DAS TABAKMONOPOL IM LICHTE DES UNIONSRECHTS - JKU ePUB
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Eingereicht von Andreas Mini Angefertigt am Institut für Europarecht Beurteiler Assoz. Univ.-Prof. Dr. Franz Leidenmühler Juni 2020 DAS TABAKMONOPOL IM LICHTE DES UNIONSRECHTS Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, 16. Juni 2020 Andreas Mini 16. Juni 2020 2/37
DAS TABAKMONOPOL IM LICHTE DES UNIONSRECHTS I. Einleitung .............................................................................................................................. 5 II. Die Geschichte des Tabakmonopols..................................................................................... 5 A. Von der Entdeckung des Tabaks bis zur Zweiten Republik.......................................... 5 B. Das Tabakmonopolgesetz 1949 .................................................................................. 7 C. Das Tabakmonopolgesetz 1968 .................................................................................. 7 III. Der EU-Beitritt 1995.............................................................................................................. 9 IV. Das Tabakmonopolgesetz 1996 ......................................................................................... 10 A. „1. Allgemeines“ (§§ 1-5) ........................................................................................... 10 1. Monopolgegenstände und -gebiet .................................................................... 10 2. E-Zigaretten im Tabakmonopol? ....................................................................... 10 3. Monopolverwaltung und Handel mit Tabakerzeugnissen .................................. 12 B. „2. Großhandel mit Tabakerzeugnissen“ (§§ 6-12) .................................................... 13 1. Bewilligung zum Großhandel ............................................................................ 13 2. Pflichten des Großhändlers .............................................................................. 13 3. Sonderregeln bei der Exekution........................................................................ 15 C. „3. Monopolverwaltungsgesellschaft m. b. H.“ (§§ 13-22) .......................................... 16 1. Aufgaben und Ziele der MVG ........................................................................... 16 2. Solidaritäts- und Strukturfonds.......................................................................... 16 3. Tätigkeit und Organisation der MVG ................................................................. 17 D. „4. Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen“ (§§ 23-42) ................................................... 18 1. Tabaktrafiken.................................................................................................... 18 2. Bewerbung um eine Tabaktrafik ....................................................................... 20 3. Vorzugsrechte und Angehörigenansprüche ...................................................... 21 4. Besetzung von Tabaktrafiken ........................................................................... 22 5. Bestellungsvertrag ............................................................................................ 22 6. Rechte und Pflichten des Tabaktrafikanten....................................................... 23 7. Handelsspanne ................................................................................................ 25 8. Werbeverbot und Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten .................... 25 9. Behördenbefugnisse und Strafbestimmungen .................................................. 26 E. „5. Übergangs- und Schlussbestimmungen“ (§§ 43-47l) ............................................ 27 V. Das Tabaksteuergesetz ...................................................................................................... 27 VI. Das Tabak- und NichtraucherInnen-Schutzgesetz .............................................................. 29 A. Das Tabakgesetz 1995 .............................................................................................. 29 16. Juni 2020 3/37
B. Die Novelle BGBl. I Nr. 22/2016................................................................................. 29 C. Die zweite Tabakprodukte-Richtlinie (TPD2).............................................................. 29 1. Titel I – Gemeinsame Bestimmungen ............................................................... 30 2. Titel II – Tabakerzeugnisse ............................................................................... 30 3. Titel III – Elektronische Zigaretten und pflanzliche Raucherzeugnisse .............. 31 4. Titel IV – Schlussbestimmungen....................................................................... 32 D. Werbung und Sponsoring .......................................................................................... 32 E. Nichtraucherschutz .................................................................................................... 32 1. Die aktuelle Rechtslage .................................................................................... 32 2. Die Novelle BGBl. I Nr. 66/2019 ....................................................................... 33 VII. Schlussworte ...................................................................................................................... 33 VIII. Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... 35 IX. Literaturverzeichnis............................................................................................................. 37 X. Internetquellen .................................................................................................................... 37 16. Juni 2020 4/37
