Abstimmung über Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
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Nichtraucher-Info Nr. 42 - II/01 Nach den Osterferien: Abstimmung über Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz Nach jahrelangem Ringen um einen FDP) in den Bundestag eingebracht gesetzlichen Schutz der Nichtraucher worden. Die PDS-Abgeordneten wur- werden es die Arbeitnehmer bald leich- den aus themafremden Gründen aus- ter haben, ihr Recht auf Nichtraucher- geschlossen. Am 29. Juni fand die schutz durchzusetzen. Der Bundestag erste Lesung statt. Danach wurde der wird nach den Osterferien, also vor- Antrag in insgesamt sieben Aus- aussichtlich im Mai, über den Antrag schüssen beraten und fand in allen auf Verbesserung des Nichtraucher- eine Mehrheit. Es ist damit unwahr- schutzes am Arbeitsplatz durch Einfü- scheinlich geworden, dass im Plenum gung eines speziellen Nichtraucher- eine andere Mehrheit als in den Aus- schutz-Paragrafen in die Arbeitsstät- schüssen zustande kommt. tenverordnung abstimmen. Beim ur- sprünglich angestrebten Termin für die Die interfraktionelle Nichtraucher- Zweite und Dritte Lesung (die Woche schutz-Initiative von Werner Lensing vor Beginn der Osterferien) hätten die (CDU), Uta Titze-Stecher (SPD), Ekin Initiatoren damit rechnen müssen, dass Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) und der Ältestenrat den Nichtraucher- Hildebrecht Braun (FDP) hat damit im schutzantrag an den Schluss der Ta- insgesamt dritten Anlauf gute Erfolgs- gesordnung legt. Das hätte eine Be- chancen. Zweimal (1996 und 1998) war handlung gegen Mitternacht bedeutet, unter Federführung des früheren CDU- was den Öffentlichkeitswert stark ge- Abgeordneten Roland Sauer eine Initia- mindert hätte. tive zur Verbesserung des Nichtrau- cherschutzes gescheitert. Damals Der Antrag auf Verbesserung des stand jedoch ein eigenes Nichtraucher- Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz schutz-Gesetz zur Abstimmung, das war am 12. April 2000 von 192 Abge- sich nicht nur auf den Arbeitsplatz er- ordneten verschiedener Parteien (SPD, streckte. Es bleibt also noch viel CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, zu tun.
Seite 2 POLITIK Was will Ulla Schmidt? Spenden der Von der neuen Bundesgesundheitsmi- Tabakindustrie nisterin Ulla Schmidt ist der NID vor Die Spenden der Tabakindustrie an die allem eines bekannt: Sie stimmte 1998 politischen Parteien flossen auch 1999 gegen das Nichtraucherschutz-Gesetz. wieder reichlich. Das geht aus den Re- Ob sich ihre Einstellung in ihrem neuen chenschaftsberichten hervor, die Bun- Amt geändert hat, muss Ulla Schmidt destagspräsident Wolfgang Thierse un- durch Taten zeigen. Die NID will von ihr ter Bundestagsdrucksache 14/5050 auch wissen, wie sie zu dem von ihrer veröffentlicht hat. So spendete der Vorgängerin Andrea Fischer und der Marlboro-Hersteller Philip Morris der damaligen Staatssekretärin Christa SPD 41.000 DM (Vorjahr 23.500 DM Nickels angekündigten Vorhaben eines zuzüglich 39.000 DM vom Verband der Verkaufsverbots für Tabakwaren an Cigarettenindustrie) und der CSU Jugendliche, kombiniert mit der Einfüh- 35.000 DM (28.500 DM). Die CDU rung von „Chipkarten“ beim Automa- erhielt 1999 40.000 DM von der Tchibo tenverkauf, steht. Holding AG, die 63,1 Prozent der O- bergesellschaft des Tabakkonzerns Handy verboten - Reemtsma hält. Zigarette erlaubt 1998 schien die CDU leer ausgegan- Wer während des Fahrens sein Handy gen zu sein. Im berichtigten Rechen- ohne Freisprecheinrichtung benützt, schaftsbericht tauchen jedoch - als also mit dem Handy in der Hand telefo- hätte man es geahnt - 36.000 DM des niert, verstößt gegen die Straßenver- Verbandes der Cigarettenindustrie kehrsordnung. Wer dagegen am Steuer sowie 23.500 DM von Philip Morris auf. mit der Zigarette in der Hand angetrof- fen wird, bleibt unbestraft - es sei denn, Da nur Spenden ab 20.000 DM im er verursacht einen Verkehrsunfall. Rechenschaftsbericht namentlich auf- Diese Regelung ist nichts anderes als geführt werden müssen, könnten im ein Bückling vor den rauchenden Auto- Prinzip auch kleinere Spenden an fahrern, die jedes Jahr unschuldigen Bündnis 90/Die Grünen und die PDS Menschen den Tod bringen oder sie geflossen sein. Deren programmati- zum Krüppel machen. sche Zielsetzungen sprechen allerdings dagegen, was man von der FDP jedoch Aber ein Rauchverbot am Steuer könn- nicht behaupten kann. Ihre Bundes- te ja den Umsatz der Tabakindustrie tagsabgeordneten lehnen mehrheitlich und die Steuereinnahmen mindern. eine gesetzliche Regelung des Nicht- Deshalb muss man schon bereit sein, raucherschutzes und die Beschränkung ein paar tausend Tote und Verletzte in der Tabakwerbung ab. Die FDP befin- Kauf zu nehmen. Denn dass Umsatz- det sich allerdings nicht in der Regie- rückgänge bei der Tabakindustrie zu rung, sondern in der Opposition, was Umsatzsteigerungen bei anderen Wirt- ihre Einflussmöglichkeiten sehr stark schaftszweigen führen, kann nicht sein beschränkt und ihren Wert für die Ta- - weil es nicht sein darf. bakindustrie erheblich verringert.
