Ausstellungsbroschüre der Offenen Arbeit Erfurt
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Inhalt Vorwort………………………………………………………………………………...3 Matthias Weiß Anthropozän und Klimawandel………………………………………………….…..4 Matthias Weiß Artensterben…………………………………………………………………………..8 Renate Lützkendorf Kreisläufe..........................................................................................................10 Eva Stier Stadtbäume………..............................................................................................12 Anton Kneuse Siedlungsraum Stadt....................................................................................... 15 Renate Lützkendorf Geschützte Natur..............................................................................................17 Renate Lützkendorf Artenvielfalt in der Stadt....................................................................................18 Renate Lützkendorf Brachflächen.....................................................................................................22 Renate Lützkendorf Insekten in der Stadt.........................................................................................23 Renate Lützkendorf Lebensraum Stadt.............................................................................................28 Renate Lützkendorf Initiativen und ihre Beiträge für Artenvielfalt………………………………………33 Solawi…………………………………………………………………….……33 Fridays for Future……………………………………………………….……36 Initiative Stadtbäume statt Leerräume……………………………………..37 Städte Bra(u)chen Natur - 1
Wir bedanken uns bei allen, die an der Ausstellung mitgewirkt haben: RENATE LÜTZKENDORF, EVA STIER, STEFFEN KUNKEL, ANTON KNEUSE, BERND LÖFFLER, ANDRÉ SCHULZE, INITIATIVE SOLAWI, FRIDAY FOR FUTURE, STADTBÄUME STATT LEERRÄUME, CHRISTINE KELLNER, ANNA SOPHIE TODOROV, WOLFGANG MUSIGMANN, STEFFEN REHMANN, HANNAH ENDERS, GEORG JUNGE Städte Bra(u)chen Natur - 2
Vorwort Die Offene Arbeit des Evangelischen Kirchenkreises Erfurt engagiert sich als Basisgemeinde für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Wir wollen Menschen dazu ermutigen, einen achtsamen und verantwortungsvollen Umgang untereinander und darüber hinaus mit der Umwelt zu üben und sich für diese Anliegen einzusetzen. Uns geht es darum, auf Missstände aufmerksam zu machen und nach Wegen zu suchen, wie diese überwunden werden können. Das bedeutet, wir engagieren uns: • für eine achtsame offene Gesellschaft gegen Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Rassismus • für ein Verbot von Rüstungsexporten Die Ausstellung wurde von der und für Rüstungskonversion Offenen Arbeit Erfurt entwickelt und (Umstellung von der Herstellung von mit Unterstützung von Initiativen militärischem Gerät in zivile Artikel) erstellt. Sie soll für Naturräume im städtischen Zusammenhang • für den Ausstieg aus der sensibilisieren – jene Räume, die Atomenergienutzung uns auf den ersten Blick nicht • für den Schutz, den Erhalt und die gegenwärtig sind – Räume, in denen eine Vielfalt von Tieren und Erweiterung von Naturräumen Pflanzen ihren Platz findet. Die Umgestaltung von Flächen in Erfurt in den letzten Jahren und besonders im Zusammenhang von Baumaßnahmen, haben immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt. Beispielsweise wurden Baumbestände im Nordpark und auf dem Petersberg beseitigt, um eine neue Kulturlandschaft im Rahmen der BUGA 2021 zu gestalten. Am Rande des EGA-Geländes wurden Grünflächen mit Baumbestand gerodet, um Parkplätze für die BUGA zu schaffen. Sichtbarer kann der Widerspruch zwischen dem Anspruch einer ökologischen Stadtplanung und der Realität nicht sein. Uns geht es um eine schonende Gestaltung, die bestehende Biotope berücksichtigt. Sie sind Teil von komplexen Zusammenhängen. Für eine ökologische Stadtentwicklung wäre es wichtig, diese Flächen nicht z.B. für Bauprojekte zu opfern. Regionale Zusammenhänge sind Teil der globalen Dimension von menschlicher Einflussnahme auf biologische, geologische und atmosphärische Kreisläufe. Städte Bra(u)chen Natur - 3
Das Anthropozän Der Begriff Anthropozän steht für das Der Mensch beutet die Natur für seine Erdzeitalter des Menschen – Anthropos Interessen aus. Profitmaximierung und (griechisch) Mensch. Der Vorschlag, der Drang nach ständigem eine Interwallzeit des Planeten Erde Wirtschaftswachstum mit allen Mitteln nach dem Menschen zu benennen, haben ihren Preis. Die Rodung der resultiert aus der bedeutenden Wälder, die landwirtschaftliche Einflussnahme des Menschen auf Nutzung, die Versiegelung von geologische, biologische und Flächen, die Energieerzeugung, die atmosphärische Bereiche der Erde. weltweite Mobilität, die Güterproduktion Erstmals hatte diesen Begriff der und der Abbau von Rohstoffen ist Nobelpreisträger Paul Crutzen bei folgenreich für natürliche Kreisläufe und einem Kongress im Jahr 2000 benutzt – komplexe Zusammenhänge. aus Frustration über die Klimawandel, Artensterben und Verantwortungslosigkeit der Pandemien sind hierbei die Menschheit gegenüber der Natur. bekanntesten Phänomene im öffentlichen Diskurs. Aber welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus, ob ein Erdzeitalter nach dem Menschen benannt wird? Städte Bra(u)chen Natur - 4
Ist die Namensgebung Anthropozän der Ist das Anthropozän das Aufruf zu einer radikalen Veränderung Endzeitszenario für die Menschheit? des Verhältnisses Mensch - Natur und Moderne Gesellschaften haben mit der Schaffung gerechter Verhältnisse ihrer Lebensweise das apokalyptische überhaupt? Szenario der Erderwärmung und der Die daraus resultierende Zunahme von Naturkatastrophen selbst Verantwortung äußert sich darin, dass eingeleitet und bestimmt. Der der gegenwärtige Raubbau an Perspektivlosigkeit einen Namen zu natürlichen Ressourcen nicht länger geben – daraus ergeben sich keine praktiziert wird. Beispiele dieses Schlussfolgerungen für die Gegenwart Raubbaus wie Brandrodungen der und Zukunft. Ist das Anthropozän die Wälder, Massentierhaltung, die Herausforderung eines neuen Vermüllung der Ozeane müssen somit technologischen Fortschrittes? Kann der Vergangenheit angehören. der Mensch mit neuen Technologien in „Die Geschichte des Anthropozän hat ferner Zukunft Herausforderungen wie gerade erst angefangen. Es ist noch z.B. den Klimawandel, die Lagerung Zeit eine Zukunft zu gestalten, in der die von Atommüll lösen, ohne den Umgang Menschen und die nicht menschliche mit der Natur verändern zu müssen? Natur für Jahrtausende gedeihen. Jeder Diesen Ansatz stellen wir in Frage. von uns hat noch die Chance, eine Eingriffe in die natürlichen komplexen bessere Zukunft in die bleibenden Zusammenhänge von natürlichen Zeugnisse der Erdgeschichte im Kreisläufen haben oft das Gegenteil Gestein einzuschreiben“ (Quelle: bewirkt. Anthropozän / Erle C. Ellis / Seite 225) Städte Bra(u)chen Natur - 5
