Akzente 1/2022 - Wandel - akzente SPEZIAL - GIZ
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akzente Das Magazin der GIZ 1/2022 akzente SPEZIAL Wandel Hier geht’s lang Im Dialog Zur Wende, Tradition bleiben zum Wandel trifft Technik Zu Besuch im Ein Essay von Autor und Im Senegal per Landesbüro Äthiopien Publizist Ilija Trojanow App zum Acker
„Wir müssen Ressourcen schonen. Ohne Wasser gibt es kein Leben.“ Ana Rodas Cuéllar, Kleinbäuerin und Imkerin Die englischsprachige virtuelle Ausstellung Im Süden Boliviens leben viele Menschen wie Ana finden Sie unter: Rodas Cuéllar in enger Verbindung zur Natur und zum Wasser. Doch Dürren vernichten ihre Ernten und bringen die reiche Biodiversität des Landes in Gefahr. Die Ausstellung „Invisible Water“ präsentiert Beispiele multimedia-for-development.org/en/invisible-water für die zentrale Rolle von Wasser für unsere Zukunft.
Editorial Wenn sich die Welt rasant ändert Vom allgegenwärtigen Wandel, der so beständig ist wie nichts sonst EIN HEFT ZUM THEMA WANDEL hatten wir Ilija Trojanow die Frage, warum Behar- uns vorgenommen und dafür gab es einen rungskräfte oft so stark sind, obwohl Verän- konkreten Anlass: den Wechsel des akzente- derung angezeigt wäre. Denn egal wie viele Magazins vom Print ins rein Digitale. Die Menschen sich nach Veränderung sehnten, Mehrzahl unserer Nutzerinnen und Nutzer wahre Transformation erweise sich stets als informiert sich mittlerweile vornehmlich schwierig. digital. Hier holen wir sie ab und bieten unsere journalistisch aufbereiteten Inhalte DIESES MUSTER ist auch bei den Themen künftig komplett online. Reportagen, Inter- Digitalisierung und Nachhaltigkeit gut views und Hintergründe über die internati- sichtbar. Doch so mühsam das Sich-darauf- onale Zusammenarbeit und Schwerpunkte Einlassen bei der Digitalisierung bisweilen der GIZ finden Sie auf unserer Website so- sein mag, bietet sie unendlich viele Chancen wie den Social-Media-Kanälen der GIZ. auf fast allen Gebieten unseres Lebens. Das gilt auch für Entwicklungsländer. Als GIZ WIE GROSS DER WANDEL global gesehen wollen wir die digitale Welt so mitgestalten, sein würde, ahnten wir bei der Themen- dass sie allen Menschen nützt und ihnen setzung allerdings nicht. Doch wir erleben Chancen auf Bildung, unabhängige Infor- gerade mit dem Krieg in der Ukraine, dass mation und Meinungsbildung sowie mehr sich Dinge schnell und radikal ändern kön- demokratische Beteiligung eröffnet. Dafür nen. Ein Angriffskrieg in Europa. Flucht- gibt es noch viel zu tun. Mit der Transfor- SABINE TONSCHEIDT, bewegungen, wie wir sie seit dem Zweiten mation in Richtung Nachhaltigkeit erleben Leiterin Unternehmenskommunikation Weltkrieg nicht gesehen haben. Sankti- wir eine weitere große Veränderung. Nur sie sabine.tonscheidt@giz.de onen, die es in dieser Schärfe noch nie gab. wird uns langfristig das Überleben sichern, Waffenexporte und Stärkung von Armeen. auch wenn die Umstellung Kraft kostet. Wirtschaftseinbrüche in vielen Ländern. Hier ist die GIZ besonders engagiert und setzt immer wieder neue Impulse. DABEI WAR AUCH VOR dem Krieg in der Ukraine schon viel in Bewegung: Die Zahl Was sich alles wandelt – in der GIZ, in der fragiler Staaten wächst. Mittlerweile sind internationalen Zusammenarbeit und darü- zwei Drittel unserer Kooperationsländer ber hinaus –, erfahren Sie in dieser unserer von Konflikten, Gewalt oder Krisen heimge- letzten Printausgabe. Und jetzt und in Zu- sucht. Die ärmsten Länder der Welt kämp- kunft digital unter akzente.giz.de. Schauen fen zudem immer stärker mit den Folgen Sie mal rein! Ich wünsche Ihnen eine ab- FOTOS: GIZ (S. 2), DIE HOFFOTOGRAFEN/MARIA VOGEL (S. 3) des Klimawandels. Wie die neue Bundes- wechslungsreiche Lektüre. entwicklungsministerin mit der veränderten Weltlage umgeht, welche Schwerpunkte Ihre sie setzt, darüber spricht Svenja Schulze im akzente-Interview. Vorstandssprecherin Tanja Gönner erklärt in einem Beitrag, wo die GIZ zehn Jahre nach ihrer Gründung steht, wie sie auf große, globale Veränderungen re- agiert und warum Wandel nie abgeschlossen ist. Und schließlich reflektiert der Publizist akzente 1/22 3
Inhalt HIGHLIGHTS Hallo Zukunft Am Übergang vom Print zum Digitalen schauen wir auf besondere Momente von akzente zurück und blicken nach vorn. S. 8 REPORTAGE MOMENTAUFNAHME Gefährlich und kostbar EDITORIAL Eine bengalisch-deutsche Klinikpartnerschaft rund um Schlangengiftforschung S. 10 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 FOTOS: TAPASH PAUL, STEFFEN KUGLER, ILLUSTRATIONEN: FLORIAN BAYER, JULIAN RENTZSCH ESSAY INTERVIEW ERKLÄRT Zur Wende, „Klima als Herzstück Einiges geschafft, zum Wandel der Entwicklungspolitik“ weiterhin viel zu tun Gedankenspiele des Autors und Bundesentwicklungsministerin Svenja Ein Gastbeitrag der Vorstands Publizisten Ilija Trojanow S. 16 Schulze im Gespräch S. 20 sprecherin Tanja Gönner S. 24 4 akzente 1/22
Inhalt REPORTAGE Im Dialog PERSPEKTIVEN bleiben DIGITALTIPPS, IMPRESSUM Fern – und Ein Tag mit Peter Palesch, Landesdirektor der GIZ in Äthiopien S. 36 doch so nah Drei „GIZ-Paare“ in verschiedenen Ländern zeigen, wie vielfältig ÜBERBLICK Zusammenarbeit sein kann. S. 26 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 INFOGRAFIK VORGESTELLT Hallo aus Köln! Von Franziska Schmülling, Social-Media-Spezialistin in der Unternehmens kommunikation S. 52 FOTOS: SAIYNA BASHIR, MULUGETA GEBREKIDAN, MOMAR TALLA CISSÉ, TIM WEGNER akzente Das Magazin der GIZ 1/2022 akzente SPEZIAL AKZENTE DIGITAL REPORTAGE Unser Magazin gibt es Tradition Wandel natürlich auch online, optimiert für die mobile trifft Technik Hier geht’s lang Im Dialog Zur Wende, Tradition bleiben Zu Besuch im Landesbüro Äthiopien zum Wandel Ein Essay von Autor und Publizist Ilija Trojanow trifft Technik Im Senegal per App zum Acker Nutzung: akzente.giz.de Im Senegal setzen Farmer*innen auf bewährte Anbaupraktiken – ergänzt um digitale Tools. S. 46 akzente 1/22 5
Durch die chinesische Küstenstadt Xiamen schlängelt sich ein Stück grüne Mobilität: Unter dem Schnellbussystem verbirgt sich ein knapp acht Kilometer langer Radweg. Gut erkennbar sind die farbenfrohen Zugänge. Der „Skyway“ soll die Bewohner*innen der Millionenstadt fürs Radeln begeistern. Wie vielfältig das Spektrum des Wandels sein kann, zeigen wir in dieser akzente-Ausgabe.