NID-AKTIVITÄTEN Seite 3 Zur Erinnerung: Mitgliederversammlung am 28. April in Dresden Wie im Nichtraucher-Info Nr. 41 ange- dem letzten Nichtraucher-Info zu ent- kündigt, findet die nächste ordentliche nehmen. Mitgliederversammlung der Nichtrau- cher-Initiative Deutschland e.V. Am Tag darauf treffen sich die Nicht- raucher-Initiativen zu ihrem traditio- am 28. April 2001 um 14 Uhr im nellen Informations- und Erfah- Hotel Privat rungsaustausch von 9 bis 13 Uhr Forststr. 22, 01099 Dresden ebenfalls im Hotel Privat. Wer mehr (03 51) 81 17 70 - Fax 8 01 39 53 über konkrete Arbeit vor Ort erfahren statt. Die Tagesordnung ist ebenfalls will, ist herzlich eingeladen. Kino-Werbespot gegen Rauchen ausgerechnet von „Marlboro“ Der Marlboro-Hersteller Philip Morris fördern. Denn wer Rauchen als etwas dar- verkündete am 20. Februar, dass er in stellt, das nur Erwachsene ausüben sollen, Kinos Werbespots gegen das Rauchen wird erst recht bewirken, dass die Kinder von Kindern und Jugendlichen laufen und Jugendlichen zur Zigarette greifen. lassen würde. Dagegen hat sich die Denn Kinder und Jugendliche streben da- NID sofort in Pressemitteilungen und nach, als erwachsen wahrgenommen zu Rundfunkinterviews sowie in Schreiben werden, und übernehmen daher erst recht an die Bundesgesundheitsministerin Verhaltensweisen, die sie mit dem Erwach- Ulla Schmidt und alle Regierungen der sensein verbinden. sechzehn Bundesländer gewandt. Hier ein Auszug aus dem Schreiben von Rauchen ist grundsätzlich schlecht, sowohl NID-Präsident Prof. Dr. Ekkehard Schulz: für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. Wenn die Tabakkonzerne Der Kino-Werbespot des Marlboro- diese Erkenntnis in den Vordergrund stel- Herstellers Philip Morris, der damit Kinder len würden, wäre dagegen nichts einzu- und Jugendliche vom Tabakrauchen abhal- wenden. Das widerspräche jedoch den ten will, ist nichts anderes als ein schäbiger Interessen der Drogenhersteller. Trick, mit dem der Drogenkonzern vor allem zwei Ziele verfolgt: Philip Morris, Reemtsma, BAT und wie sie alle heißen, sollten der Nichtraucher- Das erste Ziel ist, in der Öffentlichkeit den Initiative Deutschland die Gestaltung der Eindruck zu erwecken, dass die Tabakkon- Kinospots überlassen. Das wäre der einzige zerne gegen das Rauchen von Kindern und Weg zu zeigen, dass sie es wirklich ernst Jugendlichen sind. Das zweite Ziel ist, das meinen. Damit ist jedoch nicht zu rechnen, Rauchen von Kindern und Jugendlichen zu Fortsetzung nächste Seite
Seite 4 TABAKINDUSTRIE und so hoffe ich, dass sich die neue Bun- chen, die Software von Schul-PCs mit - desgesundheitsministerin nicht für dumm eigennützigen - Nikotin-Warnungen zu ver- verkaufen lassen und alles unternehmen sehen. Gleichzeitig ist das Jugendschutzge- wird, um diese scheinheilige Anti-Ta- setz zu ändern. Wer Kinder und Jugendli- bakwerbung zu unterbinden. che wirklich schützen will, muss nicht das Rauchen von unter 16-Jährigen in der Öf- Verhindert werden muss außerdem, dass fentlichkeit verbieten, sondern den Verkauf die Drogenhersteller ihre Absicht wahrma- von Tabakwaren an alle Minderjährigen. Aus internen Dokumenten der Tabakindustrie zur Wirkung der Werbung auf Kinder NID-Mitglied Dr. J. Paul Klärner übersetzte Auszüge aus einer von der WHO zu- sammengestellten Dokumentation über die Unterlagen der amerikanischen Ta- bakindustrie - hier speziell zur Wirkung der Tabakwerbung auf Kinder: Tausende interne Dokumente der Ta- R. J. Reynolds (Claude Teage), 1973: bakindustrie, die durch Gerichtsverfah- „... langfristig brauchen wir den Markt ren bekannt geworden sind, haben den der Jungen ... also müssen wir neue verblüffendsten systematischen indus- Marken konzipieren, die besonders triellen Betrug der Geschichte enthüllt. jungen Rauchern gefallen ...“ Die Konzerne leugnen, dass sie Stra- Brown & Williamson, 1974: „Die Ziel- tegien haben, die auf die Kinder zielen. gruppe für die Cool King Size umfasst Doch viele Dokumente zeigen, dass die Männer und Frauen von 15 bis 24 Jah- Kinder und Jugendlichen im Zentrum ren.“ der Aufmerksamkeit der Tabakfirmen stehen, dass besondere Anstrengun- Philip Morris (Robert B. Seligman), gen unternommen wurden, um das 1975: „In der Vergangenheit war der Rauchverhalten dieser Altersgruppe zu phänomenale Zuwachs von Marlboro beeinflussen. Man gewinnt das Bild großenteils das Ergebnis unseres star- einer Industrie, deren Marktdynamik die ken Eindringens in den Markt der jun- Rekrutierung junger Raucher fordert. gen Raucher, ... der 15- bis 19- jährigen, ... noch mehr der 15- bis 17- Die Unternehmen der Tabakindustrie jährigen.“ geben vor, die Erwachsenen seien ihre Imperial Tobacco (Canada), 1977: einzige Zielgruppe, während sie um “Es besteht kein Zweifel, dass der größere Marktanteile bei den 13- bis Gruppendruck der wichtigste Grund 18-Jährigen und sogar der noch jünge- eines Jugendlichen ist, sich für das ren Kinder kämpfen. Diese Altersgrup- Rauchen zu entscheiden. ... Auch pen haben für den Tabakmarkt ihr wenn Rauchen im Alter von 11 bis 13 besonderes Gewicht. Denen bietet man Jahren fasziniert - mit 16 oder 17 Jah- die Zigarette wie eine Art Jugendweihe ren bedauern viele, dass sie rauchen, an: ein verbotenes Vergnügen, ver- weil es ihrer Gesundheit schadet und gleichbar mit sexueller Aktivität. Hier weil sie nicht aufhören können, wann ein paar Zitate: sie wollen.
TABAKINDUSTRIE Seite 5 Marlboro verliert Marktanteile Die größten Zigarettenmarken Marktanteil in Prozent 2,4 Camel Filters 2,1 2,2 Marlboro Medium 2,3 3,0 Peter Stuyvesant 2,8 3,4 f6 3,1 3,1 West Lights 3,1 3,4 Lucky Strike Filters 3,8 5,5 HB 5,0 7,0 West 7,4 10,8 Marlboro Light 10,5 16,8 Marlboro 15,5 0 5 10 15 20 Quelle: Die Tabakzeitung 2000 1999 Rückgang des Tabakkonsums Die Verluste von Marktanteilen bei der von Kindern und Jugendlichen“ das Marlboro sind wohl der Grund dafür, Ruder herumreißen will. Denn hinzu dass Philip Morris nun mit dem Trick kommt, dass der Tabakkonsum im Jahr „Kino-Werbespots gegen das Rauchen 2000 auch insgesamt gesunken ist. Versteuerte Veränderung Versteuerte Veränderung Tabakerzeugnis Verkaufswerte zum Vorjahr Mengen zum Vorjahr Zigaretten 37,5 Mrd. DM - 2,1 % 139,6 Mrd. St. - 3,9 % Zigarren/Zigarillos 992 Mill. DM + 8,2 % 2.557 Mill. St. + 11,7 % Feinschnitt 1.449 Mill. DM - 0,3 % 12.758 t + 0,6 % Pfeifentabak 180 Mill. DM -5,5 % 909 t - 7,5 % Feinschnittrollen 486 Mill. DM + 38,0 % 1,853 t + 41,0 % Insgesamt 40,6 Mrd. DM - 1,4 % X X Die Einnahmen aus der Tabaksteuer verminderten sich um 2,3 Prozent auf 22,3 Mrd. DM. Quelle: Statistisches Bundesamt
Seite 6 TABAKWERBUNG Bürgerantrag gegen Tabakwerbung Der Aufruf zu Bürgeranträgen gegen Folgenden Städten und Gemeinden Tabakwerbung auf kommunalen Wer- gelang es in den Jahren 1991 bis 1998, beflächen (Vgl. Nichtraucher-Info Nr. die Tabakwerbung auf ihren kommuna- 41, Seite 30) hatte eine erfreuliche len Werbeflächen zu beenden: Bibe- Resonanz: In den vergangenen drei rach, Karlsruhe, Vaterstetten und Lan- Monaten wurden 30 unterschriftsreife genau. Bei den Städten Donaueschin- Anträge mit je drei Anlagen angefordert gen und Rottenburg scheiterte der und von mir versandt. Vier weitere Versuch aufgrund eines Gerichtsbe- Anträge werden zurzeit vorbereitet. schlusses. Es gilt jetzt zu prüfen, ob Erfreulicherweise sind auch mehrere auch heute noch mit solchen Gerichts- Großstädte dabei. urteilen zu rechnen ist, nachdem das Bundesverfassungsgericht am Die eine Anlage enthält eine kurze 22.01.1997 das bekannte vernichtende Zusammenfassung der Expertise der Urteil über die Tabakwerbung gefällt Dres. Hahnewinkel und Pohl von 1998 hat. mit der Aussage: Die Tabakwerbung verführt Jugendliche eindeutig zum Es erscheint mir zweckmäßig, bei Bür- Rauchen. Durch ein Tabakwerbeverbot geranträgen gegen die Tabakwerbung wird der Zigaretten-Prokopfverbrauch gleichzeitig die oder den Vorsitzende(n) reduziert. des Gesundheitsausschusses und des Jugendausschusses nachrichtlich zu Ich hoffe, dass bei mir bundesweit noch informieren und die lokale Presse ein- wesentlich mehr Anträge angefordert zuschalten. Zurzeit ist es noch zu früh, werden, damit möglichst vielen Kom- um etwas über die Reaktionen der munalpolitikern klar wird, dass sie un- Städte und Gemeinden zu sagen. Es serer Jugend gegenüber verantwor- hat bisher sowohl zustimmende als tungslos handeln, wenn sie einem Ta- auch ablehnende Reaktionen gegeben. bakwerbeverbot den Verdienst an der Ein Nebeneffekt der Aktion durch Dr. Tabakwerbung vorziehen. Letzteres Paul Klärner in Wuppertal (zehn Ärzte geschieht zurzeit bei unseren Bundes- unterstützten den Antrag, keine Ta- politikern, die das totale europäische bakwerbung auf städtischen Werbeflä- Tabakwerbeverbot der EU torpedierten chen zuzulassen) war die Gründung und mehrheitlich nicht bereit sind, ein einer neuen Nichtraucher-Initiative. nationales Tabakwerbeverbot gesetz- lich zu verankern. Unser Ziel muss Für die Anforderung weiterer unter- auch weiterhin ein totales europäisches schriftsreifer Bürgeranträge samt Anla- Tabakwerbeverbot sein, denn die Ta- gen teile ich meine Anschrift mit: bakindustrie wird verstärkt auf privaten Werbeflächen für ihr tödliches Produkt Prof. Dr. med. Ekkehard Schulz werben, wenn die Kommunen auf ihren Hungenberg 29 Flächen die Tabakwerbung einstellen. 51429 Bergisch Gladbach Tel./Fax: (022 04) 541 41.