Der Klimawandel Klimaveränderungen auf der Erde hat es in der Vergangenheit immer gegeben. Die letzte Veränderung des Klimas hat vor ca. 20 000 Jahren stattgefunden von der Eiszeit bis in die Neuzeit. Diese Klimaveränderungen haben sich in langen Zeiträumen von zehn- bis hunderttausenden Jahren vollzogen. Die aktuellen Klimaabweichungen sind allerdings Prozesse, die sich in Zeiträumen von Jahrzehnten vollziehen. Eine wesentliche Ursache dieser Klimaveränderung ist der zunehmende CO2-Ausstoß von Industriestaaten seit der Mitte des 20sten Jahrhunderts. Als Folge der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) reichert sich CO2 in der Erdatmosphäre an. Die hohe Konzentration des CO2 bewirkt, dass die durch das Sonnenlicht in der Atmosphäre gebildete Wärme weniger entweichen kann – dieser Treibhauseffekt führt zum Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur. Städte Bra(u)chen Natur - 6
Der Klimawandel ist in den Auswirkungen auf das Wetter erkennbar. Extremwetterlagen wie z.B. Stürme, Kalt- und Warmwetterlagen, Dürreperioden und Überschwemmungen nehmen zu. „Normalerweise passieren Rekordwetterereignisse zufällig und wir wissen, wie viele in einem Klima ohne Erwärmung passieren würden", erklärt Jascha Lehmann. „Es ist wie beim Würfeln: Im Durchschnitt bekommt man bei einem von sechs Mal eine sechs. Aber durch die Einlagerung großer Mengen an Treibhausgasen in der Atmosphäre hat die Menschheit die Würfel gezinkt. In vielen Regionen werfen wir viel häufiger Sechsen mit schwerwiegenden Auswirkungen für Gesellschaft und Umwelt." (Artikel: Lehmann, J., Mempel, F., &Coumou, D. (2018): Increasedoccurrenceofrecord- wet and record-dry monthsreflectchanges in meanrainfall. Geophysical Research Letters, 45. / Potsdamer Institut für Klimaforschung) Städte Bra(u)chen Natur - 7
Artensterben Klimawandel und Artensterben sind die weltweite großflächige Umgestaltung großen Herausforderungen unserer von Landschaften durch Rodungen von Zeit, hinzu kommen Zoonosen, Wäldern, Abbau von Rohstoffen, Infektionskrankheiten, die von Tieren Industrialisierung der Landwirtschaft auf den Menschen überspringen und und Flächenversiegelung im Zuge umgekehrt. (Eine sehr ausführliche zunehmender Urbanisierung Beschreibung der Problematik findet beschneidet in immer stärkerem Maße sich in: Josef Settele. Die Triple Krise. den Lebensraum von Pflanzen und Artensterben, Klimawandel, Tieren. Hinzu kommt die Vergiftung und Pandemien. Warum wir dringend Vermüllung von Land und Gewässern. handeln müssen. Hamburg 2020) Im Verlauf der Evolution sind immer Die Folgen des Umbaus ganzer auch Arten ausgestorben und auch das Landschaften und des hemmungslosen Klima hat sich in der Geschichte Einsatzes von Pestiziden - von Stoffen, unseres Planeten fortlaufend verändert. deren Tödlichkeit für Insekten im Zuge Die derzeitige schnell voranschreitende der Entwicklung chemischer Erderwärmung und sowohl das Tempo Kampfstoffe während des Zweiten als auch das Ausmaß des aktuellen Weltkrieges entdeckt wurde (Rachel Artensterbens sind jedoch Folgen Carson. Der stumme Frühling. zumeist profitorientierter und dabei München 2019, S. 42), auf ganze ökologische Gesichtspunkte außer Acht Ökosysteme beschrieb die Biologin lassender menschlicher Aktivitäten. Die Rachel Carson eindrucksvoll in ihrem Städte Bra(u)chen Natur - 8
erstmals 1962 erschienenem Buch „Der davon 6,7 % (1128 Arten) als stumme Frühling“. Das von ihr stark ausgestorben oder verschollen, angeprangerte Insektizid DDT wurde benannt (Thüringer Landesamt für verboten, doch ihm folgten zahlreiche Umwelt und Geologie, Abteilung neue Chemikalien, mit dem Ziel, Naturschutz (Hrsg.) Rote Liste der ungeliebte Tiere und Pflanzen zu gefährdeten Tier- und Pflanzenarten, dezimieren, immer unter der Pflanzengesellschaften und Biotope Beteuerung der Unschädlichkeit für den Thüringens. Jena 2011). In den Roten Menschen. Aber selbst, wenn diese Listen wird jedoch nicht die Gesamtzahl Substanzen Menschen nicht sofort und der im entsprechenden Gebiet direkt schädigen, so tragen sie doch vorkommenden Arten bewertet, immer zur Vernichtung der ihn sondern nur jene, für die auch umgebenden Natur und damit seiner ausreichende Erkenntnisse vorliegen. Lebensgrundlage bei. Und wie 2017 fand eine Studie des schwierig und langwierig es ist, einmal Entomologischen Vereins Krefeld zugelassene Pestizide wieder zu weltweite Beachtung. Diese belegte verbieten, wird am Beispiel der einen Rückgang der Biomasse Diskussionen um das fliegender Insekten in 63 untersuchten Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat Schutzgebieten um 76 % innerhalb von deutlich (https://www.bund.net/ 27 Jahren umweltgifte/glyphosat/). (https://www.bmu.de/faq/was-steht-in- Immer mehr Studien weisen auf die der-krefelder-studie/). Auch wenn diese hohe Anzahl gefährdeter Arten, Ergebnisse nur in einigen räumlich Prognosen besagen, dass innerhalb begrenzten Gebieten ermittelt wurden, der nächsten Jahrzehnte bis zu einer zeigen sie doch ein weiteres Problem Millionen Arten aussterben könnten. auf: nicht nur die Anzahl der Arten „Die Roten Listen Deutschlands nimmt ab, sondern auch, und dass verzeichnen 34 % der Wirbeltiere als zumindest gebietsweise, in hohem bestandsgefährdet oder bereits Maße die Anzahl der Individuen. ausgestorben, 34 % der Wirbellosen Viele Insekten unterliegen starken Tiere, 31 % der Pflanzen und 20% der Schwankungen der Populationsgröße. Pilze und Flechten“ (www.rote-liste- Manche Arten breiten sich aufgrund der zentrum.de). In der 2011 erschienenen Klimaerwärmung nach Norden hin aus. Roten Liste Thüringens wurden 40,8 % Doch auch wenn in manchem Jahr der bewerteten Arten als in einige Spezies mit deutlich mehr unterschiedlichem Maße gefährdet, Individuen vertreten sind als zuvor und Städte Bra(u)chen Natur - 9
