren darstellt. und zwar im sogenannten Gyrus dentatus des Das Unternehmen setzt diese Verstärkertechnik Hippocampus einer Maus. Beide Abbildungen gezielt ein, um Hochleitungs-Femtosekunden- wurden mit dem gleichen Mikroskopaufbau laser mit mittleren Leistungen von sogar bis zu der Rapp OptoElectronic GmbH aufgezeichnet. 100 W zu realisieren. Der White Dwarf OPCPA In der hier gezeigten Tiefe von 500 μm ist der (siehe Abb. 3) ist ein Lasersystem welches eigens Kontrast der Zwei-Photonenmessung bereits für die Drei-Photonenmikroskopie entwickelt deutlich schlechter, als bei der Drei-Photonen- wurde und liefert die höchste Pulsspitzen- messung. Um jedoch die hohen erforderlichen leistung und -repetitionsrate für den Mikros Intensitäten zu erreichen um noch tiefer – unter kopiemarkt. Das für seine hohe Leistung sehr Abbildung 2: 2p 3p Zwei-Photonen- messung (2p) and Drei-Photonen messung (3p) des Gyrus dentatus im Hippocampus der Maus. Gemeinsame Messkampagne von Rapp OptoElectronic GmbH und Class 5 Photonics GmbH in Hamburg. Die Probe wurde von © Class5 Photonics der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) bereit gestellt. 14 photonics Flashlight 2 | September 2021
forschuNg uNd eNTwickluNg kompakte Lasersystem zeichnet sich nicht nur durch seine Leistungsparameter aus, sondern insbesondere durch seine einfache Bedienbar- keit und Wartungsfreiheit. „Unsere Technologie erlaubt es uns die Nutzererfahrung von heutigen Industrielasern auf cutting-edge Femtosekun- denlaser zu übertragen. Damit ermöglichen wir in der Lasertechnik weniger erfahrenen Neuro- © class5 photonics wissenschaftlerinnen und Biologen den Zugang zu modernster Drei-Photonenmikroskopie“, so Abbildung 3: White Dwarf oPcPA Lasersystem welches eigens für die Drei-Photonenmikroskopie entwickelt wurde. Thomas Braatz, Produktionsleiter bei Class 5 Photonics. Die Drei-Photonenmikroskopie zu immer höheren Volumina und Geschwindig- keiten zu entwickeln stellt hohe Anforderungen class 5 Photonics Gmbh an die Messtechnik und die Lasersysteme. Dank der überragenden Performance seiner Produkte class 5 Photonics baut hoch spezialisierte Laser für die Spitzenforschung. Zum Beispiel eröffnen die ist das Unternehmen in der Position eine gestal- oPcPA Laser verstärker von class 5 Photonics neuro- tende Rolle im Drei-Photonemikroskopiemarkt wissenschaftlern ganz neue mikroskopiemethoden einzunehmen. oder ermöglichen Physikerinnen ultraschnelle Prozesse – auf femtosekundenskala – in molekülen und festkörperstrukturen zu untersuchen. class 5 Photonics wurde 2014 als Spin-off des Deutsches Elektronen- Zusammenfassung Synchrotron (DeSy) und des helmholtz-institut Jena gegründet. Die Multiphotonenmikroskopie erreicht mit- tels fortgeschrittener Scan- und Messtechnik und modernster Lasersysteme volumetrische in-vivo Echtzeitmessungen neuronaler Aktivität in großen Volumina und für einzelne Neuronen. Damit erhoffen sich Neurowissenschaftlerinnen Autoren und Biologen in Zukunft komplexe Studien und Dr. robert riedel Erkenntnisse zu fundamentaler Hirnaktivität, ceo wie Lernen, Gedächtnis und anderer kognitiver class 5 Photonics Gmbh Funktionen. notkestraße 85 22607 hamburg robert.riedel@class5photonics.com Luisa hofmann Sales managerin Literatur class 5 Photonics Gmbh notkestraße 85 [1] demas J., manley J., Tejera f., and et al. high-speed, cortex-wide 22607 hamburg volumetric recording of neuroactivity at cellular resolution using light beads microscopy. Nat methods, 2021. luisa.hofmann@class5photonics.com [2] weisenburger et al. Volumetric ca2+ imaging in the mouse Brain using hybrid multiplexed sculpted light microscopy. cell, 177, 2019. PhotonicS fLAShLiGht 15
