BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation

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BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
71. Jahrgang ∙ 3/4 2019

 Kurier
    Informationszeitschrift des BDH

Wende
                                             Sonderbeilage
                                              Forum BDH
                                                 2019

in der
Pflege
Seite 3

BDH                                              Rechts-
gegen                                            beratung
Kinderarmut                                      im BDH
Seite 11                                         Seite 16
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Aus dem Inhalt                               Grußwort
                                             Liebe Mitglieder und Freunde des BDH,
                                             unserem BDH stehen bedeutsame Ereignisse bevor. Wir stehen
                                             kurz vor der Übernahme des Bruder-Klaus-Krankenhauses in
Aktuelles                                    Waldkirch, das dann BDH-Klinik Waldkirch heißen soll. Gemein-
Wende in der Pflegepolitik               3   sam mit unserer nur 12 Kilometer entfernten BDH-Klinik Elzach
                                             wird sie eine gewichtige Rolle in der südbadischen Gesundheitslandschaft spielen.
Debatte über Hartz IV                    5   Dazu passt sehr gut, dass unser Kreisverband Freiburg in Waldkirch seit Anfang
                                             Februar jede Woche mit sehr großer Resonanz qualifizierte Beratung im Sozial-
●●●                                          recht anbietet.
                                             Denn als Sozialverband stehen wir seit fast 100 Jahren für Rat, Hilfe, Unterstüt-
BDH-News                                     zung und kompetente Vertretung. Die vermeintlich unbegrenzte Verfügbarkeit
BDH gegen Kinderarmut                   11   von Information im Netz hat eine Kehrseite: Wer alles finden kann, findet nichts.
                                             Qualifizierte Informationen stehen neben blankem Unsinn. Wer sich nur aufs Netz
                                             verlässt, ist verlassen.
                                             Deshalb kann und sollte jeder Kreisverband Beratungen anbieten! Unser flächen-
                                             deckendes Beratungsangebot wächst; im Wochentakt kommen neue Veranstaltun-
                                             gen dazu. Unser neues Forum BDH 2019, das Sie in der Heftmitte finden, bietet
                                             gleich neun Veranstaltungen zur Beratung im Kreisverband, die vielen unserer
                                             Mitglieder die Angst vor dem Beraten nehmen werden. Denn Beraten heißt erst
                                             einmal: Zuhören! Hören Sie also zu, lernen Sie von den betroffenen Mitgliedern,
                                             die unsere Hilfe suchen und greifen Sie jederzeit auf die Kompetenz Ihres BDH
                                             zurück, wenn Sie selbst Unterstützung brauchen.
                                             Und ja, auch der BDH nutzt die Chancen, die Internet, Social Media & Co. bieten.
                                             In diesem Kurier präsentiert sich unser neuer Kreisverband „BDH digital“, der kei-
●●●                                          nen festen Standort mehr hat, äußerst selbstbewusst. Und das ist gut so!
                                             Selbstbewusst tritt der BDH auch sozialpolitisch auf. Wir haben die Gesundheits-
BDH-Kliniken                                 minister der Länder zu einem klaren „Ja“ zur flächendeckenden Schlaganfallver-
Neues aus dem BDH                       12   sorgung in Deutschland gedrängt und wir werden auch weiterhin keine Einschnitte
                                             in Strukturen dulden, die wir selbst über Jahrzehnte mit aufgebaut haben. Auch
●●●                                          in Zukunft werden wir den Finger in Wunden legen, die offensichtlich sind. Ein
                                             Beispiel dafür ist der Beitrag unserer Bundesgeschäftsführerin Luitgard Lemmer in
Sozialrecht                                  diesem Heft, mit dem wir eine lose Folge von Fachartikeln im BDH-Kurier eröffnen.
BDH-Rechtsfälle in der Praxis           16   Es grüßt Sie herzlich
                                             Ihre
●●●                                          Ilse Müller
                                             Bundesvorsitzende des BDH
Jugendseite                             18   Bundesverband Rehabilitation
●●●

Aus der Presse                          19
                                                                                                      Redaktion und Anzeigenschaltung:
                                                                                                      Thomas Kolbe
●●●                                                                                                   Sitz: 53119 Bonn, Lievelingsweg 125,,
                                                                                                      Telefon: 0228/96984-0, Telefax: 0228/96984-99,
BDH –                                                                                                 E-Mail: t.kolbe@bdh-reha.de, www.bdh-reha.de
                                                                                                      Druck und Vertrieb:
Land und Leute                          21           Impressum
                                                                                                      DCM Druck Center Meckenheim GmbH
                                                                                                      Werner-von-Siemens-Str. 13, 53340 Meckenheim,
                                                                                                      Erscheinungsweise: Sechsmal im Jahr
                                                     Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt    Fotonachweis:
                                                     (Chefredaktion):                                 BDH Bundesverband Rehabilitation, BDH-Klinik
                                                     BDH Bundesverband Rehabilitation                 Elzach, BMEL/Janine Schmitz/photothek.net,
                                                     Sitz: 53119 Bonn, Lievelingsweg 125,             Hans-Böckler-Stiftung
                                                     Telefon: 0228/96984-0, Telefax: 0228/96984-99,
                                                     E-Mail: info@bdh-reha.de, www.bdh-reha.de        Der Kurier als Bundesorgan des BDH wird allen
                                                                                                      Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft ohne
                                                     Bankverbindungen:                                Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr
                                                     Bank für Sozialwirtschaft                        geliefert (kostenloser Bezug des BDH-Kuriers ist im
Titelbild: Die Neurointensivwochen am                Konto-Nr. 1180800, BLZ 37020500                  entrichteten Mitgliedsbeitrag enthalten – (»mittel-
Standort Gengenbach des                              IBAN DE44370205000001180800
                                                     BIC BFSWDE33XXX
                                                                                                      barer Bezugspreis«). Die mit Namen gezeichneten
                                                                                                      Artikel geben nicht immer die Auffassung des
BDH-Therapiezentrums Ortenau                         Sparkasse KölnBonn                               Bundesvorstandes wieder. Unverlangt eingesandte
                                                                                                      Manuskripte werden zurückgesandt, sofern Porto
sind eröffnet (S.14). BDH-                           Kto.-Nr. 14850069, (BLZ 37050198)
                                                                                                      beiliegt.
Bundesvorsitzende Ilse Müller                        IBAN DE15370501980014850069
                                                     BIC COLSDE33                                     Die Chefredaktion behält sich Änderungen und
beobachtet die Fortschritte von                      Bank für Sozialwirtschaft
                                                                                                      Kürzungen der Manuskripte, Briefe u. ä. auch der
                                                                                                      aus den Kreisverbänden zugestellten Beiträge, vor.
Bundesschatzmeisterin Marlies                        Spendenkonto-Nr. 250 250, BLZ 37020500
                                                     IBAN DE51370205000000250250                      Redaktionsschluss:
Kirberger am Crosstrainer NuStep.                    BIC BFSWDE33XXX                                  jeweils der 1. eines ungeraden Monats
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Pflegepolitik

••• Die Zeitenwende

                                                                                                                            Aktuelles
               ist längst da
               Zahlenspiele können Verwirrung stiften. Stehen hinter den Zahlenkolonnen der Statistiker
               Menschen, und das ist nicht selten der Fall, bewegen wir uns auf dünnem Eis. Glaskugelleser
               prognostizieren der Pflegewirtschaft in wenigen Jahren einen Arbeitskräftemangel von über
               300.000 Mitarbeitern. Ob mit oder ohne Glaskugel: Der Handlungsbedarf ist unbestritten!

