Abstimmung über Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz

 
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Nichtraucher-Info                                              Nr. 42 - II/01

                  Nach den Osterferien:
         Abstimmung über
        Nichtraucherschutz
          am Arbeitsplatz
Nach jahrelangem Ringen um einen         FDP) in den Bundestag eingebracht
gesetzlichen Schutz der Nichtraucher     worden. Die PDS-Abgeordneten wur-
werden es die Arbeitnehmer bald leich-   den aus themafremden Gründen aus-
ter haben, ihr Recht auf Nichtraucher-   geschlossen. Am 29. Juni fand die
schutz durchzusetzen. Der Bundestag      erste Lesung statt. Danach wurde der
wird nach den Osterferien, also vor-     Antrag in insgesamt sieben Aus-
aussichtlich im Mai, über den Antrag     schüssen beraten und fand in allen
auf Verbesserung des Nichtraucher-       eine Mehrheit. Es ist damit unwahr-
schutzes am Arbeitsplatz durch Einfü-    scheinlich geworden, dass im Plenum
gung eines speziellen Nichtraucher-      eine andere Mehrheit als in den Aus-
schutz-Paragrafen in die Arbeitsstät-    schüssen zustande kommt.
tenverordnung abstimmen. Beim ur-
sprünglich angestrebten Termin für die   Die    interfraktionelle   Nichtraucher-
Zweite und Dritte Lesung (die Woche      schutz-Initiative von Werner Lensing
vor Beginn der Osterferien) hätten die   (CDU), Uta Titze-Stecher (SPD), Ekin
Initiatoren damit rechnen müssen, dass   Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) und
der Ältestenrat den Nichtraucher-        Hildebrecht Braun (FDP) hat damit im
schutzantrag an den Schluss der Ta-      insgesamt dritten Anlauf gute Erfolgs-
gesordnung legt. Das hätte eine Be-      chancen. Zweimal (1996 und 1998) war
handlung gegen Mitternacht bedeutet,     unter Federführung des früheren CDU-
was den Öffentlichkeitswert stark ge-    Abgeordneten Roland Sauer eine Initia-
mindert hätte.                           tive zur Verbesserung des Nichtrau-
                                         cherschutzes      gescheitert.   Damals
Der Antrag auf Verbesserung des          stand jedoch ein eigenes Nichtraucher-
Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz     schutz-Gesetz zur Abstimmung, das
war am 12. April 2000 von 192 Abge-      sich nicht nur auf den Arbeitsplatz er-
ordneten verschiedener Parteien (SPD,    streckte. Es bleibt also noch viel
CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen,          zu tun.
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  Was will Ulla Schmidt?                              Spenden der
Von der neuen Bundesgesundheitsmi-                   Tabakindustrie
nisterin Ulla Schmidt ist der NID vor        Die Spenden der Tabakindustrie an die
allem eines bekannt: Sie stimmte 1998        politischen Parteien flossen auch 1999
gegen das Nichtraucherschutz-Gesetz.         wieder reichlich. Das geht aus den Re-
Ob sich ihre Einstellung in ihrem neuen      chenschaftsberichten hervor, die Bun-
Amt geändert hat, muss Ulla Schmidt          destagspräsident Wolfgang Thierse un-
durch Taten zeigen. Die NID will von ihr     ter Bundestagsdrucksache 14/5050
auch wissen, wie sie zu dem von ihrer        veröffentlicht hat. So spendete der
Vorgängerin Andrea Fischer und der           Marlboro-Hersteller Philip Morris der
damaligen Staatssekretärin Christa           SPD 41.000 DM (Vorjahr 23.500 DM
Nickels angekündigten Vorhaben eines         zuzüglich 39.000 DM vom Verband der
Verkaufsverbots für Tabakwaren an            Cigarettenindustrie) und der CSU
Jugendliche, kombiniert mit der Einfüh-      35.000 DM (28.500 DM). Die CDU
rung von „Chipkarten“ beim Automa-           erhielt 1999 40.000 DM von der Tchibo
tenverkauf, steht.                           Holding AG, die 63,1 Prozent der O-
                                             bergesellschaft des Tabakkonzerns
       Handy verboten -                      Reemtsma hält.
       Zigarette erlaubt                     1998 schien die CDU leer ausgegan-
Wer während des Fahrens sein Handy           gen zu sein. Im berichtigten Rechen-
ohne Freisprecheinrichtung benützt,          schaftsbericht tauchen jedoch - als
also mit dem Handy in der Hand telefo-       hätte man es geahnt - 36.000 DM des
niert, verstößt gegen die Straßenver-        Verbandes der Cigarettenindustrie
kehrsordnung. Wer dagegen am Steuer          sowie 23.500 DM von Philip Morris auf.
mit der Zigarette in der Hand angetrof-
fen wird, bleibt unbestraft - es sei denn,   Da nur Spenden ab 20.000 DM im
er verursacht einen Verkehrsunfall.          Rechenschaftsbericht namentlich auf-
Diese Regelung ist nichts anderes als        geführt werden müssen, könnten im
ein Bückling vor den rauchenden Auto-        Prinzip auch kleinere Spenden an
fahrern, die jedes Jahr unschuldigen         Bündnis 90/Die Grünen und die PDS
Menschen den Tod bringen oder sie            geflossen sein. Deren programmati-
zum Krüppel machen.                          sche Zielsetzungen sprechen allerdings
                                             dagegen, was man von der FDP jedoch
Aber ein Rauchverbot am Steuer könn-         nicht behaupten kann. Ihre Bundes-
te ja den Umsatz der Tabakindustrie          tagsabgeordneten lehnen mehrheitlich
und die Steuereinnahmen mindern.             eine gesetzliche Regelung des Nicht-
Deshalb muss man schon bereit sein,          raucherschutzes und die Beschränkung
ein paar tausend Tote und Verletzte in       der Tabakwerbung ab. Die FDP befin-
Kauf zu nehmen. Denn dass Umsatz-            det sich allerdings nicht in der Regie-
rückgänge bei der Tabakindustrie zu          rung, sondern in der Opposition, was
Umsatzsteigerungen bei anderen Wirt-         ihre Einflussmöglichkeiten sehr stark
schaftszweigen führen, kann nicht sein       beschränkt und ihren Wert für die Ta-
- weil es nicht sein darf.                   bakindustrie erheblich verringert.
NID-AKTIVITÄTEN                                                                   Seite 3
                      Zur Erinnerung:
      Mitgliederversammlung am 28. April in Dresden
Wie im Nichtraucher-Info Nr. 41 ange-            dem letzten Nichtraucher-Info zu ent-
kündigt, findet die nächste ordentliche          nehmen.
Mitgliederversammlung der Nichtrau-
cher-Initiative Deutschland e.V.                 Am Tag darauf treffen sich die Nicht-
                                                 raucher-Initiativen zu ihrem traditio-
   am 28. April 2001 um 14 Uhr im
                                                 nellen Informations- und Erfah-
             Hotel Privat
                                                 rungsaustausch von 9 bis 13 Uhr
     Forststr. 22, 01099 Dresden
                                                 ebenfalls im Hotel Privat. Wer mehr
   (03 51) 81 17 70 - Fax 8 01 39 53
                                                 über konkrete Arbeit vor Ort erfahren
statt. Die Tagesordnung ist ebenfalls            will, ist herzlich eingeladen.

               Kino-Werbespot gegen Rauchen
                ausgerechnet von „Marlboro“
Der Marlboro-Hersteller Philip Morris            fördern. Denn wer Rauchen als etwas dar-
verkündete am 20. Februar, dass er in            stellt, das nur Erwachsene ausüben sollen,
Kinos Werbespots gegen das Rauchen               wird erst recht bewirken, dass die Kinder
von Kindern und Jugendlichen laufen              und Jugendlichen zur Zigarette greifen.
lassen würde. Dagegen hat sich die               Denn Kinder und Jugendliche streben da-
NID sofort in Pressemitteilungen und             nach, als erwachsen wahrgenommen zu
Rundfunkinterviews sowie in Schreiben            werden, und übernehmen daher erst recht
an die Bundesgesundheitsministerin               Verhaltensweisen, die sie mit dem Erwach-
Ulla Schmidt und alle Regierungen der            sensein verbinden.
sechzehn Bundesländer gewandt. Hier
ein Auszug aus dem Schreiben von                 Rauchen ist grundsätzlich schlecht, sowohl
NID-Präsident Prof. Dr. Ekkehard Schulz:         für Kinder und Jugendliche als auch für
                                                 Erwachsene. Wenn die Tabakkonzerne
Der Kino-Werbespot des Marlboro-                 diese Erkenntnis in den Vordergrund stel-
Herstellers Philip Morris, der damit Kinder      len würden, wäre dagegen nichts einzu-
und Jugendliche vom Tabakrauchen abhal-          wenden. Das widerspräche jedoch den
ten will, ist nichts anderes als ein schäbiger   Interessen der Drogenhersteller.
Trick, mit dem der Drogenkonzern vor
allem zwei Ziele verfolgt:                       Philip Morris, Reemtsma, BAT und wie sie
                                                 alle heißen, sollten der Nichtraucher-
Das erste Ziel ist, in der Öffentlichkeit den    Initiative Deutschland die Gestaltung der
Eindruck zu erwecken, dass die Tabakkon-         Kinospots überlassen. Das wäre der einzige
zerne gegen das Rauchen von Kindern und          Weg zu zeigen, dass sie es wirklich ernst
Jugendlichen sind. Das zweite Ziel ist, das      meinen. Damit ist jedoch nicht zu rechnen,
Rauchen von Kindern und Jugendlichen zu                         Fortsetzung nächste Seite
Seite 4                                                      TABAKINDUSTRIE
und so hoffe ich, dass sich die neue Bun-   chen, die Software von Schul-PCs mit -
desgesundheitsministerin nicht für dumm     eigennützigen - Nikotin-Warnungen zu ver-
verkaufen lassen und alles unternehmen      sehen. Gleichzeitig ist das Jugendschutzge-
wird, um diese scheinheilige Anti-Ta-       setz zu ändern. Wer Kinder und Jugendli-
bakwerbung zu unterbinden.                  che wirklich schützen will, muss nicht das
                                            Rauchen von unter 16-Jährigen in der Öf-
Verhindert werden muss außerdem, dass       fentlichkeit verbieten, sondern den Verkauf
die Drogenhersteller ihre Absicht wahrma-   von Tabakwaren an alle Minderjährigen.