forschuNg uNd eNTwickluNg Durchbruch in der fusionsforschung Am Lawrence Livermore National Laboratory das Prinzip des „direct-drive“, bei dem die Kapsel (LLNL) in Kalifornien ist in diesen Tagen ein direkt von Laserstrahlen getrieben wird. Dieses Durchbruch in der Fusionsforschung geglückt. Verfahren ist ein vielversprechender Ansatz für Erstmals konnte fast genau so viel Energie die kommerziell attraktive Energieproduktion erzeugt werden, wie Laserenergie aufgewendet und ist unbrauchbar für militärische Anwen- wurde – mehr als 1.300 Kilojoule. Professor dung. Die TU Darmstadt hat darüber hinaus Markus Roth, Physiker und Experte für Laser- ein Verfahren entwickelt, welches verspricht, mit fusions-Forschung an der TU Darmstadt, hat kleineren Laseranlagen und höherem Energie- am Bau des bei dem Experiment verwendeten gewinn einen effizienteren Weg zur sauberen, Lasers mitgearbeitet. Die Fusionsforschung an sicheren und zuverlässigen Energieversorgung der TU Darmstadt arbeitet seit vielen Jahren auf zu beschreiten. dem Gebiet der zivilen Nutzung der Fusion mit dem Lawrence Livermore National Laboratory zusammen. Dabei verfolgt die TU Darmstadt > weitere informationen ANzEIgE Sie sind auf der Suche nach einer praxisnahen, spannenden und hochqualitativen Weiterbildung im Bereich Laserschutz? Bei uns erwartet Sie Know-How direkt von einem der international führenden Laser-Spezialisten in Medizin, Biotechnologie und Industrie. Mit über 20 Jahren Erfahrung mit Schulungen für Laserschutzbeauftragte gemäß den jeweils aktuellen gesetzlichen Vorschriften können wir individuell auf Ihre Anwendung eingehen – ob online oder vor Ort in unserem modernen Omicron TechCamp bei Frankfurt am Main. Sie haben noch Fragen? Unser Team freut sich auf Sie. Tel.: +49 (0)6106 8224 0 Mail: sales@omicron-laser.de www.omicron-laser.de 16 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
Forschung und Entwicklung Kompakte intensive XUV-Quelle. Ein NIR-Puls (rot) wird fokussiert und Höhere Harmonische werden in einem Jet von Atomen erzeugt, der sich vor oder hinter dem NIR-Fokus befindet. Auf diese Weise hat der erzeugte XUV- Strahl eine Größe und Divergenz, die der Größe und der Divergenz des NIR-Strahls ähneln. Aufgrund der kürzeren Wellenlänge ist der Fokus des XUV-Strahls jedoch viel kleiner als der Fokus des NIR-Strahls. Dies ermöglicht die Erzeugung von intensiven XUV- Pulsen die z. B. für Neues Konzept für die Multiphotonen- Ionisation von Atomen genutzt werden können intensive XUV-Laser (oberer Teil). © Balázs Major Ein internationales Team von Wissen- erstreckt. Das neue Schema ist einfach schaftlern vom Max-Born-Institut (Ber- und könnte in vielen Laboren auf der lin), ELI-ALPS (Szeged, Ungarn) und ganzen Welt umgesetzt werden, was dem INCDTIM (Cluj-Napoca, Rumänien) Feld der ultraschnellen XUV-Wissen- hat ein neues Konzept für die Erzeugung schaft einen Auftrieb verleihen könnte. von intensiver extrem-ultravioletter (XUV) Strahlung basierend auf Höhe- rer Harmonischen Generation (HHG) demonstriert. Der Vorteil liegt darin, dass Originalpublikation: sein Fußabdruck viel kleiner als bei bis- Compact intense extreme-ultraviolet source her genutzten intensiven XUV-Lasern ist. B. Major, O. Ghafur, K. Kovács, K. Varjú, V. Tosa, M. J. J. Vrakking Forschern vom Max-Born-Institut ist es and B. Schütte Optica 8 (2021) 960-965 (Open Access) nun gelungen, einen intensiven XUV-La- https://doi.org/10.1364/OPTICA.421564 ser zu schrumpfen, sodass der gesamte > Weitere Informationen Aufbau sich nur noch über zwei Meter photonics Flashlight 17
Forschung und Entwicklung (a) Laserbiomi (b) (R)evolutionierte Oberflächen Autoren: Tim Kunze et al. Fusion Bionic GmbH 18 photonics Flashlight 2 | September 2021
