Aufwind 2/2020 - Akademische Fluggruppe Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Diese Wiese in Andermatt muss einfach jeder einmal gesehen haben (Foto Dani Müller 2, siehe S.8 ff) Danksagung Ohne die Hilfe der freiwilligen Autoren wäre der «Aufwind» nicht, was Ihr gerade in Händen haltet. Deshalb geht ein spezieller Dank an alle, die sich die Zeit nahmen, ihre Erlebnisse und Erfahrun- gen aus der Saison in einem interessanten Bericht zu veröffentlichen. Besten Dank an: Raphael Zimmermann, Beat Müller, Ephraim Friedli, Emmanuel Heer, Alfred Ultsch, Olivier Liechti, Heini Schaffner, Roger Walt, Clemente Dal Magro, Olivier Faist, Michael Geiss- hüsler, Michael Keller, Joshu Jullier. Titelseite: grosses Bild: Typisch für Doppelsitzer Frühjahr 2020 (Foto Raphael Zimmermann, S.4) unten links: Über Thun (Bild Olivier Faist, S.31) unten rechts: Aussicht auf Yverdon-les-Bains (Foto Clemente Dal Magro, S.30) 2 Aufwind 2/2020
Editorial Im Frühling war noch nicht klar, wie es dieses Jahr mit der Fliegerei weitergehen wird. Jetzt wissen wir mehr, und die erfreuliche Dicke dieses Heftes bezeugen es: Die Sportfliegerei und insbesondere der Segelflug hat sich vom Virus recht gut erholt. Von der Zivilluftfahrt soll hier nicht gesprochen werden. Zwar sind die Frühlingslager in Alzateund St.Crépin den Grenzschliessungen zum Opfer gefallen und auch der Ersatz in Sion liess sich aufgrund der unsicheren La- ge nicht organisieren. Fliegerisch wäre es vielleicht gegangen, aber mit geschlos- senen Restaurants, Hotels und Campingplätzen war ein Lager zu dem Zeitpunkt kaum durchführbar. Aber auch trotz der lange noch geschlossenen Grenzen wur- de in der Schweiz bald wieder herumgeflogen wie noch selten, auch wenn man wettermässig nicht von Hammerbedingungen sprechen konnte. Ab Juni/Juli hat sich dann die Lage stabilisiert, die meisten Grenzen wurden wie- der geöffnet und die Restriktionen im jeweiligen Inland wurden weitgehend auf- gehoben. So konnten zumindest das Aspreslager in Frankreich (sogar im Doppel- pack) und das einheimische, traditionelle Münsterlager stattfinden. Das ebenfalls traditionelle Lager in Aubenasson wurde nicht wegen der Seuchensituation, son- dern aufgrund von fehlender Flugplatzinfrastruktur (auch ein Problem, das offen- bar in Frankreich viral geht) nach Aspres verlegt.Das vielseits beliebte Windenla- ger in Kisslegg musste nach einigem Hin und Her auch abgeblasen werden. Hoffen wir, dass nächstes Jahr alles gut wird! Max Humbel Inhalt ʺTʺ - Eine Aussenlandeversicherung? .................................................................. 4 Das Münsterlager – wo steht es?......................................................................... 7 Münsterlager 2020 .............................................................................................. 8 Anreise „Hotel ASW“ übers Engadin ................................................................. 13 Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) ................................................................ 15 Doppelpack ....................................................................................................... 21 Hansjörg Benninger (19. Juni 1950 - 22. September 2020) ............................... 25 Schaden am Seitenleitwerk ASW-28 AW ........................................................... 26 Virtuelle RM Birrfeld 2020 ................................................................................. 27 Mit Hansjörg Benninger auf Strecke .................................................................. 35 Mit JJ International Airlines in den Sonnenuntergang über den Hügeln des Kantons Aargau ................................................................................................ 36 Aufwind 2/2020 3
“T” - eine Aussenlandeversicherung? Text und Bilder: Raphael Zimmermann um den Schlepp ab Birrfeld zu verkürzen. Da- bei klinkt man in der Nähe des Birrfelds um Im Oktober 20 ist der Arcus mit seinem Turbo die 1000m, startet den Turbo und fliegt Rich- 5 Jahre im AFG Betrieb eingegliedert. Zeit um tung Schwarzwald. Irgendwann hat man ge- zu reflektieren, ob sich die Anschaffung ge- nug Höhe, um die Wasserbecken bei Hotzen- lohnt hat. Ich bin nicht objektiv in dieser Sa- wald zu erreichen, und in die Schwarzwald- che, ich bin bekennender Arcus T Enthusiast. Thermik einzusteigen. Das funktioniert meis- Ich fliege das Flugzeug gerne, weil es optimal tens, und sonst wie schon erwähnt, kann man zwischen Leistung und einfachem Fliegen ab- Plan B benutzen. gestimmt ist, weil es für meine Grösse be- Fazit: Dafür ist der Turbo da. Flüge probieren quem ist, weil es Spass zu zweit macht, und - bei schlechteren Bedingungen, mal eine Pas- ja es ist ein Faktor - einen Plan B mit dabei sage überbrücken, auf Wanderlager gehen. hat. Aber wie ist es denn genau mit diesem Die Aussenlandeversicherung hält ihr Ver- Plan B, der Aussenlandeversichung für Stre- sprechen. Richtig eingesetzt kommen Flüge ckenflieger? Bekannt dazu ist der Blog von zustande, die man sonst nicht gemacht hätte. Ernst Willi mit dem Titel “Horror von Inns- Heile Welt. bruck” *), in dem er einen unglücklichen Ein- satz vom Turbo im Föhn bei Innsbruck dar- Erfahrung 2: Juni 2018 - legt. Der Blog ist lesenswert, unterhaltend, SM Birrfeld, Flug nach Zweisimmen. aber auch furchteinflössend und hat sicher damals bei der Meinungsbildung in der AFG Ich bin an der SM im Birrfeld dabei mit ver- über den Nutzen des Turbo mitgewirkt. Der schiedenen Copiloten, an diesem Tag ist Mar- Ausgang der Geschichte ist bekannt. Heute tin Fritsch mit unterwegs im Arcus. Der Kon- haben wir unsere eigenen Erfahrungen und kurrenzleiter schickt uns via Napf, Simmental ein differenziertes Bild, was geht und was ins Wallis und zurück. Es herrscht Nordwind. nicht. Ich möchte in diesem Beitrag etwas da- Schon kurz nach dem Start zeigt sich, dass von erzählen, was ich mit meinen Turbo- dies eher optimistisch ausgeschrieben war. Im Einsätzen gelernt habe. Entlebuch landen viele Teilnehmer, wir kom- men nur mit Glück wieder weg, haben aber Erfahrung 1: Mai 2018 - viel Zeit liegen lassen. Im Simmental wird Wanderlager mit Tobi klar, dass der Task nicht mehr zu machen ist, es ist Richtung Lenk komplett bedeckt. Über Tobi und ich hatten den Arcus gebucht für ei- dem Flugplatz Zweisimmen geht der Task für ne Woche Wanderlager. Das Wetter war mar- uns zu Ende, wir starten den Motor 500m ginal, wir wären wohl kaum losgeflogen, hät- über dem Platz. Darauf fliegen wir Richtung ten wir nicht den Turbo dabei gehabt, das Norden, um wieder aus dem Simmental raus steht fest. Da wir beide schon viel Arcus geflo- zu kommen. Vor Boltigen, dort wo das Tal den gen sind, und das Anlassen drill-mässig vor Knick macht, wird es uns ungemütlich im jedem Flug geübt haben, trauten wir uns zu, Cockpit, weil das Vario zeigt 1.5m/s nach un- auch bei schlechten