„Es gilt, die journalistische Qualität von akzente überzeugend digital zu akzente Das Magazin der GIZ 1/2020 übersetzen und unsere akzente AUSgAbE 3/17 Bis ins letzte Dorf Das Magazin der GIZ Saubere Energie Nutzer*innen besser zu erreichen.“ akzente Pestaufklärung im Hochland von Madagaskar Gut fürs Weltklima 3/2021 ALICE ALBRIGHT Träume zum Die US-Amerikanerin ist seit 2013 Geschäfts- führerin der „Globalen Anfassen Das Magazin der GIZ Bildungspartnerschaft“. Zuvor war sie in der Obama-Regierung Chief Operating Officer der Export-Import Bank of Perspektiven für the United States. Jugendliche in El Salvador Wo Milch und UTE SCHAEFFER, LEITERIN MEDIEN- UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Jede Dosis zählt Honig fließen Gekühlte Impfstoffe für Malawi Flüssiges Gold aus Georgien Gefrorene „Das Sonne Wachstum bei den Nachhaltig fischen erneuerbaren Energien in Indonesien ist ungebremst, weil sie Quelle der Demokratie ökonomisch einfach sinnvoll sind.“ Zusammenarbeit akzente IM INTERVIEW: PATRICIA ESPINOSA, Faire Verteilung von UNFCCC Wasser in Zentralasien Wer die Wahl hat TUNESIEN ERFOLGREICH MIT BIO KOSOVO CHANCEN FÜR RÜCKKEHRER ERKLÄRT ZURÜCK ZUR STAATLICHEN ORDNUNG 2/2021 Green Das Magazin der GIZ Recovery akzente Für eine grüne Zukunft 4/2018 AusgAbe 2/17 akzente Grün ist Das Magazin der GIZ die Hoffnung Ausflug in die wilde Das Magazin der gIZ HALLO Natur Costa Ricas Afrika – Kontinent Digitale Kreide im Umbruch Gesunde für alle Weitere Themen: Zukunft Schulen stärken Ausbildung im Westjordanland Unterstützung für Flüchtlinge im Nordirak Medizinische Versorgung im Libanon im Kongo Saubere Hüterinnen Sache Textilwirtschaft der Naturschätze in Bangladesch Das Engagement der ZUKUNFT algerischen Landfrauen Mehr Wissen Jugendförderung KOSTBA in Costa Rica Die solarbet Bildung erleichtert Ode Arbeit und hat überzeugt, ne Frauen Landwirtschaf Schlüssel für gesellschaftlichen Zusammenhalt Gender. Macht. Politik. Das akzente-Magazin erscheint akzente akzente AusgAbe 4/15 akzente 3/2020 1/2019 künftig rein digital. So können wir Das Magazin der GIZ Das Magazin der GIZ Das Magazin der gIZ Flucht – Mit zähem Willen unsere Geschichten noch vielfältiger in ein neues Leben Start-ups schaffen Jobs in Tadschikistan Sonnensystem Nachhaltige Energie- versorgung für Benin Das Abc der Sicherheit Alphabetisierung in der erzählen. Die Verbindung von Text, Klimaschutz durch Brände in Brasilien Gurken warten afghanischen Polizei auf niemanden Therapeut auf Neue App für Farmer*innen in Serbien vier Pfoten Hilfe für traumatisierte Video, Audio und Infografik macht’s Kinder in der Ukraine Zeichen setzen Innovationen für die berufliche Qualifikation in Äthiopien Ernte mit Aussicht Neues Wissen über IC möglich. Unser journalistischer afrikanischen Kakao ENTWIC Corona China Anspruch bleibt gleich: Wir möchten Leben mit dem Virus Perspektiven einer Weltmacht Der Kleinbaue Ihnen spannende Einblicke in die von Busch und F er Buschb akzente akzente ausgaBe 1/18 Arbeit der GIZ geben, interessante 2/2019 Diese u Das Magazin der GIZ Das Magazin der GIZ Digitalisierung Menschen vorstellen und aktuelle Treiber für Entwicklung Themen der internationalen Frieden akzente leben Vergangenheits- bewältigung in Kolumbien Zusammenarbeit einordnen. 2/2018 Wassermusik Hygienetraining für laotische Kinder „Das Recht auf Privatheit ist ein Menschenrecht, das es Das Magazin der GIZ Neuer gerade in unseren Anstrich digitalen Zeiten zu verteidigen gilt.“ Jobchancen im Libanon constanze Kurz cHaos coMPuter cLuB verbessern DIGITALE VORDENKERINSHRADHA SHARMA GESUNDHEIT IN BANGLADESCH VERNETZTE MEDIZIN FRIEDENSPROZESS IN MALI BLICK NACH VORN TEXTILINDUSTRIE IN ÄTHIOPIEN FAIRE ARBEIT akzente AUSGABE 2/16 Heilige Wälder Naturschutz in Benin und Togo Abfall Leben im Wegwerfmodus Das Magazin der GIZ Arbeit – Mehr als Bewegung nur Beschäftigung auf Kuba Know-how für Weitere Themen: moderne Prothesen Indien setzt auf Sonnenenergie Chancen für Flüchtlinge in Jordanien Schutz für Migranten Flüchtlinge am Horn von Afrika Verantwortung Deutschlands Rolle in der Welt akzente 1/22
Vorgestellt Interview Die GIZ sucht regelmäßig Exper- tinnen und Experten für Projekteinsätze. Besuchen Sie uns im 19:42 GIZ-Stellenmarkt: „Sie wollen unbedingt Von: Janin www.giz.de/jobs. in die Schule zurück“ a Marie Laurent An: alle akzente-Le › ser*innen Außerge wöhnlich Heute um e Reise 16:53 Uhr in einer außergew öhnliche Iakwe von n Zeit Alice Albright ist Geschäftsführerin der „Globalen Bildungspartnerschaft“, den Marsh allinseln, so grüßt die sich für gute Bildung in Ländern mit niedrigem Einkommen einsetzt. zu erreic man hier, hen, 13.000 Kilom sigen Haup war ein echtes eter von Deutschlan Im Interview spricht sie über die enorme Bedeutung des Lernens und warum Abent der Pande tstadt Majuro – habe euer. Einen d entfernt. Meinen Arbeit plett einge mie war dies der ich auf einem Teil der Streck e – von Hawa splatz Kinder auf der ganzen Welt darauf brennen, zurück in die Schule zu dürfen. Hawaii und stellt. Der einzig Segel Segelfracht e Weg, der Flugv frachter zurückgele ii zur hie- Ein echte Kiribati als Fährs er wurde erkeh 1952 in Brem r zum Inselstaat Während gt. r Zweimaster, chiff und en gebau war kom- wie man wird nun Der Vortei sie aus Pirate auf den Marsh t, diente zwischen l nfilmen kennt allinseln einge Interview: Friederike Bauer hausgase des traditionellen . setzt. ausgestoße Fortbewegu Inseln vertei n. Für die ngsmittels: Meine Aufgalt, ein ideales Trans Marshallinseln, Es werde einen Staat, n nur minimal Schiffsverk be ist es, die Regie portmittel – für der sich auf Treib- ehr zu entwic rung zu Waren Ein Segel keln. unterstützen und eben auch über 1.000 frachter ternative kann hier, Sie betreibt das , Lösungen für Mens für emiss chen. zu Schiff wie drittgrößte en mit Verbr auch in ander Schiffsregis ionsarmen ennungsmo en Regio ter der nen der Die Regie rung hat tor sein. Welt, eine Welt. liegt nicht großes Intere gute Al- höher als sse an klimaf Uferbefesti zwei gung gebau Meter über dem reundlichen Meeresspieg t werden, Meeresspieg Lösungen, denn die Marsh el und die imme um Schäd en durch el. Es musste bereit das Land allinseln r Organisation auch bei häufigeren Fluten Starkregen, den s eine ihrem Auftrit zu verme dem bilden . Sie haben dort t iden. Die steigenden Die Corona-Pandemie hat der Bildung ei- Bis zu 20 Millionen Mädchen brechen we- nes Landes ist, desto mehr lernen seine Kin- wir Kanub bereits eine in der Internationa GIZ nen Rückschlag versetzt. Was sind die gen einer frühen Heirat oder Teenager- der heute und desto mehr verdienen sie in die alte Tradit auer aus, Reputation len Seesc unterstützt ion des ihr Wisse hifffahrts- schwerwiegendsten Folgen? Schwangerschaft womöglich die Schule ab. der Zukunft. Für viele Kinder ist Schule zu motor isierten BooteKanubaus fort n als Traine als starker Klima r advokat. Die Pandemie hat die größte Unterbre- Zudem