Forschung und Entwicklung imetik – (c) Abbildung 1: Beispiele biomimetischer Oberflächen. Motive: Pixabay/com/de (a) Lotusblatt mit wasserabweisender Oberfläche. (b) Mottenauge mit Anti-Reflexionsoberfläche. (c) Flügel des Morpho-Schmetterlings mit blauer Strukturfarbe. In der Natur haben sich im Laufe und Anwendung von Erkenntnissen, die an bio- der Evolution vielfältige Struk- logischen Vorbildern gewonnen werden, techni- turen und Prozesse entwickelt, sche Fragestellungen zu lösen“ [1]. welche optimal auf ihr Umfeld Der Beginn der „modernen“ Biomimetik führt abgestimmt sind. Von diesen natürlichen Prin- zurück in die 1950er und 1960er Jahre. In dieser zipien kann der Mensch bei der Entwicklung Zeit wurden vor allem die Struktur und Fortbe- neuer Technologien profitieren. Die Anwendung wegung von Lebewesen untersucht, um prakti- biologischer Phänomene in der Technik wird sche Probleme im industriellen Kontext, wie in unter dem Begriff der „Biomimetik“ zusam- der Luft- und Raumfahrttechnik, zu lösen. Das mengefasst. wohl am weitesten verbreitete, biomimetischen Beispiel ist der sogenannte Lotus-Effekt (siehe Abbildung 1a). Entdeckt von Wilhelm Barthlott Evolutionäre Oberflächen als in den 1990er Jahren ermöglicht der Lotus- Blaupause für technische Innovation Effekt die Selbstreinigung von Oberflächen nach dem Vorbild der Lotuspflanze. Aber auch wei- Heute, im 21. Jahrhundert, stellt die Biomimetik tere biomimetische Effekte lassen sich beobach- – im deutschen Sprachraum unter dem Begriff ten: Beispielsweise zeigt sich am Mottenaugen Bionik zusammengefasst – ein breites, wissen- effekt (siehe Abbildung 1b), dass die Reflexion schaftliches Feld dar. Der Verein Deutscher Inge- von Licht an einer Oberfläche kontrolliert redu- nieure (VDI) definiert Bionik als „interdiszipli- zierbar ist. Darüber hinaus veranschaulicht der näre Zusammenarbeit von Biologie und Technik Flügel des Morpho-Schmetterlings (siehe Abbil- mit dem Ziel, durch Abstraktion, Übertragung dung 1c), dass Farbeffekte auch allein durch photonics Flashlight 19
forschuNg uNd eNTwickluNg 2-Strahlinterferenz Linienmuster Struktureffekte und gänzlich ohne Pigmente möglich sein können. Alle biomimetische Bei- spiele haben gemein, dass sie mit Oberflächen- strukturen mit Merkmalen im Mikrometer- und Nanometerbereich verknüpft sind. 4-Strahlinterferenz Punktmuster Biomimetik trifft Lasertechnologie Die im Zuge der Evolution entwickelten Ober- flächenstrukturen können den Innovationsgrad Abbildung 2: von Produkten und Prozessen stark steigern. Um (links) optische Überlagerung von teilstrahlen derselben Laserquelle zum Ausprägen definierter diese Potentiale zu nutzen, sind leistungsfähige Laserinterferenzmuster durch 2-Strahl- und Produktionstechnologien erforderlich, welche 4-Strahlinterferenztechnologie. die bioinspirierten Strukturen schnell, präzise (rechts) resultierendes interferenzmuster im Laserspot. © fusion Bionic und mit hinreichender Auflösung auf technische Oberflächen übertragen. An dieser Stelle kommt der Laser als Werkzeug der Zukunft ins Spiel. Die Fusion Bionic GmbH, ein Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahl- technik IWS, stellt eine innovative Lasertechno- logie bereit, die das effiziente Erzeugen biomi- metischer Strukturen ermöglicht. Durch Nutzen des Direkten Laserinterferenzverfahrens (engl. (a) (b) Direct Laser Interference Patterning, DLIP) können Oberflächenmerkmale mit Strukturgrö- ßen zwischen 300 Nanometer bis 30 Mikrometer mit Flächenraten von derzeit bis zu 0,9 m²/min und perspektivisch bis zu 2–5 m²/min erzeugt 5 μm 1 μm werden. Abbildung 2 zeigt beispielhaft die opti- sche Überlagerung von Teilstrahlen derselben (c) (d) Laserquelle zum Ausprägen definierter Laserin- terferenzmuster durch 2-Strahl- und 4-Strahlin- terferenztechnologie sowie die zugehörigen, sich ausprägenden Interferenzmuster im Laserspot. Das erzeugte Laserinterferenzmuster kann in 500 nm 100 nm nahezu alle Materialien, von Metallen über Poly- mere bis Keramiken, Beschichtungen und Glas, Abbildung 3: verschiedene vergrößerungen einer übertragen werden. Abbildung 3 demonstriert lasergenerierten Oberflächenstruktur nach Vorbild der Lotusblattes, welche mit Direkter Laserinterferenz eine nach Vorbild des Lotusblattes erzeugte (2-Strahl) auf edelstahl realisiert wurde. DLIP-Struktur auf Edelstahl in verschiedenen © Jeol (germany) gmbh Vergrößerungen. Dabei zeigt sich die besondere 20 PhotonicS fLAShLiGht 2 | sepTemBer 2021