Verhältnissen voranzu- ten! Bei Abwind ist der laufende Motor ein kommen. Am ersten Tag erreichten wir Yver- Hindernis, keine Hilfe, weil Beschleunigen ist don, und mussten den Turbo nicht einsetzen. nicht möglich, um dem Saufen zu entrinnen. Dafür brauchten wir am zweiten Tag gleich Wir prüfen unsere Optionen, entweder schleu- zweimal einen motorisierten Aufwind, um nigst Motor ein und zurück nach Zweisimmen, beim Heimflug von Yverdon ins Birrfeld nicht oder bis an die Ecke fliegen, die vor uns liegt absitzen zu müssen. Mindestens einmal hätte und dort mit dem Hangwind weiter. Wir ent- die Landung eher irgendwo im Mittelland und scheiden uns für die letztere, wobei dies im nicht auf einem Flugplatz stattgefunden. Die Nachgang gesehen keine gute Entscheidung gleiche Woche machen wir bei viel besserem war. Trotzdem geht es auf, der Hangwind zu- Wetter die Umrundung von Friedrichshafen. sammen mit laufendem Motor lässt unsere Auch da setzen wir den Turbo ein, und zwar Nerven entspannen, und wir stellen über dem *) https://asw20b.blogspot.com/2011/10/dienstag-25.html 4 Aufwind 2/2020
ʺT“ - Aussenlandeversicherung ? Thunersee auf komfortabler Höhe ab, der tung, dass der Westwind hier nachhelfen soll- Heimflug ins Birrfeld gelingt. Beim Debriefing te. Aber es säuft. Jetzt wird klar, was hier pas- des Fluges merken wir beide, dass sich diese siert. Wir sind in die Inversion geflogen Sink-Phase in unser Gedächtnis gebrannt hat. (darum die Wärme vorher), und der Wind Es wäre wohl besser gewesen, über Zweisim- steht auf Süd, nicht wenig mit 25 km/h. Das men einige Meter zu steigen, bevor wir zum heisst Hangwind gibt’s dort wo wir sind kei- Talausgang geflogen sind. nen, Thermik noch weniger. Wir starten den Motor in der Nähe des Flugplatzes. Es wird Fazit: Die Aussenlandeversicherung kommt schnell klar, dass damit noch keines unserer mit ein paar AGBs, die es sauber zu studieren Probleme gelöst ist, ausser dass wir nicht in gilt. Darunter fällt: Wenn ein Abwindfeld vor- Freiburg am Boden stehen. Luftlinie ins Birr- liegt, ist die Steigleistung zunichte, und der feld wären “nur” 65 km, um die Ecke bei Ba- Motor kann nicht verwendet werden! Und bei sel ohne die Berge dazwischen vielleicht 100 Missachtung ist der Stresslevel nach dem Mo- km. Man kann sich aber ausmalen, dass wir torstart höher als er vorher war. Tief in den im Motorflug das Birrfeld so niemals errei- Tälern, wo die Luft meist irgendwie in ver- chen werden. Im Gegenwind geht es mit 65 schiedenen Richtungen in Bewegung ist, muss km/h Groundspeed voran, und mit den zwi- man damit rechnen, dass es abwärts geht. Da- schenzeitlichen Saufern geht gleich alle ge- rum ist die Windsituation immer in Betracht wonnene Höhe wieder verloren. Zwischen 700 zu ziehen, wohin man fliegt, und die Aussen- -1000 m.ü.M. bewegen wir uns im Kriechtem- lande-Option muss erhalten bleiben. po das Rheintal hinauf. Die Aussenlande- Optionen sind trotz des flachen Geländes Erfahrung 3: Juli 2020 - spärlich, viel ist Agrarfläche mit hohem Be- versuchte Basel Umrundung ab Birrfeld wuchs. Die Nerven sind angespannt. Wir ent- kommen schlussendlich mit Mühe der Inversi- David braucht für den Fluglehrerkurs eine on, nicht mit dem Motor, sondern mit Hang- Einweisung für die Trichterflug-Übung. Wir wind und Thermik etwa 20 km talaufwärts bei machen das Pflichtprogramm im Arcus auf einem Einschnitt, der zum Belchen im einem Jura-Schenkel, und wollen nachher zur Schwarzwald führt. Der Heimflug ins Birrfeld Kür via Vogesen die TMA Basel umrunden. gelingt, ohne Motor hätten wir von Freiburg Die Vogesen funktionieren nicht so gut, wir schleppen müssen. Für den Motoreneinsatz kommen dank vorsichtiger Taktik bis Colmar, sind 5 Liter, also rund ein Drittel des Füll- und kreisen dort bis an die Basis auf 2000m. stands in 23 Minuten verbraucht worden. Das reicht nicht, um direkt in den Schwarz- wald einzusteigen, wir probieren aber die Ober- rhein-Querung trotzdem, weil es etwas Thermik gibt in der Ebene, sowie der Westwind helfen soll- te. Und sonst, ihr ahnt es schon...Plan B. Am Kaiser- stuhl holen wir einige Me- ter raus, was uns optimis- tisch stimmt. Wir fliegen weiter an die Kiesgruben bei Freiburg im Breisgau, aber die ge- ben nichts her. Wir sind jetzt tief, sehen die Stadt schon sehr nahe, und es wird merkwürdig warm im Cockpit. Wir fliegen an den Hang mit den Wind- rädern auf der Ostseite der Stadt, in der Erwar- Arcus T aufgebaut und ready to go Aufwind 2/2020 5
ʺT“ - Aussenlandeversicherung ? Fazit: Von Rettung auf Knopfdruck kann beim bis zum Zeitpunkt wo er läuft die Zeit und Turbo nicht die Rede sein, die Aussenlande- den Höhenverlust zu minimieren. Es zählen versicherung wird an Ort und Stelle gestri- Sekunden und Meter, im Stressmodus sind chen, wenn man die Gegebenheiten falsch ein- das zusätzliche Sicherheiten. schätzt. Man fliegt auch nach dem Motorstart mehr als Segelflugzeug weiter denn als Mo- Motorstart: torflugzeug, geschuldet dem einzuhaltendem Airspeed von 95 km/h, der schlechten Steiglei- Schiebe den Start nicht zu lange auf, 500m stung und der beschränkten Laufzeit von ca. Grund sind scheinbar viel, aber es ist eben 1h. Damit können sich je nach Gelände und das Minimum, um alles sicher durchspielen Wind gewisse Situationen als nicht durch Mo- zu können. toreinsatz lösbar entpuppen, obwohl sie sich Der Motorstart muss über dem Landefeld vielleicht unweit des Heimatflugplatz abspie- oder Flugplatz ausgeführt werden, und len. In den Alpentälern dürfte dies öfter der nicht irgendwo entfernt in scheinbarer Fall sein als bei Flügen vom Birrfeld, aber Gleitdistanz. Wenn der Motor nicht einge- auch im Jura oder Schwarzwald sind genau fahren werden kann, ist die Gleitzahl bei solche Situationen möglich. Grundsätzlich ist 19. es nicht sinnvoll zu versuchen, eine Gelände- Behalte Sichtkontakt zum Feld, beim Proze- erhöhung mit reiner Motorleistung zu über- dere ist man abgelenkt und fliegt u.U. vom queren. Andererseits habe ich schon Flüge im Feld weg. Das ist in jedem Fall zu vermei- OLC gesehen, bei denen der Turbo über den, besser ist es, den Start im Anflug auf Lodrino gestartet, und dann über den Nufe- das Feld durchzuführen. nen nach Münster geflogen wurde. In den Fliege zum Anlassen gegen den Wind, der meisten Fällen, wo man gerne so etwas ma- benötigte Windmühleneffekt zum Anwerfen chen würde, glaube ich ist da ein Hacken drin, ist schlechter bei Rückenwind und kann warum es nicht funktionieren wird. Aber wenn wertvolle Meter kosten. alles passt und man die Sicherheitsgrenzen beachtet, sind solche eher ungewöhnlichen Bei laufendem Motor: Manöver möglich. Bleibe konzentriert, du bist immer noch am Meine Tipps aus den Erfahrungen mit fliegen. Meistens ist dieser Moment beim dem Turbo: Anlassen mit Frust gekoppelt, es nicht ge- schafft und den Streckenflug abgebrochen Vor dem Flug: zu haben. Aber jetzt darf man nicht zurück- lehnen