könnten Millionen in Kinderarbeit mehr als ein Ort des Lernens. Schulen sind n für Fisch und schaffen gleichweiterzugeben. Zu- Der einzig fang und zeitig eine Sie führen e Transport gute Altern chung von Schulbildung verursacht, die wir gezwungen werden, um ihre Familien zu Lebensadern, die Mahlzeiten, Gesundheits- Früchten. Nachteil des Stand zwischen den Inseln ative Auf je erlebt haben. Auf dem Höhepunkt waren unterstützen. dienste, Sicherheit – und die Hoffnung auf nahrungsm dem Atoll wachs orts, der mir einfäl . lt, 1,6 Milliarden Kinder nicht in der Schule, eine bessere Zukunft bieten. Leben und ittel ist Fisch, der en diese nicht, sie ist der Mangel meine Arbeit sehr schm müssen an frisch fast die Hälfte davon in Ländern mit niedri- Was bedeutet das für den sozialen Zusam- auf den ackha impor en Herzliche Marshallinse ft zubereitet wird. tiert werden. Haup gem Einkommen. Am härtesten davon ge- menhalt von Gesellschaften? Lässt sich das vierte Nachhaltige Entwick- Grüße ln sehr. Ich genie t- ße das troffen wurden die verletzlichsten Kinder Schulen bieten nicht nur eine sichere, für- lungsziel (SDG) überhaupt noch erreichen? und Jugendlichen der Welt. Bereits jetzt sorgliche und förderliche Lernumgebung. Tatsächlich hat die Corona-Pandemie welt- Janina Marie Laurent können wir beobachten, dass Corona die Kinder können dort auch besondere Fähig- weit große Auswirkungen, die alle SDGs ge- Ungleichheit verschärft hat. Hunderte Mil- keiten erwerben, wie kritisches Denken, fährden. Daher arbeiten wir mit unseren lionen Kinder, die auf Schulessen angewie- Zusammenarbeit mit anderen und Proble- Partnerländern zusammen, um deren Bil- FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA (S. 32) sen sind, hatten keine verlässliche Mahlzeit me lösen. All das sind wichtige Werkzeuge, dungssysteme zu reformieren und einen mehr am Tag. Auch könnte die Pandemie um in einer zunehmend globalisierten Welt dauerhaften Wandel für die Kinder zu be- mehr als 100 Millionen Menschen in extre- zu bestehen. Langfristig gesehen unterstüt- wirken. Wenn zum Beispiel alle Mädchen me Armut treiben. Je länger Schulunterbre- zen Investitionen in Bildung den Aufbau und Jungen eine Grund- und Oberschule chungen dauern, desto wahrscheinlicher ist friedlicher und inklusiver Gesellschaften. Je besuchen können sollen, brauchen Regie- es, dass Kinder nie wieder zurückkehren. stärker und gerechter das Bildungssystem ei- rungen umfassende und inklusive Pläne für akzente 2/21 33 50 akzente 2/21 Reportage Sonnensystem SONNEN SYSTEM Schluss mit der Plackerei beim Bewässern von Feldern: Eine Ausbildungsfarm in Benin wird mit einer Solarpumpe zum Vorbild. TEXT UND FOTOS KATRIN GÄNSLER ARES NASS triebene Pumpe ette Kpadonou die die Auszubildende eue Wege in der ft auszuprobieren. Gesichter und Geschichten Warum wir uns digital ganz wie zu Hause fühlen und wie es in Zukunft weitergeht, erfahren Sie im CH BIN STOLZ AUF DIE CKLUNG MEINES BETRIE BS. Interview auf akzente.giz.de SALOMO KAUARI er aus Namibia nahm an mehreren GIZ-Fortbildungen zur Verarbeitung Förderung von Wertschöpfungsketten teil. Durch sein neues Wissen konnte biomasse nutzen, um sein Vieh durch die jüngste Dürre zu bringen. © GIZ und weitere „Gesichter und Geschichten“ finden Sie online auf www.giz.de/geschichten Code mit Smartphone einscannen und Video ansehen Gesundes Essen = Bessere Chancen Darum unterstützen wir Bildungseinrichtungen in Malawi. akzente 1/22
TEXT: AMINA NEYAMAT FOTOS: TAPASH PAUL UND KOSTBAR GEFÄHRLICH
Die Faszination für Schlangen verbindet Wissenschaftler des Chittagong Medical College Hospitals am Golf von Bengalen und des Universitätsklinikums in Frankfurt am Main. In einer Klinikpartner- schaft arbeiten sie miteinander und lernen so dazu, damit mehr Opfer von Vergiftungen gerettet werden können. Ein Beitrag zur globalen Gesundheit. Zu folgenden Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen trägt das Vorhaben bei:
Wandel D Der Schatz des Chittagong Medical College Hospitals (CMCH) ist gut bewacht. Wer dorthin gelangen will, muss ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem durchlaufen: medizi- nische Kittel anziehen, Hände desinfizieren, die automa- tische Eingangssperre durchqueren und danach durch eine starke Glastür. Hinter einer weiteren Schiebetür grüßt das gefährliche und kostbare Gut mit einem bedrohlichen Zi- schen. 300 Giftschlangen leben hier in mit schwarzen Stoffbahnen verhüllten Regalen. Wer den schwach beleuch- teten, klimatisierten Raum zum ersten Mal betritt, kann durchaus eine Gänsehaut bekommen. Das gilt natürlich nicht für das Team des Giftfor- schungszentrums des CMCH in Chattogram im Südosten Bangladeschs. Für die Forschungsassistenten rund um Pro- fessor Aniruddha Ghose ist das vertrautes Terrain. „Wenn sie Bewegung um sich herum wahrnehmen, geraten man- che Schlangen in Stress. Sie zischen laut, um zu signalisie- ren, dass man sich fernhalten soll“, sagt Mizanur Rahman, der wie seine Kollegen für die Pflege und Aufzucht der Tiere verantwortlich ist. Sie nehmen ihnen auch mit einer beein- druckenden Technik Gift ab, um mehr über die Entwick- lung von Antivenin zu lernen, das Menschenleben rettet. Die Reptilienforscher fühlen sich sichtlich wohl in der Ge- sellschaft der Kriechtiere. Heute hat das Team einen Gast und dem geht es ebenso: Dr. Ulrich Kuch ist einer der renommiertes- Die Bengalische Bambusotter ist eine von 300 Schlangen, ten Schlangenbiss-Experten weltweit. Der Biologe ist Leiter der Abtei- die im Giftforschungszentrum des Chittagong Medical lung Tropenmedizin und Global Health im Institut für Arbeits-, Sozi- College Hospitals (CMCH) im Südosten von Bangladesch al- und Umweltmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Er engagiert gehalten werden. sich in einer Klinikpartnerschaft zwischen dem Hospital am Golf von Rechts: Das Gift der Kettenviper führt unter anderem Bengalen und der Universitätsklinik am Main. Seit 2020 sind beide zu inneren Blutungen, Nierenversagen und Amputationen. Häuser Teil dieses globalen Förderprogramms Klinikpartnerschaften, Durch die heute verfügbaren Antivenine wird es kaum das von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenar- neutralisiert. beit (GIZ) GmbH im Auftrag des BMZ durchgeführt wird. Den Kontakt zum CMCH und anderen Kliniken in Bangladesch hatte Kuch schon zuvor aufgebaut. Seit vielen Jahren arbeiten deutsche und bangladeschische Forscher gemeinsam zum Thema Vergiftungen und Schlangenbisse. Ein drängendes Thema, gerade in ländlichen Re- Mehr über die bengalisch-deutsche Klinikpartnerschaft im Video auf der gionen: Expert*innen gehen von rund 700.000 Schlangenbissen in akzente-Website: akzente.giz.de Bangladesch pro Jahr aus. Täglich sterben dort durchschnittlich 16 Menschen daran, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Mehrzahl der Opfer ist jung. Kuch weiß aus seinen Aufenthal- ten in Asien, welches Leid es auslöst und in welche Armut es eine Fa- milie stürzt, wenn der Ernährer verstirbt oder etwa durch Amputati- 12 akzente 1/22