Allen wilden Zahlenspielen zum           dämmen. Sie lagen hierzulande zu-       zu gestalten und, auf die Pflege be-
Trotz ist eines klar: Die Zahl der       letzt über 1.800 Euro im Monat!         zogen, weiter daran zu arbeiten,
Pflegebedürftigen steigt. Sie steigt                                             dass junge Menschen eine berufli-
sogar rasant, von gegenwärtig etwa       Alles fabuliert von besseren Bedin-     che Perspektive in einer Branche
3,2 Millionen auf bald fünf Millionen.   gungen für die Pflege. Dann heißt       sehen, die mehr ist als ein „Job“:
Selbst wenn mehr als Zweidrittel         es immer, man dürfe die Pflegen-        Pflegearbeit bringt Generationen
der Pflegebedürftigen daheim von         den nicht vergessen und müsse           zusammen, sie lehrt Menschlich-
Angehörigen betreut werden, müs-         pflegenden Angehörigen „unter die       keit. Bessere Betreuungsschlüssel
sen die Kapazitäten ambulanter           Arme greifen“. Das alles ist richtig    und monetäre Perspekti-
und stationärer Pflegedienste in er-     und es stimmt, dass sich die Politik    ven bleiben den-
heblichem Maße ausgebaut wer-            unter dem wachsenden Druck einer        noch funda-
den. Das wird viele Milliarden kos-      alternden Gesellschaft spürbar be-      mentale Vor-
ten. Hätte man doch gehandelt, als       wegt. Eine alternde Gesellschaft ar-    aussetzungen,
noch Zeit war, möchte man am             tikuliert andere Bedürfnisse als eine   um in der Pfle-
liebsten sagen. Doch der Konjunk-        juvenile Bürgerschaft, die naturge-     ge auch wirt-
tiv schafft keine Veränderung, wir       mäß andere Prioritäten setzt. Und       schaftlich Fuß
müssen den eingeschlagenen Weg           es ist auch klar, dass der Staat als    fassen zu kön-
weitergehen. Und dieser weist in         wichtigster Akteur in der Pflege        nen und den Be-
die richtige Richtung: 13.000 neue       nicht nur eine Schiedsrichterfunkti-    reich auf die Zeit
Stellen in der Pflege sollen nun be-     on wahrnimmt, die Interessen von        schrumpfender
setzt werden und Pflegebedürftige        Kranken, Pflegenden, Angehörigen,       Arbeitskräftezah-
erhalten künftig einen leichteren        Häusern, Versicherungen und Bei-        len vorzuberei-
Zugang zu Reha-Leistungen.               tragszahlern in eine stabile Balance    ten. Die Bundes-
Grundsätzlich sind sich auch alle ei-    zu bringen. Er ist selbst Teil dieses   regierung handel-
nig, dass es eines Jobwunders im         komplexen Kräftefeldes, tritt als       te zum Jahres-
Pflegesektor bedarf, um den wach-        Versicherung auf, betreibt öffentli-    wechsel        und
senden Pflegebedarf abdecken zu          che Pflegeheime und finanziert Tei-     schob den Pflege-
können. Und im Care-Bereich soll-        le von Forschung und Lehre in die-      beitragssatz um
ten wir uns nicht mit halbgaren Lö-      sem Bereich. Niemand sollte daher       0,5 Prozentpunk-
sungen zufriedengeben! Wie sieht         so vermessen sein, Maximalforde-        te nach oben.
es künftig mit Arbeitszeitregelungen     rungen an die Politik zu stellen und    Das übliche Ge-
aus, die die Pflege von Angehöri-        große Würfe einzufordern. Dazu ist      schrei und Ge-
gen noch stärker berücksichtigen         der Bereich viel zu sensibel und zu     jammere blieb
und auch rentenrechtlich anerken-        schwer auszutarieren. Wir sollten       aus! Offenbar
nen? Wie lassen sich die enormen         vielmehr ein Interesse daran ha-        fruchten die Dis-
privaten Zuschussbeträge für einen       ben, den Prozess des demografi-         kurse.
stationären Pflegeplatz wieder ein-      schen Wandels im offenen Diskurs

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                     3
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Teilhabe und Inklusion

                     ationaler Aktionsplan
                ••• N
Aktuelles

                                der Bundesregierung
                                Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat sich Deutschland
                                zu dem Ziel der Teilhabe für Menschen mit Handicap bekannt. Es hakt und quietscht aber
                                noch an vielen Stellen. In einem Zwischenbericht zieht die Bundesregierung dennoch ein
                                positives Fazit.

                Gleichberechtigung und Teilhabe            „hardfacts“ geht, wenn behinderte       „Wichtige Rechtsetzungsvorhaben,
                sind gesellschaftspolitisch schwieri-      Menschen auf Jobsuche sind, Be-         wie das Bundesteilhabegesetz, das
                ge Begriffe, da sie aktiv mit Inhalt ge-   triebe keine barrierefreien und ergo-   GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
                füllt werden müssen, um nicht als          nomisch passenden Arbeitsplätze         und das Erste und Zweite Pflege-
                Leerformeln im Niemandsland politi-        bieten oder wenn sich Großbetriebe      stärkungsgesetz oder die Weiterent-
                scher Diskurse zu versanden. Be-           schlicht von ihrer Beschäftigungsob-    wicklung des Behindertengleichstel-
                troffene, Sozialverbände wie der           ligation freikaufen. Kommunen, Ar-      lungsrechts, wurden verabschiedet.
                BDH, Selbsthilfegruppen, Vereine           beitgeber, aber eben auch Institutio-   Aber auch Projekte, wie die ‚Initiati-
                und eine wachsende Zahl von Enga-          nen der Bundesregierung nehmen          ve Inklusion‘ mit dem Ziel, mehr
                gierten helfen mit, Menschen mit           daher Jahr für Jahr mehr Geld in die    schwerbehinderte Menschen in re-
                physischen oder mentalen Handi-            Hand um den „Chancenraum Inklu-         guläre Arbeitsverhältnisse zu vermit-
                caps den Zugang zu einem mög-              sion“ mit Leben zu füllen und zum       teln, wurden umgesetzt und zeigen
                lichst selbstbestimmten Leben zu er-       Mitmachen zu motivieren.                Wirkung“, hieß es dazu in der Press-
                möglichen, Barrieren buchstäblich                                                  einformation des BMAS. Wie wird es
                beiseite zu räumen und dafür zu sor-       Seit 2011 subsumiert die Bundesre-      weitergehen? Künftige Handlungs-
                gen, dass der Besuch öffentlicher          gierung ihre inklusionspolitischen      felder sollen z. B. der “inklusive So-
                Einrichtungen, Schulen, Verwaltun-         Aktivitäten im sogenannten „Natio-      zialraum, Gewaltschutz, Digitalisie-
                gen, aber auch die Angebote des            nalen Aktionsplan“. Zum Jahresen-       rung, barrierefreies Gesundheitswe-
                ÖPNV zu selbstverständlichen Opti-         de wertete das federführende Bun-       sen oder der Ausbildungsinhalt „Bar-
                onen des Alltags und der Lebensge-         desministerium für Arbeit und Sozia-    rierefreiheit“ sein.
                staltung zählen.                           les (BMAS) 175 Maßnahmen aus
                                                           dem neuen, 2016 begonnenen Akti-        Das Ministerium verwies darauf,
                Doch es hakt noch immer ganz ge-           onsplan, sowie 83 Maßnahmen aus         dass 2016 mit über 1,2 Millionen so
                waltig, und darauf wies unser Vor-         dem ersten aus und stellte fest, dass   viele schwerbehinderte Menschen
                standsmitglied Josef Bauer während         61 Prozent dieser Projekte erfolg-      wie noch nie einen sozialversiche-
                der Bundestagung in Fulda auch mit         reich abgeschlossen, weitere 35 be-     rungspflichtigen Job hatten und die
                klaren Worten hin, wenn es um die          reits gestartet seien.                  Zahl der arbeitslosen schwerbehin-
                                                                                                   derten Menschen von 2014 bis 2017
                                                                                                   um zehn Prozent sank. Möglicher-
                                                                                                   weise wächst ja doch die Zahl der
                                                                                                   Unternehmen, die mit Blick auf die
                                                                                                   Demografie Geld in die Hand neh-
                                                                                                   men und auf eine bunte Belegschaft
                                                                                                   setzen. Es wäre ein Gewinn für alle
                                                                                                   Seiten. Das Bundeskabinett be-
                                                                                                   schloss indes, den Nationalen Akti-
                                                                                                   onsplan 2.0 (NAP 2.0) bis Mitte 2020
                                                                                                   fortzuführen.

            4                                                                                                       BDH-Kurier 3/4 2019
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Hartz-IV-Debatte

••• Wege aus der

                                                                                                                          Aktuelles
              Armutsfalle
               Die Sozialdemokraten sind bemüht, das Reformerbe der Regierung Schröder
               abzuwickeln. Doch erzielt der politische Diskurs noch immer nicht die
               beabsichtigte Wirkung: Eine Verbesserung der Lohnsituation im unteren Einkommens-
               bereich.