forschuNg uNd eNTwickluNg Detailtreue des laserbasierten Ansatzes, bei dem Referenzoberfläche biomimetische Struktur komplexe Strukturen von wenigen Mikrome- tern bis in den Nanometerbereich in einem Ein- Schritt-Prozess hergestellt werden können. Je nach Anwendungsfall kann das DLIP- Verfahren zum Erzeugen von bioinspirierte Strukturen mit optimierten Oberflächeneigen- schaften genutzt werden, so dass Selbstreini- Geschwindigkeit = 65 m/s; gung, Anti-Reflexion und Strukturfarben nach temperatur = –10 °c Vorbild des Lotuseffektes, des Mottenauges und Morpho-Schmetterlings auf technischen Pro- dukten resultieren. Applikationsbeispiel – eisabweisende Oberflächen durch Lotusstrukturen Geschwindigkeit = 120 m/s; Eisbildung und -akkumulation auf technischen temperatur = –20 °c Oberflächen ist eine ernstzunehmende Gefahr Abbildung 4: vergleich einer unstrukturierten und in vielen Industriezweigen wie dem Energie- laserstrukturierten Oberfläche auf Titan in sektor sowie Luft- und Raumfahrt. Vereisungser- Windkanaltests unter definierten Testbedingungen. © airBus r&T scheinungen auf Flugzeugoberflächen stellen ein deutliches Sicherheitsrisiko im Flugbetrieb dar, da bereits eine dünne Frostschicht auf neural- gischen Punkten wie dem Heck zu einer Beein- Kraftstoffverbrauch erhöhen (ca. 4 W/cm²) und trächtigung der Aerodynamik führen kann. Des- zudem ein unerwünschtes Zusatzgewicht mit halb müssen die Flugzeuge vor dem Start von sich bringen. Schnee und Eis befreit werden, was schätzungs- Hier können bioinspirierte Oberflächen nach weise in der Enteisungssaison von Oktober bis Vorbild des Lotuseffektes eine Verbesserung April 2019 allein in Deutschland zu Enteisungs- bewirken, da stark wasserabweisenden Eigen- kosten von rund 1 Mrd. € führte. Vereisung tritt schaften (so genannte Superhydrophobie) zu auch während des Fluges durch den Aufprall von einer Verringerung der Eisanhaftung führen unterkühlten Wassertröpfchen in Wolken auf, kann [2]. Zusätzlich existieren spezielle Regeln die entweder direkt beim Aufprall haften bleiben für die perfekte eisabweisende Oberflächen- oder sich aufgrund der Oberflächenspannung textur, bei der die Strukturgröße mindestens eine in Rinnsalen sammeln können. In den meisten Größenordnung kleiner sein sollte als die durch- Fällen werden Eisschutzsysteme (engl. Ice Pro- schnittliche Größe der auftreffenden Tröpfchen, tection Systems – IPS) beispielsweise auf Basis um die Wasserabweisung auch auf der Mikro- elektrothermischer Prinzipien eingesetzt, um skala zu ermöglichen [3]. Folglich führt eine das angesammelte Eis zu beseitigen. Der große Kombination aus wasserabweisender Oberflä- Nachteil dieser Heizelemente besteht jedoch che in Verbindung mit einer hochaufgelösten darin, dass sie den Energie- und damit den biomimetischen Struktur zu einem eisabweisen- PhotonicS fLAShLiGht 21
Forschung und Entwicklung (a) (b) Abbildung 5: (a) Glasoberfläche mit Mottenaugenstruktur, welche lokal die Reflexion der Oberfläche reduziert. (b) Dekorative Oberflächenstruktur nach Vorbild des Morpho-Schmetterlings auf Polymer. © Fusion Bionic den Verhalten. Infolge kann die Anhaftvermögen lich ist (siehe Abbildung 4). Darüber hinaus kann von Eis (gemessen durch die Grenzflächenspan- der Enteisungsprozess unter Nutzen eines IPS nung) durch eine biomimetische Oberflächen- bei konstanter Wärmeleistungsdichte um etwa struktur (siehe Abbildung 3) um bis zu 88 % 90 Prozent schneller realisiert und die erforder reduziert werden [3, 4]. Zusätzlich zeigen Ver- liche Heizleistung zum vollständigen Enteisen eisungstests im Windkanal, dass die Eisbildung um bis zu 80 Prozent reduziert werden [5]. um 15 s verzögert sowie die Eiswachstumsrate im Vergleich zur unstrukturierten Oberfläche um 