wärmeliebende Arten in unsere Gefilde vordringen, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl die Gesamtzahl der Arten als auch die Anzahl der Insekten insgesamt abnimmt. Kreisläufe Die uns umgebende Umwelt zeichnet Die Rodung von Regenwäldern für die sich durch das Zusammenspiel landwirtschaftliche Nutzung führt zur verschiedener Faktoren aus. In Verödung der einst nährstoffreichen natürlichen Kreisläufen bedingen sich Böden und es kommt zu Auswirkungen biologische, physikalische und auf die klimatischen Verhältnisse in chemische Prozesse gegenseitig. diesen Regionen. Eine weitere Folge Klimatische Bedingungen wirken sich besteht in der Störung des z.B. auf unterschiedliche Lebensformen Wasserkreislaufes. Dieser ist durch auch unterschiedlich aus. In warmen einen ständigen Wechsel von Regionen der Erde haben sich Fauna Niederschlägen und Verdunstung und Flora an die dortigen gekennzeichnet und wirkt sich kühlend Klimaverhältnisse angepasst. Unter auf das Klima in diesen Regionen aus. anderen Voraussetzungen – zum Temperaturmessungen in bewaldeten Beispiel in kühleren Regionen – und in gerodeten Gebieten haben könnten diese Lebensformen entweder Unterschiede bis zu 3 Grad Celsius gar nicht oder nur schwierig überleben. ergeben (Quelle Klimatische Veränderungen wirken sich https://wiki.bildungsserver.de/klimawan also auf biologische Zusammenhänge del/index.php/Deforestation_(Tropen)). aus. Natürliche Kreisläufe sind Weiterhin existieren Kreisläufe, die sich komplexe Gebilde, welche sich in innerhalb nur eines Faktors bedingen. langen Zeiträumen entwickelt haben. So haben sich im Bereich biologischer Wenn diese Kreisläufe verändert oder Kreisläufe Pflanzen und Tiere gestört werden, hat das erhebliche entwickelt, die in einem existenziellen Konsequenzen. Es können Zusammenhang stehen und sich Veränderungen eintreten, die schwer einander angepasst haben. oder nicht umkehrbar sind. Städte Bra(u)chen Natur - 10
Beispielweise leben bestimmte 2019 seien auf 36 Hektar Waldfläche Insekten im Biotop Trockenrasen, weil sogenannte Rodentizide zur sie aufgrund des Vorkommens Mäusebekämpfung ausgebracht bestimmter Pflanzen genügend worden – bis Ende der 1990er Jahre Nahrung finden. Parallel existieren in seien noch 1.200 Hektar pro Jahr diesem Biotop andere Tiere, die sich betroffen gewesen. Stattdessen setzt von jenen Insekten ernähren. Wird der Forst auf vorbeugende biologische dieser biologische Kreislauf gestört, Bekämpfungsstrategien. Der kann das zum Verschwinden oder zur Fuchsbestand wird nicht reduziert, Überpopulation von Tier- und insbesondere da, wo zur Pflanzenarten führen. Ein bis dahin Wiederaufforstung junge Pflanzen entstandenes Gleichgewicht wäre gesetzt werden. „Kleine Öffnungen in gestört oder sogar dauerhaft den die Jungpflanzen umgebenden geschädigt. Zäunen ermöglichen es Füchsen, auf die Fläche zu kommen, und für Durch die Schaffung oder Erneuerung Greifvögel und Eulen werden hohe vorteilhafter natürlicher Bedingungen Hölzer errichtet“, so Sproßmann. „Von können sich manche Kreisläufe auch dort können die Vögel schnell Mäuse regenerieren: erspähen und sie sich greifen. Und teils „Füchse, Eulen und Greifvögel haben in würden Altbestandsbäume stehen den vergangenen Jahren dazu gelassen, deren Schatten den beigetragen, Thüringens Wäldern Graswuchs verhindere. Ohne Gras wird Mäuseplagen zu ersparen. Die es für die Mäuse ungemütlich. …“ Beutegreifer waren nach Darstellung (Quelle: Thüringer Allgemeine, der Landesforstanstalt ThüringenForst 27.03.2021, S. 1, Fuchs und Eule derart fleißig, dass auch ihretwegen der stoppen Mäuse; *Horst Sproßmann ist Einsatz von Mäusegift im Wald deutlich Sprecher von ThüringenForst) reduziert werden konnte. Von 2017 bis Städte Bra(u)chen Natur - 11
Stadtbäume In Zeiten des Klimawandels werden Stadtbäume immer wichtiger für die Menschen und das Stadtbild, denn Stadtbäume erfüllen viele Funktionen. Also, was machen Stadtbäume eigentlich? Stadtbäume verbessern Bäume produzieren Sauerstoff durch Fotosynthese und verbrauchen dabei CO2. Ein ausgewachsener Baum die Luftqualität: kann an einem Tag Sauerstoff für ca. 50 Menschen herstellen. Laubbäume verdunsten außerdem an heißen Tagen bis zu 400 Liter Wasser und entziehen dadurch Wärme aus der Umgebungsluft. Gerade deswegen werden Bäume in Zeiten des Klimawandels und der globalen Erwärmung immer wichtiger. Stadtbäume spenden Vor allem in heißen Sommern fühlen sich viele Menschen zu Bäumen hingezogen, denn vor Schatten: allem Laubbäume werfen große Schatten. Im Sommer fühlt es sich unter und neben Bäumen kühl und erfrischend an. Stadtbäume filtern Stadtbäume filtern mit ihren Blattoberflächen Grob- und die Luft Feinstäube sowie Stickoxide aus der Atemluft. In Stadtgebieten ohne Bäume ist der Schadstoffgehalt der Luft dreimal höher als in Gebieten mit Bäumen. Städte Bra(u)chen Natur - 12
Stadtbäume mildern Lärm bereitet Stress und Stress ist schlecht für die menschliche Psyche. Durch ihre belaubten Baumkronen Lärm schwächen Bäume Schall ab. Durch das Rascheln der Blätter im Wind können sie Lärmquellen übertönen. Stadtbäume bieten Nistmöglichkeiten und Lebensräume Stadtbäume sind Lebensraum für Vögel, Insekten, Eichhörnchen und Fledermäuse. Je älter ein Baum ist, desto größer wird seine ökologische Bedeutung, besonders für Eichhörnchen. In alten Stadtbäumen finden Eichhörnchen ähnlich viel Nahrung und Baumhöhlen wie in Waldbäumen. Stadtbäume leisten einen großen Beitrag zur Stadtbäume verbessern Stressreduktion beim Menschen, einfach durch ihr die psychische Aussehen und die Farbe ihrer Blätter. Grün ist jene Farbe Gesundheit im Farbenspektrum, die auf Menschen am stärksten beruhigend und entspannend wirkt. Durch das Grün der Bäume und der Natur wird der Mensch angeregt, „Vitamin N zu produzieren“*, welches ein seelisches Wohlgefühl auslöst und erholend wirkt. Stadtbäume verbessern Stadtbäume und Stadtgrün wirken die physische Gesundheit gefäßverjüngend. Sie beugen Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Diabetes vor. Zudem wirkt Stadtgrün blutdrucksenkend. Es gibt Menschen, die sich deshalb jünger fühlen. Städte Bra(u)chen Natur - 13