Ein zehn Jahre andauernder Auf-         te sozialpolitische Haltelinie, einge-   tung, die in der Vergangenheit er-
schwung liegt hinter uns und jetzt,     zogen im Jahre 2012 von der Gro-         bracht wurde, alles andere ist unge-
da sich die Anzeichen mehren,           ßen Koalition unter Kanzlerin Ange-      recht!“
dass der Boom Federn lässt, lichten     la Merkel, konnte diesen Trend           Ein anderes Thema ist die Berech-
sich auch die Konjunkturnebel. Zeit     nicht stoppen. Auch moderate             nung der Regelsätze. „Wir müssen
für eine wirtschaftliche Zwischenbi-    Lohnerhöhungen auf breiter Tariff-       darauf drängen, dass das Teilhabe-
lanz! Prominent auf der Habenseite      ront sickerten nicht in die unteren      prinzip gilt. Jeder Bürger hat ein An-
steht ein statistischer Etappensieg     Lohnsegmente ein. Es ist ein hartes      recht darauf, am kulturellen und so-
der Reformer der rot-grünen Regie-      Brot, mit Niedriglohn und unsiche-       zialen Leben teilzunehmen, Teil der
rungsjahre unter Bundeskanzler          rer Jobprognose klarzukommen.            Gesellschaft zu sein. Regelsätze,
Gerhard Schröder. Mit der Zusam-        Nun nimmt die Debatte wieder             die den tatsächlichen Bedarf spie-
menlegung von Sozialhilfe und Ar-       Fahrt auf - Hartz IV soll auf den        geln, gekoppelt an die allgemeine
beitslosengeld, der damit einherge-     Prüfstand, zumindest nach dem            Lohnentwicklung – das wäre ein
henden Verwaltungsreform und der        Willen von Bundesarbeitsminister         Schritt, den wir unterstützen.“ Bei
Öffnung des Arbeitsmarkts für alter-    Hubertus Heil (SPD), der Maßnah-         aller Kritik an der nicht selten spür-
native Beschäftigungsverhältnisse       men zur Verbesserung der Lage für        baren Distanz zwischen Politik und
ist es gelungen, die offizielle Zahl    die etwa sechs Millionen Menschen        Bürger: Es ist einiges in Bewegung
der Arbeitslosen von über fünf Milli-   ins Auge gefasst hat, die Leistun-       gekommen. Neben dem Mindest-
onen seit der Jahrtausendwende zu       gen nach dem Sozialgesetz bezie-         lohn wurden verbindliche Rechte
halbieren. Der Boom der Niedrig-        hen. Sie benötigen wieder eine mu-       auf Pflege- und Erziehungszeiten
lohnjobs hat, das zeigt die positive    tigere politische Repräsentanz in        verankert, das Rückkehrrecht in
Entwicklung der sozialversiche-         Berlin, einen Sachwalter in ihren        Vollzeit oder vorsichtige Schritte
rungspflichtigen Vollzeitjobs, auch     Angelegenheiten. Ein guter Anfang        gegen die Altersarmut gewagt.
das mittlere und obere Lohnseg-         wäre es, die Ungleichbehandlung          Deutschland will Auf-
ment gestärkt. Und auch der deut-       von Arbeitslosen zu beenden, die         steigerland sein –
sche Fiskus bejubelt Jahr für Jahr      Leistungen der Arbeitslosenversi-        dann darf der So-
einen Haushaltsüberschuss, ge-          cherung beziehen, und denen, die         ckel nicht zu
speist aus Niedrigzins und Steuer-      Leistungen nach dem SGB II bezie-        hoch sein!
boom.                                   hen. Hartz-IV wirkt wie ein Brems-
Doch zu einer ehrlichen Bilanz zählt    klotz für die Wiedereingliederung in
auch ein Blick auf die Sollseite, die   den Arbeitsmarkt, zudem haben
eine nach wie vor persistente Land-     viele ältere Jobsuchende über lan-
zeitarbeitslosigkeit von über einer     ge Jahre in die Sozialkassen einge-
Million Menschen aufweist. Noch         zahlt, um nun an den Rand des
immer erhalten Azubis und Leihar-       Existenzminimums gedrückt zu
beiter, ein ganzes Heer von Arbei-      werden – eine schreiende Unge-
tern, Löhne, die zum Leben nicht        rechtigkeit, wie auch BDH-Vorsit-
ausreichen und aufgestockt werden       zende Ilse Müller betont. „Hier muss
müssen. Der Mindestlohn, eine ers-      ein Ausgleich her für Erwerbsleis-

BDH-Kurier 3/4 2019                                                        5
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Kinderarmut in Deutschland

                                             aben wir unser
                                        ••• H
Aktuelles

                                              Wirtschaftswunder
                                              schöngeredet?
                                              Deutschlands Wirtschaft läuft nach wie vor rund. Selbst große geopolitische Risiken konn-
                                              ten der Konjunkturlokomotive nur wenig anhaben. Zahlen des Mikrozensus zeichnen für
                                              Millionen junger Bundesbürger ein anderes Bild.

                                                                     lS
                                                                       ozialexperten                  auch aufgrund verteilungspolitischer Pas-
                                                                      schlagen Alarm                   sivität weiter entfernt. Die Zahlen des Mi-
                                                                                                       krozensus zeigen: In Bremen, dem Spit-
                                                                     Die Studienzahlen des jüngs-      zenreiter im Armutsranking, lebt jedes
                                                                     ten Mikrozensus sind alarmie-     dritte Kind in Armut, in Sachsen-Anhalt
                                                                     rend, zumal sie zu Zeiten ei-     sind es 28,7 Prozent. Wohlstand hat sich
                                                                     nes vielfach beschworenen,        in den Regierungsbezirken Oberbayern,
                                                                     neuen Wirtschaftswunders er-      Oberpfalz und Tübingen durchgesetzt.
                                                                     mittelt wurden. Zuletzt bestä-    Dort liegen die Quoten stabil bei 9 bis
                                                                     tigte die Bertelsmann Stiftung    10,5 Prozent. Vor allem der Westen
                                                                     diesen gefährlichen Trend.        scheint an Boden zu verlieren. Nordrhein-
                                                                     Seit Ende der Finanzkrise sind    Westfalen verzeichnet einen Anstieg der
                                                                     Jahre stabiler Konjunktur ins     Kinderarmut (27,7 Prozent). Im Osten
                                                                     Land gezogen. Die Arbeitslo-      scheint der Trend hingegen gebrochen,
                                                                     sigkeit ist spürbar zurückge-     die Zahlen bewegen sich moderat in eine
                                                                     gangen und die öffentlichen       erfreulichere Richtung. Das zeigt: Die Po-
                                                                     Finanzen konnten sich ange-       litik steht nicht „nackt“ da. Ökonomen und
                                                                     sichts Niedrigzinsen und spru-    Sozialforscher raten dringend dazu, Bil-
                                                                     delnder Steuerquellen zumin-      dungsbarriere zu überwinden. Kaum ein
                                                                     dest auf Bundesebene ent-         anderes EU-Land weist eine so geringe
                                                                     spannen. Woher stammt also        soziale Durchlässigkeit auf wie Deutsch-
                                                                     diese persistente Armut von       land: Kinder armer Eltern kommen
            (Grafik: Hans-Böckler-Stiftung)
                                                                     Millionen, wenn doch wirt-        schlechter aus den Startblöcken, schnei-
            Kinderarmut bleibt auch gegenwärtig ein       schaftlicher Spielraum in ausreichendem      den beim Schulbesuch statistisch
            deutsches Problem: Folgt man dem Wirt-        Maße Gelegenheit böte, gegenzusteu-          schlechter ab, studieren seltener und bre-
            schafts- und Sozialwissenschaftlichen In-     ern? Fast scheint es, als drücke sich        chen häufiger ihre Ausbildung ab. Wer al-
            stitut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, so    Deutschland vor ganz zentralen Fragen        so die Zukunft fairer gestalten will, muss
            leben bei uns 19 Prozent oder 2,47 Millio-    wie der Bildungsgerechtigkeit, einer ge-     jetzt versuchen, die „Bildungsrepublik
            nen Mädchen und Jungen in armen Fami-         rechten Besteuerung hoher Einkommen,         Deutschland“, eine weitgehende politi-
            lien. Als arm gilt, wem weniger als 60 Pro-   Vermögen und Erbschaften.                    sche Leerformel, mit Leben zu füllen und
            zent des Durchschnittseinkommens zur                                                       den Bildungsraum neu zu definieren. Dies
            Deckung des täglichen Bedarfs zur Verfü-      lR
                                                            egionale Unterschiede                     schließt adäquate frühkindliche Betreu-
            gung stehen. Ein Rechenbeispiel: Eine          zeigen Förderbedarf                         ungsangebote im ganzen Lande ebenso
            vierköpfige Familie (zwei Erwachsene,                                                      mit ein, wie auch bessere berufliche Ori-
            zwei Kinder unter 14) überschreitet die       Von dem Ziel, ähnliche wirtschaftliche Le-   entierung und Coaching, wo Not am
            Armutsschwelle ab einem verfügbaren           bensverhältnisse im Bundesgebiet herzu-      Mann ist, um jungen Menschen Perspek-
            Nettoeinkommen in Höhe von 1926 Euro.         stellen, hat sich Deutschland jedenfalls     tiven aufzuzeigen.

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BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Grundrente

••• SPD setzt Union

                                                                                                                              Aktuelles
               unter Druck
               Die Rentenversicherung bleibt auch 2019 eine politische Großbaustelle.
               Mit seinem Vorstoß zur Einführung einer Grundrente setzt der Bundesarbeitsminister
               seinen Koalitionspartner unter Zugzwang.