      Aus internen Dokumenten der Tabakindustrie
          zur Wirkung der Werbung auf Kinder
NID-Mitglied Dr. J. Paul Klärner übersetzte Auszüge aus einer von der WHO zu-
sammengestellten Dokumentation über die Unterlagen der amerikanischen Ta-
bakindustrie - hier speziell zur Wirkung der Tabakwerbung auf Kinder:
Tausende interne Dokumente der Ta-          R. J. Reynolds (Claude Teage), 1973:
bakindustrie, die durch Gerichtsverfah-     „... langfristig brauchen wir den Markt
ren bekannt geworden sind, haben den        der Jungen ... also müssen wir neue
verblüffendsten systematischen indus-       Marken konzipieren, die besonders
triellen Betrug der Geschichte enthüllt.    jungen Rauchern gefallen ...“
Die Konzerne leugnen, dass sie Stra-        Brown & Williamson, 1974: „Die Ziel-
tegien haben, die auf die Kinder zielen.    gruppe für die Cool King Size umfasst
Doch viele Dokumente zeigen, dass die       Männer und Frauen von 15 bis 24 Jah-
Kinder und Jugendlichen im Zentrum          ren.“
der Aufmerksamkeit der Tabakfirmen
stehen, dass besondere Anstrengun-          Philip Morris (Robert B. Seligman),
gen unternommen wurden, um das              1975: „In der Vergangenheit war der
Rauchverhalten dieser Altersgruppe zu       phänomenale Zuwachs von Marlboro
beeinflussen. Man gewinnt das Bild          großenteils das Ergebnis unseres star-
einer Industrie, deren Marktdynamik die     ken Eindringens in den Markt der jun-
Rekrutierung junger Raucher fordert.        gen Raucher, ... der 15- bis 19-
                                            jährigen, ... noch mehr der 15- bis 17-
Die Unternehmen der Tabakindustrie          jährigen.“
geben vor, die Erwachsenen seien ihre       Imperial Tobacco (Canada), 1977:
einzige Zielgruppe, während sie um          “Es besteht kein Zweifel, dass der
größere Marktanteile bei den 13- bis        Gruppendruck der wichtigste Grund
18-Jährigen und sogar der noch jünge-       eines Jugendlichen ist, sich für das
ren Kinder kämpfen. Diese Altersgrup-       Rauchen zu entscheiden. ... Auch
pen haben für den Tabakmarkt ihr            wenn Rauchen im Alter von 11 bis 13
besonderes Gewicht. Denen bietet man        Jahren fasziniert - mit 16 oder 17 Jah-
die Zigarette wie eine Art Jugendweihe      ren bedauern viele, dass sie rauchen,
an: ein verbotenes Vergnügen, ver-          weil es ihrer Gesundheit schadet und
gleichbar mit sexueller Aktivität. Hier     weil sie nicht aufhören können, wann
ein paar Zitate:                            sie wollen.
TABAKINDUSTRIE                                                                                                   Seite 5

               Marlboro verliert Marktanteile
                         Die größten Zigarettenmarken
                               Marktanteil in Prozent
                                          2,4
                Camel Filters            2,1

                                         2,2
           Marlboro Medium               2,3

                                             3,0
             Peter Stuyvesant               2,8

                                                 3,4
                           f6                   3,1

                                                3,1
                 West Lights                    3,1

                                                 3,4
          Lucky Strike Filters                     3,8

                                                           5,5
                          HB                             5,0

                                                                  7,0
                        West                                        7,4

                                                                                10,8
               Marlboro Light                                                  10,5

                                                                                                          16,8
                    Marlboro                                                                       15,5

                                  0                      5                10                  15                    20
    Quelle: Die Tabakzeitung
                                                                  2000                 1999

                  Rückgang des Tabakkonsums
Die Verluste von Marktanteilen bei der                           von Kindern und Jugendlichen“ das
Marlboro sind wohl der Grund dafür,                              Ruder herumreißen will. Denn hinzu
dass Philip Morris nun mit dem Trick                             kommt, dass der Tabakkonsum im Jahr
„Kino-Werbespots gegen das Rauchen                               2000 auch insgesamt gesunken ist.

                             Versteuerte                 Veränderung            Versteuerte               Veränderung
Tabakerzeugnis
                           Verkaufswerte                  zum Vorjahr              Mengen                  zum Vorjahr
Zigaretten                       37,5 Mrd. DM                      - 2,1 % 139,6 Mrd. St.                         - 3,9 %
Zigarren/Zigarillos           992 Mill. DM                        + 8,2 %      2.557 Mill. St.                   + 11,7 %
Feinschnitt                 1.449 Mill. DM                        - 0,3 %           12.758 t                      + 0,6 %
Pfeifentabak                      180 Mill. DM                      -5,5 %               909 t                    - 7,5 %
Feinschnittrollen                 486 Mill. DM                   + 38,0 %               1,853 t                  + 41,0 %
Insgesamt                        40,6 Mrd. DM                      - 1,4 %                   X                          X

Die Einnahmen aus der Tabaksteuer verminderten sich um 2,3 Prozent auf 22,3
Mrd. DM.                                     Quelle: Statistisches Bundesamt
Seite 6                                                    TABAKWERBUNG

