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Ausgabe 4 • 2020 61. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK BDFaktuell Wiederbewaldung BDFaktuell 4 2020 1
INHALT Ausgabe 4 • 2020 61. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK Titelthema Deutschland forstet auf 4 BDFaktuell Experten gefragt: Gemeinsam für den Wald Interview mit Prof. Dr. Fischer 6 7 Forstwirtschaft | Forstpolitik Gewerkschaftstag auf der Kippe 12 Corona und das Arbeitsrecht 12 KWF-Tagung 2020 13 Abgeschlossene Hochschulbildung 14 Aus den Ländern BDF und Nationalpark Schwarzwald 17 Förderprogramm für Wälder in Bayern 18 Umfrage zu KW-Betreuung 20 Treffen mit MdL Skutella (FDP) 21 Wiederbewaldung BDFaktuell 4 2020 1 Waldumbau in Brandenburg 22 Offener Brief zur Lage in Hessen 23 Tellower Gespräch mit Minister Backhaus 25 Die Wiederbewaldung beschäftigt derzeit Fachleute und auch inter- essierte Laien zuhauf. Je nach Situation sind Pflanzungen nötig. Aber HAWK: Neue Studentensprecherin 27 auch Saat und Naturverjüngung sind Optionen. Patentrezepte gibt es Uni Göttingen: Neuer Studentensprecher 28 nicht und langes Abwarten scheidet eher aus. Auch Nadelholz – wie NRW-Personalratswahlen 28 hier die Tannensaat – wird beteiligt sein. Ohne die Fehler der Vergan- genheit. Foto: Ingolf Profft, ThüringenForst Nachruf auf Heribert Erdle 29 Trauer um Dieter Rupp 30 Jahreshauptversammlung in Argenthal 32 Neuer Anwärterjahrgang beim Saarforst 33 Arbeitskreis FUB in Bad Schandau 34 Neuer Wald in Schleswig-Holstein? 35 Gemeinsam für den Wald 36 Hundeeinsatz bei der BImA 37 Personelles Freud und Leid 38 IMPRESSUM Herausgeber: Bund Deutscher Forstleute (BDF), Geschäftsstelle, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 65 700 102, Telefax (0 30) 65 700 104, Info@bdf-online.de – Fachgewerkschaft für Forst- beamte und -beschäftigte im dbb beamtenbund und tarifunion Verantwortlicher Chefredakteur: Armin Ristau, Silberborner Straße 1, 37586 Dassel, Telefon (0 55 64) 91122 (p), bdf.aktuell@t-online.de Stellvertreter: David Ris, Klosterstraße 36, 53340 Meckenheim, Telefon (0151) 15 74 45 73 Gesamtherstellung und Vertrieb: Wilke Mediengruppe GmbH, Hamm, ISSN-Nr.: 0945-6538 Bestellanschrift, Anzeigen: Wilke Mediengruppe GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, Telefon (0 23 85) 4 62 90-0, Telefax (0 23 85) 7 78 49 89, anzeigen@wilke-mediengruppe.de Bezugsbedingungen: BDF AKTU- ELL erscheint monatlich. Bezugspreis monatlich 2,95 E zuzüglich Porto + Verpackung, für BDF-Mitglieder im Beitrag eingeschlossen. Spruch Erscheinungsweise: zum 1. jedes Monats. Redaktionsschluss: am 1. des Vormonats bei der Redaktion. Bestellungen sind an den Verlag zu richten. Landesredakteure: Marlene Schmitt (BaWü), Robert Nörr (By), Ines von Keller (Br), Dr. Manfred Johann (He), Anton Schabl (MV), Henning Ibold (Nds.), Ute Messerschmidt (NRW), Thomas Bublitz (RLP), Philipp Klapper (Saar), Wanda Kramer (SN), des Monats Astrid Eichler (SN-A), Christian Rosenow (Sch-H), Jens Düring (Th), Kathrin Müller-Rees (Bundesforst) Bildnachweise: S. 10: foresters4fu- ture# Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war. Das Kennwort für den geschützten Internetzugang lautet im März: robinie Benutzername: bdf Bertolt Brecht 2 BDFaktuell 4 2020
EDITORIAL Liebe Kolleginnen und Kollegen! schäft ja sowieso kaum etwas zu erklären und ich stelle mir schon länger die Frage, warum spielsüch- Das Leben hält immer wieder Überraschungen für tigen Schnöseln und rücksichtslosen Egomanen so uns bereit. Seit Mitte März bestimmt die Coro- viel Aufmerksamkeit geschenkt und Macht anver- na-Pandemie unseren Alltag. Schulausfälle fordern traut wird. die Eltern unter uns in besonderer Weise. Ältere und durch Vor- und Grunderkrankungen besonders Aber wir müssen ja gar nicht mal so weit schauen. gefährdete Menschen bedürfen besonderer Schutz- Auch im Cluster Wald & Holz macht sich noch das maßnahmen. Und wir alle als Gesellschaft eine ge- ein oder andere Nachbeben des Neoliberalismus lebte Solidarität. Letztere scheint oftmals leider et- bemerkbar: Mit einer gewissen Genugtuung habe was aus der Mode gekommen zu sein und wurde ich deshalb zur Kenntnis genommen, dass das lange von einigen Zeitgenossen eher als Begriff aus Oberlandesgericht Hamm die Berufung der Klaus- der Mottenkiste des Gemeinwesens höchstens mit ner-Gruppe gegen das Land NRW hinsichtlich der einem gewissen Lächeln zur Kenntnis genommen. Holzlieferverträge im Zusammenhang mit den gi- Für uns als Fachgewerkschaft handelt es sich dabei gantischen Schadholzmassen durch den Orkan Ky- jedoch um eine feste wertbestimmende Säule un- rill vor über zehn Jahren zurückgewiesen hat. Nun seres Selbstverständnisses. So bietet die Coro- bleibt abzuwarten, wie die Justiz mit der weiteren na-Krise – neben den sehr ernst zu nehmenden Klage der „ Ausgleichsgesellschaft der Sägeindust- Risiken – auch eine Chance für einen Moment des rie“ umgehen wird, die gegen mehrere Bundeslän- Nachdenkens: über unser Land, unsere Gesell- der eine zivilrechtliche Klage im Zusammenhang schaft, unser Gemeinwesen und unser Leben. Um mit dem Kartellverfahren erhoben hat. Insgesamt bestimmte Risikoabwägungen werden wir dabei geht es dabei um Schadenersatzforderungen in nicht herumkommen. Werden uns Amazon & Co Höhe von über einer Milliarde Euro! Das sind mehr wirklich dabei helfen können, diese Lebensphase als die von Bund und Ländern zugesagten GAK-Mit- einigermaßen komfortabel zu überstehen, oder ist tel zur Bewältigung der Waldkrise. Mich macht das das nicht doch eher der klassische stationäre Han- ehrlich gesagt fassungslos und ich bleibe bei mei- del in unseren Städten und Gemeinden? Wenn ner nicht juristischen, sondern politischen Bewer- man weiterhin nur das Ende der Lieferkette be- tung: Dieses von Heuschreckenmentalität geprägte trachtet, springt man wohl zu kurz. War und ist es Verfahren wird einen gigantischen Kollateralscha- sinnvoll, unser Gesundheitssystem nach betriebs- den anrichten und bei der Bevölkerung und in den wirtschaftlichen Zielen durchzustylen? Wer krank Parlamenten auf kein Verständnis stoßen! Die ist, ist eben kein „Kunde“, sondern zunächst ein- Branche ist gut beraten, nicht in Juristen, sondern fach nur krank und zu Recht besorgt um seine Exis- in Forstleute und damit zukunftsfähige Wälder zu tenz oder zumindest Unversehrtheit! investieren! M Vielleicht ist es in Zukunft ja so, dass ein Nachhal- Horrido! tigkeitsrating für börsennotierte Unternehmen mindestens so wichtig ist wie die heutige übliche finanzielle Bonitätsbewertung durch die bekannten Ratingagenturen. Dann müsste bei Krisen und dar- aus notwendigen politischen Entscheidungen nicht Ihr immer ängstlich gefragt werden, was denn „der Ulrich Dohle DAX“ dazu sagt. Mit Rationalität ist beim Börsenge- BDFaktuell 4 2020 3