Gefährlich und kostbar onen dauerhaft arbeitsunfähig wird. Die immensen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Probleme, die Schlangenbisse für die Landbevöl- KLINIKPARTNERSCHAFTEN WELTWEIT kerung des Globalen Südens darstellen, wurden lange Zeit nicht aner- kannt. Inzwischen hat die WHO Schlangenbisse und ihre Folgen als Medizinische Fachkräfte dabei zu fördern, sich weiterzubilden, „vernachlässigte Tropenkrankheit höchster Dringlichkeit“ eingeordnet. sie mit innovativen Formaten zu begleiten und gegenseitiges Für Kuch und Ghose geht es nach dem Vormittag im Giftfor- Lernen und Vernetzung voranzutreiben – all das schafft das schungszentrum nebenan in die Klinik. Dort werden täglich Fälle Programm Klinikpartnerschaften der Deutschen Gesellschaft von Schlangenbissen oder Vergiftungen aufgenommen, jährlich etwa für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in 65 Ländern 5.000. Chattogram hat ein riesiges Einzugsgebiet. Vierzig Millionen mit 2.900 Projektbeteiligten. Ziel ist, dass Gesundheitsfach- Menschen, knapp ein Viertel der Bevölkerung des Landes, leben in kräfte weltweit gestärkt werden. Das Förderprogramm ist vom der dicht besiedelten Region. Neben den Schlangenbissen gibt es noch Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und einen weiteren Auslöser für Vergiftungen. Eingeliefert werden auch Entwicklung (BMZ) beauftragt und mitfinanziert durch die Else Menschen, die versucht haben, sich mit Pestiziden das Leben zu neh- Kröner-Fresenius-Stiftung. Die Partnerschaften umfassen das men, oft aus Verzweiflung über ihre Armut und über die Verschul- ganze Spektrum der Versorgung – von A wie Anästhesie über dung der Familie. Bangladesch ist trotz eines moderaten Wirtschafts- P wie psychische Gesundheit bis Z wie Zahngesundheit. Das wachstums weiterhin eines der ärmsten Länder Asiens. Programm reagiert auf aktuelle Krisen, wie die Corona-Pande- Im CMCH werden alle Menschen behandelt, die Hilfe suchen. mie oder den Krieg in der Ukraine, mit Sofortmaßnahmen und Sie profitieren inzwischen von Anschaffungen, die im Zuge der Kli- Sonderausschreibungen. So konnte beispielsweise die nikpartnerschaft finanziert wurden, zum Beispiel tragbaren Ultra- SARS-CoV-2-Übertragung eingedämmt und erkrankten schallgeräten, die direkt am Krankenbett eingesetzt werden können. Menschen gezielt geholfen werden. In Bangladesch wurden Beim Rundgang auf der Krankenstation macht Professor Ghose bisher Partnerschaften von fünf Kliniken mit deutschen deutlich, wie zentral diese Ausstattung ist und wie wichtig die Krankenhäusern und Organisationen gefördert. Kontakt: klinikpartnerschaften@giz.de BANGLADESCH Hauptstadt: Dhaka / Bevölkerung: 164,7 Mio. / Bruttoinlandsprodukt pro Kopf: 1.969 US-Dollar / Wirtschaftswachstum: 2,4 Prozent / Rang im Human Development Index: 133 von 189 Quelle: Weltbank Dhaka BANGLADESCH Chattogram
Wandel Der Frankfurter Biologe Dr. Ulrich Kuch und Professor Aniruddha Ghose befinden sich in stetigem Austausch. Unten: Auf Visite bei einem Vergiftungsopfer, das kurz zuvor mit dem tragbaren Ultraschallgerät im Chittagong Medical College Hospital untersucht worden ist.
Gefährlich und kostbar Unterstützung aus Deutschland auch während der Corona-Pandemie war. Gerade für schwer vergiftete Patientinnen oder Patienten sei es viel zu anstrengend, für eine Untersuchung transportiert zu werden. In solchen Fällen wirkt das mobile Ultraschallgerät wie ein „Zauber- stab“, sagen Ärztinnen und Ärzte. Ohne Patientinnen oder Patienten zu bewegen, liefert es korrekte Daten über die inneren Organe und hilft, eine wirksame Behandlung festzulegen. „Das Programm der Kli- nikpartnerschaften hat diese dringend notwendige Modernisierung in Verbindung mit Trainings für unsere Gesundheitsfachkräfte möglich gemacht“, sagt Aniruddha Ghose zu Kuch, als sie durch die belebte Station gehen, um nach einem Patienten zu schauen, der kurz zuvor mit dem Ultraschallgerät im Bett untersucht worden ist. Damit alle Medizinerinnen und Mediziner mit den neuen Ge- räten arbeiten und sie in der Aus- und Weiterbildung einsetzen kön- nen, hat das CMCH Platz für ein Labor und ein Schulungszentrum geschaffen. „Dieses Skill Lab verbessert nicht nur die Patientenversor- gung, hier wird medizinisches Fachpersonal in modernen Methoden geschult“, erklärt Ghose und Kuch ergänzt: „So wird in Zukunft Wis- sen über das ganze Land verteilt.“ Beide engagieren sich mit ganzer Kraft für die Partnerschaft, in der beide Seiten fachübergreifend vonei- nander lernen. Experten und Expertinnen tauschen sich hier aus. „Das CMCH hat sich als das erste Giftforschungszentrum dieser Art auf dem südasiatischen Subkontinent etabliert – auch dank der finanziellen Unterstützung durch Bangladeschs Regierung, der Hilfe der brillanten Absolventen des Fachbereichs Zoologie der Universität Chittagong und der erfolgreichen Zusammenarbeit mit seinen deutschen Partnern“, be- tont Ulrich Kuch. In den Gesprächen mit seinen Kollegen aus Bangla- desch gibt es auch für ihn immer wieder Aha-Momente. Etwa, wenn er Neues über die lokale Schlangenpopulation erfährt. Das bengalisch-deutsche Tandem hat schon das nächste Ziel vor Augen. Um für Bangladesch angepasstes und kostengünstiges An- tivenin herstellen zu können, benötigt das Land eine größere Ein- richtung als das überschaubare CMCH-Zentrum. Nur so kann genügend hochwertiges Schlangengift in einem kontrollierten For- schungslabor nach modernen wissenschaftlichen Verfahren gewon- nen werden. Bisher ist in Bangladesch ausschließlich Gegengift er- hältlich, das in Indien hergestellt wird. Das importierte Mittel ist nur gering wirksam. „Unsere gemeinsame Forschung hat gezeigt, dass Gifte von Schlangen wie Kettenvipern und Kobras in Bangla- desch ganz andere Toxine enthalten als in Indien“, sagt Kuch. Doch diese kann das indische Gegengift nicht neutralisieren. Unterdessen wird im Giftforschungszentrum ein beeindru- ckendes Exemplar einer Kettenviper gemolken. Die Fachleute im Die jungen Wissenschaftler am CMCH-Giftforschungs Chittagong Medical College Hospital arbeiten weiter mit diesem zentrum „melken“ eine Brillenkobra, eine der tierischen Schatz – kostbar und gefährlich zugleich. — gefährlichsten Giftschlangen der Welt. Noch wird Gegengift importiert, doch das Team möchte gerne eigenständig Antivenine in Bangladesch Die Autorin AMINA NEYAMAT produzieren. und der Fotograf TAPASH PAUL arbeiten für die renommierte Agentur Drik Images in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka. So nah wie bei dieser Recherche sind sie Schlangen zuvor noch nie gekommen. akzente 1/22 15
TEXT: ILIJA TROJANOW ILLUSTRATIONEN: FLORIAN BAYER ZUM WANDEL ZUR WENDE,
Was existiert, behauptet, notwendig zu sein – oder warum es so schwierig ist, Dinge zu ändern. Eine Betrachtung über Beharrungskräfte und mangelnde Fantasie, von Autor und Publizist Ilija Trojanow.