      Bürgerantrag gegen Tabakwerbung
Der Aufruf zu Bürgeranträgen gegen         Folgenden Städten und Gemeinden
Tabakwerbung auf kommunalen Wer-           gelang es in den Jahren 1991 bis 1998,
beflächen (Vgl. Nichtraucher-Info Nr.      die Tabakwerbung auf ihren kommuna-
41, Seite 30) hatte eine erfreuliche       len Werbeflächen zu beenden: Bibe-
Resonanz: In den vergangenen drei          rach, Karlsruhe, Vaterstetten und Lan-
Monaten wurden 30 unterschriftsreife       genau. Bei den Städten Donaueschin-
Anträge mit je drei Anlagen angefordert    gen und Rottenburg scheiterte der
und von mir versandt. Vier weitere         Versuch aufgrund eines Gerichtsbe-
Anträge werden zurzeit vorbereitet.        schlusses. Es gilt jetzt zu prüfen, ob
Erfreulicherweise sind auch mehrere        auch heute noch mit solchen Gerichts-
Großstädte dabei.                          urteilen zu rechnen ist, nachdem das
                                           Bundesverfassungsgericht           am
Die eine Anlage enthält eine kurze         22.01.1997 das bekannte vernichtende
Zusammenfassung der Expertise der          Urteil über die Tabakwerbung gefällt
Dres. Hahnewinkel und Pohl von 1998        hat.
mit der Aussage: Die Tabakwerbung
verführt Jugendliche eindeutig zum         Es erscheint mir zweckmäßig, bei Bür-
Rauchen. Durch ein Tabakwerbeverbot        geranträgen gegen die Tabakwerbung
wird der Zigaretten-Prokopfverbrauch       gleichzeitig die oder den Vorsitzende(n)
reduziert.                                 des Gesundheitsausschusses und des
                                           Jugendausschusses nachrichtlich zu
Ich hoffe, dass bei mir bundesweit noch    informieren und die lokale Presse ein-
wesentlich mehr Anträge angefordert        zuschalten. Zurzeit ist es noch zu früh,
werden, damit möglichst vielen Kom-        um etwas über die Reaktionen der
munalpolitikern klar wird, dass sie un-    Städte und Gemeinden zu sagen. Es
serer Jugend gegenüber verantwor-          hat bisher sowohl zustimmende als
tungslos handeln, wenn sie einem Ta-       auch ablehnende Reaktionen gegeben.
bakwerbeverbot den Verdienst an der        Ein Nebeneffekt der Aktion durch Dr.
Tabakwerbung vorziehen. Letzteres          Paul Klärner in Wuppertal (zehn Ärzte
geschieht zurzeit bei unseren Bundes-      unterstützten den Antrag, keine Ta-
politikern, die das totale europäische     bakwerbung auf städtischen Werbeflä-
Tabakwerbeverbot der EU torpedierten       chen zuzulassen) war die Gründung
und mehrheitlich nicht bereit sind, ein    einer neuen Nichtraucher-Initiative.
nationales Tabakwerbeverbot gesetz-
lich zu verankern. Unser Ziel muss         Für die Anforderung weiterer unter-
auch weiterhin ein totales europäisches    schriftsreifer Bürgeranträge samt Anla-
Tabakwerbeverbot sein, denn die Ta-        gen teile ich meine Anschrift mit:
bakindustrie wird verstärkt auf privaten
Werbeflächen für ihr tödliches Produkt     Prof. Dr. med. Ekkehard Schulz
werben, wenn die Kommunen auf ihren        Hungenberg 29
Flächen die Tabakwerbung einstellen.       51429 Bergisch Gladbach
                                           Tel./Fax: (022 04) 541 41.
TABAKINDUSTRIE-WISSENSCHAFT                                                 Seite 7
            Adlkofer und seine Verbindungen
Franz Adlkofer ist es trotz seiner Verfehlungen gelungen, von der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie als Referent zu deren 42. Kongress vom 21. bis 24.
März 2001 in Jena eingeladen zu werden. Hierzu nahm Prof. Knut-Olaf Haustein,
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Nikotinforschung e.V., Stellung:
„Seit zwei Jahrzehnten versucht die          cherschutzes am Arbeitsplatz Anfang
Tabakindustrie mit zahlreichen Aktivitä-     April 2001 im Deutschen Bundestag
ten nachzuweisen, dass von Nichtrau-         könnten hier ‚Irritationen’ entstehen.
chern inhalierter Tabakrauch (Passiv-        Überlegenswert ist in diesem Zusam-
rauchen) unschädlich oder, wenn über-        menhang, ob auch Pneumologen durch
haupt schädlich, dann minimal schäd-         die Tabakindustrie ‚unterwandert’ wer-
lich ist. In diesem Zusammenhang hat         den, wie dies selbst bei Mitarbeitern
Prof. Franz Adlkofer, früherer Ange-         der WHO bekannt wurde. Herr Adlkofer
stellter des Verbandes der Cigaretten-       hat auf der Internationalen Konferenz
industrie, langjähriger ‚Sekretar’ des       über      Innenraumschadstoffbelastung
von der Tabakindustrie finanzierten          vom 5.-7. 10. 1994 an der Universität
Forschungsrates Rauchen und Ge-              Ulm zusammen mit Mitstreitern als
sundheit bzw. der anschließend 1992          Vertreter der Tabakindustrie über das
umgewandelten Stiftung Verum (Ver-           Thema ‚Luftbelastung und Tabakrauch’
halten und Umwelt), auf Einladung der        referiert und dessen Schädlichkeit ge-
Gesellschaft für Pneumologie einen           leugnet. Ähnliche Aussagen wurden
Vortrag zum Passivrauchen übernom-           beim Toxikologie-Symposium vom 21.-
men. Vor einigen Jahren von der Re-          23. Februar 1995 in Hannover in einer
daktion der Zeitschrift Circulation zum      ‚Special Session’ dargestellt, wo eben-
Thema Passivrauchen befragt, erklärte        falls der Name Adlkofer im Zusammen-
Adlkofer ‚...ich in keiner Weise weder       hang mit der Stiftung Verum im Sit-
finanziell, wirtschaftlich noch in anderer   zungsprogramm genannt wurde. Übri-
Art eine Verbindung zur Zigarettenin-        gens wird im Mitarbeiterverzeichnis des
dustrie habe’ – eine unwahre Behaup-         Pharmakologischen Instituts der Uni-
tung. Professor Adlkofer wurde in der        versität München (Leitung Prof. W.
Selbstdarstellung des Verbandes der          Forth) in den 90iger Jahren der Name
Cigarettenindustrie vom Juli 1994 mit        von Prof. F. Adlkofer angeführt.
Bild als Wissenschaftlicher Beirat ge-
zeigt.                                       Ärzte, die sich engagiert gegen das
                                             Rauchen wenden, so wie es seit Jahr-
Es ist sehr bedenkenswert, dass Adlko-       zehnten auch die Pneumologen in
fer auf der 42. Pneumologentagung ein        Deutschland tun, sollten sich nicht un-
Forum geboten bekommt, Befunde               gerechtfertigten Verdächtigungen der
vorzutragen, die anschließend von der        Öffentlichkeit aussetzen und alle Kon-
Tabakindustrie vermarktet und in den         takte zu Wissenschaftlern, die Kontakte
Medien platziert werden. Vor dem Hin-        zur Tabakindustrie hatten oder haben,
tergrund einer abschließenden Bera-          in ihrem eigenen Interesse unterlas-
tung zur Verbesserung des Nichtrau-          sen.“
Seite 8                                         WELTNICHTRAUCHERTAG
            Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai:
                Rauchfreie Luft für freie Bürger!
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat als englisches Motto Second-Hand
Smoke: Let’s Clear the Air vorgegeben. Als griffiges deutsches Motto wählte die
Nichtraucher-Initiative Deutschland e.V. Rauchfreie Luft für freie Bürger!

Zusammen mit den angeschlossenen           Seit Ende letzten Jahres fragten viele
Nichtraucher-Initiativen und allen ande-   Journalisten, Krankenkassen, Gesund-
ren Organisationen gleicher Zielrich-      heitsämter bei der NID nach Informati-
tung will die NID die Atemluft vom         onen zum Welt-Nichtrauchertag an.
„Rauch aus zweiter Hand“ befreien.         Dies ist sowohl ein Zeichen dafür, dass
Dies geschieht sowohl durch gezielte       sich dieser Tag allmählich im Bewusst-
Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere die    sein vieler Menschen verankert, als
Information der Medien über das wahre      auch ein deutlicher Fingerzeig darauf,
Ausmaß der gesundheitlichen Folgen         dass die wichtigsten Daten - dazu ge-
des Passivrauchens, als auch durch         hört besonders das Motto - schon min-
die Unterstützung lokaler und regiona-     destens ein halbes Jahr vorher bereit-
ler Aktionsprogramme, die die Nicht-       stehen müssen.
raucher-Initiativen den Entscheidungs-
trägern in Städten und Gemeinden           Anfang des Jahres forderte Gary Men-
vorlegen. Das Aktionsprogramm der          zel, bis dahin noch Raucher, Informati-
Nichtraucher-Initiative München e.V. ist   onen zum Welt-Nichtrauchertag an.
unter  abrufbar. Die WHO hält         E-Mail:
unter  weitere
Informationen zum WORLD NO-TO-             Vielen Dank für Ihre Hilfe hinsichtlich
BACCO DAY bereit.                          des Welt-Nichtrauchertages. Stark
                                           bleiben werde ich wohl, denn ich fühle
Für Interessenten hält die NID drei        mich so wohl wie lange nicht mehr -
Arten von Versandmaterial bereit: Für      ohne Husten, Kopfschmerzen etc.
Nichtraucher ein umfangreiches Nicht-
raucherschutz-Set, dem auch viele Auf-     Vielleicht mal ein Tipp von mir: Sehr
kleber beigefügt sind, für Raucher eine    unterstützt hat mich eine virtuelle
Kurzinformation mit Anschriften von        Selbsthilfegruppe, nämlich ein Forum
Ansprechpartnern zur Unterstützung         im Internet der Zeitschrift stern. Zu
der Raucherentwöhnung und für alle         finden unter: . Es macht viel Mut, ist sehr
viele Menschen ein umfangreiches           rege besucht und hat seit kurzem den
Multiplikatoren-Set, das auch einige       ersten statistischen (1 Jahr ohne)
Poster enthält. Grundsätzlich sind die-    Nichtraucher in seinen Reihen. In den
se Angebote zwar kostenlos, doch           nächsten Wochen werden diese „Sta-
bittet die NID um einen Unkostenbei-       tistiken“ nur so purzeln und das Forum
trag von 5 Mark für Material und Porto.    wird weiteren Zulauf bekommen.
GASTRONOMIE                                                                Seite 9
     Gastronomieführer für Nichtraucher 2001
Seit Mitte März liegt er vor, der Gastronomieführer für Nichtraucher, Ausgabe
2001. Mit seinen rund 1.000 Anschriften bietet er all jenen Auskunft, die rauchfrei
oder zumindest raucharm essen, trinken und übernachten wollen.