Deutschland forstet auf Der BDF hatte schon frühzeitig den Klimanotstand notwendigen Waldumbau im gebotenen Tempo für den Wald ausgerufen und einen nationalen umsetzen kann. Waldgipfel gefordert, um die Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Bereits im Herbst letzten Gemeinsam für den Wald Jahres hat der BDF die großflächigen Waldschäden vorausgesagt, die das zuständige Bundesministeri- Die Öffentlichkeit nimmt (bzw. in Corona-Zeit- um nun vor Kurzem bestätigte. Nicht verborgen ge- rechnung gesprochen nahm) sehr hohen Anteil an blieben ist auch die Personalnot, mit der man kaum der Schädigung des Waldes, ist sichtlich betroffen die Waldkrise bewältigen, geschweige denn den und auch zu außergewöhnlicher Hilfe bereit. Ne- 4 BDFaktuell 4 2020
TITELTHEMA Pflanzaktionen für die lokale Bevölkerung hinzu, die organisiert sein wollen. Dabei geht es weit über Pflanzenbestellung und Werkzeugbereitstellung hi- naus. Anfragen müssen kanalisiert und beantwor- tet, Flächen vorbereitet und die Freiwilligen ange- leitet werden. Viele Forstverwaltungen können Pflanzaktionen selbst organisieren oder wollen sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, ob- wohl womöglich Forstamtsbesatzungen mehr als dünn besetzt sind. Andere Waldeigentümer sind dankbar für jede Hil- fe, weil sie kein eigenes Personal haben oder die Mittel vorne und hinten nicht reichen. Online-Plattform gegründet Eine kleine Gruppe von Klimaschutzenthusiasten wollte endlich auch selbst etwas tun. Nicht nur pflanzen. Mit ausreichend eigenem Know-how und einem guten Netzwerk ausgestattet, haben sie kur- zerhand im Rahmen einer gemeinnützigen Gesell- schaft eine Online-Plattform gegründet, program- miert und etabliert, die Pflanzwillige mit FlächeneigentümerInnen oder -verwalterInnen zu- sammenbringt. Uneigennützig und kostenfrei. Mit dem Ziel, dem Fachkräftemangel ein Stück weit das Wasser abzugraben. Das klappt natürlich nur in be- schränktem Maße. Aber viele Flächenanbieter sind durchaus dankbar. Und die Freiwilligen ohnehin, die schlicht etwas Gutes tun wollen. Auf der Plattform www.deutschland-forstet-auf.de können Forstleute und Waldbesitzende (öffentlich und privat) Flächen und Pflanztermine einstellen. Freiwillige Helfer können sich über die eingestell- ten Aktionstage in ihrer Nähe informieren und sich über die Plattform zum Aufforsten anmelden. Part- ben Spenden für Bäume ist es aber vor allem die ner sind der BDF und die SDW; weitere Kooperatio- Bereitschaft, selbst mit anzupacken, die beein- nen bestehen mit den Waldeigentümern. druckt. Nahezu alle Forstleute kennen Menschen, die mithelfen wollen, den Wald wiederherzustel- Seit dem Start der Seite im Januar 2020 bis zum Re- len. daktionsschluss wurden 35 Aktionstage und -flä- chen eingestellt, 30.000 Bäume gepflanzt. Weitere Neben den Aufräumarbeiten im Wald, der Bekämp- werden folgen – auch wenn Corona gerade eine fung von Borkenkäfern und notwendigen Verkehrs- Pause verordnet. Die Öffentlichkeitsarbeit der sicherungsmaßnahmen kamen nun auch noch sechs GesellschafterInnen – allesamt Freunde und BDFaktuell 4 2020 5
Andere Player der Öffentlichkeitsarbeit für den Wald wittern bereits Konkurrenz – zumindest was die Aufmerksamkeit angeht – und rufen zum Boy- kott auf. Eine sehr eigentümliche Aktion, da sich hier Freiwillige auf einer gemeinnützigen Plattform treffen, um Gutes zu tun – dem Wald helfen. Die Macher lassen sich aber zum Glück nicht be- eindrucken, machen weiter, betonen den Willen, ein Stück weit die (Misch-)Wälder von morgen zu pflanzen und zu helfen, den Wald zu erhalten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das zollt Respekt und verdient weiter Unterstüt- zung. Interessierte können sich entweder bei „Deutsch- land forstet auf“ (info@deutschland-forstet-auf.de) informieren oder direkt auf der Website www. deutschland-forstet-auf.de anmelden. M Freiwillige pflanzen auf einer Fläche in Bad Familie – ist durchaus erfolgreich. Zahlreiche regi- Jens Düring Arolsen - organisiert onale und überregionale Veröffentlichungen ma- durch die Plattform „Deutschland forstet chen die Plattform zunehmend bekannter und auf” nehmen vielleicht auch einigen Bedenkenträgern die Berührungsängste. Experten gefragt I Gibt es einen Mittelweg oder gilt – wie immer – dem Gesetz des Örtlichen folgend: Es ist vom Standort ab- hängig? Kann man zumindest einen groben Fahrplan oder eine Richtschnur angeben? Die Begründung eines neuen Bestandes ist eines der komplexesten waldbaulichen Entscheidungs- probleme im Forstbetrieb. Der natürliche Standort, der wirtschaftliche Standort, der Vorbestand – alles wichtige Einflussgrößen für die Entscheidung. Es ist bekannt, dass sich die Flächen in vielen Fällen „na- türlich“ wiederbewalden. Es ist aber auch bekannt, dass sich dann dort, wo vorher Fichte war, mit gro- ßer Wahrscheinlichkeit ohne menschliches Zutun auch wieder Fichte über Naturverjüngung durch- Prof. Dr. Sven Wagner setzt. Will das der Forstbetrieb? Ich gehe einmal – Waldbauprofessor in davon aus, dass Fichte in vielen Fällen nicht mehr Tharandt (TU Dresden) die Baumart der Wahl darstellt. Fichtenbeteiligung Nach den Schäden der beiden letzten Dürrejahre war vielleicht in Maßen. die Devise der Politik „Zunächst aufräumen und dann wiederaufforsten“. Andere meinen, es wäre besser, den Ein „Fahrplan“ für die Flächen könnte so aussehen, Wald erst mal in Ruhe zu lassen, die Natur könne sich dass entweder selbst am besten helfen. M im günstigsten Fall die Naturverjüngung aus Vor- verjüngung und neuem Anflug einfach übernom- Nun sind viele Flächen geräumt, saniert oder zumin- men werden kann oder dest verkehrsgesichert. Frühjahrspflanzungen finden M zunächst der Naturverjüngung von Pionierbaum- bzw. fanden statt, die Herbstpflanzungen werden ge- arten (Birken, Weiden, Vogelbeeren, Aspen) et- plant. was Zeit und Raum gegeben wird, um dann 6 BDFaktuell 4 2020