TABAKINDUSTRIE-WISSENSCHAFT Seite 7 Adlkofer und seine Verbindungen Franz Adlkofer ist es trotz seiner Verfehlungen gelungen, von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie als Referent zu deren 42. Kongress vom 21. bis 24. März 2001 in Jena eingeladen zu werden. Hierzu nahm Prof. Knut-Olaf Haustein, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Nikotinforschung e.V., Stellung: „Seit zwei Jahrzehnten versucht die cherschutzes am Arbeitsplatz Anfang Tabakindustrie mit zahlreichen Aktivitä- April 2001 im Deutschen Bundestag ten nachzuweisen, dass von Nichtrau- könnten hier ‚Irritationen’ entstehen. chern inhalierter Tabakrauch (Passiv- Überlegenswert ist in diesem Zusam- rauchen) unschädlich oder, wenn über- menhang, ob auch Pneumologen durch haupt schädlich, dann minimal schäd- die Tabakindustrie ‚unterwandert’ wer- lich ist. In diesem Zusammenhang hat den, wie dies selbst bei Mitarbeitern Prof. Franz Adlkofer, früherer Ange- der WHO bekannt wurde. Herr Adlkofer stellter des Verbandes der Cigaretten- hat auf der Internationalen Konferenz industrie, langjähriger ‚Sekretar’ des über Innenraumschadstoffbelastung von der Tabakindustrie finanzierten vom 5.-7. 10. 1994 an der Universität Forschungsrates Rauchen und Ge- Ulm zusammen mit Mitstreitern als sundheit bzw. der anschließend 1992 Vertreter der Tabakindustrie über das umgewandelten Stiftung Verum (Ver- Thema ‚Luftbelastung und Tabakrauch’ halten und Umwelt), auf Einladung der referiert und dessen Schädlichkeit ge- Gesellschaft für Pneumologie einen leugnet. Ähnliche Aussagen wurden Vortrag zum Passivrauchen übernom- beim Toxikologie-Symposium vom 21.- men. Vor einigen Jahren von der Re- 23. Februar 1995 in Hannover in einer daktion der Zeitschrift Circulation zum ‚Special Session’ dargestellt, wo eben- Thema Passivrauchen befragt, erklärte falls der Name Adlkofer im Zusammen- Adlkofer ‚...ich in keiner Weise weder hang mit der Stiftung Verum im Sit- finanziell, wirtschaftlich noch in anderer zungsprogramm genannt wurde. Übri- Art eine Verbindung zur Zigarettenin- gens wird im Mitarbeiterverzeichnis des dustrie habe’ – eine unwahre Behaup- Pharmakologischen Instituts der Uni- tung. Professor Adlkofer wurde in der versität München (Leitung Prof. W. Selbstdarstellung des Verbandes der Forth) in den 90iger Jahren der Name Cigarettenindustrie vom Juli 1994 mit von Prof. F. Adlkofer angeführt. Bild als Wissenschaftlicher Beirat ge- zeigt. Ärzte, die sich engagiert gegen das Rauchen wenden, so wie es seit Jahr- Es ist sehr bedenkenswert, dass Adlko- zehnten auch die Pneumologen in fer auf der 42. Pneumologentagung ein Deutschland tun, sollten sich nicht un- Forum geboten bekommt, Befunde gerechtfertigten Verdächtigungen der vorzutragen, die anschließend von der Öffentlichkeit aussetzen und alle Kon- Tabakindustrie vermarktet und in den takte zu Wissenschaftlern, die Kontakte Medien platziert werden. Vor dem Hin- zur Tabakindustrie hatten oder haben, tergrund einer abschließenden Bera- in ihrem eigenen Interesse unterlas- tung zur Verbesserung des Nichtrau- sen.“
Seite 8 WELTNICHTRAUCHERTAG Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai: Rauchfreie Luft für freie Bürger! Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat als englisches Motto Second-Hand Smoke: Let’s Clear the Air vorgegeben. Als griffiges deutsches Motto wählte die Nichtraucher-Initiative Deutschland e.V. Rauchfreie Luft für freie Bürger! Zusammen mit den angeschlossenen Seit Ende letzten Jahres fragten viele Nichtraucher-Initiativen und allen ande- Journalisten, Krankenkassen, Gesund- ren Organisationen gleicher Zielrich- heitsämter bei der NID nach Informati- tung will die NID die Atemluft vom onen zum Welt-Nichtrauchertag an. „Rauch aus zweiter Hand“ befreien. Dies ist sowohl ein Zeichen dafür, dass Dies geschieht sowohl durch gezielte sich dieser Tag allmählich im Bewusst- Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere die sein vieler Menschen verankert, als Information der Medien über das wahre auch ein deutlicher Fingerzeig darauf, Ausmaß der gesundheitlichen Folgen dass die wichtigsten Daten - dazu ge- des Passivrauchens, als auch durch hört besonders das Motto - schon min- die Unterstützung lokaler und regiona- destens ein halbes Jahr vorher bereit- ler Aktionsprogramme, die die Nicht- stehen müssen. raucher-Initiativen den Entscheidungs- trägern in Städten und Gemeinden Anfang des Jahres forderte Gary Men- vorlegen. Das Aktionsprogramm der zel, bis dahin noch Raucher, Informati- Nichtraucher-Initiative München e.V. ist onen zum Welt-Nichtrauchertag an. unter abrufbar. Die WHO hält E-Mail: unter weitere Informationen zum WORLD NO-TO- Vielen Dank für Ihre Hilfe hinsichtlich BACCO DAY bereit. des Welt-Nichtrauchertages. Stark bleiben werde ich wohl, denn ich fühle Für Interessenten hält die NID drei mich so wohl wie lange nicht mehr - Arten von Versandmaterial bereit: Für ohne Husten, Kopfschmerzen etc. Nichtraucher ein umfangreiches Nicht- raucherschutz-Set, dem auch viele Auf- Vielleicht mal ein Tipp von mir: Sehr kleber beigefügt sind, für Raucher eine unterstützt hat mich eine virtuelle Kurzinformation mit Anschriften von Selbsthilfegruppe, nämlich ein Forum Ansprechpartnern zur Unterstützung im Internet der Zeitschrift stern. Zu der Raucherentwöhnung und für alle finden unter: . Es macht viel Mut, ist sehr viele Menschen ein umfangreiches rege besucht und hat seit kurzem den Multiplikatoren-Set, das auch einige ersten statistischen (1 Jahr ohne) Poster enthält. Grundsätzlich sind die- Nichtraucher in seinen Reihen. In den se Angebote zwar kostenlos, doch nächsten Wochen werden diese „Sta- bittet die NID um einen Unkostenbei- tistiken“ nur so purzeln und das Forum trag von 5 Mark für Material und Porto. wird weiteren Zulauf bekommen.