I. Einleitung Als Zigarrenraucher stellte ich mir schon früh einige Fragen: Warum gibt es in Österreich keine Onlineshops für Tabakwaren, in Deutschland jedoch schon? Warum kosten Tabakprodukte in jeder Trafik gleich viel, und wer legt diese Preise eigentlich fest? Wieso gibt es so gut wie keine Werbung für Tabakwaren? Wer bestimmt, wo eine Trafik ist? Und wie wird man eigentlich Trafikant? Auf der Suche nach Antworten stieß ich immer wieder auf das Tabakmonopol. Als ich begann, mich einzulesen, fand ich ein spannendes Gesetz mit einer Jahrhunderte alten Geschichte, welches in den letzten 25 Jahren stark von unionsrechtlichen Vorgaben beeinflusst wurde. Diese Entwicklung soll den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellen. Das Tabakmonopolgesetz allein kann die Gesetzeslage Österreichs rund um das Tabakwesen jedoch nicht vollumfassend darstellen, weswegen am Schluss noch auf das Tabaksteuergesetz1 und das Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz2 eingegangen wird. II. Die Geschichte des Tabakmonopols A. Von der Entdeckung des Tabaks bis zur Zweiten Republik Nachdem sich Tabak im 16. Jahrhundert aus Amerika kommend in Europa immer größerer Beliebtheit zunächst als Zier- und Heilpflanze, später auch als Genussmittel erfreute, dauerte es nicht lange, bis die auf das Luxusprodukt eingehobenen Steuern eine wichtige Einnahmequelle vieler europäischer Länder darstellten. Um die Abgaben auf den Anbau, die Verarbeitung und den anschließenden Verkauf zu regulieren und zu überwachen, entstanden in der Mitte des 17. Jahrhunderts vielerorts staatliche Tabakmonopole, welche teilweise bis ins 21. Jahrhundert Bestand haben.3 Der Begriff des Monopols stammt von den griechischen Worten „monos polein“, welche „allein verkaufen“ bedeuten, also dass das Recht zum Verkauf etwa von Tabak einem Einzelnen bzw. hier dem Staat vorbehalten ist, es also für den Markt nur einen Anbieter gibt. In Österreich kam es 1662 zum ersten Mal zu einem „Appalt“, also der vertraglichen Verpachtung des Tabakmonopols und den damit einhergehenden Einnahmen. Nach einem zwischenzeitlichen und wirkungslosen Verkaufsverbot für Tabak verpachtete Kaiser Leopold I. im Jahr 1670 das Tabakmonopol für das Erzherzogtum Österreich, um sich damit die Jagd zu finanzieren.4 Dies war der Start eines „Appaltosystems“, welches trotz heftiger Kritik der Stände und Bauern über 50 Jahre lang unter mehrfacher Modifikation ausgeübt wurde. 1723 gründete Kaiser Karl VI. die erste österreichische Tabakregie. Unter staatlicher Aufsicht sollte vermehrt inländischer Tabak angebaut und in österreichischen Fabriken verarbeitet werden. Da diese Umstellung nicht die erhofften Einnahmen brachte, kehrte man nur drei Jahre später zur privaten Verpachtung der Monopolrechte zurück. Um die Stände zu beruhigen, überließ man ihnen gegen eine Ablöse an den Staat das Tabakgefälle in Teilen des Reiches, also das Recht, den Pachtzins bei den Pächtern einzutreiben. Da diese ihr Recht jedoch äußerst willkürlich ausübten, kam es erneut zu Missständen in der Bevölkerung. Gleichzeitig vernachlässigten die Pächter ihre Pachtobjekte, um ihren eigenen Gewinn zu maximieren, weshalb es zu 1 BGBl. Nr. 704/1995. 2 BGBl. Nr. 431/1995. 3 Vgl. Hriza, Tabakmonopol in Österreich, Diplomarbeit Philosophie, Wien (2013), S. 3ff. 4 Vgl. Hitz/Huber, Geschichte der österreichischen Tabakregie 1784-1835, Wien (1975), S. 13ff. 16. Juni 2020 5/37
Qualitätseinbußen kam. Aus diesen Gründen nahm Maria Theresia das Tabakgefälle aus den Händen der Stände und verpachtete die Monopolrechte an eine einzige private Gesellschaft. Trotz der hohen Einnahmen des Staates in den folgenden Jahren kündigte Kaiser Joseph II. den Pachtvertrag 1783 vorzeitig, um im Jahr darauf das Tabakgeschäft in staatlicher Eigenregie durchzuführen. Die k. u. k. Tabakregie war gegründet und übernahm, dank vierer Direktoren, die zum Teil bereits zuvor an der Pacht beteiligt gewesen waren, die Arbeit der bisherigen Pächter auf Grundlage des Tabakpatents 1784 nach kaufmännischen Grundsätzen. Fabriken wurden errichtet und ausgebaut und der Fokus auf inländische Produktion gelegt. 1835 wurden die bisherigen Monopolgegenstände, zu denen neben Tabak unter anderem auch Kochsalz, Schießpulver und Salpeter gehörten, in einer neuen Staatsmonopolordnung zusammengefasst. Inhaltliche Änderungen blieben jedoch aus. Darüber hinaus wurde das Gefällsstrafgesetzbuch erlassen, welches Verstöße gegen Abgabenvorschriften ahndete. Trotz Inkrafttretens des Finanzstrafgesetzes 1958 finden sich noch heute vereinzelte Verweise auf das Gefällsstrafrecht5. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gab es keine großen Reformen des Monopolrechts, lediglich in den Tabakfabriken kam es zu arbeitsrechtlichen Verbesserungen im Hinblick auf Kinderarbeit, Mindestlöhne, Arbeitszeiten und die allgemeine Versorgung. Nach der Niederlage des Habsburgerreiches im ersten Weltkrieg büßte die Tabakregie zwei Drittel der Fabriken und große Teile der Anbaugebiete ein, da diese nun nicht mehr zum Staatsgebiet gehörten. Mit dem Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich 1938 blieb das damals geltende Recht, und somit auch das Tabakmonopol, bis auf weiteres in Kraft.6 Am 15. April 1939 wurde jedoch per Verordnung kundgemacht, dass das österreichische Tabakmonopol aufgehoben wird und die bestehenden Bestimmungen mit Ausnahme der Verschleißbestimmungen (Handels- bzw. Verkaufsbestimmungen) außer Kraft treten. Weiters wurde in § 2 der Verordnung „die Errichtung neuer Unternehmungen zur Herstellung von Tabakwaren“ verboten. Das Deutsche Reich trat rückwirkend in alle vermögensrechtlichen Pflichten und Rechte der Tabakregie ein.7 In Österreich wurde die Verordnung knapp zwei Wochen später kundgemacht8, womit das Monopol vorerst auf dem Papier Geschichte war und die gesetzlichen Regelungen des Deutschen Reiches von nun an Gültigkeit hatten. Da die österreichische Tabakindustrie zu dieser Zeit ein hervorragend laufendes Geschäft war, wurde es vom Deutschen Reich wie bisher weitergeführt. Lediglich die Tabakregie wurde in eine deutsche Aktiengesellschaft, die „Austria Tabakwerke AG vormals Österreichische Tabakregie“, umgewandelt9 und stand im Alleineigentum des Deutschen Reiches.10 Nach dem zweiten Weltkrieg waren viele Fabriken schwer beschädigt und es mangelte an Rohtabak für die Produktion. Die „Austria Tabakwerke AG vormals Österreichische Tabakregie“ wurde an Österreich rückübereignet und man entschied sich, den Namen und die Rechtsform der Aktiengesellschaft beizubehalten. Trotz Wiederherstellung des Monopols war der Verkauf von Tabakprodukten durch die Besatzer, insbesondere die USA und die UdSSR, ein großes Problem, da sie das Monopol unterwanderten und österreichische Produkte zu verdrängen drohten. Der österreichische Staat war gegen den Schmuggel machtlos, da er die Besatzer nicht kontrollieren durfte. Dennoch schaffte man den Wiederaufbau der Fabriken und mithilfe von Tauschverträgen 5 Vgl. § 5 Gesetz zum Schutze des Hausrechts, Art. 3 Abs. 1 EGEO. 6 RGBl. I 1938, Nr. 21, S. 237f. 7 Vgl. RGBl. I 1939, Nr. 80, S. 841f. 8 Gesetzblatt für das Land Österreich 582/1939. 9 RGBl. I 1939, Nr. 217, S. 2127ff. 10 Vgl. Trost, Rauchen für Österreich (2003), S. 155ff. 16. Juni 2020 6/37