Wie oben aufgeführt, leisten Stadtbäume einen großen Beitrag zur Verbesserung des Stadtbilds, unserer Lebenserfahrung und Lebensqualität. In Zeiten des Klimawandels ist es somit für uns Menschen wichtig, Bäume zu schützen und ihren Lebensraum zu erweitern. „Planst Du ein Jahr, so säe Korn, planst Du ein Jahrtausend, so pflanze Bäume.“ Chinesische Weisheit * „Vitamin N“ ist eine Wortschöpfung des Autors Richard Louv, bezeichnend die Summe der Wirkungen der Natur auf uns Menschen: Richard Louv: „Das Prinzip Natur. Grünes Leben im digitalen Zeitalter“, Beltz Verlag, 2013, 335 Seiten „Wer sich viel in der Natur aufhält, hat oft auch eine bessere Gesundheit. Forschungsergebnisse zeigen, dass der Aufenthalt im Grünen bei der Bewältigung von Stress hilft, die Ausschüttung von Glückshormonen stimuliert und das Immunsystem ankurbelt. „Vitamin N“ nennt Louv das: „N“ wie Natur. Und dieses Vitamin N hebt die Stimmung, senkt den Blutdruck und kann Fettleibigkeit bei Kindern vorbeugen helfen.“ Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/besser-leben-mit-vitamin-n.950.de.html?dram:article_id=234935 Quellen: www.bund-naturschutz.de/natur-und-landschaft/stadt-als-lebensraum/stadtbaeume/funktionen-von-stadtbaeumen, Zugriff: 14.03.2021 www.bund-naturschutz.de/natur-und-landschaft/stadt-als-lebensraum/stadtbaeume/gesundheitliche-wirkungen-von- stadtbaeumen, Zugriff: 14.03.2021 Städte Bra(u)chen Natur - 14
Siedlungsraum Stadt Die Stadt ist geballter, ständig auf Ausdehnung, Wachstum und Wandlung orientierter Lebensraum. Sie ist geplante Kulturlandschaft, die Natur zwar bedingt zulässt, aber sie auch im eigenen Interesse entfernt oder kultiviert. Hierbei sind fast immer ökonomische Interessen die treibende Kraft, welche den Zweck bestimmt. Sie ist geprägt von großer Bebauungs-, Bevölkerungs- und Industriedichte sowie hohem Verkehrsaufkommen am Rande des Kollapses. Außerdem war und ist sie sozialer Raum und Schmelztiegel von Kultur, Religion und Politik. Städte haben sich in der Geschichte fortwährend verändert und zunehmend mehr Raum eingenommen. Die Stadt Erfurt, eine erstmalige schriftliche Erwähnung des Ortes „Erphesfurt“ stammt aus dem Jahr 742, Blick auf den Erfurter Stadtkern umfasste bei der Errichtung der Stadtmauer im Jahr 1168 ein Gebiet von 133 ha. In den folgenden Jahrhunderten entstanden umfangreiche Vorstädte und im 15. Jahrhundert ein zweiter Befestigungsring. Die nächste große Stadterweiterung war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Folge des Baus der Eisenbahn und der Entfestigung der Stadt. Um 1900 wurden der Flutgraben und städtische Grünanlagen angelegt. Es entstand die Wohnbebauung des Gründerzeitgürtels, Industrieansiedlungen kamen hinzu. In den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vergrößerte sich die Stadt weiter durch die Anlage von Plattenbausiedlungen und den Neubau von Betrieben, in den 90er Jahren folgte der Bau von Bürohäusern, Einkaufszentren und weiteren Wohnhäusern. Im Laufe der Zeit waren Dörfer, die im Ausbreitungsgebiet der Stadt lagen, eingemeindet worden. Städte Bra(u)chen Natur - 15
Durch die 1994 vorgenommene Gebietsreform vergrößerte sich die inzwischen ca. 10.706 ha betragende Fläche der Stadt Erfurt auf ca. 26.908 ha (Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt Erfurt. Erläuterungsbericht. Mai 2005, überarbeitet im März 2006). Das Stadtgebiet umfasst nun nicht mehr nur den zusammenhängend bebauten Raum, sondern auch die im Zuge der Gebietsreform eingemeindeten Ortschaften samt zugehöriger Flurstücke. Die derzeit 26.988 ha Gesamtfläche der Stadt Erfurt enthalten 1.355 ha Wohnbauflächen, 1.413 ha Gewerbefläche, 1.840 ha Verkehrsfläche, 16.456 ha Landwirtschaftsfläche, 4.427 ha Wald- und Grünfläche, sowie weniger umfassende Gemeinbedarfs- und sonstige Flächen, Freizeitanlagen und Gewässer (www.erfurt.de/ef/de/rathaus/daten/zahlen/index.html: Erfurt in Zahlen, Stand 31.12.2019). Veränderungen schlagen sich nun kaum mehr in einer Zunahme der Gesamtfläche der Stadt, sondern im prozentualen Anteil der einzelnen Flächen nieder, im Wesentlichen in einer Verringerung von Landwirtschafts- und sonstigen Flächen und in einer Zunahme von Wohnbau-, Gewerbe- und Verkehrsflächen sowie von Gewässern, Wald- und Grünflächen. Eine Zunahme von Wald- und Grünfläche beruht auf der Renaturierung zuvor intensiv ackerbaulich genutzter Areale durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, zum Beispiel bei Blick auf den Erfurter Domplatz der Wiederherstellung einer naturnahen Auelandschaft der Nesseaue (Umsetzung des LANDSCHAFTSPLANES Erfurt durch Bündelung von AUSGLEICHS- und ERSATZmaßnahmen. 2017. https://www.fh- erfurt.de/lgf/fileadmin/LA/Aktuelles/Tagung_K/Exkursion_1_Nesseaue.pdf). Städte Bra(u)chen Natur - 16
Geschützte Natur Mit den NSGs Schwellenburg, intensiv genutzte Feuchtwiesen, Aspenbusch und Alacher See liegen Trockenrasen und Streuobstwiesen, drei Naturschutzgebiete mit einer sind sowohl laut Gesamtgröße von 132,3 ha im Bundesnaturschutzgesetz als auch Stadtgebiet von Erfurt. Vier Thüringer Naturschutzgesetz Landschaftsschutzgebiete, die, teils unmittelbar geschützt. Derzeit sind ca. vollständig, teils nur in Randbereichen, 350 geschützte Biotope im Stadtgebiet im Stadtgebiet liegen, nehmen 1683,5 Erfurts erfasst ha Fläche ein. Der Schutzstatus dieser (https://www.erfurt.de/ef/de/leben/oeko Gebiete besteht zum größten Teil umwelt/naturschutz/schutzgebiete/biot bereits seit 1939 bzw. den 70er Jahren ope/index.html). Die in des vorigen Jahrhunderts. Dank des unterschiedlicher Form unter Schutz Umwelt- und Naturschutzamtes Erfurt gestellten Flächen überschneiden sich wurden im Stadtgebiet seit 1996 zum Teil. Die Schwellenburg im Norden insgesamt 44 Geschützte Erfurts ist zum Beispiel Landschaftsbestandteile (GLB) mit Naturschutzgebiet und Teil eines FFH- einer Gesamtfläche von ca. 439 ha Gebietes (Eine Auflistung aller GLBs durch Rechtsverordnung endgültig und unter Schutz gestellten Gebiete sichergestellt. Auf der Seite der Stadt findet sich auf Erfurt sind aktuell 36 GLBs mit einer www.erfurt.de/ef/leben/oekoumwelt/nat Gesamtfläche von ca. 380 ha urschutz). Der weitaus größte Teil aufgelistet. Außerdem gehören Teile dieser Flächen liegt außerhalb des des Stadtgebietes zu FFH- (Nach der zusammenhängend bebauten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Bereiches der Stadt. Einige Geschützte Europäischen Union ausgewiesene Landschaftsbestandteile sind aber auch Schutzgebiete) und darin ausgewiesen: Teile des Vogelschutzgebieten. Bestimmte Petersberges, das Gebiet Biotope, unter anderem naturnahe „Dreibrunnen“ im Südwesten der Stadt Fließgewässer einschließlich deren und die Geraaue Gispersleben. Uferböschungen mit Gehölzen, nicht Städte Bra(u)chen Natur - 17