TITELTHEMA schattenertragende Schlusswaldbaumarten (Bu- Sind andere Herkünfte ein probates Mittel oder muss che, Weißtanne) in diese Vorwälder zu pflanzen, auch an Züchtung gedacht werden? oder M Intermediärbaumarten (Eichen, Douglasie) auf Bisher haben sich die Experten der Forstgenetik in die Freiflächen gebracht werden und anfliegende Deutschland nicht zu neuen Herkunftsempfehlun- Pionierbaumarten einige Jahre zumindest tole- gen durchgerungen. Sehr wohl wird aber seitens riert werden. der Sektion Forstgenetik/Forstpflanzenzüchtung im DVFFA betont, dass der Pflanzung und der Saat un- Die Entscheidung für die eine oder andere Variante ter Verwendung von hochwertigem, herkunftsgesi- – ggf. auch für Kompromisse aus allen drei Varian- chertem und klimaangepasstem Vermehrungsgut ten auf Teilflächen – muss vor Ort gefällt werden auf einem großen Teil der Fläche ein hoher Stellen- und kann überhaupt nur sinnvoll nach fachkundi- wert beigemessen werden könne. Inwieweit auch gem Flächenbegang erfolgen; dabei sollten auf Züchtungsergebnisse bereits für die Praxis tauglich Stichprobenkreisen Erhebungen zur bereits vor- vorliegen, entzieht sich meiner Kenntnis. „Fragen handenen Verjüngung erfolgen. Dieses flächenspe- Sie Ihren regionalen Berater für forstliches Vermeh- zifische Vorgehen – und nicht die eine Pauschallö- rungsgut“ ist hier mein Ratschlag. sung für alle Flächen – kann naturnah und kostengünstig sein. Welche Folgerungen müssen für den bisherigen und künftigen Waldumbau gezogen werden? Sollen völlig neue Baumarten ausprobiert oder zunächst die bewährten (heimischen) Baumarten an Der Waldumbau hat seit den 1980er-Jahren wirklich den richtigen Standorten weiter beobachtet werden? schon vieles in die richtige Richtung verändert. Nun kommt es darauf an, hier nicht nachzulassen Wenn in Zeiten von (klimatischer) Unsicherheit ei- und die Umbauflächen – die neuen Kalamitätsflä- nes sicher ist, dann, dass Vielfalt uns am besten vor chen sind auch Umbauflächen – konsequent auch neuen Fehlschlägen schützen wird. Ich kann mich auf den Klimawandel hin auszurichten. Das würde zu einem ausschließlich auf „standortsheimischen“ bedeuten, dass die Flächen noch vielfältiger gestal- Baumarten gestützten Waldbau in diesen Zeiten tet werden. Bisher waren „gemischt“, „standortsge- nicht entschließen, sondern sehe auch die Not- recht“ und ggf. „naturnah“ die entscheidenden wendigkeit für Experimente. Das bedeutet aber Schlagworte. Dazu muss jetzt noch die Mischung auch, dass keine Baumart mehr vollflächig in Rein- ökologisch verschiedener Baumarten treten. Also beständen nachgezogen werden sollte, um die Risi- Schlusswald-, Intermediär- und Pionierarten. Da- ken bestmöglich zu streuen – also auch nicht die mit sind nicht einzelbaumweise Buntmischungen Douglasie oder die Küstentanne im Reinbestand. gemeint, sondern eher gruppen- bis horstweise Mi- schungen und eben die Beimischung (i. S. von ge- ringen Anteilen) der Pionierbaumarten. M Experten gefragt II Im Kontext der Wiederbewaldung nach den Dürreschä- den der Jahre 2018 und 2019 sowie nachfolgenden Bor- kenkäferschäden geht es auch um Fragen nach der Wahl der richtigen Baumarten. Die Fichte ist häufig nicht standortgerecht, aber auch andere Baumarten haben zunehmend Probleme. Ist das Konzept der pnV oder davon ausgehend der natürlichen Waldgesell- schaften unter der Wirkung des Klimawandels noch zukunftsfähig? Zunächst muss klar sein: Das Konzept der pnV ist ein Handwerkszeug, um zusammenfassende Infor- mationen über diejenigen Umweltbedingungen – Standortfaktoren – zu generieren, die für das Wachstum der Pflanzen (also gerade auch der Bäu- Prof. Dr. Anton Fischer, Professor für me) wesentlich sind. Derartige Informationen Geobotanik in Freising braucht der Landnutzer, egal ob in der Land- oder (TU München) Forstwirtschaft, allemal. Insofern ist das pnV-Kon- BDFaktuell 4 2020 7
ortfaktor. Damit stimmen die vielen pnV-Karten, die in ganz Europa in den zurückliegenden mehr als fünf Jahrzehnten in den verschiedensten Maß- stäben erstellt worden sind, nicht mehr ganz. Aber das Konzept der pnV funktioniert immer noch! Es muss aber angepasst und weiterentwickelt werden! Das Konzept „ Auto“ wird ja auch nicht grundsätz- lich verworfen, wenn man die Notwendigkeit sieht, ein Sicherheitssystem, z. B. Sicherheitsgurte und Airbags, einzubauen. Gibt es unter der Modellierung des Klimawandels be- reits Übersichten zur Veränderung der pnV und der Waldgesellschaften? Sind diese geeignet für die Ablei- tung von Anbauempfehlungen für Baumarten? Meine eigene Arbeitsgruppe hat das Konzept der pnV in den letzten Jahren in dieser Richtung weiter- entwickelt. Bisher wurde die Verknüpfung „Waldge- sellschaft/Standort“ gutachterlich durch Kenner sowohl der Vegetation als auch des Standorts durchgeführt, und die Karten wurden auf Papier gedruckt (daran habe ich als junger Wissenschaft- ler selbst mitgearbeitet). Auf der Basis solcher Kar- Schon Hans Carl von Carlowitz hat ten kann man aber keine pnV unter möglichen zu- über neue Baumarten künftigen Umweltsituationen ableiten. Deshalb nachgedacht haben wir die Beziehung mit mathematischen Al- gorithmen beschrieben, man nennt das heute zept „zeitlos“. Um es nochmals zu sagen: Das Kon- „modellieren“. Jetzt kann man einen interessant zept der potenziellen natürlichen Vegetation ist ein erscheinenden Standortfaktor ändern – und erhält Standortkonzept! Die „Vegetation“ im Begriff ist eine pnV-Karte unter den bisherigen Rahmenbe- lediglich das Etikett für eine spezielle Standortfak- dingungen, aber eben mit dem einen geänderten toren-Konstellation. Hat man an einer bestimmten Standortfaktor, z. B. mit einer erhöhten Tempera- Stelle in der Landschaft die pnV – also den Standort tur. Wir haben das für Bayern getan mit einer Auf- in der kompakten Form des Namens einer Pflanzen- lösung von 50 m x 50 m. Die Ergebnisse sind er- gesellschaft – entweder selbst bestimmt oder einer schreckend: Bei einem Grad Temperaturerhöhung Karte bzw. einem Informationssystem entnom- bleiben zwar noch alle pnV- gleich Standorteinhei- men, dann hat man die bestmögliche und gleich- ten in Bayern erhalten, aber es stellt sich ein neues zeitig knappe Wissensbasis für die Planung einer Verteilungsmuster ein. Das bedeutet in vielen Fäl- standortgerechten Nutzung. len: Stand ein Baum, als er sich selbst etablierte oder als er gepflanzt wurde, standörtlich „richtig“, Das alles geht zunächst einmal davon aus, dass sich so mag er in der Mitte seiner Lebensspanne bereits der Standort nicht ändert. Jeder weiß aber, dass „falsch“ stehen – da sich die Standortsituation ver- sich die Umwelt immer schon geändert hat, und ändert hat. Eine große Herausforderung für die das wird sie auch zukünftig tun. Allerdings geht das Forstwirtschaft! Aber immerhin: Mit dem Hand- in der Regel so langsam vonstatten, dass bisher in werkszeug der „zukünftigen pnV“ lässt sich sehr gut der Spanne eines Menschenlebens oder zumindest einschätzen, welche Baumart denn standortge- in der Spanne eines Berufslebens gerichtete Ände- recht wäre, wenn ein bestimmtes Szenario eintre- rungen der Umwelt kaum wahrnehmbar waren. ten würde. Ob es in dieser Form eintreten wird, Natürlich gab es immer Schwankungen von Jahr zu wissen wir nicht, und noch viel weniger, wann das Jahr, auch einmal über einige Jahre hinweg, z. B. ggf. der Fall sein wird. Aber eine Orientierung, wie nach einem großen Vulkanausbruch, aber mittel- sich denn die Umwelt an der Pflanzstelle des jun- fristig schien alles zu bleiben, wie es „immer“ war. gen Baumes mit gewisser Wahrscheinlichkeit ent- Das hat sich grundlegend geändert! In den letzten wickeln könnte, haben wir damit. Konkret: Bei der 30 Jahren verzeichnen wir in Deutschland einen Begründung eines neuen Baumbestandes sollten Temperaturanstieg um etwa 1 Grad. Zum Vergleich: wir nicht die „bisherige“ Standortsituation berück- Der Unterschied der globalen Temperatur der Eis- sichtigen, sondern die plausiblerweise in einigen zeit und der anschließenden Warmzeit betrug nur Jahrzehnten gültige, eben die „zukünftige“. gut vier Grad. Das eine Grad in drei Jahrzehnten ist also sehr viel. Temperatur ist ein wichtiger Stand- 8 BDFaktuell 4 2020
