Erneuerbare Energien - SSES.ch

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Erneuerbare Energien - SSES.ch
Erneuerbare                          12 SONNE
                                                             Mit besserem Marketing zu

                        Energien
                                                             mehr Solarwärme

                                                             21 FORSCHUNG
                                                             Tandemzellen bringen höhere
                                                             Wirkungsgrade

                                                             24 KEV
                                                             Fragen und Antworten zum
                                                             aktuellen Stand

Nr. 6   Dezember 2015

Eine Publikation der SSES in Zusammenarbeit mit Swissolar

   SPEICHERTECHNIK:
   INNOVATIONEN MACHEN
   BATTERIEN BEZAHLBAR
   SEITE 8
Erneuerbare Energien - SSES.ch
PUBLIREPORTAGE
Photovoltaik

SO OPTIMIEREN SIE
DEN EIGENVERBRAUCH
DEN EIGENEN SOLARSTROM ZU NUTZEN, IST
IN VIELERLEI HINSICHT SINNVOLL. FÜR EINEN
OPTIMALEN EIGENVERBRAUCH KOMMEN
ENERGIE­M ANAGEMENT- UND BATTERIESPEICHER­
SYSTEME ZUM EINSATZ.
Wer eine Photovoltaik-Anlage auf seinem Dach installiert, möchte
den dadurch erzeugten Strom wenn möglich auch gleich selber
verwenden. Neben dem guten Gefühl, dass der Strom aus der
Steckdose von der eigenen Anlage kommt, sprechen auch ratio-
nale Gründe dafür, den eigenen Solarstrom zu nutzen und den
Eigenverbrauch zu optimieren.
Einerseits ist die selber produzierte Energie umweltfreundlicher als
die vom Netz bezogene. Andererseits gibt es bedeutende finan-
zielle Anreize, die selber produzierte Energie auch selbst zu ver-
brauchen. Denn die Kosten für den Strom, der aus dem Netz
­bezogen wird, sind rund drei Mal so hoch wie die Vergütung für
 den ins Netz eingespeisten Strom.
Angebot und Beratung
In unserem Sortiment finden Sie Energiemanagement-Lösungen,
die Ihnen eine deutliche Steigerung des Eigenverbrauchs er-
möglichen, Ihnen dadurch Kosten sparen und die Amortisa-
tionszeit Ihrer Anlage verkürzt. Ein weiterer, interessanter Weg,
den Eigenverbrauch zu optimieren, sind Batteriespeicher-Systeme.
Sie nehmen die überschüssige Energie auf, die sonst ins Netz
eingespeist würde und versorgen den Haushalt mit Energie, wenn
zu wenig produziert wird.
Bei der Nachrüstung Ihrer Photovoltaik-Anlage mit einem Energie-
management- oder einem Batteriespeicher-System stehen Ihnen
unsere Spezialisten vom Team Erneuerbare Energien gerne zur
Verfügung. Unser aktuelles Sortiment finden Sie in unserer Mobile
App und in unserem Webshop.

v. l. n. r. Roman Christen (Product Manager), Daniel Fenner (Technischer
Sachbearbeiter), Marcel Helbling (Teamleiter), Ivan Fust (Kundenberater im
Aussendienst), Jean-Luc Zimmermann (Technischer Sachbearbeiter)
Team Erneuerbare Energien:
Ihre erste Anlaufstelle für Photo­voltaik
 Unsere Fachspezialisten aus dem Team Erneuerbare Energien
­stehen Ihnen vom Projektstart bis zur Inbetriebnahme umfassend
 zur Seite.
Unsere Dienstleistungen
■■ Planung und Auslegung von Photovoltaik-Anlagen
■■ Technischer Support bei Projekten und Produkten
■■ Unterstützung vor Ort
■■ Verkaufshilfen für Ihre Kundengespräche
■■ Schulungen und Zertifizierungs-Kurse

E-Mail: photovoltaik@w-f.ch
Tel. 044 839 59 59.
Winterhalter + Fenner AG
8304 Wallisellen
Tel. 044 839 58 11
www.w-f.ch

2    Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
Erneuerbare Energien - SSES.ch
EDITORIAL                                              INHALT

LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE                                                              Aktuell                                      4

DER ERNEUERBAREN ENERGIEN                                                                  Schwerpunkt

                                                                                           Speichertechnik: Batterien werden
                                Ich habe gerade ein Buch von Stefan Zweig* über
                                                                                           bezahlbar durch Innovationen8
                                eine heikle Episode der Reformation gelesen. Was hat
                                das mit dem Thema Energie zu tun?, fragen Sie sich.
                                                                                           Sonne
                                Also zunächst ist es der historische Moment: Die Re-
                                formation ist auch heute noch spürbar. Die Energie-
                                                                                           Solarwärme: mit besserem Marketing
                                wende – sofern sie dann wirklich vonstattengeht –
                                                                                           zum Erfolg12
                                wird Einfluss auf die kommenden Jahrhunderte ha-
                                ben. Zudem bedeuten beide Ereignisse das Ende einer
                                                                                           Politik und Wirtschaft
                                starken Zentralisierung und mehr Handlungsfreiheit
                                für Individuen: Im Falle der Reformation ging es um
                                                                                           Klimagipfel: Verhandlungen zum neuen
              Jean-Luc Renck    die geistige Freiheit, bei der Energierevolution geht es
                Vizepräsident                                                              internationalen Klimavertrag in Paris15
                                um eher materielle Freiheiten, was die Wahl effizien-
                                ter Geräte, lokaler und erneuerbarer Energien angeht.      Weiterbildung: neuer Studiengang
                                Der Wind der Befreiung hatte sich damals schnell er-       Energiesysteme16
                                schöpft. Im Namen einer einzigen Wahrheit began-
                                nen jene, kaum hatten sie sich von Rom emanzipiert,        Forschung
                                angeb­liche Ketzer zu jagen. Nach Fukushima begann
                                die Suche nach der einzig richtigen Energiequelle.         E-Mobilität: Ostschweizer Pionier baut
                                Dies obwohl sich alle erneuerbaren Energiequellen          eine induktive Ladestation18
                                mit ihren unterschiedlichen Vor- und Nachteilen gut
                                                                                           Tandemzelle: Künftig könnten Wirkungs-
                                ergänzen. Doch heute wie gestern ist die Unfähigkeit,
                                                                                           grade von bis zu 30% Realität werden21
                                das Sowohl-als-Auch, die Vielfalt und die Komple-
                                mentarität zu erkennen, eine Folge von Egoismus und
                                                                                           Erneuerbare Energien
                                Intoleranz, sterilen Debatten und dem Verblassen der
                                ursprüng­lichen Idee bzw. des angestrebten Ideals.
                                                                                           KEV: Streit um die Förderung von
                                Unsere Gesellschaft läuft Gefahr, das Ziel der Energie-
                                                                                           Kleinstwasserkraftwerken22
                                wende aus den Augen zu verlieren: die Risiken Klima-
                                wandel und Nukleartechnologie zu reduzieren. Um            KEV: Fragen und Antworten24
                                die Wahrheit zu sagen: Wir konnten zwar das Ziel bis
                                jetzt als gemeinsames Ideal verankern, aber tun wir        Standpunkt
                                auch genug, um jeder einzelnen Person zu zeigen,
                                dass sie auf ihre Art und in unterschiedlichem Mass        Energiewende: Keine Kohle-Renaissance in
                                Akteurin ist? Bemühen wir uns wirklich, die anderen        Deutschland25
                                Akteure zu verstehen, die Politiker, die Verwaltungs-
                                angestellten, die Unternehmer, die Wissenschaftler,        Flash                                       26
                                die Bevölkerung? Was sie tun, was sie nicht tun kön-
                                nen etc. und warum?                                        Energidiot
                                Seite 40 Jahren verteidigt die SSES ein Ideal. Wir dür-
                                                                                           Cartoon
                                fen jetzt nicht aufgeben! Wir setzen alles daran, dass
                                sich das Gefühl, Akteur eines historischen Moments
                                                                                           Agenda                                      28
                                zu sein, immer weiter ausbreitet. Tun wir es mit den
                                uns zur Verfügung stehenden Mitteln und fördern die
                                Verbreitung von Information, Verständnis, Austausch,       Branchenverzeichnis                         29
                                Wettbewerbsgeist und Aktionen …
                                                                       Jean-Luc Renck
                                                                                           Impressum                                   31
                                *Stefan Zweig, Ein Gewissen gegen die Gewalt, 1936

Liebe Mitglieder

Die elektronische Version der «Erneuerbaren Energien» finden Sie auf der Website
der SSES: www.sses.ch. Sie erhalten an dieser Stelle jeweils das Passwort für die ak-
tuelle Ausgabe. Benutzername: ee/er_abo Passwort: g!4A3-9m
                                                                                           Titelbild: Manz AG

                                                                                           Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015    3
Erneuerbare Energien - SSES.ch
AKTUELL