34 % langsamer ausgeprägt ist [5]. Dadurch Weitere Applikationsbeispiele – konnte erstmals nachgewiesen werden, dass das Anti-Reflexionsoberflächen und Eiswachstum infolge der biomimetischen Struk- Dekoration tur selbstlimitierend ist und nach Erreichen einer bestimmten Dicke selbstständig abfällt, ohne Biomimetische Effekte nach Vorbild des Motten dass eine aktive Unterstützung des IPS erforder- augeneffektes und des Morpho-Schmetterlings können mit der DLIP-Technologie ebenfalls realisiert werden. Dazu sind spezielle Oberflä- chenstrukturen erforderlich, welche das Licht so beugen, dass es kontrolliert zurückgeworfen oder besser in das Material eingekoppelt wer- Referenzen den kann. Abbildung 5a zeigt eine beispielhafte [1] VDI 6220 Blatt 1:2012-12 Oberfläche, bei der in selektiv-ausgewählten [2] A. Volpe et al., Materials 2020, 13(24), 5692; https://doi.org/10.3390/ma13245692 Bereichen die Reflexion durch Laserstruktruie- [3] V. Vercillo et al., Adv. Funct. Mater. 2020, 1910268; https://doi.org/10.1002/adfm.201910268 rung verringert wurde. Die aufgebrachten Struk- [4] S. Milles et al., Nanomaterials 2021, 11(1), 135; https://doi.org/10.3390/nano11010135 turmerkmale können dabei grundsätzlich auch [5] S. Alamri et al., Adv. Mater. Interfaces 2020, 7, 2001231; innerhalb des Materials erzeugt werden, so dass https://doi.org/10.1002/admi.202001231 diese vor äußeren Einflüssen geschützt b leiben. 22 photonics Flashlight 2 | September 2021
forschuNg uNd eNTwickluNg Abbildung 5b zeigt eine irisierende Polyme- roberfläche, die zur kontrollierten Lichtbeugung fusion bionic eingesetzt werden kann. ©ronaldbonss.com neue Anwendungsfelder durch hochgeschwindigkeitslaserlösungen Die Laserbiomimetik wird in Zukunft dazu füh- ren, dass heutige Werkstoffoberflächen erheb- Das Startup fusion bionic aus Dresden entwickelt und lich verbessert und, in einige Fällen, etablierte vertreibt Systeme zum herstellen biomimetischer Oberflächen durch eine einzigartige Hochgeschwindig- Prozessschritte zum Teil vollständig ersetzt wer- keitslasertechnologie. Die angebotenen Lösungen sind den können. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, bis zu 100-mal schneller als etablierte verfahren und bestehende Probleme zu lösen und noch nie ebnen so den Weg für Hochleistungsoberflächen mit selbstreinigenden eigenschaften, reduzierter reibung, dagewesene Produkte zu schaffen. Die enormen verbesserter kontaktierung und mehr. Potentiale für bioinspirierte Oberflächen zeich- nen sich bereits jetzt schon in der Luftfahrt, im Automobil- und Energiesektor sowie bei medi- zinischen Komponenten wie Implantaten ab. Schlussendlich werden fortschrittlichen Laser- verfahren zum Bearbeiten von großen Flächen mit hohen Prozessgeschwindigkeiten gepaart Autor: mit biomimetischen Ansätzen das Umsetzen Dr. tim kunze (r)evolutionierter Oberflächen nur noch weiter Position: Geschäftsführer fusion bionic Gmbh beschleunigen. PRESSEMITTEILUNg D as Startup Fusion Bionic aus Dresden, eine Ausgründung aus dem Fraunhofer IWS, entwickelt und vertreibt Systeme zum aus über 1800 weltweit aktiven Start-ups für eine engere Kooperation ausgewählt. Zusätz- lich konnte Fusion Bionic mit mehreren Herstellen biomimetischer Oberflächen durch Investoren seine erste Finanzierungsrunde in eine einzigartige Hochgeschwindigkeitsla- siebenstelliger Höhe abschließen, so dass der sertechnologie. Die angebotenen Lösungen Aufbau eines Anwendungszentrums für die sind bis zu 100-mal schneller als etablierte laserbasierte Oberflächenfunktionalisierung Verfahren und ebnen so den Weg für Hoch- sowie eine auf künstlicher Intelligenz basie- leistungsoberflächen mit selbstreinigenden renden Vorhersageplattform zur Beschleuni- Eigenschaften, reduzierter Reibung, verbes- gung der Entwicklung von Laserfunktionali- serter Kontaktierung und mehr. Fusion Bionic täten umgesetzt werden kann. wurde kürzlich von Heraeus im Rahmen des konzerneigenen Accelerator-Programms 2021 > https://fusionbionic.com/press-release/funding/ PhotonicS fLAShLiGht 23