TITELTHEMA Was halten Sie in diesem Zusammenhang von der For- Weizen und Mais, sehr viel länger. Zehnjährige derung des Anbaus nicht heimischer neuer Baumar- Bäume sagen auch ggf. nichts darüber aus, wie sich ten? achtzigjährige Bäume gleicher Art und Population verhalten werden. Wissenschaftliche Grundlagen- Wenn es, zusätzlich zu dem etwa einen Grad Tem- arbeit hierzu ist also dringend und sofort notwen- peraturerhöhung (in Bayern) der letzten drei Jahr- dig. Denn das Problem ist: Der Klimawandel läuft zehnte, noch ein weiteres Grad wärmer wird oder derzeit schneller als das Wachstum der Bäume! zwei, dann liegt es nahe, auch über nicht heimi- sche Baumarten nachzudenken. Allerdings ist ein Was ist Ihre Empfehlung für die Forstleute von heute biologischer Aspekt dabei sehr stark zu gewichten: und den Wald von morgen? Nicht heimische Baumarten sind in anderen Land- schaften entstanden und haben sich dort ange- Zunächst einmal: nicht weiter auf die Fichte als passt, nicht bei uns. Das bedeutet: Sie waren ande- Hauptbaumart setzen. Sicher wird sie in den nächs- ren Mikroben-, Pilz- und Insekten-Umwelten ten Jahrzehnten nicht überall durch Borkenkäfer- ausgesetzt – und haben sich in diesem Umfeld be- befall als Nutzbaumart verschwinden, aber: je wär- hauptet. Möglicherweise werden sie deshalb in der mer, desto weniger Fichte! Immerhin ist die Fichte neuen Umgebung Opfer von derartigen Schädlin- ja eine boreale Baumart und damit im Klimawan- gen, denen sie dann ggf. ungeschützt ausgeliefert del besonders exponiert. Stattdessen auf heimi- sind. Das ist ein Risiko, dessen Größe einfach nicht sche Baumarten setzen, die an Trockenheit besser abschätzbar ist. Deshalb plädiere ich dafür: erst angepasst sind. Dabei ist wichtig: Risikostreuung! mal „sanftere“ Methoden versuchen. Also auf ein breites Spektrum von Baumarten set- zen statt auf nur ein oder zwei; fällt eine Baumart Sind andere Herkünfte bewährter heimischer Baumar- aus, hat man noch ein, zwei oder drei andere. Da- ten die bessere Lösung? bei aber nicht alles Mögliche zusammen pflanzen, sondern nur das, was, wie ich eben schon sagte, Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sich wissenschaftlich getestet und als zielführend be- den laufenden Umweltänderungen forstlich anzu- funden worden ist. Gerade unkontrolliertes Pflan- passen. Andere Herkünfte der bisher heimischen zen nicht heimischer Baumarten erhöht nur das Baumarten zu nutzen ist eine davon. Die Buche be- Befallsrisiko; eine übergeordnete Lehre bezüglich setzt in Europa ein relativ weites Temperaturspekt- der Tauglichkeit lässt sich aus Einzelpflanzungen rum – da kann man an wärmeren/trockeneren Or- nie ziehen. ten sicher Populationen finden, die an unser zukünftiges Klima besser angepasst sind. Die Eig- Und schließlich empfehle ich, sich genau über die nung dieser Populationen hinsichtlich Zuwachs im eigenen Wirkungsbereich zu erwartenden Än- und Holzqualität ist vorab aber intensiv zu untersu- derungen des Regionalklimas in der Zeitspanne des chen! Gleichzeitig sollte auch bei uns die Verwen- geplanten Hiebsalters der neu zu begründenden dung trockenheitstoleranterer, bisher wenig ge- Bestände zu informieren. Einfach zu sagen: „Weiter nutzter Baumarten getestet und forciert werden, wie bisher; es hat immer schon irgendwie gepasst“, z. B. Mehlbeere, Elsbeere, Feld-Ahorn. Wenn auch ist eine Option, aber wahrscheinlich die schlech- das nicht mehr reicht, kämen „Schwester-Arten“ teste. M unserer bisher heimischen Baumarten infrage wie die Orient-Buche – aber hier setzt bereits das vor- Die Fragen stellte an beide Experten Jens Düring. her genannte Problem der getrennten Entwick- lungsgeschichte in unterschiedlichen Räumen ein. Erst danach, sozusagen als letzte Option, sollte man sich ganz anderen Arten zuwenden. Und so ganz neu ist dieser Gedanke ja auch wieder nicht; schon der „gute alte Carlowitz“ hat vor über 300 Jahren ausführlich über die Libanon-Zeder nachge- dacht, wenn auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Klimawandels. Allerdings sollte man mit der Besuchen Sie uns auch Prüfung von Stufe 2 nicht warten, bis sich ggf. her- ausgestellt hat, dass Stufe 1 zu wenig ist. Alle Optio- nen sollten bereits jetzt konkret untersucht wer- im Internet unter den. Und das dauert bei Bäumen, im Gegensatz zu www.bdf-online.de BDFaktuell 4 2020 9
Waldschutz = Klimaschutz Prozent Personalabbau in 30 Jahren!) zu suchen. Aber angesichts der Betroffenheit von nahezu allen Baum- arten und allen Arten von Wäldern (ungenutzten und normal bewirtschafteten) liegt die Hauptursa- che im menschengemachten Klimawandel. Klimaanpassung ist eine Art, damit umzugehen. Das ist auch notwendig, weil niemand die Klimaerwär- mung und weitere damit einhergehende Folgen ganz aufhalten kann. Klimaschutz jedoch ist notwendiger denn je. Nur wenn es gelingt, die Klimaerwärmung weltweit auf 1,5 Grad (Durchschnittstemperatur) zu begrenzen, sind die Folgen noch beherrschbar. Alles, was darüber hinausgeht, verursacht schließlich Kipp- effekte, die unumkehrbar sind und Katastrophen für die ganze Menschheit bedeuten. Beim Klimaschutz ist auch jede und jeder Einzelne gefragt, Politik und Wirtschaft sowieso. Auch die Forstwirtschaft. Auch bei deren Ausrichtung ist hin- sichtlich der Klimafreundlichkeit oder gar – neutrali- tät noch ganz viel Luft nach oben. Mit der Klimaschutzbewegung weltweit, die mittler- weile nicht nur die Jugend mobilisiert, sondern auch deren Eltern, WissenschaftlerInnen, UnternehmerIn- nen oder KünstlerInnen, haben sich seit einiger Zeit auch Forstleute aufgemacht, auf den bitter notwen- digen Klimaschutz hinzuweisen. Mit der ganzen Ex- In vielen Städten sind Foresters4Future aktiv pertise von Menschen, die bereits tagtäglich mit den Folgen umgehen müssen und deren Denken und Forstleute und Waldbesitzende wissen im Moment Handeln besonders langfristig angelegt sind. Fores- sehr gut, welche gravierenden Auswirkungen der Kli- ters4Future oder Foresters for Future – also