und es einfach geschehen lassen. Wenn man zu zweit fliegt, muss die Rollen- Nimm dir einen Moment, dich zu sammeln, verteilung am Boden geklärt werden - wer und die Optionen zu beurteilen: Habe ich fliegt, wer bedient den Motor, wer macht Steigen? Wie ist die Wind-Situation? Wel- die Landung falls er nicht anspringt. chen Flugweg soll ich einschlagen? Wo ist Wenn’s drauf ankommt, bleibt die Zeit landbar? Kann ich irgendwo wieder in die meist nicht, das in der Luft zu regeln. Thermik einsteigen? Besprich dich mit dem Copiloten, was die neuen Pläne sind. Tanke immer randvoll. Wenn’s drauf an- kommt, zählt jeder Liter, und dann ist auch Wenn du vom Landefeld wegfliegen willst die 1h Laufzeit realistisch. mit Motor, vergewissere dich, wo deine neuen Lande-Optionen sind. Versuche den Vor dem Streckenflug: Wind einzuschätzen, ob irgendwo ein Ab- windfeld zu durchqueren ist, was dich zum Der Motoren-Testlauf vor dem Abflug hat Abstellen des Motors zwingen kann. Beach- sich aus meiner Sicht bewährt. Die Materi- te dass Gegenwind dein Spektrum be- al-Päpste mögen mir widersprechen, dass trächtlich einschränken kann. Es kann sich dies nicht schonende Behandlung ist, aber anbieten, irgendwo mit Motor zu kreisen mir gehen andere Dinge vor. Erstens verge- und Höhe zu machen, um nachher schwieri- wissere ich mich, dass der Motor startklar ge Stellen durchfliegen zu können. ist und ich einer bösen Überraschung vor- beugen kann. Zweitens ist es Drill. Versu- Überprüfe laufend die Motorleistung: Stei- che vom Moment wo du sagst “ich starte” gen, Drehzahl, Laufzeit, Füllstand, zurück- 6 Aufwind 2/2020
ʺT“ - Aussenlandeversicherung ? gelegte Distanz, erreichte Höhe. Entspricht Dutzend (Aussen-)Landungen dank Turbo dies meinen Erwartungen? nicht machen müssen, weil es den Plan B gab. Evaluiere laufend deinen Flugplan, ob die- Als Aussenlandeversicherung kann man den ser umsetzbar ist, oder ob sich andere Opti- Turbo jedoch nicht bezeichnen, es gibt zu vie- onen anbieten. Wenn du wieder Thermik le “Wenn” und “Aber”, die es zu beachten gilt. findest, versuche 1-2 Kreise mit laufendem Mittlerweile habe ich diese kennengelernt, Motor zu machen um zu spüren, ob du dich darunter waren auch sehr angespannte Situa- halten kannst. Das Vario ist nicht sehr zu- tionen, die ich heute eher vermeide. Eine Ho- verlässig, darum sollte man nicht gleich rizonterweiterung war es allemal, es gab flie- abstellen. An- und wieder Abstellen in kur- gerische Erlebnisse, die u.a. durch den Turbo zen Intervallen ist nicht effizient. ermöglicht wurden. Der Wermutstropfen bleibt, mit der beschränkten Leistung operie- Abschliessend ziehe ich eine positive Bilanz, ren zu müssen. dass wir einen Turbo zur Verfügung haben. Ich habe in fünf Jahren mehr als ein halbes Raphi Das Münsterlager – wo steht es? Autor: Beat Müller durch, nicht zuletzt wegen den markigen Wor- ten des Gemeinde Präsidenten und der Zuver- Vor wenigen Jahren sah es düster aus für sicht von Georg Krenger, dem Präsidenten der Münster. Vieles drohte dem Lager ein Ende zu Genossenschaft. bereiten. Die abnehmenden Besucherzahlen, die bis zur Unbrauchbarkeit gelöcherte Piste, Und heute zeigt sich einmal mehr, wie sehr die mühsamen, langfädigen Erneuerungsver- ein sorgfältig geplantes, mit gesundem Opti- fahren, der abgelaufene Mietvertag mit der mismus vorgetragenes Unternehmen, erfolg- Gemeinde, und vor allem auch die jährlichen reich sein kann! Die Pistensanierung wurde Verluste stellten grosse Herausforderungen kostengünstig abgeschlossen, rechts und links dar. neben der Piste blühen inzwischen seltene, robuste Alpenblumen, die nordseits auch das 2017 kam es in Bern zu einer denkwürdigen Überrollen ertragen. Die Besucherzahlen stei- Generalversammlung der Münster Genossen- gen, dieses Jahr mussten sogar Leute abge- schaft. Trotz der negativen Aussichten bean- wiesen werden. Der Zeltplatz lebt, der Flugbe- tragte der Vorstand einen beträchtlichen An- trieb ist locker und angenehm, und Iris, die teil des verbliebenen Genossenschaftskapitals Lagerköchin serviert jeden zweiten Tag ein in eine schmälere, sanierte Piste zu investie- grossartiges Menu. ren. Gerhard Kiechler, Gemeinde Präsident von Münster und Vorstandsmitglied, hatte sei- Auch die AFG trägt wieder mehr zum Lagerle- ner Gemeinde bereits einen Kredit für die Re- ben bei, mit der aktiven Teilnahme am Grill- naturierung der zwei Streifen rechts und plausch am ersten August, und dem Pizzaofen, links, abgerungen. Zudem stand ein neuer der zu neuem Leben erweckt wurde. Sogar im Mietvertrag zur Unterschrift bereit. Trotz ei- Walliser Boten wird das Lager unter dem Titel niger Opposition setzte sich das Anliegen – Die Überflieger – in den höchsten Tönen ge- Aufwind 2/2020 7
Das Münsterlager - wo steht es? lobt, von einer Reporterin, die trotz ihrer abgeschrieben werden konnten. Mit der ver- Flugangst zu einem Segelflug überredet wer- bliebenen Liquidität wird das Lager noch eini- den konnte. Im OLC weist Münster die viert- ge magere Jahre überleben, wozu das Jahr grösste geflogene Flugkilometerzahl aus, hin- 2020 aber definitiv nicht gehören wird! So ter Schänis, Birrfeld, und Hausen, und dies dürfen wir uns auf viele weitere Münsterlager mit nur sechs Wochen Segelflugbetrieb im freuen, in einem der schönsten Segelflugge- Jahr! Und finanziell? Auch hier hat sich der biete der Welt. Wind gedreht. Anstatt Verluste schrieb Müns- ter die letzten zwei Jahre Gewinne, sodass von Beat Müller der neuen Piste bereits wieder CHF 40'000 Wieder Lagerfeuerstimmung - am alten Standort Der Pizzaofen wieder in Betrieb Münsterlager 2020 Text und Bilder: Ephraim Friedli Die erste Woche stand unter dem Motto des In diesem Jahr dauerte das Münsterlager erst- Angewöhnens an Münster und wir gingen es mals seit einigen Jahren wieder drei Wochen. ruhig an. Da der Duo jeweils montiert und In der ersten Woche waren Daniel Müller 2 startbereit verpflockt war, konnten wir es am und ich nur zu zweit. Danach gesellten sich Morgen gemütlich nehmen und waren nach für die zweite und dritte Woche jeweils noch dem Briefing trotzdem jeweils innert kürzes- vier bis sechs weitere AFGler dazu. Wie im- ter Frist startbereit. Dazu kam, dass wir das mer wurden wir herzlich begrüsst und sind Tal hinunter starteten und somit vom anderen sehr gern gesehene Gäste. Die Arbeit einiger Pistenkopf als die Einsitzer. Dadurch mussten noch aktiver und vieler ehemaliger AFGler ist wir nicht gross anstehen. Da am ersten Tag nicht vergessen. Erfreulicherweise war das die Prognose nicht sonderlich verheissungs- Lager generell gut besucht (etwa 20-25 Flug- voll war, war Anstehen ohnehin kein Thema. zeuge) und an manchen Abenden liessen wir Wie so oft lohnte sich ein Versuch trotzdem die viel zitierte Münsterstimmung wieder- und wir konnten immerhin nach Martigny und aufleben. an die Furka fliegen. 8 Aufwind 2/2020