Aufgenommen wurden nur nichtrau-
cherfreundliche Bewirtungsbetriebe,
(Gaststätten,   Restaurants,     Cafés,
                                              Gastronomieführer
Weinstuben und Teestuben), die fol-                  für
gende Voraussetzungen erfüllen: Sie
sind entweder ganz rauchfrei oder sie           Nichtraucher
bieten rauchfreie Räume an. Darüber
hinaus sind auch die Bewirtungsbetrie-              Ausgabe 2001
be aufgeführt, die rauchfreie Bereiche
mit mindestens 50 Plätzen anbieten                       Wo Sie
oder die die Hälfte ihrer Sitzplätze für           rauchfrei / raucharm
Nichtraucher reserviert haben.                      essen, trinken und
                                                   übernachten können
Außerdem enthält der Gastronomiefüh-
rer Beherbergungsbetriebe (Hotels,                   1000 Anschriften
Pensionen, Gästehäuser), die entwe-              nichtraucherfreundlicher
der ganz rauchfrei sind oder rauchfreie            Gastronomiebetriebe
Zimmer zur Übernachtung in Kombina-
tion mit rauchfreier Bewirtung nach                     erhältlich für
obigen Kriterien anbieten.

Alle Gastronomiebetriebe, also sowohl            5 DM / 2,60 Euro
die in der Broschüre aufgeführten als
auch alle anderen (z.B. Vermieter von        einschließlich Versandkosten
Zimmern und Ferienwohnungen/Appar-                         bei der
tements ohne rauchfreie Gemein-
schaftsräume), sind im Internet unter             Nichtraucher-Initiative
 oder                  Deutschland e.V. (NID)
 komfortabel                Carl-von-Linde-Str. 11
abrufbar.                                        85716 Unterschleißheim
Die einzelnen Gastronomiebetriebe
sind nach Postleitzahlen geordnet. Eine    Auf den Seiten 66 bis 68 befinden sich
Gesamtübersicht der Postleitzonen für      insgesamt 31 nichtraucherfreundliche
ganz Deutschland befindet sich am          Gastronomiebetriebe des deutschspra-
Beginn des Anschriftenteils. Innerhalb     chigen Auslands: Österreich (24)
einer Postleitzahl bestimmen der ge-       Schweiz (6) und Italien (1). Bei fast
naue Ortsname und die Straße die           allen Betrieben ist eine E-Mail- und
Reihenfolge.                               Internetadresse angegeben.
Seite 10                                                     GASTRONOMIE
           Tabakgestank in der „Königstherme“
                   Warten auf gesetzliche Regelung?
Schwangau, das „Dorf der Königs-         Als neulich in der zu Entspannung und
schlösser“ in unmittelbarer Nachbar-     Meditation einladenden Edelsteingrotte
schaft der Stadt Füssen im Ostallgäu,    ein Therapeut im Rahmen eines inte-
hat eine neue Attraktion, die sich als   ressanten kleinen Vortrages auch die
echter Publikumsmagnet erweist: die      gesundheitliche Bedeutung reiner A-
„Königliche Kristalltherme“. Mag es      temluft hervorhob, erlaubte ich mir, das
kritischen Besuchern auch bisweilen      „unkönigliche“ Rauchen in der „Königli-
etwas zu weit gehen mit den Berufun-     chen Therme“ anzuprangern. Der
gen auf König Ludwig II und Hildegard    schon im Abgang Begriffene antwortete
von Bingen: das Baden in den unter-      schnell und kurz: „Ja, das Rauchen,
schiedlich temperierten Mineralwasser-   das ist unser größtes Problem. Deshalb
becken mit den vielen Massagedüsen       hoffen wir, dass der Gesetzgeber endlich
und einem temperamentvollen Strö-        handelt und in allen öffentlichen Räumen
mungskanal macht Spaß und dient -        das Rauchen generell verbietet.“
ergänzt durch Dampfbad, Edelstein-
grotte und evtl. Sauna - gewiss der      Ein Wort in das Ohr unserer Politiker;
Förderung der Gesundheit.                denn es verrät auf überzeugende Wei-
                                         se, dass sich bei uns im Nichtraucher-
Man sollte nun meinen, dass sich in      schutz ohne gesetzliche Regelung so
einer solchen „Gesundheitsoase“ das      gut wie nichts tun wird. Natürlich ist es
Rauchen von selbst verbietet. Aber       zugleich eine Ohnmachtserklärung un-
leider weit gefehlt. Von Anfang an war   serer „Gesundheitsspezialisten“, die -
das Rauchen an den „bewirtschafteten“    bis zu einer (erhofften) gesetzlichen
Tischen in der Eingangshalle erlaubt,    Regelung - nicht auf die Idee kommen
so dass man manchmal froh war, wenn      (wollen), nach Verbannung aller A-
man nach dem Baden das Freie er-         schenbecher ein schön gemaltes
reicht hatte. Neuerdings laden nun       Schild am Eingang der Therme anzu-
auch Aschenbecher in einer Ecke des      bringen etwa mit der Aufschrift: „Sie
Innenbereichs (ausgerechnet neben        betreten eine Oase der Gesundheit.
der „Königstherme“!) zum Rauchen ein.    Wir bitten Sie deshalb, das Rauchen in
Ein rauchender Badegast hat hier ein-    allen Räumen der Therme zu unterlas-
mal nach einem Aschenbecher gefragt      sen.“
... Wenn man nur den Wünschen der
nichtrauchenden Besuchermehrheit so      Hätte man das bereits bei der Eröff-
prompt nachkäme! Uns hat jedenfalls      nung der Therme getan, gäbe es heute
bei unserem letzten Aufenthalt in der    kein „Rauchproblem“. Dafür gibt es
Königstherme der scheußliche Tabak-      genügend Beispiele. „Wehret den An-
gestank, der aus der Raucherecke         fängen!“ Diese Mahnung gilt nicht zu-
gezogen kam, mächtig gestört.            letzt auch für den Gesundheitsbereich.