Forstleu- mawandel für die Gesellschaft haben kann. Der Kli- te für die Zukunft – haben zunächst in Deutschland mawandel ist kein abstraktes Phänomen mehr, über begonnen, aus ihrer Zunft heraus für Klimaschutz das sich trefflich streiten lässt. Seit zwei Jahren arbei- einzutreten. Auf der Homepage www.foresters4fu- ten die Forstleute im Krisenmodus, weil Hitze und ture.com ist eine Resolution zu finden, die bereits Trockenheit den Wäldern eine außergewöhnliche Hunderte UnterzeichnerInnen weltweit gefunden Dürre beschert hat. Allen Experten zufolge sind dies hat. In vielen Bundesländern gibt es Ländergruppen, die Folgen des Klimawandels und künftig eher der die Aktionen vor Ort unterstützen und bei Protesten Normalzustand. Der Wald wird also weiter leiden. dabei sind. Der freie Zusammenschluss von Forstleu- ten und Waldbesitzenden unterstützt auch die „Fri- Nun kann man einerseits die Schäden aufarbeiten days for Future”-Bewegung. An vielen Stellen ist man und beseitigen, das Forstschutzproblem angehen gut vernetzt und betreibt auch Öffentlichkeitsarbeit und die Bestände umbauen. Dann hat man die Sym- für die Forstwirtschaft. Dies ist umso wichtiger, da ptome bekämpft und vielleicht kurzfristig Linderung durch die Vernetzung Gruppen erreicht werden, die verschafft. Das hat aber weder mit ganzheitlicher sonst eher kritisch einer Waldnutzung gegenüberste- Nachhaltigkeit zu tun – der man sich im Wald ganz hen. besonders verschrieben hat. So machen viele zumin- dest glauben. Noch ist es im Sinne der Ursachenbe- Mitmachen ist erwünscht und weiter wichtig: „ Als ob kämpfung wirklich zielführend. das Coronavirus grassiert …“ Sicher sind die gravierenden Auswirkungen der Schä- Denn Klimaschutz ist immer auch gleichbedeutend den im Wald auch in der Art und Weise der Waldbe- mit Waldschutz! M wirtschaftung der Vergangenheit (Baumartenzusam- mensetzung!) und dem in knappen Personal (60 Jens Düring 10 BDFaktuell 4 2020
TITELTHEMA Regel 1: Jäger sind Snobs. Regel 2: Aber nur im Prospekt. Der neue Subaru Forester e-BOXER Hybrid. Bringt euch dahin, wo ihr noch nie wart. Der neue Subaru Forester e-BOXER Hybrid kann jeder Fährte folgen – Serienmäßig erhältlich: dank permanentem symmetrischem Allradantrieb mit X-Mode sowie • Fahrerassistenzsystem EyeSight** Berg-Ab-/Anfahrhilfe. Und die Kombination aus neu konzipiertem • Fahrer-Erkennungssystem mit SUBARU BOXER- und Elektro-Motor sorgt für noch mehr Effizienz. Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner** • Hinteres Notbremssystem mit Kollisionswarner** Attraktive Rabatte für die Mitglieder • Automatisches Notrufsystem eCall des Bundes deutscher Forstleute. • Hohe Bodenfreiheit von 220 mm Besuchen Sie uns und vereinbaren Sie einen Probefahrttermin bei einem unserer teilnehmenden Händler: 29646 Bispingen 61169 Friedberg 73271 Holzmaden 87527 Sonthofen Autohaus Buchholz¹ Subaru Allrad Auto GmbH¹ Auto-Scheidt² Autohaus Eimansberger GmbH¹ Tel.: 05194-7099 Tel.: 06031-71780 Tel.: 07023-6481 Tel.: 08321-780780 Seestr. 39 Emil-Frey-Str. 6 Bahnhofstr. 30 An der Eisenschmelze 20 verkauf@autobuchholz.de saa@subaru.de info@auto-scheidt.com autohaus.eimansberger@eimansberger.de www.autobuchholz.de www.subaru.de/allradauto 54294 Trier 68723 Schwetzingen 79312 EM-Kollmarsreute Allrad Daewel¹ Auto Ullrich GmbH² Ortlieb & Schuler¹ Tel.: 0651-86362 Tel.: 06202-51570 Tel.: 07641-460340 Den genauen Preis erfahren Gottbillstr. 44 Robert-Bosch-Str. 8 Hauptstr. 72 a Sie bei Ihrem teilnehmenden info@allrad-daewel.de info@auto-ullrich.de info@ortlieb-schuler.de Subaru Partner vor Ort. Abbildung enthält Sonderausstattung. *5 Jahre Vollgarantie bis 160.000 km. Optionale 3 Jahre Anschlussgarantie bis 200.000 km bei teilnehmenden Subaru Partnern erhältlich. Die gesetzlichen Rechte des Käufers bleiben daneben uneingeschränkt bestehen. ** Die Funktionsfähigkeit des Systems hängt von vielen Faktoren ab. Details entnehmen Sie bitte unseren entsprechenden Informa- tionsunterlagen. ¹Subaru Vertragshändler. ²Autorisierte Vermittler von Subaru Neufahrzeugen. BDFaktuell 4 2020 11 Weltgrößter Allrad-PKW-Hersteller www.subaru.de
Auf der Kippe Deutscher Forst-Gewerkschaftstag 2020 Vom 25. bis 28.04.2020 ist in der Hansestadt den. Der BDF-Bundesverband ist mit den zuständi- Rostock die Durchführung des Deutschen Forst-Ge- gen Gesundheitsbehörden in engem Kontakt. Auch werkschaftstages geplant. Das höchste Beschluss- wir wollen nicht, dass Mitglieder in ihrer Gesund- gremium des BDF soll dort die verbandspolitischen heit gefährdet sind, und tragen deshalb selbstver- Weichen für die kommenden vier Jahre stellen. Alle ständlich alle Maßnahmen mit, die für eine Abfla- Vorbereitungen dafür sowie für das spannende chung des Pandemieverlaufs sorgen und damit das forstpolitische und fachliche Begleitprogramm sind Gesundheitssystem nicht überlasten. getroffen. Die BDF-Bundesleitung erwartet nach Auswertung Allerdings macht die Corona-Pandemie auch vor der Lage, dass die Allgemeinverfügung auch Ende uns Forstleuten leider nicht halt: Am 15.03.2020 hat April noch wirksam sein wird und der Deutsche die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern Forst-Gewerkschaftstag mit sehr hoher Wahr- eine Allgemeinverfügung mit zehn Maßnahmen scheinlichkeit zum vorgesehenen Termin leider gegen die Corona-Ausbreitung beschlossen. Darin ausfallen wird und auf einen späteren Zeitpunkt heißt es, dass Veranstaltungen mit mehr als 50 Teil- verschoben werden muss. Die Bundesgeschäfts- nehmenden bis auf Weiteres untersagt sind. stelle wird die Delegierten und Gäste zeitnah auf Ob diese Allgemeinverfügung auch am letzten Ap- dem Laufenden halten. Unsere Mitglieder bitten rilwochenende noch Gültigkeit haben wird, ist der- wir, die aktuelle Lage über unsere Homepage zu zeit nicht absehbar und wird sich erst weit nach verfolgen. M dem Redaktionsschluss dieser Ausgabe entschei- Corona und das Arbeitsrecht Das Coronavirus ist das bestimmende Allerdings hat auch der Arbeitgeber eine Fürsorge- Thema in unserem Land, in den Me- pflicht im Hinblick auf seine Beschäftigten, die ihn dien und bei den Menschen, also verpflichten kann, Maßnahmen zu deren Schutz auch bei unseren Kolleginnen umzusetzen. Diese können gegebenenfalls auch und Kollegen. Keine Zeitung, von Betriebs- und Personalräten eingefordert wer- die nicht an herausgehobener den, die entsprechende Vorschläge unterbreiten Stelle über die Entwicklung in können. Im Extremfall kann der Arbeitgeber zum Deutschland und der jeweiligen Beispiel auch eine Betriebsschließung anordnen, Region berichtet und den Lese- allerdings bleibt dann der Entgeltanspruch der Be- rinnen und Lesern Ratschläge er- schäftigten bestehen. Ein Zwangsurlaub hingegen teilt, sich nach Möglichkeit