Münsterlager 2020 für einmal deutlich früher startbereit (es woll- ten ja alle früh los) ging es dann in die Luft. Der Einstieg gelang gut und wir waren bald unterwegs Richtung Osten. Aus unerklärli- chen Gründen zog es mich immer mehr Rich- tung Furka und am Ende befanden wir uns im Urserental, was gegen unseren Plan war. An- statt direkt umzudrehen und zurück zu flie- gen, folgten wir den zu Beginn verlockenden Wolken. Leider waren diese nur optisch gut und bald darauf wurde uns bewusst, dass wir uns wohl eingehender mit Andermatt beschäf- tigen mussten. So kam es dann auch und wir landeten am besten Tag nach einer Stunde im Feld. Lust auf einen Gletscherfräs? Für Montag sahen die Prognosen viel besser aus, was sich auch an den bereits vor dem Frühstück montierten Flugzeugen zeigte. Der Tag hielt dann nicht ganz, was die Prognose versprach. Viele Absaufer waren die Folge. Mit dem Duo konnten wir immerhin den ver- meintlich längsten Flug des Tages und einen schönen «Grand Local» erfliegen. Später zeig- te uns allen jedoch Peter Stehrenberger mit seinem Mini-Nimbus was drin gelegen wäre. Während wir alle nicht aus dem Wallis heraus- kamen, flog er zuerst an den Calanda. An- schliessend wendete er und meldete pflichtbe- wusst in Münster, dass er erst nach 19:00 Uhr landen werde. «Er sei noch auf 4'800 Meter am Mont Blanc und werde erst um 19:30 Uhr in Münster sein (es wurde dann 21:15 Uhr).» Kommt bald jemand? (Foto Dani Müller 2) Neben dem Fliegen bietet Münster auch viele Gelegenheiten für sportliche Aktivitäten. Ins- besondere Radfahren (bezwingen der Pässe) und der Besuch der Galmihornhütte (feini Nussgipfel!) waren beliebte weitere Aktivitä- ten. Die Nussgipfel in der Galmihornhütte wollten jedoch verdient sein, kann diese doch nur per Fahrrad oder zu Fuss erreicht wer- den. Meine Beine beschwerten sich nachher noch ganze drei Tage. Die Nussgipfel waren es jedoch wert. Da für den ersten Freitag eine sehr gute Prognose vorherrschte benutzen wir den Donnerstag für die Planung. Der Plan stand bald; zuerst Richtung Engadin und an- schliessend zum Mont Blanc da die Thermik im Westen später losgehen und länger anhal- ten sollte. Den Flug Richtung Osten wollten wir über das Bedrettotal angehen, da das Ur- serental, eher mau angesagt war, oft schlecht geht und wir Beat auch schon mal bei einem Absaufer zugeschaut hatten. Das restliche Ge- Auch die Aussicht von der Galmihornhütte ist biet sah überall sehr gut aus. Motiviert und empfehlenswert. Aufwind 2/2020 9
Münsterlager 2020 Ohne Rückholer begann dann die kleine Odys- see mit drei, bzw. zwei Furkadurchfahrten. Immerhin ging es zeitlich perfekt auf und wir erwischten jeden Zug auf die Minute genau. Trotz einer butterweichen Landung nahmen die Fahrwerksklappen vom Duo Schaden und wir «reparierten» diese am Freitagabend prov. mit Panzertape, da am Samstag noch- mals ein Hammertag angesagt war. Gleichzei- tig brachte uns Max das nötige Reparaturma- terial, damit wir die Klappen über das Wo- chenende wieder etwas dauerhafter reparie- ren konnten. Am Samstagmorgen waren die Aussichten dann aber so stark gesunken, dass wir den Flug beiben liessen und die prov. Re- paratur dann über das Wochenende etwas professioneller als mit Panzertape und unter Heiri Sommers kritischem Blick erledigten. Ein kleiner Rest des grossen Haufens Seinen konstruktiven, manchmal aber auch kritischen Kommentaren konnten wir nur ent- mit dem alten Grillrost, auf welchem auch ei- gegnen, dass er halt mehr Übung im Flicken ne ganze Sau Platz finden würde. Ich vermute habe. :-) das ist wie der Pizzaofen auch eine von Mike’s berühmten Konstruktionen. Zum Essen brach- Am Samstag dem 1. August war wie erwähnt te Beat seinen Sohn Daniel (den dritten Daniel kein Flugwetter und wir konnten uns stattdes- Müller) und dessen Familie mit. Dieser fühlte sen in aller Ruhe um die Vorbereitung der sich an seine Kindheit erinnert und so ent- Grillstelle für den Abend kümmern. Unser stand die Idee, den Pizzaofen nach gut 15 Jah- «Doppelsitzer-Nachbar» Pepe Schäuble räum- ren wieder in Betrieb zu nehmen. te den Platz mit der Sense und wir kümmerten uns um das Brennholz. Da das Wetter bis und mit Dienstag eher nach Bodenarbeit ausschaute (wir hatten ja noch Am Abend assen wir dann wie zu alten Zeiten die Fahrwerksklappen) entschieden wir uns (so die Erzählung) am Feuer und grillierten für den Dienstag. Nach vier Stunden einfeu- Anstrengende Energieversorgung für Pizzaofen Nicht jede Pizza sah so gut aus 10 Aufwind 2/2020
Münsterlager 2020 ern erreichten wir die notwendige Temperatur ren bald am Matro. Danach ging es nicht und konnten unsere Pizzen geniessen. Diese mehr wirklich gut, aber eben auch nicht wirk- sahen etwas abenteuerlich aus und viele von lich schlecht und wir flogen weiter und sanken uns hatten am Ende eine Variante der Calzo- gemeinsam mit der Basis ab. Kurz vor Lodrino ne, da diese am besten auf und noch wichtiger mussten wir dann einsehen, dass es auch die- wieder von der Schaufel ging. ses Mal nichts mit dem Engadin wird und sind zurück Richtung Nufenen geflogen und dabei Nach einer etwas längeren Durststrecke konn- immer tiefer geraten. Kurz vor Ambri verspür- te ab Mittwoch wieder geflogen werden. Le- ten wir Lust auf eine Pause und haben uns zu onardo und Philipp nützen den Tag für Ange- einer Zwischenlandung in Ambri entschie- wöhnungsflüge in den Alpen. Aufgrund des den… Dank dem Schleppflugzeug aus Münster besseren Wetters waren zudem zwei Journa- waren wir nach einer kurzen Pause auch listen vom Radio Rottu zu Gast, welche uns schon wieder in der Luft und konnten den eigentlich schon am Vortag besuchen wollten. restlichen Flugtag noch geniessen. Andere Beat konnte die Journalistin davon überzeu- Piloten haten mehr Glück mit einer etwas cle- gen, dass sie das Segelfliegen einmal selber vereren Routenwahl und hatten das Engadin erleben sollte und am Ende stieg sie tatsäch- auch erreicht. lich ein und genoss den Flug sichtlich. Zumin- dest war der Bericht sehr positiv und Beat Am zweiten Samstag war dann der zweite und Daniel haben die AFG-Farben gut vertre- Hammertrag in Folge. Raphi Zimmermann ten. Sie sind nämlich auf fast allen Bildern mit spürte das und ist um 6:00 Uhr im Birrfeld mit dem AFG-Shirt zu sehen. dem Arcus losgefahren um rechtzeitig zum Briefing in Münster zu sein. Sein Einsatz wur- Der nächste Tag fiel dann wieder unter die de mit einem Flug um den Mont Blanc be- Kategorie «Basteln am Hang» und das Weg- lohnt. Beat schaffte es an den Ofenpass und kommen war eher mühsam. Erschwert wurde Leonardo das erste Mal alleine ans Matter- die Sache durch die gleichzeitig stattfinden- horn. Am Sonntag sah die Prognose wieder den Swiss Open der Gleitschirme welche ih- gut aus. Gemeinsam mit Raphi umrundeten ren Wendepunkt in Münster hatten. Segelflie- wir den Mont Blanc erneut und wagten dann gen mit 200 Gleitschirmen (in SF-Kreisen u.a. einen kleinen Ausflug nach