Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg

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Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Ausgabe Nr. 12/2015 | Dezember | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825

adventisten                                                                  &
                                         Die Zeitschr if t der
                        S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n   heute

 O du
 Fröhliche!
 Seite 7

 Musik im
 Gottesdienst
 Seite 14

 Weiterbildungen
 2016
 Seite 21

                      Wertschätzen,
                   begleiten, fördern
                                                                                 ab Seite 8
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
N e u e          B ü c h e r           d e s   A d v e n t - Ve r l a g s          L ü n e b u r g

Nahrung für Geist und Seele
Eine solide Auslegung                                                           Jon Paulien
                                                                                Der letzte Kampf

D
                                                                                Offenbarung 12–14 erklärt
    ie Kapitel 12–14 der Offenbarung, des
                                                                                352 Seiten, Taschenbuch,
    letzten Buches der Bibel, sind für das                                      14 x 21 cm
Selbstverständnis der Siebenten-Tags-                                           23,80 Euro (für Leserkreis-
Adventisten grundlegend. Darin wird mit                                         mitglieder 19,80 Euro)
eindrücklichen Symbolen der letzte geist-                                       Art.-Nr. 1956
liche Kampf vor der Wiederkunft Christi
geschildert. Eine große endzeitliche Ver-
führung kommt auf uns zu; und nur wer
                                                                                           *
Offenbarung 12–14 versteht, wird dagegen
gewappnet sein. Mit diesem Buch bietet
der führende adventistische Experte der
Offenbarung, Jon Paulien, eine solide Aus-

                                                                                                              * Weitere Infos wie Inhaltsverzeichnis oder Leseproben sind auf www.advent-verlag.de abrufbar.
legung des Bibeltextes an, basierend auf
den Prinzipien, die er in seinem Buch Die
Offenbarung verstehen dargelegt hat.

Ein aktueller Befund

                                                                                                              Der QR-Code führt Smartphones direkt zur Internetseite des Buches.
D   ie Ausgabe 2015 von Glauben heute
    behandelt nur ein Thema: Die römisch-
katholische Kirche 50 Jahre nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil. Josef But-
scher (Pastor i. R. und Kenner der römisch-
katholischen Kirche) liefert eine kritische,             Glauben heute
sachlich verfasste Stellungnahme, in der er    (hgg. von Elí Diez-Prida)
                                                104 Seiten, 14 x 21 cm
offiziellen Verlautbarungen den biblischen       für Leserkreismitglieder
Befund gegenüberstellt. Es geht u. a. um                      kostenlos;
den Stellenwert der Bibel in der katholi-        regulärer Verkaufspreis
schen Theologie, die Messe, die Marien-                       7,80 Euro)
verehrung und die Rolle der katholischen                   Art.-Nr. 1957
Kirche in der Politik. Dieser Band ist eine
Hilfe zur persönlichen Orientierung und
eine biblisch fundierte Grundlage für das
                                                          *
Gespräch mit anderen Christen.

                                                                                Leserkreis-
Bestellmöglichkeiten                                                          Mitglied werden
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• E-Mail: bestellen@saatkorn-verlag.de                                       sofort nach Erscheinen
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Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
editor ial | i nhal t

                                      „Duales System“                                                                                                                                                         aktuell | Report
                            Rund 7,5 Millionen junge Europäer sind arbeitslos. In
                            Griechenland, Portugal, Italien und Frankreich be-                                                                                                                            4 STA-Kurznachrichten / Neue Gesichter im Advent-
                            trägt die Jugendarbeitslosigkeit bis zu 40 Prozent, in                                                                                                                           Verlag Lüneburg
                            Deutschland sind es unter zehn Prozent. Der Grund                                                                                                                             5 Report: Nachwählen, nachsitzen, nachdenken
                            für diesen Unterschied ist nicht allein die wirtschaft-                                                                                                                          (EUD-Herbstsitzung in Bukarest)
                            liche Gesamtlage, denn die Arbeitslosenzahl der älte-
                            ren Erwachsenen ist auch in den Krisenländern Euro-                                                                                                                               Kolumne
                            pas deutlich geringer als bei der jungen Generation.
                            Das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) hat in                                                                                                                           7 O du Fröhliche! (Johann Gerhardt)
sieben europäischen Ländern untersucht, warum junge Menschen keine Arbeit
finden. Das Ergebnis: Dort, wo Jugendliche hauptsächlich in Schulen ausgebildet
wurden, statt von den Firmen, bei denen sie später tätig sein würden, blieb ihre                                                                                                                              Thema des Monats
Jobsuche häufig erfolglos. Die erworbenen Qualifikationen passten nicht zu den                                                                                                                                iCOR: Wertschätzen, begleiten,fördern
Anforderungen der Betriebe. Dort, wo die Ausbildung in den Betrieben stattfand
– ergänzt um eine Berufsschule –, fanden Arbeitssuchende und Jobanbieter viel                                                                                                                             8 Der Wert der Bildung (Roland Fischer)
häufiger und besser zueinander. Das „duale System“ ist der Schlüssel für einen                                                                                                                           10 L
                                                                                                                                                                                                             eiter gesucht! (Werner Dullinger)
erfolgreichen Berufseinstieg. (Nach Zeitungsmeldungen vom 22. Oktober 2015)                                                                                                                              12 Begleiten, beraten und ermutigen
   Dieser Befund überrascht mich nicht. Während der Ausbildungszeit lernen sich                                                                                                                              (Klaus-J. van Treeck)
Lehrling und Betrieb kennen, man kann miteinander Stärken und Schwächen
herausfinden und daran arbeiten. Die meist dreijährige Lehrzeit ist eine ausrei-                                                                                                                              Adventgemeinde aktuell
chende Wegstrecke des theoretischen und praktischen Lernens auf der einen und
der Förderung und Begleitung auf der anderen Seite. Daraus können wir manches                                                                                                                            14 Musik im Gottesdienst
für die Gemeinde lernen. So gibt es bei uns zahlreiche Weiterbildungsangebote für                                                                                                                        15 G’Camp 2016: Die Segel sind gesetzt / Viele Köche
die vielfältigen Aufgaben der Gemeinden (s. S. 21f.). Das ist gut und hilfreich.                                                                                                                             und ein Kochbuch / Besondere Sabbate und Gaben-
Damit das Gelernte die Gemeinden dauerhaft stärken kann, reicht es nicht, es                                                                                                                                 sammlungen 2016
einfach nur anzuwenden. Besser wäre es, wenn „Neulinge“ von erfahrenen Ge-                                                                                                                               16 Lesermeinungen
meindegliedern oder Pastoren begleitet und beraten würden (Mentoring, s. S. 12).
So ließe sich feststellen, ob Aufgabe und Person zueinander passen und welche
Veränderungen nötig wären, damit es funktioniert. Auch geistliche Gaben müssen                                                                                                                                Adventist World
durch ein „duales System“ angewendet werden, damit sie wirksam bleiben.                                                                                                                                  D i e i n t e r n a t i o n a l e Z e i t s c h r i f t f ü r S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n

   Das Thema dieses Monats beschließt die lockere Reihe zu den iCOR-Werten.
                                                                                                                                                                                                                                                                 D e ze m b e r 2 01 5

Den Auftakt bildete die Januarausgabe mit dem Wert Beziehungen bzw. Gemein-
schaft. Im Juni ging es um geistliches Wachstum, im August um Mission, im vor-
liegenden Heft um Befähigung. Es lohnt sich, alle Themen noch einmal zu lesen
und in den Gemeinden gemeinsam zu überlegen, wie die iCOR-Werte konkret vor
Ort gelebt werden können.                                                                                                                                                                                    Die         Josef-                                                                                             Die weltweite Zeit-
                                    Thomas Lobitz, Redakteur Adventisten heute                                                                                                                                                Akte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            schrift der Siebenten-
                                                         tl@adventisten-heute.de                                                                                                                              11   Gelbsucht
                                                                                                                                                                                                                     behandeln
                                                                                                                                                                                                                                                      14   Das Gericht
                                                                                                                                                                                                                                                            naht!
                                                                                                                                                                                                                                                                                              24   Ein Gigant
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 des adventistischen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Tags-­Adventisten
IMPRESSUM
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Bildungssystems

adventisten heute | ISSN 2190-0825
Herausgeber: Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (114. Jahrgang)
Verlag: Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent Verlag, Pulverweg 6,
21337 Lüneburg, E-Mail: info@advent-verlag.de,
                                                                                                                                                                                                              Freikirche aktuell
Internet: www.advent-verlag.de; www.facebook.com/adventverlag
Redaktion: Elí Diez-Prida (Chefredakteur, edp), Thomas Lobitz (tl),                                                                                                                                      17 Friede auf Erden!
Jessica Schultka (js), Nicole Spöhr (nsp), Daniel Wildemann (dw). Adresse:
                                                                                                                                                                                                         18 Flüchtlinge praktisch willkommen heißen
siehe Verlag; Tel. 04131 9835-521. E-Mail: info@adventisten-heute.de,
                                                                                                                                                                                                         20 Die Macht des Glaubens (EUD-Gesundheits­
                                                                               Ausgabe Nr. 12/2015 | Dezember | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825