GASTRONOMIE Seite 9 Gastronomieführer für Nichtraucher 2001 Seit Mitte März liegt er vor, der Gastronomieführer für Nichtraucher, Ausgabe 2001. Mit seinen rund 1.000 Anschriften bietet er all jenen Auskunft, die rauchfrei oder zumindest raucharm essen, trinken und übernachten wollen. Aufgenommen wurden nur nichtrau- cherfreundliche Bewirtungsbetriebe, (Gaststätten, Restaurants, Cafés, Gastronomieführer Weinstuben und Teestuben), die fol- für gende Voraussetzungen erfüllen: Sie sind entweder ganz rauchfrei oder sie Nichtraucher bieten rauchfreie Räume an. Darüber hinaus sind auch die Bewirtungsbetrie- Ausgabe 2001 be aufgeführt, die rauchfreie Bereiche mit mindestens 50 Plätzen anbieten Wo Sie oder die die Hälfte ihrer Sitzplätze für rauchfrei / raucharm Nichtraucher reserviert haben. essen, trinken und übernachten können Außerdem enthält der Gastronomiefüh- rer Beherbergungsbetriebe (Hotels, 1000 Anschriften Pensionen, Gästehäuser), die entwe- nichtraucherfreundlicher der ganz rauchfrei sind oder rauchfreie Gastronomiebetriebe Zimmer zur Übernachtung in Kombina- tion mit rauchfreier Bewirtung nach erhältlich für obigen Kriterien anbieten. Alle Gastronomiebetriebe, also sowohl 5 DM / 2,60 Euro die in der Broschüre aufgeführten als auch alle anderen (z.B. Vermieter von einschließlich Versandkosten Zimmern und Ferienwohnungen/Appar- bei der tements ohne rauchfreie Gemein- schaftsräume), sind im Internet unter Nichtraucher-Initiative oder Deutschland e.V. (NID) komfortabel Carl-von-Linde-Str. 11 abrufbar. 85716 Unterschleißheim Die einzelnen Gastronomiebetriebe sind nach Postleitzahlen geordnet. Eine Auf den Seiten 66 bis 68 befinden sich Gesamtübersicht der Postleitzonen für insgesamt 31 nichtraucherfreundliche ganz Deutschland befindet sich am Gastronomiebetriebe des deutschspra- Beginn des Anschriftenteils. Innerhalb chigen Auslands: Österreich (24) einer Postleitzahl bestimmen der ge- Schweiz (6) und Italien (1). Bei fast naue Ortsname und die Straße die allen Betrieben ist eine E-Mail- und Reihenfolge. Internetadresse angegeben.
Seite 10 GASTRONOMIE Tabakgestank in der „Königstherme“ Warten auf gesetzliche Regelung? Schwangau, das „Dorf der Königs- Als neulich in der zu Entspannung und schlösser“ in unmittelbarer Nachbar- Meditation einladenden Edelsteingrotte schaft der Stadt Füssen im Ostallgäu, ein Therapeut im Rahmen eines inte- hat eine neue Attraktion, die sich als ressanten kleinen Vortrages auch die echter Publikumsmagnet erweist: die gesundheitliche Bedeutung reiner A- „Königliche Kristalltherme“. Mag es temluft hervorhob, erlaubte ich mir, das kritischen Besuchern auch bisweilen „unkönigliche“ Rauchen in der „Königli- etwas zu weit gehen mit den Berufun- chen Therme“ anzuprangern. Der gen auf König Ludwig II und Hildegard schon im Abgang Begriffene antwortete von Bingen: das Baden in den unter- schnell und kurz: „Ja, das Rauchen, schiedlich temperierten Mineralwasser- das ist unser größtes Problem. Deshalb becken mit den vielen Massagedüsen hoffen wir, dass der Gesetzgeber endlich und einem temperamentvollen Strö- handelt und in allen öffentlichen Räumen mungskanal macht Spaß und dient - das Rauchen generell verbietet.“ ergänzt durch Dampfbad, Edelstein- grotte und evtl. Sauna - gewiss der Ein Wort in das Ohr unserer Politiker; Förderung der Gesundheit. denn es verrät auf überzeugende Wei- se, dass sich bei uns im Nichtraucher- Man sollte nun meinen, dass sich in schutz ohne gesetzliche Regelung so einer solchen „Gesundheitsoase“ das gut wie nichts tun wird. Natürlich ist es Rauchen von selbst verbietet. Aber zugleich eine Ohnmachtserklärung un- leider weit gefehlt. Von Anfang an war serer „Gesundheitsspezialisten“, die - das Rauchen an den „bewirtschafteten“ bis zu einer (erhofften) gesetzlichen Tischen in der Eingangshalle erlaubt, Regelung - nicht auf die Idee kommen so dass man manchmal froh war, wenn (wollen), nach Verbannung aller A- man nach dem Baden das Freie er- schenbecher ein schön gemaltes reicht hatte. Neuerdings laden nun Schild am Eingang der Therme anzu- auch Aschenbecher in einer Ecke des bringen etwa mit der Aufschrift: „Sie Innenbereichs (ausgerechnet neben betreten eine Oase der Gesundheit. der „Königstherme“!) zum Rauchen ein. Wir bitten Sie deshalb, das Rauchen in Ein rauchender Badegast hat hier ein- allen Räumen der Therme zu unterlas- mal nach einem Aschenbecher gefragt sen.“ ... Wenn man nur den Wünschen der nichtrauchenden Besuchermehrheit so Hätte man das bereits bei der Eröff- prompt nachkäme! Uns hat jedenfalls nung der Therme getan, gäbe es heute bei unserem letzten Aufenthalt in der kein „Rauchproblem“. Dafür gibt es Königstherme der scheußliche Tabak- genügend Beispiele. „Wehret den An- gestank, der aus der Raucherecke fängen!“ Diese Mahnung gilt nicht zu- gezogen kam, mächtig gestört. letzt auch für den Gesundheitsbereich. Gerhard Sensenschmidt
WISSENSCHAFT Seite 11 Passivrauchen bewirkt Nikotinabhängigkeit Schlafstörungen schon nach bei Kindern wenigen Tagen Dr. Martina Pötschke-Langer vom Bisher wurde angenommen, dass die Deutschen Krebsforschungszentrum Nikotinabhängigkeit langsam beginnt (DKFZ) berichtete in einem Interview und sich nur nach längerem täglichen mit der Süddeutschen Zeitung von Tabakkonsum ausbildet. Dies kann einer 1996 begonnenen Studie an jetzt als widerlegt gelten. Eine Gruppe neun- bis elfjährigen Kindern, die Ende amerikanischer und englischer Wis- 2000 abgeschlossen wurde. Dabei senschaftler verfolgten über ein Jahr zeigte sich, dass Kinder in Raucher- lang durch monatliche Befragung das haushalten doppelt so häufig Atem- Rauchverhalten von 681 12- bis 13- wegsinfektionen, Bauchschmerzen, jährigen Schülern in zwei Kleinstädten Kopfschmerzen und Konzentrationsstö- in Massachusetts, USA. Etwa jeder rungen haben wie Kinder in Nichtrau- Fünfte der 92 Schüler, die begonnen cherhaushalten. Auch Schlafstörungen hatten, gelegentlich zu rauchen, zeigte sind bei Kindern, die in Haushalten mit schon innerhalb von vier Wochen Sym- Tabakqualm leben, dreimal so häufig ptome der Nikotinabhängigkeit. Die wie bei Kindern, die in Haushalten mit meisten von ihnen gaben an, dass sie rauchfreier Atemluft aufwachsen. die ersten Zeichen der Abhängigkeit Süddeutsche Zeitung, 7.11.00 bereits verspürten, bevor sie regelmä- ßig rauchten oder zu der Zeit, als sie Frühes Rauchen macht mit dem regelmäßigen Rauchen anfin- gen. Mitteilungen des ÄARG, 17/00 anfällig für Angst Rauchen bei Jugendlichen wirkt sich im Erwachsenenalter häufig in Ängsten 2,5-faches Risiko einer aus. Das haben Wissenschaftler der Lungenentzündung Universität Columbia in New York bei durch Passivrauchen einer Langzeitstudie mit 688 Proban- den herausgefunden. Wer als Jugend- Mehr als einstündiges Passivrauchen licher mehr als ein Päckchen Zigaretten am Tag erhöht das Risiko einer Pneu- täglich raucht, hat demnach ein 15,6 mokokkeninfektion (Entzündung der Mal höheres Risiko, später unter Pa- Lunge) um das Zweieinhalbfache. Bei nikattacken zu leiden. Nach Angaben Rauchern beträgt der Faktor 4,1. Zu der Forscher steigt durch starkes Rau- diesem Schluss kommt eine Studie, die chen in jugendlichem Alter auch die in den drei Großstädten Atlanta, Balti- Wahrscheinlichkeit, Platzangst zu be- more und Toronto an 228 Personen mit kommen. ARD-Text Seite 546, 8.11.00 Pneumokokkeninfektion und 301 Kon- trollpersonen im Alter von 18 bis 64 Nicht zu rauchen ist auch eine Jahre durchgeführt wurde. Damit bildet Rauchen den höchsten unabhängigen Form von Umweltschutz. Risikofaktor für diese Erkrankung. Mit- Friedrich Hundertwasser, Maler teilungen des ÄARG, 17/00