mit Griechenland und diversen anderen Staaten konnte Rohtabak lukriert werden und die Produktion wieder ausgebaut werden.11 B. Das Tabakmonopolgesetz 194912 1949 wurde das Bundesgesetz über das Tabakmonopol beschlossen. Auf 37 Paragrafen definierte das erste Tabakmonopolgesetz der Zweiten Republik zuerst die Monopolgegenstände und das Monopolgebiet und legte anschließend Regelungen betreffend der Ein-, Aus- und Durchfuhr fest. Die Monopolhoheit übte das Finanzministerium aus. Die Verwaltung legte der Gesetzgeber in die Hände der „Austria Tabakwerke AG vormals Österreichische Tabakregie“. Gleichzeitig wurde bestimmt, dass es sich um ein Vollmonopol zugunsten des Staates handelt, welches sowohl den Anbau von Tabak als auch dessen Verarbeitung und Verkauf (damals noch Verschleiß genannt) regelt. Um dies zu untermauern, wurde die bewilligungslose Erzeugung, Bearbeitung und Verwendung von Monopolgegenständen für verboten erklärt und als Monopolhinterziehung, -hehlerei oder bloße Monopolgefährdung mit erheblichen Geldstrafen bedroht. Die Verfahrenszuständigkeit lag, außer in den Fällen einer Verhaftung, bei den Finanzämtern, die einen Strafbescheid ausstellen konnten. Schon damals gab es eine Preisbindung für den Verschleiß von Tabakprodukten. Den Preis setzte der Bundesminister für Finanzen mit Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates fest und machte ihn im amtlichen Teil der „Wiener Zeitung“ kund. Mit seinem Inkrafttreten verdrängte das Tabakmonopolgesetz 1949 die Zoll- und Staatsmonopolordnung von 1835, welche bis dahin in Geltung stand. Bereits mit Ende des Jahres 1957 hob der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen des Monopolgesetzes, welche das Verfahren vor den Finanzämtern regelten, als verfassungswidrig auf.13 Der Gesetzgeber reagierte, indem er die sinngemäße Anwendung der damaligen Abgabenordnung und die Zuständigkeit der dort genauer festgelegten Finanzstrafbehörden erster Instanz anordnete.14 C. Das Tabakmonopolgesetz 196815 Das im Jänner 1968 neu beschlossene Monopolgesetz übernahm den Inhalt seines Vorgängers weitestgehend. So blieben die Monopolgegenstände, das Monopolgebiet und die Verwaltung durch die Austria Tabakwerke AG unangetastet. Auch das Verbot, ohne Bewilligung Monopolgegenstände herzustellen, zu verarbeiten oder damit zu handeln, wurde lediglich in eine modernere Sprache gefasst und präzisiert. In Hinblick auf das Verfahren bei Verstößen gegen das TabMG wurde pauschal auf das Finanzstrafgesetz verwiesen und keine speziellen Verfahrensvorschriften getroffen. Den Finanzämtern wurde ein Nachschaurecht bei Personen, von denen mit Grund vermutet wurde, sie hätten gegen das Monopolgesetz verstoßen, eingeräumt. Neu waren erstmals Regelungen im Monopolgesetz über den Verschleiß von Tabakerzeugnissen, die Ausschreibung und Besetzung von Tabakverschleißgeschäften und den Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten. Solche Vorschriften hatte bisher der Finanzminister mittels Verordnung erlassen. 11 Vgl. Trost, Rauchen für Österreich (2003), S. 163ff. 12 Bundesgesetz vom 13. Juli 1949 über das Tabakmonopol, BGBl. Nr. 186/1949. 13 Vgl. BGBl. Nr. 101/1957. 14 Vgl. BGBl. Nr. 287/1957. 15 Bundesgesetz vom 11. Jänner 1968 über das Tabakmonopol, BGBl. Nr. 38/1968. 16. Juni 2020 7/37
Das TabMG erlaubte ausschließlich den Tabakverlegern und Tabaktrafikanten den Verschleiß von Tabakerzeugnissen. Ihnen war vom Bundesministerium für Finanzen eine monopolbehördliche Verschleißbewilligung auszustellen, welche Voraussetzung für die Belieferung mit Tabakerzeugnissen durch die Austria Tabakwerke AG war. Tabakverleger waren quasi Zwischenhändler, welche die Produkte im Namen und für Rechnung der Austria Tabakwerke AG an die Tabaktrafikanten verkauften. Je nach Ausmaß des sonstigen Angebots wurde zwischen selbstständigen und nicht selbstständigen Verlegern unterschieden, was unter anderem Auswirkungen auf deren Provision hatte. Tabaktrafiken verkauften im Gegensatz zu den Tabakverlegern die Tabakerzeugnisse an jedermann. Auch in dieser Gruppe wurde zwischen selbstständigen, welche (fast) ausschließlich Tabakerzeugnisse verkauften, nicht selbstständigen Trafiken und Verlagstrafiken unterschieden, also Trafiken, die von Tabakverlegern geführt wurden. Diese Klassifizierung hatte (und hat es gewissermaßen auch heute noch16) Auswirkungen auf die Handelsspanne, die von der Austria Tabakwerke AG nach Warengruppen und Trafikantengruppen festgelegt wurde. Das Tabakmonopolgesetz sah weiters die Erstellung verbindlicher Allgemeiner Vertragsbedingungen vor, die die Austria Tabakwerke AG zu vereinbaren und zu veröffentlichen hatte und die Bestandteil der Bestellungsverträge mit den Verschleißern sein sollten. Die essentialia regelte § 16. Es wurden auch Regelungen für die Neuerrichtung und Verlegung von Verschleißgeschäften getroffen im Hinblick auf einen öffentlichen Bedarf und einen Gebietsschutz für bereits bestehende Trafiken. Den Trafikanten war es wiederum nur erlaubt, Tabakerzeugnisse zu einem festgeschriebenen Preis zu verkaufen. Diese Norm diente seit jeher der Unterbindung eines unerwünschten Wettbewerbs. Im dritten Teil des Gesetzes wurden genaue Anweisungen und ein Verfahren für die Ausschreibung und Besetzung von Tabakverschleißgeschäften festgelegt. Dabei kam bedürftigen Antragstellern, welche nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Kriegsopferversehrtengesetz oder nach dem Heeresversorgungsgesetz begünstigt waren, ein Vorzugsrecht bei der Vergabe zu. Dieser soziale Aspekt in Verbindung mit dem Gebietsschutz sollte beeinträchtigten Personen ein wirtschaftliches Fortkommen sichern. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die auf den ersten Blick seltsam anmutende Wettbewerbsbeschränkung durch eine Preisbindung zu sehen. Anschließend regelte das Tabakmonopolgesetz noch Ansprüche der Angehörigen auf den Eintritt in den Bestellungsvertrag und ein detailliertes Verfahren über die Besetzung und Bestellung von Tabakverschleißern bzw. der -geschäfte. Schlussendlich wurde erstmals der Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten normiert. Inhaber einer Gast- oder Schankgewerbekonzession waren befugt, Tabakerzeugnisse, welche sie in den Trafiken zum regulären Preis kaufen mussten, an ihre Gäste zu verkaufen. Auch die Aufstellung von Automaten war ihnen gestattet. Der Preis musste jedoch über dem Verkaufspreis in den Verschleißgeschäften liegen, durfte diesen jedoch nicht um „mehr als 10% und den üblichen Bedienungszuschlag übersteigen“17. Bereits 1972 wurde die entsprechende Passage dahingehend verändert, dass der Verkauf unter den Inlandverschleißpreisen ausdrücklich verboten wurde. Der Wortlaut wurde geändert, sodass Gaststätten nunmehr die Preise in den Trafiken „höchstens um 10%“18 überschreiten durften, im Falle des Automatenverkaufes nunmehr sogar um höchstens 20% und den üblichen Bedienungszuschlag. Auch diese Regelung hat einen sozialen Hintergrund, sollen doch Gaststätten den Tabakverschleißern nicht das Geschäft unterlaufen, wenn sie Tabakerzeugnisse zum selben Preis anbieten. 16 Vgl. § 38 TabMG 1996. 17 Vgl. § 37 Abs. 2 TabMG 1968. 18 Vgl. BGBl. Nr. 261/1972. 16. Juni 2020 8/37