                           Gerhard Sensenschmidt
WISSENSCHAFT                                                            Seite 11
  Passivrauchen bewirkt                       Nikotinabhängigkeit
    Schlafstörungen                               schon nach
       bei Kindern                              wenigen Tagen
Dr. Martina Pötschke-Langer vom           Bisher wurde angenommen, dass die
Deutschen      Krebsforschungszentrum     Nikotinabhängigkeit langsam beginnt
(DKFZ) berichtete in einem Interview      und sich nur nach längerem täglichen
mit der Süddeutschen Zeitung von          Tabakkonsum ausbildet. Dies kann
einer 1996 begonnenen Studie an           jetzt als widerlegt gelten. Eine Gruppe
neun- bis elfjährigen Kindern, die Ende   amerikanischer und englischer Wis-
2000 abgeschlossen wurde. Dabei           senschaftler verfolgten über ein Jahr
zeigte sich, dass Kinder in Raucher-      lang durch monatliche Befragung das
haushalten doppelt so häufig Atem-        Rauchverhalten von 681 12- bis 13-
wegsinfektionen,      Bauchschmerzen,     jährigen Schülern in zwei Kleinstädten
Kopfschmerzen und Konzentrationsstö-      in Massachusetts, USA. Etwa jeder
rungen haben wie Kinder in Nichtrau-      Fünfte der 92 Schüler, die begonnen
cherhaushalten. Auch Schlafstörungen      hatten, gelegentlich zu rauchen, zeigte
sind bei Kindern, die in Haushalten mit   schon innerhalb von vier Wochen Sym-
Tabakqualm leben, dreimal so häufig       ptome der Nikotinabhängigkeit. Die
wie bei Kindern, die in Haushalten mit    meisten von ihnen gaben an, dass sie
rauchfreier Atemluft aufwachsen.          die ersten Zeichen der Abhängigkeit
          Süddeutsche Zeitung, 7.11.00    bereits verspürten, bevor sie regelmä-
                                          ßig rauchten oder zu der Zeit, als sie
  Frühes Rauchen macht                    mit dem regelmäßigen Rauchen anfin-
                                          gen.      Mitteilungen des ÄARG, 17/00
     anfällig für Angst
Rauchen bei Jugendlichen wirkt sich im
Erwachsenenalter häufig in Ängsten
                                            2,5-faches Risiko einer
aus. Das haben Wissenschaftler der            Lungenentzündung
Universität Columbia in New York bei         durch Passivrauchen
einer Langzeitstudie mit 688 Proban-
den herausgefunden. Wer als Jugend-       Mehr als einstündiges Passivrauchen
licher mehr als ein Päckchen Zigaretten   am Tag erhöht das Risiko einer Pneu-
täglich raucht, hat demnach ein 15,6      mokokkeninfektion (Entzündung der
Mal höheres Risiko, später unter Pa-      Lunge) um das Zweieinhalbfache. Bei
nikattacken zu leiden. Nach Angaben       Rauchern beträgt der Faktor 4,1. Zu
der Forscher steigt durch starkes Rau-    diesem Schluss kommt eine Studie, die
chen in jugendlichem Alter auch die       in den drei Großstädten Atlanta, Balti-
Wahrscheinlichkeit, Platzangst zu be-     more und Toronto an 228 Personen mit
kommen. ARD-Text Seite 546, 8.11.00       Pneumokokkeninfektion und 301 Kon-
                                          trollpersonen im Alter von 18 bis 64
   Nicht zu rauchen ist auch eine         Jahre durchgeführt wurde. Damit bildet
                                          Rauchen den höchsten unabhängigen
      Form von Umweltschutz.
                                          Risikofaktor für diese Erkrankung. Mit-
   Friedrich Hundertwasser, Maler         teilungen des ÄARG, 17/00
Seite 12                                                    WISSENSCHAFT
       Forschungspreis Rauchfrei Leben 2000
Der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und    kalen, um, die die Gefäßwände schädi-
Gesundheit zeichnete zwei Wissen-         gen und ihre Funktion nachhaltig beein-
schaftlergruppen mit dem Forschungs-      trächtigen. Die Ursache für die Fehl-
preis Rauchfrei Leben 2000 aus. Die       steuerung der NO-Synthase sehen die
Gruppe von der Abteilung Gesund-          Wissenschaftler in dem Mangel an Tet-
heitsökonomie an der Universität Ulm      rahydrobiopterin, einer Substanz, die
hat eine Berechnung der volkswirt-        das Enzym für seine normale Funktion
schaftlichen Schäden des Rauchens in      benötigt und die von reaktiven Stoffen
Deutschland vorgenommen. Nach ihrer       im Tabakrauch unbrauchbar gemacht
Analyse müssen dem Rauchen pro            wird.    Mitteilungen des ÄARG, 17/00
Jahr 117.000 vorzeitige Todesfälle und
1,5 Millionen verlorene Lebensjahre          Passivrauchen macht
zugerechnet werden. Die jährlichen            auch Polizei krank
Gesamtkosten des Rauchens beziffern       In einer Fragebogenaktion an 4.688
die Volkswirtschaftler und Mediziner      Hongkonger Polizisten und Polizistin-
auf 33,8 Milliarden DM. Davon entfallen   nen, die nach eigenen Angaben nie-
9,3 Milliarden DM auf Krankheitskos-      mals geraucht hatten, wurde unter-
ten, 8,2 Milliarden auf den Ausfall an    sucht, ob ein Zusammenhang zwischen
Arbeitskraft durch verlorene Lebensjah-   deren Atemwegssymptomen, dem
re und weitere 16,4 Milliarden auf den    Aufsuchen eines Arztes wegen dieser
Ausfall durch Arbeits- und Erwerbsun-     Symptome und dem Passivrauchen am
fähigkeit. Die Wissenschaftler schätzen   Arbeitsplatz besteht. Etwa 80 Prozent
die wirklichen Kosten, die das Rauchen    der männlichen wie auch der weibli-
verursacht, als erheblich höher ein, da   chen Untersuchungsteilnehmer gaben
in ihrer Schadensrechnung die Produk-     an, dass an ihrem Arbeitsplatz ge-
tivitätsverluste bei unbezahlter Arbeit   raucht werde. Durch das unfreiwillige
wie der Hausarbeit oder der Betreuung     Mitrauchen am Arbeitsplatz wurde das
Angehöriger nicht berücksichtigt sind.    Risiko bei den Männern, an Hals-
Die zweite Gruppe von den Universitä-     schmerzen, Husten und Auswurf zu
ten Hamburg und Graz ist der Frage        leiden, mehr als verdoppelt. Bei den
nachgegangen, wie Tabakrauch die          Frauen stieg das Risiko etwa um das
Blutgefäße schädigt. Sie stellten fest,   1,5-fache an. Passivrauchen am Ar-
dass der Rauch in den Gefäßwänden         beitsplatz führte ebenfalls zu einer
die Fehlsteuerung eines wichtigen         Zunahme der Arztbesuche wegen der
Schaltelements, des Enzyms NO-Syn-        Atemwegsbeschwerden um das 1,5-
thase, bewirkt. Normalerweise produ-      fache.
ziert dieses Enzym Stickstoffmonoxid,               Mitteilungen des ÄARG, 17/00
das die Gefäße erweitert und Ver-
schlüsse verhindert. Unter Einwirkung         Nichtraucher-Hotel Stutz
von Tabakrauch stellt sich das Enzym              mit Blick aufs Matterhorn
auf die Produktion von aggressiven                   CH-3925 Grächen
Substanzen, so genannten freien Radi-        Tel. 0041/279563-657 (Fax -658)
SUCHTDATEN                                                               Seite 13
           Nikotinsucht steht an erster Stelle
Die Deutsche Hauptstelle gegen die        fälle, durch Krankheitskosten und den
Suchtgefahren (DHS) veröffentlicht in     dadurch bewirkten Resourcenverlust,
ihrem Jahrbuch Sucht Daten zu den         also durch den Verlust an volkswirt-
häufigsten Suchtmitteln. In der Ausga-    schaftlichen Werten, die durch Krank-
be 2001 (mit Daten für 1999) stellt sie   heit und Tod nicht geschaffen werden
dar, dass in Deutschland jährlich mehr    konnten.
als 150.000 Menschen Opfer ihrer
Sucht würden: Etwa 111.000 Raucher        Die Dortmunder Psychologin Franke
stürben an den Folgen ihres Tabak-        veröffentlichte im Jahrbuch eigene
konsums, 42.000 Trinker stürben an        Forschungen über die unterschiedliche
den Folgen des Alkoholkonsums. 1999       Herkunft alkohol- und tablettenabhän-
seien zudem 1.812 Rauschgifttote re-      giger Frauen und stellte fest, dass Trin-
gistriert worden.                         kerinnen statistisch eher gut gestellte
                                          Personen mit hohem Bildungsniveau
Von den über 20 Millionen Rauchern        sind, während Tablettensüchtige eher
stuft die DHS 6,8 Millionen als süchtig   niedrige Bildung haben und häufig an
ein. Rund 2,7 Millionen Menschen kon-     Depressionen leiden. Beiden Gruppen
sumierten missbräuchlich Alkohol (also    gemeinsam sei eine überdurchschnittli-
über das verträgliche Maß hinaus),        che Einsamkeit, woraus Franke die
weitere 1,6 Millionen seien alkoholab-    Feststellung ableitet, ein Leben in Part-
hängig. Die Zahl der von illegalen Dro-   nerschaft wirke im Blick auf Suchtge-
gen abhängigen Konsumenten wird auf       fahren präventiv.          FAZ, 20.12.00
100.000 bis 150.000 geschätzt. In der
Gruppe der Alkoholtrinker dominierten
                                             Sozialmediziner der Universität
Männer mittleren Alters. Jeder Zweite
                                           Greifswald haben errechnet, dass ein
von ihnen habe alkoholbezogene Prob-
                                              Viertel aller Todesfälle im Alter
leme und trinke so viel, dass es zu
                                               von 35 bis 64 Jahren auf das
gesundheitlichen Risiken komme, sich
                                           Tabakrauchen zurückzuführen sind.
soziale Schwierigkeiten ergäben und
sich über die Gefährdung schließlich
eine Abhängigkeit entwickle.

Der Berliner Gesundheitsforscher Berg-        Urlaub in Schönberg
mann, der am Robert-Koch-Institut die         im Bayerischen Wald
gesellschaftlichen Folgen der Sucht                  Nähe Grafenau
untersucht und einige Ergebnisse für
das Jahrbuch Sucht 2001 zusammen-            Nichtraucher-Appartement, 48 qm
fasste, gab die volkswirtschaftlichen              gehobene Ausstattung
Kosten allein der Alkoholsucht mit ins-               für 2 Personen
gesamt 40 Milliarden Mark je Jahr an.           DM 40,00 pro Tag + Kurtaxe
Davon würden 23 Milliarden Mark ver-
                                                  Tel. (0 85 54) 94 14 14
sursacht durch die vorzeitigen Todes-
Seite 14                                                                                                                                 STATISTIK
       Ex-Raucher um die Hälfte häufiger krank
                  als Nie-Raucher
Bei den Veröffentlichungen von Daten                                               der Nichtraucher befanden sich auch
über das Rauchverhalten unterschied                                                die früheren Raucher. Die NID bat des-
das Statistische Bundesamt nur zwi-                                                halb das Statistische Bundesamt um
schen Rauchern und Nichtrauchern. So                                               eine getrennte Auswertung der Daten.
war es nicht verwunderlich, dass ab der                                            Und siehe da, es bestätigte sich, was
Altersgruppe der über 55-Jährigen die                                              bisher nur vermutet wurde. Die Ex-
Raucher weniger krank schienen als                                                 Raucher sind um die Hälfte häufiger
die Nichtraucher. Denn in der Gruppe                                               krank als die Nie-Raucher.
.
                           Kranke Nie-Raucher und Ex-Raucher
                              nach Altersgruppen in Prozent
      35

                                                                                                                                          30,2
      30

                                                                                                                                25     25,1
      25
                                                                                                                  20,4
      20                                                                                                18,8             18,7
                                                                                              16,9
                                                                                                               15,9                                 15,5
      15                                                                            13,3
                                                                                                     12,1
                                                                                           11,4
              10,2                                                                                                                               10,4
      10                                                                   9,4
                                                                                 8,9
                                       7,3         7,7         7,7
                           7,1                                       7,1
                                 5,5                     5,9
                     4,9                     5,3
       5    3,9

       0
           20 - 24   25 - 29     30 - 34     35 - 39     40 - 44     45 - 49     50 - 54   55 - 59   60 - 64   65 - 69   70 - 74       ab 75     insges.