                             PELLETPREISE                                                                                          NEUES
                             Dezember 2014 bis Dezember 2015                                                                       WINDKONZEPT
                             Pelletpreise in CHF/t (inkl. MwSt. und Lieferung)
                                                                                                                                   Das gewachsene Interesse an Windenergie
                                                                                                                                   verlangt neue Ansätze für die Planung von
                                                                                                                                   Windenergieanlagen. Das Konzept Wind-
                                                                                                                                   energie legt hierfür die Rahmenbedingun-
                                                                                                                                   gen des Bundes fest. Es soll wie die kanto-
                                                                                                                                   nalen und kommunalen Planungen dazu
                                                                                                                                   beitragen, dass im Rahmen der Energiestra-
Grafik: www.pelletpreis.ch

                                                                                                                                   tegie 2050 mehr Energie aus Windenergie-
                                                                                                                                   anlagen erzeugt wird. Das Konzept Wind-
                                                                                                                                   energie dient auch als Entscheid- und Pla-
                                                                                                                                   nungshilfe für Planungsträger und Projekt-
                                                                                                                                   entwickler. Es soll die seit 2010 bestehende
                                                                                                                                   «Empfehlung zur Planung von Windener-
                             Der Index ist ein Durchschnittspreis, der sich aus den Preisangaben verschiedener Pelletlieferanten   gieanlagen» ersetzen. Bis zum 29. Januar
                             zusammensetzt.                                                                                        2016 ist der Entwurf des Konzepts des
                             © www.pelletpreis.ch, jeden Monat die aktuellen Pelletpreise                                          Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) in
                                                                                                                                   der Anhörung.
                                                                                                                                   www.are.admin.ch
                             DREI SCHWEIZER MIT EUROPÄISCHEM
                             SOLARPREIS 2015 AUSGEZEICHNET
                             Am 23. November 2015 wurden in Prag die Europäischen Solarpreise für herausragendes
                                                                                                                                   SONVILIER FÜR
                             Engagement im Bereich Erneuerbare Energien vergeben. Trotz 52 starken Konkurrenzpro-                  MEHR WIND
                             jekten aus verschiedenen EU-Ländern zählen gleich drei Schweizer zu den Gewinnern. Der
                             optisch moderne «Monolith» der Firma Cavigelli Ingenieure AG in Ilanz produziert 238%                 Anlässlich einer Konsultativabstimmung
                             der benötigten Energie. Die im Flachdach nach Ostwest ausgerichtete PV-Anlage erzeugt                 haben die Einwohnerinnen und Einwohner
                             knapp 30 000 kWh/a. Die Lärchenlamellen ermöglichen im Winter die passive Solarnut-                   von Sonvilier am 1. November zugestimmt,
                             zung und schützen im Sommer vor Überhitzung. Dank guter Dämmung, einer Erdsonden-                     dass ein Windparkprojekt auf ihrem Ge-
                             Wärmepumpe, Komfortlüftungsanlage, A++-Haushaltsgeräten und LED-Lampen benötigt                       meindegebiet weiterverfolgt werden soll.
                             der Verwaltungsneubau mit 24 Mitarbeitenden bloss 12 600 kWh/a. Das Vierfamilienhaus                  Das Projekt, das Teil des Windparks Quatre
                             Hardegger aus den 1950er-Jahren konsumierte vor der Sanierung 66 800 kWh/a. Dank                      Bornes ist, wurde mit 295 Jastimmen ge-
                             Wärmedämmung, energieeffizienten Haushaltsgeräten und LED-Lampen sank der Ge­                         genüber 100 Neinstimmen angenommen,
                             samtenergiebedarf um 72% auf 18 800 kWh/a. Die 31,3 kW starke PV-Anlage erzeugt                       sprich mit einer Mehrheit von 74%.  (MM)
                             24 500 kWh/a, 41% davon nordseitig. Der 16-Tonnen-Solarbagger mit Elektroantrieb der
                             Bauunternehmung Affentranger in Altbüron (LU) entstand in Zusammenarbeit mit der
                             Hochschule NTB in Buchs (Seite 16) und dem Baumaschinenhersteller Huppenkothen. Der
                             Suncar-Elektrobagger ist geräuscharm, emittiert keine Schadstoffe und verfügt mit 75 bis
                                                                                                                                   EKZ MISST WIND
                             167 kW über eine erheblich höhere Leistung als vergleichbare Dieselbagger mit knapp                   IN THUNDORF
                             70 kW. Im Vergleich zu einem Dieselbagger emittiert der Solarbagger jährlich 40 t CO2 we-
                             niger und spart pro Jahr CHF 21 000.– an Treibstoffkosten.                                            Die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich
                                                                                                                                   (EKZ) prüfen im Thurgauer Thundorf, ob
                                                                                                                                   sich der Standort für einen Windpark eig-
                                                                                                                                   net. Um Anhaltspunkte für die Wirtschaft-
                                                                                                                                   lichkeit zu erhalten, stellen sie im Novem-
                                                                                                                                   ber einen Windmessmast auf. Dieser wird
                                                                                                                                   das lokale Windaufkommen während eines
                                                                                                                                   Jahres detailliert messen und Anhalts-
                                                                                                                                   punkte für die Wirtschaftlichkeit eines
                                                                                                                                   möglichen Windparks geben. Aufgrund der
                                                                                                                                   Windpotenzialstudie des Kantons Thurgau
                                                                                                                                   gehen die EKZ von maximal sieben Wind-
                                                                                                                                   turbinen aus. Diese könnten jährlich rund
                                                                                                                                   25 Millionen Kilowattstunden Strom pro-
Bild: Solaragentur

                                                                                                                                   duzieren, was dem Bedarf von etwa 6000
                                                                                                                                   Vierpersonenhaushalten entspricht. Die In-
                                                                                                                                   betriebnahme kann frühestens 2021 erfol-
                                                                                                                                   gen.                                  (MM)

                             4     Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
Erneuerbare Energien - SSES.ch
AKTUELL

WIRD ZÜRICH ZUM                                                      ÄSTHETISCHE WINDENERGIE
SOLARKANTON?
Der Zürcher Kantonsrat will, dass auf allen geeigneten kantonalen
Gebäuden Solaranlagen erstellt werden. Zu diesem Zweck überwies
er dem Regierungsrat Anfang November den Auftrag, einen Aus-
bauplan für Solaranlagen für alle geeigneten kantonalen Liegen-
schaften zu erstellen. Der Kantonsrat verlangt zudem, dass Solar­
anlagen, die rentabel betrieben werden könnten, sofort installiert

                                                                                                                                               Bild: Samuel Devantery/RhônEole
werden. Der Kanton Zürich nimmt damit seine Vorbildrolle wahr
und geht einen grossen Schritt in Richtung erneuerbare Energien.

PV INTERNATIONAL: ÜBER 1%
STROM VON DER SONNE!
                                                                     Die erste Walliser Windenergieanlage Cime de l’Est in Collonges
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihren «Trends Report»    wurde vor zehn Jahren errichtet. Seither hat sie fast 50 Millionen
zur globalen Entwicklung der Photovoltaik 2014 publiziert. Im ver-   ­Kilowattstunden Strom geliefert. RhônEole hat zu ihren Ehren unter
gangenen Jahr konnte erneut ein rekordhohes Wachstum verzeich-        anderem einen Fotowettbewerb organisiert. Prämiert wurden die
net werden. Ende des Jahres kam erstmals über 1% des weltweit         schönsten Aufnahmen. Im Bild der 1. Preis. Die Wettbewerbsfotos
verbrauchten Stroms von der Sonne.                                   sind noch bis zum 8. Januar in der Galerie der Migros-Klubschule in
                                                                      Martigny ausgestellt.                                       (Red.)