Seite 12 WISSENSCHAFT Forschungspreis Rauchfrei Leben 2000 Der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und kalen, um, die die Gefäßwände schädi- Gesundheit zeichnete zwei Wissen- gen und ihre Funktion nachhaltig beein- schaftlergruppen mit dem Forschungs- trächtigen. Die Ursache für die Fehl- preis Rauchfrei Leben 2000 aus. Die steuerung der NO-Synthase sehen die Gruppe von der Abteilung Gesund- Wissenschaftler in dem Mangel an Tet- heitsökonomie an der Universität Ulm rahydrobiopterin, einer Substanz, die hat eine Berechnung der volkswirt- das Enzym für seine normale Funktion schaftlichen Schäden des Rauchens in benötigt und die von reaktiven Stoffen Deutschland vorgenommen. Nach ihrer im Tabakrauch unbrauchbar gemacht Analyse müssen dem Rauchen pro wird. Mitteilungen des ÄARG, 17/00 Jahr 117.000 vorzeitige Todesfälle und 1,5 Millionen verlorene Lebensjahre Passivrauchen macht zugerechnet werden. Die jährlichen auch Polizei krank Gesamtkosten des Rauchens beziffern In einer Fragebogenaktion an 4.688 die Volkswirtschaftler und Mediziner Hongkonger Polizisten und Polizistin- auf 33,8 Milliarden DM. Davon entfallen nen, die nach eigenen Angaben nie- 9,3 Milliarden DM auf Krankheitskos- mals geraucht hatten, wurde unter- ten, 8,2 Milliarden auf den Ausfall an sucht, ob ein Zusammenhang zwischen Arbeitskraft durch verlorene Lebensjah- deren Atemwegssymptomen, dem re und weitere 16,4 Milliarden auf den Aufsuchen eines Arztes wegen dieser Ausfall durch Arbeits- und Erwerbsun- Symptome und dem Passivrauchen am fähigkeit. Die Wissenschaftler schätzen Arbeitsplatz besteht. Etwa 80 Prozent die wirklichen Kosten, die das Rauchen der männlichen wie auch der weibli- verursacht, als erheblich höher ein, da chen Untersuchungsteilnehmer gaben in ihrer Schadensrechnung die Produk- an, dass an ihrem Arbeitsplatz ge- tivitätsverluste bei unbezahlter Arbeit raucht werde. Durch das unfreiwillige wie der Hausarbeit oder der Betreuung Mitrauchen am Arbeitsplatz wurde das Angehöriger nicht berücksichtigt sind. Risiko bei den Männern, an Hals- Die zweite Gruppe von den Universitä- schmerzen, Husten und Auswurf zu ten Hamburg und Graz ist der Frage leiden, mehr als verdoppelt. Bei den nachgegangen, wie Tabakrauch die Frauen stieg das Risiko etwa um das Blutgefäße schädigt. Sie stellten fest, 1,5-fache an. Passivrauchen am Ar- dass der Rauch in den Gefäßwänden beitsplatz führte ebenfalls zu einer die Fehlsteuerung eines wichtigen Zunahme der Arztbesuche wegen der Schaltelements, des Enzyms NO-Syn- Atemwegsbeschwerden um das 1,5- thase, bewirkt. Normalerweise produ- fache. ziert dieses Enzym Stickstoffmonoxid, Mitteilungen des ÄARG, 17/00 das die Gefäße erweitert und Ver- schlüsse verhindert. Unter Einwirkung Nichtraucher-Hotel Stutz von Tabakrauch stellt sich das Enzym mit Blick aufs Matterhorn auf die Produktion von aggressiven CH-3925 Grächen Substanzen, so genannten freien Radi- Tel. 0041/279563-657 (Fax -658)
SUCHTDATEN Seite 13 Nikotinsucht steht an erster Stelle Die Deutsche Hauptstelle gegen die fälle, durch Krankheitskosten und den Suchtgefahren (DHS) veröffentlicht in dadurch bewirkten Resourcenverlust, ihrem Jahrbuch Sucht Daten zu den also durch den Verlust an volkswirt- häufigsten Suchtmitteln. In der Ausga- schaftlichen Werten, die durch Krank- be 2001 (mit Daten für 1999) stellt sie heit und Tod nicht geschaffen werden dar, dass in Deutschland jährlich mehr konnten. als 150.000 Menschen Opfer ihrer Sucht würden: Etwa 111.000 Raucher Die Dortmunder Psychologin Franke stürben an den Folgen ihres Tabak- veröffentlichte im Jahrbuch eigene konsums, 42.000 Trinker stürben an Forschungen über die unterschiedliche den Folgen des Alkoholkonsums. 1999 Herkunft alkohol- und tablettenabhän- seien zudem 1.812 Rauschgifttote re- giger Frauen und stellte fest, dass Trin- gistriert worden. kerinnen statistisch eher gut gestellte Personen mit hohem Bildungsniveau Von den über 20 Millionen Rauchern sind, während Tablettensüchtige eher stuft die DHS 6,8 Millionen als süchtig niedrige Bildung haben und häufig an ein. Rund 2,7 Millionen Menschen kon- Depressionen leiden. Beiden Gruppen sumierten missbräuchlich Alkohol (also gemeinsam sei eine überdurchschnittli- über das verträgliche Maß hinaus), che Einsamkeit, woraus Franke die weitere 1,6 Millionen seien alkoholab- Feststellung ableitet, ein Leben in Part- hängig. Die Zahl der von illegalen Dro- nerschaft wirke im Blick auf Suchtge- gen abhängigen Konsumenten wird auf fahren präventiv. FAZ, 20.12.00 100.000 bis 150.000 geschätzt. In der Gruppe der Alkoholtrinker dominierten Sozialmediziner der Universität Männer mittleren Alters. Jeder Zweite Greifswald haben errechnet, dass ein von ihnen habe alkoholbezogene Prob- Viertel aller Todesfälle im Alter leme und trinke so viel, dass es zu von 35 bis 64 Jahren auf das gesundheitlichen Risiken komme, sich Tabakrauchen zurückzuführen sind. soziale Schwierigkeiten ergäben und sich über die Gefährdung schließlich eine Abhängigkeit entwickle. Der Berliner Gesundheitsforscher Berg- Urlaub in Schönberg mann, der am Robert-Koch-Institut die im Bayerischen Wald gesellschaftlichen Folgen der Sucht Nähe Grafenau untersucht und einige Ergebnisse für das Jahrbuch Sucht 2001 zusammen- Nichtraucher-Appartement, 48 qm fasste, gab die volkswirtschaftlichen gehobene Ausstattung Kosten allein der Alkoholsucht mit ins- für 2 Personen gesamt 40 Milliarden Mark je Jahr an. DM 40,00 pro Tag + Kurtaxe Davon würden 23 Milliarden Mark ver- Tel. (0 85 54) 94 14 14 sursacht durch die vorzeitigen Todes-
Seite 14 STATISTIK Ex-Raucher um die Hälfte häufiger krank als Nie-Raucher Bei den Veröffentlichungen von Daten der Nichtraucher befanden sich auch über das Rauchverhalten unterschied die früheren Raucher. Die NID bat des- das Statistische Bundesamt nur zwi- halb das Statistische Bundesamt um schen Rauchern und Nichtrauchern. So eine getrennte Auswertung der Daten. war es nicht verwunderlich, dass ab der Und siehe da, es bestätigte sich, was Altersgruppe der über 55-Jährigen die bisher nur vermutet wurde. Die Ex- Raucher weniger krank schienen als Raucher sind um die Hälfte häufiger die Nichtraucher. Denn in der Gruppe krank als die Nie-Raucher. . Kranke Nie-Raucher und Ex-Raucher nach Altersgruppen in Prozent 35 30,2 30 25 25,1 25 20,4 20 18,8 18,7 16,9 15,9 15,5 15 13,3 12,1 11,4 10,2 10,4 10 9,4 8,9 7,3 7,7 7,7 7,1 7,1 5,5 5,9 4,9 5,3 5 3,9 0 20 - 24 25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 55 - 59 60 - 64 65 - 69 70 - 74 ab 75 insges. Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 1999, zusätzlich Nie-Raucher Ex-Raucher Berechnungen der NID Raucher sind „gesünder“ als Ex-Raucher Nimmt man die Raucher noch hinzu, angeschlagenen Menschen rauchen zeigt sich, dass die gegenwärtigen von vornherein nicht. Alle anderen Raucher weniger häufig krank sind als bleiben entweder Nichtraucher oder die Ex-Raucher. Fachleute sprechen in geben häufig erst dann das Rauchen diesem Zusammenhang vom so ge- auf, wenn sie krank geworden sind. nannten „Healthy Smoker“, d.h. vom Dann kann es allerdings für eine Ge- gesunden Raucher. Die gesundheitlich sundung zu spät sein.