  Quelle: Statistisches Bundesamt,
  Mikrozensus 1999, zusätzlich                                                                    Nie-Raucher                        Ex-Raucher
  Berechnungen der NID

            Raucher sind „gesünder“ als Ex-Raucher
Nimmt man die Raucher noch hinzu,                                                  angeschlagenen Menschen rauchen
zeigt sich, dass die gegenwärtigen                                                 von vornherein nicht. Alle anderen
Raucher weniger häufig krank sind als                                              bleiben entweder Nichtraucher oder
die Ex-Raucher. Fachleute sprechen in                                              geben häufig erst dann das Rauchen
diesem Zusammenhang vom so ge-                                                     auf, wenn sie krank geworden sind.
nannten „Healthy Smoker“, d.h. vom                                                 Dann kann es allerdings für eine Ge-
gesunden Raucher. Die gesundheitlich                                               sundung zu spät sein.
STATISTIK                                                                                                                                                   Seite 15

                                      Kranke Raucher, Ex-Raucher und
                                      Nie-Raucher nach Altersgruppen
    Prozent
     20                                                                                                                                                 18,8

                                                                                                                                      16,9

                                                                                                                                                     14,9
     15                                                                                                                            14,7

                                                                                                                         13,3

                                                                                                                                                            12,1
                                                                                                                      11,3                11,4

                10,2
     10                                                                                            9,3 9,4
                                                                                                                             8,9
                                                                                 8,7
                                                                  7,7                  7,7
                                            7,4 7,3         7,4
              7,1               7,1                                                                          7,1
                          6,6
                                                                                             5,9
                                                      5,5               5,3
                                      4,9
       5            3,9

       0
              20-24       25-29             30-34           35-39                 40-44            45-49               50-54        55-59             60-64

  Quelle: Statistisches Bundesamt,
  Mikrozensus, zusätzliche                                                    Raucher                              Ex-Raucher                    Nie-Raucher
  Berechnungen der NID

        Raucher sind im erwerbsfähigen Alter
  um rund 30 Prozent häufiger krank als Nichtraucher
Dies zeigt die Grafik auf der folgenden                                                Nichtraucher unter den Mitarbeitern
Seite. In praktisch allen Altersgruppen                                                erhöhen, z.B. durch einen wirksamen
sind die Raucher um über 30 Prozent                                                    Nichtraucherschutz, Prämien, Unter-
häufiger krank als die Nichtraucher. Bei                                               stützung der Entwöhnung, Einstellung
den 20- bis 64-jährigen Rauchern be-                                                   von Nichtrauchern usw.
trägt der Krankenstand im Durchschnitt
9,1 Prozent, bei den gleichaltrigen                                                    Aus den absoluten Zahlen geht hervor,
Nichtrauchern 7,5 Prozent. Nimmt man                                                   dass der Anteil der Raucher in der
nur die Altersgruppen der 20- bis 55-                                                  Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen
Jährigen, dann sinkt der Krankenstand                                                  ihren Höhepunkt erreicht und dann
bei den Rauchern im Durchschnitt auf                                                   rapide sinkt (von 2,35 Millionen auf
8,1 Prozent und bei den Nichtrauchern                                                  908.000 bei den 60- bis 64-Jährigen).
auf 5,9 Prozent. Die Differenz von 2,2                                                 Dagegen nimmt die Zahl der Nie-
Prozentpunkten besagt, dass die Rau-                                                   Raucher zu und erreicht bei den 60- bis
cher um 37 Prozent häufiger krank sind                                                 64-Jährigen einen gewissen Höhepunkt
als die Nichtraucher. Wer als Unter-                                                   (3,165 Millionen). Dies ist ein deutlicher
nehmer über hohe Lohnfortzahlungen                                                     Hinweis darauf, dass der Anteil der
im Krankheitsfall klagt, sollte durch                                                  Nie-Raucher in früheren Jahren, erheb-
geeignete Maßnahmen den Anteil der                                                     lich höher war als heute.
Seite 16                                                                                                              STATISTIK

                            Krankheitshäufigkeit bei Rauchern
                              im Vergleich zu Nichtrauchern
                          nach Altersgruppen (Nichtraucher = 100)
     200
                 182,1

     150                                               139,6
                                                                   147,5

                             134,7         134,5
                                                                                  130,9                       128,9
                                                                                                127,0
                                                                                                                           123,1

             100,0       100,0         100,0       100,0       100,0          100,0         100,0         100,0        100,0
     100

       50

        0
              20-24      25-29         30-34       35-39       40-44          45-49         50-54         55-59         60-64

  Quelle: Statistisches Bundesamt,
  Mikrozensus, zusätzliche                                                 Nichtraucher                 Raucher
  Berechnungen der NID

Interessant ist, dass der Anteil der                                                      Kranke Raucher
weiblichen kranken Nie-Raucher erheb-
                                                                   männlich                                                    9,4 %
lich über dem der männlichen liegt.
Anders ist die geschlechtsspezifische                              weiblich                                                    9,9 %
Situation bei den früheren Rauchern.                               gesamt                                                      9.6 %
Welche Gründe dies hat, lässt sich nur
vermuten. Es sind wohl mehrere Fakto-                                       Kranke Ex-Raucher
                                                                   männlich                   16,2 %
         Kranke Nie-Raucher
                                                                   weiblich                   14,3 %
männlich                     8,3 %
                                                                   gesamt                     15,5 %
weiblich                    11,6 %
gesamt                      10,4 %                               ren, die hier eine Rolle spielen.

                         Zum Wandern nach Bodenmais
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MEDIEN                                                                    Seite 17
   Deutsches Ärzteblatt lässt Tabaklobbyisten
               zu Wort kommen
„WHO-Aktion gegen Tabak. Mit Tricks        schont.
zum Ziel oder: Wie man Zustimmung
organisiert.“ lautete die Überschrift zu   Nicht gerade für Seriosität spricht, dass
einem Artikel, in dem der Verfasser,       unter der W+D-Internet-Adresse wiss-
Hans-Joachim Maes, über die Bemü-          dok.de zwar jeder Surfer Zugang zu
hungen der WHO, ein Rahmenabkom-           Daten über die beiden Bücher (Punkt 7
men zur Kontrolle des Tabakkonsums         und 8) erhält, nicht jedoch zu den auf
zu Stande zu bringen, herfährt wie ein     dem Bildschirm mit blauer Schrift an-
Geisterfahrer auf der Autobahn. Die        gebotenen Informationen. So bleibt ein
NID hat daraufhin die Redaktion des        Klick auf die anderen Punkte völlig
Deutschen Ärzteblattes über den Ver-       wirkungslos: „1. Was ist W+D?“ - 2.
fasser informiert:                         Wie erreicht man W+D? - 3. Unsere
                                           Philosophie - 4. Unsere Dienstleistun-
Hans-Joachim Maes ist dafür bekannt,       gen - 5. Unsere Techniken - 6. Was ist
dass er Vorgänge völlig einseitig dar-     W+D Nachsicht?“. Eine Fehlermeldung
stellt, Dass er sich jetzt die WHO vor-    erscheint, wenn man auf das Angebot
genommen hat und deren Vorhaben            „9. Kaufen“ klickt.
eines internationalen Rahmenabkom-
mens zum Rauchen durch Darstellung         Da die Einnahmen aus einem Verkauf
von Randproblemen torpediert, kommt        des Buches „Passivrauchen“ - realis-
nur für diejenigen überraschend, die       tisch gesehen - nie die Ausgaben de-
ihn noch nicht von seiner W+D-             cken, stellt sich die Frage nach dem
Funktion her kennen.                       Auftraggeber der Passivrauch-Doku-
                                           mentation. Es liegt nahe, ihn bei der
„W+D Wissenschaft + Dokumentation“         Tabakindustrie zu suchen. Denn in
bezeichnet sich als eine „Beratungs-       deren Dokumenten ist zu lesen (1988):
und Entwicklungsgesellschaft mbH“ mit      „(Die weltweite Strategie von Philip
Maes als Geschäftsführer. Laut deren       Morris besteht darin), so viele Wissen-
eigener Homepage vom 13. Dezember          schaftler auf internationaler Ebene zu
2000 (wissdok.de) gibt W+D zwei Bü-        koordinieren und zu bezahlen, wie
cher heraus: den „Arzneiverordnungs-       nötig sind, um eine Auseinanderset-
Report“ und „Passivrauchen“. Beide         zung über die Gesundheitsschädlich-
zeichnen sich durch einseitigste Kritik    keit des Passivrauchens am Leben zu
aus. Beim Passivrauchen zum Beispiel       erhalten.
nimmt Maes alle Studien aufs Korn, die
zu einer Bestätigung der Hypothese               Chefredakteur und Maes
„Passivrauchen ist gesundheitsschäd-               unter einer Decke?
lich“ führen. Dagegen bleiben nahezu
alle Studien, die als Resultat hatten,     Chefredakteur Norbert Jachertz rea-
Passivrauchen sei nicht gesundheits-       gierte erst eineinhalb Monate später
schädlich, von jeglicher Kritik ver-                    Fortsetzung nächste Seite
Seite18                                                                 MEDIEN
auf eine Erinnerung der NID hin:           Was der Chefredakteur nicht gesagt
                                           hat, ist, dass wesentliche Teile der
„Herr Maes hat in der Tat Stellung ge-     WHO-Stellungnahme nicht veröffent-
nommen, sowohl was die behaupteten         licht wurden. Doch nicht nur deshalb
Verbindungen zur Tabakindustrie an-        hakte NID-Vizepräsident Ernst-Günther
geht als auch zur Sache. Die Stellung-     Krause am 5. März noch einmal nach:
nahme ist aus unserer Sicht voll befrie-
digend. Es handelt sich um einen re-       „... Eigentlich müssten Sie sich ja vor-
daktionsinternen Vorgang.“                 stellen können, dass ich nicht zufrieden
                                           damit sein kann, dass die Stellungnah-
Daraufhin wandte sich die NID an Prof.     me von Herrn Maes Sie zufrieden ge-
Jörg-Dietrich Hoppe, den Präsidenten       stellt hat. In Ihrem Schreiben vom 30.
der Bundesärztekammer, die neben           Januar formulierten Sie noch ‚aus un-
der Kassenärztlichen Vereinigung Her-      serer Sicht voll befriedigend’. Haben
ausgeber des Deutschen Ärzteblattes        Sie Herrn Maes denn schon gefragt, ob
ist. Die NID schrieb u.a., dass die        er damit einverstanden wäre, wenn Sie
Handlungsweise des Chefredakteurs,         uns seine Stellungnahme zukommen
die Stellungnahme von H.-J. Maes           ließen? Eine Weigerung würde aller-
nicht zu veröffentlichen, kein Beispiel    dings nicht gerade Seriosität belegen.
für verantwortungsvollen Journalismus      Zu Ihrer Information: Herr Maes hat
sei, sondern die Vermutung zulasse,        schon andere Personen aufs Kreuz
dass sowohl Maes als auch Jachertz         gelegt. Vielleicht wäre der Sache ja
Interessen verfolgen, die mit der          schon geholfen, wenn Sie sich dazu
grundsätzlichen Intention sowohl des       entschließen könnten zu versichern,
Deutschen Ärzteblattes als auch der        dass Sie Herrn Maes auf Grund dieses
Bundesärztekammer nichts gemein            Vorfalls keine Gelegenheit mehr geben
hätten. Dem Wunsch des Präsidenten         würden, für das Deutsche Ärzteblatt
folgend nahm Chefredakteur Jachertz        Artikel zum Themenbereich Rauchen
„gern“ zum NID-Brief Stellung:             zu verfassen.“