SOLARMARKT-TRENDS: ENTSCHEIDENDE ZEIT FÜR
KLIMASCHUTZ UND ENERGIESTRATEGIE
Die für die in Paris laufende Weltklimakon-   kann die breite Markteinführung von Spei-
ferenz COP21 eingereichten nationalen         chersystemen entscheidend verzögert und
Selbstverpflichtungen zu Klimaschutzmass-     eine erfolgreiche Energiewende gefährdet
nahmen legen jeweils ehrgeizige Ziele für     werden.
2030 fest. Die Zielvorgaben der Länder lau-   Sunpower hat an seinem Analystentag vom
fen darauf hinaus, dass innerhalb der kom-    12. November gute Q3-Zahlen und auch
menden 15 Jahre Strom aus erneuerbarer        sehr positive Aussichten für 2016 präsen-
Energie mit etwa 36% des Strommixes die       tiert. Umsatz und Gewinn sollen deutlich
dominante Produktionsquelle wird.             steigen. Gleichzeitig werden neue Hoch-
                                                                                             Dr. Matthias Fawer           Balazs Magyar
Für das laufende Jahr erhöht die Nationale    leistungsmodule mit 354 W und einem
Energiebehörde in China ihr Ausbauziel        Wirkungsgrad von über 22% entwickelt
nochmals um 30%. Insgesamt 14 Provin-         und hergestellt. Insgesamt sollen die Pro-     der Solarenergie ins Stocken geraten. Aus­
zen wurden angewiesen, weitere 5,3 GW         duktionskapazitäten bis 2019 auf 4 GW          serdem werden leider keine bürokratischen
an Solarstromkapazität bauen zu lassen.       pro Jahr erweitert werden. Auch First Solar    und kostentreibenden Hürden abgebaut.
Damit steigt das Zubauziel 2015 auf           und Canadian Solar haben deutlich bessere      Der nationale Kongress der AEE Suisse zu
23,1 GW und China ist klar der am stärks-     Zahlen als erwartet vorgelegt. Einzig Sun­     erneuerbaren Energien und Energieeffi­
ten wachsende PV-Markt. In den anderen        Edison enttäuschte mit schlechten Zahlen.      zienz vom 13. November diskutierte die
Provinzen hält gemäss lokalen Medien der      Die komplexen Finanzierungen und Struk-        Energiewende und die Erfolgsaussichten
Netzausbau an vielen Orten nicht mehr         turen seiner YieldCos und die damit ver-       der Energiestrategie 2050 im neu gewähl-
Schritt mit dem enormen Zubau. Bis 2020       bundenen Risiken sind immer schwieriger        ten Parlament. Vieles hänge nun von ei-
sollen die Vergütungssätze moderat um         zu durchschauen und werden deshalb von         nem konstruktiven Differenzbereinigungs-
insgesamt 20% gesenkt werden.                 Investoren momentan gemieden.                  verfahren zwischen den beiden Kammern
Nach nicht einmal drei Jahren soll die För-   Die Schweizer Solarwirtschaft hat Anfang       ab. Entscheidend sei aber auch, dass die
derung für Solarspeicher in Deutschland ab    November mit Sorge die neuerliche Absen-       Befürworter aller Umweltverbände und al-
Dezember 2015 wieder gestoppt werden.         kung der KEV-Vergütungen für PV-Anla-          ler erneuerbaren Technologien Einigkeit
Energieminister Sigmar Gabriel hat dies in    gen ab 1. April und 1. Oktober 2016 durch      zeigen. Wenn noch ein grosser Wirtschafts-
einem Brief an die Wirtschaftskommission      das Bundesamt für Energie zur Kenntnis         verband für die Energiewende gewonnen
des Bundestages geäussert. Offenbar sind      genommen. Die Reduktion um insgesamt 7         werden könnte, wäre das extrem hilfreich.
für ihn die Grundlagen für den Ausbau der     bis 14% lässt sich auf keinen Fall mit ent-
Speicherkapazitäten bereits gelegt. Seitens   sprechenden Senkungen bei den Material-
der Solarwirtschaft ist man über das frühe    kosten begründen. Damit wird die Branche                 Dr. Matthias Fawer und Balazs Magyar,
Ende des Programms enttäuscht. Dadurch        stark unter Druck und der weitere Ausbau                   Nachhaltigkeitsresearch, Vescore AG

                                                                                             Erneuerbare Energien Nr. 6    Dezember 2015   5
Erneuerbare Energien - SSES.ch
AKTUELL

                         GLOBALSTRAHLUNG (W/m 2)                                                ANOMALIE (W/m 2)
                             Oktober 2015                                                        Oktober 2015
Grafiken: MeteoSchweiz

                         MEGASOL HAT NEUEN                                                                             100% ERNEUERBAR –
                         CLEANTECH-PARK ERÖFFNET                                                                       REALISIERBAR
                         Das Industrieareal in Deitingen (SO), auf dem der Elektrotechnik- und Automatisierungs­       Ademe, die französische Begleitagentur für
                         konzern ABB bis zum vergangenen Jahr Turbolader hergestellt hat, ist wieder belebt wor­       den energetischen und ökologischen Umbau,
                         den. Der Schweizer Solarmodulbauer Megasol Energie AG hat das 20 000 Quadratmeter             hat Ende Oktober den Schlussbericht
                         grosse Grundstück mit seinen sechs Fertigungshallen und dem vierstöckigen Bürogebäude         «Strommix – 100% erneuerbar?» publiziert,
                         übernommen. Megasol konnte damit seine bisherigen Standorte Wangen an der Aare, Lan­          der schon im Vorfeld reichlich für Wirbel ge­
                         genthal, Wiedlisbach und Zuchwil zusammenfassen.                                              sorgt hatte. «Es sind verschiedene Sorten
                         Markus Gisler, der Gründer und Chef von Megasol, will auf dem Gelände auch ein Grün­          Strommix denkbar, die die Nachfrage rund
                         derzentrum einrichten. Zu diesem Zweck wurde die Cleantech Businesspark AG gegründet.         um die Uhr und 365 Tage im Jahr befriedi­
                         Diese soll weitere Unternehmen nach Deitingen ziehen. «Mit dem Cleantech Businesspark         gen; sei es mit einem Anteil von 80 oder
                         wollen wir die bestmöglichen Bedingungen für Start-ups und Wachstumsunternehmen bie­          100% erneuerbaren Energien», so die
                         ten», erklärt Gisler in einer Mitteilung. Der Businesspark biete attraktive Mieten und die    Schlussfolgerung der Autoren. Doch sei dies
                         Möglichkeit zur Vernetzung. Er solle zu einem Innova­tionspark für angewandte Zukunfts­       «eine wissenschaftliche Trendstudie und kein
                         technologien werden. Dabei gehe es um gebäude­integrierte Energieerzeugung, intelligente      politisches Szenario». «Indem wir uns einen
                         Netze, Speichersysteme und nachhaltige Mobilität. Das Gelände selbst solle zu einem So­       100% erneuerbaren Strommix vorstellen, er­
                         larkraftwerk ausgebaut werden.                                                                möglichen wir, dass ein bisher für die Mehr­
                         Megasol will auf dem Industrieareal in den nächsten fünf Jahren direkt und indirekt           heit der Beteiligten unvorstellbares Szenario,
                         200 ­Arbeitsplätze schaffen. Die Gemeinde Deitingen und die regionale Wirtschaftsförde­       ein technisch mögliches Szenario wird.»
                         rung Innostep sind erfreut über die Ansiedlung. Diese biete für die ganze Wirtschaftsregion   In der Studie werden 14 verschiedene Vari­
                         Solothurn eine grosse Chance.                                                   (Red.,MM)    anten von Zusammensetzungen des Strom­
                                                                                                                       mixes dargestellt. Der Anteil der erneuer­
                                                                                                                       baren Energien liegt zwischen 40%, 80%,
                                                                                                                       95% und 100%, entsprechend gesellschaft­
                                                                                                                       lichen Kriterien wie Energiekosten, Finanzie­
                                                                                                                       rungsmöglichkeiten und Versorgungssicher­
                                                                                                                       heit. Beim 100%-Szenario wird davon aus­
                                                                                                                       gegangen, dass die Windenergie 63% des
                                                                                                                       Strombedarfs liefert, die Solarenergie 17%,
                                                                                                                       die Wasserkraft 13% sowie Geothermie und
                                                                                                                       thermische erneuerbare Energie 7%. Inter­
                                                                                                                       essant ist, dass bei diesem Szenario die Elek­
                                                                                                                       trizität kaum mehr kostet als beim 40%-Sze­
                                                                                                                       nario (das der offiziellen Politik entspricht bis
                                                                                                                       2030). Eine MW-Stunde im 100%-Szenario
                                                                                                                       kostet den Verbraucher 119 €, im 40%-Sze­
                                                                                                                       nario 117 €. «Nichtsdestotrotz müssen die
                                                                                                                       Kosten der Technologien weiter fallen»; und
                                                                                                                       die Ademe mahnt: «Die gesellschaftliche Ak­
 Bild: Megasol

                                                                                                                       zeptanz ist entscheidend.»             (MM, ih)

                         6       Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
Erneuerbare Energien - SSES.ch
AKTUELL

D: SPEICHERFÖRDERUNG                                                      EINE INNOVATIVE ANTWORT
VOR DEM AUS                                                               AUF DIE SPEICHERFRAGE
Das deutsche Wirtschaftsministerium hat beschlossen, die Förde­
rung für Batteriespeicher bei kleinen Photovoltaikanlagen zu been­
den. Das Ministerium kam gemäss einem Bericht des deutschen
pv magazins zu dem Schluss, dass alle mit dem Programm verbun­
denen Ziele erreicht wurden. «Ziel des Programms war es, die
Marktentwicklung von stationären Batteriespeichersystemen anzu­
schieben, ihre Technologieentwicklung zu beschleunigen sowie die
Kosten zu senken, um die PV-Batteriespeicher für Verbraucher inte­
ressanter zu machen. Diese Zielerreichung wurde festgestellt und