Artenvielfalt in der Stadt Dass in geschützten Landschaftsbereichen viele Tiere und Pflanzen Lebensraum finden, liegt nahe. Was aber zieht viele Arten in den zusammenhängend bebauten Bereich der Stadt? Die Versiegelung von Flächen in der Stadt, wie Straßen, Plätze und Bebauungsstandorte, ist nicht lückenlos. Dazwischen liegen Parks, Grünanlagen, Friedhöfe, Gärten und Brachen sowie Flussläufe und die sie begleitende Vegetation. Zusammen mit alten Mauern, mit begrünten Fassaden und Dächern bilden sie ein vielfältiges Mosaik unterschiedlichster Lebensräume mitten im Häusermeer. Parks, insbesondere mit altem Baumbestand, bieten Vögeln, kleineren Säugetieren und Insekten Lebensraum. An Teichen und entlang von Flussläufen wachsen eine Vielzahl von Pflanzen, in und an Gewässern finden sich Fische, Amphibien, Wasservögel und Libellen, um nur einige zu nennen. Pflanzen sind standortgebunden und damit sichtbar. Ein großer Teil der tierischen Bewohner unserer Stadt bleibt uns dagegen meist verborgen, sei es aufgrund der versteckten, dämmerungs- bzw. nachtaktiven Lebensweise oder wegen ihrer geringen Größe. In Städten gibt Tiere in der Stadt: Eichhörnchen es, im Gegensatz zu intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umland, weder Monokulturen auf riesigen Feldern noch flächendeckenden Pestizideinsatz. Die Temperaturen im bebauten Raum sind höher als auf dem Land, das macht ihn für wärmeliebende Arten attraktiv. Bezüglich ihrer Nahrung weder spezialisierte noch besonders wählerische Tiere finden in der Stadt jederzeit einen gedeckten Tisch. Und schließlich entfällt auch der Jagddruck, so dass sich zunehmend auch größere Säugetiere in Städte Bra(u)chen Natur - 18
der Stadt heimisch fühlen. Füchse haben sich in vielen Städten inzwischen fest etabliert. Im vergangenen Jahr wurden Rehe in der Geraaue gesichtet, Anfang diesen Jahres liefen Wildschweine durch Gärten nahe dem Steigerwald (Dazu gab es mehrere Meldungen in der Presse, u.a.: https://www.thueringen24.de/erfurt/article230888540/Erfurt-Ungewoehnlicher- Anblick-mitten-in-der-City-Stadt-mit-eindringlicher-Warnung-Fassen-Sie-es-nicht-an- Reh.html, https://www.thueringer-allgemeine.de/regionen/erfurt/neunkoepfige- wildschweinrotte-auf-morgenvisite-in-erfurter-wohngebiet-id231573147.html). Kleinere Säuger wie Wildkaninchen und zunehmend auch Feldhasen sind im Stadtbild vertraut, andere wie Marder, Ratten und Mäuse werden eher durch ihr Wirken sichtbar, Igel und Fledermäuse können bei Abendspaziergängen beobachtet werden. Nicht nur einheimische Tiere haben sich den Lebensraum Stadt erobert. Zahlreiche eigentlich in anderen Teilen der Welt beheimatete Arten sind vom Menschen, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, nach Europa gebracht worden. Am bekanntesten sind vermutlich die Waschbären, 1934 erstmals in Hessen ausgesetzt, um „die heimische Fauna zu bereichern“ (https://de.wikipedia.org/wiki/ Waschbär), und inzwischen in weiten Teilen Deutschlands verbreitet. Auch andere, als Ziergeflügel oder Pelztiere nach Europa gebrachte Arten haben sich hier nach ihrer Befreiung oder Flucht aus menschlichem Gewahrsam einen Platz erobert. Im Zuge von Reiseverkehr und globalem Handel landen immer wieder Pflanzen und Tiere als blinde Passagiere in unseren Städten und wählen diese, da häufig aus wärmeren Gefilden stammend, zum bevorzugten Aufenthaltsort. Tiere in der Stadt: Hausrotschwanz Städte Bra(u)chen Natur - 19
Neben Säugetieren teilen sich unzählige weitere Arten den Lebensraum Stadt mit dem Menschen. Amseln, Kohl- und Blaumeisen, ursprünglich im Wald beheimatet, Kulturfolger wie Turmfalke und Sperling, Stadttauben, die verwilderten Nachkommen von aus der Felsentaube gezüchteten Haus- und Brieftauben, und viele andere Vögel sind aus unseren Städten längst nicht mehr wegzudenken. Für den Hausrotschwanz, ursprünglich Fels- und Blockhaldenbewohner in Gebirgen, stellen in Europa Siedlungen inzwischen den wichtigsten Lebensraum dar (Armin Landmann. Der Hausrotschwanz. Vom Felsen zum Wolkenkratzer –Evolutionsbiologie eines Gebirgsvogels. Wiesbaden 1996, S. 45). Er benötigt blockige, nischenreiche Areale und übersichtliche Freiflächen ohne geschlossenen Baumbestand. Beides findet er im urbanen Bereich. Mit dem Bau immer ausgedehnterer und in die Höhe wachsender Städte entstanden für einige Arten geeignete Biotope: Kunstfelsen mit Nischen und Höhlungen. Mit der Sanierung alter Gebäude und der abgeriegelten Bauweise neuer Häuser wird aber nun der einst geschaffene Lebensraum knapp, Mauersegler und Fledermäuse zum Beispiel bedürfen der Winkel und Unterschlüpfe für Nistmöglichkeiten und Kinderstube. Die Stadt Erfurt trägt dem mit einem Artenschutzprogramm für gebäudebewohnende Vögel und Fledermäuse im Siedlungsbereich der thüringischen Landeshauptstadt Rechnung. „Bislang wurden im Stadtgebiet von Erfurt an öffentlichen und privaten Bauwerken mehr als 600 künstliche Nist- und Quartiermöglichkeiten geschaffen, darunter 250 Fledermausquartiere, 250 Nisthilfen für Mauersegler, 70 Nisthilfen für Schleiereulen, Turm- u. Wanderfalken sowie Dohlen [und] 40 Nisthilfen für Singvögel.“ (https://www.erfurt.de/ef/de/leben/oekoumwelt/naturschutz/artenschutz/index.html) Die Anzahl der Arten, die unsere Städte bevölkern, geht in die tausende (Stefan Ineichen/Bernhard Klausnitzer/Max Ruckstuhl (Hrsg.). Stadtfauna. 600 Tierarten unserer Städte. Bern 2012, S. 23. Die Autoren gehen von einer Größenordnung der in der Stadt lebenden Tierarten von 12000 bis 16000 Arten aus). Neben Pflanzen, Pilzen und Flechten leben zahlreiche Wirbellose und Wirbeltiere im urbanen Raum, der weitaus größte Teil davon sind kleine und winzige Arten, wie zum Beispiel Fadenwürmer und Milben. Das Mosaik von Lebensräumen in der Stadt ist vielfältig. Es finden sich sowohl sehr trockene als auch feuchte Biotope, Kiesflächen und Areale mit tiefgründigen Böden. Das ermöglicht eine Ansiedlung von Pflanzen und Tieren mit teils sehr Städte Bra(u)chen Natur - 20