Die Rentenpolitik hat in der Vergan-    Hubertus Heil (SPD), der mit einem
genheit schon so manche vielver-        Vorstoß zur Einführung einer soli-      BDH begrüßt
sprechende politische Karriere jäh
beendet. Der Politik muss in Zeiten
                                        darischen Grundrente diesem Ge-
                                        danken Rechnung trägt und so sei-
                                                                                Rentenvorstoß
dramatischer Alterung die Quadra-       nen Koalitionspartner CDU/CSU           Mit dem Vorstoß zur solidarischen
tur des Kreises gelingen. Sie muss      unter Druck setzt, dieses Thema         Grundrente fasst der Bundesar-
mit den richtigen Entscheidungen        weiter zu fassen, als man es bis-       beitsminister nach Ansicht des
die Belastungen für die junge Ge-       lang mit der Mütterrente getan hat.     BDH ein zentrales Gerechtigkeits-
neration im Rahmen des wirtschaft-      Heils Ansatz ist schnell skizziert      problem ins Auge. Dazu erklärt die
lich möglichen halten und zeitgleich    und rekurrieren auf den Koalitions-     Vorsitzende des Sozialverbands, Il-
dafür Sorge tragen, dass nicht im-      vertrag: Wer 35 Jahre lang in die       se Müller:
mer mehr Menschen als Folge des         Rentenkasse eingezahlt hat, soll ei-    „Die stagnierende Lohnentwicklung in
expandierenden Niedriglohnsektors       ne Rente erhalten, die die staatliche   den unteren Segmenten des Arbeits-
in die Altersarmut gleiten. In diesem   Grundsicherung um zehn Prozent          marktes zeigt, dass die Kampflinie ge-
Spannungsfeld ist es nahezu un-         übersteigt. Kindererziehungs- und       gen die Altersarmut über die Tarif- und
möglich, schnelle politische Erfolge    Pflegezeiten sollen miteingerechnet     Mindestlohnpolitik      hinausreichen
einzufahren. Zahlreiche konfligie-      werden und auch eine Bedürftig-         muss und wir eine solidarische Grund-
rende Aspekte spielen in der Ren-       keitsprüfung soll ausgeschlossen        rente einsetzen müssen, die die offen-
tenpolitik eine Rolle: Der aufgebläh-   sein. Greifen soll die neue Rege-       sichtlichen Webfehler auf dem Ar-
te Niedriglohnsektor, längere Erzie-    lung ab dem Jahr 2021, etwa vier        beitsmarkt nachträglich ausbessert.
hungs- und Pflegezeiten, Phasen         Millionen Rentner sollen von der        Wir begrüßen daher den Vorstoß von
der Weiterbildung, in denen keine       Regelung profitieren. Nachdem be-       Bundesarbeitsminister Hubertus Heil,
Rentenansprüche erworben wer-           reits Heils Vorgängerinnen Ursula       diesen solidarischen Ansatz aufzu-
den konnten – alle diese Lebens-        von der Leyen (CDU) und Andrea          greifen und mit einer steuerfinanzier-
phasen sollen künftig auch renten-      Nahles (SPD) mit ähnlichen Vorstö-      ten Grundrente eine klaffende Ge-
rechtlich Berücksichtigung finden.      ßen scheiterten, ist dies nun der       rechtigkeitslücke schließen zu wollen.
Unter dem Schlagwort der Lebens-        dritte Anlauf, eine Lebensleistungs-    Der Vorschlag klingt nicht zuletzt des-
leistungsrente diskutieren Politik      rente in Deutschland einzuführen,       halb reizvoll, da auf eine bürokrati-
und Wissenschaft unterschiedliche       die sich von der strammen Ausrich-      sche Bedürftigkeitsprüfung verzichtet
Varianten, die im Prinzip denselben     tung auf die reine Erwerbstätigkeit     und somit ein sozialer Mindeststan-
Gedanken spiegeln: Wer lange er-        lösen soll.                             dard gesetzt werden soll. Es wird
werbstätig war, Kinder großgezo-                                                höchste Zeit, dass mit einem solchen
gen und seine Angehörigen ge-                                                   rentenpolitischen Vorstoß, der ja auch
pflegt hat, dem gebührt auch gesell-                                            Kindererziehungs- und Pflegezeiten
schaftlicher Dank. Und dieser muss                                              berücksichtigt, die Lebensleistung ei-
sich in der Rente niederschlagen,                                               nes Menschen als Ganzes in der Al-
findet auch Bundesarbeitsminister                                               tersvorsorge abgebildet wird. Und die-
                                                                                se Leistung reicht nun einmal über die
                                                                                reine Erwerbstätigkeit hinaus.“

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                       7
BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
Fachartikel aus
                      KU Gesundheits-
                        management

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BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
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Teilhabepolitik

••• BDH fordert

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              wirksame Maßnahmen
              gegen Kinderarmut
               Deutschland ist ein reiches Land. Allerdings sind seine Mängel in der Verteilungspolitik
               kaum zu übersehen. Immer mehr Kindern droht der soziale Abstieg, bevor der Einstieg in
               ihr Leben überhaupt richtig beginnt.

Armut kennt viele Seiten. Hierzu-       Der BDH begrüßt aus diesem
lande verschleiert sie sich in der      Grund die intensiveren Bemühun-
Regel. Offene Armut, Obdachlosig-       gen von Kommunen und Bundes-
keit und Hunger sind seltene Phä-       ländern, frühkindliche Betreuungs-
nomene, Lösungen wie Obdachlo-          angebote und Ganztagsbeschulung
senunterkünfte, kostenlose Spei-        zum deutschlandweiten Standard
sungen und medizinische Betreu-         zu erheben und dies mit einem
ung flächendeckend vorhanden. Ar-       Rechtsanspruch zu untermauern.
mut in Deutschland ist in erster Li-    Es ist von fundamentaler Bedeu-
nie ein Teilhabeproblem, sie mani-      tung, den Zugang zu Bildung, musi-
festiert sich nicht nur im Generatio-   schem Unterricht und Sportverei-
nenkonflikt, der einen wachsenden       nen zu öffnen, Familien dort abzu-
Graben zwischen der Erwerbsge-          holen, wo sie sind und vor allem:        Wenn es um Teilhabe geht, ist Teamwork gefragt.
neration und Rentenbeziehern auf-       die Kleinen zu begeistern und neue
reißen lässt. Immer mehr Kinder         Teilhabechancen und Partizipation
sind armutsbedroht oder unmittel-       zu ermöglichen. Die Schule ist der       len nicht bedarfsgerecht, um eine
bar von den wirtschaftlichen Proble-    Nukleus, in dem alle zusammenfin-        optimale Ernährung, Bildungsziele
men ihrer Familien betroffen.           den können: Pädagogen, Sozialbe-         und das soziale Leben eines Her-
                                        treuer, Eltern und Schüler – und die     anwachsenden adäquat abzubil-
Auf 4,4 Millionen taxierte der Deut-    Politik sollte dort sein, um gut zuzu-   den. Es muss gerade auch finanzi-
sche Kinderschutzbund (DKSB) die        hören. Hier kann darüber gespro-         ell sichergestellt sein, dass Aktivitä-
Zahl der Kleinen, die im Transferbe-    chen werden, was die Kinder benö-        ten, die die Mittelschicht eines Lan-
reich Leistungen wie den Kinderzu-      tigen, es kann über Sport- und Mu-       des als normal erachtet, nicht zu ei-
schlag, das Wohngeld oder andere        sikangebote informiert werden,           nem unerreichbaren Luxusgut ei-
Zuwendungen erhalten. Die Zahlen        Nachhilfeunterricht organisiert und      nes fernen Utopia aus dem Alltags-
weisen auf ein wachsendes gesell-       berufliche Orientierung angeboten        leben weniger Wohlhabender ver-
schaftliches Problem hin, denn          werden.                                  schwinden. In einem reichen Land
nicht selten sind die von fehlender                                              wie Deutschland müssen sportliche
Kaufkraft und prekärem familialen       Neben intensiven Gesprächen              Aktivitäten, gemeinsame Hobbys,
Umfeld betroffenen Kinder spätere       müsse man ran an die Berechnung          Kinoabende oder der Besuch von
Verlierer, wenn es um die Bildungs-     der Grundsicherung, so BDH-Vor-          Kultureinrichtungen den familialen
laufbahn, Karrierechancen und           sitzende Ilse Müller, die sich eine      Lebensraum bereichern können.
Wohlstand geht.                         bedarfsgerechte Berechnung der           Das muss der Anspruch unserer
                                        Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und       Sozialpolitik sein!
                                        Jugendliche wünscht. Die 322 Euro
                                        für 17jährige sind, um nur ein Bei-
                                        spiel zu nennen, beim besten Wil-

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                                11
BDH-Klinik Vallendar                                          BDH-Klinik Elzach

                Dr. Guido Ketter ist neuer                                    Netzwerk-Treffen
BDH-News