                                                                                                                                                   Bild: Alain Herzog, EPFL
die Ziele des Programms damit erreicht. Auch der Anfang Juli veröf­
fentlichte erste Monitoringbericht bestätigt, dass diese Ziele erreicht
wurden», erklärte eine Sprecherin des Ministeriums laut dem
pv magazin. Die Preise für Bleibatterien seien innerhalb eines Jahres
um 11 Prozent und für Lithium-Ionen-Batterien um 18 Prozent ge­
fallen. Die beobachtete Preisentwicklung folge einer typischen            Die Forschungsstelle für elektrische Verteilnetze an der ETH Lau­
Lernkurve, das bedeute bei einer Verdopplung des Produktionsvo­           sanne (EPFL) hat ein Verfahren zur Steuerung und Speicherung von
lumens fielen die Preise um 10 bis 20 Prozent.                  (Red.)   Energie entwickelt. Es wurde Ende Oktober auf der Website der
                                                                          Hochschule lanciert. Dank einer grosszügigen Mitfinanzierung des
D: Solarthermie 80% Heizenergie nach Sanierung                            Kantons Waadt besteht das System aus einer grosszügig dimensio­
Seit dem 1. April 2015 gibt es in Deutschland eine deutlich höhere        nierten Batterie für die Industrie, welche die Waadtländer Firma Le­
Förderung für ökologische Heizungen. Auf die Nachfrage nach So­           clanché entwickelt hat, die in den Solarpark des Energieversorgers
larwärmeanlagen haben die verbesserten Fördersätze im Marktan­            Romande Energie und EPFL integriert ist. Dies ermöglicht Tests des
reizprogramm (MAP) einen spürbaren Effekt. Das zeigen die An­             von Solaranlagen gespeisten Netzes unter realen Grössenordnun­
tragszahlen des deutschen Bundesamtes für Wirtschaft und Aus­             gen. Wissenschaftler werden in den kommenden Monaten die Ge­
fuhrkontrolle (BAFA), das die Förderanträge bearbeitet. Seit Juni         legenheit haben, neue Lösungen und industrielle Dimensionen zu
sind die Anträge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jeden Monat           testen. Dies im Hinblick auf eine optimale Ausnützung der erneuer­
gestiegen. Franz Jülg, Obstbauer im badischen Landkreis Ortenau,          baren Energien, vor allem der Photovoltaik, und ihrer Integration ins
hat sich schon vorher entschieden, dass er auf Solarwärme umstei­         elektrische Verteilnetz.                                       (MM)
gen will – und zwar konsequent. Bei dem Umbau seines Wohnhau­
ses war es sein Ziel, künftig so viel Heizenergie wie möglich solar zu
erzeugen. Deshalb hat er im vergangenen Jahr eine 72 Quadratme­
ter grosse Solarwärmeanlage auf seinem neuen, optimal ausgerich­
                                                                          SPEICHER AUS GEBRAUCHTEN
teten Dach installieren lassen.                                (MM)      AUTOBATTERIEN
D: Exportierter Strom teurer als Importe                                  Mit gebrauchten Fahrzeugbatterien will eine Schweizer Firma
Auf energy-charts.de haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Insti­          ­einen 13-Megawatt-Grossspeicher bauen. An dem Projekt sind
tuts für Solare Energiesysteme (ISE) Daten zum deutschen Aus­sen­         unter anderem auch Daimler und Getec Energie beteiligt. Ein Auf­
handel von Strom grafisch aufbereitet. Es zeigt sich, dass Deutsch­       bruch in eine neue Dimension, die die Elektromobilität und den
land durch den Export von Strom jedes Jahr Einnahmen in Milliar­          Stromsektor revolutionieren könnte? Der Spatenstich für den wohl
denhöhe erzielt. So waren 2014 Einnahmen von rund 1,7 Mrd. Euro           grössten Second-Use-Batteriespeicher in Lünen ist in diesem
zu verzeichnen. Auch 2015 wird wieder mit Einnahmen zwischen              Herbst jedenfalls erfolgt. Das Schweizer Unternehmen The Mobi­
1,5 und 2 Mrd. Euro gerechnet. Weiter zeigen die Analysen der             lity House AG (TMH) hat 650 gebrauchte Fahrzeugbatterien ge­
Wissenschaftler, dass der ins Ausland exportierte Strom im Durch­         sammelt, um daraus eine moderne Lade- und Speicherstation zu
schnitt höhere Marktpreise erzielt als der nach Deutschland impor­         errichten. In der Endstufe soll das Projekt 13 Megawatt haben und
tierte. Die These, Deutschland würde überschüssigen Strom ins              damit der grösste Second-Use-Energiespeicher der Welt sein, wie
Ausland verschenken, lässt sich nicht bestätigen.            (MM)         TMH mitteilte.
                                                                           Das Schweizer Unternehmen hat dazu laut eigenen Angaben eine
Hero-Areal in Lenzburg weicht 2000-Watt-Quartier                           Technologie entwickelt, welche die Integration der Fahrzeugbatte­
Mehr als 500 Wohnungen und Flächen für 800 Arbeitsplätze: In Lenz­        rien in das Stromnetz ermöglicht. In Lünen sollen die Batterien als
burg wird auf dem ehemaligen Hero-Areal beim Bahnhof ein neuer             stationärer Speicher dienen; in anderen Projekten werden sie ag­
Stadtteil gebaut. Bis 2018 soll ein nachhaltiges Vorzeige­ quartier        gregierte Schwarmspeicher fahrender Elektroautos sein. TMH
                                              nach den ­Zielen der         setzt dabei auf gesteuertes und bidirektionales Laden. The Mobi­
                                              2000-Watt-Gesell­            lity House wurde 2009 gegründet und betreut von den Standorten
                                              schaft    entstehen.         München, Zürich und San Francisco aus alle führenden Automo­
                                              Auch eine so­    ziale       bilhersteller in über 20 Ländern weltweit.                   (MM)
                                              Durchmischung wird
                                              angestrebt.  (MM)

                                                                                                  Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015   7
Erneuerbare Energien - SSES.ch
SPEICHERTECHNIK

BATTERIEN WERDEN
BEZAHLBAR
                           TEXT: SASCHA RENTZING                             neue Fabrik lag in der Luft, hatten sich die deutschen
                                                                             Autohersteller Audi, BMW, Daimler und Volkswagen zu-
                  Der Automobilzulieferer Bosch will offensichtlich gross    letzt doch sehr ernsthaft mit der Elektrifizierung ihrer
                  ins Geschäft mit Batteriespeichern einsteigen. Im Sep-     Fahrzeugflotten befasst. Ausserdem sind BMW und
                  tember übernahm der Stuttgarter Konzern das kaliforni-     Daimler inzwischen auch in das Geschäft mit stationä-
                  sche Start-up Seeo, dessen spezielle Lithium-Ionen-Bat-    ren Speichern eingestiegen, um auf dem wachs­       tums­
                  terien als besonders leistungsstark gelten. Ihre Anode,    trächtigen Feld der erneuerbaren Energien Fuss zu
                  der Minuspol, besteht aus reinem Lithium statt aus her-    ­fassen. Daimler bestückt seit diesem Sommer Energie-
                  kömmlichem Grafit. Dadurch soll ihre Energiedichte und      speicher für den privaten und gewerblichen Einsatz mit
                  somit die Reichweite von Elektroautos bei halbem Ge-        ­Lithium-Ionen-Akkus seiner Tochter Deutsche Accumo-
                  wicht deutlich steigen. «Die Festkörperzelle könnte eine     tive. Die gleiche Technik setzt der Konzern auch in sei-
                  entscheidende Durchbruchstechnologie sein», sagt             nen Elektrofahrzeugen ein. Ähnliche Pläne verfolgt der
                  Bosch-Chef Volkmar Denner. Der Konzern erwägt des-           US-Elektroautohersteller Tesla, der seinen neuen Solar-
                  halb, die Seeo-Technik in einer neuen Batteriefertigung      speicher Powerwall mit Batterien aus einer eigenen Mas-
                  in grossen Mengen herzustellen. Eine Entscheidung da­        senfertigung in Nevada ausrüsten will, die derzeit ge-
                  rüber soll voraussichtlich in den kommenden zwei Jah-        baut wird.
                  ren fallen, heisst es.                                       Das starke Interesse der Autokonzerne an den Batterie-
                  Bosch wäre das erste Unternehmen, das nach dem Rück-         speichern lässt auf deutliche Kostensenkungen bei der
                  zug der deutschen Industrie aus der Batterieproduktion       Technik hoffen. Das würde gleich zwei Branchen helfen,
                  den Wiedereinstieg in die Akkufertigung wagt. Eine           denn nicht nur als Antrieb für Elektromobile, sondern

8   Erneuerbare Energien    Nr. 6   Dezember 2015
Erneuerbare Energien - SSES.ch
SCHWERPUNKT

                                                                                DER BEDARF AN LITHIUM-IONEN-AKKUS FÜR
                                                                                ELEKTROAUTOS UND ENERGIESPEICHER STEIGT.
                                                                                DAS LENKT DEN FOKUS VON INDUSTRIE UND
                                                                                FORSCHUNG AUF DIE TECHNIK UND LÄSST
                                                                                ERWARTEN, DASS DIE KOSTEN DEUTLICH FALLEN.