unterschiedlichen Lebensansprüchen auf engem Raum, unter ihnen gefährdete Arten, die hier eine Nische finden. Brachfallende Flächen werden neu besiedelt, lange bestehende Parkanlagen und Friedhöfe bilden möglicherweise Refugien für Arten, die dort bereits einzogen, als die Ausmaße der Bebauung um sie herum noch wesentlich geringer waren. Angesichts schwindender Lebensräume aufgrund von Flächenversiegelung und ausgeräumten Agrarlandschaften gewinnen diese Nischen in der Stadt, gerade für den Erhalt gefährdeter Arten, zunehmend an Bedeutung. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist Lebensgrundlage für uns Menschen. Pflanzen sind Nahrungs- und Sauerstofflieferanten und ermöglichen so unsere Existenz. Große Bäume mit entsprechendem Blattwerk beeinflussen positiv das Klima in der Stadt. Grün in der Stadt hat Erholungswert und macht diese lebenswerte, vielfältige Flora und Fauna ermöglichen Naturerfahrung direkt vor der Haustür. Einmal versiegelte Flächen müssen dies nicht für immer bleiben. Wie sich grüne Inseln auch in gewerblich genutzten Arealen schaffen lassen, zeigt die von 2013 bis 2016 vom Wissenschaftsladen Bonn unter dem Motto „Natur in graue Zonen“ durchgeführte Kampagne zur Entsiegelung und naturnahen Begrünung innerstädtischer Gewerbeflächen. Die Stadt Erfurt zählte zu den drei an dem Projekt beteiligten Modellstädten. Kooperationspartner war die BürgerStiftung Erfurt. Ziel war es, mit einfachen Mitteln, mehr Natur in die Stadt zu bringen (https://www.wilabonn.de/abgeschlossene-projekte/374-natur-in-graue-zonen.html). „Natur in graue Zonen“ wurde als Jahresprojekt 2016 der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet. Im Rahmen dieses Projektes wurden unter anderem Flächen der KOWO und der WBG Erfurt, der gemeinsame Hof von Volkshochschule und Schotte sowie Teile des Geländes um die Kletterhalle Nordwand entsiegelt und begrünt. Städte Bra(u)chen Natur - 21
Brachflächen Für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität in der Stadt kommt, neben dem Vorhandensein lange bestehender Grünstrukturen, insbesondere Brachen eine große Bedeutung zu. Auf zeitweise vom Menschen nicht oder nur wenig genutzten und nicht Blick auf Erfurt, Februar 2019 vollständig versiegelten Flächen siedeln sich, je nach der Beschaffenheit des Untergrundes, unterschiedliche Pflanzen und Tiere an. Es entsteht ein Stück Wildnis, das immer mehr Arten geeigneten Lebensraum bietet. Häufig wird dieser Wildwuchs jedoch irgendwann als störend empfunden und beseitigt oder umgestaltet. Die Lebensbedürfnisse vieler Arten sind jedoch nicht deckungsgleich mit den Ordnungsvorstellungen vieler Menschen. Für die Lösung des sich daraus ergebenden Konfliktes bedarf es daher kreativer Lösungen, die den Ansprüchen beider Seiten gerecht werden. Die Stadt Erfurt unterstützt die Zwischennutzung von Brachen, entscheidend ist jedoch die Umsetzung eigener Ideen durch engagierte Einwohner*innen. Projekte wie die LAGUNE in der Krämpfervorstadt und der Interkulturelle Gemeinschaftsgarten Erfurt Paradies in Ilversgehofen zeigen, dass es möglich ist, auf solchen Flächen Orte sozialer Begegnung, verbunden mit ökologischem Gemüseanbau, Kultur und Umweltbildung, zu gestalten und dabei der gewachsenen Stadtnatur und Artenvielfalt Raum zu lassen. Allzu oft verschwinden Wildwuchs-Refugien durch radikale Umgestaltung, die dem, was sich dort angesiedelt hat, kaum Chancen zum Überleben lässt, anstatt dem Erhalt von Biodiversität in der Stadt zu dienen und als Erholungs- und Lernorte genutzt zu werden. Oder es entsteht flächendeckende Bebauung und verändert so das Bild unserer Stadt. Städte Bra(u)chen Natur - 22
Insekten in der Stadt In den vergangenen Jahren rückte das nicht übersehen zu werden, zum Thema Insektensterben zunehmend in Beispiel Tagfalter. Für eine den Blick der Öffentlichkeit. Insekten Einschätzung der Zu- oder Abnahme sind überaus wichtig für die der Anzahl von Arten bedarf es daher Ökosysteme unserer Erde. Sie räumen einer möglichst genauen und vor allem den Boden auf und tragen zur langfristigen Bestandsaufnahme. Bodenfruchtbarkeit bei, sie sind Für einige Insektenfamilien liegen Nahrung für Vögel, Fledermäuse, Veröffentlichungen (Fauna des Eidechsen und viele andere Tiere. Stadtgebietes von Erfurt) über ihr Ohne die Bestäubungsleistung von Vorkommen im Stadtgebiet vor, zum Insekten würde uns die Nahrung Beispiel für Widderchen (Zygaenidae), ausgehen, bestäuben sie doch 90 Prachtkäfer (Buprestidae) und Prozent aller Blütenpflanzen weltweit Bockkäfer (Cerambycidae). Diese und 75 Prozent aller wichtigen zeigen einen Rückgang der Anzahl von Nutzpflanzen. Arten auf. Die Einstufung der Gefährdungen von Arten erfolgt aufgrund ihrer Bestandsentwicklung. Insekten sind meist klein und haben häufig eine hohe Fluchtdistanz, das heißt, sie lassen sich beim Näherkommen eines Menschen in die Krautschicht fallen, rennen weg oder fliegen eilends davon. Aufgrund ihrer geringen Größe sind sie dann, im Gegensatz zu großen Tieren, nur selten sicher zu bestimmen. Sie leben häufig Glänzende Blütenprachtkäfer, Anthaxia nitidula, 28.06.17, Gemeinschaftsgarten Erfurt Paradies versteckt oder außerhalb unseres Widderchen oder Blutströpfchen sind Blickfeldes, wie etwa in den Wipfeln der relativ kleine, zu den Nachtfaltern Bäume. Auffällig sind vor allem gehörende, jedoch tagaktive diejenigen, die uns manchmal lästig Schmetterlinge. Zu ihnen zählen Arten werden, wie Mücken, Fliegen und mit schwarzen Vorderflügeln mit roten Wespen, oder solche, die bunt und vor Flecken darauf und solche mit oftmals allem groß genug sind, um von uns Städte Bra(u)chen Natur - 23