Internet: www.adventisten-heute.de
                                                                              adventisten &
Formatanzeigen: oKae media, Martin Haase, Postfach 100403,                                                              Die Zeitschr if t der
                                                                                                       S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n   heute                                            kampagne)
51404 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 917075, Fax 02204 917072,
                                                                                                                                                                                                         21 Weiterbildungen 2016
E-Mail: advertising@okae.org Internet: www.okae.org
Kleinanzeigen: Ellen Koschizke, Tel. 04131 9835-0,                              O du
                                                                                                                                                                                                         23 Warum tust du, was du tust? (DVG-Gesundheits-
                                                                                                                                                                                                             kampagne)
                                                                                Fröhliche!
                                                                                                                                                                          © gpointstudio – Fotolia.com

Fax 04131 9835-500, E-Mail: anzeigen@adventisten-heute.de                       Seite 7

                                                                                Musik im

Bezug: Kostenlos bei Bezug über den Büchertisch der örtlichen
                                                                                Gottesdienst
                                                                                Seite 14

                                                                                Weiterbildungen                                                                                                          24 Guck mal! Das zweite Jahr ist da!
Adventgemeinde in Deutschland sowie online (zum Herunterladen,                  2016

                                                                                                                                                                                                         25 Projektinformation „Nimm Jesus“
                                                                                Seite 21

Speichern und Drucken) im Internet: www.adventisten-heute.de
Gestaltung: Ingo Engel, München                                                                                                                                                                          27 Notizbrett: Termine / Gebet für missionarische
Titelgestaltung: Sarah Popa, STIMME DER HOFFNUNG                                                     Wertschätzen,
                                                                                                  begleiten, fördern                                                                                         Anliegen / Nachrufe Lisbeth Hartlapp und Rein-
Produktion/Druck: Thiele & Schwarz GmbH, Kassel
Spendenkonto: Freikirche der STA, IBAN: DE14 6009 0100 0227 3850 04,
                                                                                                                                                             ab Seite 8
                                                                                                                                                                                                             hold Weyl
BIC: VOBADESSXXX, Verwendungszweck: Aheu-Finanzierung                        Ermutigung verleiht Flügel.                                                                                                 28 Anzeigen

                                                                                                                                                                                                                                                            adventisten heute | Dezember 2015 | 3
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
a ktu e l l Na c h r ic h t e n

       Kurznachrichten                                                 Neue Gesichter im Advent-Verlag
                                                                       ­Lüneburg
n Europäische Adventisten erarbeiten Me-
                                                                       Zwei Theologen und eine Journalistin verstärken das Redaktionsteam
dienstrategie
Vom 9. bis 11. November haben rund 70 Kom-
munikations-, Medien- und Evangelisationsver-
antwortliche aus den Ländern der Intereuropä-
ischen Division (EUD) an einer gemeinsamen
Strategie 2016 bis 2020 für alle Medienbereiche
gearbeitet, in denen die Kirche der Siebenten-
Tags-Adventisten tätig ist.
   Die Tagung EUD GAiN 2015 stand unter dem
Titel „Shaping Future“ (Die Zukunft gestalten),     © ThH-Friedensau
und fand im Medienzentrum der STIMME DER
HOFFNUNG in Alsbach-Hähnlein statt. GAiN ist

                                                                                                                                                           © edp
die Abkürzung für Global Adventist Internet
Network.                                                               Daniel Wildemann, Jessica Schultka und Nicole Spöhr (v.li.) werden die Arbeit des
   Die rund 60 Fernseh- und Radiomacher sowie                          Advent-Verlags mit ihren Ideen bereichern.
Internet-, Kommunikations- und Evangelisati-
onsverantwortlichen tauschten sich zuerst über                         Der Advent-Verlag hat Zuwachs bekommen und sich damit personell verjüngt:
realisierte und geplante Projekte aus. Anschlie-                          Jessica Schultka (30) kommt aus der Nähe von Uelzen und war in den letz-
ßend diskutierten sie Internetprojekte sowie                           ten vier Jahren in Leipzig als Pastorin angestellt. Besonders in der Kinder- und
aktuelle Trends und Entwicklungen der Inter-                           Jugendarbeit konnte sie ihre Kreativität und Offenheit für zeitgemäße und ju-
nettechnologie sowie im Bereich der sozialen                           gendgerechte Verkündigung unter Beweis stellen. In naher Zukunft wird sie die
Medien. An den folgenden zwei Tagen arbeiteten                         Verlagsleitung aus der Hand von Elí Diez-Prida übernehmen, der im August 2016
sie in acht Gruppen an einer Medienstrategie bis                       in Rente geht. Herausforderung und Ziel der neuen Aufgabe formuliert Jessica
ins Jahr 2020 für die Bereiche Fernsehen, Radio,                       wie folgt: „Ich möchte mithelfen, das Verlagsprogramm so zu gestalten, dass
soziale Medien, Print, IT, Web und Sicherheit.                         sich jede Altersgruppe gut vertreten fühlt und bei Fragen und Anliegen sowohl
Die Gruppenergebnisse wurden von einem Team                            Hilfestellung als auch Ermutigung und Wachstum im Glauben finden kann.“
gesammelt und sollen nach der redaktionellen                              Daniel Wildemann (37) ist in den Bezirken Pforzheim und Freiburg als Pas-
Bearbeitung den Teilnehmenden zugestellt wer-                          tor tätig gewesen. Ursprünglich kommt der Rheinländer aus dem Bereich der
den. Sie sollen im Frühjahr 2016 den Kirchenlei-                       Gestaltung (Werbetechniker und Comiczeichner) und fand überraschend den
tungen zur Beschlussfassung einer Medienstrate-                        Einstieg in die Theologie, die er in Bogenhofen, Friedensau und an der Andrews
gie bis 2020 vorgelegt worden. Diese wird auf der                      University (USA) studierte. Er ist mit Paola verheiratet und seit Oktober Vater
EUD-Kommunikation-Website publiziert werden:                           einer Tochter. Daniel bewegt besonders die Frage, wie sich die Werte aus der
http://gain.eud.adventist.org/ (APD/tl)                                Vergangenheit bewahren und ins 21. Jahrhundert übertragen lassen. Er ist als
                                                                       Nachfolger von Werner E. Lange für das Buchlektorat verantwortlich.
n Adventisten beten für Opferfamilien der                                 Nicole Spöhr (30) ist in Brüel (nahe Schwerin) aufgewachsen und hat die
Terroranschläge von Paris                                              letzten zehn Jahre in Erfurt gelebt. Ihre Begeisterung für die deutsche Sprache
Die Präsidenten der beiden europäischen Divi-                          führte sie nach dem Studium in die Online-Redaktion eines kleinen Zeitungs-
sionen der Siebenten-Tags-Adventisten, Mário                           verlags. Neben der lokalen Jugend- und Gemeindearbeit engagiert sich Nicole
Brito (EUD) und Rafaat Kamal (TED), sowie der                          bei der Jugendzeitschrift Youngsta. Sie freut sich darauf, Menschen durch Lite-
Präsident der Nordamerikanischen Division,                             ratur in der Auseinandersetzung mit dem Glauben an Gott zu begleiten.
Daniel Jackson, haben anlässlich der Jahressit-                           Bereits im April hatte Dorothee Schildt-Westphal, die schon früher einmal
zung der Transeuropäischen Division in Budva/                          im Saatkorn- und im Advent-Verlag (Hamburg wie Lüneburg) tätig war, die
Montenegro unmittelbar nach den Terroran-                              Nachfolge von Lydia Diez im Redaktionssekretariat angetreten.
schlägen in Paris den Opferfamilien kondoliert,                           Wir freuen uns sehr über „die Neuen“, denn sie ergänzen unser Team wun-
den Verletzten ihre Solidarität ausgedrückt und                        derbar. Sie werden mit ihren Hintergründen und Erfahrungen, Fähigkeiten und
zum Gebet für sie aufgerufen.                                          Vorstellungen unsere Arbeit bereichern. Nach und nach werden unsere Lese-
   „Unsere Gedanken sind bei den Menschen                              rinnen und Leser den frischen Wind zu spüren bekommen. Und wir werden
und Familien, die von der Tragödie in Paris,                           dank der Teamerweiterung mit Gottes Hilfe lang gehegte Pläne hoffentlich bald
betroffen sind und leiden“, sagte Ted Wilson,                          verwirklichen können.
Präsident der adventistischen Weltkirchenlei-                             Ein herzliches Dankeschön allen, die uns – die Alten und die Neuen – in ihre
tung. „Wir beten, dass Sicherheit und Frieden                          Fürbitte einbeziehen!
zurückkehren.“ (APD/tl)                                                                      Wolfgang Bartel (Geschäftsführer Saatkorn-Verlagsgruppe)
                                                                                                                   Elí Diez-Prida (Leiter Advent-Verlag)

4 | adventisten heute | Dezember 2015
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Re po r t

Nachwählen, nachsitzen,
nachdenken                                                          Die Herbstsitzung der EUD
                                                                    und der Heilige Geist