„Ich hatte Ihnen in der Tat mitgeteilt,    Kommentar: Ein Chefredakteur einer
dass ich Herrn Maes einmal mehr um         ärztlichen Zeitschrift, der Artikel zu-
eine Stellungnahme zu dessen Verbin-       lässt, in denen Organisationen oder
dungen zur Zigarettenindustrie bitten      Personen angegriffen werden, ohne
werde. ... Die Stellungnahme stellt mich   dass diese vorher Gelegenheit be-
zufrieden. Mehr war dazu von mir aus       kommen hatten, Stellung zu beziehen,
nicht zu tun, und dieses habe ich Ihnen    versteht entweder sein Handwerk nicht,
mitgeteilt. Ich glaube nicht, dass ich     ist überfordert oder muss sich in der
darüber hinaus den Brief von Herrn         Tat Unseriosität vorhalten lassen. Dies
Maes Ihnen zur Kenntnis geben kann         gilt erst recht dann, wenn es um Infor-
und darf. Die Kritik der WHO am Artikel    mationen geht, die Leben oder Tod für
von Herrn Maes haben wir übrigens          eine Vielzahl von Menschen bedeuten
veröffentlicht (Heft 5/2001).“             können.
                                                  EGK
RECHT                                                                     Seite 19
     Abstimmung über Rauchverbot darf nicht
              verweigert werden
Weigert sich der Leiter einer Woh-        Zuvor war der Nichtraucher in zwei
nungseigentümerversammlung,      über     Instanzen gescheitert. Bei der Ver-
den Antrag auf ein Rauchverbot wäh-       handlung vor dem Amtsgericht Köln
rend der Versammlung abstimmen zu         hatten der Versammlungsleiter und
lassen, und verlässt daraufhin der Ei-    zwei erschienene Wohnungseigentü-
gentümer aus Gesundheitsgründen die       mer behauptet, es sei über den Antrag
Versammlung, so ist dieser Vorgang        abgestimmt worden, ob in der Ver-
einem rechtswidrigen Ausschluss des       sammlung geraucht werden dürfe oder
Wohnungseigentümers aus der Ver-          nicht. Dabei hätten alle Anwesenden
sammlung gleichzusetzen. Dies ent-        mit Ausnahme des Antragstellers ge-
schied das Oberlandesgericht (OLG)        gen den Antrag gestimmt. Im Ver-
Köln am 16.8.2000 unter Aktenzeichen      sammlungsprotokoll war davon jedoch
16 Wx 87/00.                              nichts zu lesen. Der Amtsrichter be-
                                          gründete seine Entscheidung damit,
Soweit ein Wohnungseigentümer bean-       dass die Abwesenheit des Antragstel-
tragt, ein Rauchverbot zu erlassen,       lers auf das Abstimmungsverhalten
handelt es sich um einen Geschäfts-       bzw. das Abstimmungsergebnis keine
ordnungsantrag, der ohne Ankündi-         Auswirkungen gehabt hätte (Aktenzei-
gung in der Tagesordnung zulässig und     chen 202 II 175/95).
über den vor den Sachanträgen per
Mehrheitsbeschluss abzustimmen ist.       In zweiter Instanz lehnte das Landge-
Weigert sich der Versammlungsleiter,      richt Köln unter Aktenzeichen 29 T
eine Abstimmung herbeizuführen, lei-      137/96 die Klage ab mit der Begrün-
den die im weiteren Verlauf getroffenen   dung, der nichtrauchende Wohnungs-
Beschlüsse unter einem formellen          eigentümer hätte keinen Anspruch auf
Mangel, denn „das Abschneiden des         Erlass eines Rauchverbots gehabt.
Rechts eines Wohnungseigentümers,         Daher sei die Beschlussfassung inhalt-
Anträge zum Ablauf einer Versamm-         lich nicht zu beanstanden.
lung zu stellen, durch die ein Passiv-
rauchen unterbunden werden kann,          Um die Frage, ob ein Anspruch auf ein
das nach heute herrschender wissen-       Rauchverbot bestehe, gehe es jedoch
schaftlicher Überzeugung in geschlos-     zunächst nicht, sondern darum, ob der
senen Räumen als gesundheitsgefähr-       Versammlungsleiter über das beantrag-
dend eingestuft wird, konnte ihm be-      te Rauchverbot hätte abstimmen las-
gründeten Anlass für ein Verlassen des    sen müssen, meinte nun das OLG Köln
Versammlungsraums geben und kam           in letzter Instanz. Es bleibt also weiter-
daher in seinen Auswirkungen einem        hin offen, ob Nichtraucher einen An-
rechtswidrigen Ausschluss von der         spruch auf rauchfreie Eigentümerver-
Versammlung gleich.“                      sammlungen haben.
Seite 20                                                              AUSLAND
   Europäische Union                               Schweden
Werbeverbote für Alkohol                       Sozialminister will
       zulässig                              rauchfreie Restaurants
Der Europäische Gerichtshof entschied      Lars Engqvist, schwedischer Sozialmi-
am 8. März 2001 unter Aktenzeichen         nister, will im Herbst ein Gesetz auf
C-405/98), dass Werbeverbote für Al-       den Weg bringen, das ein generelles
kohol im Interesse des Gesundheits-        Rauchverbot in Restaurants vorsieht -
schutzes zulässig sind. In Schweden        mit einer Ausnahme: In einem separa-
darf nämlich seit 1979 im Fernsehen        ten Raum darf geraucht, aber nicht
nicht mehr für alkoholische Getränke       getrunken werden. Eine Art „Raucher-
geworben werden. Nach Ansicht der          salon“ wie Anfang des letzten Jahrhun-
Richter sind solche Beschränkungen         derts. Der Vorschlag hat gute Aussich-
möglich. Voraussetzung ist aber, dass      ten, im Parlament eine Mehrheit zu
nicht gezielt Produkte aus anderen EU-     finden, denn Schweden hat den ge-
Ländern benachteiligt werden und dass      ringsten Raucheranteil in der EU: nur
die gesundheitspolitischen Ziele nicht     etwa 20 Prozent „Nikotinsklaven“. Mar-
mit milderen Mitteln zu erreichen sind.    gareta Persson vom Institut für Volks-
                            FAZ, 14.3.01   gesundheit, das vor eineinhalb Jahren
                                           die Initiative für rauchfreie Restaurants
Kommentar: Damit bestätigen die            ergriffen hatte, meinte zu den negati-
Richter den Vorrang der Gesundheit         ven Reaktionen des Gaststättenver-
vor wirtschaftlichen Interessen. Wenn      bandes: „Auch gegen das Rauchverbot
jedoch schon die Werbung für Alkohol,      am Arbeitsplatz gab es anfangs Wider-
der in geringeren Mengen für gesunde       stand. Inzwischen wird das allgemein
Menschen nicht schädlich ist, verboten     akzeptiert.“
werden kann, dann erst recht die Wer-            Süddeutsche Zeitung, 23.3.01
bung für Tabakprodukte. Letztere ha-
ben nicht einmal Kalorien zu bieten (ein            Spanien
Gramm Alkohol hat immerhin 4,1 kcal           Andalusien will Geld
bzw. ca. 17 kJ), sondern zehren bei
bestimmungsgemäßen Gebrauch an               von der Tabakindustrie
der Substanz. Deutsche Politiker, die      Die Regierung der südspanischen Re-
angesichts dieser Faktenlage untätig       gion Andalusien will die Tabakkonzerne
bleiben oder gar ein Tabakwerbeverbot      an den Kosten des öffentlichen Ge-
bekämpfen, handeln wider besseres          sundheitswesens beteiligen. Sollten
Wissen und verstoßen gegen ihre pro-       sich die Unternehmen weigern, werde
pagierten Werte, die ohne Ausnahme         er sie verklagen, kündigte der andalu-
dem Schutz von Kindern und Jugendli-       sische Ministerpräsident Manuel Cha-
chen besondere Bedeutung beimes-           ves an. Die Behandlung der durch das
sen. Sie machen sich zudem mitschul-       Rauchen verursachten Krankheiten
dig an Krankheit, Siechtum und vorzei-     koste seine Region umgerechnet 265
tigem Tod von Millionen Menschen.          Millionen DM.
                                   EGK               Süddeutsche Zeitung, 24.3.01
AUSLAND                                                                  Seite 21