                Ärztlicher Direktor der                                       der Pflegedienstleitungen
                BDH-Klinik Vallendar                                          der Neurokliniken
                                  An der BDH-Klinik Vallendar ging die        Die Pflegedienstleitungen kamen aus Kliniken in Ba-
                                  ärztliche Verantwortung in neue Hände       den-Württemberg, Bayern bis nach Niedersachen
                                  über. BDH-Bundesvorsitzende Ilse Mül-       nach Elzach, um über aktuelle Entwicklungen des
                                  ler und Klinikgeschäftsführer Thomas        Gesundheitswesens und speziell der Rehabilitation
                                  von Kessel verabschiedeten Dr. Rai-         zu sprechen und Innovationen in der Pflege zu ent-
                                  mund Weber als Ärztlichen Direktor          wickeln. Diesmal wurden ein Curriculum für die
                                  und führten Dr. Guido Ketter als seinen     „Weiterbildung       zur      Gesundheits-         und
                                  Nachfolger ein.                             Krankenpfleger(in) für neurologisch-neurochirurgi-
                Sie würdigten – wie der Leitende Oberarzt Guido Biller,       sche Frührehabilitation“ erarbeitet und die Zertifizie-
                Pflegedienstleiter Jörg Biebrach, Therapieleiter Axel Kröll   rung durch die DGNR in die Wege geleitet. Das Dau-
                und die Leiterin der Medizinisch-Beruflichen Rehabilitation   erthema „Maßnahmen zur Personalgewinnung“
                Birgit Heider-Neideck auch – die Arbeit von Dr. Weber, der    fehlte ebensowenig wie die der Austausch über Aus-
                sich in den 8 Jahren als Ärztlicher Direktor der BDH-Klinik   fallmanagementsysteme und die Umsetzung der
                Vallendar großen Herausforderungen stellen musste. Die        Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PPUGV).
                Einführung des DRG-Systems und die Entwicklung der
                BDH-Klinik Vallendar in den Schwerkrankenbereich hinein
                gestaltete Weber maßgeblich und ebnete den Weg in Rich-
                tung der Beatmungsmedizin. Webers Menschlichkeit, mit
                der er Ruhe und Gelassenheit in den Alltag der Klinik hin-    „BDH digital“
                einbrachte, wurde ebenso hervorgehoben wie sein großes
                Engagement bei Herzensprojekten von ihm, etwa die me-
                                                                              gegründet
                dizinische und rehabilitative Betreuung von Menschen mit      Es ist vollbracht! Am Samstag, den 26.1.2019
                Epilepsie. Alle wünschten Weber alles Gute. Ilse Müller:      wurde der neue Kreisverband „BDH digital“ in
                „Sie haben die Segel gesetzt, um auf einen neuen Kurs zu      der Bundesgeschäftsstelle in Bonn gegründet.
                gehen, ich wünsche ihnen für Ihre Zukunft viel Glück und      Sein Angebot richtet sich vor allem an jüngere
                Tatkraft. Denn die Zukunft ist etwas, was wir nicht voraus-   Menschen.
                sehen, aber möglich machen können!“ Weber bedankte            Der digitale Kreisverband soll nun, wie es der Name
                sich sichtlich gerührt für die guten Wünsche.                 schon hergibt, ohne festen Standort existieren, das
                Dr. Guido Ketter, der Webers Nachfolge antritt, ist bereits   heißt, die Betreuung der Mitglieder soll bundesweit
                seit einem Monat mitten im Tagesgeschäft und zeigte sich      digital durchgeführt werden. Beratungen können be-
                dankbar für die herzliche Aufnahme in der BDH-Klinik Val-     quem durch digitale Medien wie Skype, FaceTime
                lendar. Der Neurochirurg hatte am Neurologischen Reha-        oder Sonstiges erfolgen. Die ersten Ziele für 2019
                bilitationszentrum Godeshöhe die Beatmungs- und               wurden bereits festgelegt: Um vor allem in den sozi-
                Weaningstation mit aufgebaut und war seit 2003 als freibe-    alen Netzwerken bekannter zu werden, wird ein Fa-
                ruflicher Notarzt der Stadt Köln im regelmäßigen Einsatz-     cebook- und ein Instagram-Account erstellt, in dem
                dienst tätig. Ilse Müller dankte dem Leitenden Oberarzt       die Mitglieder immer aktuelle Informationen über
                Guido Biller für seinen Einsatz bei der kommissarischen       den Kreisverband erhalten. Um junge Menschen
                ärztlichen Leitung des Hauses und begrüßte Dr. Ketter im      konkret auf den Kreisverband aufmerksam zu ma-
                BDH. Müller: „Aus den Werten unseres gemeinnützigen           chen, sollen, neben der Teilnahme an Veranstaltun-
                Verbandes heraus gestalten Sie nun als neuer Ärztlicher       gen, Werbeartikel verteilt werden, die konform mit
                Direktor mit allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern    den Interessen und Wünschen junger Menschen
                hochwertige Rehabilitation, um den Menschen, die ihnen        sind.“
                anvertraut sind, die größtmögliche Teilhabe an der Fülle
                des Lebens zu ermöglichen. Dafür wünsche ich Ihnen eine
                gute Hand“.

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Interview „BDH digital“

                                                                                                                                             BDH-News
Frau Böhringer, der neue Kreisver-       Wie ist der BDH digital denn aufge-      Welche Ziele verfolgt der BDH digi-
band „BDH digital“ ist online. Herzli-   baut?                                    tal?
chen Glückwunsch!                         Ganz einfach: Die Betreuung der           Wir wollen den BDH Bundesver-
 Danke schön!                             Mitglieder findet online statt.           band Rehabilitation bekannter
                                          Durch E-Mail-Verkehr, Skype oder          machen – vor allem bei jungen
Können wir mit der Vorsitzenden           andere Social-Media-Kanäle. Wir           Menschen und ihnen den Aus-
von „BDH digital“ noch ein analoges       halten die Idee hinter dem BDH für        tausch über soziale Netzwerke er-
Interview führen?                         großartig, Solidarität und Selbst-        möglichen. Dadurch wollen wir
  (lacht) Aber ja! „BDH digital“ heißt    hilfe sind Werte, die gerade heute        mehr Mitglieder gewinnen, die
  ja nicht, dass Gespräche abge-          extrem wichtig sind. Aber unsere          wiederum auf interessierte Men-
  schafft werden….                        Mitglieder müssen nicht mehr ei-          schen zugehen, die dann wieder
                                          nen Kreisverband an einem be-             gemeinsam neue Konzepte entwi-
Sondern?                                  stimmten Ort angehören. Heute ist         ckeln……
 …dass der BDH im 21. Jahrhun-            es normal, häufig umzuziehen,
 dert angekommen ist. Beratung            beispielsweise im Beruf oder im         Ich sehe, Sie haben einiges vor!
 beispielsweise ist von zuhause           Studium. Wir ersparen vor allem           Stimmt.
 aus möglich. Wer nicht kann oder         jungen Menschen die ganze Ab-
 nicht möchte, kann einfach da-           und Ummelderei und die An-                Überschätzen Sie nicht die Be-
 heim vor seinem PC beraten wer-          sprechpartner bleiben auch die-           deutung von Social Media?
 den. Viele Menschen fühlen sich          selben.                                 Nein. Es gibt Selbsthilfegruppen zu
 damit übrigens auch wohler. Aber                                                 den unterschiedlichsten Themen
 auch der Austausch unserer Mit-         Für wen ist der BDH digital ge-          auf Facebook mit zehntausenden
 glieder untereinander ist sehr in-      dacht?                                   von Mitgliedern. Da müssen wir hin.
 tensiv, weil er weder an Termine         Für alle, die Lust haben, online        Oder nehmen Sie den Erfolg von In-
 noch an einen festen Ort gebun-          Mitglied zu sein. Für jede und je-      fluencern auf Instagram, die allein
 den ist.                                 den, die Interesse an Kommunika-        durch das Teilen von Produkten
                                          tion über soziale Netzwerke ha-         oder Fotos Geld verdienen. Dann
Wie sind Sie auf diese Idee gekom-        ben. Für alle, die sich sehr intensiv   sehen Sie welche Bedeutung Soci-
men?                                      über die Themen austauschen             al Media hat und wie viele Men-
 Sehen Sie, ich bin 22. Für meine         wollen, die ihnen wichtig sind. Für     schen man so erreicht.
 Generation, die mit dem Smart-           Kinder von betroffenen Menschen,
 phone aufgewachsen ist, ist es           die sich untereinander austau-           Ok. Aber sind die auch bereit, ei-
 völlig normal, einen Teil unserer        schen wollen. Sie sehen: für alle        nen ganz altmodischen Beitrag zu
 sozialen Kontakte online zu ge-          eigentlich.                              bezahlen?            (Weiter Seite 14)
 stalten. Warum damit nicht auch
 einen Beitrag für den BDH leisten.

Also gar keine Treffen mehr?
 Doch, sicher, es ist genauso wich-
 tig, sich auch mal persönlich zu
 begegnen. Außerdem schreibt die
 Satzung beispielsweise Jahres-
 hauptversammlungen vor, zu de-
                                                                                                                            Die Teilnehmerinnen
 nen man schon selbst kommen                                                                                                der Gründungsver-
 muss. Aber: Wir können beispiels-                                                                                          sammlung von „BDH
 weise Veranstaltungen bundes-                                                                                              digital“ von links:
                                                                                                                            Frau Heuser,
 weit planen, so dass jeder die
                                                                                                                            Frau Böhringer,
 Möglichkeit hat, mal an einer teil-                                                                                        Frau Nußbaum,
 zunehmen.                                                                                                                  Frau Bauer.