S
     eit einigen Jahren tagt der Exekutivausschuss       treter wiederum berichteten von großer
     der Intereuropäischen Division der Kirche der       Betroffenheit in ihren Ländern und äu-
     Siebenten-Tags-Adventisten (EUD), zu der die        ßerten den Wunsch, dass die Beschäfti-
Länder in Mittel- und Südwesteuropa gehören, an          gung mit dem Thema fortgesetzt wird.
wechselnden Orten. Diesmal war Rumänien Gastge-             Vertreter der Weltkirchenleitung
berland und so kamen am 28. Oktober etwa 60 Per-         gaben den Teilnehmern zu verstehen,
sonen aus elf Ländern (einschl. USA) in Bukarest         dass es sinnvoll ist, sich weiterhin
zusammen, um bis zum 3. November über die Ge-            mit dem Verständnis von Ordination
genwart und die Zukunft der Freikirche zu beraten.       zu befassen, den tätigen Frauen viel
                                                         Wertschätzung und Unterstützung zu
Nachlese zu San Antonio                                  geben, das Verständnis über die Geistli-
Weil es die erste Sitzung des Exekutivausschusses        chen Gaben zu vertiefen und Frauen zu
nach der Generalkonferenz-Vollversammlung (2.–           ermutigen, Theologie zu studieren. „Es
11.7.2015 ) in San Antonio (Texas, USA) war, gab         war ein langer Weg, aber wir sind im-

                                                                                                    © edp
es „Hausaufgaben“ zu erledigen, nämlich die Posi-        mer noch unterwegs“, lautete eine der
tionen für unbesetzt gebliebene Abteilungen nach-        Aussagen, die andeutet, dass es noch
zuwählen. Diese Dienste wurden wie folgt besetzt:        Gesprächsbedarf gibt.                                  EUD-Präsident Mário Brito
•   Familie und Predigtamt: Rainer Wanitschek, zu-                                                              (li.) und GK-Vizepräsident
letzt Präsident der Freikirche in Süddeutschland;        Ein besonderer Sabbat                                  Artur Stele (re.) mit
•   Koordination der Arbeit für Pastorenfrauen (She-     Zwischen den Geschäftssitzungen (Donnerstag–           zwei neu gewählten
pherdess Coordinator): Elvira Wanitschek;                Freitag) und der Gruppenarbeit am Strategiepapier      Abteilungsleitern der
•   Bildung und Erziehung sowie Seelsorge-Dienste        2015-2020 (Sonntag–Montag) erlebten die Anwe-          EUD: Marius Munteanu
(Chaplaincy Ministries): Marius Munteanu, zuletzt        senden einen Sabbat der besonderen Art: Am Frei-       (Erziehung und Bildung
Präsident der Kirche in Rumänien;                        tagabend in einer der ältesten Adventgemeinden         sowie Seelsorge-Dienste,
•   Haushalterschaft (eine neue Personalstelle in        Bukarests (Labirint), am Sabbatvormittag in der        2. v. li.) und Rainer
der EUD, die von der Generalkonferenz finanziert         Schulgemeinde des Theologischen Instituts in Cer-      Wanitschek (Familie und
wird): Ioan Câmpian;                                     nica.                                                  Predigtamt, 2. v. re.)
•   Verlagswesen und Buchevangelisation: Norbert            Die anschauliche Predigt von Lowell Cooper – seit
Zens (als Übergangsregelung, da er Schatzmeister         Juli 2015 Assistent des Präsidenten der Generalkon-
der EUD ist);                                            ferenz (zuvor einer der Vizepräsidenten der Welt-
•   Förderung der Literatur von E. G. White (Spirit of   kirchenleitung) – am Freitagabend wird vielen ge-
Prophecy Department): blieb noch unbesetzt;              nauso in Erinnerung bleiben wie die ausgesprochen
•   Koordinator für die Arbeit für ethnische Grup-       christozentrische Sabbatpredigt von Artur Stele,
pen: Barna Magyarosi (zusätzlich zu seiner derzei-       einem der Vizepräsidenten der Generalkonferenz.
tigen Aufgabe als Generalsekretär der EUD);                 Die musikalische Begabung der rumänischen Ad-
•   Leitung der EUD-Zweigstelle des Geoscience Re-       ventisten kam in beiden Gottesdiensten durch die
search Institute: Noemi Durán.                           Mitwirkung verschiedener Chöre in beeindrucken-
     Weil es das erste Ausschusstreffen nach San An-     der Weise zum Tragen. Sie sollte aber am Sabbat-
tonio war, äußerten viele Teilnehmer ihr Bedürfnis,      nachmittag noch übertroffen werden, und zwar bei
sich über das Thema Ordination bzw. Nicht-Ordina-        einem öffentlichen Konzert mit Chor und Orchester
tion von Pastorinnen auszutauschen. Eine Ausspra-        im Parlamentspalast (auch „Haus des Volkes“ ge-
che war zunächst nicht vorgesehen, fand dann aber        nannt), einem der größten Gebäude der Welt. Es
doch statt. Dabei wurde deutlich, dass die Ordina­       war eine fein abgestimmte Mischung aus Lob Gottes
tion von Pastorinnen für einige Länder (Unionen)         durch höchst qualitative Musik, einer Vorstellung
der EUD kein Thema ist – allein deswegen, weil es        der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Ru-
dort keine oder kaum Pastorinnen gibt. Andere Ver-       mänien und einem kurzen Einblick in das Anliegen

                                                                                              adventisten heute | Dezember 2015 | 5
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Re po r t

                                                                                       digen Themen sagte, bot viel Stoff zum Nachden-
                                                                                       ken und zu Pausengesprächen – für Aussprachen im
                                                                                       Plenum war leider keine Zeit vorgesehen.
                                                                                            Drei seiner Aussagen mögen als Kostprobe und
                                                                                       zugleich als Zusammenfassung für eine Jahressit-
                                                                                       zung dienen, in der unser Auftrag erfreulicherweise
                                                                                       im Mittelpunkt der Beratungen stand:
                                                                                       •   „Pfingsten: Die Gläubigen beteten nicht den Hei-

                                                                               © edp
                             1                                           2             ligen Geist herbei, dieser kam vielmehr zu einem
                                                                                       festgelegten Zeitpunkt als Erfüllung eines gött-
1  Die Andachten von    der Bewahrung und Förderung der Religionsfreiheit.             lichen Planes. Es gibt Dinge, für die wir arbeiten
Lowell Cooper waren        Während des Konzertes wurde auch der Opfer                  können; auf andere können wir nur warten. Wir
geistliche Höhepunkte   der Brandkatastrophe in einem Nachtclub gedacht,               können beispielsweise für den Lebensunterhalt
der EUD-Sitzung.        die sich ein paar Stunden zuvor, am Freitagabend,              arbeiten, aber auf den Frühling können wir nur
2 Ein Blick in den      ereignet hatte – kaum drei Kilometer vom Tagungs-              warten. Wir können die Teller abspülen, den Bo-
Sitzungsraum während    hotel entfernt.                                                den putzen, die Lichter ausmachen, aber auf den
der Gruppenarbeit.                                                                     Morgen müssen wir warten. Pfingsten war einzigar-
                        Zwei Tage intensiver Gruppenarbeit                             tig. Während wir nach vorn auf ein überwältigen-
                        Da bei dieser Sitzung die Berichte der Abteilungen             des Wirken des Heiligen Geistes am Ende der Zeit
                        im Telegrammstil gehalten wurden, standen zwei                 blicken, sollten wir unsere Erwartungen nicht auf
                        volle Tage (Sonntag bis Montag) für die Beratung               eine Wiederholung des damaligen Geschehens zu
                        über die Arbeit der EUD in den nächsten fünf Jah-              Pfingsten reduzieren.“
                        ren zur Verfügung.                                             •   „Seit Pfingsten steht der Geist allen Kindern
                           Es ging um die Anpassung des strategischen                  Gottes zur Verfügung. Jeder Gläubige kann die
                        Planes der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz)               Gabe des Geistes erleben, die früher einigen we-
                        „Reach the World“ (Die Welt erreichen) für die Jah-            nigen vorbehalten war. Alle Gläubigen sind somit
                        re 2015 bis 2020 auf die Bedürfnisse und Heraus-               befähigt, sich an der Mission Gottes zu beteiligen.
                        forderungen der elf Unionen/Verbände der EUD. In               Nicht ein einziger geht leer aus, was die Gnadenga-
                        Kleingruppenarbeit wurde um Formulierungen ge-                 ben betrifft, die wir benötigen, um als Christen zu
                        rungen, um das Papier verständlich und relevant                leben und zu dienen.“
                        für die Gemeinden zu gestalten.                                •   „Wem wurde der Missionsauftrag gegeben: Einzel-
                           Die Hauptpunkte der Originalfassung der Ge-                 nen? Gruppen? Organisationen? Von Anfang an, zu
                        neralkonferenz sind in der Oktober-Ausgabe von                 neutestamentlichen Zeiten, und aus unterschied-
                        Adventist World (S. 15) veröffentlicht worden: 21              lichen Gründen kontrollierte die institutionalisier-
                        Ziele zu den Kategorien „Gott suchen“, „Mit Gott               te Kirche immer stärker die Arbeitsweise und die
                        Gemeinde bauen“ und „Mit Gott Menschen errei-                  Ressourcen der Gemeinden. Es entwickelte sich
                        chen“ (Original: Reach up to God, Reach in with                ein unbehagliches Nebeneinander von institutio-
                        God, Reach out with God).                                      nalisierter Kirche und privaten Initiativen … Die
                           Trotz der intensiven Gruppenarbeit und der                  Kirche muss immer um ihre Selbstwahrnehmung
                        sorgfältigen parallelen Verarbeitung der Ergebnisse            als Institution oder als Bewegung ringen. Institu-
                        durch ein Redaktionsteam reichten die zwei Tage                tionen neigen dazu, ihre Rolle abzustecken, sie zu
                        nicht aus, eine Schlussfassung zu verabschieden.               schützen und zu bewahren. Bewegungen sind im-
                        Daher soll die Arbeit bei der Frühjahrssitzung (Ende           mer dynamisch und tragen die Gefahr in sich, zu
                        Mai 2016 in Freudenstadt) abgeschlossen werden.                zersplittern und den Schwerpunkt aus dem Blick
                                                                                       zu verlieren. Wie kann die Kirche beiden Aspekten
                        Vier besondere Andachten                                       gerecht werden, ohne schizophren oder ineffektiv
                        Als einen weiteren Höhepunkt dieser Tagung kann                zu werden? Eine Organisation sollte nicht kont-
                        man die vier Andachten von Lowell Cooper über das              rollieren, sondern koordinieren. Nicht Wettbewerb
                        Wesen und Wirken des Heiligen Geistes bezeichnen.              betreiben, sondern Zusammenarbeit fördern. Nicht
                        Sie verrieten einerseits, wie intensiv sich der ehe-           eine Maschinerie am Laufen halten, sondern die
                        malige Vizepräsident der Generalkonferenz mit die-             Mittel optimieren. Nicht Initiativen einschränken,
                        ser Thematik befasst hat, aber auch über welchen               sondern Prioritäten kommunizieren.“
                        Erfahrungsschatz er im Umgang mit Gemeindeglie-                                                       Elí Diez-Prida
                        dern und Gemeinden auf der ganzen Welt verfügt.
                        Was er deutlich formulierte (und in seinen Präsen-             Eine ungekürzte Fassung und weitere Bilder sind
                        tationen auch schriftlich untermauerte), und was               online abrufbar: www.adventisten-heute.de (Dezem-
                        er zwischen den Zeilen zu heiklen oder kritikwür-              ber-Ausgabe).