STATISTIK Seite 15 Kranke Raucher, Ex-Raucher und Nie-Raucher nach Altersgruppen Prozent 20 18,8 16,9 14,9 15 14,7 13,3 12,1 11,3 11,4 10,2 10 9,3 9,4 8,9 8,7 7,7 7,7 7,4 7,3 7,4 7,1 7,1 7,1 6,6 5,9 5,5 5,3 4,9 5 3,9 0 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, zusätzliche Raucher Ex-Raucher Nie-Raucher Berechnungen der NID Raucher sind im erwerbsfähigen Alter um rund 30 Prozent häufiger krank als Nichtraucher Dies zeigt die Grafik auf der folgenden Nichtraucher unter den Mitarbeitern Seite. In praktisch allen Altersgruppen erhöhen, z.B. durch einen wirksamen sind die Raucher um über 30 Prozent Nichtraucherschutz, Prämien, Unter- häufiger krank als die Nichtraucher. Bei stützung der Entwöhnung, Einstellung den 20- bis 64-jährigen Rauchern be- von Nichtrauchern usw. trägt der Krankenstand im Durchschnitt 9,1 Prozent, bei den gleichaltrigen Aus den absoluten Zahlen geht hervor, Nichtrauchern 7,5 Prozent. Nimmt man dass der Anteil der Raucher in der nur die Altersgruppen der 20- bis 55- Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen Jährigen, dann sinkt der Krankenstand ihren Höhepunkt erreicht und dann bei den Rauchern im Durchschnitt auf rapide sinkt (von 2,35 Millionen auf 8,1 Prozent und bei den Nichtrauchern 908.000 bei den 60- bis 64-Jährigen). auf 5,9 Prozent. Die Differenz von 2,2 Dagegen nimmt die Zahl der Nie- Prozentpunkten besagt, dass die Rau- Raucher zu und erreicht bei den 60- bis cher um 37 Prozent häufiger krank sind 64-Jährigen einen gewissen Höhepunkt als die Nichtraucher. Wer als Unter- (3,165 Millionen). Dies ist ein deutlicher nehmer über hohe Lohnfortzahlungen Hinweis darauf, dass der Anteil der im Krankheitsfall klagt, sollte durch Nie-Raucher in früheren Jahren, erheb- geeignete Maßnahmen den Anteil der lich höher war als heute.
Seite 16 STATISTIK Krankheitshäufigkeit bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern nach Altersgruppen (Nichtraucher = 100) 200 182,1 150 139,6 147,5 134,7 134,5 130,9 128,9 127,0 123,1 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100 50 0 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, zusätzliche Nichtraucher Raucher Berechnungen der NID Interessant ist, dass der Anteil der Kranke Raucher weiblichen kranken Nie-Raucher erheb- männlich 9,4 % lich über dem der männlichen liegt. Anders ist die geschlechtsspezifische weiblich 9,9 % Situation bei den früheren Rauchern. gesamt 9.6 % Welche Gründe dies hat, lässt sich nur vermuten. Es sind wohl mehrere Fakto- Kranke Ex-Raucher männlich 16,2 % Kranke Nie-Raucher weiblich 14,3 % männlich 8,3 % gesamt 15,5 % weiblich 11,6 % gesamt 10,4 % ren, die hier eine Rolle spielen. Zum Wandern nach Bodenmais „Die Perle des Bayerischen Waldes“ 7 Tage Doppelzimmer-Pauschale ab DM 250,- pro Person Nichtraucher Gästehaus Iris Tel. (0 99 24) 18 43 - Fax (0 99 24) 73 75
MEDIEN Seite 17 Deutsches Ärzteblatt lässt Tabaklobbyisten zu Wort kommen „WHO-Aktion gegen Tabak. Mit Tricks schont. zum Ziel oder: Wie man Zustimmung organisiert.“ lautete die Überschrift zu Nicht gerade für Seriosität spricht, dass einem Artikel, in dem der Verfasser, unter der W+D-Internet-Adresse wiss- Hans-Joachim Maes, über die Bemü- dok.de zwar jeder Surfer Zugang zu hungen der WHO, ein Rahmenabkom- Daten über die beiden Bücher (Punkt 7 men zur Kontrolle des Tabakkonsums und 8) erhält, nicht jedoch zu den auf zu Stande zu bringen, herfährt wie ein dem Bildschirm mit blauer Schrift an- Geisterfahrer auf der Autobahn. Die gebotenen Informationen. So bleibt ein NID hat daraufhin die Redaktion des Klick auf die anderen Punkte völlig Deutschen Ärzteblattes über den Ver- wirkungslos: „1. Was ist W+D?“ - 2. fasser informiert: Wie erreicht man W+D? - 3. Unsere Philosophie - 4. Unsere Dienstleistun- Hans-Joachim Maes ist dafür bekannt, gen - 5. Unsere Techniken - 6. Was ist dass er Vorgänge völlig einseitig dar- W+D Nachsicht?“. Eine Fehlermeldung stellt, Dass er sich jetzt die WHO vor- erscheint, wenn man auf das Angebot genommen hat und deren Vorhaben „9. Kaufen“ klickt. eines internationalen Rahmenabkom- mens zum Rauchen durch Darstellung Da die Einnahmen aus einem Verkauf von Randproblemen torpediert, kommt des Buches „Passivrauchen“ - realis- nur für diejenigen überraschend, die tisch gesehen - nie die Ausgaben de- ihn noch nicht von seiner W+D- cken, stellt sich die Frage nach dem Funktion her kennen. Auftraggeber der Passivrauch-Doku- mentation. Es liegt nahe, ihn bei der „W+D Wissenschaft + Dokumentation“ Tabakindustrie zu suchen. Denn in bezeichnet sich als eine „Beratungs- deren Dokumenten ist zu lesen (1988): und Entwicklungsgesellschaft mbH“ mit „(Die weltweite Strategie von Philip Maes als Geschäftsführer. Laut deren Morris besteht darin), so viele Wissen- eigener Homepage vom 13. Dezember schaftler auf internationaler Ebene zu 2000 (wissdok.de) gibt W+D zwei Bü- koordinieren und zu bezahlen, wie cher heraus: den „Arzneiverordnungs- nötig sind, um eine Auseinanderset- Report“ und „Passivrauchen“. Beide zung über die Gesundheitsschädlich- zeichnen sich durch einseitigste Kritik keit des Passivrauchens am Leben zu aus. Beim Passivrauchen zum Beispiel erhalten. nimmt Maes alle Studien aufs Korn, die zu einer Bestätigung der Hypothese Chefredakteur und Maes „Passivrauchen ist gesundheitsschäd- unter einer Decke? lich“ führen. Dagegen bleiben nahezu alle Studien, die als Resultat hatten, Chefredakteur Norbert Jachertz rea- Passivrauchen sei nicht gesundheits- gierte erst eineinhalb Monate später schädlich, von jeglicher Kritik ver- Fortsetzung nächste Seite