Wandel Was existiert, behauptet kraft seiner Existenz, notwendig zu sein. Unabhängig davon, ob es wirklich so gut funktioniert, wie seine Vertei- diger behaupten. So wissen wir zum Beispiel inzwischen ohne jeden Zweifel, dass die Zer- störung von Naturressourcen zur Befeuerung eines unentwegten Wachstums langfristig zu ökologischen Katastrophen führt. Das ist in unzähligen Studien berechnet und bilan- ziert worden. Fast täglich werden Berichte veröffentlicht, die dies konkret beweisen: an einem Tag im Februar 2022 etwa, dass un- sere Ozeane und die Tiere darin mit Plastik vollgestopft seien, drei Viertel des dortigen K Mülls bestehe aus Plastik, jährlich bis zu 12,7 Millionen Tonnen. „Das kann kein Meer mehr schlucken“, titelt der WWF. Die Not der Meere ertragen wir mit Geduld, indem wir täglich einige wunderbar bunte Illusionen über unser Weltsystem schlucken, wie Nah- rungsergänzungsmittel, deren Wirkung allein in der Suggestion liegt. Was es noch nicht gibt, unterliegt hin- gegen einem Generalverdacht. Als Erstes wird bezweifelt, dass die Alternative über- haupt besteht. „Es gibt keine Alternative“, lautet die fromme Litanei des Status quo. Kaum begann ich über Wandel nachzuden- Und das Gespräch danach – oft genug er- ken, hatte ich folgenden Traum: lebt – reproduziert einen der berühmtesten Eine Wippe, auf der einen Seite saß ein Dialoge aus Monty Pythons „Das Leben des einziges Männeken (ich habe tatsächlich Brian“: „Was haben die Römer je für uns ge- dieses merkwürdige Wort geträumt), auf tan?“ Nichts, was Visionäre in der Folge vor- der anderen Seite sehr viele Männekens. Das bringen könnten, wirkt gegen diese apodik- linke vertrat eine alte, längst erprobte Idee, tische Alternativlosigkeit. Alternativen sind all die rechten neue Ideen, frisch-fröhlich- schlichtweg nicht sichtbar, eine spezifische unverbraucht. Zu meinem Erstaunen kippte Form jener partiellen Blindheit, mit deren das Schaukelbrett nach links. Immer wieder. Hilfe sich Menschen wie auch Gesellschaf- Manche würden sagen, das ist ein Alb- ten durchs Leben mogeln. traum. Manche würden erwidern, so ist die Aufgrund dieser partiellen Blindheit Welt halt. Und manche würden zu erklären wird oft der historische Moment verpasst, versuchen, wieso sich das Existierende – fast der eine tiefergehende Transformation er- zu allen Zeiten und fast überall auf der Welt – lauben könnte. Das, was die alten Grie- beharrlich gegen grundsätzliche Verände- chen Kairos nannten, also die Gelegenheit. rungen gesträubt hat und weiterhin sträubt. Der Volksmund rät bekanntlich, diese am Könnte es sein, dass der Status quo einen Schopfe zu packen, aus dem ganz und gar inhärenten Vorteil gegenüber dem genießt, praktischen Grund, dass sie an einem vor- was sein könnte? Quasi einen Wettbewerbs- beirennt, vorn die Haare dicht und lang, vorteil gegenüber Ideen, Plänen, Träumen, am Hinterkopf aber kahlgeschoren und der die eines mutigen Aufbruchs bedürfen? Und Körper mit Öl eingeschmiert. Das Zeitfens zwar unabhängig davon, wie schlecht der ter ist somit ein enges, und wenn es verpasst real existierende Zustand sein mag, genauer wird, kann man nur noch dumm aus der gesagt, wie negativ er von manchen (oft von Wäsche schauen (um weiterhin bei einge- vielen) wahrgenommen wird? führten Redewendungen zu bleiben). 18 akzente 1/22
Zur Wende, zum Wandel Viel ist diskutiert worden über Reform und Revolution, über „revolutionäre Reformen“ „Egal wie viele und Mögliche hingegen widerstrebt der gut eingelaufenen Sprache, sie sitzt schief und und „Refolutionen“. Über das rechte Maß des Wandels. Doch unabhängig davon, Menschen sich krumm auf einem unbekannten Körper und das wiederum nährt den Verdacht, dass die- zu welcher Strategie der oder die Einzelne tendiert (oft eine Charakterfrage, weniger nach Veränderung ser Körper abnormal sein könnte, verdäch- tig, gefährlich gar. Die gewohnte Sprache Analyse als Folge von Geduld oder Gier, von Zuversicht oder Verzweiflung), die Ge- sehnen, wahre denunziert per se radikale Alternativen. Wir können bekanntlich unsere Probleme nicht legenheit ist eine entscheidende Komponen- te. Progressiv sein heißt auch, die historische Transformation mit jener Denkweise lösen, die sie verursacht hat, und Denken gibt es beim Homo sapi- Chance, die man in die eigene Epoche ge- legt bekommt, entschieden zu nutzen. Denn erweist sich stets ens nur in der Kombination mit Sprache. So brutal dies klingt, die Sprache, die wir lieben nach erfolgter Veränderung erscheint das Er- als schwierig.“ und pflegen, sabotiert zugleich – wenn sie reichte selbstverständlich und die politische nicht hinterfragt und verändert wird – die Trägheit von davor schwer verständlich, wie Plausibilität von Alternativen. die weltweite Erfahrung beim Thema Frau- Egal wie viele Menschen sich nach Ver- enrechte im 20. Jahrhundert gezeigt hat. änderung sehnen, wie viele ihre Notwen- Eine Ausstellung zur „Utopie des Frauen- digkeit erkennen, wahre Transformation wahlrechts“ im Schweizerischen National- erweist sich stets als schwierig. Leider ist es museum in Zürich hat dies im letzten Jahr einfacher, Vorhandenes zu erhalten, auch beeindruckend illustriert. Im Nachhinein wenn es beschädigt ist und der Zukunft ab- muss Mann sich fremdschämen über all gewandt. — die heftigen Einwürfe und Warnungen vor einem allgemeinen Wahlrecht der Frauen. Es brauchte fast ein Jahrhundert, um ei- ILIJA TROJANOW nen Wandel herbeizuführen, der uns heute ist Autor, Publizist, selbstverständlich erscheint! Übersetzer und Ver- Woran es zudem schmerzlich mangelt, leger. 2020 erschien ist Fantasie. Das zeigt sich gegenwärtig be- sein aktueller Roman sonders eklatant bei Gesprächen über unsere „Doppelte Spur“. Mobilität, genauer gesagt über den eigenen Wagen, vor allem in Deutschland, bekannt- lich das Land der Denker und Fahrzeuglen- ker. Das Auto wird als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und alle weiteren Argumente von diesem Axiom abgeleitet. Selbst mit ge- schlossenen Augen ist ein Leben ohne Auto nicht vorstellbar. Und wenn auf einer sol- chen Fantasie diskursiv beharrt wird, emo- tionalisiert sich die Diskussion, wird schnell heftig, bestimmt von der Angst, dass sich an den Parametern des eigenen Lebens et- was grundsätzlich ändern könnte, weil ein anderes Leben, vielleicht sogar ein besseres, einfach nicht vorstellbar ist. Wo die Fanta- sie fehlt, erscheint Veränderung als Sturz ins Nichts und somit als existenzielle Attacke. Weitere Wettbewerbsnachteile des Wandels finden sich in der Sprache, die FOTO: SUSANN URBAN logischerweise entwickelt wurde, um das Bestehende zu beschreiben, weswegen sie hervorragend geeignet ist, dessen Stärken und Schwächen abzubilden. Das Erträumte akzente 1/22 19