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                                    13
Die Mitgliedschaft im BDH digital        Verband bereithält, aber warum            schen, die den BDH noch nicht
                kostet, wie in allen anderen Kreis-      nicht auch mal ein Spiel? Vom gro-        kennen jetzt www.bit.ly/BDHjetzt in
BDH-News

                verbänden auch, 60 Euro im Jahr, 5       ßen Plus der Online-Beratung ha-          ihr Smartphone eingeben.
                im Monat, 16 Cent am Tag. Ich bin        ben wir ja schon gesprochen. Ich
                überzeugt, dass vielen Menschen          bin zuversichtlich.                      Frau Böhringer, wir danken Ihnen
                das Eintreten für ihre Werte das                                                  für das Gespräch
                wert ist – wenn das Umfeld stimmt.       Was wünschen Sie sich?
                Und der Mehrwert. Wir planen bei-         Dass der „BDH digital“ dazu bei-        Die Fragen stellte
                spielsweise die Entwicklung einer         trägt, unseren Verband noch be-         Dr. Thomas Urbach
                BDH-App, die Aktuelles aus dem            kannter zu machen. Dass Men-

                               BDH-Therapiezentrums Ortenau

                     DH-NeuroIntensivWochen
                ••• B
                               (NIWo) in Gengenbach
                               Anfang Februar eröffnete der Standort Gengenbach des BDH-Therapiezentrums Ortenau seine
                               Pforten und präsentiert seine NeuroIntensivWochen. Mit 3-4 Stunden Therapie über einen Zeit-
                               raum von 3-5 Wochen sind häufig auch bei länger zurückliegenden Ereignissen substantielle
                               Verbesserungen erreichbar, die auch in den Alltag übertragen werden können.

                Wissenschaftliche Studien belegen:       setzen mit ihrer hochintensiven          Therapierobotik und einzigartig in
                Evidenzbasierte, störungsspezifi-        Therapie über mehrere Wochen ge-         der Region.
                sche Therapie und eine hohe The-         nau hier an. Die Behandlung sieht        Übrigens: Von 16. bis 18. Mai wird
                rapieintensität (Frequenz) sind die      täglich 3-4 Stunden Therapie über        das Therapiezentrum Ortenau auf
                entscheidenden Faktoren für die er-      einen Zeitraum von 3-5 Wochen            der Reha- und Therapiemesse RE-
                folgreiche Behandlung von Patien-        vor, wobei die Ziele individuell ver-    HAB in Karlsruhe als Mitaussteller
                ten mit erworbenen Hirnschäden.          einbart werden. Weitere Therapien        am BDH-Stand vertreten sein und
                Das gilt für Schlaganfälle ebenso        können hinzugebucht werden. Die          sein Angebot am Stand N27/ Halle
                wie für andere neurologische Er-         Therapie orientiert sich an wissen-      2 präsentieren. Ein Besuch der RE-
                krankungen. Ganz allgemein ist die       schaftlichen Leitlinien, am Beginn       HAB lohnt sich auf alle Fälle.
                Therapieintensität in Deutschland        und am Ende jeder Behandlung
                viel zu niedrig. Auch viele Leitlinien   stehen objektive Tests zur Erfolgs-      Weitere Informationen
                empfehlen intensive Behandlungs-         kontrolle. Die apparative Ausstat-       und Kontakt unter
                intervalle, beispielsweise die Leitli-   tung (Gangtrainer, Armeo etc.) ist       0781 – 92 40 50 oder
                nie „Rehabilitation der Mobilität        auf dem allerneuesten Stand der          www.bdh-niwo.de
                nach Schlaganfall – ReMoS“. Das
                neue Angebot BDH-NIWo ist des-
                halb eine echte Alternative zur stati-
                onären Reha bei deutlich geringe-
                ren Kosten und gleichzeitig höherer
                Behandlungsdichte und –frequenz.
                Der hohe Verordnungsumfang dank
                extrabudgetärer Verordnungsmög-
                lichkeiten meist unproblematisch.
                Die NeuroIntensivWochen des
                BDH-Therapiezentrums Ortenau             Der große Behandlungsraum des Zentrums in Gengenbach

           14                                                                                                     BDH-Kurier 3/4 2019
Sozialrechtliche Beratung

••• Sozialrechtliche

                                                                                                                                   Sozialrecht
              Beratung im BDH –
              unsere Quoten 2018
              Die sozialrechtliche Beratung unserer Mitglieder zählt zu den zentralen Verbandsaufgaben. Im
              Jahr 2018 endeten zwei von drei Verfahren mit einem positiven Ergebnis für unsere Mitglieder.

Im zurückliegenden Jahr betreute unsere    Die Auswertung der Verfahren zeigt, dass      gestellungen beziehen sich demnach vor
Rechtsabteilung im Namen unserer Mit-      es sich bei ungefähr 45 Prozent um An-        allem auf das Schwerbehindertenrecht
glieder deutschlandweit über 1839 Ver-     träge handelte, die wir für unsere Mitglie-   und die Rentenversicherung.
fahren. Die sozialrechtliche Beratung      der stellen. 37 Prozent der Verfahren wa-
wird von der Bundesgeschäftsstelle in      ren Widersprüche
Bonn sowie durch die Regionalgeschäfts-    und in 13 Prozent
stellen in Berlin, Saarbrücken, Hessisch   legten wir sogar
Oldendorf, Stuttgart, Bad Malente, Mön-    Klage für unsere
chengladbach und Fulda vorgenommen.        Mitglieder ein.
Suchen Sie Beratung im Vorfeld, dann
besteht die Möglichkeit, sich vor und in   Wie sich die Verfah-
unseren Sprechstunden fachkundig und       ren unserer Rechts-
individuell von uns beraten lassen. Wann   vertretung geogra-
und wo unsere Sprechstunden stattfin-      fisch aufteilen, zeigt
den, erfahren Sie auf unserer Homepage,    die folgende Abbil-
unter: www.bdh-reha.de. Wir freuen uns     dung. entnehmen.
auf Ihren Besuch und stellen unsere Er-    Die rechtlichen Fra-
fahrungen gern in Ihre Dienste.

                                                                                         Weiterhin führten wir 2018 erstmals eine
                                                                                         Evaluation der Sprechstunden durch und
                                                                                         befragten Personen, die zur sozialrechtli-
                                                                                         chen Sprechstunde bei uns waren, hin-
                                                                                         sichtlich ihrer Erfahrungen und Einschät-
                                                                                         zungen. Die folgende Abbildung zeigt die
                                                                                         Verteilung der Sprechstunden pro Ort, bei
                                                                                         der besonders Fulda heraussticht.

                                                                                         Bei dieser Befragung konnte der BDH
                                                                                         durch seine Beratungsqualität glänzen.
                                                                                         Über 90 Prozent der Befragten waren
                                                                                         überaus zufrieden mit der Beratung und
                                                                                         würden den BDH jederzeit weiterempfeh-
                                                                                         len.
                                                                                                         Anna Victoria Böhringer,
                                                                                                Assistentin der Geschäftsführung

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                           15
Sozialrecht – BDH-Fälle

                   Rechtspraxis aus der Verbandsarbeit
Sozialrecht

                   In der aktuellen Ausgabe unseres BDH-Kuriers skizzieren wir Ihnen zwei Fälle, die beispielhaft für die
                   Arbeit des BDH stehen, der sich vor den Sozialgerichten kompetent für die Rechte seiner Mitglieder
                   einsetzt.