                                                           Foto: www.kit.edus

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie suchen
nach Wegen, die Energiedichte und die Langlebigkeit
von Lithium-Ionen-Batterien weiter zu steigern und somit
die Kosten zu senken.

auch als Netzstabilisatoren, die die fluktuierende Ein-                         EFFIZIENTERE BATTERIEZELLEN
speisung von Solar- und Windenergie glätten, sind Ak-                           Bisher sind Kellerspeicher aufgrund ihrer hohen Kosten
kus immer gefragter. So zeigt die für das Schweizer                             aber nur eine Randerscheinung. Die gespeicherte Kilo-
Bundesamt für Energie (BFE) angefertigte Studie «Ener-                          wattstunde Solarstrom kostet derzeit rund 0,30 Euro und
giespeicher in der Schweiz; Bedarf, Wirtschaftlichkeit                          ist damit noch teurer als Haushaltsstrom aus der Steck-
und Rahmenbedingungen im Kontext der Energiestrate-                             dose, der zum Beispiel in Deutschland momentan bei
gie 2050», dass an einer Kombination von Photovoltaik                           durchschnittlich 29 Cent brutto rangiert. Doch Olaf
oder Windkraft mit Batteriespeichern langfristig kein                           ­Wollersheim, Leiter des Projekts Competence E am Karls-
Weg mehr vorbeiführt. Bisher sorgen Pumpspeicher-                                ruher Institut für Technologie (KIT), geht davon aus, dass
kraftwerke für die Balance im Netz, doch bei steigenden                          mit dem Einstieg der Autokonzerne ins Geschäft mit sta-
Ökostrommengen wird ihre Kapazität künftig nicht                                 tionären Speichern auch die Kosten der Systeme sinken
mehr ausreichen. Ausserdem wollen sich immer mehr                                werden. «Derzeit werden noch kleine Stückzahlen in viel
private Hausbesitzer und Gewerbetreibende von steigen-                           manueller Arbeit hergestellt. Das dürfte sich ändern: Mit
den Strompreisen abkoppeln. Batteriespeicher können                              den Erfahrungen aus der Autoproduktion lassen sich die
dabei helfen, indem sie einen effektiven Eigenverbrauch                          Speichersysteme stärker automatisiert und mit intelli-
von Solarstrom ermöglichen. Die Akkus nehmen die                                 genten Integrationskonzepten herstellen.» Auch die
tagsüber auf dem Hausdach gewonnene Sonnenenergie                                Schlüsseltechnik der Systeme, die Batterien, werden
auf und geben sie bei Bedarf abends oder am kommen-                              günstiger. Aktuell liegen die Fertigungskosten von Li-
den Morgen wieder ab – so muss kaum noch Strom aus                               thium-Ionen-Batterien laut Wollersheim bei durch-
dem Netz gekauft werden.                                                         schnittlich 300 bis 400 US-Dollar pro Kilowattstunde.

                                                                                                                 Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015   9
Erneuerbare Energien - SSES.ch
Bild: Manz AG
            Linienbau: Die Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge und als Ökostromspei-
            cher steigt. Vor allem chinesische Hersteller erweitern daher ihre Produktionskapazität.   das zu erreichen, muss die neue Zelle nach seiner Mut­
                                                                                                       massung an vielen Stellen optimiert worden sein, etwa
                                Dank Grössenkostenvorteilen durch steigende Produk­                    durch dünnere Metallfolien und Separatoren oder stärker
                                tionsmengen und produktionstechnischen Verbesserun-                    verdichtete Elektroden.
                                gen könnten die Kosten in den kommenden Jahren auf
                                200 US-Dollar sinken.                                                  INNOVATIONEN AUS DER SCHWEIZ
                                Eine Batterie besteht aus mehreren elektrisch mitein­                  Innovationen kommen bei den Batterien aber nicht nur
                                ander verschalteten Zellen. Vorreiter bei den Lithium-                 aus Asien, sondern auch aus Europa. Leclanché, Anbieter
                                Ionen-Zellen sind derzeit die asiatischen Elektrokon-                  kompletter Speichersysteme für den Energie- sowie für
                                zerne. Samsung aus Südkorea ersetzt demnächst seine                    den Transportbereich mit Hauptsitz in Yverdon-les-Bains
                                Batteriezellen mit 60 Amperestunden durch Zellen mit                   bei Lausanne, produziert im süddeutschen Willstätt
                                93 Amperestunden, was als grosser Entwicklungsschritt                  gleich zwei Batterietechniken: auf Basis von Lithium-
                                gilt. Die Amperestunde ist die Einheit der elektrischen                Titanat und neuerdings von Lithium-Grafit. Während
                                Ladung – je mehr Amperestunden eine Zelle erreicht,                    sich die zuerst genannte vor allem durch ihre hohe Zyk-
                                desto mehr Energie kann sie speichern. Wollersheim                     lenfestigkeit und Langlebigkeit auszeichne, könne die
                                schätzt, dass Samsungs Zellenherstellungskosten pro Ki-                Grafitvariante dank ihrer hohen Energiedichte doppelt so
                                lowattstunde durch die 50-prozentige Steigerung der                    viel Energie speichern wie Lithium-Titanat-Batterien,
                                Nennkapazität nochmals deutlich sinken werden. Um                      heisst es bei Leclanché. Damit könnten Elektrofahrzeuge
                                                                                                       wie Elektrobusse besonders lange Strecken zurücklegen.
                                                                                                       Künftig sollen die Stärken beider Techniken in gemisch-
                                                                                                       ten Systemen miteinander kombiniert werden und so die
                                                                                                       Gesamtbetriebskosten der Leclanché-Speicher weiter re-
                                                                                                       duzieren.

                                                                                                       INNOVATIVE MASCHINENBAUER
                                                                                                       Auch Batterieexperten im deutschen Maschinenbauver-
                                                                                                       band (VDMA) sind überzeugt, dass deutsche Unterneh-
                                                                                                       men den Asiaten in der Batterieproduktion Konkurrenz
                                                                                                       machen können. Die Serienproduktion von Hochleis-
                                                                                                       tungszellen sei auch in Asien und den USA noch längst
                                                                                                       nicht ausgereift, heisst es in einem aktuellen Positions-
                                                                                                       papier des Verbands. Vor allem Qualität und Ausbeute
                                                                                                       müssten stimmen. Hier böte das Know-how deutscher
Bild: zVg

                                                                                                       Maschinenbauer gepaart mit den Anforderungen und Er-
                                                                                                       fahrungen von deutschen und ausländischen Investoren
            Neue Speicher von Leclanché für das Eigenheim und für Elektrofahrzeuge.                    die Gelegenheit, Batteriezellfabriken auch in Deutsch-

            10    Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
SCHWERPUNKT

                 land aufzubauen. Ausserdem wäre es auch logistisch          steigern. Ein Fokus richtet sich auf sogenannte Lithium-
                 sinnvoll, den wachsenden Markt für Elektroautos und         Luft-Batterien, die eine Energiedichte von 1000 Watt-
                 stationäre Speicher aus deutschen Batterieproduktionen      stunden pro Kilogramm erreichen sollen – das Fünffache
                 zu bedienen. «Die Nachfrage steigt, und der Import si-      heute gängiger Lithium-Ionen-Akkus. Statt Grafit kommt
                 cherheitskritischer Batteriezellen ist teuer. Da lohnt es   bei dieser Technik für die Anode Lithiummetall zum Ein-
                 sich, eigene Fabriken aufzubauen», sagt der Batterieex-     satz, als Kathode dient Luft. Der Vorteil: Die Kathode ist
                 perte Peter Haan von der Siemens-Division Digitale Fab-     kein fester Bestandteil der Batterie mehr, sondern Sauer-
                 rik und Sprecher des VDMA-Lenkungskreises Batterie-         stoff aus der Luft strömt in die Batterie und reagiert mit
                 produktion.                                                 den freigesetzten Lithium-Ionen. Das macht die Batterie
                 Zahlreiche Entwickler und Wissenschaftler arbeiten in       leicht und kompakt. Die Autoindustrie hat deshalb be-
                 Deutschland bereits an der weiteren Verbesserung der        reits ein Auge auf die Lithiumtechnik geworfen. Sie
                 Batterietechnik und an neuen Konzepten. Die Firmen F &      könnte Reichweiten von 1000 Kilometern ermöglichen.
                 K Delvotec Bondtech und Trumpf Laser- und System-           Eine den Lithium-Luft-Batterien ähnliche Technik sind
                 technik etwa haben gemeinsam ein neues Verfahren zur        Aluminium-Luft-Batterien. Sie nutzen statt Lithium Alu-
                 Verbindung von Batteriezellen zu -modulen entwickelt.       minium als Anodenmaterial. Es ermöglicht nach An­
                 Meistens erfolgt dieses sogenannte Bonden, indem            gaben von Rüdiger-A. Eichel vom Forschungszentrum
                 Drähte mittels Ultraschall auf die Zellverbinder ge-        Jülich ebenfalls eine Energiedichte von 1000 Wattstun-
                 schweisst werden. Die beiden Firmen setzen stattdessen      den pro Kilogramm, allerdings sei Aluminium im Gegen-
                 auf Lasertechnik. «Das Laserbonden kann den Prozess         satz zu Lithium besser und günstiger verfügbar.
                 deutlich beschleunigen und die Kosten senken», sagt         Wissenschaftler des KIT entwickeln unterdessen Lithium-
                 Delvotec-Batterieexperte Josef Sedlmair. Marc Kirchhoff     Schwefel-Akkus, mit denen sich eine spezifische Energie
                 von Trumpf ergänzt, dass das neue, berührungsfreie Ver-     von 600 Watt pro Kilogramm erreichen lässt, also mehr
                 fahren auch eine höhere Flexibilität ermögliche. «Es kön-   als das Doppelte gängiger Lithium-Ionen-Akkus. Der
                 nen beliebige Drahtdicken verwendet werden. Dadurch         Nachteil der neuen Techniken ist jedoch, dass sie noch
                 lassen sich grössere, leistungsstärkere Zellen verwen-      nicht stabil genug sind. Die Herausforderung bestehe da-
                 den.» Kirchhoff weist aber darauf hin, dass es nicht den    rin, die Batterien so zu bauen, dass sie nicht schon nach
                 einen Standardprozess gebe. Auch andere Verbindungs-        kurzer Zeit an Kapazität verlieren, sagt Wollersheim. »Bis
                 techniken hätten ihre Berechtigung und entwickelten         Lithium-Schwefel-Akkus marktreif sind, wird es schät-
                 sich weiter, so Kirchhoff.                                  zungsweise weitere zehn Jahre dauern. Die Kommerzia-
                                                                             lisierung von Lithium-Luft-Batterien ist noch später zu
                 STEIGERUNG DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT                           erwarten.» Am Erfolg der Akkus wird das aber wohl
                 Während sich die Maschinenbauer auf die Optimierung         nichts mehr ändern. Bis die Zukunftsbatterien zur Verfü-
                 der Fertigungsprozesse konzentrieren, arbeiten Wissen-      gung stehen, dürften die Elektromobilität und der Markt
                 schaftler an ganz neuen Batteriekonzepten. Ihr vorrangi-    für stationäre Speicher dank verbesserter und günstige-
                 ges Ziel: die Leistungsfähigkeit der Technik weiter zu      rer Lithium-Ionen-Batterien längst laufen. 