III. Der EU-Beitritt 1995 Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 musste das geltende inländische Recht an das Unionsrecht angeglichen werden. Der EU-Beitrittsvertrag19 legte unter der Überschrift „Wettbewerbspolitik“ in Artikel 71 fest, dass Österreich sein Handelsmonopol für verarbeiteten Tabak schrittweise derart umformen musste, dass „spätestens drei Jahre ab dem Beitritt jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedsta[a]ten ausgeschlossen“ sei. Diese Regelung entspricht beinahe wortgleich dem damaligen Artikel 31 des EG-Vertrages (heute Art. 37 AEUV). Weiters musste Österreich das ausschließliche Einfuhrrecht, welches im damaligen § 2 TabMG 1968 geregelt war, für bestimmte Tabakerzeugnisse20 schrittweise ebenfalls binnen drei Jahren abschaffen. Zu guter Letzt verpflichtete sich Österreich dazu, spätestens ein Jahr nach EU-Beitritt eine unabhängige Stelle zu errichten, welche für eine unionsrechtskonforme Erteilung von Genehmigungen für den Betrieb des Einzelhandels zuständig sei. Bereits 1994 wurde das TabMG 1968 novelliert. Bisher stellte es einen Ausschließungsgrund dar, wenn der Bewerber um ein Tabakverschleißgeschäft die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besaß und sich gleichzeitig ein österreichischer Staatsbürger, bei dem kein sonstiger Ausschließungsgrund vorlag, beworben hatte. Dies wurde durch BGBl. Nr. 705/1994 dahingehend geändert, dass nun EWR-Bürger Österreichern gleichgestellt wurden, um die Vergabe EG- konform zu gestalten.21 Im Jahr des Unionsbeitritts kam es zu einer weiteren umfassenden Gesetzesnovelle mit dem großen Ziel, das TabMG 1968 EG-konform umzugestalten. Das bisherige Vollmonopol war in einigen Punkten nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Deshalb wurden die notwendigsten Veränderungen des Monopolgesetzes noch im Beitrittsjahr vorgenommen, während im Hintergrund bereits an einem umfassenden neuen Tabakmonopolgesetz gearbeitet wurde. Der Anbau von Tabak wurde ab dem Beitritt in der Marktordnung für Rohtabak geregelt und durfte nicht mehr unter das Monopol fallen. Die Herstellung bzw. Bearbeitung von Tabakwaren konnte im Monopolgesetz erhalten bleiben. Ebenso konnten die monopolrechtlichen Bestimmungen zur Einfuhr von Tabakwaren aus Drittstaaten unter nunmehriger Anwendung des gemeinschaftlichen Zollrechts beibehalten werden. Lediglich die Einfuhr aus Mitgliedsstaaten musste in der dreijährigen Übergangsfrist des Artikel 71 der Beitrittsakte schrittweise liberalisiert werden. Weiters mussten die Großhandelsbestimmungen diskriminierungsfrei gestaltet werden. Der Einzelhandel konnte weiterhin einem Monopol vorbehalten bleiben, jedoch musste die Vergabe von Trafiken ab 1996 einer unabhängigen Stelle übertragen werden.22 Einige dieser unionsrechtlichen Vorgaben wurden mit BGBl Nr. 517/1995 umgesetzt. Da jedoch weitere umfassende Änderungen notwendig waren, die das Gesetz unübersichtlich gemacht hätten, entschied man sich gegen eine abermalige Novellierung und für ein neues Tabakmonopolgesetz, welches im November 1995 im Nationalrat beschlossen wurde und am 1.1.1996 in Kraft getreten ist. 19 BGBl. Nr. 45/1995. 20 Anhang IX zu BGBl. Nr. 45/1995. 21 Vgl. ErlRV 1543 der Beilagen XVII. GP zu BGBl. Nr. 705/1994. 22 Vgl. ErlRV 222 der Beilagen XIX. GP zu BGBl. Nr. 517/1995 S. 6ff. 16. Juni 2020 9/37
IV. Das Tabakmonopolgesetz 199623 Das neue Monopolgesetz übernahm das Grundgerüst seines Vorgängers und setzte sich zum Ziel, das Monopol an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, eine EU-konforme Vergabestelle für Tabaktrafiken zu schaffen und die bisherigen Vertragsbedingungen der Trafikanten gesetzlich zu regeln.24 Im Folgenden werden die fünf Kapitel des Monopolgesetzes numerisch abgehandelt, wobei bei den einzelnen Paragrafen näher auf die Entstehungsgeschichte vom Inkrafttreten am 1. Jänner 1996 bis zur aktuellen Fassung mit Stichtag 1. März 2020 anhand der Gesetzesnovellen eingegangen wird. Soweit im folgenden Paragrafen ohne Gesetzesangabe genannt werden, beziehen sie sich auf das Tabakmonopolgesetz 1996. A. „1. Allgemeines“ (§§ 1-5) Im ersten Teil des Monopolgesetzes werden die Monopolgegenstände, die Einfuhr von Tabakerzeugnissen aus Drittstaaten, die Monopolverwaltung, die Herstellung von Tabakerzeugnissen und der Handel mit ihnen geregelt. 1. Monopolgegenstände und -gebiet Gemäß § 1 Abs. 1 sind Tabakerzeugnisse im Monopolgebiet dem Bund als Monopolgegenstände vorbehalten. Absatz 2 definiert unter Verweis auf das Tabaksteuergesetz folgende Produkte als Tabakerzeugnisse: Zigaretten, Zigarren, Zigarillos, Rauchtabak, Tabak zum Erhitzen und Schnupftabake, auch wenn sie nur zum Teil aus Tabak bestehen. Im Zuge des Unionsbeitritts fiel Rohtabak aus der Liste der Monopolgegenstände, da dieser nun in der Marktordnung für Rohtabak geregelt war. Im Jahr 2016 wurde Kautabak aus der Liste der Tabakerzeugnisse entfernt, da sein Inverkehrbringen aufgrund einer Novelle des TNRSG ab dem 20.05.2017 aus Gesundheitsgründen verboten wurde.25 In § 1 Abs. 3 wird als Monopolgebiet das Bundesgebiet mit Ausnahme der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg) definiert. Dies hat historische Gründe, da beide Gemeinden nicht durch Straßen unmittelbar aus Österreich erreichbar sind und daher wirtschaftlich zu Deutschland gehören. Auch im § 3 Zollrechts-Durchführungsgesetz26 sind die Ortsgemeinden ausgenommen. 2. E-Zigaretten im Tabakmonopol? Im Dezember 2014 nahm der Gesetzgeber „verwandte Erzeugnisse“ mit Inkrafttreten ab 1. Oktober 2015 in die Liste der Monopolgegenstände auf. Als solche definierte er in den Absätzen 2a bis c elektronische Zigaretten, E-Shishas und vergleichbare Erzeugnisse mit derselben Funktions- und Wirkungsweise, sofern es sich um Einwegprodukte handelt, sowie deren Flüssigkeiten, egal ob nikotinhaltig, aromatisiert oder nicht, die dafür vorgesehen sind, in E- Zigaretten etc. verdampft zu werden, und Nachfüllbehälter für solche Flüssigkeiten. 23 Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopol neu geregelt wird, BGBl. Nr. 830/1995. 24 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 48ff. 25 Vgl. ErlRV 1352 der Beilagen XIX. GP zu BGBl. I Nr. 117/2016 S. 24f. 26 BGBl. Nr. 659/1994. 16. Juni 2020 10/37