Seite18 MEDIEN auf eine Erinnerung der NID hin: Was der Chefredakteur nicht gesagt hat, ist, dass wesentliche Teile der „Herr Maes hat in der Tat Stellung ge- WHO-Stellungnahme nicht veröffent- nommen, sowohl was die behaupteten licht wurden. Doch nicht nur deshalb Verbindungen zur Tabakindustrie an- hakte NID-Vizepräsident Ernst-Günther geht als auch zur Sache. Die Stellung- Krause am 5. März noch einmal nach: nahme ist aus unserer Sicht voll befrie- digend. Es handelt sich um einen re- „... Eigentlich müssten Sie sich ja vor- daktionsinternen Vorgang.“ stellen können, dass ich nicht zufrieden damit sein kann, dass die Stellungnah- Daraufhin wandte sich die NID an Prof. me von Herrn Maes Sie zufrieden ge- Jörg-Dietrich Hoppe, den Präsidenten stellt hat. In Ihrem Schreiben vom 30. der Bundesärztekammer, die neben Januar formulierten Sie noch ‚aus un- der Kassenärztlichen Vereinigung Her- serer Sicht voll befriedigend’. Haben ausgeber des Deutschen Ärzteblattes Sie Herrn Maes denn schon gefragt, ob ist. Die NID schrieb u.a., dass die er damit einverstanden wäre, wenn Sie Handlungsweise des Chefredakteurs, uns seine Stellungnahme zukommen die Stellungnahme von H.-J. Maes ließen? Eine Weigerung würde aller- nicht zu veröffentlichen, kein Beispiel dings nicht gerade Seriosität belegen. für verantwortungsvollen Journalismus Zu Ihrer Information: Herr Maes hat sei, sondern die Vermutung zulasse, schon andere Personen aufs Kreuz dass sowohl Maes als auch Jachertz gelegt. Vielleicht wäre der Sache ja Interessen verfolgen, die mit der schon geholfen, wenn Sie sich dazu grundsätzlichen Intention sowohl des entschließen könnten zu versichern, Deutschen Ärzteblattes als auch der dass Sie Herrn Maes auf Grund dieses Bundesärztekammer nichts gemein Vorfalls keine Gelegenheit mehr geben hätten. Dem Wunsch des Präsidenten würden, für das Deutsche Ärzteblatt folgend nahm Chefredakteur Jachertz Artikel zum Themenbereich Rauchen „gern“ zum NID-Brief Stellung: zu verfassen.“ „Ich hatte Ihnen in der Tat mitgeteilt, Kommentar: Ein Chefredakteur einer dass ich Herrn Maes einmal mehr um ärztlichen Zeitschrift, der Artikel zu- eine Stellungnahme zu dessen Verbin- lässt, in denen Organisationen oder dungen zur Zigarettenindustrie bitten Personen angegriffen werden, ohne werde. ... Die Stellungnahme stellt mich dass diese vorher Gelegenheit be- zufrieden. Mehr war dazu von mir aus kommen hatten, Stellung zu beziehen, nicht zu tun, und dieses habe ich Ihnen versteht entweder sein Handwerk nicht, mitgeteilt. Ich glaube nicht, dass ich ist überfordert oder muss sich in der darüber hinaus den Brief von Herrn Tat Unseriosität vorhalten lassen. Dies Maes Ihnen zur Kenntnis geben kann gilt erst recht dann, wenn es um Infor- und darf. Die Kritik der WHO am Artikel mationen geht, die Leben oder Tod für von Herrn Maes haben wir übrigens eine Vielzahl von Menschen bedeuten veröffentlicht (Heft 5/2001).“ können. EGK
RECHT Seite 19 Abstimmung über Rauchverbot darf nicht verweigert werden Weigert sich der Leiter einer Woh- Zuvor war der Nichtraucher in zwei nungseigentümerversammlung, über Instanzen gescheitert. Bei der Ver- den Antrag auf ein Rauchverbot wäh- handlung vor dem Amtsgericht Köln rend der Versammlung abstimmen zu hatten der Versammlungsleiter und lassen, und verlässt daraufhin der Ei- zwei erschienene Wohnungseigentü- gentümer aus Gesundheitsgründen die mer behauptet, es sei über den Antrag Versammlung, so ist dieser Vorgang abgestimmt worden, ob in der Ver- einem rechtswidrigen Ausschluss des sammlung geraucht werden dürfe oder Wohnungseigentümers aus der Ver- nicht. Dabei hätten alle Anwesenden sammlung gleichzusetzen. Dies ent- mit Ausnahme des Antragstellers ge- schied das Oberlandesgericht (OLG) gen den Antrag gestimmt. Im Ver- Köln am 16.8.2000 unter Aktenzeichen sammlungsprotokoll war davon jedoch 16 Wx 87/00. nichts zu lesen. Der Amtsrichter be- gründete seine Entscheidung damit, Soweit ein Wohnungseigentümer bean- dass die Abwesenheit des Antragstel- tragt, ein Rauchverbot zu erlassen, lers auf das Abstimmungsverhalten handelt es sich um einen Geschäfts- bzw. das Abstimmungsergebnis keine ordnungsantrag, der ohne Ankündi- Auswirkungen gehabt hätte (Aktenzei- gung in der Tagesordnung zulässig und chen 202 II 175/95). über den vor den Sachanträgen per Mehrheitsbeschluss abzustimmen ist. In zweiter Instanz lehnte das Landge- Weigert sich der Versammlungsleiter, richt Köln unter Aktenzeichen 29 T eine Abstimmung herbeizuführen, lei- 137/96 die Klage ab mit der Begrün- den die im weiteren Verlauf getroffenen dung, der nichtrauchende Wohnungs- Beschlüsse unter einem formellen eigentümer hätte keinen Anspruch auf Mangel, denn „das Abschneiden des Erlass eines Rauchverbots gehabt. Rechts eines Wohnungseigentümers, Daher sei die Beschlussfassung inhalt- Anträge zum Ablauf einer Versamm- lich nicht zu beanstanden. lung zu stellen, durch die ein Passiv- rauchen unterbunden werden kann, Um die Frage, ob ein Anspruch auf ein das nach heute herrschender wissen- Rauchverbot bestehe, gehe es jedoch schaftlicher Überzeugung in geschlos- zunächst nicht, sondern darum, ob der senen Räumen als gesundheitsgefähr- Versammlungsleiter über das beantrag- dend eingestuft wird, konnte ihm be- te Rauchverbot hätte abstimmen las- gründeten Anlass für ein Verlassen des sen müssen, meinte nun das OLG Köln Versammlungsraums geben und kam in letzter Instanz. Es bleibt also weiter- daher in seinen Auswirkungen einem hin offen, ob Nichtraucher einen An- rechtswidrigen Ausschluss von der spruch auf rauchfreie Eigentümerver- Versammlung gleich.“ sammlungen haben.