Frankreich mit Nastüechli, Bambeli-Buebe, Teebütel, Konfetti dem Retourflug über den Theodulpass und oder Fadesäck genannt) ist ein Abenteuer und einer Umrundung der Spitze des Matterhorns. kann recht ermüdend sein. Philipp und ich im Zufrieden und etwas erschöpft landeten wir Duo hatten jedoch keine grösseren Probleme dann in Münster wo uns die Nachricht erwar- damit, waren wir doch meistens deutlich tiefer tete, dass Emmanuel in Domat/Ems und Le- am Hang und sahen uns die Sache (etwas un- onardo in Täsch gelandet waren. Emmanuel freiwillig) von unten an. Die farbige Wand war konnten wir nicht mehr holen (die Furkabahn aber auch von dort sehr beeindruckend. Unse- fuhr nicht mehr) und so musste er dort über- re «Bastelei» vor der Galmihornhütte hatte nachten. Er wählte das famose Hotel ASW und jedoch den Vorteil, dass die Winterthurer Pilo- wurde dann am nächsten Morgen von Max ten den Gästen in der Galmihornhütte die The- geholt. Raphi holte noch Leonardo von Täsch. orie des Hangfliegens in aller Ruhe erklären Bei der Landung wurde leider das Fahrwerk konnten. Wir boten einen zeitlich ausgedehn- der LS4 beschädigt womit die LS4 nicht mehr ten Anschauungsunterricht. Letzten Endes flugfähig war. Da die Prognosen für Montag sind wir doch weggestiegen und mussten nicht sonderlich gut waren, schauten wir uns dann feststellen, dass unsere Sauerstofffla- den Schaden genauer an und Leonardo fuhr sche leider zugedreht war… am Dienstag ins Birrfeld um sich um die Repa- ratur zu kümmern. Wir nutzen diesen Tag Da der Freitag der zweiten Woche, der letzte nochmals für «Grand Local» und konnten uns gemeinsame Flugtag in Münster 2020 von Da- doch ganz beachtlich das Wallis hinunter- niel und mir war, wollten wir nochmals einen kämpfen. Versuch mit dem Duo unternehmen. Wieder sollte es durch das Bedretto Richtung Engadin Für die restlichen Tage sah das Wetter flieg- und anschliessend am späteren Nachmittag bar aber nicht berauschend aus. Emmanuel Richtung Westen gehen. Dieses Mal hielten wagte sich am Mittwoch trotzdem in die Luft wir uns an den Plan und das Bedretto lief gut. und musste am Ende in Ulrichen landen, wo- Ermutigt wagten wir uns weiter vor und wa- bei er das Pech hatte, einen in der Wiese ver- Aufwind 2/2020 11
Münsterlager 2020 Der Mont Blanc ...und die einheimische Konkurrenz Immer wieder faszinierend: Aletschgletscher 12 Aufwind 2/2020
Münsterlager 2020 stecken Schacht zu erwischen und dabei das Wie immer ging die Zeit viel zu schnell vorbei nächste Fahrwerk, diesmal von AK beschädig- und Münster war ein Ort, um viele Piloten und te. Mit Hilfe von Heiri Sommer und Tomi andere Gruppen kennen zu lernen. Ausserdem Gmür bauten wir das Rad aus und konnten war das Essen von Iris wieder hervorragend das Flugzeug verladen. Den Ruf der AFG und und auch die lokalen Restaurants haben uns ihrer Fahrwerke hatten wir uns aber jetzt defi- nie enttäuscht. Wer noch nie in Münster war, nitiv angeeignet. Da die Prognosen abgesehen sollte auf jeden Fall einmal teilnehmen. Das vom Samstag nicht mehr zum Fliegen einlu- Panorama im Trichter alleine mit den ver- den, brachte Max den Duo früher nach Hause schiedenen Gletschern und den vielen Drei- und am Samstag starteten nur noch Raphi und bis Viertausendern ist einmalig und immer ich mit dem Arcus. Nach anfänglicher wieder schön und nur zu empfehlen. «Bastelei» ergab sich noch ein ganz schöner Flug und ein versöhnlicher Abschluss. Ephraim Friedli Anreise „Hotel ASW“ übers Engadin Autor: Emmanuel Heer nenpass Richtung Osten aufreihte. Genüsslich flog ich zum Pizzo Galina und klinkte mich in Am schönen Sonntag, den 9ten August, bin ich die Wolkenstrasse ein, die mich über den Zer- mit der ASW28 „AK“ gestartet mit dem Ziel vreilasee bis zum Piz Forbesch trug. Nach ei- den Festsaal der Alpen, die Bernina-Gruppe, nem Abgleiter zum Piz Julier, konnte ich dann zu erkunden. Dies war der logische Schritt, da nicht bis ganz hochfliegen, da die Basis etwa am Tag zuvor mit Copi Philipp Lüthi ein schö- bei 3‘200 m war. ner Flug zum Mont- Blanc im Westen genossen wur- de. Der Flug sollte ursprünglich über die Furka / Oberalppass, das Rheintal hinunter und schlussendlich über den Julier- pass zum Piz Bernina erfol- gen. Unterwegs Richtung Furka- pass sah ich dann eine Wol- kenstrasse, die sich vom Nufe- Nochmals Mont Blanc Aufwind 2/2020 13
Hotel ASW Zum Glück hatte ich ein festes Brillen- etui dabei, welches ich dann wahlweise hochkant, bzw. querkant verwenden konnte, um genügend frische Luft für meinen ASW-Schlaf zu haben. Da ich nahe der Hauptstrasse war, war es nicht verwunderlich, dass selbst um halb 2 Uhr morgens jemand mit seinen Scheinwerfern des Autos das Flugzeug beleuchtet hat. Schlussendlich habe ich ihm klar gemacht, dass alles in Ordnung ist und ich gerne weiterschla- fen möchte. In diesem Sinne allen ei- nen guten Schlaf. ASW vor Bivio, Blick, richtung Julierpass Einmal auf dem Julierpass angekommen ge- noss ich die Aussicht ins Engadin, entschied mich dann aber aufgrund der späten Stunde zur Umkehr. Leider machte ich dort den Feh- ler, dass ich nicht an den letzten bekannten Schlauch geflogen bin und somit verlor ich nun kontinuierlich an Höhe. Nachdem ein nächster Schlauch sich nicht zeigen wollte, führte die Reise auf direktem Weg das Tal hin- unter Richtung Tiefencastel, Bonaduz. Da es dann schlussendlich nicht nach Bad Ragaz ge- reicht hatte, habe ich mir ein Feld in Domat / Ems ausgesucht und bin gelandet. Nach der Mittteilung meiner Landung durfte ich mit Max telefonieren, der sich freundli- cherweise erklärte mich abzuholen (Danke Max!). Da der Furkaverlad nur den Anhänger mit Max auf dem Hinweg befördert hätte wur- de die Rückholaktion auf den Folgetag festge- setzt. Als einer der jüngeren Generation war mein erster Gedanke, ich muss mein Handy aufladen, um weiterhin zu „überleben“. Nach zahlreichem Nachfragen in verschiedenen Restaurants kam schlussendlich der Tipp ich sollte es beim Kiosk versuchen. Dieser hatte natürlich schon Feierabend und somit machte ASW auf dem Acker bei Domat/Ems ich mich auf den Weg um eine schöne Wiese auszusuchen, wo ich die Nacht verbringen Nach einer kurzen Nacht habe ich das Flug- könnte. Einmal dort angekommen, vernahm zeug um 6 Uhr morgens aus dem Acker gezo- ich dieses unangenehme Geräusch dieser blö- gen, sodass es nicht mehr direkt neben der den Mosquitos. Somit dachte ich mir „nein, Hauptstrasse liegt (Ich hatte der netten Poli- hier schlafe ich nicht“ und lief zur Busstation, zistin versprochen, dass das Flugzeug am sel- um den Bus nach Chur / Zürich zu nehmen. ben Tag wieder wegfliegt). Zum Glück hatte Einmal an der Busstation angekommen fiel es in der Nähe einen Migros, wo ich mich er- mir ein, dass Maskenpflicht herrscht und so- frischt habe und gemütlich zmörgelet habe. mit entschied ich mich für das Hotel ASW. Ich Schlussendlich kam Max gegen 11 Uhr zum habe das Capottuch am Capot fixiert, bin ein- Feld und wir haben das Flugzeug demontiert gestiegen und habe es zugemacht. Schnell ha- und sind nach Hause gefahren. be ich gemerkt, dass ich das Capot einen Spalt auf haben muss, um atmen zu können. Emmanuel Heer 14 Aufwind 2/2020