Dies hatte zur Folge, dass Einweg-E-Zigaretten etc., Nachfüllbehälter und Liquids ab Inkrafttreten nur noch in Trafiken verkauft werden durften und nicht mehr wie zuvor in „Dampfershops“.27 Doch die Norm sollte nie zur Anwendung kommen, denn der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis28 vom 3. Juli 2015 die entsprechenden Neuregelungen als verfassungswidrig auf. Die Kundmachung29 durch den damaligen Kanzler Faymann erfolgte am 13. August 2015, also noch vor dem eigentlichen Inkrafttreten. Drei Parteien, darunter ein namhafter Produzent von E-Zigaretten und ein E-Zigaretten- Händlerverband, hatten Individualanträge auf Gesetzesprüfung nach Art. 140 Abs. 1 Z. 1 lit c B- VG gestellt und die vollständige (in eventu teilweise) Aufhebung der durch BGBl. I Nr. 105/2014 neu eingeführten Regelungen betreffend E-Zigaretten begehrt. Der VfGH bejahte im angeführten Erkenntnis die Zulässigkeit der Anträge. Die Gesetzesänderung sei zwar noch nicht in Kraft getreten, dennoch würden die Vorwirkungen bereits unmittelbar nachteilig in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifen und diese verletzen. So müssten bei Verfassungskonformität der Neuregelung von verwandten Erzeugnissen als Monopolgegenstände aufrechte Vertragsverhältnisse wie Miet-, Arbeits- und Lieferverträge gekündigt werden. Eine Alternative, zu einer höchstgerichtlichen Entscheidung zu gelangen, etwa, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, durch Bewerbung um eine Tabaktrafik oder auf dem Zivilrechtswege, sei nicht zumutbar, da sie unter anderem nicht im Interesse der Antragsteller liegen würde. Es sei einem Normunterworfenen weiters nicht zuzumuten „eine verbotene Handlung zu setzen, um sich in einem gegen ihn eingeleiteten Verfahren mit der Behauptung zur Wehr zu setzen, dass die Verbotsnorm verfassungswidrig sei“.30 In der Sache folgte der VfGH den Anträgen insofern, als er erkannte, dass die Novelle des TabMG 1996 gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 7 B-VG verstößt. „Die Neuregelung bewirkt eine Ungleichbehandlung von Fachhändlern für E-Zigaretten einerseits und Tabaktrafikanten andererseits dadurch, dass ab 1. Oktober 2015 nur noch Trafikanten, nicht aber Fachhändler E-Zigaretten vertreiben dürfen.“31 Diese Ungleichbehandlung ist die direkte Folge der Gleichbehandlung von E-Zigaretten und herkömmlichen Tabakerzeugnissen. Durch den Gesetzgeber wurde dies mit dem Gesundheits- und Jugendschutz versucht zu rechtfertigen. Für den VfGH stellte das jedoch keinen sachlichen Grund dar, da diese Ziele durch gelindere Mittel, etwa eine Gewerbereglementierung für den Handel mit E-Zigaretten, erreicht werden könnten. Ebenso stellte die Einkommenssicherung von Trafikanten aus sozialpolitischen Gründen keine Rechtfertigung dar, da „mittlerweile rund 50% der Fachgeschäfte und 80% der Trafiken insgesamt nicht von Personen geführt werden, welche die Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 TabMG 1996 erfüllen“.32 Dies sind, verkürzt gesagt, begünstigte Personen, welche aus diversen Gründen (Kriegsopfer, begünstigte Behinderte etc.) bei der Vergabe von Trafiken bevorzugt werden, um ihnen ein Einkommen zu ermöglichen. Deshalb sah der VfGH keinen sachlichen Grund, Trafikanten gegenüber Fachgeschäften für E-Zigaretten zu bevorzugen und ihnen das ausschließliche Verkaufsrecht an E-Zigaretten und Liquids zuzuweisen. Darüber hinaus verstößt die Neuregelung gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung nach Art. 6 StGG. Das Quasi-Verbot der bisherigen Berufsausübung von Fachhändlern – diese dürften zwar noch Mehrweg-E-Zigaretten verkaufen, jedoch entfiele laut eigenen Angaben 75% ihres Gewinns auf den Verkauf von (nun den Trafikanten vorbehaltenen) Liquids – sei ähnlich schwerwiegend zu bewerten wie eine Antrittsbeschränkung. Diese ist nur dann zulässig, wenn ein 27 Vgl. ErlRV 360 der Beilagen XXV. GP zu BGBl. I Nr. 105/2014 S. 28f. 28 VfGH 03.07.2015 G118/2015-25, G131/2015-23, G204/2015-19. 29 BGBl. I Nr. 111/2015. 30 VfGH 03.07.2015 G118/2015-25, G131/2015-23, G204/2015-19 Rz. 34. 31 Ebenda Rz. 41. 32 VfGH 03.07.2015 G118/2015-25, G131/2015-23, G204/2015-19 Rz. 46. 16. Juni 2020 11/37
gewichtiges öffentliches Interesse besteht, die Beschränkung zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt ist. Die Gesetzesänderung verfolgt zwar mit dem Gesundheits- und Jugendschutz ein Ziel, das – im Gegensatz zur Sicherung der Einkünfte der Berufsgruppe der Trafikanten – im öffentlichen Interesse liegt, jedoch keinesfalls verhältnismäßig ist angesichts der Schwere des Eingriffs. „Es ist nicht erkennbar, inwieweit der Verkauf von verwandten Erzeugnissen durch Trafikanten eine höhere Gewähr für den Gesundheits- und Jugendschutz bietet als der Verkauf durch Fachhändler.“33 Angesichts der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung ging der VfGH nicht mehr auf die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Eigentum (Art. 1 EMRK-1. ZP, Art. 17 GRC) und auf das Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG ein. Ebenso ließ er unionsrechtliche Beschwerdegründe (welche wohl ohnehin seine Kompetenz überschritten hätten) in puncto mangelhafter Umsetzung der Richtlinie 2014/40/EU unbeantwortet. Eines der Argumente der Bundesregierung war es nämlich, man hätte nur die Richtlinie 2014/40/EU (welcher später noch ein eigenes Kapitel gewidmet ist) umgesetzt. Schlussendlich hob der VfGH die gesamten Neuerungen des BGBl. I Nr. 105/2014 zu den „verwandten Erzeugnissen“ noch vor ihrem Inkrafttreten als verfassungswidrig auf. 3. Monopolverwaltung und Handel mit Tabakerzeugnissen § 2 regelte die gewerbliche Einfuhr von Tabakerzeugnissen aus Drittstaaten, welche verboten war, es sei denn, sie wurde für die Monopolverwaltung als Empfänger durchgeführt oder es wurde vom Bundesminister für Finanzen auf Antrag eine Einfuhrbewilligung für Eigenbedarf des Empfängers erteilt. Im Zuge der Vollprivatisierung der „Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft vormals Österreichische Tabakregie“, welche in Austria Tabak Aktiengesellschaft umbenannt wurde, war der Gesetzgeber der Meinung, auf ein generelles Einfuhrverbot verzichten zu können, weshalb die Norm 2002 ersatzlos gestrichen wurde.34 In § 3 ist die Monopolverwaltung genauer normiert, welche zu Beginn