Forschung und Entwicklung Forscherteam weist „Spin“ einer Nanoschallwelle erstmals in Echtzeit nach Brückenschlag zwischen Akustik und Optik Einem deutsch-amerikanischen Forscherteam aus Augsburg, Münster, Edmonton, West Lafayette und München ist es gelungen, die rollende Bewegung einer Nano- schallwelle nachzuweisen, die der berühmte Physiker und Nobelpreisträger Lord Rayleigh 1885 vorhersagte. In einer in der Fachzeitschrift „Science Advances“ ver- öffentlichten Studie verwenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Nanodraht, in dessen Inneren Elektronen durch den „Spin“ der Schallwelle auf Kreisbahnen gezwungen werden. Dieses nun nachgewiesene Phänomen kann bei- spielsweise in akustischen Quantentechnologien oder in sogenannten phononischen Bauelementen, mit denen sich die Ausbreitung akustischer Wellen kontrollieren lässt, gezielt verwendet werden. > Weitere Informationen Darstellung des Spins einer Nanoschallwelle in einem Nanodraht auf einem piezo elektrischen Kristall. Kleine Pfeile: Richtung und Stärke des gyrierenden elektrischen Feldes; große Pfeile: Ausbreitungsrichtung und transversaler Spin © Maximilian Sonner 24 photonics Flashlight 2 | September 2021
Forschung und Entwicklung F&E September 2021 Paradoxe Wellen: Gefangene Lichtteilchen auf dem Sprung Universität Rostock ist es in Zusammenarbeit mit Professor Stefano Longhi von der Universität Mailand (Italien) gelungen, ein neuartiges Verhalten von Lichtwellen zu beobachten, bei welchem Licht durch eine neue Art von Unordnung auf kleinste Raumbereiche begrenzt wird. Paradoxerweise kann das Licht trotzdem sprungartig seinen Ort ändern, was das aktuelle Verständnis über Lichtwellen auf die Probe stellt. Lichtsignale in einem fünf Kilometer langen optischen Kabel werden durch diesen neuartigen Effekt zunächst an einem spezifischen Punkt gesammelt und fokussiert, bis sie schlagartig zu einem anderen, weit entfernten Punkt springen. Die bahnbre- chenden Entdeckungen stellen nach Ansicht der Forscher einen wichtigen Schritt in der Grundlagenforschung dar und heben das Verständnis über die Ausbreitung von Wellen – egal ob Licht, Schall oder Elektronen– auf eine neue Ebene. > Originalveröffentlichung S. Weidemann, M. Kremer et al. Nature Phot. 16 (2021). Schaltbare IR-aktive organische Pigmente In der Photosynthese und der organischen Photovoltaik wandeln Pigmente Licht in elektrische Ladung um. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben nun ein ungewöhnliches organisches Pigment hergestellt, das sich durch elektrische Ladung „anschalten“ und dann zu einem intensiven Farbstoff wird, der Licht im Nahinfra- rotbereich absorbiert. Solche Systeme sind für neue Anwendungen für organische Leuchtdioden, in der Photovoltaik und der Sensorik interessant. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Angewandte Chemie publiziert. > Originalveröffentlichung photonics Flashlight 25
TECHNOLOGIE UND APPLIKATION Beleuchtung des Beobachtungsfeldes zur Aufnahme von spektral aufgelösten Bildern (Hyperspektrale Abbildungen) Autoren: H. Zeng, M. Hoppe, P. Rotsch OSA Opto Light GmbH, Berlin 26 photonics Flashlight 2 | September 2021
Forschung und Entwicklung D Die Verfahren der hyperspektralen ie von einer Strahlungsquelle ausge- Bildaufnahme haben in den hende Strahlung ist unter anderem letzten Jahren zunehmendes durch ihr Spektrum beschreibbar, im Interesse für verschiedenste Wellenlängenbereich der Strahlung Anwendungen, beispielsweise 100 nm bis 1 mm wird zwischen UV, VIS (sicht- bei fertigungsbegleitender bar) und Infrarot unterschieden (1). Als Licht Messtechnik, gefunden. Die im sichtbaren Bereich wird elektromagnetische Strahlung der Wellenlänge 380–780 nm definiert. erheblichen Fortschritte bei den Teilt man den sichtbaren Bereich in 