Schwerpunkt: Wandel „Klima als Herzstück der Entwicklungspolitik“ Svenja Schulze ist neu im Bundesentwicklungsministerium, aber nicht neu in der Regierung. Ihre Schwerpunkte lauten: Klima, Armut, Gender, Gesundheit und Krisenprävention. Ein Gespräch über die deutsche Entwicklungspolitik im Wandel. Interview: Friederike Bauer Frau Ministerin, wo setzen Sie als neue Deutschland. Denn in unserem weltweit ver- sich anzupassen. Darum machen wir eine Chefin im Bundesentwicklungsministe flochtenen Land haben auch entfernte Krisen globale Klimapolitik, die Klimaschutz und rium besondere Schwerpunkte? ganz reale Auswirkungen auf uns. Klimaanpassung im Blick hat, zu einem Wir stehen für eine respektvolle Poli- Herzstück unserer Entwicklungspolitik. tik auf Augenhöhe mit unseren Partnerlän- In Ihrer neuen Rolle bleiben Klima dern im Globalen Süden. Und wir stellen aspekte also im Fokus? Sie legen auch Wert auf Gleichberechti uns den zentralen Herausforderungen, vor Ich habe schon immer den Ansatz ver- gung. Warum? Und: Wie lässt sich das in denen wir weltweit stehen. Das sind die Kli- folgt, dass jedes Ministerium ein Klima- den Entwicklungsländern umsetzen? makrise, die Überwindung von Armut, Ge- ministerium sein muss. Für die Entwick- Ich will eine feministische Entwick- schlechtergerechtigkeit, globale Gesundheits- lungszusammenarbeit gilt das in besonde- lungspolitik. Denn Gleichberechtigung ist FOTO: STEFFEN KUGLER vorsorge und Krisenprävention. Wenn wir rer Weise, denn der Klimawandel trifft die ein zentrales Menschenrecht. Wir wollen auf diesen Feldern Fortschritte erzielen, ist ärmsten Länder am härtesten. Sie leiden am ihr weltweit Geltung verschaffen. Das al- viel gewonnen – übrigens nicht nur für die stärksten unter den Folgen des Klimawan- leine wäre schon Grund genug, aber klar ist Entwicklungsländer, sondern auch für uns in dels und sie haben weniger Möglichkeiten, auch: Das nutzt der gesamten Gesellschaft. 20 akzente 1/22
SVENJA SCHULZE Die geborene Rheinlän derin war von 2018 bis 2021 Bundesumwelt ministerin. Seit Ende 2021 ist sie Bundesminis terin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent wicklung.
Feministische Entwicklungspolitik bedeu- tet, dass wir bei unseren Projekten immer „Nachhaltige Daran arbeiten wir. Wir müssen inter- national aber noch viel stärker an einem auch darauf achten, Frauen gezielt zu för- Strang ziehen, egal ob in Europa, in den dern oder mindestens gleichberechtigt ein- Wirtschaftsent Vereinten Nationen oder anderen inter- zubinden. Unzählige Studien zeigen, dass es nationalen Zusammenhängen. Multilate- weniger Hunger, weniger Armut und mehr wicklung ist rale Zusammenarbeit, wo immer möglich, Stabilität gibt, wenn Frauen gleichberech- führt zu besseren Ergebnissen – etwa bei tigt Verantwortung tragen. eine zentrale Voraus der Prävention von Pandemien oder bei der Bewältigung globaler Herausforde- Die Corona-Pandemie stellt gerade är mere Länder vor neue große Herausfor setzung für die rungen wie dem Klimawandel. Sie kann Vertrauen schaffen, auch bei schwierigen derungen: mehr Armut, weniger Wirt schaftswachstum, um nur zwei Aspekte zu notwendige sozial- Partnern. Die Agenda 2030, das Pariser Klimaabkommen oder die Addis-Abeba- nennen. Sind die Nachhaltigen Entwick lungsziele (SDGs) dennoch zu schaffen? ökologische Agenda zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung – all die dort vereinbarten Transformation.“
Interview Ziele können wir nur erreichen, wenn wir liche positive Spuren hinterlassen: Stärker als sein Engagement für die Menschen in Af- gemeinsam arbeiten und nicht jeder sein früher werden aus der Bevölkerung heraus ghanistan fortsetzen.“ eigenes Süppchen kocht. Rechte eingefordert. Inzwischen ist immer häufiger von inter Und was heißt das für den Wandel hin zu Manche erachten Afghanistan, genauer nationaler Strukturpolitik statt von Ent einer nachhaltigen Wirtschaft? gesagt das Ende des internationalen En wicklungspolitik die Rede. Was ist der Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung gagements, als „Sündenfall“ der Ent Unterschied? ist eine zentrale Voraussetzung für den wicklungspolitik. Wie stehen Sie dazu? Internationale Strukturpolitik ist glo- notwendigen sozial-ökologischen Wandel. Von einem Ende des internationalen bale Gerechtigkeitspolitik für eine nach- Deswegen fördern wir die Entwicklung Engagements kann nicht die Rede sein. haltige Entwicklung. Angesichts einer ver- der Privatwirtschaft. Unternehmen werden Mit der Entscheidung, uns militärisch in änderten Ausgangslage ist dies zwingend auch für die Umsetzung der Agenda 2030 Afghanistan zu engagieren, ging stets auch erforderlich: Die Globalisierung hat die und des Pariser Klimaabkommens als Part- eine zivile Verantwortung einher, der wir Welt immer mehr zusammenrücken las- ner, Impulsgeber und Jobmotor in unseren uns als Bundesregierung auch nach Been- sen. Die Herausforderungen unserer Zeit Partnerländern gebraucht. digung des militärischen Einsatzes und ge- wie der Klimawandel lassen sich nur im in- Dabei setzen wir uns besonders für rade in diesen für das Land so schwierigen ternationalen Miteinander bewältigen. Für die wirtschaftliche Stärkung von Frauen dieses Miteinander brauchen wir einen ver- als Unternehmerinnen, Arbeits- und Füh- bindlichen Rahmen – eben Strukturen, die rungskräfte und Konsumentinnen ein. wir schaffen müssen, um es unseren Part- Damit unsere Partnerländer widerstands- fähiger gegen künftige Schocks werden, „Ich will eine nern zu ermöglichen, auf Augenhöhe und eigenständig zu agieren. Schließlich sind sie fördern wir zudem die digitale und die die eigentlichen Träger der erforderlichen grüne Wirtschaftsentwicklung. Ich denke feministische Ent sozial-ökologischen Transformation vor da an die Unterstützung bei der sozialver- Ort. Dazu gehören besonders ein globaler träglichen Energiewende oder den Auf- wicklungspolitik. demokratischer Ordnungsrahmen, ein ge- bau einer eigenen Impfstoffproduktion in rechtes Welthandels- und -finanzsystem Afrika. Die Pandemie hat zudem deutlich Gleichberechtigung und, wo immer möglich, die Stärkung des gemacht, dass es in den ärmeren Ländern Multilateralismus. All das erhöht auch die kaum soziale Sicherungsnetze gibt – eine weitere Herausforderung, die wir gemein- ist ein z entrales Widerstandsfähigkeit in Krisensituationen. sam angehen müssen. Menschenrecht.