6 | adventisten heute | Dezember 2015
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Ko l u m n e

O du Fröhliche!
                                                         Warum die ständige
                                                         „Schwarzmalerei“ ungesund ist

W
          er heute halbwegs frohen Mutes durch das       am Vogel, am Schmetterling,
          Leben wandert, macht sich verdächtig. Er       an den knusprigen „Pommes“
          oder sie nehme das Leben nicht ernst ge-       dann und wann, wenn wir
nug, ignoriere die tiefen Probleme, sei oberfläch-       ihnen mit ernster Stimme er-
lich und naiv – so wird zuweilen unterstellt. Nein,      zählen, dass das alles ganz

                                                                                          © lassedesignen – Fotolia.com
wer das Leben ernst nimmt – und das als Christ –,        schlimm und verdorben ist?
hat nichts zu lachen, denn die Welt ist düster, das      Und dann wünschen wir ihnen
Ende ist nahe und der Teufel lauert überall.             einen schönen Tag und viel
    Neulich habe ich in einer Versammlung die Frage      Lebensmut. Oh du fröhliche!
gestellt, ob wir heute sicherer leben als vor vierzig       Ich habe mich entschlossen,
oder zwanzig Jahren, oder ob wir uns stärker be-         nicht als Miesepeter durch die
droht fühlen als damals. Die meisten fühlten sich        Welt zu laufen. Sie ist immer
stärker bedroht. Dann zählte ich einige Fakten auf:      noch Gottes Welt. Er hat sie gemacht und sie für                                Wie bewerten wir die
Das Ozonloch, vor dem wir uns fürchteten, weil die       sehr gut erklärt. Und er kümmert sich immer noch                                Tatsachen des Lebens?
ungefilterte Sonneneinstrahlung Hautkrebs verur-         um sie. Wenn Gott zu seiner Welt ja sagt, wenn er die
sachen würde, ist verschwunden. Der Wald ist nicht       ganze Welt mit sich versöhnt hat in Christus – und
gestorben – im Gegenteil: In Deutschland wächst          nicht nur die Christen (vgl. 2 Kor 5,18) –, kann und
die Waldfläche sogar. Vor zwanzig Jahren waren           darf ich dann griesgrämig, unversöhnt und unver-
die Flüsse Rhein und Elbe giftige Kloaken, heute         söhnlich durchs Leben laufen? Jesus hätte wahrlich
könnte man dort Lachse angeln, wenn es nicht             seine knappe Zeit auf Erden besser nutzen können,
verboten wäre. Es gibt Luchse im Harz, es streifen       als sich auf einer Hochzeit zu vergnügen (oder war
Wölfe durch den Wald (mittlerweile gibt es über 30       er etwa sauertöpfisch auf dem Fest?). Obendrein hat
Rudel in Deutschland). Außerdem leben wir immer          er die Fröhlichkeit noch mit seinem ersten Wunder
länger, die Älteren sind rüstiger, wir ernähren uns      belohnt (vielleicht sogar gesteigert?).
gesünder und wenn es sein muss, lassen wir uns              Zu Weihnachten werden wir singen „O du fröh­
durch die Medizin runderneuern und altbausanie-          liche, o du selige, gnadenbringende Weihnachts-
ren. Meine Mutter erhielt mit über neunzig Jahren        zeit, Welt ging verloren, Christ ist geboren, freue
eine künstliche Hüfte und war danach wieder fit.         dich, oh Christenheit“.
    Seltsam – dieses Gefühl der Bedrohung inmitten          Wie wäre es, wenn die negativen Nachrichten
einer Gesellschaft, die wir nie gegen die vor 100        uns nicht länger schreckten, sondern uns dazu
Jahren eintauschen würden und in der Freiheit und        führten, unsere „Häupter zu erheben, weil die Er-
Menschenrechte verwirklicht worden sind wie nie-         lösung naht“ (Lk 21,28)? Wie wäre es, wenn wir die
mals zuvor! Natürlich ist nicht alles gut. Natürlich     Aufforderung des Apostels Paulus aus dem Philip-
sind Menschen habgierig und unbarmherzig. Aber           perbrief ernst nähmen: „Freuet euch in dem Herrn
trifft das auf alle zu? Ist es vielleicht der Dauerbe-   allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure
schuss aus Negativ-Nachrichten des Fernsehens und        Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist
der Sozialen Netzwerke, der uns die Unbeschwertheit      nahe!“ (Phil 4,4.5)?
raubt? Kann man wirklich dauernd in den Abgrund             Es wäre wunderbar. Das Leben würde leichter
schauen, ohne selbst hinabgezogen zu werden?             werden und unser Zeugnis glaubwürdiger. Unsere
    Ich frage mich: Wie sollen unsere Kinder ein po-     Kinder würden weniger aggressiv oder depressiv
sitives Verhältnis zu sich selbst und zu ihrer Um-       sein. Es gäbe bei uns weniger Burnout, weniger Per-
welt gewinnen, wenn wir ihnen bereits im Krab-           fektionismus-Stress, weniger Angst, weniger Streit,                             Johann Gerhardt
belalter die Gefahren der Welt vor Augen malen,          mehr Mut, mehr Freude, mehr Kraft, mehr Glauben,                                ehemaliger Rektor der
ihnen sagen, dass der Baum, auf dem sie gerade           mehr Liebe, mehr Hoffnung, mehr Leben.                                          ThH-Friedensau, wo er
herumklettern, eines Tages leider tot sein wird?            Gott kam in Christus, und er kommt wieder.                                   weiterhin als Professor für
Wie sollen sie sich an der Blume erfreuen, am Bach,      „O du fröhliche Gnadenzeit“. ■                                                  Pastoraltheologie lehrt.

                                                                                                                          adventisten heute | Dezember 2015 | 7
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

Der Wert
der Bildung                                                 Eine lernende Gemeinde
                                                            hat Zukunft

                                                                                                         tut unserer Freikirche (RPI) und meldet sich an.
                                                                                                         Nach Abschluss ihrer vierjährigen Ausbildung sagt
                                                                                                         sie: „Das RPI kam für mich zum richtigen Zeit-
                                                                                                         punkt! Das hat mir gutgetan. Die Ausbildung hat
                                                                                                         mich gestärkt und neu motiviert. Ich bin immer
                                                                                                         noch Leiterin der Kindersabbatschule und das mit
                                                                                                         Freude.“1
                                                                                                            Thomas ist einer der wenigen Jugendlichen in
                                                                                                         seiner Gemeinde. Es werden dringend Leiter für das
                                                                                                         Bibelgespräch im Gottesdienst gesucht. Thomas
                                                                                                         antwortet auf die Anfrage: „Ich wäre bereit, das
                                                                                                         auszuprobieren. Allerdings brauche ich vorher eine
                                                                                                         entsprechende Anleitung.“ Wo finden Thomas und
                                                                                                         seine Gemeinde das passende Angebot?