zu scheidet aus, ebenso ein verpflichtender Abbau schützen. Zwischen Hysterie und Igno- von aufgebauten Zeitguthaben aus Arbeitszeitkon- ranz ist es sicherlich richtig, sich mit dem ten, die zur Verfügung der Beschäftigten stehen. Thema auseinanderzusetzen, geplante Reisen auf Beschäftigte, bei denen der Verdacht besteht, sie den Prüfstand zu stellen und sich noch häufiger die seien erkrankt, darf der Arbeitgeber hingegen nach Hände zu waschen. Allerdings hat die Situation Hause schicken. In solch einem Fall bleibt der An- auch gesellschaftliche und auch arbeitsrechtliche spruch auf Vergütung des Beschäftigten aber un- Aspekte. Über letztere wollen wir nachfolgend kurz verändert bestehen. Das gilt natürlich auch, wenn informieren: eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter am Coro- navirus erkrankt und folglich arbeitsunfähig ist – Aus Sorge um meine Gesundheit und weil ich be- dann greifen die allgemeinen Regelungen der Ent- fürchte, mich auf dem Weg zur Arbeit oder auf der geltfortzahlung. Ordnet eine Behörde die Arbeitsstelle anstecken zu können, kann ich nicht Schließung eines Betriebes an, liegt das Risiko zu- einfach zu Hause bleiben oder Dienstreisen ver- nächst beim Arbeitgeber. Das Recht des Arbeitge- weigern. Meine arbeitsrechtlich geschuldeten Ver- bers, unter Berücksichtigung der Mitbestimmungs- pflichtungen bestehen zunächst unverändert wei- rechte des Betriebs- oder Personalrats Überstunden ter, das Direktionsrecht des Arbeitgebers gilt fort. 12 BDFaktuell 4 2020
FORSTWIRTSCHAFT | FORSTPOLITIK anzuordnen, bleibt bestehen. Es kann beispielswei- tel zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass in se dann greifen, wenn notwendige Arbeiten zu ge- einer solch besonderen Situation klare Regeln gel- währleisten sind, um beispielsweise eine Betriebs- ten und bekannt sind. Genauso wichtig ist aber schließung zu verhindern, oder für die Allgemeinheit auch, dass im Betrieb vertrauensvoll miteinander wichtige Arbeiten durchgehend erbracht werden kommuniziert wird. müssen. Im Wald haben wir Forstleute vergleichsweise we- Wird gegenüber einem Beschäftigten durch die Ge- nige soziale Kontakte. Dort ist das Gefährdungspo- sundheitsbehörden ein Tätigkeits- oder Beschäfti- tenzial überschaubar. Anders sieht es in Betrieben gungsverbot aufgrund des Verdachts der Erkran- oder Dienststellen oder bei Veranstaltungen aus. kung oder Ansteckungsgefahr ausgesprochen, so darf dieser nicht mehr tätig werden, behält aber Für das Verhalten zum Infektionsschutz im Arbeits- gleichwohl seinen Anspruch auf die geschuldete leben und im privaten Umfeld sowie zur Risikoein- Vergütung. In diesem Fall sollte der Beschäftige sei- schätzung und Lageentwicklung verweisen wir auf nem Arbeitgeber Mitteilung über das verhängte Tä- die Homepage des Robert-Koch-Instituts: tigkeitsverbot machen, damit dieser die erforderli- https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node. chen Maßnahmen zum Schutz der übrigen html Beschäftigten einleiten kann. Weiterführende Hinweise mit arbeits-und dienst- Jenseits der eindeutigen Regelungen ist es wichtig, rechtlichem Bezug sind hier zu finden: im Betrieb offen über die Gefahren zu sprechen https://www.dbb.de/ M und Möglichkeiten auszuloten. Dazu können zum Beispiel das Instrument des Homeoffice sowie der (Quelle: dbb-Vorstandsbereich Tarifpolitik/BDF) freiwillige Abbau von Überstunden gehören. Natür- lich sollten im Betrieb, insbesondere wenn es Pub- likumsverkehr gibt, ausreichend Desinfektionsmit- KWF-Tagung 2020 Unser Mitgliederservice – vergünstigte Eintrittskarten Als besonderen Service bieten wir für unsere Mit- 3. Bitte geben Sie als Verwendungszweck an: glieder wieder vergünstigte Eintrittskarten zur dies- Anzahl der gewünschten Karten, Name. jährigen KWF-Tagung in Schwarzenborn (Hessen) 4. Nach Eingang des Geldes werden Ihnen Ihre vom 1. bis 4. Juli 2020 an. Für nur 25,00 Euro (statt „Kundenkarten“ zugeschickt, die Sie dann an der 50,– € an der Tageskasse) können Sie das größte Tageskasse gegen eine Eintrittskarte umtau- Forsttechnikevent des Jahres weltweit einen Tag schen. lang besuchen. Jede Tageskarte kostet 25,– €. Soll- 5. Falls Sie zusätzlich an einer Fachexkursion teil- ten Sie die KWF-Tagung mehrere Tage besuchen nehmen wollen, zahlen Sie vor Ort an der Kasse wollen, brauchen Sie für jeden Tag eine eigene Kar- noch einen Zuschlag in Höhe von 20,– €. Dafür te. (Sammel-)Bestellungen sind über Ihren erhalten Sie dann den Tagungsführer und die BDF-Landesverband, den BDF-Bundesforst oder die Kombikarte inkl. Exkursion. BDF-Bundesgeschäftsstelle in Berlin möglich. Eine vorherige Anmeldung zu den Fachexkursionen Wie kommen Sie an Ihre Karten? ist nicht nötig! 1. Bitte avisieren Sie Ihre Bestellung per E-Mail un- Weitere Informationen, wie z. B. den Lageplan, er- ter service@bdf-online.de oder per Telefon unter halten Sie unter https://tagung2020.kwf-online.de 030 / 65 700 102 und geben Sie bitte die Ver- sandadresse an. Wir wünschen Ihnen einen erlebnisreichen Tag! 2. Überweisen Sie den Betrag für Ihre Karten auf Besuchen Sie unseren BDF-Stand in Zelt Nr. 4 und dieses Konto: die BDF-Jugend im Freigelände – wir freuen uns auf BTB / BDF GbR Sie! M BB Bank IBAN: DE60 6609 0800 0003 1150 89 BDFaktuell 4 2020 13
Abgeschlossene Hochschulbildung Ein Begriff, zwei Meinungen in Gesetz und Tarifvertrag? Tarifrecht für Hochschulabsolventen Am Begriff der „abgeschlossenen Hochschulbil- die bisher davon ausgingen, dass ihr Abschluss auch dung“ scheiden sich aktuell die Geister. Ein Begriff, im Beruf anerkannt wird. Hier sollten eigentlich zwei gegensätzliche Definitionen. auch die Wissenschaftsministerien und Hochschu- len ein starkes Interesse haben, dass ihre Ausbil- Ein naheliegender Ansatz wäre ein Blick ins Hoch- dungen auch von den jeweiligen Arbeitgebern aner- schulrahmengesetz, welches die Voraussetzungen kannt werden. Leider ist dieses Interesse nicht zu definiert, die benötigt werden, um einen ersten be- erkennen, da diese tariflichen Regelungen ja bereits rufsqualifizierenden Abschluss, in diesem Falle den jahrelang bestehen. Bachelor, zu erreichen. Als Mindestanforderung wird dafür eine Regelstudienzeit von mindestens 6 Wenn es jedoch eine funktionierende gesetzliche Semestern genannt. In dieser gesetzlich festgeleg- Regelung gibt, hier das Hochschulrahmengesetz, ten Regelstudienzeit sind im Gesetzestext auch die besteht keinerlei Notwendigkeit einer noch davon Zeiten für praktische Studiensemester und die Prü- abweichenden tariflichen Regelung. Erst recht kei- fungszeit eingeschlossen. 