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) Autor : Alfred Ultsch Blum vertritt die Hypothese, dass bereits bo- dennah alle Temperaturunterschiede in Eigentlich war geplant, im Herbst 2019 und in Feuchteunterschiede umgewandelt würden. 2020 einige Messkampagnen zu fliegen mit Andere widersprechen ihm. Aus meiner Sicht folgender Fragestellung: Was ist eigentlich sollte man diese Frage durch Messungen klä- die treibende Kraft der Thermik? Covid19 hat ren. Da inzwischen der Aufwand für das leider diesen Plan vereitelt. Deshalb hier nur Equipment für Messungen sehr überschaubar erste Ergebnisse, die ich im wesentllichen aus geworden ist (ca 100 EUR / 110 SFR) ist dies dem Vortrag in Hosin/Budweis entnehme ein ideales Problem für Forschungen einer [Ultsch/Maul 18]. Da dies also „Research in akademischen Fliegergruppe. Als Sensoren Progress“ ist kann jeder noch mitmachen, da- können Microchips eingesetzt werden, die we- mit es zu einer wissenschaftlichen Veröffentli- gen des Masseneinsatzes in Handys und Fahr- chung in einer Zeitschrift führt. zeugen sowohl preiswert als auch gut und ziemlich genau geworden sind. Bosch gibt z.B. Seit einigen Jahren propagiert insbesondere für die sehr kleinen Sensoren vom Typ BMP, Henry Blum, dass der wesentliche Beitrag zu BME etc. eine Größe von 2.5mm3 an. Dies ist den Auftriebskräften einer Thermikblase nicht wichtig für die Trägheit der Messung. Die Ge- vom Unterschied der Temperatur zwischen nauigkeit wird mit 0.5K bei der Temperatur Thermik und Umgebungsluft, sondern vom und typischerweise 1-2%, max 3% bei der re- Unterschied in der Luftfeuchte geliefert wird lativen Feuchte angegeben. Eine Verarbeitung [Blum 2012]. Tatsache ist, dass feuchte Luft und Speicherung der Messwerte lässt sich mit leichter ist als trockene. Zum Beispiel ist bei dem, eigentlich für Modezwecke entwickelten, 30°C eine Luftmasse, die gesättigt ist (100% Einplatinen-Microcomputer ARDUINO selbst humidity) etwa 1.6% leichter als eine ganz tro- programmieren. Hier das Blockschaltbild des ckene (0% humidity). Diese Tatsache ist we- „GPSdataLogDUE“ genannten Systems: der neu, noch wird sie in den meteorologischen Modellen ig- noriert. Bereits Georgii be- schreibt dies in den 1960 Jahren [Georgii 1958]. Auch in Müller/ Kottmeier 1985 steht wörtlich: „Dichteunterschiede werden zwischen der aufsteigenden Luft und der Umgebungsluft aber nicht nur durch Temperaturun- terschiede hervorgerufen, son- dern in größeren Höhen auch durch Feuchtigkeitsunterschiede … Die Dichteunterschiede zur trockeneren, umgebenden Luft können Werte erreichen, die ei- ner Temperaturdifferenz von 0.5K entsprechen. Sie dürfen Konfiguration GPS DataLog Due damit auf keinen Fall vernach- lässigt werden“. Um den Auftrieb zu berück- Ein GPS Empfänger liefert einmal in der Se- sichtigen, der durch Feuchteänderungen her- kunde Ortskoordinaten und Flughöhe. Senso- vorgerufen wird, berechnen die Wettermodel- ren, die an den Rumpf unter dem Flügel mon- le die sogenante virtuelle Temperatur. Hierzu tiert werden (rückstandsfrei mit Doppelklebe- wird die Temperatur der Luftmasse in den band), liefern die Zustandsdaten (Luftdruck, Rechnungen soweit erhöht, bis sie gleiche Temperatur, Feuchte) der Luft, in der gerade Dichte - und damit also auch den gleichen Auf- geflogen wird. Beides wird einmal pro Sekun- trieb - besitzt, wie eine Luftmasse die gänzlich de auf eine SD-Karte geschrieben, ähnlich wie trocken wäre. bei einem IGC-Logger File. Diese Daten kön- Aufwind 2/2020 15
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) nen als Text/Excel Dateien nach einem Flug Europa) sind deutlich besser als im vergleich- ausgelesen und am PC weiterverabeitet wer- baren Zeitraum in Mitteleuropa. Eine eigene den. Die Rechnereinheit mit Akku ist vom Auswertung von mehr als 18.000 Termiken Bordnetz unabhängig und kann im Gepäck- aus IGC Files ergab eine typische fach verstaut werden. Verbunden werden Sen- „Arbeitshöhe“ von 2000m NN bis ca 6000m sormodul und Rechner über den zweipoligen NN (FL195) sowie eine Verteilung der Auf- I2C Bus mit einem flachen WLAN Kabel, wel- windstärken wie in den folgenden Bildern zu ches so verlegt werden kann, dass keine Ein- sehen. griffe am Flugzeug erforderlich sind. Mit einer intensiven Suche nach Veröffentli- chungen von vergleichbaren Messungen habe ich weniger als 10 Minuten an Messdaten ge- funden. Somit sind solche Messungen drin- gend erforderlich. Vorversuche wurden von Puimoisson (Frankreich) aus in den südfranzö- sichen Alpen, d. h. in einem semi-ariden Kli- ma, unternommen. Danach hatte ich die Mög- lichkeit, das GPSdataLogDUE System im (europäischen) Winter 2017 und 2018 nach Namibia mitnehmen zu können. Aus klimatischer und geographischer Sicht ist der für den Segelflug freigegebene Teil von Namibia sehr homogen. Das zentrale Hoch- Wahrscheinlichkeit eine bessere Thermik zu finden land südlich der Berge um Windhook und öst- (Namibia) lich der großen Randstufe (0-1000m NN) ist praktisch flach mit einer durchnittlichen Höhe um 1200 ± 200m NN. In der Regel besitzt das Gebiet in einem ca 500km x 1000 km gro- ßen Bereich ein einheitliches arides (= wüs- tenartiges) Klima. Im Namibischen Frühjahr/ Sommer sind praktisch kaum Oberflächenwas- ser führende Binnengewässer zu finden. Wei- terhin ist flächendeckend ein ziemlich einheit- licher Bewuchs in Form von vereinzelten Wüstengräsern und Akazienbäumen anzu- treffen. Wahrscheinlichkeit eine bessere Thermik zu finden (Flachland in Mitteleuropa) Diese Diagramme zeigen die für die prakti- sche Fliegerei wichtige Wahrscheinlichkeit, mit der eine bessere Thermik, als die, die man gerade hat, gefunden werden kann. Die glei- chen Werte hatte ich bereits für die Aufwind- stärken in Mittteueropa (Deutschland) ermit- telt [Ultsch 07] (siehe Bild unten). Im Vergleich zeigt sich, dass das 50 Quantil, Namibia (Quelle: Frank Thies: www.segelflug-mg.de) also ab wann es weniger warscheinlich wird, Die Segelflugbedingungen im Namibischen eine Thermik mit besserem Steigen zu finden, Frühling/Sommer (= November bis Januar in bei uns bei ca 1.9 m/sec liegt. Aus dem Bild 16 Aufwind 2/2020