                                                                                                                                              In der Akkuhalle:
                                                                                                                                              Energieversorger
                                                                                                                                              WEMAG und
                                                                                                                                              Technologie­
                                                                                                                                              unternehmen
                                                                                                                                              Younicos sorgen
                                                                                                                                              mit einem
                                                                                                                                              Batteriespeicher
                                                                                                                                              mit einer
                                                                                                                                              Leistung von
                                                                                                                                              fünf Megawatt
                                                                                                                                              im norddeut-
                                                                                                                                              schen Schwerin
                                                                                                                                              dafür, dass
                                                                                                                                              Wind- und
Bild: WEMAG AG

                                                                                                                                              Sonnenstrom
                                                                                                                                              sicher in das
                                                                                                                                              Netz integriert
                                                                                                                                              werden.

                                                                                                             Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015   11
SONNE

4. TAGUNG SOLARWÄRME SCHWEIZ 2015
DIE INSTALLATION VON VERGLASTEN FLACH- UND VAKUUMKOLLEKTOREN IST RÜCKLÄUFIG.
DIE BRANCHE STELLT SICH DEN NEUEN HERAUSFORDERUNGEN, DAMIT EINE TRENDUMKEHR
IM NOCH IMMER FOSSIL DOMINIERTEN WÄRMEMARKT MÖGLICH WIRD. AN DER 4. TAGUNG
SOLARWÄRMEMARKT VON SWISSOLAR SIND AUCH FRAGEN ZUM AUFBAU EINES ADÄQUATEN
MARKETINGS AUFGEWORFEN WORDEN.

MIT BESSEREM MARKETING
ZU MEHR SOLARWÄRME

     TEXT: ANDREAS HÜGLI                            litischen Rahmenbedingungen gewartet         Preisgestaltung, Subventionspolitik, sin­
                                                    werden kann, ist den über 330 Solarwär­      kende Verkaufszahlen und Fachwissen
Nach den Spitzenjahren 2009 bis 2012, in            meprofis durchaus bewusst. Die raschen       unterhält. Dabei sei der Kunde bereit, für
denen in der Schweiz jeweils rund                   Umsetzungen der Mustervorschriften der       ein qualitativ gutes Produkt auch mehr zu
140 000 m2 Kollektoren installiert worden           Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014)
sind, ist der Solarwärmemarkt hierzulande           sind zwar dringlich, doch ist die Solar­
seit 2013 rückläufig (vgl. Grafik). Zwar            wärmebranche auch aufgefordert, ein ef­       4. TAGUNG SOLARWÄRME
weniger stark als in unseren Nachbarlän­            fektives Marketing für ihre Produkte zu       SCHWEIZ 2015
dern, aber doch substanziell. Insbesondere          lancieren.                                    Am 30. Oktober 2015 fand bereits zum
die Installation auf Einfamilienhäusern ist                                                       vierten Mal die Tagung «Solarwärme
stark eingebrochen, was durch eine ver­             WENIGER TECHNIK – MEHR                        Schweiz» in der Messe Luzern statt. Sie
mehrte Nachfrage bei Mehrfamilienhäu­               EMOTIONEN                                     wurde von rund 150 Solarwärmeinter­
sern zum Teil kompensiert werden kann.              Als Advocatus Diaboli tritt der als Refe­     essierten besucht. Branchenexperten,
Die Branche ist sich einig. Damit der Ne­           rent eingeladene Marketingexperte Walter      Politiker sowie weitere Referenten the­
gativtrend gestoppt werden kann, ist ein            Zürcher vor dem in Luzern versammelten        matisierten aktuelle Markttrends und
grundlegender Wandel notwendig. Dass                Fachpublikum auf. Er kritisiert, dass sich    stellten Beispiele aus Praxis, Forschung
nicht einzig auf die Verbesserung der po­           die Branche zur Hauptsache über Technik,      und Technik vor.

12   Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
SONNE

                                               bezahlen. «Die gesamte Kommunikation
                                               muss überdacht werden. Gemeinsam soll
                                               die Branche mit verständlichen Aussagen
                                               auftreten. Kundennähe heisst das Stich­
                                               wort», führt Zürcher aus. Der Werber for­
                                               dert mehr Emotionalität in der Kommuni­
                                               kation und zeigt dies an erfolgreichen
                                               Werbekampagnen für Ökofood von Gross­
                                               verteilern auf. Emotionen würden das

                                                                                                                                                Bild: Ernst Schweizer AG
                                               Produkt an den Kunden oder vielmehr an
                                               die Kundin bringen.

                                               DIE WICHTIGSTE KUNDEN-
                                               GRUPPE
                                               «Die wichtigste Zielgruppe der Werbung
                                               sind Frauen – auch in der Solarbranche»,       eine Frauenveranstaltung zum Thema
                                               sagt Walter Zürcher in das fast aus­           Warmwasser aus Sonne durchgeführt? Er­
                                               schliesslich männliche Publikum. Frauen        halten Ihre Mitarbeitenden einen Bonus,
                                               würden die meisten Aufträge auslösen,          wenn Sie einen Solarauftrag akquirieren?
                                               verwalten mehrheitlich das Geld und ent­       Hatten Sie in Ihrem Betrieb schon einmal
                                               scheiden grösstenteils, was täglich einge­     Besuch eines Kindergartens? Beinhalten
                                               kauft werde. Genau diese Zielgruppe            Ihre Offerten im thermischen Solarbereich
                                               würde sich aber mehr für Gesundheit im         immer auch Varianten? Nutzen Sie Ihr
                                               Wohnbereich, bewussten Umgang mit              Handwerkerumfeld für den Verkauf von
                                               Material und Produkten, Design mit Nut­        thermischen Solaranlagen? Investieren
                                               zen sowie einen sinnvollen Umgang mit          Sie über 10% (Vollkostenrechnung) des
                                               Energie als für technische Belange inter­      Umsatzes in Ihre Kommunikation?»
                                               essieren.                                      Zürcher ist überzeugt, dass in die Kommu­
                                                                                              nikation mehr investiert werden müsste,
                                               TIPPS FÜRS MARKETING                           diese sei der Motor eines Betriebs. Er lässt
                                               Der durch die Kampagne «Der Schreiner.         auch darüber abstimmen, ob die Solar­
                                               Ihr Macher» bekannte Werber spart denn         wärmeprofis bereit wären, während dreier
                                               auch nicht mit Marketingtipps. Monteure        Jahre eine Sonderfinanzierung an Swisso­
                                               sollen bei der Installation einer Anlage       lar zu entrichten, um die Kommunikation
                                               den Nachbarn Zettel in die Briefkästen         zum Thema thermische Solaranlagen vor­
                                               verteilen: «Wir installieren bei Meiers eine   anzutreiben. Die Mehrheit der Anwesen­
                                               Solaranlage. Wann dürfen wir Ihnen eine        den befürwortet dies – ein positives Signal
                                               Offerte unterbreiten?» Mit seinen kriti­       an den Branchenverband.
                    Bild: Ernst Schweizer AG

                                               schen Schlussfragen an das Plenum und
                                               den von den Fachleuten per Abstim­             DIE WACHSTUMSMÄRKTE
                                               mungskarte gegebenen Antworten, will er        Swissolar geht davon aus, dass bei heuti­
                                               die Branche zum Handeln anregen: «Ha­          gem Tempo mit den vorhandenen Solar­
                                               ben Sie schon einmal in Ihrem Betrieb          profis in den nächsten 30 Jahren rund
                                                                                              60 000 Mehrfamilienhäuser mit Solar­
                                                                                              wärmeinstallationen ausgerüstet werden
                                                                                              können. Als Verkaufsargumente für den
                                                                                              Werber stehen dabei Sicherheit (Versor­
                                                                                              gung, Zukunftssicherung, Unabhängig­
                                                                                              keit), Gesundheit (Umweltbelastung, Zu­
                                                                                              kunft, weniger Schadstoffe) und Design
                                                                                              (Kreativität, neue Formen, Mut zur Verän­
                                                                                              derung) im Zentrum.