3 Bereiche Bildaufnahmekameras und bei der ein, kann eine Farbinformation erhalten werden. Analyse der Daten ermöglichen Diese Bereiche werden allgemein als Rot / Grün / neue Einsatzfelder. Neben der Blau bezeichnet (2). Diese drei Farbkanäle sind Erarbeitung der Algorithmen zur Basis des menschlichen Farbsehens (2), der addi- Auswertung der Spektraldaten tiven Farbmischung (aktive Displays) (3) und ist die Wahl und Auslegung der der digitalen Farbfotographie (4). Dabei wird Beleuchtungseinheit für die das Spektrum jedes Bildpunktes in 3 Farbkanäle Qualität und Reproduzierbarkeit unterteilt, d. h. die Fläche des Sensors je Bild- der Messdaten von entscheidender punkt wird, da diese nebeneinander liegen, auf- Bedeutung, so wie die Wahl der geteilt. Ein Farbfilter absorbiert das dem Farb- Lichtquelle für den Erfolg der kanal nicht entsprechende Licht. Bei mehr als Einführung einer automatischen 3 Farbkanälen / Bildpunkt wird von multispekt- Bildverarbeitung entscheidend ralen Bildern gesprochen, die mit verschiedenen ist. Im Folgenden werden drei Technologien aufgenommen werden können (4). mögliche Strahlungsquellen für Wenn man nun dem Spektrum am Bildpunkt mehr als 100 Wellenlängenkanäle zuweist, wird eine breitbandige Beleuchtung der Begriff hyperspektrale Bildaufnahme ver- verglichen, die thermischen Strahler wendet (5). Dieser Begriff wurde erstmals 1988 (Halogen- oder Glühlampen), aus verwendet, als das Verfahren für die satellitenge- LED verschiedener Wellenlänge stützte Fernerkundung und Luftbildaufnahmen zusammengesetzte Strahler entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um die und Strahler aus breitbandigen Analyse reflektierter Strahlung, wobei das Verfah- LEDs. Deren Eigenschaften in der ren der Bildaufnahme aber ebenso auf Lichtquel- Anwendung werden diskutiert. len selbst und die Absorption bei Transmission (Untersuchung von Dünnschliffen und Gewebe schnitten) anwendbar ist. Das Potential dieser Technik kam auch im Innovationsforum Hyper- spektraltechnologien für Prozessüberwachung und Medizintechnik (HyperInno) des Photonics BW e.V. zum Ausdruck, bei dem die Technik und potentielle Anwendungen dargestellt und disku- tiert wurden (7) Der aktuelle Stand bei der Ent- wicklung von Kameras und Software wird auch im Heft 27/21 der Markt und Technik beschrie- ben (8). photonics Flashlight 27
Forschung und Entwicklung Die hyperspektrale Bildaufnahme kann überall dort Gut verfügbare Detektoren basieren vorwie- angewendet werden, wo aus den Absorptions- oder gend auf Silizium und III-V-Halbleitern wie Reflexionseigenschaften relevante Informationen über die (Ga,In)As für den nahen Infrarotbereich (14). Eigenschaften des Objekts gewonnen werden können. Zur Illustration seien aufgelistet: Damit sind Strahlungswellenlängen von 220 nm ● Pflanzenzucht und Landwirtschaft, z. B. Bestimmung (UVC) bis 4200 nm (Infrarot) adressierbar. der Pflanzenart selbst, aber auch der Gesundheit und Wählt man 120 Kanäle zur Bildaufnahme aus, die Düngerversorgung der Pflanze (9), Bild 1 umfasst bei einer Bildgröße von 1312 x 1082 ● Lebensmittelverarbeitung, z. B. Erkennung von Pixeln und 12 Bit Auflösung des AD-Konver- Reifegrad und Druckstellen von Früchten (10) ters die reine Datenmenge ohne Adressdaten ca. ● Elektronik, z. B. Erkennung thermischer Schäden auf 255 Mbyte. Damit wird verständlich, dass die Leiterplatten (Bild 2 OSA Opto Light GmbH) Wahl der Parameter der Bildaufnahme und die ● Medizintechnik, z. B. Analyse der Oberfläche von Haut, des Auswertealgorithmus für einen erfolgrei- Wunden und Operationsfeldern (11) chen Einsatz entscheidend sind. Die übliche Strahlungsquelle bei der Ferner- kundung ist das gut beschriebene Sonnenlicht (15), Störungen, wie z. B. Einflüsse des Wetters und der Tageszeit werden durch Wahl des geeig- neten Aufnahmezeitpunktes umgangen. Kann diese Strahlungsquelle nicht gewählt werden, müssen auf die Anwendung