durch die Austria Tabakwerke AG (ab 1998 Austria Tabak AG35) und die neu gegründeten Monopolverwaltung GmbH ausgeübt wurde. Seit 2002 obliegt die Verwaltung nur noch der Monopolverwaltung GmbH.36 Im selben Jahr wurde § 4, welcher bis dahin die gewerbliche Herstellung von Tabakerzeugnissen der Austria Tabakwerke AG bzw. deren Einverständnis vorbehalten hatte, aufgehoben. Nach der Privatisierung war der Gesetzgeber der Meinung, der Markt würde von einer Liberalisierung der gewerblichen Einfuhr und Herstellung von Tabakerzeugnissen profitieren, da sich nun andere potenzielle gewerbliche Hersteller ansiedeln könnten.37 § 5 regelt seit 1996 unverändert (abgesehen vom erfolglosen Versuch, E-Zigaretten in das Monopol aufzunehmen) den Handel mit Tabakerzeugnissen. Er unterscheidet erstmals zwischen Großhandel und Kleinhandel und definiert ersteren als gewerblichen Vertrieb, welcher nicht auf Grund eines Bestellungsvertrages (§ 34 Abs. 1) betrieben wird oder aus diplomatischen Gründen oder in einer Gaststätte erlaubt ist. Dieser ist den in § 6 bezeichneten Personen vorbehalten. Der Kleinhandel wiederum ist die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen an Verbraucher und ist den Tabaktrafikanten vorbehalten. Jeder Handel mit Tabakerzeugnissen, also das gewerbliche Inverkehrbringen im Monopolgebiet, der nicht durch dazu berechtigte Groß- und Kleinhändler, im Rahmen diplomatischer Beziehungen oder in Gaststätten stattfindet, ist verboten 33 Ebenda Rz. 57. 34 Vgl. BGBl. I Nr. 132/2002. 35 Vgl. BGBl. I Nr. 12/1998. 36 Vgl. BGBl. I Nr. 132/2002. 37 Vgl. ErlRV 1175 der Beilagen XXI. GP zu BGBl. I Nr. 132/2002 S. 12. 16. Juni 2020 12/37
und wird nach § 42 als Finanzvergehen oder Finanzordnungswidrigkeit nach den Regeln des Finanzstrafgesetzes bestraft. Um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen, darf ein Großhändler nicht gleichzeitig Kleinhändler sein. Auf eine spezielle Regelung für die Austria Tabakwerke AG als Großhändler, wie es § 8 Abs. 1 TabMG 1968 noch vorgesehen hatte, wurde bewusst verzichtet.38 B. „2. Großhandel mit Tabakerzeugnissen“ (§§ 6-12) Der zweite Teil regelt den Großhandel mit Tabakerzeugnissen. 1. Bewilligung zum Großhandel § 6 normiert die Bewilligung zum Großhandel. Demnach ist für den Großhandel eine Bewilligung erforderlich, die gewisse, in Absatz 2 genannte Voraussetzungen erfordert. Demnach muss der Bewilligungswerber, seinen Sitz oder Hauptwohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat haben. Bis 1998 musste er „Inhaber“ eines Steuerlagers im Monopolgebiet sein. Die Regelung verstieß nach Auffassung der Kommission gegen Unionsrecht. Diese setzte den Begriff des Inhabers mit dem eines Eigentümers gleich und sah darin eine Diskriminierung und Erschwernis gegenüber ausländischen potenziellen Großhändlern. Um ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu vermeiden, wurde § 6 Abs. 2 Z. 2 geändert und knüpft seitdem auf die Berechtigung nach dem TabStG an, Tabakerzeugnisse unter Aussetzung der Steuer zu lagern oder zu beziehen. Davon ausgenommen sind nach wie vor Großhändler, welche ausschließlich Schnupftabake (bis zu dessen Verbot39 auch Kautabake) handeln.40 Eine weitere Voraussetzung ist eine Gewerbeberechtigung nach § 5 GewO. Darüber hinaus ist es Großhändlern verboten, gleichzeitig eine Tabaktrafik zu führen. Bis 1998 mussten Großhändler gemäß Z. 5 über geeignete Räumlichkeiten zur Lagerung verfügen. Mit BGBl. I Nr. 12/1998 wurde der unbestimmte Begriff „geeignet“ gestrichen, bevor noch im selben Jahr (BGBl. I Nr. 186/1998) die Ziffer komplett aufgehoben wurde. Grund dafür waren Bedenken der Kommission, die Auflagen würden in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen. Aus dem „Franzen Urteil“41 könne abgeleitet werden, dass die Verpflichtung zur Haltung von Räumlichkeiten zur Lagerung (von Tabakerzeugnissen) im Inland eine verbotene Maßnahme nach Art. 36 AEUV (damals Art. 30 EGV) darstellt.42 Zu guter Letzt müssen Großhändler ihre Geschäfts- und Lieferbedingungen nach § 10 Abs. 1 und 2 festgelegt haben. § 7 regelt weitgehend unverändert die Erteilung und das Erlöschen der Bewilligung zum Großhändler. So ist die Bewilligung vom Bundesminister für Finanzen auf Antrag zu erteilen. Sie kann erlöschen etwa durch Widerruf, wenn der Großhändler gegen seine sich aus den folgenden Paragrafen ergebenden Pflichten verstößt. 2. Pflichten des Großhändlers In § 8 sind die Pflichten der Großhändler normiert. Die wohl wichtigste ist die Verpflichtung, Waren an Tabaktrafikanten zu den gleichen Bedingungen zu liefern. Mit BGBl. I Nr. 12/1998 wurde klarstellend ergänzt, dass die Lieferpflicht (für übliche Gebindegrößen) natürlich nur nach 38 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 55. 39 Vgl. BGBl. I Nr. 117/2016. 40 Vgl. IA 526/A XX. GP zu BGBl. I Nr. 12/1998. 41 Rechtssache C-189/95. 42 Vgl. IA 907/A XX. GP zu BGBl. I Nr. 186/1998. 16. Juni 2020 13/37
Maßgabe der vorhandenen Lagerbestände (seit BGBl. I Nr. 186/1998 nur noch Bestände, da es ja keine Verpflichtung mehr gab, Inhaber eines Steuerlagers zu sein) besteht. Es ist Großhändlern also nicht gestattet, einzelne Trafikanten mit bestimmten Waren zu bevorzugen oder sie gar von der Belieferung auszuschließen.43 Die Lieferungen haben binnen zwei Wochen ab Bestellung zu erfolgen. Bis zur Änderung durch BGBl. I Nr. 204/2014 betrug die Frist drei Wochen. Der Verkauf von Tabakerzeugnissen an Verbraucher ist Großhändlern grundsätzlich verboten. Die Kosten der Lieferung hat der Großhändler selbst zu tragen. Mit BGBl. I Nr. 12/1998 wurde es Großhändlern ermöglicht, bei Bestellungen unter einem Verkaufswert von 5000 Schilling die Lieferkosten dem Trafikanten in Rechnung zu stellen. Diese Überwälzbarkeit wurde von der Europäischen Kommission gefordert, um Großhändler vor unverhältnismäßigen Kosten durch Kleinstbestellungen zu schützen.44 Im Jahr 2000 wurde der Betrag in 400 € umgewandelt, ehe er 2014 auf 200 € herabgesetzt wurde, um Trafikanten wirtschaftlich zu unterstützen und ihnen den Bezug von kleineren Mengen zu ermöglichen.45 Die Großhändler haben den Trafikanten zum Lieferpreis zuzustellen. Dieser errechnet sich aus dem Kleinverkaufspreis minus Umsatzsteuer und Handelsspanne, die den Trafikanten gemäß § 38 zusteht. Jegliche Gewährung von Vorteilen wie Rabatte, Skonti oder auch Zugaben oder Zahlungsziele an Trafikanten ist untersagt. Absatz 7 normiert eine umfassende Belegausstellungspflicht des Großhändlers. Diese dient einerseits der Kontrolle der Einhaltung der Lieferpreise, andererseits steuerrechtlichen Interessen, da