metallisch schimmernden Häufig deutlich kleiner als Tagfalter, Vorderflügeln (Grünwidderchen). Im dabei aber äußerst vielfältig, sind Käfer. Stadtgebiet von Erfurt sind insgesamt Prachtkäfer gehören zu den schönsten 15 Arten bekannt (Andreas Heuer & Insektenarten, sie besitzen alle eine Karl Göhl. Fauna des Stadtgebietes von mehr oder weniger deutliche Erfurt, Teil VII: Widderchen. VERNATE metallische Färbung. Die meisten der 39/2020, S. 169 - 197). Von diesen bei uns heimischen Prachtkäfer-Arten gelten sechs Arten als verschollen oder weisen jedoch nur eine geringe Größe ausgestorben, da es von ihnen keine auf (meist um 5 – 11 mm) und werden neueren Funde gibt, vier davon wurden somit von vielen Menschen übersehen. nach 1950 nicht mehr beobachtet, die Der weitaus größte Teil der Prachtkäfer beiden anderen zuletzt in den Jahren entwickelt sich an Bäumen, einige 1995 bzw. 1996. Da der weitaus größte wenige Arten kommen an Kräutern oder Teil der Beobachtungsdaten aus der Gräsern vor. Viele von ihnen sind auf Zeit nach 1990 stammt, ist es sehr bestimmte Pflanzenarten oder - unwahrscheinlich, dass die gattungen spezialisiert. Ca. 70 % der in entsprechenden Arten aktuell einfach Deutschland heimischen übersehen wurden. Nur vier der holzbewohnenden Prachtkäferarten insgesamt 15 Arten können als weit leben an Laubgehölzen. Sie sind verbreitet und ungefährdet eingestuft wärme- und sonnenliebend und werden. Widderchen sind sehr besiedeln vorrangig Bäume mit Alt- und standorttreu und flugschwach, im Totholzanteil. Gegensatz zu manchen Tagfaltern sind sie keine Langstreckenflieger. Wenn Der 2012 erschienene Teil IV der Fauna Landschaften durch großflächige des Stadtgebietes von Erfurt behandelt artenarme Ackerflächen geprägt die Prachtkäfer (Matthias Hartmann. werden und für Widderchen geeignete Fauna des Stadtgebietes von Erfurt, Lebensräume darin nur als kleine Teil IV: Prachtkäfer. VERNATE isolierte Inseln bestehen, kann jede 31/2012, S. 399-427). Im Zeitraum von Veränderung dieser Habitate ein 1843 bis 2012 wurden 36 Arten von Erlöschen der Population bewirken. Prachtkäfern im Stadtgebiet Neben dem Erhalt der Lebensräume ist nachgewiesen, davon 13, also über ein also auch die Schaffung von Drittel, zuletzt vor über 80 Jahren. Von Verbindungen zwischen geeigneten den zu den Prachtkäfern vorliegenden Landschaftsbestandteilen, also ein Daten stammen knapp ein Drittel aus Biotopverbundsystem, zur Erhaltung der Zeit bis 1934, reichlich zwei Drittel der Artenvielfalt notwendig. Städte Bra(u)chen Natur - 24
wurden von 1990 bis 2012 gesammelt. VERNATE 38/2019, S. 225-285 und Im dazwischenliegenden Zeitraum von 39/2020, S. 353 - 380). Wie bei den 1935 bis 1989 wurden nur sehr wenige Prachtkäfern, lebt der überwiegende Prachtkäfer erfasst. In Thüringen Teil der Bockkäfer an Gehölzen, wurden bisher 66 Prachtkäfer-Arten zumeist in Totholz, und nur bei einem nachgewiesen, von diesen wurden in geringen Anteil entwickeln sich die der Roten Liste Thüringens (Thüringer Larven in krautigen Pflanzen. Dem Landesanstalt für Umwelt und Geologie entsprechend sind ihre Lebensräume (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten unterschiedlichste Biotope mit Tier- und Pflanzenarten, Gehölzen sowie, für die krautige Pflanzgesellschaften und Biotope Pflanzen bewohnenden Arten, Thüringens. Jena 2011, S. 225-228) 50 halbtrockene und trockenwarme % als mindestens gefährdet eingestuft, Grasländer. Von 104 einheimischen davon gelten 14 als verschollen oder Bockkäferarten, die von 1843 bis 2020 ausgestorben. Von zwei der im nachgewiesen wurden, sind 45 Arten Stadtgebiet schon lange nicht mehr seit 2000 und davon 35 schon seit 1953 aufgefundenen Arten fehlen auch nicht mehr gefunden worden. Die thüringenweit aktuelle Nachweise. aktuelle Situation ist ähnlich der der Neun der im Stadtgebiet bekannten Prachtkäfer: über ein Drittel der Arten Arten sind in der Roten Liste muss als verschollen oder Thüringens mit den Kategorien 1 bis 3 ausgestorben eingestuft werden, auch als gefährdet (Gefährdungskategorien: wenn es gelegentlich Wiederfunde, wie 0 – Ausgestorben oder verschollen, 1 – 2020 den des Rotköpfigen Linienbocks Vom Aussterben bedroht, 2 – Stark (Oberea erythrocephala) nach 56 gefährdet und 3 – Gefährdet) Jahren auf der Schwellenburg, geben eingestuft, davon wurden sechs nur kann. Auch wenn die Fauna der lange zurückliegend nachgewiesen und Bockkäfer im Stadtgebiet mit 58 auch müssen somit als in Erfurt nach 2000 im Stadtgebiet gefundenen ausgestorben oder verschollen Arten sehr artenreich ist, so sind doch eingestuft werden. viele Spezialisten inzwischen verschwunden. Teil VI der Fauna des Stadtgebietes von Erfurt widmet sich den Bockkäfern (Andreas Weigel & Matthias Hartmann. Fauna des Stadtgebietes von Erfurt, Teil VI: Bockkäfer 1. und 2. Teil. Städte Bra(u)chen Natur - 25
insbesondere für spezialisierte Arten wichtiger Lebensraum. Während die Schutzgebiete und Geschützten Landschaftsbestandteile sehr gut erforscht sind, wurden die meisten Parks und anderen innerstädtischen grünen Bereiche bisher nicht systematisch untersucht. Das Beispiel des Interkulturellen Kirschprachtkäfer, Anthaxia candens, 9.5.2018, Gemeinschaftsgartens Erfurt Paradies Gemeinschaftsgarten Erfurt Paradies, Vorwarnliste RLT in der Metallstraße zeigt, dass auch Pracht- und Bockkäfer können als inmitten des bebauten Bereiches eine Indikatoren für eine gesunde hohe Artenvielfalt bestehen kann, Waldstruktur und ein reiches vorausgesetzt, ihr wird der notwendige Totholzangebot herangezogen werden. Raum gelassen. Wichtige Lebensräume für sie sind Im Gemeinschaftsgarten konnten seit naturnahe Waldflächen, 2012, neben vielen weiteren Insekten, Streuobstwiesen, Parkanlagen und alte 11 Bockkäferarten sowie mindestens 6 sonnenbeschienene Bäume an Prachtkäferarten beobachtet werden, Straßenrändern, wichtige Refugien im darunter auch drei auf der Roten Liste Stadtgebiet von Erfurt sind Thüringens 2011 stehende. Schutzgebiete und Geschützte Landschaftsbestandteile. Da beide Käferfamilien ähnliche Lebensraumansprüche haben, gleichen sich auch die Ursachen ihrer Gefährdung: Lebensraumvernichtung durch Versiegelung der Landschaft, Verkehrsneubauten, Abholzen von Alleebäumen und alten Bäumen in Parks und entlang von Flussläufen, Totholzberäumung, die Beseitigung von Schwarzhörnige Walzenhalsbock, Phytoecia nigricornis, alten Obstplantagen sowie überzogene 23.5.2018, Gemeinschaftsgarten Erfurt Paradies, RLT3 Baumpflege-Maßnahmen zur Verkehrs- und Wegesicherheit. Großbäume mit hohem Alt- und Totholzanteil sind Städte Bra(u)chen Natur - 26