zugeschnittene, künstliche Strahlungsquellen eingesetzt werden. Der folgende Artikel konzentriert sich auf den Spektralbereich 400–1050 nm, der mit Silizi- um-Detektoren gut messbar ist. Abb. 1 Vergleich der Reflexionsspektren von Blättern, Bilder Breitbandige Strahlungsquellen Sommerlinde Tilia nach Laubfall (12), Weymouths Kiefer Pinus strobus (13), Thermische Quellen Unter thermischen Quellen werden vor allem Glühlampen und Halogen-Glühlampen zu sammengefasst. Ihr Spektrum ist durch das Planksche Strahlungsgesetzt beschrieben (15), die entsprechenden Modellrechnungen und die Messwerte weisen eine gute Korrelation auf. Vor allem im roten Farbbereich und im NIR zwischen 660 und 2000 nm weisen thermische Strahler eine hohe Effizienz auf. Sofern keine Bande durch die Absorption eines Materials im Strahlengang hinzukommt, sind diese Quellen weitgehend homogen. Beispielsweise wird die Abb. 2 Reflexionsspektrum und Bild einer geschädigten Infrarot-Strahlung von Reflektoren wie im Bild Leiterplatte 3 oben links bei Anwendungen der Allgemeinbe 28 photonics Flashlight 2 | September 2021
Forschung und Entwicklung bei der Verwendung von Glühlampen ist das Ein- und Ausschaltverhalten. In Abb. 3b ist die- ses gezeigt, neben der Schaltzeit von ca. 160 ms (hier an einer 2500 K Quelle mit 5 V und 12 W gemessen) ist eine längere Zeit erforderlich, bis die Glühwendel das thermische Gleichgewicht erreicht hat und die Emission gleichmäßig ist. Dies bedeutet entweder einen mechanischen Shutter oder eine thermische Belastung des Objektes, die vor allem bei Anwendungen in der Abb. 3a: Thermische Strahler und ihre Spektren, Medizin und bei organischen Materialien uner- Halogenglühlampe mit Spektrum 3000 K wünscht ist. Ein weiterer Nachteil ist die geringe (modelliert), Allgemeingebrauchslampe mit Spektrum 2500 K (gemessen) Lebensdauer, die sich durch Erschütterungen im Betrieb, wie Vibrationen an einem Transportsys- tem, zusätzlich erheblich verkürzen kann. Multi-Chip-LED-Quellen Ermöglicht durch die erhebliche Effizienzstei- gerungen von LEDs im Bereich 365–1100 nm in den letzten Jahren ist es möglich breitban- dige Strahlungsquellen aus mehreren LEDs zusammenzusetzen. Erste Anwendungen waren Sonnenlichtgeneratoren, die beispielsweise zum Testen von Solarzellen oder für Untersuchungen zum Langzeitverhalten von Materialien unter Lichteinfluss eingesetzt werden können. Da im Sonnenlicht auf der Erdoberfläche vergleichs- Abb. 3b: Schaltverhalten einer 2500 K Glühlampe, weise wenig UVB und UVC-Strahlung enthalten Einschaltzeit ton = 167 ms, Abschaltzeit toff = 91 ms ist, ist auch dieser Bereich mit LEDs gut darstell- bar. Für die Emission eines Spektrums ähnlich leuchtung gezielt abgeschwächt [(16), Folie 18]. dem des Sonnenlichts im Bereich 400–1100 nm So lange diese Lichtquellen einen wesentlichen sind LEDs mit 23 verschiedenen Wellenlängen Marktanteil an den Lichtquellen zur Allgemein- („LED-Kanäle“) erforderlich, siehe Abbildung 4. beleuchtung aufwiesen, waren diese eine preis- Auf Grund der materialbedingt geringen Effi werte Lösung bei sehr einfacher Ansteuerung. zienz der direkt emittierenden LEDs im Bereich Glühlampen als Lichtquellen emittieren nur 520–580 nm werden häufig Konversions-LEDs einen geringen Anteil des Spektrums bei Wel- für den grünen und gelben Bereich eingesetzt, lenlängen unterhalb 500 nm, UV-Licht ist also am Beispiel im Bild 4 wurden LEDs mit einer kaum vorhanden (siehe Bild 3). Eine Erhöhung Peak-Wellenlänge von 545 nm beziehungsweise der Wendeltemperatur auf 3500 K erhöht das 572 nm LED auf Konversions-Basis verwen- Signal im Blauen und Grünen Bereich erheblich, det. In diesem Anwendungsbeispiel ist der UV- geht aber drastisch zu Lasten der Lebensdauer Bereich zwischen 265 und 385 nm noch nicht [(16) Folie 10]. Eine weitere Herausforderung enthalten. photonics Flashlight 29
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