Seite 20 AUSLAND Europäische Union Schweden Werbeverbote für Alkohol Sozialminister will zulässig rauchfreie Restaurants Der Europäische Gerichtshof entschied Lars Engqvist, schwedischer Sozialmi- am 8. März 2001 unter Aktenzeichen nister, will im Herbst ein Gesetz auf C-405/98), dass Werbeverbote für Al- den Weg bringen, das ein generelles kohol im Interesse des Gesundheits- Rauchverbot in Restaurants vorsieht - schutzes zulässig sind. In Schweden mit einer Ausnahme: In einem separa- darf nämlich seit 1979 im Fernsehen ten Raum darf geraucht, aber nicht nicht mehr für alkoholische Getränke getrunken werden. Eine Art „Raucher- geworben werden. Nach Ansicht der salon“ wie Anfang des letzten Jahrhun- Richter sind solche Beschränkungen derts. Der Vorschlag hat gute Aussich- möglich. Voraussetzung ist aber, dass ten, im Parlament eine Mehrheit zu nicht gezielt Produkte aus anderen EU- finden, denn Schweden hat den ge- Ländern benachteiligt werden und dass ringsten Raucheranteil in der EU: nur die gesundheitspolitischen Ziele nicht etwa 20 Prozent „Nikotinsklaven“. Mar- mit milderen Mitteln zu erreichen sind. gareta Persson vom Institut für Volks- FAZ, 14.3.01 gesundheit, das vor eineinhalb Jahren die Initiative für rauchfreie Restaurants Kommentar: Damit bestätigen die ergriffen hatte, meinte zu den negati- Richter den Vorrang der Gesundheit ven Reaktionen des Gaststättenver- vor wirtschaftlichen Interessen. Wenn bandes: „Auch gegen das Rauchverbot jedoch schon die Werbung für Alkohol, am Arbeitsplatz gab es anfangs Wider- der in geringeren Mengen für gesunde stand. Inzwischen wird das allgemein Menschen nicht schädlich ist, verboten akzeptiert.“ werden kann, dann erst recht die Wer- Süddeutsche Zeitung, 23.3.01 bung für Tabakprodukte. Letztere ha- ben nicht einmal Kalorien zu bieten (ein Spanien Gramm Alkohol hat immerhin 4,1 kcal Andalusien will Geld bzw. ca. 17 kJ), sondern zehren bei bestimmungsgemäßen Gebrauch an von der Tabakindustrie der Substanz. Deutsche Politiker, die Die Regierung der südspanischen Re- angesichts dieser Faktenlage untätig gion Andalusien will die Tabakkonzerne bleiben oder gar ein Tabakwerbeverbot an den Kosten des öffentlichen Ge- bekämpfen, handeln wider besseres sundheitswesens beteiligen. Sollten Wissen und verstoßen gegen ihre pro- sich die Unternehmen weigern, werde pagierten Werte, die ohne Ausnahme er sie verklagen, kündigte der andalu- dem Schutz von Kindern und Jugendli- sische Ministerpräsident Manuel Cha- chen besondere Bedeutung beimes- ves an. Die Behandlung der durch das sen. Sie machen sich zudem mitschul- Rauchen verursachten Krankheiten dig an Krankheit, Siechtum und vorzei- koste seine Region umgerechnet 265 tigem Tod von Millionen Menschen. Millionen DM. EGK Süddeutsche Zeitung, 24.3.01
AUSLAND Seite 21 Schwedische retten gelten sollen. Allerdings sind Briefmarke mit lange Übergangsfristen, zum Teil bis dem Text: 2007, vorgesehen. Süddeutsche Zeitung, 16.12.00 Oben: Stiftung Eine Belgien: rauchfreie Keine Zigaretten aus Generation Schokolade mehr Unten: Gesundheitsministerin Magda Aelvoet Spendenkonto will die Süßigkeiten in Form von Ziga- retten aus dem Verkehr ziehen, weil sie Europäische Union Kinder später dazu verleiten könnten, mit dem Rauchen anzufangen. Belgi- EU-Parlament und schen Medienberichten zufolge strebt Ministerrat uneins über die Ministerin zunächst an, dass die Tabak-Richtlinie Hersteller freiwillig auf die Produktion Die geplante neue Richtlinie zur Her- verzichten. Geschehe dies nicht, sei stellung und Verpackung von Tabakwa- auch ein Verbot möglich. FAZ, 1.11.00 ren ist im EU-Vermittlungausschuss. Das EU-Parlament hatte in zweiter Schweiz Lesung doch noch wesentliche Korrek- Entwöhnungshilfe turen an der Vorlage des EU-Minister- rates angebracht. Die Richtlinie „Her- über Handy stellung, Aufmachung und Verkauf von Mit Kurzmitteilungen (SMS) über das Tabakerzeugnissen“ regelt die Höchst- Handy wollen Schweizer Gesundheits- grenzen für Teer (10 Milligramm) und experten entwöhnungswillige Raucher Nikotin (1 Milligramm) in Tabakwaren vom Glimmstängel ablenken. Das Prä- und schreibt größere Warnhinweise auf ventionsprogramm EMOX entstammt den Verpackungen vor. Hier gibt es einer Idee der Berner Stiftung für Ge- keine wesentlichen Differenzen zwi- sundheitsförderung und Suchtfragen schen Ministerrat und Abgeordneten. und der Swisscom mobile. Verspürt der Allerdings will das Parlament Begriffe „Ex-Raucher“ den Drang nach einer wie „light“ oder „mild“ wieder zulassen, Zigarette, schickt er einfach eine SMS- wenn sie traditioneller Bestandteil des Kurznachricht von seinem Handy an Markennamens sind. Die Minister wol- die Nummer 258. Nur kurze Zeit später len solche Bezeichnungen generell erhält er eine Frage oder eine witzige untersagen. Härter als die Minister Bemerkung als SMS zurückgeschickt, wiederum will das Parlament beim die bei der Swisscom per Zufallsgene- Verbot von Zusatzstoffen vorgehen. rator aus 60 möglichen Antwort-SMS Ammoniak soll ganz verbannt werden, ausgewählt wird. Diese sollen den Be- weil es die Sucht fördern soll. Beide nutzer zum Nachdenken anregen und Beteiligte sind sich einig, dass die den Griff zu Zigarette verhindern. schärferen Regeln auch für Exportziga- www.heise.de/newsticker/data/...
Seite 22 IRONIE Die Pinkelzone im Schwimmbad Ich hatte mich mit meiner Familie neu- eben in einer mehr oder weniger dichten lich dazu entschlossen - auch um das Urinbrühe. schöne Wetter noch ein wenig auszu- Teile dieser Urinbrühe vermischten sich nutzen-, ein Schwimmbad aufzusuchen. mit dem sauberen Wasser im Nichtpink- Wir packten unseren Picknickkorb und ler-Bereich. Einige Nichtpinkler schüttel- los ging's. ten darüber den Kopf, schwammen aber Aaaah, das tat gut, im kühlen Wasser weiter ihre Runden. Andere Nichtpinkler die ersten paar Runden zu schwimmen. gingen wie ich zum Bademeister. Herrlich, dabei die Sonne auf der Haut Wieder andere waren schon dabei, die zu spüren. Bald aber machte mich mei- Sache wissenschaftlich anzugehen und ne Tochter darauf aufmerksam, dass hin hielten irgendwelche Messsonden in und wieder einige Leute, Männer und das Wasser der Pinkler-Ecke und in den Frauen, ins Wasser pinkelten. Ich ach- Nichtpinkler-Bereich. Sie runzelten ob tete einmal darauf, und es stimmte tat- der gefundenen Messergebnisse sor- sächlich. Ich konnte das kaum glauben. genvoll die Stirn. Man hörte so einige Dieses herrliche Wasser zu versauen - Wortfetzen wie "Bakterienverseuchung", das durfte doch wohl nicht wahr sein! "Urinkontamination", "bedenklich", Ich also raus aus dem Wasser und zum "Zwangsbepinkelung", "drohende Haut- Bademeister, ihm alles geschildert und - ausschläge" usw. wie reagierte er? Er sagte: "Ja, ja. Wir Wieder andere formierten sich langsam wissen leider, dass es immer wieder zu Gruppen. Eine dieser Gruppen hatte Pinkler gibt, die außerhalb der Pinkel- schon ein Transparent gemalt. Auf die- Zone ins Wasser pinkeln." Wie bitte? sem stand: "Wir wollen kein verpinkeltes Hatte ich richtig gehört? Pinkel-Zone? Wasser. Wir wollen in sauberem Was- Und tatsächlich: hinten in der letzten ser schwimmen. Unsere Kinder sollen Ecke des Beckens war eine kleine Zone nicht bakteriell verseucht werden." abgegrenzt und mit einem Schild verse- hen: "Pinkel-Zone. Ab hier bitte nur Ich stellte mich mit meiner Familie zu Pinkler." dieser Gruppe und wir diskutierten an- geregt. Es kristallisierte sich im Laufe Ich ging etwas näher, um mir die Sache der Unterhaltung heraus, dass wir alle genauer zu betrachten. Und da waren eigentlich nur eines wollen: in sauberem sie: dichtgedrängt hingen sie am Rand Wasser schwimmen. Und da sich urin- des Beckens und unterhielten sich. freies und urinhaltiges Wasser in einem Manchmal sah man, wie ein Pinkler Becken leider nicht getrennt halten las- genüsslich einen Strahl ins Wasser ab- sen, forderten wir eines: Absolutes Pin- ließ. Die anderen Pinkler wollten von kelverbot im gesamten Becken. Keine diesem Strahl natürlich nicht berührt Pinkelzonen mehr für Pinkler! werden, aber weil die Ecke halt so klein war, vermischte sich der Urin mit dem Was Pinkeln mit Rauchen zu tun hat? Wasser und alle Pinkler schwammen Finden Sie es heraus! W.G.
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