Die im Gemeinschaftsgarten spezialisiert und von deren Vorkommen beobachteten Insekten wurden bisher abhängig. ausschließlich fotografisch Inmitten der Stadt Erfurt gibt es einen dokumentiert. Eine genaue Ort mit einer sehr reichen Bestimmung der jeweiligen Art ist damit Wildbienenfauna – den Petersberg. bei weitem nicht immer möglich. Die zahlreich vertretenen Wildbienen zum Beispiel lassen sich so meist nur bis zur Gattung bestimmen, vorausgesetzt die dafür notwendigen Merkmale sind auf dem Foto erfasst. Wildbienen haben eine enorme Bedeutung für die Bestäubung von Blütenpflanzen. In Deutschland gibt es über 560 Arten, die meisten von ihnen Sandbiene, Andrena haemorrhoa sind Einzelgänger und leben solitär. Der Petersberg ist mit mehr als 10 ha Neben einem entsprechenden unversiegelter Offenlandfläche, 3 ha Blütenangebot benötigen die Gehölzfläche und weitreichenden Brutfürsorge treibenden Bienenarten Mauern der artenreichste Lebensraum geeignete Nistmöglichkeiten. Das im Innenstadtgebiet von Erfurt. können zum Beispiel, je nach Art, Aufgrund dieser Vielfalt inmitten des vegetationsarme Flächen, Häusermeeres ist er von überregionaler Abbruchkanten, Steilwände, Bedeutung. In Vorbereitung der Trockenmauern, markhaltige Stängel Bundesgartenschau 2021 wurde der oder Käferfraßgänge in Totholz sein. Petersberg einer ökologischen Einige bevorzugen bereits vorhandene Untersuchung unterzogen. 2018 Hohlräume, diese können mit dem wurden dabei 122 Hautflügler-Arten, Aufstellen von Nisthilfen, den darunter 90 Wildbienen- und 29 sogenannten „Insektenhotels“, Wespenarten, nachgewiesen. 16 der unterstützt werden. Unter den Wildbienenarten stehen auf der Roten Wildbienen gibt es, neben den Liste Thüringens (Frank Creutzburg & nestbauenden Arten, parasitisch Matthias Hartmann. Beiträge zur lebende. Diese Kuckucksbienen legen Hymenopterenfauna des Petersberges ihre Eier in fremde Nester, sie sind auf in Erfurt (Landeshauptstadt Thüringen). eine oder mehrere Wirtsarten Städte Bra(u)chen Natur - 27
VERNATE 39/2020, S.381-394). Das Naturschutz und nicht allein an Vorhandensein naturnaher Flächen, funktionalen und ästhetischen vegetationsfreier Bereiche, steiler Aspekten orientiert, damit dieser Böschungen, zahlreicher Mauerfugen, Artenreichtum erhalten bleibt. Die von Totholz sowie eine reichhaltige Autoren der beiden Veröffentlichungen Vegetation ermöglichten diese Vielfalt. geben ausführliche Anregungen zu Bei einer von 2016 bis 2020 erfolgten einem möglichen Pflegekonzept nach Untersuchung der Flora wurden 330 der Buga und zu Maßnahmen für den Farn- und Blütenpflanzenarten erfasst Erhalt des Artenreichtums auf dem (Henryk Baumbach. Die Flora des Petersberg. So sollte zum Beispiel die Petersberges in Erfurt Mahd der Grünflächen in kleineren (Landeshauptstadt Thüringen). Einheiten und möglichst nicht mehr als VERNATE 39/2020, S. 47-80). Seitdem einmal im Jahr erfolgen. Ein häufigeres fand eine umfangreiche Umgestaltung Mähen ist nur bei stark durch Besucher des Petersberges für die Buga 2021 frequentierten Flächen notwendig. Das statt. Es bleibt zu hoffen, dass dabei würde sowohl den Pflegeaufwand ausreichend vielfältige Strukturen senken als auch die Artenvielfalt bestehen geblieben sind und sich die fördern. weitere Nutzung vor allem auch am Lebensraum Stadt Im Vorfeld der Bundesgartenschau hat sich in Erfurt vieles verändert. Das ega- Gelände und der Petersberg wurden umgestaltet. Und auch in der nördlichen Geraaue fanden großflächige Arbeiten statt. Ziel war es dort, auf einer Länge von ca. fünf Kilometern – vom Nordpark bis zum Kilianipark – bereits bestehende Grünanlagen zu erweitern, aufzuwerten und durch neue Parkanlagen zu einem großen, zusammenhängenden Landschaftspark zu verbinden. Das Wohnumfeld in den Stadtteilen Rieth, Moskauer Platz und Berliner Platz soll damit dauerhaft aufgewertet werden (https://www.erfurt.de/ef/de/leben/planen/efre/staedtebauliche- aufwertung/130395.html). Nördlich der Straße der Nationen erfolgte der Rückbau des Wehrs Teichmannshof zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Gera gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie. Es entstand dort außerdem ein rund 10.000 m² großer Teich Städte Bra(u)chen Natur - 28
(https://www.erfurt.de/ef/de/leben/planen/efre/staedtebauliche- aufwertung/133902.html). Mit der Renaturierung von Marbach, Mühlgraben und Geraaue nördlich der Straße der Nationen unter Einbeziehung der Fläche des ehemaligen Heizwerkes wurden neue Naturräume geschaffen, die Artenvielfalt ermöglichen und Gelegenheit zu Erholung und Naturerfahrung bieten. Dort, wo einst das Klärwerk war und nachfolgend eine wild bewachsene Brachfläche, entstanden ein Zugang zum Fluss mit Terassenufer sowie ein Picknickplatz und ein Spielplatz. Eine 1.000 Quadratmeter große Wiesenfläche soll zum wertvollen Lebens- und Nahrungsraum für Bienen und Insekten werden (https://www.erfurt.de/ef/de/service/aktuelles/pm/2021/138090.html). Nördliche Geraaue, Erfurt Neue Bäume und Sträucher wurden gepflanzt. Zwei alte Schwarzpappeln durften bleiben, der größte Teil des Wildwuchses musste jedoch der neuen Anlage weichen. Entlang des grünen Bandes an Gera und Flutgraben haben auch unsere tierischen Mitbewohner die Möglichkeit, sich auszubreiten. Und zurückzukehren an Orte, wo es vor kurzem noch Wildwuchs und damit Nischen für sie gab. Denn jede großräumige Umgestaltung beinhaltet auch, dass alles, was nicht mobil genug ist, um sich beim Erscheinen der Bagger in Sicherheit zu bringen, der Neugestaltung zum Opfer fällt. Ob auch Spezialisten zukünftig eine Chance bekommen, wird sich zeigen. Welche Lebensräume etwa vorrangig Totholz bewohnende Arten brauchen und was zu ihrer Städte Bra(u)chen Natur - 29
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