                                                                                                         Bildung als Ausbildung
                                                                                                         Wer Arbeit erledigen und bestimmte Tätigkeiten
                                                                                                         ausführen soll oder will, braucht dazu (in aller Re-
                                                                                                         gel) eine entsprechende Ausbildung. Das ist eine
                                                                                                         Binsenweisheit. Unsere öffentlichen Bildungssyste-
                                                                                                         me sind darauf ausgerichtet, die für das Arbeitsle-
                                                                                                         ben notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen zu
                                                                                                         vermitteln. Das ist auch in Kirchen und Gemeinden
                                                                                                         so. Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten
                                                                               © ARochau – Fotolia.com

                                                                                                         sieht es deshalb als eine ihrer Aufgaben an, eh-
                                                                                                         renamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
                                                                                                         den Gemeinden aus- und weiterzubilden. Die In-
                                                                                                         stitutionen und Abteilungen unserer Freikirche
                                                                                                         haben daher ein breitgefächertes Angebot an
                                                                                                         Aus- und Weiterbildungen für Gemeindeglieder

                        D
Das Angenehme mit dem         ie Adventgemeinde in N. hat eine florierende                               erstellt.2
Nützlichen verbinden.         und ziemlich große Pfadfindergruppe. Es fin-                                  Etliche Lehrgänge enthalten als Einführung Ein-
                              den regelmäßig Gruppenstunden und andere                                   heiten in verschiedenen Disziplinen. Eine grund-
                        Aktivitäten statt, alle sind mit Begeisterung dabei.                             legende theologische Kompetenz wird als wesent-
                        Der Leiter der Pfadfindergruppe kommt sich aller-                                liche Qualifikation für gemeindliches Engagement
                        dings langsam zu alt vor für diese Aufgabe; außer-                               angesehen. Sie ermöglicht einen gehaltvollen und
                        dem hat er schon fast 20 Jahre lang mitgearbeitet.                               reflektierten Dienst, verhindert extreme Positionen
                        Jetzt sollen Jüngere übernehmen. In der Tat sind                                 und hilft, an weitere Fortbildungen anzuknüpfen.
                        auch drei Jugendliche da, die sich die Leitung der                               Viele Aufgabenfelder sind im Bereich Gemeinde-
                        Gruppe vorstellen könnten. „Aber wir können das                                  dienste zusammengefasst. Dazu gehören Kinder-,
                        nicht“, so sagen sie. „Wir haben keine Ahnung, wie                               Pfadfinder- und Jugendarbeit, Gottesdienstgestal-
                        man das macht.“ Was tun?                                                         tung mit Predigt und Bibelgespräch, Musikpflege,
                           Nina ist in der Kindersabbatschule tätig. Im Lau-                             Diakonie und Gesundheitspflege, Finanzen und
                        fe der Zeit verliert sie ihre Kraft und ihre Moti-                               Verwaltungsaufgaben.3 Für diese Aufgaben gibt
                        vation. Sie will aufgeben. Da erfährt sie von der                                es Aus- und Weiterbildungsangebote von Verei-
                        Ausbildung beim Religionspädagogischen Insti-                                    nigungen und Verbänden bzw. deren Abteilun-

8 | adventisten heute | Dezember 2015
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
iCOR: Wer t schät zen, begleit en, fö rde r n

gen, außerdem von der Theologischen Hochschu-           genutzt, um die Wissensbasis und Handlungsspiel-
le Friedensau sowie von Instituten und ­Vereinen        räume an die neuen Erfordernisse anzupassen. Dem
(Institut für Weiterbildung; Deutscher Verein           liegt eine offene … Organisation zugrunde, die ein
für Gesundheitspflege e. V.; Advent-Wohlfahrtswerk      innovatives Lösen von Problemen erlaubt und un-
e. V.). Einen besonderen Schwerpunkt hat unse-          terstützt.“5
re Freikirche seit einiger Zeit auf Erziehung und
Bildung gelegt. Deshalb wurde 1999 das Religi-          Ausbilden als Wert der Gemeinde
onspädagogische Institut (RPI) gegründet, um Ge-        Annette kommt von einem Seminar für
meindeglieder für die religiöse Erziehung der Kin-      Gesprächsleiter/-innen zurück, in dem ihr Kom-
der in Kindergottesdienst und Religionsunterricht       petenz und auch Motivation zum Leiten von Bi-
auszubilden.                                            belgesprächsgruppen vermittelt wurde. Als sie ihre
                                                        neuen Erkenntnisse und Fertigkeiten in der Bibel-
Bildung als Selbstbildung                               schule einsetzen will, stößt sie auf Skepsis und
Doch es gibt noch einen zweiten, mindestens eben-       Ablehnung vonseiten etlicher Gemeindeglieder, vor
so wichtigen Blick auf Aus- und Weiterbildung: sie      allem aber von anderen Gesprächsleitern: „Das ha-
dient nicht nur dazu, für bestimmte Aufgaben zu         ben wir schon immer so gemacht. Du mit deinen
qualifizieren, sondern Lernen und Bildung sind          neuen Methoden!“
im wahrsten Sinn des Wortes Selbstzweck. Bil-              Lernende, d. h. lernfähige und lernbereite Ge-
dung ist „Selbst-Bildung“, sie ist die Entfaltung       meinden haben gemeinsame Werte und Ziele und
der Individualität in der Auseinandersetzung mit        setzen sich für deren Verwirklichung ein. Sie ar-
der Umwelt. Bildung ist ein selbstgesteuerter Pro-      beiten auf einer Basis des Vertrauens zusammen
zess, der zur Entwicklung von Gaben und Fähigkei-       und sind in der Lage, Konflikte zu lösen. Neue
ten und zur Reifung der gesamten Persönlichkeit         Ideen werden durch die Gemeindeleitung be-
dient.4 Deshalb sollte in der Adventgemeinde der        grüßt und unterstützt, Engagement wird wert-
Mensch vor der Aufgabe in den Blick genommen            geschätzt und begleitet. Durch die Bildung und
werden.                                                 Weiterentwicklung einzelner Gemeindeglieder
   So heißt es in der Broschüre der Adventjugend        wächst die ganze Gemeinde, und umgekehrt: in
über iCOR: „Vor allem junge Menschen haben gro-         einer offenen, lernfähigen und innovativen Ge-
ßes Potenzial und viele Talente, aber diese müssen      meinde können sich auch die Gemeindeglieder
wertgeschätzt, wahrgenommen, ausgebaut und ge-          und Jugendlichen entfalten und finden Raum zur
fördert werden.“ In der Tat ist Aus- und Weiterbil-     Mitarbeit.
dung in unseren Gemeinden zuerst eine Form der             Solche iCOR-Gemeinden haben sich den Wert
Wahrnehmung und Wertschätzung Jugend­         licher.   „Ausbilden“ zu eigen gemacht. Deshalb hat der
Sie erkennen: „Ich werde als Person mit meinem          Pfadfinderleiter der Gemeinde N. die drei Jugendli-
Potenzial wahrgenommen. Man erkennt mich und            chen mit zu den Pfadfinderlehrgängen des Verban-
meine Gaben an und traut mir etwas zu. Ich bin          des genommen und sie in leitende Aufgaben der
wertvoll, sodass meine Gemeinde in mich inves-          Gruppe einbezogen.
tiert.“ Dann heißt es weiter in dem erwähnten              Thomas geht zusammen mit einer älteren
Dokument: „Die Gemeinde mit ihren vielfältigen          Schwester, seiner Mentorin, zum Seminar für
Aufgaben braucht diese Gaben, und viele junge           Gesprächsleiter/-innen der Theologischen Hoch-
Menschen sind gerne bereit, sie einzusetzen. Aber       schule Friedensau. In der Heimatgemeinde wenden
sie benötigen Ausbildung und Unterstützung …            sie gemeinsam ihre Erkenntnisse an, werten ihre
Deshalb fördern und ermutigen iCOR-Gemeinden            Erfahrungen aus und begleiten sich gegenseitig in
ihre Mitglieder darin, Ausbildungsmöglichkeiten         den Gruppengesprächen.
wahrzunehmen.“                                             Eine solche Gemeinde handelt ganz im Sinne des
   Das bedeutet auch eine gewisse Herausforderung       Paulus: „Sie alle sollen die Christen für ihren Dienst
für die Gemeinden. Denn: „iCOR-Gemeinden sind           ausrüsten, damit die Gemeinde Jesu aufgebaut und
lernende Gemeinden, die für Ausbildungsmöglich-         vollendet wird. ... Wir sollen zu mündigen Chris-
keiten sorgen, um Verständnis, individuelle Gaben       ten heranreifen, zu einer Gemeinde, in der Christus
und Fähigkeiten und Dienste zu fördern.“                mit der ganzen Fülle seiner Gaben wirkt.“ (Eph 4,
   Nicht nur einzelne Gemeindeglieder sind zum          12–13 Hfa) ■
Lernen aufgefordert, sondern die ganze Gemeinde.                                                                                           Dr. phil.
Seit geraumer Zeit ist das Konzept der „lernenden       1 Adventisten heute, 3/2015, S.20.                                                 Roland E. Fischer
                                                        2 Siehe Fischer, Roland E.: Freikirchliche pastorale Weiterbildung, Berlin: LIT
Organisationen“ bekannt: „Eine lernende Organisa-          Verlag, 2015, S.143–150.
                                                                                                                                           Dozent für Praktische
tion ist idealerweise ein System, welches sich stän-    3 Siehe Gemeindeordnung, Ausgabe 2012, S. 110–138.                                 Theologie an der
                                                        4 Siehe dazu: Fischer, Roland E.: Bildung im Gottesdienst, Frankfurt/M.: Peter
dig in Bewegung befindet. Ereignisse werden als            Lang, 2008, S. 25–26.
                                                                                                                                           ­Theologischen Hoch-
Anregung aufgefasst und für Entwicklungsprozesse        5 https://de.wikipedia.org/wiki/Lernende_Organisation (30.7.2015)                   ­schule Friedensau.