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) kann man ablesen, dass dies in Namibia deut- adiabatische Temperaturabnahme (nach oben lich höher, nämlich bei 3.3 m/sec zu finden ist. wird’s trockenadiabatisch kälter) wurde kom- Dieser Faktor 1.9/3.3 liefert auch eine unge- pensiert, in dem alle Werte auf eine einheitli- fähre Daumenregel zum Vergleich von namibi- che Höhe von 1000m NN umgerechnet wur- schen mit europäischen Streckenflügen: 1000 den. km in Namibia entsprechen somit ca. 575km bei uns. Um den Abstand des Flugzeuges vom Mittel- punkt der Thermik zu bestimmen, musste Mit dem GPSlogDUE und jeweils 2 verschie- noch der Windversatz kompensiert werden. denen Temperatur- und relative Feuchte Sen- Details sind in [Ultsch 13] zu finden. Fasst soren an Bord (Redundanz) wurden 110 Flug- man die Ergebnisse für die fast 79 Thermiken stunden gemessen. Von den Messungen wa- zusammen, so ergibt sich für die Temperatur- ren 5.2 Stunden Messzeit in 79 verschiedenen unterschiede folgendes Bild: Thermiken für eine weitere Datenauswertung Für die Temperatur ist ein eher stufenartiger geeignet. Die mediane Einstiegshöhe in die Gradient sowohl unten in der Thermik als Thermiken lag bei 3000 - 4000m NN und der auch oben festzustellen. Im Inneren der Ther- Höhengewinn in jeder dieser Thermiken lag mik ist es im Mittel unten 1.5 Grad und oben nicht unter 1000m. Eine Datenvorverarbei- 0.8 grad wärmer als draussen. tung umfasste die Ausreisser- und Fehlstellen- Behandlung in den Messungen sowie die Kom- Bei der Feuchte ist eher ein linearer Gradient pensation von Geschwindigkeitseffekten. Let- zu sehen bei dem es unten feuchter ist als zeres bedeutet, dass bei höheren Geschwin- oben. Die Form des Unterschieds, schwellen- digkeiten eine erhöhte Temperatur gemessen artig vs. linear, könnte jedoch an einem Mitte- wird. Dieser Effekt lässt sich mit Regressions- lungseffekt (Tiefpass) liegen der auf die Träg- verfahren in den Daten kompensieren. Die heit des Feuchtesensors zurückzuführen wäre. Aufwind 2/2020 17
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) Das für mich interessanteste Ergebnis war jedoch, dass es verschiedene Typen von Thermiken zu geben scheint (siehe neben- stehendes Diagramm: „Classification of Thermal Types“): 1. Thermik, deren Kern sowohl wärmer als auch feuchter als die Umgebung ist (warm & humid) 2. Thermik, deren Kern wärmer aber nicht feuchter als die Umgebung ist (warm & but not humid 3. Thermik, deren Kern feuchter aber nicht wärmer als die Umgebung ist (humid & but not warm) Was auch noch bemerkenswert ist, nenne ich 4. Thermik, deren Kern weder wärmer noch den Mexican-Hat–Effekt (Sombrero-Effekt). feuchter als die Umgebung ist (freaks) Fliegt man auf eine Thermik zu, wird es erst ca. 1-2 km vor dem Kern ein bisschen kälter Speziell interessant sind dabei natürlich die (ca. 0.5 bis 1 Grad). Das folgende Bild „The “freaks” also die “weder wärmer noch feuch- Sombrero“ zeigt dies prototypisch. Siehe die ter” Thermiktypen. Wer eine gute Idee hat, Flugbahn “entry” bis zu den roten Ellipsen im was diese Thermiken nach oben treiben könn- Bild. Fliegt man von der Thermik weg, gibt es te, schreibt mir gerne eine e-mail an eine deutliche Temperaturzunahme in ca 1.8 ultsch@ulweb.de. Hab zwar eine Hypothese, bis 2 km Entfernung. Siehe Punkt “exit” im will aber die Diskussion nicht beeinflussen. nachfolgenden Bild: „The Sombrero“. 18 Aufwind 2/2020
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) Aus meinen beruflichen Forschungen (Daten- Der Effekt dieser Verschaltungen ist, dass ei- bionik, Marburg, Ultsch) an natürlichen und ne Kontrasterhöhung stattfindet: innen mehr künstlichen Neuronalen Netzen ist mir dieser und in der Umgebung weniger. Überträgt man Mexican Hat-Effekt bereits bekannt: biologi- das auf Thermiken, dann sollte gelten, dass sche Neuronale Netze, wie z.B. in der Netz- Thermiken ihren Platz verteidigen. D.h. dort, haut unserer Augen, sind häufig so verschal- wo ein Aufwind ist, kann sich - zumindest in tet, dass ein Neuron welches aktiviert ist, in unmittelbarer Nähe - kein weiterer befinden. der Umgebung eine Hemmung und weiter Weiterhin verstärkt der Effekt, der vermutlich enttfernt wieder eine Aktivierung bewirkt. auch mit dem im Teil 1 dieses Artikels be- Siehe Bild „The Mexican Hat“. schriebenen Randbwirbelbereich um eine Thermik herum zu tun hat, den Auftrieb der Thermik. Aufwind 2/2020 19
Die Feinstruktur der Thermik (Teil 2) Zwischen den Thermiken, also ab ca. 2km Ent- Leider hat das vergangene Covid19 Jahr es fernung, ist die Temperatur oben deutlich (ca nicht zugelassen, dass die obigen Experimen- 2-3 Grad) wärmer als in der Thermik. Dies te nochmals wiederholt und kritisch validiert lässt sich wahrscheinlich durch die globale werden konnten. Ein Einwand, der z.B. erho- Struktur der Thermiken und ihrer Umge- ben werden kann ist, ob die Sensoren vom Typ bungsluft erklären. Das gängige Modell hier- SHT 31, BME 280 und BMP 180 etc. schnell für sind Benard Zellen (siehe: Wiki Rayleigh- und genau genug für unsere Messungen sind Bénard-Konvektion). Dabei umgeben sich Be- und, ob und wieweit sie vom Flugzeug beein- reiche mit Aufwärtsbewegung (Thermik) mit flusst werden. Gerne würde ich auch die Bereichen mit Subsidenz, also absinkernder Messfrequenz von 1 mal pro Sekunde auf 2 Luftmasse. Und wie wir ja wissen, wird absin- oder sogar mehr erhöhen. Neuere GLONAS kende Luft wärmer. Das globale Bild eines Systeme empfangen auch nicht nur das ameri- Thermikfeldes könnte also wie im folgenden kanische GPS, sondern auch das europäische Bild „Bernard-Zellen“ ausehen. GALILEO sowie die russischen und chinesi- chen Satelliten. Interessant ist z.B. der neue M9N Chip der schweizer Firma Ublox. Dies könnte auch die Genauigkeit für Koordinaten und Höhen verbessern. Wichtig wäre es insbe- sondere, dass nicht nur 1 Flugzeug sondern mehrere in der gleichen Thermik messen wür- den. Mit einem solchen Schwarm von Segel- flugzeugen könnte man dann eine Thermik besser von allen Seiten vermessen. Das ginge aber nur, wenn viele Piloten bei solchen Mess- kampagnien mitmachen würden. Wenn ich die Daten der Flüge bekomme, bin ich gerne be- reit, für jeden, der mitmachen will und mir die Kosten für die Bauteile von ca. 100 EUR (110 SFR) erstattet, einen GPSloggerDUE zu bauen oder für einen eventuellen Selbstbau die Bau- pläne und Software zur Verfügung zu stellen. Benard-Zellen Alfred Ultsch Literatur Blum Henry, Feuchtigkeit – die Seele der Thermik, 2012 (www.lsb-donaueschingen.de/? p=529) Detlef Müller and Christoph Kottmeier: Meteorologische Aspekte des Streckensegelflugs, Universität Hannover, 1985. Georgii, Walter: Meteorologische Navigation des Segelfluges, Vieweg, 1958. Ultsch, A, Maul, C..: Fine Structures of Thermals in Arid Climate, Proc, OSTV Congress, Ho- sin, 2018. Ultsch, A.: Daumenregeln für den Streckenflug, Segelfliegen, p 32-37, 2, 2007. Ultsch, A.: Swarm Data Mining for the Fine Structure of Thermals, in: Technical Soaring, Vol. 36, Nr. 4, pp. 37 - 44, 2013. Internet Thermik_von_A_bis_Z.pdf (www.imk-tro.kit.edu/download/Thermik_von_A_bis_Z.pdf Wo bitte gehts zur Thermik? http://www.ulweb.de/thermik/ https://www.imk-tro.kit.edu/english/5291.php https://www.akaflieg-frankfurt.de/wissenschaft/ Bosch: https://www.bosch-presse.de/pressportal/de/de/bme280-von-bosch-sensortec- kombiniert-messung-von-druck-luftfeuchtigkeit-und-temperatur-42408.html 20 Aufwind 2/2020