“ Welche Rolle sehen Sie für die GIZ bei diesem Wandel? Mehr als die Hälfte aller Menschen lebt Viele andere Staaten beneiden uns heute nicht mehr in einer Demokratie. um die GIZ – und ich freue mich sehr, Was bedeutet das für die deutsche Ent dass wir sie als leistungsstarke Durchfüh- wicklungszusammenarbeit? Zeiten nicht entziehen werden. Mehr als die rungsorganisation haben! Die GIZ unter- Wenn demokratische Regeln nicht ein- Hälfte der Bevölkerung hungert, darunter stützt die Partner in unserem Auftrag vor gehalten werden, drohen Krieg und Zerstö- 13 Millionen Kinder. Das Bildungs- und Ort ganz konkret. Gerade in den vergange- rung. Das erleben wir zurzeit in erschüt- Gesundheitswesen steht kurz vor dem Zu- nen beiden Corona-Jahren hat die GIZ ge- ternder Deutlichkeit. Darum sind Demo- sammenbruch. Die Wirtschaft ist im freien zeigt, wie flexibel und schnell sie auf neue kratieförderung und der Einsatz für gute Fall. Als internationale Gemeinschaft haben Herausforderungen reagieren und neue Regierungsführung wichtiger denn je. Sie wir hierauf reagiert: Allein Deutschland hat Ansätze und Instrumente entwickeln kann. gehören auch zu den Säulen einer werte Ende vergangenen Jahres Unterstützung in Das außerordentliche Engagement und die orientierten Entwicklungspolitik. Ich bin Höhe von 600 Millionen Euro für huma- hohe Präsenz der Mitarbeiter*innen der überzeugt: Demokratische Strukturen be- nitäre Hilfe, strukturbildende Übergangs- GIZ in unseren Partnerländern tragen we- günstigen eine nachhaltige wirtschaftliche hilfe und Basisversorgung zur Verfügung ge- sentlich zur Ausgestaltung einer modernen Entwicklung, eine fairere Verteilung des stellt. Auch in Zukunft wollen wir uns en- Entwicklungspolitik im Sinne globaler Ge- Wirtschaftswachstums und wirksame Ar- gagieren, um die Menschen zu unterstützen. rechtigkeit bei. Ich bin sicher, dass sich die FOTO: STEFFEN KUGLER mutsreduzierung. Das machen auch inter- Dabei werden wir regierungsfern arbeiten, GIZ mit der gewohnten Tatkraft auch den nationale Studien sehr deutlich. Selbst in denn wir wollen das Taliban-Regime nicht neuen entwicklungspolitischen Herausfor- Ländern, die sich zuletzt autokratisch entwi- legitimieren. Wir setzen so die Zusage im derungen in enger Zusammenarbeit mit ckelt haben, hat Demokratieförderung deut- Koalitionsvertrag um: „Deutschland wird dem BMZ stellt. — akzente 1/22 23
Wandel Einiges geschafft, weiterhin viel zu tun Wo die GIZ nach zehn Jahren steht und warum sie sich noch weiter wandeln muss Ein Beitrag von Vorstandssprecherin Tanja Gönner Z ehn spannende Jahre liegen hin wir sind inzwischen eine global agierende gilt aktuell für Afghanistan, aber auch für ter uns. Aus den drei Institutionen Organisation aus einem Guss. Länder wie Syrien, den Jemen oder Mali DED, GTZ und InWEnt wurde Diese Reorganisation kam aus heu und in besonders bedrückender Weise für eine: die Deutsche Gesellschaft für Interna tiger Sicht genau zur rechten Zeit. Denn sie die Ukraine. tionale Zusammenarbeit, oder kurz: GIZ. hat uns vorbereitet auf die vielen Verände Kein Fall ist wie der andere. Immer Das war ein großer Einschnitt in die deut rungen, die seither von außen auf uns ein spielen neue Faktoren eine Rolle, mal gibt ILLUSTRATION: JULIAN RENTZSCH sche Landschaft der Entwicklungszusam gewirkt haben: Die offensichtlichste ist die es Bürgerkrieg, mal schwache Regierungen menarbeit und eine riesige Veränderung in Zunahme an fragilen Kontexten. Die Welt oder beides, dann wieder werden Regionen unserer Organisation. Rückblickend be ist in den letzten zehn Jahren deutlich un von Naturkatastrophen oder Hungersnö trachtet, haben wir diese Fusion gut gemeis ruhiger geworden. Zwei Drittel unserer Ko ten heimgesucht. Dadurch bringt jede Si tert. Sie war nicht einfach, hat Kraft gekos operationsländer sind mittlerweile von Kri tuation besondere Herausforderungen und tet, hier und da Schmerzen verursacht, aber sen, Gewalt und Konflikten gezeichnet. Das Aufgaben für eine Organisation wie die 24 akzente 1/22
Einiges geschafft, weiterhin viel zu tun GIZ mit sich. Und trotzdem versuchen wir sonst Massenarmut und Hunger drohen. im In- und Ausland klimaneutral. Das ist stets, Wirkungen und Erfolge zu erzielen, Solche „Kreisläufe des Schreckens“ gilt es ein wichtiger Meilenstein! auch wenn sie manchmal nicht sofort sicht frühzeitig zu unterbrechen. Ausreichend Die letzten Jahre haben also viel an bar sind. Wie etwa Landwirtschaft in Mali Impfstoffe für die Entwicklungsländer be Veränderung mit sich gebracht. Manche zu fördern und damit einen Beitrag zu grö reitzustellen, ist ein wichtiger Ansatz dafür. war gewünscht, manche eher unwillkom ßerer Nahrungsmittelsicherheit in einem Überhaupt dürfen wir angesichts all men. Aber als Organisation, die weltweit von Kämpfen gezeichneten Land zu leisten. der großen sicherheitspolitischen Themen, arbeitet, müssen wir mit beidem umge Oder Bäuerinnen und Bauern in Nigeria die uns derzeit beschäftigen, die Nachhal hen. Das heißt, wir müssen uns stetig wei fortzubilden und damit höhere Ernten zu tigen Entwicklungsziele (SDGs) nicht aus terentwickeln, um den jeweils neuen Ge erzielen. Oder die Gesundheitsversorgung dem Blick verlieren. Die GIZ versteht sich gebenheiten gewachsen zu sein. Zumal im Jemen zu verbessern und Unterricht in Vielfalt und Volumen unserer Aufgaben Flüchtlingscamps zu organisieren. deutlich gewachsen sind. Wir haben heute Größere Instabilität zwingt Menschen mehr Themen, mehr Umsatz und mehr häufig dazu, ihr Haus und ihre Heimat zu verlassen und woanders Sicherheit zu su „Die weltweite GIZler*innen als vor zehn Jahren: Inzwi schen arbeiten gut 6.000 Mitarbeiter*in chen. Das erleben wir derzeit eindrück lich im Ukraine-Krieg. Syrien, Afghanistan Impfkampagne nen mehr als 2011 in der GIZ, davon sind 60 Prozent Frauen. und viele andere Konflikte haben ebenfalls große Flüchtlingsströme verursacht, wo darf nicht in Um uns auf diese turbulentere Welt einzustellen, haben wir vor drei Jahren eine durch das Thema auch in der GIZ an Be deutung gewonnen hat und weiterhin er Vergessenheit neue Unternehmensstrategie verabschiedet, die uns flexibler, schneller und effizienter lebt. Seit 2015 beschäftigen uns Flucht und geraten, weil sonst macht, die auch neue Arbeitsformen vor Migration sehr intensiv und immer wieder sieht und dabei hilft, Kompetenzen schnell in neuen Wellen. Massenarmut und von A nach B zu verlagern. All das braucht Dazu kommt eine Corona-Pandemie, es in volatilen Zeiten. Dazu gehört zudem die uns jetzt schon mehr als zwei Jahre in Hunger drohen.