                                                                                                                   adventisten heute | Dezember 2015 | 9
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

Leiter
gesucht!                                             Gut leiten ist
                                                     nicht schwer, wenn …

                                                                                                         am Wertefirmament, die verlässlich für bestimmte
                                                                                                         Positionen stehen und eine Richtung zeigen. Aber
                                                                                                         worum geht es, wenn wir von Leitern bzw. Leitung
                                                                                                         sprechen?
                                                                                                            Viele verstehen Leitung als Verkaufsveranstal-
                                                                                                         tung für die eigenen Ideen und Visionen. Diese soll
                                                                                                         am besten so ablaufen, dass der Adressat meint,
                                                                                                         es handle sich um seine eigenen Einfälle. Dass mit
                                                                                                         einem solchen Verständnis die Grenze zu Manipu-
                                                                                                         lation und Missbrauch schnell überschritten wird,
                                                                                                         liegt auf der Hand.
                                                                                                            Die Bibel zeichnet ein ganz anderes Bild von
                                                                                                         Leitung. In Epheser 4,12ff. beschreibt Paulus, dass
                                                                                                         jede Leitungsfunktion nur einem Zweck dient: Dem
                                                                                                         Einzelnen zum Wachsen und Reifen zu verhelfen.
                                                                                                         In Vers 14 beschreibt er die Auswirkung eines sol-
                                                                                                         chen Leitungsverständnisses: „Wir sollten nämlich
                                                                                 © kasto – Fotolia.com

                                                                                                         keine Unmündigen mehr sein, hin und her gewir-
                                                                                                         belt und umgetrieben von jedem Wind der Lehre im
                                                                                                         trügerischen Würfelspiel der Menschen, inmitten
                                                                                                         von Arglist, die mit Methode zum Irrwahn führt.“
                                                                                                         (Das Neue Testament übersetzt von Fridolin Stier)

                         E
Sieht schwieriger aus,         in guter Freund, der in einer leitenden Positi-                              Menschen stark und mündig zu machen – das
als es ist.                    on in einem mittelständischen Unternehmen                                 ist das erklärte Ziel jeder Leitungsaufgabe in der
                               arbeitet, sagte einmal zu mir: „Weißt du, ein                             Gemeinde. Damit vertrat Paulus bereits vor 2000
                         guter Teil meines Gehalts als Führungskraft ist                                 Jahren ein zeitgemäßes und hochaktuelles Bild
                         Schmerzensgeld.“ Die Sterberate von Führungskräf-                               von Leitung. Um Gemeinde zukunftsfähig zu ma-
                         ten in Industrie, Politik, Sport und Gesellschaft ist                           chen, brauchen wir nicht mehr einfach „Ja-Sager“,
                         in der Tat erstaunlich hoch. Es genügt häufig schon                             sondern engagierte, selbstbestimmte Menschen
                         ein Fehler und man ist Vergangenheit. Leitfiguren,                              mit eigenen Überzeugungen. Das macht das Lei-
                         wie es sie früher in Wirtschaft, Politik und Gemein-                            ten nicht unbedingt bequemer und weniger her-
                         wesen gab, fehlen zunehmend – weltweit. Immer                                   ausfordernd, aber auf jeden Fall erfüllender und
                         mehr Leiter entscheiden sich in Anbetracht der ag-                              zielführender.
                         gressiven und feindseligen Grundstimmung dafür,
                         auf Nummer sicher zu gehen. „Mach’ lieber nichts,                               Was macht gute Leitung aus?
                         sondern sitz einfach nur herum“, scheint die Devise                             Leiter gibt es in jeder Größe, Form und Ausprägung
                         zu sein. Dabei ist gute Leitung heute mehr denn                                 - kurz, groß, nett, jung, alt, weiblich, männlich,
                         je gefragt in einer Welt, die immer komplizierter                               organisiert, chaotisch. Unabhängig davon scheinen
                         und unüberschaubarer wird. Die Globalisierung hat                               gute Leiter die folgenden fünf Eigenschaften ge-
                         uns keinen Werteverlust, sondern eine kaum über-                                meinsam zu haben:
                         schaubare Wertevielfalt beschert. Wie soll man sich                             1. Charakter
                         aber einen lebenslangen Wertehimmel vorstellen,                                 Leitung hat zuallererst mit Charakter zu tun. Füh-
                         wenn es kaum mehr Sterne gibt, die sich klar von-                               rung ist nicht in erster Linie eine Frage der Metho-
                         einander unterscheiden, ewig leuchten und treff-                                de, die man aus einem Ratgeber lernt. Sie hat mit
                         lich den Weg erhellen? Es besteht also durchaus ein                             dem zu tun, was wir sind, was uns geprägt hat.
                         Bedarf und eine Sehnsucht nach solchen Sternen                                  Ein gesunder Charakter entwickelt sich weiter, ist

10 | adventisten heute | Dezember 2015
iCOR: Wer t schät zen, begleit en, fö rde r n

neugierig und ständig dabei Neues zu lernen und         1. Jeder Mensch erlebt
zu wachsen.                                             sich als wichtig.               Auswirkungen guter Leitung
2. Sinn, Ziel und Zweck                                 2. Lernen und Kompe-            1. Jeder Mensch erlebt sich als wichtig.
Erfolgreiche Leiter fassen die Sehnsüchte und tief      tenz sind von Bedeu-            2. Lernen und Kompetenz sind von
empfundenen Bedürfnisse anderer in Worte. Sie           tung.                               Bedeutung.
schaffen Gemeinschaften, die auf ein gemeinsames        3. Menschen erleben             3. Menschen erleben sich als Teil einer
Ziel hin ausgerichtet sind, und vermitteln die Er-      sich als Teil einer Ge-             Gemeinschaft.
fahrung, an etwas Bedeutendem und Sinnvollem            meinschaft.                     4. Arbeit macht Freude.
mitzuarbeiten.                                          4. Arbeit macht Freude.
   Es darf sich dabei nicht um irgendein altes Ziel        So gesehen schnei-
handeln. Wenn es Menschen begeistern, antreiben         den wir als Gemein-
und elektrisieren soll, muss es relevant und heraus-    de häufig gar nicht             Was macht einen guten Leiter aus?
fordernd sein.                                          schlecht ab. Dass Men-          1. Charakter
3. Vertrauen                                            schen sich bei uns              2. Sinn, Ziel und Zweck
Leiter sind Menschen, denen man vertraut. Vertrau-      als wichtig und ange-           3. Vertrauen
en ist die einzige Qualität, die man sich nicht an-     nommen erleben, ist             4. Optimismus
eignen kann, sondern die man sich verdienen muss.       oft zu hören. Auch              5. Taten und Ergebnisse
Ohne sie kann allerdings kein Leiter etwas erreichen.   Lernen und Bildung
   Studienergebnisse zeigen, dass Menschen eher         spielten schon im-
solchen Leitern folgen, auf die sie sich verlassen      mer eine große Rolle für uns als Kirche.
können – auch dann, wenn sie nicht mit ihnen            An dieser Stelle sei das an zahlreiche Ausbildungs-
übereinstimmen –, als Leitern, mit denen sie über-      angebote und insbesondere an Bibelgespräche je-
einstimmen, die aber fortwährend ihre Positionen        den Sabbat erinnert (s. auch den vorherigen Ar-
ändern. Gute Leiter erzeugen Vertrauen und erhal-       tikel). Allerdings haben wir hier auch noch Luft
ten es am Leben.                                        nach oben, betrachtet man die Ergebnisse der Va-
4. Optimismus                                           luegenesis-Studie unter jungen Adventisten. Beim
Jeder bedeutende Leiter glaubt daran, dass er sei-      Thema „Denkklima“ und „intellektuelles Gefordert-
ne Ziele erreichen kann und alles gut ausgehen          sein“ haben unsere Jugendlichen der Gemeinde
wird. Ohne eine grundlegende Leidenschaft für die       keine besonders guten Noten gegeben.
Verheißungen des Lebens, kombiniert mit der Lei-           Sich als Adventist als Teil einer großen Fami-
denschaft für eine Berufung, einen Beruf oder ein       lie zu erleben, ist wohl einer der Pluspunkte, die
Projekt, wird es nicht gelingen, andere für ein ge-     wir als Kirche anzubieten haben – in einer Welt, in
meinsames Ziel zu begeistern. Ein Leiter liebt das,     der Menschen immer mehr vereinsamen. Und dort,
was er tut – in Theorie und Praxis.                     wo gute Leitung stattfindet, fordert Arbeit heraus,
5. Taten und Ergebnisse                                 macht Freude, stimuliert und fasziniert.
In einer Folge der Comicserie Peanuts sitzt Schröder       Von meinem ersten Managementseminar, das
am Klavier und spielt etwas von Beethoven. Lucy         ich vor über 20 Jahren besuchte, weiß ich nicht
liegt davor und himmelt Schröder an, während er         mehr viel. Eines aber blieb bis heute haften: Die
spielt. Mitten im Spiel fragt sie ihn, ob er wüsste,    Aussage des Referenten, dass er eine Stange Geld
was Liebe sei. Schröder unterbricht kurz sein Spiel     dafür erhält, uns Dinge zu erzählen, auf die jeder
und rattert los: „Liebe, Substantiv, Anziehungs-        mit etwas gesundem Menschenverstand selbst hät-
kraft oder Zuneigung zu einer Person oder Perso-        te kommen können. Mit Leitung ist das genauso.
nen.“ Dann wendet er sich wieder dem Klavier zu         Eigentlich ist sie gar nicht so kompliziert. Was man
                                                                                                              © churchphoto.de – Matthias Müller