6 Semester all-inclusive ner Regelung, die für die Arbeitnehmerinnen und sozusagen. Dies betrifft eine Vielzahl von Studien- Arbeitnehmer eine Verschlechterung darstellt. Ein gängen aller möglichen Fachrichtungen an deut- aus unserer Sicht praktikabler Lösungsansatz für schen Fachhochschulen und Universitäten. dieses Dilemma wären die komplette Streichung ei- ner eigenen Definition von Hochschulbildung im Studium und dann schlechte Tarifvertrag und der Verweis auf die Gültigkeit des Hochschulrahmengesetzes. Dies würde vonseiten Bezahlung? der Arbeitgeber auch ein Signal der Anerkennung Ganz anders hingegen sehen es die Tarifverträge des der Leistungen und des Engagements ihrer Arbeit- öffentlichen Dienstes. Dort wird wortgleich in den nehmerinnen und Arbeitnehmer senden. jeweiligen Entgeltordnungen ebenfalls definiert, was Hochschulbildung ist. Eine abgeschlossene Ingenieurbegriff Hochschulbildung liegt demzufolge nur dann vor, wenn eine Regelstudienzeit von mindestens 6 Se- Ein ähnliches Problem gibt es beim Ingenieurbegriff, mestern, ohne Praxis-und Prüfungssemester, erfolg- bei dem seit Neuestem einige (wieder überwiegend reich abgeleistet wurde. Und in diesem Widerspruch sächsische) Arbeitgeber eine völlig unnütze, aber zwischen Hochschulrahmengesetz und Tarifverträ- natürlich kostenpflichtige Bestätigung der Ingeni- gen liegt auch der sprichwörtliche Hund begraben. eurkammern verlangen, dass der Beschäftigte auch Denn ohne Vorliegen der Hochschulbildung auch ein Ingenieur ist. Obwohl das in den Ingenieurgeset- keine Eingruppierung in den gehobenen Dienst, zen der Länder klar geregelt ist und auch hier diese sondern regelmäßig lediglich in den mittleren zusätzliche kostenpflichtige Hürde völlig unnötig ist. Dienst. BDF legt den Finger in die Wunde Sachsen spart Geld am Die Angestelltenvertretung des BDF versucht, hier Mitarbeiter auch weiterhin für die Kollegen am Ball zu bleiben Im Moment versucht der sächsische kommunale und rechtskonforme Lösungen herbeizuführen. Arbeitgeberverband, in einem Arbeitsrechtsverfah- Selbstverständlich nicht nur für Hochschulabsol- ren am Landesarbeitsgericht einen Forstbeschäftig- venten, sondern für alle Forstleute. Hier wäre eine ten auf diesem Weg nicht entsprechend seiner Aus- bessere Beteiligung der jeweiligen Landesverbände bildung eingruppieren zu müssen. Sollte dies so und der Mitglieder innerhalb der Landesverbände kommen, würde das zu weitgreifenden Umstruktu- sehr wünschenswert. Das würde den Angestellten- rierungen im gesamten öffentlichen Dienst führen. vertretern eine breitere Legitimation geben, mehr Vielen, besonders jungen Arbeitnehmerinnen und lokales Wissen und lokale Lösungsansätze bekannt Arbeitnehmern würde somit ihr erworbener Hoch- machen und die Arbeit auf mehrere Schultern ver- schulabschluss praktisch aberkannt. In Zeiten von teilen. „Überalterung“ und Fachkräftemangel in der öffent- lichen Verwaltung ein denkbar schlechtes Zeichen. Beteiligt euch! Sprecht Kollegen an! Es gilt der alte Lottospruch: Nur wer mitspielt, kann gewinnen! M Diese Regelung ist außerdem ein verheerendes Sig- nal an Bachelorabsolventen aller Fachrichtungen, RH und RS 14 BDFaktuell 4 2020
FORSTWIRTSCHAFT | FORSTPOLITIK Leserbrief Zur Haltung des BDF zu Wohlleben Die Leserbriefe in BDF aktuell 02/2020 möchte ich Als Argument wird angeführt, Wohlleben habe den zum Anlass nehmen, mich zum Thema kurz zu äu- Menschen den Wald nahegebracht, dies müsse ihm ßern, v. a. bin ich mit Herrn Dr. Holodynski einig als Verdienst angerechnet werden. Dagegen steht bzgl. des Inhalts des Gespräches zwischen Herrn aber auch, dass er viele Menschen mit seinem pau- Dohle und Herrn Wohlleben. schalen Kollegen-Bashing negativ beeinflusst hat und diese die Erfordernisse einer zeitgemäßen „Das wahre Leben der Bäume“ wurde kurz nach Waldwirtschaft nicht wahrhaben wollen . Die Reak- Erstveröffentlichung in BDF aktuell sehr positiv be- tion (Nichtreaktion!) auf den Stern-Artikel vom sprochen, dies war für mich Anlass, das Buch zu le- Herbst vergangenen Jahres zeigt, auf was es Wohl- sen. Allerdings war ich schnell ernüchtert und auch leben und seinen Vermarktungsstrategen an- verärgert über die pauschale Försterschelte, die da- kommt. Ich habe mich von Anfang an mit im rin zum Ausdruck kam. Damals war mir der berufli- schwergetan und bringe dies deutlich, auch ihm che Werdegang des Autors noch nicht bekannt. Als Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit, zum Ausdruck. Reaktion verfasste ich einen Leserbrief an BDF ak- Eine Bereitschaft zum Dialog sehe ich bei ihm tuell. nicht. Zum Schluss: 1. Man lese Matthäus 7,15. 2. Ich hätte mir von Anfang an eine klarere und offen- In BDF aktuell erschienen meine Argumente in ei- sivere Position des BDF zu Wohlleben gewünscht. 3. ner mit Reaktionen anderer Leser zusammenge- Wir Förster wissen: Es ist noch kein Baum in den fassten und stark gekürzten Randnotiz. Ich hatte Himmel gewachsen. M den Eindruck, der BDF wollte den Autor „schonen“. Im Nachhinein halte ich es für einen Fehler, nicht Siegfried Geiger, Revierförster Balingen/BW schon von Anfang an in eine offene Diskussion ein- getreten zu sein. Buchtipp Ausnahmetatbestände, mögliche und wichtige Ha- bitatstrukturen an Bäumen und schließlich über die Arten selbst. Dabei wird deutlich, dass auch der langfristigen Erhaltung der Habitate eine wichtige Artenschutz und Baumpflege Rolle zukommt. Abschließend werden mögliche Lö- sungen vorgestellt, um v. a. den Zielkonflikt zu lö- Der Artenschutz ist in aller Munde. Noch mehr, seit sen, vor dem Verkehrssicherheit und Artenschutz Insekten-, Vogel- und Wirbeltiersterben durch Stu- häufig stehen. Für alle Akteure der Branche ist die- dien klar belegt sind. Seit der Änderung des Bun- ses Buch eine Bereicherung, da desnaturschutzgesetzes im Jahr 2010 hat der Arten- man sowohl dem Artenschutz schutz auch rechtlich an Bedeutung gewonnen. nahekommt als auch Einblicke Zahlreiche Berichte in den Fachzeitschriften, aber in die Baumpflege erhält. In je- auch die Vorträge auf Symposien und Tagungen dem Fall wird deutlich, dass zeugen noch von einiger Unsicherheit mit dieser durchaus praxisnahe Lösungen Thematik. Die FLL hat dazu einen eigenen Arbeits- gefunden werden können, kreis eingerichtet. Viele Gutachterbüros oder wenn alle Beteiligten sich gut Baumpflegefirmen haben mittlerweile eigene Ex- vorbereiten. M perten. Die Zusammenarbeit mit den Behörden verbessert sich. Artenschutz und Baumpflege, Markus Dietz et al., Haymarket Klarheit in das Thema bringt auch das Buch „ Arten- Media, 2. überarbeitete und schutz und Baumpflege“, das mittlerweile in 2. Auf- erweiterte Auflage 2019, Braun- lage vorliegt. Ein Autorenteam aus Baumpflege-, schweig, 160 S. m. farbigen Fo- Artenschutz- und Rechtsexperten gibt eine ausführ- tos, broschiert, 17,80 Euro. liche Übersicht über die geltenden Rechtsnormen, ISBN 978-3-87815-268-2 BDFaktuell 4 2020 15