Doppelpack Text: Olivier Liechti Bilder: Olivier Liechti und Klaus Wyss Der listige Aufwindredaktor gab am Tag sei- ner Rückreise in die Heimat am Briefing in Aspres unter dem Traktandum Varia bekannt, dass der längste Streckenflug automatisch zum Verfassen des Lagerberichtes qualifizier- te – Verhältnisse wie an der Ziellandekonkur- renz! Diskret setzte er sich ab und verfolgte via OLC, wen es denn nun treffen sollte. Hat er allenfalls geahnt, dass er auf diesem Weg gleich zu zwei Lagerberichten kommen wür- de? Wie auch immer, ein trübes Wochenende Ende August veränderte einerseits die monat- liche Niederschlagsbilanz im Alpenraum noch signifikant und ermöglichte andererseits dem Auserwählten, in einer im besten Fall ausge- wogenen Mischung zwischen schwindender Gedächtnisleistung und marginaler Detail- treue, seinen edlen Pflichten nachzukommen. AD MMXX lief nicht alles wie angedacht. Be- reits im Frühjahr erreichte uns die Kunde aus Aubenasson, dass im August mangels Schlepp- pilot kein AFG-Lager stattfinden konnte. Doch selbst in der allgemeinen Lockdownlethargie Glacier de Tsanfleuron im März/April befasste sich das wackere Aubenasson-Grüppchen mit Alternativen. Der Vorschlag, nach Aspres auszuweichen, fand schen Thun und Pilatus wurden so intensiv Anklang – ob und wann die Landesgrenzen beflogen wie nie zuvor. Niederhorn, Hohgant, wieder geöffnet würden, stand aber noch lan- Marbach, Schrattenfluh, Schibegütsch und ge in den Sternen. Im April nahm immerhin Brienzer Rothorn fanden Eingang in den navi- das Birrfeld den ausgesetzten Flug- und gatorischen Grundwortschatz einiger AFG- Schleppbetrieb wieder auf und die AFG-Flotte Streckenfüchse. konnte - vorerst noch einsitzig und desinfiziert - wieder in die nationale Luft gebracht wer- Aspres I den. So viele Mittellandquerungen wie in die- Im Juni lösten sich die Mitteleuropäer lang- ser Saison wurden meines Wissens bisher sam aber sicher aus der regionalen und natio- noch nie in Angriff genommen, Olivier Faist nalen Abschottung, so dass AFG-Sommerlager zog ganz neue Saiten auf. Die Voralpen zwi- wieder in den Planungshorizont rückten. Eine Abendstimmung in Aspres Aufwind 2/2020 21
Doppelpack Vorhut von sieben AFGlern begab sich Anfang Neben spektakulären Konvektionshöhen konn- Juli nach Aspres und erste OLC-Flug- ten auch zahlreiche Felswandpassagen an Pic meldungen bestätigten den interessierten de Bure, Glandasse, Vercors, Chartreuse, Bau- Spezis in der heimatlichen Holdingposition, ges, Obioukrete und der autorisierten Voie dass tatsächlich Flugbetrieb in Aspres aufge- Royale in den Écrins genossen werden – es zogen wurde. Die neue Rally YX war im gibt eben nicht nur den legendären Parcours Schleppeinsatz und liess die Erinnerungen an du Combattant, den die Puimoissonesen die BLIK und den Robin von Serres verblas- abends zum Ausklang abfliegen wie die Lang- sen. Der 9. Juli fiel aufmerksamen Verfolgern zeitsüchtigen. des Glidertrackers durch diverse Zwischenlan- dungen in Gap und Sisteron auf – die jungen Zu den Schleppzielen ist festzuhalten, dass Wilden mussten wohl noch etwas Lehrgeld die Piarre dem Apôtre den Rang abgelaufen zahlen im für sie neuen Fluggebiet. Am Frei- hat. Mit 1400 m ist man an der Piarre über tag der ersten Lagerwoche kam die frohe Kun- der Krete, am Apôtre muss man sich dazu de im einschlägigen WhatsApp-Chat, dass das schon auf 1600 m hinauf schleppen lassen. Küchenzelt aufgestellt worden war und damit Ambitionierte Langstreckenfüchse lassen sich das WLAN-unterstützte Frühstück bei der immer mal wieder an den hinteren Gipfel des Der Pic de Bure im Nordstau (Foto Klaus Wyss) rauchstimmigen Cécile passé war. In der zwei- Charajaille ziehen, um dort in 1900 m über ten Woche herrschte Hochbetrieb mit fast ei- der Ostrunse einzudrehen. Das hinterlässt na- nem Dutzend AFG-Piloten am Boden und in türlich auf der Schlepprechnung kräftigere der Luft, das Wetter machte voll mit. Die flie- Spuren als die Piarre. In Mode gekommen ist gerischen Exkursionen wurden ausgedehnt übrigens ein neues Ritual: das Erwandern der und die Aussen- und Zwischenlanderate kehr- Klinkpunkte. Den Charajaille konnten Martin, te wieder in den gewohnten marginalen Be- Klaus und der Chronist dieses Jahr auf dieser reich zurück. Wohlgemerkt mit Klassenwech- Liste abhaken. sel: es erwischte zu vorgerückter Tageszeit gar einmal die ASH25 im feucht-warmen Die Lagerküche schaffte es ganz vereinzelt, Grenoble Le Versoud an Stelle der bisher lan- den einschlägigen Restaurants wie Café du defreudigeren Einsitzer. Die einheimischen Commerce, La Source, Le Chevalet und Flug- Mücken gaben alles, um sich an der müden platz Serres die Gäste abspenstig zu machen. und weitgereisten Besatzung zu verköstigen. Gedankt sei an dieser Stelle Daniel, Mike und Alex mit ihren sous-chefs. Die Sehnsucht nach 22 Aufwind 2/2020
Doppelpack ren. Im August reiste damit eine zweite AFG-Delegation nach Aspres, um sich dort fliegerisch zu betätigen. Cle- mi liess sich zu meiner gros- sen Freude auch zum Doppel- pack motivieren, so dass mei- ne abendliche Sehnsucht nach seiner Giulia auch im zweiten Durchgang gestillt werden konnte. Übrigens wa- ren auch die Fahrten mit Fre- dis neuem Schlitten sehr inte- ressant. Das selbständige se- lektive Abblenden der Schein- werfer bei Gegenverkehr o- der reflektierenden Schildern verblüffte mich richtig. Der Cirque d‘Archiane (Foto Klaus Wyss) Vollständigkeit halber ist auch die abendliche Fahrt ins der rituellen Fahrt in der brummigen Giulia Restaurant in einem älteren Ford Mondeo zu zum Haché du Boucher vermochte die Frei- erwähnen, in dem es etwas asketischer zu und luftküche aber nicht zu stillen, das muss ehr- her geht. Der Mechaniker und seine Werk- licherweise zu Protokoll gegeben werden. Gut zeugkisten sind aber immer an Bord. Und die genährt mit Flugstunden und dem einen oder Cloud erfährt ganz sicher nichts von diesen anderen Pölsterchen im Taillenbereich kehr- Fahrten. ten die letzten Lagerteilnehmer nach drei Wo- chen mit ihren flotten Seglern in die Heimat Geflogen werden konnte praktisch jeden Tag. zurück. Das Küchenzelt und seine Infrastruk- Es ging mit tollen Bedingungen los, die auf tur ging im Segelflughangar in den verdienten Anhieb einen ASH-Flug mit Christian ins Val- Winterschlaf. pelline und an den Mont Blanc ermöglichten, die Maurienne wurde auf dem Hin- und Rück- Aspres II weg beflogen. Im anschliessenden Flug mit Eva kamen die Écrins, der Süden und zum Das traditionelle Juli-Lager in Aspres stand Schluss Chartreuse/Bauges im Norden zum natürlich unter der aufmerksamen Beobach- Zug. Eine schauernde Konvergenz im Trièves tung des Aubenasson-Grüppchens, von denen liess sich auf ihrer Westflanke in den Endan- die meisten noch nie in Aspres geflogen wa- flug einbauen – Spektakel pur. Schauer im Trièves Aufwind 2/2020 23
Sie können auch lesen