und spielt weiter. Lucy seufzt resigniert: „Auf dem     braucht, ist
Papier ist er klasse.“                                  • ein echtes Interesse an anderen Menschen,
   So geht es im Gemeindeleben auch oft mit Ide-        • das Bedürfnis, sie auf dem Weg zu einer reifen
en, Visionen, Leitbildern, Strategiepapieren und        und mündigen Persönlichkeit zu begleiten,
Mission-Statements. Wir geben uns viel Mühe sie         • einen gesunden und ehrlichen Blick auf sich
zu entwickeln – aber sie bleiben Papier. Eine große     selbst, um sich nicht zu über- oder zu unter­
Vision, der man vertrauen kann, muss sich jedoch        schätzen,
in Ergebnissen widerspiegeln.                           • ein Bild von Gemeinde, für das es sich zu arbei- Werner Dullinger
                                                        ten lohnt,                                               dient unserer Freikirche
Gute Leitung wirkt sich aus                             • den Optimismus, dass man wirklich etwas verän- seit vielen Jahren in
Die kollektive Auswirkung wirksamer Leiterschaft        dern kann, und                                           leitenden Positionen u. a.
besteht darin, Menschen stark zu machen – sie zu        • das Vertrauen auf Gott, dass unsere Bemühun- als Jugendabteilungsleiter,
befähigen. Empowerment ist der neudeutsche Be-          gen, sein Reich zu bauen, durch seine Leitung ihr Vereinigungsvorsteher und
griff dafür, er zeigt sich in vier Merkmalen:           Ziel erreichen. ■                                        Verbandsschatzmeister.

                                                                                            adventisten heute | Dezember 2015 | 11
T he m a d e s M o na ts

Begleiten, beraten
und ermutigen
Mentoring: Eine alte Methode bringt Schwung in die Gemeinde

                                                                                                                                        © WavebreakmediaMicro – Fotolia.com

                            G
Ein Mentor muss nicht            abi (42) bereitet gemeinsam mit Lena (14)        Gottesdienstes wiederholt hat. Das war gar nicht
unbedingt wesentlich             den nächsten Gottesdienst für die 2–4-jähri-     vorgesehen. Lena erinnert sich, dass drei Kinder
älter als sein Schützling        gen Kinder vor. Sie sitzen in Gabis Wohnung      gerade anfingen, sich miteinander zu beschäftigen
(Mentee) sein; es geht      und vertiefen sich in den Stundenentwurf und die      und aufzustehen. Lena fühlte sich dabei unsicher
darum, von der größeren     „Guck mal“-Arbeitsunterlagen des RPI (s. S. 22).      und nervös. Die Idee von Gabi, ein Kinderlied zu
Erfahrung zu profitieren.   Am Sabbat beobachtet Lena genau, wie Gabi den         singen und die Kinder dadurch wieder einzubezie-
                            gemeinsam entwickelten Stundenentwurf in die          hen, wäre Lena nicht gekommen. Die Reaktion von
                            Tat umsetzt und wie die Kinder reagieren. Am          Gabi wirkte auf Lena beruhigend und entspannend,
                            Mittwoch darauf sitzen Gabi und Lena wieder zu-       weil sich die drei Kinder wieder in den Kreis setz-
                            sammen. Lena erzählt Gabi, was sie während des        ten. Beide überlegen gemeinsam, welche Beobach-
                            Kindergottesdienstes beobachtet hat, wie es auf sie   tungen und Gründe – kognitiv, emotional, pädago-
                            gewirkt und wie sie sich dabei gefühlt hat.           gisch – Gabi zu dieser Veränderung bewegt haben.
                                                                                  Sie diskutieren auch andere Vorgehensweisen, die
                            Wie Lena von Gabi lernt                               ebenfalls sinnvoll gewesen wären.
                            Lena ist aufgefallen, dass Gabi den Entwurf abge-        Anschließend bereiten sie den nächsten Kin-
                            ändert und ein Kinderlied im letzten Drittel des      dergottesdienst vor. Gabi fragt Lena, welchen Teil

12 | adventisten heute | Dezember 2015
iCOR: Wer t schät zen, begleit en, fö rde r n

des Gottesdienstes sie gern übernehmen möchte.
Lena entscheidet sich für den musikalischen Teil          Was ist Mentoring?
des Gottesdienstes. Beim nächsten Treffen erzählt         Mentoring beschreibt die Beziehung zwischen einer erfahreneren Person
Lena, wie sie sich während „ihres“ Teils des Gottes-      (Mentor oder Mentorin) und einer unerfahreneren, meist jüngeren Person
dienstes gefühlt hat, was ihr gelungen ist und wo         (Mentee).
sie sich unsicher gefühlt hat. Gabi gibt ihr ein qua-        Der Mentor bemüht sich, die noch zu entwickelnden und wachsenden
lifiziertes Feedback (Rückmeldung) und orientiert         Fähigkeiten und Gaben, die der Mentee in sich trägt, zu fördern und an-
sich an den Fragen, die sie in der RPI-Ausbildung         wendbar zu machen. Der Mentor unterstützt und beeinflusst seinen Mentee
geübt hat: Was habe ich als Mentor genau – filmbar        in einer Art und Weise, dass dieser sein Potenzial entfalten und zu einer ei-
– beobachtet (ohne Bewertung)? Wie habe ich mich          genständigen Persönlichkeit reifen kann. Das kann sich über einen kürzeren
dabei gefühlt und was habe ich über die Situation         Zeitraum abspielen, aber auch ganze Lebensabschnitte oder sogar das ganze
und die beteiligten Personen gedacht? Was ist mir         Leben andauern.
als Mentorin an deinem Verhalten aufgefallen? Wie
haben die anderen auf dein Verhalten reagiert? Wie
hättest du dich noch verhalten können? Was sind         vereinbaren beide regelmäßige und strukturierte
deine wesentlichen Einsichten und Erkenntnisse          Treffen. Sie reflektieren gemeinsam ihren Glauben,
für dich selbst?                                        ihr „Mannsein“ sowie berufliche und medizinische
    Dabei kommen Gabi und Lena ins Gespräch und         Themen. Fabian übt inzwischen einen prägenden
überlegen gemeinsam, wie Lena das „Gelungene“           Einfluss auf die Gemeinde aus. Er wird geschätzt
noch gezielter einsetzen und wie sie noch sicherer      und die Gemeinde vertraut dem, was er an Impul-
in ihrem Dienst werden kann. Nach der Vorberei-         sen einbringt. Letzte Woche hat er eine Mentoring-
tung des kommenden Gottesdienstes verabschieden         beziehung zu Nico (12) begonnen.
sie sich froh und auch ein wenig müde. Sie sind
einander auf Augenhöhe, mit Respekt, Achtung            Aus der Antike bekannt
und Wertschätzung begegnet und haben beide von-         In der Bibel ist der Begriff „Mentoring“ nicht zu
einander gelernt. Gabi ist glücklich und dankbar.       finden. Doch sowohl im Alten als auch im Neuen
Sie ist ihre ersten Schritte als Mentorin erfolgreich   Testament sind Beispiele für dieses Prinzip zu er-
gegangen. Bei dem nächsten „Mentoringtreffen“           kennen. Somit ist Mentoring keine neue Erfindung.
für ehrenamtliche Mitarbeiter berichtet sie über        Bereits im Alten Testament stellte Gott Mentor
ihre Erfahrungen. Das Feedback der anderen erhöht       und Mentee (z. B. Mose und Josua; Elia und Elisa)
ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung. Gestärkt             zusammen, um das weiterzugeben, was der Ältere
freut sie sich auf die weitere Zusammenarbeit           erfahren und erlebt hatte. Auch Jesus lehrte seine
mit Lena.                                               Jünger nach der Weise des Mentoring.
                                                           Der Begriff selbst stammt aus der griechischen
Der prägende Einfluss                                   Mythologie. Mentor ist eine Figur aus Homers Odys-
Rainer (59) ist leitender Chefarzt eines großen Kli-    see. Der Held Odysseus wünscht sich von ihm, dass
nikums. Fabian (21) ist als Medizinstudent neu in       er seinen Sohn während seiner Abwesenheit berät,
der Stadt und ein paar Mal im Gottesdienst auf-         begleitet und erzieht. Mentor wird zum Weggefähr-
getaucht. Rainer interessiert sich für Menschen         ten und Lehrer, zum Vorbild und Begleiter, zum
und möchte in seiner knappen Zeit vor allem jun-        Leiter und Erzieher.
ge Menschen an seiner Lebens-, Glaubens- und               Mentoren beraten, begleiten und investieren in
Berufserfahrung Anteil nehmen lassen. Durch die         die Beziehung zu einem jüngeren Menschen. Sie
iCOR-Initiative seiner Gemeinde hat die Idee des        bereiten den Mentee vor, in eine konkrete Aufgabe
Mentoring sein Interesse geweckt. Er lädt Fabian        hineinzuwachsen, oder begleiten ihn in den Wen-
zum Abendessen ein. Nach mehreren unregelmä-            dezeiten seines Lebens. Paulus schrieb an seinen
ßigen Gesprächen und Treffen in Rainers Haus            Mentee Timotheus: „Was du von mir gehört hast,
                                                        das sollst du auch weitergeben an Menschen, die
                                                        vertrauenswürdig und fähig sind, andere zu leh-
  Literaturhinweise:                                    ren.“ (2 Tim 2,2 NLB)
  Tobias Faix, Anke Wiedekind, Mentoring. Das              iCOR-Gemeinden unterstützen nicht nur in-
  Praxisbuch. Ganzheitliche Begleitung von Glau-        formelle oder zufällige generationsübergreifen-        Klaus-J. van Treeck
  be und Leben, Neukirchen-Vluyn, 2010;                 de Beziehungen, sondern bilden bewusst Frauen          leitet seit 2012 das
  Heidrun Stöger, Albert Ziegler, Diana Schim-          und Männer zu Mentoren aus, die (junge) Men-           Institut für Weiterbil-
  ke, Mentoring: Theoretische Hintergründe, em-         schen in ihrer persönlichen, sozialen, geistlichen     dung der Freikirche in
  pirische Befunde und praktische Anweisungen,          und beruflichen Entwicklung begleiten, damit           Deutschland. Zuvor war
  Lengerich, 2009.                                      diese die Herausforderungen des Lebens besser          er u. a. Vereinigungs-
                                                        meistern. ■                                            und Verbandsvorsteher.