der Großhändler meist auch Tabaksteuerschuldner ist.46 Zu guter Letzt haben die Trafikanten den Kaufpreis anlässlich der nächstfolgenden Lieferung zu bezahlen, spätestens jedoch zehn Tage nach der Lieferung bzw. Zustellung. Vor Inkrafttreten des TabMG 1996 lag die Zahlungsfrist gemäß § 9b Abs. 8 TabMG 1968 bei drei Tagen. Mit dem neuen Monopolgesetz entschied man sich dann für eine Frist von zwei Werktagen, bis diese 2014 dann verlängert wurde, um Trafikanten einen Liquiditätsvorteil zu gewähren.47 Die Kleinverkaufspreise von Tabakerzeugnissen legt der Großhändler gemäß § 9 fest. Er hat diese dem Bundesfinanzministerium schriftlich mitzuteilen. Anschließend sind die Preise von der Monopolverwaltung GmbH – bis 1998 direkt vom Finanzminister – im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Seit BGBl. I Nr. 105/2014 müssen zwischen Veröffentlichung und Wirksamwerden des Preises fünf Werktage liegen. Davor ist ein Verkauf an Trafikanten unzulässig. Das gleiche gilt für Preisänderungen von bereits auf dem Markt befindlichen Tabakprodukten. In diesem Fall ist es den Trafikanten verboten, den neuen Preis vor Geltung anzuwenden. Nach § 10 muss jeder Großhändler Geschäfts- und Lieferbedingungen festlegen und dem Bundesministerium für Finanzen sowie dem Bundesgremium der Tabaktrafikanten vorlegen. Die essentialia wie unter anderem die Art der Lieferung, die Form der Kaufpreiszahlung oder die Vorgangsweise bei einer Bemängelung der Lieferung regelt Absatz 1. Dies soll eine Gleichbehandlung der Trafiken gewährleisten. Legt der Großhändler keine Bedingungen fest, ist ihm nach § 6 Abs. 2 Z. 6 die Bewilligung nicht zu erteilen.48 43 Diese Lieferpflicht ist u.a. der Grund, warum es in Österreich am Zigarrenmarkt keine so genannte „La Casa del Habanos“ gibt, da sich diese dadurch auszeichnet, ein besonderes Sortiment gegenüber normalen Trafiken zu haben. 44 Vgl. IA 526/A XX. GP zu BGBl. I Nr. 12/1998. 45 Vgl. ErlRV 360 der Beilagen XXV. GP zu BGBl. I Nr. 105/2014 S. 29. 46 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 57. 47 Vgl. ErlRV 360 der Beilagen XXV. GP zu BGBl. I Nr. 105/2014 S. 29. 48 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 57f. 16. Juni 2020 14/37
Die Wirtschaftskammer Österreich stellt im Internet die Kontaktdaten und Geschäfts- und Lieferbedingungen der derzeit rund 15 Großhändler für Tabakwaren zum Abruf bereit.49 § 11 legt genaue Meldepflichten der Großhändler fest. Diese müssen dem Bundesministerium für Finanzen die monatlichen Umsätze gegliedert nach Warengattungen melden. Weiters müssen sie seit BGBl. I Nr. 105/2014 der Monopolverwaltung GmbH die jährlichen Beträge der Nettohandelsspannen der einzelnen belieferten Trafiken übermitteln. Dies dient laut den Gesetzesmaterialien der Ermittlung statistischer Daten sowie dem steuerlichen Interesse. 3. Sonderregeln bei der Exekution § 12 trifft eine Regelung für Tabakerzeugnisse, die im Zuge eines Exekutionsverfahrens verwertet werden sollen und ist somit lex specialis zur Verwertung nach der Exekutionsordnung. Tabakerzeugnisse dürfen demnach nur durch freihändigen Verkauf an einen Großhändler verwertet werden. Bereits die beiden Vorgänger des TabMG 1996 kannten Exekutionsbeschränkungen, jedoch hauptsächlich für Rohtabak, der heute keine Rolle mehr spielt.50 Nach der EO werden gepfändete Gegenstände im Zuge der Fahrnisexekution grundsätzlich möglichst ertragreich versteigert. Ausnahmsweise kommt der Freihandverkauf bei Waren, die einen Börsenpreis haben, zur Anwendung (§ 268 EO). Zum Zeitpunkt der Schaffung von § 12 war nach der EO noch der freihändige Verkauf zum Marktpreis möglich, den Tabakwaren wohl unzweifelhaft haben, wird doch der Kleinverkaufspreis im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht. Aus den Materialien des § 11 TabMG 1968 (der wortgleich zu § 12 TabMG 1996 übernommen wurde) geht jedoch hervor, dass die kundgemachten Verkaufspreise beim freihändigen Verkauf nicht gelten sollen.51 Wie hoch ist also der (Markt)preis, zu dem das Gericht bzw. der Gerichtsvollzieher Tabakerzeugnisse verkauft? Mit Sicherheit unter dem Verkaufspreis, denn niemand würde mehr bezahlen, wenn er in der nächsten Trafik nur den Kleinverkaufspreis zahlen müsste. Fraglich ist, ob der Gesetzgeber Exekutionsverfahren gegen Trafikanten im Auge hatte oder aber auch gegen etwaige Sammler von Zigarren, Zigaretten oder sonstigen Monopolgegenständen. Im ersten Fall hätte der Großhändler, (der im Übrigen ohnehin nach § 10 Abs. 1 Z. 5 dazu verpflichtet ist, nähere Bedingungen für einen Rückkauf gelieferter Waren in seinen allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen festzulegen) wohl kaum ein Interesse, Tabakerzeugnisse in einem Exekutionsverfahren zu erwerben, zu einem wohl höheren Preis, als er sie wahrscheinlich selbst bezieht. Es sei denn, man würde den Marktpreis für Großhändler heranziehen, was den Erlös jedoch deutlich verringern würde gegenüber dem Kleinverkaufspreis, was darüber hinaus dem Zweck eines Exekutionsverfahrens widersprechen würde. Im zweiten Fall hätte er wohl noch weniger Interesse (außer vielleicht einem privaten), die Erzeugnisse freihändig zu erwerben, da sie wahrscheinlich nicht seinem Portfolio entsprechen und für ihn auch keine relevanten Mengen darstellen, die er seinerseits wieder an Trafikanten verkaufen könnte. Es käme einer eklatanten Benachteiligung, sowohl dem betreibenden Gläubiger gegenüber, dessen Befriedigung gefährdet wird, als auch der verpflichteten Partei gegenüber, deren Eigentum weit unter Wert veräußert wird, gleich, Tabakerzeugnisse freihändig an Großhändler zu verkaufen. Die Sonderregelung gilt auch für verfallene Tabakerzeugnisse, also solche, die in einem (verwaltungs-)strafrechtlichen Verfahren behördlich abgenommen werden, und für an den Bund 49 https://www.wko.at/branchen/handel/tabaktrafikanten/tabakwarengrosshaendler-fuer-zigaretten.html [Stand 29.05.2020]. 50 Vgl. §§ 17f. TabMG 1949, § 11 TabMG 1968. 51 Vgl. ErlRV 222 der Beilagen XIX. GP S. 10. 16. Juni 2020 15/37