 Schwedische                               retten gelten sollen. Allerdings sind
 Briefmarke mit                            lange Übergangsfristen, zum Teil bis
   dem Text:                               2007, vorgesehen.
                                                   Süddeutsche Zeitung, 16.12.00
    Oben:
   Stiftung
     Eine                                            Belgien:
  rauchfreie                                   Keine Zigaretten aus
  Generation
                                                Schokolade mehr
    Unten:                                 Gesundheitsministerin Magda Aelvoet
 Spendenkonto                              will die Süßigkeiten in Form von Ziga-
                                           retten aus dem Verkehr ziehen, weil sie
    Europäische Union                      Kinder später dazu verleiten könnten,
                                           mit dem Rauchen anzufangen. Belgi-
    EU-Parlament und                       schen Medienberichten zufolge strebt
  Ministerrat uneins über                  die Ministerin zunächst an, dass die
     Tabak-Richtlinie                      Hersteller freiwillig auf die Produktion
Die geplante neue Richtlinie zur Her-      verzichten. Geschehe dies nicht, sei
stellung und Verpackung von Tabakwa-       auch ein Verbot möglich. FAZ, 1.11.00
ren ist im EU-Vermittlungausschuss.
Das EU-Parlament hatte in zweiter                    Schweiz
Lesung doch noch wesentliche Korrek-             Entwöhnungshilfe
turen an der Vorlage des EU-Minister-
rates angebracht. Die Richtlinie „Her-              über Handy
stellung, Aufmachung und Verkauf von       Mit Kurzmitteilungen (SMS) über das
Tabakerzeugnissen“ regelt die Höchst-      Handy wollen Schweizer Gesundheits-
grenzen für Teer (10 Milligramm) und       experten entwöhnungswillige Raucher
Nikotin (1 Milligramm) in Tabakwaren       vom Glimmstängel ablenken. Das Prä-
und schreibt größere Warnhinweise auf      ventionsprogramm EMOX entstammt
den Verpackungen vor. Hier gibt es         einer Idee der Berner Stiftung für Ge-
keine wesentlichen Differenzen zwi-        sundheitsförderung und Suchtfragen
schen Ministerrat und Abgeordneten.        und der Swisscom mobile. Verspürt der
Allerdings will das Parlament Begriffe     „Ex-Raucher“ den Drang nach einer
wie „light“ oder „mild“ wieder zulassen,   Zigarette, schickt er einfach eine SMS-
wenn sie traditioneller Bestandteil des    Kurznachricht von seinem Handy an
Markennamens sind. Die Minister wol-       die Nummer 258. Nur kurze Zeit später
len solche Bezeichnungen generell          erhält er eine Frage oder eine witzige
untersagen. Härter als die Minister        Bemerkung als SMS zurückgeschickt,
wiederum will das Parlament beim           die bei der Swisscom per Zufallsgene-
Verbot von Zusatzstoffen vorgehen.         rator aus 60 möglichen Antwort-SMS
Ammoniak soll ganz verbannt werden,        ausgewählt wird. Diese sollen den Be-
weil es die Sucht fördern soll. Beide      nutzer zum Nachdenken anregen und
Beteiligte sind sich einig, dass die       den Griff zu Zigarette verhindern.
schärferen Regeln auch für Exportziga-            www.heise.de/newsticker/data/...
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             Die Pinkelzone im Schwimmbad
Ich hatte mich mit meiner Familie neu-     eben in einer mehr oder weniger dichten
lich dazu entschlossen - auch um das       Urinbrühe.
schöne Wetter noch ein wenig auszu-
                                           Teile dieser Urinbrühe vermischten sich
nutzen-, ein Schwimmbad aufzusuchen.
                                           mit dem sauberen Wasser im Nichtpink-
Wir packten unseren Picknickkorb und
                                           ler-Bereich. Einige Nichtpinkler schüttel-
los ging's.
                                           ten darüber den Kopf, schwammen aber
Aaaah, das tat gut, im kühlen Wasser       weiter ihre Runden. Andere Nichtpinkler
die ersten paar Runden zu schwimmen.       gingen wie ich zum Bademeister.
Herrlich, dabei die Sonne auf der Haut
                                           Wieder andere waren schon dabei, die
zu spüren. Bald aber machte mich mei-
                                           Sache wissenschaftlich anzugehen und
ne Tochter darauf aufmerksam, dass hin
                                           hielten irgendwelche Messsonden in
und wieder einige Leute, Männer und
                                           das Wasser der Pinkler-Ecke und in den
Frauen, ins Wasser pinkelten. Ich ach-
                                           Nichtpinkler-Bereich. Sie runzelten ob
tete einmal darauf, und es stimmte tat-
                                           der gefundenen Messergebnisse sor-
sächlich. Ich konnte das kaum glauben.
                                           genvoll die Stirn. Man hörte so einige
Dieses herrliche Wasser zu versauen -
                                           Wortfetzen wie "Bakterienverseuchung",
das durfte doch wohl nicht wahr sein!
                                           "Urinkontamination",       "bedenklich",
Ich also raus aus dem Wasser und zum       "Zwangsbepinkelung", "drohende Haut-
Bademeister, ihm alles geschildert und -   ausschläge" usw.
wie reagierte er? Er sagte: "Ja, ja. Wir
                                           Wieder andere formierten sich langsam
wissen leider, dass es immer wieder
                                           zu Gruppen. Eine dieser Gruppen hatte
Pinkler gibt, die außerhalb der Pinkel-
                                           schon ein Transparent gemalt. Auf die-
Zone ins Wasser pinkeln." Wie bitte?
                                           sem stand: "Wir wollen kein verpinkeltes
Hatte ich richtig gehört? Pinkel-Zone?
                                           Wasser. Wir wollen in sauberem Was-
Und tatsächlich: hinten in der letzten
                                           ser schwimmen. Unsere Kinder sollen
Ecke des Beckens war eine kleine Zone
                                           nicht bakteriell verseucht werden."
abgegrenzt und mit einem Schild verse-
hen: "Pinkel-Zone. Ab hier bitte nur       Ich stellte mich mit meiner Familie zu
Pinkler."                                  dieser Gruppe und wir diskutierten an-
                                           geregt. Es kristallisierte sich im Laufe
Ich ging etwas näher, um mir die Sache
                                           der Unterhaltung heraus, dass wir alle
genauer zu betrachten. Und da waren
                                           eigentlich nur eines wollen: in sauberem
sie: dichtgedrängt hingen sie am Rand
                                           Wasser schwimmen. Und da sich urin-
des Beckens und unterhielten sich.
                                           freies und urinhaltiges Wasser in einem
Manchmal sah man, wie ein Pinkler
                                           Becken leider nicht getrennt halten las-
genüsslich einen Strahl ins Wasser ab-
                                           sen, forderten wir eines: Absolutes Pin-
ließ. Die anderen Pinkler wollten von
                                           kelverbot im gesamten Becken. Keine
diesem Strahl natürlich nicht berührt
                                           Pinkelzonen mehr für Pinkler!
werden, aber weil die Ecke halt so klein
war, vermischte sich der Urin mit dem      Was Pinkeln mit Rauchen zu tun hat?
Wasser und alle Pinkler schwammen          Finden Sie es heraus!         W.G.
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