                                                                                           adventisten heute | Dezember 2015 | 13
Adve n t ge m e i n d e aktuell

Musik im
Gottesdienst                                                                                  Ein Tagesseminar mit Dr. Lilianne
                                                                                              Doukhan (Andrews-Universität)

                                                                       der Anbetung durch Musik die Diskussion         bei der Freierwerbung verwendet worden.
                                                                       bestimmen sollte, beispielsweise das Got-       Das Tamburin, ein Fraueninstrument, sei
                                                                       teslob, den Charakter Gottes darstellend,       möglicherweise deshalb nicht am Tempel
                                                                       Geist und Verstand ansprechend, den Ge-         gespielt worden, weil Frauen dort keinen
                                                                       horsam umfassend oder wahrheitsgemäße           Zutritt gehabt hätten.
                                                                       Aussagen enthaltend. Aufgrund solcher              Als Lilianne Doukhan im dritten The-
                                                © Herbert Bodenmann

                                                                       Anbetungswerte könne jede Gemeindelei-          menteil über „Musikstile“ referierte, wur-
                                                                       tung im Konsens entscheiden, ob die Mu-         de deutlich, dass es der Zuhörer ist, der
                                                                       sik „passend“ oder „unpassend“, „anspre-        eine Musik als geistlich oder weltlich in-
                                                                       chend“ oder „nicht-ansprechend“ sei.            terpretiert, je nach seiner Prägung, Erzie-
Lilianne Doukhan vermittelte hilfreiche Ein-                               Gemeinden, die sich über Musik im           hung, Bildung und seinem Wertesystem.
sichten zur Auswahl von Musik zur Anbetung                            Gottesdienst streiten, empfiehlt sie das         Musik ereigne sich immer in einem Kon-
im Gottesdienst.                                                      Vorgehen nach Philipper 1,9–10. Es gehe          text, der ihr ihre Bedeutung gebe. So sei
                                                                      nicht an, dass Wenige in der Gemeinde in         der „Messias“ von Georg Friedrich Händel

A
        m 11. Oktober sprach Dr. Lilianne                             Sachen Musik bestimmten und die anderen          für den weltlichen Markt geschrieben wor-
        Doukhan bei einem Schulungstag der                            zu parieren hätten, so Lilianne Doukhan. Es      den und habe erst nach 40 Jahren Eingang
        Deutschschweizerischen Vereinigung                            gehe um die Anbetung aller und da müsse          in die Kirchen gefunden. Individuelle As-
(DSV) in Zürich über „Musik im Gottes-                                man auch auf die Generationen und Kul-           soziationen bei einer Musik hätten dem-
dienst“. Die aus der Schweiz stammende Mu-                            turen Rücksicht nehmen. Die Gemeinde sei         nach keinen universellen Aussagewert.
sikwissenschaftlerin lehrt an der adventisti-                         bezüglich Musik für viele Jugendliche ein        So dürften die Assoziationen bekehrter,
schen Andrews-Universität, Michigan/USA.                              „fremder Planet“ geworden. Sie hätten nur        ehemaliger Rockmusiker beim Hören von
Da Musik eine „objektive Wissenschaft“ sei,                           eingeschränkt Zugang zu Worten und Mu-           Rockmusik nicht verallgemeinert werden,
vertrete sie nicht ihre subjektive, persönli-                         sikstil der traditionellen Gottesdienstlieder.   wie dies in christlichen Kreisen oft gesche-
che Haltung bezüglich Musik, sagte sie ein-                           Das neue Liederbuch glauben-hoffen-singen        he. Wenn nach Generationen gewisse nega-
leitend vor den rund 50 Personen.                                     enthalte eine gute Mischung von altem und        tive Assoziationen nicht mehr vorhanden
    Im ersten Thementeil ging es um die                               neuem Liedgut, sagte die Referentin.             seien, könne schöne weltliche Musik auch
Rolle der Musik und der Musiker im                                        Im zweiten Thementeil „Was wir von           als geistliche Musik verwendet werden, da
Gottesdienst: „Musik ist Dienst und nicht                             der Musikgeschichte lernen können“,              dann die „negative“ Konnotation bei der
Privileg der Musiker“, sagte Lilianne Douk-                           zeigte Lilianne Doukhan auf, dass Un-            neuen Generation keine Rolle mehr spiele.
han, um die Verantwortung der Musiker zu                              terschiedlichkeit und Vielfalt bezüglich            Höchstes Ziel christlicher Musiker müs-
unterstreichen. Es gehe nicht nur um das,                             Musik und Anbetung in der Bibel gewollt          se es sein, ihre Liebe zur Musik mit ihrer
was dem Instrumentalisten gefalle. Er diene                           sind. Zudem hätten sich die Musikstile mit       Liebe zu Christus zu verbinden. Im Rahmen
mit seiner Gabe der Gemeinde, um Anbe-                                der Zeit verändert. Schon die Psalmisten         des Gottesdienstes gehe es darum, dass sie
tung zu ermöglichen. Das heiße, dass ein                              hätten auf weltliche, bekannte Melodien          dies mit ihrer Gabe auch den Gottesdienst-
Klavier- oder Orgelspieler, der bevorzugt aus                         zurückgegriffen (s. Psalmen 22; 45; 56)          teilnehmern zu ermöglichen versuchten.
dem Liederbuch Wir loben Gott spiele, auch                            und einen religiösen Liedtext dazu ver-                                  Herbert Bodenmann
bereit sein müsse, Lieder aus Leben aus der                           fasst. In adventistischen Liederbüchern
Quelle oder modernere Lieder zu begleiten                             stammten kaum mehr als ein Prozent der
und umgekehrt. Es gehe nicht um ein „Ent-                             Lieder von Adventisten. 99 Prozent der             Weiteres Material im Internet
weder-Oder“ der Musikstile, sondern um                                Lieder seien von anderen Christen ver-             www.adventisten-heute.de, Ausgabe De-
Misch-Stile, je nach Situation und Zusam-                             fasst worden, so Doukhan. Auch bei den             zember 2015.
mensetzung des Publikums.                                             Instrumenten hätten sich starke Verän-                Lilianne Doukhan hat ein ausführ-
    Die Begriffe „gute“ und „schlechte“ Mu-                           derungen ergeben: Harfe und Leier seien            liches Buch zur Thematik geschrieben:
sik seien zudem in der Diskussion nicht                               am Tempel zwar die Hauptinstrumente                In Tune with God (Verlag Review and
hilfreich. Die Musikwissenschaftlerin er-                             gewesen, die Harfe sei damals aber vor             Herald, USA).
läuterte, dass die Werte und Eigenschaften                            allem als Instrument der Prostituierten

14 | adventisten heute | Dezember 2015
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