Nachhaltige Waldbewirtschaftung da die Bestandsdichte gesteuert wird. Im Wald blei- ben die Holzvorräte konstant, aber der Zuwachs wird zur Nutzung entnommen. Er dient der Bereit- stellung von Brennholz sowie von kurzlebigen und langlebigen Produkten, vom Toilettenpapier bis hin zum Bauholz. Langlebige Holzprodukte haben zu- mindest während ihrer Nutzungsdauer einen CO2-einsparenden Effekt, doch auch sie haben eine begrenzte Lebenszeit. Erst wenn Holz direkt oder nach seiner Nutzung energetisch verwendet wird, entfaltet sich die dauerhafte Klimawirksamkeit. Nur dann werden fossile Brennstoffe ersetzt. Die Klimabilanz bewirtschafteter Wälder war bisher unvollständig, da die bisherigen nationalen Holzbi- lanzen unterschätzen, wie viel Holz als Energieträ- ger verbraucht wird. So wurde vor allem die Brenn- holznutzung im ländlichen Raum und für die im Kleinbesitz befindlichen Wälder nur unzureichend erfasst. Die nachhaltige Holzernte in einem Wirt- schaftswald ersetzt pro Hektar und Jahr etwa 900 Liter Heizöl oder erzeugt 7,4 Megawattstunden Elektrizität und Wärme. Dies entspricht etwa 3,5 Nachhaltige Waldbewirtschaftung leistet einen grö- Tonnen CO2, die als Emissionen fossilen Ursprungs ßeren Beitrag zum Klimaschutz als Waldwildnis. eingespart werden. Die eingesparten CO2-Emissio- Der Wald erfüllt viele Funktionen: Wald ist Roh- nen machen sogar das Zehnfache dessen aus, was stoff- und Energielieferant, Lebens- und Erholungs- über den Aufbau an Holzvorräten im Natur- raum und Klimaregulator. Ein Wissenschaftlerteam schutzwald gebunden wird. „Die vollständige unter der Leitung von Professor Ernst-Detlef Schul- Herausnahme von Wäldern aus der Bewirtschaf- ze untersuchte, wie sich nachhaltig bewirtschaftete tung schmälert daher deutlich deren Beitrag zum und unbewirtschaftete Wälder der gemäßigten Kli- Klimaschutz“, folgert Professor Schulze vom mazone im Hinblick auf ihre Klimabilanz unter- Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. scheiden. Die Ergebnisse der in Global Change Bio- logy-Bioenergy veröffentlichten Studie zeigen, dass Aktuell erhalten Waldbesitzer keine Anerkennung nachhaltige Wirtschaftswälder das Klima besser für die Klimaleistung ihrer Wirtschaftswälder. Im schützen. Ihr wichtigster Beitrag ist das Ersetzen Gegenteil, die Holzernte wird als Emission gerech- fossiler Brennstoffe durch energetische Nutzung net, obgleich das an die Haushalte oder an die In- von Holz. dustrie gelieferte feste Holz erst bei der späteren Zersetzung oder beim Verbrennen sein CO2 frei- Wälder entziehen der Atmosphäre über die Photo- setzt. „Wir schlagen vor, dass die geplante CO2-Steu- synthese das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) zum er auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe dazu Aufbau von Biomasse, geben aber durch Atmung eingesetzt werden sollte, die nachhaltige Erzeu- und bei der Zersetzung der Biomasse auch wieder gung von Holz zu unterstützen, um somit einen CO2 ab. Bei den unbewirtschafteten Wäldern unse- größtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz zu errei- rer gemäßigten Klimazonen halten sich diese bei- chen“, so das Resümee von Prof. Schulze. M den Prozesse in etwa die Waage. Die durch Atmung und Zersetzung freigesetzte CO2-Menge entspricht Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena etwa derjenigen, die zum Biomasse-Aufbau durch Photosynthese gebunden wird. Im Gegensatz dazu wird in nachhaltig bewirtschaf- teten Wäldern mehr CO2 gebunden. Hier ist der Holzzuwachs höher als bei Nichtbewirtschaftung, 16 BDFaktuell 4 2020
BADEN-WÜRTTEMBERG BDF und Erweiterung der Kernzonen im Nationalpark Schwarzwald Nationalpark Der Klimawandel ist auch im Nationalpark Schwarz- wald angekommen und spürbar. Trockenheit, Stür- me und Schneebruch haben dem Borkenkäfer (Buchdrucker) kräftig Vorschub geleistet. Dank ei- nes gut funktionierenden, intensiven Borkenkä- fer-Managements sind aber die „Schäden” – groß- flächiger Befall von Fichtenbeständen – innerhalb des Nationalparks deutlich geringer als außerhalb. Insofern haben sich die Befürchtungen zahlreicher Gegner des Nationalparks (bei dessen Ausweisung) bislang nicht bestätigt – noch nicht? Die weitere Ausdehnung der Kernzone (in weiten Teilen von in- Anreicherung von Tot- nen heraus in Richtung der Außengrenzen des Na- holz – ein wesentliches Element in der Kernzone tionalparks) wurde in jüngster Zeit sehr intensiv des Nationalparks diskutiert. Nachdem die Nationalparkverwaltung Schwarzwald konkrete Vorschläge erarbeitet hatte, wurden diese mit allen gesellschaftlichen Gruppen (konzentriert Prozess konstruktiv und lösungsorientiert einge- im Beirat des Nationalparks und auch in vielen bracht. M Einzelgesprächen) abgestimmt. Dabei fanden fachtechnische Argumente – Bestandes- und Georg Jehle Standortsverhältnisse, Risikoeinschätzungen, prag- stellvertretender Landesvorsitzender BDF BaWü matische Abgrenzungen – weitgehende Akzeptanz. In wenigen Einzelfällen wurden auch emotionale Betroffenheiten berücksichtigt, sodass insgesamt Landesgeschäftsstelle ein von allen akzeptierter, einvernehmlicher Aus- Telefon (0 62 62) 92 51 25 weisungsvorschlag verabschiedet werden konnte. geschaeftsstelle@bdf-bw.de Der BDF hat sich in diesem nicht immer einfachen www.bdf-bw.de BDF im Nationalpark Schwarzwald Den Nationalpark Schwarzwald (10.000 Hektar groß) gibt es seit 2014. Er ist als Entwicklungsnationalpark ausgewiesen und ist deshalb in eine Kernzone, eine Entwicklungszone und eine Managementzone ge- gliedert. Ein wichtiger Bestandteil der Management- zone ist der 500 Meter breite Pufferstreifen rund um die Außengrenze des Nationalparks; dieser soll vor allem verhindern, dass sich der Borkenkäfer über den Nationalpark hinaus in die umgebenden Wirtschafts- wälder ausdehnen kann. Nach 35 Jahren soll die Prozessschutz – „Natur – Kernzone 75 % umfassen. Derzeit umfasst die Kern- Natur sein lassen” zone rund ein Drittel der Fläche. Wie schnell das Ziel (75 %) erreicht wird, orientiert sich zum einen an der erreichten Naturnähe der Bestände in der Entwicklungszone und zum anderen am Ausbreitungsrisiko des Borkenkäfers. Die Nationalparkver- waltung erarbeitet hierzu unter Mitwirkung des Nationalpark-Beirats einen Abgrenzungsvorschlag, den der Nationalpark-Rat – nach Korrektur und/oder Ergänzung – beschließt und der damit verbind- lich wird. Der BDF ist sowohl im Nationalpark-Beirat als auch (beratend) im Nationalpark-Rat vertre- ten; der stellvertretende Landesvorsitzende des BDF BaWü, Georg Jehle, wurde 2019 für die zweite Fünf-Jahres-Periode wieder in dieser Funktion gewählt und bestätigt. BDFaktuell 4 2020 17
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