                   1. Ein Fall aus der                                                         2. Fall aus dem OEG
                       gesetzlichen Unfallversicherung
                                                                                                Im Oktober 2016 wurde unser heu-
                   Ein Mitglied aus dem Kreisverband Mettmann, Jahrgang 1955, erlitt 1973       te 43 Jahre altes Mitglied im An-
                   einen schweren Unfall auf dem Schulweg mit seinem Mofa. Die diagnosti-       schluss an einen Kneipenbesuch
                   zierte komplizierte Sprunggelenksfraktur wurde umgehend operativ ver-        Opfer einer schweren Gewalttat.
                   sorgt, doch war unser Mitglied nicht darüber informiert, dass im Falle ei-   Unbekannte griffen überraschend
                   ner Verschlimmerung der Unfallfolgen die Möglichkeit besteht, einen An-      und ohne Grund unser Mitglied mit
                   trag auf Neufeststellung der gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der       Eisenstangen an. Folgen der Tat
                   Unfallkasse zu stellen. Erst nach dem Hinweis des Versorgungsamts stell-     waren ein Schädelhirntraum dritten
                   te die Dame im Jahre 2007 den entsprechenden Antrag, da sich bei ihr ei-     Grades, interzerebrale Blutungen,
                   ne posttraumatische Arthrose entwickelt hat, die zu belastungsunabhängi-     eine Schädelfraktur sowie ein hirn-
                   gen Schmerzen führt sowie einer erheblichen eingeschränkten Beweg-           organisches Psychosyndrom. Dau-
                   lichkeit des Gelenks. 2007 wurde das 1. Renten-Gutachten erstellt, mit       erhafte gesundheitliche Beein-
                   dem Ergebnis einer MdE von 20 Prozent bis 2.3.2007, im Anschluss 25          trächtigungen sind eine latente He-
                   Prozent. Ein weiteres Gutachten schlug eine MdE von 30 Prozent ab            miparese, Taubheitsgefühle im Ge-
                   2003 vor. Der Beratungsarzt der Unfallkassen folgte dem – nach Aktenla-      sicht, kognitive Störungen, Ge-
                   ge! – nicht. Vier Jahre nach Antragsstellung erging am 20.11.2011 ein Be-    dächtnis- und Konzentrationsstö-
                   scheid über eine MdE 20 ab 2003. Ab dem Widerspruchsverfahren über-          rungen und psychische Störungen
                   nahm der BDH die Vertretung der Dame. Nach einer weiteren Begutach-          (Schlaf- und Angststörungen). Mit
                   tung wurde ab dem 1.5.2013 eine Rente nach einer MdE von 30 Prozent          Bescheid des Versorgungsamts
                   gewährt. Auf Basis der Gutachtenlage empfahl die Rechtsvertretung des        vom 19.8.2016 wurde ab Oktober
                   BDH die Klage. Im Rahmen der Beweisaufnahme                                  2014 ein GdS von 70, ab Mai 2015
                   holte das Sozialgericht Münster ein weiteres                                 von 60 und ab Juli 2016 von 50
                   Gutachten ein, worin der Sachverständige                                     festgestellt. Auch wurde eine vor-
                   die MdE 30 Prozent zumindest schon ab                                        bestehende psychische Störung
                   dem 1.2.2011 bestätigte, mit dem Hin-                                        angenommen. Ab dem Wider-
                   weis, dass das Ausmaß der Einschrän-                                         spruch übernahm der BDH die
                   kungen schon viel früher vorgelegen ha-                                      Rechtsvertretung des Opfers, wo-
                   ben muss, aber leider nicht nachvollziehbar                                  bei der Widerspruch ohne weitere
                   durch Röntgenbilder und fundierte Mes-                                       Aufklärung als unbegründet zu-
                   sungen belegt ist. Am 12.3.2018 er-                                             rückgewiesen wurde. Im Rah-
                   kannte die Unfallkasse eine MdE ab                                               men des Klageverfahrens holte
                   dem 1.2.2011 in Höhe von 30 Prozent                                               das Sozialgericht Fulda ein
                   an, wollte aber zunächst einen Ver-                                               neuropsychologisches Gutach-
                   gleich schließen, in dem unser Mitglied                                          ten sowie eines der Rentenver-
                   auf die Verzinsung verzichtet hätte. Dem                                        sicherung ein. Aufgrund dessen
                   haben wir in Anbetracht der langen Verfah-                                   erfolgte dann eine Anerkennung
                   rensdauer sowie der mangelhaften Qualität der                                der Schädigung in Höhe von 80 ab
                   ersten Gutachten nicht zugestimmt, wor-                                        Oktober 2014 und in Höhe von 70
                   aufhin dann ein volles Anerkenntnis der                                        ab Juli 2016 durch das hessische
                   Ansprüche unseres Mitglieds folgte.                                            Versorgungsamt.

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Familie Paddel und der Versicherungsalltag

                                                                                                                               Sozialrecht
Heute:
Felix fällt vom Stuhl                                                                                  Unser Kolumnist:
Von: Peter Rosendahl                                                                                   Peter Rosendahl
Nun bewohnen die Paddels das neu bezogene Haus mit fünf Personen.
Papa Felix mit Mutter Felicitas und Tochter Lina sind jetzt Vermieter von Felicitas` Eltern,
die regelmäßig Lina vom Kindergarten abholen und auf sie aufpassen

Nun bewohnen die Paddels das                                                    weh“, stellt Felix fest. Nach drei Mo-
                                         Kontakt:
neu bezogene Haus mit fünf Perso-        Versicherungen Rosendahl               naten kann Felix endlich wieder voll
nen. Papa Felix mit Mutter Felicitas     Klosterstraße 17                       arbeiten, aber ganz ausgeheilt ist
und Tochter Lina sind jetzt Vermie-      33428 Marienfeld                       der Beinbruch immer noch nicht.
ter von Felicitas` Eltern, die regel-                                           Der Arzt hatte ja schon angekün-
                                         Telefon: 0 52 47 – 40 42 30            digt, dass vermutlich ein Folge-
mäßig Lina vom Kindergarten ab-
                                         Telefax: 0 52 47 – 40 42 329
holen und auf sie aufpassen.                                                    schaden zurückbleiben wird. Am et-
                                         E-Mail: info@romavers.de
                                         www.romavers.de                        was schlechteren Heilungsverlauf
Um etwas für die Rente zu tun und                                               ist sicherlich auch sein Diabetes
gleichzeitig Steuern zu sparen, wur-                                            nicht ganz schuldlos. Der Unfallver-
de aufgrund der guten Einkom-           die Operation reibungslos. Als An-      sicherung hatte er den Unfall ja
mensverhältnisse für Felicitas eine     gestellter bekommt Felix zunächst       auch sofort gemeldet und nach ei-
Basis-/Rürup-Rentenversicherung         sechs Wochen Gehaltsfortzahlung         nem Jahr begutachtet ein Arzt den
abgeschlossen, in die zum Jahres-       in voller Höhe. Danach bekommt er       verbliebenen Folgeschaden. Es
ende die Bonus-Zahlung – die Felix      lediglich noch Krankengeld. Es be-      kommt eine Invaliditäts-Entschädi-
von seinem Arbeitgeber erhält – als     trägt 70 Prozent des Brutto-Ver-        gung zur Auszahlung, die Paddels
Zusatzbeitrag eingezahlt werden         diensts, aber nicht mehr als 90 Pro-    für die Garten-Umgestaltung gut
soll. Dann passiert`s: Beim Anbrin-     zent des Nettoverdienstes. Dazu         gebrauchen können.
gen einer Lampe verzichtet Felix        muss er von seinem Krankengeld
darauf, die Standleiter mit in den      dann den Arbeitnehmeranteil zur         „Ist das nicht schön,“ sagt Felix,
Wohnbereich seiner Schwiegerel-         gesetzlichen Sozialversicherung         „dass wir das Geld aus der Unfall-
tern zu nehmen und stellt sich statt-   selbst entrichten. Letztendlich blei-   versicherung nun für den Garten
dessen auf einen Hocker. Eine fal-      ben ihm ca. 80 Prozent seines letz-     und nicht zum Abzahlen von Schul-
sche, unbedachte Bewegung, Felix        ten Nettoeinkommens als Kranken-        den benutzen können, weil die
rutscht ab und schlägt unglücklich      geld übrig.                             Krankentagegeldversicherung uns
mit seinem rechten Bein auf die                                                 vor finanziellem Schaden bewahrt
Werkzeugkiste, die direkt neben         „Wie gut, dass ich damals die Kran-     hat?“ Felicitas antwortet: „Ja, ja, die
dem Hocker steht.                       kentagegeldversicherung       abge-     Paddels und ihre Versicherun-
                                        schlossen habe!“, sagt Felix. „Nun      gen…“
Weil Felix sich kaum noch bewegen       bekommen wir die Differenz zum
kann, wird ein Krankenwagen geru-       normalen Nettoverdienst durch die-      In der nächsten Ausgabe lesen Sie:
fen. Beim Röntgen stellt sich ein       se Versicherung ausgeglichen. Stell     „Felix kommt auf den Hund“
mehrfacher, komplizierter Bein-         dir mal vor, wir müssten die ganzen
bruch heraus. Ca. 8-12 Wochen           Kosten für das Darlehen vom Haus,
„Pause“ werden ihm vom Arzt direkt      den Lebensunterhalt, den Urlaub
prognostiziert. Zum Glück gelingt       und letztlich die Versicherungen mit
                                        20 Prozent weniger Einkommen be-
                                        streiten. Das täte schon ganz schön

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                       17
ugend im Gespräc                                                                              Ausflugstipp:

               Es riecht nach Frühling                                                Wen es mal in das schöne
                                                                                      Ostwestfalen verschlägt,
               Erinnert sich noch jemand an       Glaubt man den Wetterexperten       der sollte einen Ausflug
               die frostigen Temperaturen An-     in Funk und Fernsehen, dann ist     zum Tierpark Olderdissen
               fang letzten Jahres? Wochen-       der Winter aber leider noch lan-    einplanen. Ganz in der
               lang stieg die Anzeige auf dem     ge nicht vorbei, denn bis in den    Nähe von Bielefeld im Teu-
               Thermometer nicht über 0 Grad      April hinein kann es nochmal        toburger Wald liegt dieses
               Celsius und Handschuhe, Mütze      richtig kalt werden. Und das, ob-   idyllische Fleckchen Natur,
               und dicke Wollsocken gehörten      wohl bereits am 1. März der me-     das auf einem großflächi-
               zur – nicht unbedingt schicken,    teorologische Frühlingsbeginn       gen Gelände 450 Tieren
               dafür aber notwendigen – tägli-    ist. Aber Frühling bedeutet eben    90 verschiedener Arten ein
               chen Ausrüstung. Der eigene        auch nicht Sommer. Ein eindeu-
                                                                                      Zuhause bietet. Von Wöl-
               Atem war in Form von kleinen       tiges Zeichen dafür, dass der
                                                                                      fen, über Otter, Braunbären
               weißen Wölkchen ein ständiger      Jahresbeginn in diesem Jahr
               Begleiter und die Eisschicht auf   dennoch nicht so kalt sein wird,
                                                                                      bis hin zu Luchsen gibt es
               den Autos war kaum mehr zu         wie im Vorjahr, sind die Zugvö-     einiges zu bestaunen. Der
               entfernen.                         gel. Wer in den vergangenen         Park zieht Menschen jeden
                                                  Tagen und Wochen einen Blick        Alters an und ist besonders
               In diesem Jahr gestaltet es sich   in den Himmel geworfen hat,         bei Familien mit kleinen
               bisher anders: Der Frühling hat    wird vermutlich den ein oder an-    Kindern beliebt. Die Wege
               bereits Mitte Februar Einzug er-   deren Schwarm Kraniche gese-        sind befestigt und an eini-
               halten und Ende des Monats         hen (und höchstwahrscheinlich       gen Gehegen gibt es sogar
               sind die Temperaturen bis auf      auch gehört) haben. Nach ihrer      Erklärungen zu den Bewoh-
               20 Grad geklettert. Die Leute      Überwinterung in wärmeren Ge-       nern in Punktschrift. Der
               sitzen bereits draußen im Eisca-   filden wie Frankreich oder Spa-     Tierpark kann zu jeder Ta-
               fé und genießen die warmen         nien, treibt es diese Zugvögel im   ges- und Nachtzeit besucht
               Sonnenstrahlen bei blauem          Laufe des Frühjahres wieder zu      werden. Der Eintritt ist kos-
               Himmel. Hier und da riecht man     uns. Und je häufiger man ihre       tenlos und ein Besuch lohnt
               von den Balkonen und aus den       Rufe vom Himmel hört, desto         sich.
               Gärten die erste Holzkohle vom     mehr wächst die Hoffnung, dass
               Angrillen und auch die Jogger      der Winter bald ein Ende hat.
               und Spaziergänger lassen sich      Dann heiß es: Auf Wiedersehen
               wieder vermehrt sehen (das         Mütze, Handschuhe und Eisfrei-
               Jahr ist schließlich noch jung     Spray und hallo Frühling!
               und die guten Vorsätze frisch
               gefasst).

                                                                                                       Maike Bauer
Zahl der Baugeneh- BDH: Koalition braucht neue Erzählung
migungen steigt    Armut ist auch in Deutschland ein sehr reales Problem. Immer wieder
                                         kommen Forscher in ihren Armutsberichten zu dem Schluss, dass

                                                                                                                        Aus der
                                                                                                                        Presse
Es ist vielleicht das zentrale sozial-   der Anteil armer Menschen an der Bevölkerung inzwischen über 16
politische Problem unserer Tage:         Prozent beträgt. Der Sozialverband BDH Bundesverband Rehabilitati-
Der drastische Anstieg der Wohn-         on e.V. fordert daher die Große Koalition in Berlin auf, sich verstärkt
kosten in den Ballungszentren! Un-       dem Kampf gegen die Armut zuzuwenden. Dazu erklärt die Bundes-
sere Städte benötigen neuen              vorsitzende des Verbandes, Ilse Müller:
Wohnraum, das ist mehr als offen-        „Der Großen Koalition fehlt eine       die Wirtschaftsleistung schwächelt,
sichtlich. Das Statistische Bundes-      große Erzählung, ein Projekt, das      soziale Haltelinien einzuziehen, die
amt hat nun Bilanz gezogen und die       die Partner von CDU/CSU und SPD        jedermann in unserem Land eine fi-
Zahl der Baugenehmigungen im             stärker aneinanderbindet und dem       nanzielle Mindestsicherung garan-
vergangenen Jahr aufgelistet. Die        Regierungshandeln eine gemeinsa-       tieren. Eine wirksame Mindestsi-
Wiesbadener Statistiker kamen zu         me Richtung gibt. Die in regelmäßi-    cherung muss sich kontinuierlich an
dem Ergebnis, dass 2018 von Ja-          gen Abständen veröffentlichten Ar-     die Preisentwicklung anpassen und
nuar bis November der Neubau             mutsberichte und die sehr reale Ge-    sollte den Menschen in Form einer
oder Umbau von 315.200 Wohnun-           fahr grassierender Altersarmut soll-   bedarfsgerechten Mindestrente und
gen genehmigt wurde. Das waren           ten ein deutliches Menetekel für das   eines Existenzminimums wenigs-
0,5 Prozent mehr als im Vorjahres-       politische Handeln der vor uns lie-    tens 1.000 Euro zur Verfügung stel-
zeitraum. Im Bereich der Neubau-         genden Jahre sein. Die Frage der       len. Wir empfehlen der Politik, das
vorhaben weist die Statistik ein Plus    sozialen Gerechtigkeit gehört wie-     Ziel der Teilhabegerechtigkeit in re-
von 1,3 Prozent auf rund 274.600         der auf den Kabinettstisch und         ales politisches Handeln zu über-
Wohnungen auf. Dieser Anstieg            muss im Parlament in ihrer ganzen      führen und so eine Gerechtigkeits-
geht ausschließlich auf das Plus         Tiefe erörtert werden! Sie kann die    politik für die Millionen von Armut
von Baugenehmigungen für Woh-            politischen Kontrahenten auf der       Betroffenen inhaltlich festzulegen,
nungen in Mehrfamilienhäusern zu-        politischen Meta-Ebene einen. Wir      die das Fundament legt, die wirt-
rück (+4,5 Prozent) – ein Indikator      erwarten von der Bundesregierung       schaftliche Spaltung unserer Ge-
dafür, dass mittelfristig etwas Druck    gerade jetzt in einer Phase, in der    sellschaft zu überwinden.“
vom Kessel gelassen werden dürf-
te. Wohnraumverdichtung und
schnellere Baugenehmigungsver-
fahren, eine temporäre Aussetzung
                                         Boom bei Minijobs ungebrochen
überstrenger Umwelt- und Dämm-           Der Arbeitsmarkt weist erhebliche Unwuchten auf. Mehr als jeder fünfte Er-
auflagen sowie eine Absenkung der        werbstätige arbeitet hierzulande in einem sogenannten Minijob. Dies be-
Grunderwerbsteuer wären nun              richtete die Rheinische Post. Das Blatt berief sich dabei auf Daten der Bun-
wichtige Schritte, um den deut-          desagentur für Arbeit (BA), die vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht
schen Immobilienmarkt auf mittlere       wurden. Zur Jahresmitte gingen etwa 7,6 Millionen der insgesamt 32,7 Mil-
Distanz wieder in ein sozialpolitisch    lionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einem von Steuern befrei-
akzeptables Gleichgewicht zu brin-       ten Minijob nach. Der Anteil der Minijobber liegt derzeit damit bei gut 23
gen. Rückläufig zeigt sich der Trend     Prozent. Vor fünfzehn Jahren lag ihr Anteil an der Erwerbsbevölkerung
bei Einfamilien- (-0,5 Prozent) und      noch 15 Prozent unter dem derzeitigen Wert. Ein Minijob ist für Arbeitneh-
Zweifamilienhäusern (-5,2 Pro-           mer eine steuerfreie und weitgehend abgabenbefreite Tätigkeit bis zu ei-
zent). Um die große Nachfrage            nem monatlichen Einkommen von 450 Euro. Arbeitgeber leisten reduzierte
nach Wohnungen zu decken, müss-          Abgaben. Etwa 8,5 Prozent der regulär Erwerbstätigen gingen neben der
ten in den kommenden Jahren jähr-        Haupttätigkeit noch einem Minijob nach. Auch Rentner nutzen diese Form
lich zwischen 350.000 bis 400.000        der Erwerbstätigkeit verstärkt. Etwa eine Million Senioren arbeitet in einem
Wohnungen in Deutschland neu             Minijob. Ihre Zahl verdoppelte sich seit 2003.
gebaut werden.

BDH-Kurier 3/4 2019                                                                                                     19
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