preisgegebene Tabakerzeugnisse. Da es sich in der absoluten Mehrheit der Verfahren um geschmuggelte Zigaretten handelt, welche ohnehin vernichtet werden, fehlt hier jeglicher Anwendungsbereich. Mangels Judikatur stellt § 12 totes Recht dar und könnte getrost aus der Rechtsordnung entfernt werden, da er nicht annähernd ausreichend determiniert ist. Die Entbehrlichkeit der Sonderregelung wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass sie nur für Exekutionsverfahren gilt, nicht aber für Insolvenzverfahren. Welchen sachlichen Unterschied kann es machen, ob Tabakerzeugnisse im Zuge eines Exekutionsverfahrens vom Gerichtsvollzieher vorgefunden werden oder in einem Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter? Im ersten Fall müsste ein Freihandverkauf stattfinden, während im zweiten Fall eine möglichst gewinnbringende Veräußerung erfolgen könnte. Beide Verfahren haben jedoch, verkürzt gesagt, den Zweck der (weitestgehenden) Gläubigerbefriedigung, sodass eine unterschiedliche Verwertung nicht angebracht und kaum denkbar zu argumentieren ist. C. „3. Monopolverwaltungsgesellschaft m. b. H.“ (§§ 13-22) Der dritte Teil widmet sich der Monopolverwaltung GmbH (im Folgenden MVG genannt). Sie war einer der Gründe für die umfassende Neuregelung des Monopolgesetzes, da – wie oben bereits ausgeführt – Art. 71 Abs. 3 der EU-Beitrittsakte Österreich den Auftrag zur Errichtung einer unabhängigen Stelle erteilte, welche für die Genehmigungen für den Betrieb des Einzelhandels zuständig sein sollte. 1. Aufgaben und Ziele der MVG § 13 ermächtigt den Finanzminister zur Errichtung einer GmbH mit einem Stammkapital von 1 Million Schilling. Diese Rechtsform wurde gewählt, um ihm das Weisungsrecht als Aufsichtsbehörde gegenüber der Geschäftsführung zu sichern.52 Die Firmenanteile dieser Monopolverwaltung GmbH sind zu 100% dem Bund vorbehalten. Die MVG tritt in die Aufgaben der Austria Tabak AG ein. Sie darf in keiner Weise an einem Unternehmen beteiligt sein, das Tabakerzeugnisse herstellt oder damit handelt. Zu ihren Aufgaben zählt die Monopolverwaltung, insbesondere die Verwaltung der Angelegenheiten des Kleinhandels durch Bestellung von Trafikanten, deren Unterstützung und Beratung sowie die Überwachung der Einhaltung der Kleinhandelsvorschriften. 2. Solidaritäts- und Strukturfonds Mit § 14a wurde ab 1. Jänner 2008 ein Solidaritätsfonds eingerichtet, finanziert durch einen Zuschlag, den Großhändler von Trafikanten bei deren Bestellungen von 2008 bis Ende 2010 (§ 38a) erhoben und an den Fonds abführten. Dieses Geld wurde dann als Leistungen an in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Trafikanten ausgeschüttet. Aus den Materialien geht hervor, dass in dieser Zeit durch die Öffnung der Grenzen zu den neuen EU-Mitgliedsstaaten (EU- Osterweiterung 2004) negative wirtschaftliche Auswirkungen bei Tabaktrafiken spürbar waren, zu deren Ausgleich nun der Fonds beitragen sollte.53 2009 wurde die Zielsetzung des nunmehrigen Solidaritäts- und Strukturfonds um die Restrukturierung des Einzelhandels erweitert. Gleichzeitig wurde der Zeitraum, in dem die Zuschläge eingehoben wurden, um ein Jahr verringert, sie gingen nun nur noch bis Ende 2009.54 52 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 58f. 53 Vgl. ErlRV 392 der Beilagen XXIII. GP zu BGBl. I Nr. 105/2007. 54 Vgl. ErlRV 479 der Beilagen XXIV. GP zu BGBl. I Nr. 151/2009 S. 51f. 16. Juni 2020 16/37
2012 wurden erneute Zuschläge für die Jahre 2013 bis 2015 beschlossen, diesmal jedoch ausschließlich auf Zigarettenverkäufe aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Markt.55 2014 fügte man die Förderung von behinderten Trafikinhabern und die Einstellung behinderter Mitarbeiter zum Zweck des Fonds hinzu und hob die Zuschläge für 2015 auf.56 Schlussendlich wurden ab 2020 neue Finanzierungsmöglichkeiten des Fonds geschaffen. So sind von nun an Geldbußen, die die MVG nach § 35 Abs. 6 über Trafikanten verhängt, genauso an den Fonds zu überweisen wie nach § 16 Abs. 5 etwaige Überschüsse aus Entgelten, die die MVG für ihre Leistungen verlangt. Dies geschah, um den Fonds, der sich als Unterstützung für Trafikanten bewährt hatte, nachhaltig sicherzustellen, anstatt zeitlich begrenzte Zuschläge zu erheben.57 Details zur Tätigkeit des Fonds sind in der Solidaritäts- und Strukturfondsordnung geregelt, welche im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht wurde. Die letzte Änderung erfolgte 2018 in der Ausgabe 027.58 3. Tätigkeit und Organisation der MVG Die Monopolverwaltung GmbH treffen gemäß § 15 gewisse Meldepflichten. So hat sie dem Finanzministerium auf Anfrage statistische Daten über vergebene Trafiken zu übergeben. Weiters hat sie den Großhändlern die Neubestellung oder das Erlöschen einer Bestellung zum Tabaktrafikanten mitzuteilen, damit diese ihrer Tätigkeit bestmöglich nachgehen können. Um kostendeckend arbeiten zu können, erhebt die Monopolverwaltung GmbH für ihre Leistungen Entgelte. Diese sind als Pauschalentgelte oder laufende Entgelte vorgesehen und in einer im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und auf der Homepage der MVG veröffentlichten Entgeltordnung genau festgelegt.59 Sie reichen von 40 € für die Bewilligung eines Zigarettenautomates bis zu 800 € für den Abschluss des Bestellungsvertrages zum Tabaktrafikanten. Die laufenden Entgelte sind von den Großhändlern bei den Tabakwarenbestellungen der Trafikanten einzuheben und betragen bis zu 0,19% des Kleinverkaufspreises. 2019 wurde in Umsetzung der Durchführungsverordnung 2018/574, welche kurz gesagt die Rückverfolgbarkeit der einzelnen Packungen von Tabakerzeugnissen in der gesamten EU durch ein individuelles Erkennungsmerkmal vorschreibt, verfügt, dass die MVG als zuständige Ausgabestelle dieser Merkmale ebenfalls (im Einklang mit Art. 3 Abs. 9 der Verordnung) Entgelte zu verlangen hat.60 Seit 2020 werden Einnahmen der Monopolverwaltung GmbH, die den für die Kostendeckung benötigten Betrag übersteigen, an den Solidaritäts- und Strukturfonds abgeführt, um diesen nachhaltig zu finanzieren.61 Angesichts der zirka 10.000 Tabaktrafikanten zum Zeitpunkt der Neuregelung der Monopolgesetzes ist die MVG berechtigt, personenbezogene Daten automationsunterstützt zu ermitteln, verarbeiten und an diverse Ministerien und Institutionen zu übermitteln, soweit die Daten für ihre jeweiligen Aufgaben erforderlich sind.62 Weiters besteht gegenüber der Monopolverwaltung GmbH eine Beistandspflicht für Bundesbehörden, Bundesämter, Sozialversicherungsträger und gesetzliche 55 Vgl. ErlRV 1960 der Beilagen XXIV. GP zu BGBl. I Nr. 112/2012 S. 59. 56 Vgl. BGBl. I Nr. 105/2014. 57 Vgl. IA 984/A XXVI. GP zu BGBl. I Nr. 103/2019 S. 72. 58 https://www.wienerzeitung.at/_wzo_daten/amtsblatt/?show=pdf&issue=5320 [Stand 29.05.2020]. 59 https://www.mvg.at/download.php?key=4d4bc57191e348e79f8e6bde72d75e57 [Stand 29.05.2020]. 60 Vgl. IA 513/A XXVI. GP zu BGBl. I Nr. 5/2019 S. 2. 61 Vgl. IA 984/A XXVI. GP zu BGBl. I Nr. 103/2019 S. 72. 62 Vgl. IA 408/A XIX. GP zu BGBl. Nr. 830/1995 S. 59. 16. Juni 2020 17/37
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