“ ein neuer Digitalisierungsschub, im Um Atem hält, Armut und Ungleichheit verstärkt gang mit den Partnerländern, in den Pro und Entwicklungsfortschritte akut bedroht. jekten und bei uns selbst. Zumal die Impfquote in vielen Entwicklungs als Anwalt der SDGs, die von der inter Es wurde schon oft gesagt, aber es ländern – anders als in den Industriestaaten – nationalen Gemeinschaft als gemeinsamer macht die Sache nicht minder wahr: Ohne noch alarmierend gering ist. Im Niger zum Fahrplan bis 2030 beschlossen wurden. verstärkte digitale Anwendungen werden sich Beispiel haben erst rund neun Prozent der Zusammen mit dem Pariser Klimaabkom die SDGs nicht annähernd erreichen lassen. Menschen mindestens eine Impfdosis erhal men bilden sie das Rückgrat der interna Und ohne Digitalisierung sind wir gerade in ten, in der Demokratischen Republik Kongo tionalen Agenda für die nächsten Jahre. fragilen Kontexten kaum handlungsfähig – sind es sogar nur zwei Prozent. Bereits jetzt ist klar, dass die zwanziger Stichwort: Remote Management, also das Dagegen versuchen wir anzukämp- Jahre das Jahrzehnt der Umsetzung wer Steuern von Projekten mit digitalen Hilfs fen, indem wir kurzfristige Unterstüt- den müssen. mitteln aus der Ferne. Auch hier befinden zung mit der generellen Stärkung von Die Ziele und Standards sind geschaf wir uns mitten in einer erheblichen Verände Gesundheitssys temen koppeln. Im Nach fen, jetzt heißt es, die Transformation hin rung, der wir uns weder im privaten noch im gang zur Ebola-Epidemie in Westafri ka zu einer gerechteren und grüneren Zu beruflichen Leben entziehen können. 2014 hat die GIZ zum Beispiel eine kunft stringent voranzutreiben. Die GIZ Wenn ich heute auf die vergangenen „Schnell Einsetzbare Expertengruppe Ge setzt alles daran, den Wandel in diesem Jahre GIZ zurückschaue, dann war in die sundheit“ ins Leben gerufen, die auch jetzt Sinne weiter zu begleiten, so wie wir es in ser Zeit tatsächlich nichts so beständig wie während der Corona-Pandemie wertvolle den vergangenen Jahren bereits getan ha der Wandel. Es ist kaum ein Jahr – eigent Dienste leistet. Sie besteht aus mobilen ben: Ein Drittel unseres Portfolios hat lich fast kein Monat – vergangen, in dem Teams, die unter anderem Testkits, Schutz mittlerweile einen Klima-Bezug. Wie zum uns nicht irgendein unvorhergesehenes Er ausrüstung und Laborgeräte zur Verfügung Beispiel in Indonesien, wo wir erneuerbare eignis auf Trab gehalten hätte. Wir blicken stellen und Gesundheitspersonal schulen. Energien fördern oder den Auf- und Aus mit Zufriedenheit auf das Erreichte zu Generell gilt: Die Impfkampagne welt bau einer Recycling-Wirtschaft. Ambitio rück, sehen es aber vor allem als Ansporn, weit voranzutreiben, ist noch eine große nierte Ziele verfolgen wir jedoch nicht nur uns für zehn weitere Jahre internationale Aufgabe, an der sich die deutsche Entwick in Projekten, sie gelten auch für die GIZ Zusammenarbeit gut zu rüsten. Aufgaben lungszusammenarbeit aktiv beteiligt. Sie selbst. Und auch hier machen wir deut gibt es zuhauf – die Weltlage bleibt weiter darf nicht in Vergessenheit geraten, weil liche Fortschritte: Seit 2021 arbeiten wir hin turbulent. - akzente 1/22 25
FERN – UND DOCH SO NAH Vielfalt ist bei der GIZ mehr als nur ein Wort: Fast 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 155 verschiedenen Nationalitäten setzen sich dafür ein, dass unser Engagement in 120 Ländern Wirkung zeigt. Wir stellen drei „GIZ-Paare“ vor, die in ganz unterschiedlichen Positionen dafür sorgen, dass unsere Arbeit Früchte trägt. AUFGEZEICHNET VON: BRIGITTE SPITZ FOTOS: TIM WEGNER, SAIYNA BASHIR UND NICHOLAS SEUN ADATSI
„Die Freude der Kinder ist ein enormer Motivationsschub bei meiner Arbeit.“ STEPHANIE DEHNZ (30), Travellerin im Projekt „Nachhaltiges Facility-Management an öffentlichen Schulen im Libanon“ (SUFA) „Ich habe vor über zehn Jahren bei der GIZ als Duale Studen- alle Beschaffungen von IT-Equipment, beispielsweise 60.000 tin des Studienganges International Business angefangen und Tablets, für dieses Projekt selbst durchgeführt und die weiteren bin somit ein klassisches ,GIZ-Eigengewächs‘. Bis Mitte ver- Beschaffungen koordiniert. Durch meine Tätigkeiten im Perso- gangenen Jahres habe ich ausschließlich in der Zentrale in nalbereich und im Einkauf war es mir möglich, mit vielen Pro- Eschborn gearbeitet, und zwar im Personalbereich und in der jekten weltweit in Kontakt zu kommen. Das war eine span- Beschaffungsabteilung. Seit Juli 2021 unterstütze ich nun das nende Zeit, die ich nicht missen möchte, allerdings wollte ich Bildungsvorhaben im Libanon. Als Travellerin arbeite ich die gern konkret sehen, wie die Projektarbeit erfolgt und wie wir meiste Zeit von Deutschland aus, reise in der Regel alle zwei Wirkungen vor Ort erzielen. Da mir das Themenfeld Bildung Monate für etwa zwei Wochen in den Libanon. Die GIZ bietet sehr wichtig ist, war es für mich ein Herzenswunsch, in so ei- diese flexible Einsatzform seit inzwischen vier Jahren an. Für nem Vorhaben mitarbeiten zu können. Der erste Besuch im Li- mich ist dies perfekt, weil ich aktuell meinen Lebensmittel- banon, wo ich unmittelbar erleben durfte, was unsere Arbeit punkt nicht in den Libanon verlagern kann, es mir aber auf bewirkt, hat noch einmal bestätigt, dass der Wechsel die rich- diese Weise trotzdem möglich ist, meine Fähigkeiten vor Ort in tige Entscheidung war. Die Freude der Schulkinder und der einem tollen Projekt einzubringen. tolle Teamspirit mit meinen nationalen Teamkolleginnen und Als ich mich für die Stelle beworben habe, kannte ich das -kollegen sind ein enormer Motivationsschub bei meiner Ar- Projekt schon aus meiner Tätigkeit als IT-Einkäuferin. Ich habe beit.“ —
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