                                                                                              www.swissolar.ch
Grafik: Swissolar

                                                                                              Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015   13
POLITIK UND WIRTSCHAFT

KLIMA-GIPFEL PARIS
NOCH BIS ZUM 11. DEZEMBER VERHANDELN IN PARIS DIE POLITISCHEN ENTSCHEIDUNGS­
TRÄGER: ALS NACHFOLGEVERTRAG FÜR DAS KYOTO-PROTOKOLL SOLL EIN NEUES
ABKOMMEN MIT VERBINDLICHEN KLIMAZIELEN FÜR ALLE 196 MITGLIEDSSTAATEN DER
UN-KLIMARAHMENKONVENTION VEREINBART WERDEN.

SUBVENTIONEN FÜR ERDÖL
SOLLEN ABGESCHAFFT WERDEN
     TEXT: NORA SCHEEL, INGRID HESS                                                                                 wie der Basler Bischof Felix Gmür, Sänge-
                                                                                                                    rin Stefanie Heinzmann und Profiboxer
Seit dem 30. November und bis zum                                                                                   Arnold «The Cobra» engagierten sich aus
11. Dezember 2015 findet die UN-Klima-                                                                              ihrem ganz persönlichen Grund für eine
konferenz in Paris (COP 21) statt. Es ist die                                                                       fortschrittliche Klimapolitik. Denn: «Der
21. UN-Klimakonferenz und gleichzeitig                                                                              Klimawandel gefährdet unsere Lebens-
das 11. Treffen zum Kyoto-Protokoll. Der                                                                            grundlagen und setzt allem zu, was uns
Konferenz wird eine zentrale Bedeutung                                                                              lieb ist: vom Kaffee über den Wald bis zur
beigemessen, denn es soll eine neue inter-                                                                          Freiheit.» Darum könne der Klimawandel
nationale Klimaschutzvereinbarung in                                                                                niemandem egal sein. In Zürich, Bern,
Nachfolge des Kyoto-Protokolls verab-                                                                               St. Gallen, Genf (alle 28.11.) und Lugano
schiedet werden, an der sich alle Staaten                                                                           (29.11.) fanden am «Global Day of Action»
beteiligen.                                                                                                         fünf Klima-Allianz-Anlässe statt. Der
                                                                                              Bild: Klima-Allianz

Ziel der Konferenz muss sein, die Treibh-                                                                           Welt-Hauptanlass in Paris war aus Sicher-
ausgas-Emissionen weltweit deutlich zu                                                                              heitsgründen verboten worden.
senken. Daran sollen jetzt alle Länder im
Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglich-                                                                              60 ORGANISATIONEN FÜR
keiten mitarbeiten. Die Schweiz wird sich       Schweizer Klima-Kampagne voller Liebe.                              DEN KLIMASCHUTZ
in Paris auch für die Abschaffung der                                                                               Die Klima-Allianz ist ein Verbund von
Subventionen für Kohle, Erdöl und Gas           muss für einen wirksamen Vertrag einste-                            rund 60 Organisationen, die sich für eine
einsetzen. Seit Jahren laufen Bemühun-          hen und vor allem ihre eigenen Hausauf-                             faire Schweizer Klimapolitik einsetzen.
gen in diese Richtung – bisher allerdings       gaben machen, fordert die Klima-Allianz.                            Sie organisierte den Schweizer Aktionstag
ohne allzu viel konkreten Erfolg. Die           Die CO2-Emissionen im Inland seien bis                              des weltweiten «Global Day of Action»
Schweiz arbeitet in dieser Sache zusam-         2030 um 60 Prozent zu senken, und bis                               zum Start der UN-Klimaverhandlungen in
men mit Neuseeland, Äthiopien, Costa            2050 müsse die Schweiz ganz aus den fos-                            Paris.
Rica, Dänemark, Finnland, Norwegen und          silen Energien aussteigen. Zudem sei es                             120 Staats- und Regierungschefs und Ver-
Schweden. Fast alle Länder verbilligen          wichtig, die Entwicklungsländer zu unter-                           treter aus 75 weiteren Ländern sind am
den Preis für Öl, Gas und Kohle. Die welt-      stützen, die wenig zur Klimaerwärmung                               30. November nach Paris gekommen. Die
weiten Subventionen betrugen im Jahr            beigetragen hätten, aber besonders darun-                           UN-Klimakonferenz in Paris findet zwei
2013 laut der Internationalen Energie-          ter litten, und das nicht auf Kosten der                            Wochen nach den terroristischen An-
agentur (IEA) umgerechnet 556 Milliarden        sonstigen Entwicklungszusammenarbeit.                               schlägen, jedoch unter einem enormen
Franken. Das ist mehr als viermal so viel,      «Bei keinem der Punkte ist die Politik bis-                         Sicherheitsaufgebot statt. Kein einziger
                                                                                                                    ­
wie weltweit im selben Jahr zur Förderung       her auch nur annähernd auf Kurs», kriti-                            Staatschef hatte eine Vertagung des Gip-
von erneuerbaren Energien ausgegeben            siert die Klima-Allianz.                                            fels verlangt. Allerdings soll der Gipfel
wurde. Die Abschaffung der Subventio-                                                                               auf die rein politischen Gespräche redu-
nen für fossile Energieträger wäre ein          «DENN ICH LIEBE»                                                    ziert werden. Konzerte und andere festli-
wichtiger und effektiver Beitrag zur Re-        Zum Start der UN-Klimakonferenz in ­Paris                           che Veranstaltungen wurden aus Sicher-
duktion der Treibhausgase.                      waren in Zürich, Bern, St. Gallen, Genf                             heitsgründen abgesagt.
Gerade Länder wie die reiche Schweiz ste-       und Lugano Ende November viele Men-
hen in der Pflicht, mit entschiedenen           schen auf die Strasse gegangen. Der                                 www.dennichliebe.ch
Schritten voranzugehen. Viele Städte, Un-       Klima-Aktionstag in der Schweiz stand
ternehmen und Organisationen machen in          unter dem Motto «Denn ich liebe». Mit
diesem Sinne bereits vorwärts und zeigen,       einem Herzen zeigten Unterstützerinnen
                                                ­
dass es möglich ist, klimafreundlich und        und Unterstützer, warum sie gegen den
wirtschaftlich zu agieren. Die Schweiz          Klimawandel kämpfen. Auch Prominente

                                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2015   15
POLITIK UND WIRTSCHAFT

CAS-WEITERBILDUNG
DER AUSBAU DER ERNEUERBAREN ENERGIEN SCHREITET ZÜGIG VORAN. VIELE UNIVERSITÄTEN
UND FACHHOCHSCHULEN BIETEN DESHALB NEUE STUDIENGÄNGE AN. DIE HOCHSCHULE
TECHNIK IN BUCHS VERSUCHT MIT EINEM MAS ENERGIESYSTEME LEHRE UND PRAXIS ZU
VERBINDEN.

15 PROZENT SOLARSTROM
FÜR GEMEINDE

 Jedes sechste Dach in Zwischenwasser hatte bis im Herbst eine Solarzelle.                                                                     Bild: zVg

     TEXT: MARKUS MARKSTALER*                        0,5 Metern. Es wird mittels eines Flug-       11,5 MW Leistung und einer Jahrespro-
                                                     zeugs durch einen Airborne-Laserscan          duktion von 10,6 Mio. kWh.
Der Bürgermeister und das Energiestadt-              (Lichtpulsmessung) erstellt. Mit diesen
Team von Zwischenwasser (Vorarlberg)                 150 Millionen Datenpunkten wird die           IM DIALOG MIT DEN BÜRGERN
wollten aktiv die Zukunft gestalten – und            Ausrichtung, Neigung und Grösse der Dä-       Mit dieser Kenntnis und dem Solarkatas-
setzten auf die Photovoltaik. Nur wussten            cher einer Region ermittelt. Der NTB HPC      ter konnte die Gemeinde mit den Bürgern
sie nicht, wie gross ihr Ertrag sein wird.           (High Performing Computer) benötigt für       in den Dialog treten. Der Zugriff auf den
Aus diesem Grund wurde eine Koopera-                 die Auswertung der Daten 78 Stunden.          Solarkataster erfolgt über das Internet.
tion mit der Interstaatlichen Hochschule             Im zweiten Schritt werden Fernabschat-        Dort kann das eigene Gebäude bzw. Dach
Buchs NTB eingegangen. Die NTB be-                   tungen berechnet, welche durch die Hori-      im Orthophoto angesehen werden. Durch
schäftigt sich seit über einem Jahrzehnt             zontlinie oder Berge gegeben sind. Zu-        Anklicken werden die notwendigen Infor-
mit Energie. Sie entwickelte für die Ge-             sätzlich wird die Nahabschattung einkal-      mationen angezeigt. Dazu gehören neben
meinde Zwischenwasser den Algorithmus                kuliert, die durch Bäume oder Gebäude         Anlagenleistung und Jahresertrag auch
für einen Solarkataster, der präzise Er-             entsteht. Als dritter Schritt wird beim So-   die möglichen Kosten der PV-Anlage.
tragsprognosen ermöglicht.                           larkataster die Strahlung ortsaufgelöst be-   Gemeinsam mit hansesun wurde das Paket
Ausgangspunkt ist ein digitales Oberflä-             rechnet. Die Analyse zeigte für die Ge-       «Strom vom eigenen Dach» kreiert. Inhalt
chenmodell mit einer Auflösung von                   meinde Zwischenwasser ein Potenzial von       war ein Fixpreis für eine qualitätsgesi-

16   Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
POLITIK UND WIRTSCHAFT

 cherte PV-Anlage inklusive Abwicklung,
 d.h. Bauanzeige, Einspeisegesuch usw.
 Zusätzlich unterstützte die regionale Bank
 das Vorhaben durch unbürokratische Ab-
 wicklung einer Finanzierung mit einem
 zinslosen Darlehen für sieben Jahre. Ein
 5-kW-Paket liegt bei CHF 9400.– inkl.
 MwSt. und Investitionsförderung. Der In-
 vestition steht der Nutzen des «Stroms
 vom eigenen Dach» gegenüber. Mit
 CHF 54.– pro Monat und nach sieben Jah-
 ren ist die PV-Anlage abbezahlt und
­Eigentum.

100 ANLAGEN IN 100 TAGEN
An einem Montag wurde mit einem
­Schreiben über das Paket informiert, bei
 der Infoveranstaltung am darauffolgen-
 den Freitag war das Interesse gross. Be-
 reits berichtete der erste Bürger über die
 Erfahrungen mit der installierten Anlage,
 die er sofort nach Erhalt des Schreibens
 bestellt und zwei Tage später in Betrieb
 genommen hatte. Dies setzte sich Stras­
 senzug um Strassenzug über den ganzen
 Sommer fort. Beim Sonnenfest am 2. Ok-
 tober 2015 wurde in Zwischenwasser erste
 Bilanz gezogen: 100 Anlagen in 100 Ta-
 gen. Mit den bestehenden Anlagen sind
 1,52 MW Photovoltaikleistung installiert,
 ²⁄³ davon nach Onlineschaltung des Solar-
 katasters im April 2014. Die Leistung ver-
 teilt sich auf 170 Anlagen in Zwischen-
 wasser. Jedes sechste Gebäude hat also
 eine PV-Anlage. Damit können derzeit
 15 Prozent des Strombedarfs erzeugt wer-
 den.

* Institut für Energiesysteme
 Projektleitung Forschung elektrische Energie-
 systeme und Lehrbeauftragter für Photovoltaik.

 PRAXIS UND LEHRE: NTB
 Erkenntnisse aus der Praxis treffen sich
 an der Interstaatliche Hochschule für
 Technik Buchs NTB mit der Lehre. Die
 NTB bietet hierzu die technisch fun-
 dierte Masterausbildung MAS Energie-
 systeme an, welche in einzelne Fach-
 kurse unterteilt ist. Im Frühling 2016
 startet das CAS Photovoltaik und bietet
 neben den Grundlagen zu Photovoltaik
 auch die Integration von PV in das
                                                                                                                                                            Bild: Hansa Luftbild AG

 Netz zusammen mit Speichern und
 ­E-Mobilität. Die NTB bietet ferner das
  CAS Energiesysteme, das CAS Wärme-
  pumpen/Kältetechnik und das CAS So-
  larthermie.
 www.ntb.ch/ies                                   Alle wichtigen Infos mit einem Klick: Leistung, Ertrag und Kosten der Solaranlage.

                                                                                                        Erneuerbare Energien Nr. 6     Dezember 2015   17
FORSCHUNG

ELEKTROMOBILITÄT
WÄREN AUF DEN SCHWEIZER STRASSEN NUR NOCH ELEKTROAUTOS UNTERWEGS, KÖNNTE
DAS LAND SEINEN GESAMTEN ENERGIEVERBRAUCH UM EINEN VIERTEL SENKEN. FÜR DIESE
VISION LEBT JOSEF BRUSA SEIT ÜBER DREI JAHRZEHNTEN. ZURZEIT BAUT DER OSTSCHWEIZER
ELEKTROMOBILITÄTSPIONIER MIT SEINER ENTWICKLUNGSFIRMA BRUSA ELEKTRONIK AG EINE
INDUKTIVE LADESTATION. MIT IHR LADEN SICH ELEKTROAUTOS WIE VON ZAUBERHAND.

STROM TANKEN WIE VON
ZAUBERHAND
     TEXT: BENEDIKT VOGEL                           Prius mit Hybridantrieb. «Als ich mein            Umrichter, die aus der Gleichspannung
                                                    Auto vor zehn Jahren kaufte, waren noch           der Batterie Drehstrom für die Elektromo-
Seit einigen Jahren gelten E-Bikes als              keine reinen Elektrofahrzeuge auf dem             toren herstellen. Oder DC/DC-Spannungs-
chic. Die Idee hinter den Elektrovelos ist          Markt», sagt der 58-Jährige, als müsse er         wandler, die den Batteriestrom (400 Volt)
allerdings schon viel älter. Einer der Ah-          sich für ein Missgeschick entschuldigen.          für die Anwendung in Autoradio, Schei-
nen von Flyer und Co. ist das SOFA, das                                                               benwischern und Lichtanlage auf 12 Volt
Solarfahrrad. Eine Gruppe junger Visio-             DENKFABRIK FÜR                                    transformieren. Oder Batteriemanage-
näre schraubte dieses Bastelfahrzeug in             ELEKTROMOBILITÄT                                  mentsysteme, die Verlässlichkeit und Le-
den Gründerjahren der Ökobewegung zu-               Vom Parkplatz zur Produktionshalle sind           bensdauer der Akkus entscheidend beein-
sammen. Ein Solardach lieferte den Strom            es nur wenige Schritte. Hier stellt Brusa         flussen.
für das SOFA. Der Antrieb stammte von               Ladegeräte für E-Mobile her, in kleiner           Mehr noch als Produktionsstätte ist die
einem jungen Elektroingenieur. Er hiess             Ausführung mit 3,5 oder 7,2 kW Leistung,          Brusa Elektronik AG aber Entwicklungs-
Josef Brusa und schloss damals, im Jahr             aber auch in der Grossausführung mit              abteilung. «Die Firma ist ein Thinktank,
1981, gerade die Interstaatliche Hoch-              22 kW, wie sie dann in Hambach (Lothrin-          und ihr Chef Josef Brusa ein Steve Jobs
schule für Technik in Buchs (SG) ab. Der            gen [F]) in den Elektro-Smart eingebaut           der Elektromobilität», sagt Martin Pulfer
frisch gebackene Ingenieur gehörte zu den           werden. Daneben produziert die Firma              vom Bundesamt für Energie, das Brusa
Solarpionieren, deren Elektrofahrzeuge              eine breite Palette von leistungselektroni-       seit 1991 immer wieder bei innovativen
dann an der «Tour de Sol» um die Wette              schen Bauteilen für Elektrofahrzeuge:             Projekten unterstützt hat. Drei Fünftel der
eiferten. Die erste «Tour de Sol» startete
1985. Das war auch das Jahr, in dem Josef
Brusa seine Faszination für alternative
Antriebssysteme zum Beruf machte. Er
gründete eine Firma, die Komponenten
für Solar- und Elektrofahrzeuge herstellte.
30 Jahre später ist die Brusa Elektronik
AG ein Unternehmen mit weltweitem Re-
nommee und engen Lieferbeziehungen zu
Automobilkonzernen wie Daimler, BMW,
Volvo, VW, Audi, Magna Steyr sowie
amerikanischen und asiatischen Herstel-
lern. Mit der Entwicklung und Produktion
von Elektroantrieben, Batterien und leis-
tungselektronischen Komponenten für
Elektromobile setzen die 120 Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter der Brusa Elektro-
nik AG im Jahr 25 Mio. Fr. (2015) um. Auf
                                                                                                                                                    Bilder: Benedikt Vogel

dem Firmenparkplatz in Sennwald (SG)
glänzen ein Renault ZOE, ein Opel Am-
pera und ein Volvo C30 Electric um die
Wette – der Tesla ist heute unterwegs. Jo-
sef Brusa, der Firmenchef, fährt noch
nicht vollelektrisch. Er hat einen Toyota           Auf diesem Prüfstand können Motoren bis zu 150 kW getestet werden.

18   Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2015
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