BDH gegen Kinderarmut - Wende in der Pflege - Rechts-beratung im BDH - BDH Bundesverband Rehabilitation
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71. Jahrgang ∙ 3/4 2019 Kurier Informationszeitschrift des BDH Wende Sonderbeilage Forum BDH 2019 in der Pflege Seite 3 BDH Rechts- gegen beratung Kinderarmut im BDH Seite 11 Seite 16
Aus dem Inhalt Grußwort Liebe Mitglieder und Freunde des BDH, unserem BDH stehen bedeutsame Ereignisse bevor. Wir stehen kurz vor der Übernahme des Bruder-Klaus-Krankenhauses in Aktuelles Waldkirch, das dann BDH-Klinik Waldkirch heißen soll. Gemein- Wende in der Pflegepolitik 3 sam mit unserer nur 12 Kilometer entfernten BDH-Klinik Elzach wird sie eine gewichtige Rolle in der südbadischen Gesundheitslandschaft spielen. Debatte über Hartz IV 5 Dazu passt sehr gut, dass unser Kreisverband Freiburg in Waldkirch seit Anfang Februar jede Woche mit sehr großer Resonanz qualifizierte Beratung im Sozial- ●●● recht anbietet. Denn als Sozialverband stehen wir seit fast 100 Jahren für Rat, Hilfe, Unterstüt- BDH-News zung und kompetente Vertretung. Die vermeintlich unbegrenzte Verfügbarkeit BDH gegen Kinderarmut 11 von Information im Netz hat eine Kehrseite: Wer alles finden kann, findet nichts. Qualifizierte Informationen stehen neben blankem Unsinn. Wer sich nur aufs Netz verlässt, ist verlassen. Deshalb kann und sollte jeder Kreisverband Beratungen anbieten! Unser flächen- deckendes Beratungsangebot wächst; im Wochentakt kommen neue Veranstaltun- gen dazu. Unser neues Forum BDH 2019, das Sie in der Heftmitte finden, bietet gleich neun Veranstaltungen zur Beratung im Kreisverband, die vielen unserer Mitglieder die Angst vor dem Beraten nehmen werden. Denn Beraten heißt erst einmal: Zuhören! Hören Sie also zu, lernen Sie von den betroffenen Mitgliedern, die unsere Hilfe suchen und greifen Sie jederzeit auf die Kompetenz Ihres BDH zurück, wenn Sie selbst Unterstützung brauchen. Und ja, auch der BDH nutzt die Chancen, die Internet, Social Media & Co. bieten. In diesem Kurier präsentiert sich unser neuer Kreisverband „BDH digital“, der kei- ●●● nen festen Standort mehr hat, äußerst selbstbewusst. Und das ist gut so! Selbstbewusst tritt der BDH auch sozialpolitisch auf. Wir haben die Gesundheits- BDH-Kliniken minister der Länder zu einem klaren „Ja“ zur flächendeckenden Schlaganfallver- Neues aus dem BDH 12 sorgung in Deutschland gedrängt und wir werden auch weiterhin keine Einschnitte in Strukturen dulden, die wir selbst über Jahrzehnte mit aufgebaut haben. Auch ●●● in Zukunft werden wir den Finger in Wunden legen, die offensichtlich sind. Ein Beispiel dafür ist der Beitrag unserer Bundesgeschäftsführerin Luitgard Lemmer in Sozialrecht diesem Heft, mit dem wir eine lose Folge von Fachartikeln im BDH-Kurier eröffnen. BDH-Rechtsfälle in der Praxis 16 Es grüßt Sie herzlich Ihre ●●● Ilse Müller Bundesvorsitzende des BDH Jugendseite 18 Bundesverband Rehabilitation ●●● Aus der Presse 19 Redaktion und Anzeigenschaltung: Thomas Kolbe ●●● Sitz: 53119 Bonn, Lievelingsweg 125,, Telefon: 0228/96984-0, Telefax: 0228/96984-99, BDH – E-Mail: t.kolbe@bdh-reha.de, www.bdh-reha.de Druck und Vertrieb: Land und Leute 21 Impressum DCM Druck Center Meckenheim GmbH Werner-von-Siemens-Str. 13, 53340 Meckenheim, Erscheinungsweise: Sechsmal im Jahr Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt Fotonachweis: (Chefredaktion): BDH Bundesverband Rehabilitation, BDH-Klinik BDH Bundesverband Rehabilitation Elzach, BMEL/Janine Schmitz/photothek.net, Sitz: 53119 Bonn, Lievelingsweg 125, Hans-Böckler-Stiftung Telefon: 0228/96984-0, Telefax: 0228/96984-99, E-Mail: info@bdh-reha.de, www.bdh-reha.de Der Kurier als Bundesorgan des BDH wird allen Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Bankverbindungen: Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr Bank für Sozialwirtschaft geliefert (kostenloser Bezug des BDH-Kuriers ist im Titelbild: Die Neurointensivwochen am Konto-Nr. 1180800, BLZ 37020500 entrichteten Mitgliedsbeitrag enthalten – (»mittel- Standort Gengenbach des IBAN DE44370205000001180800 BIC BFSWDE33XXX barer Bezugspreis«). Die mit Namen gezeichneten Artikel geben nicht immer die Auffassung des BDH-Therapiezentrums Ortenau Sparkasse KölnBonn Bundesvorstandes wieder. Unverlangt eingesandte Manuskripte werden zurückgesandt, sofern Porto sind eröffnet (S.14). BDH- Kto.-Nr. 14850069, (BLZ 37050198) beiliegt. Bundesvorsitzende Ilse Müller IBAN DE15370501980014850069 BIC COLSDE33 Die Chefredaktion behält sich Änderungen und beobachtet die Fortschritte von Bank für Sozialwirtschaft Kürzungen der Manuskripte, Briefe u. ä. auch der aus den Kreisverbänden zugestellten Beiträge, vor. Bundesschatzmeisterin Marlies Spendenkonto-Nr. 250 250, BLZ 37020500 IBAN DE51370205000000250250 Redaktionsschluss: Kirberger am Crosstrainer NuStep. BIC BFSWDE33XXX jeweils der 1. eines ungeraden Monats
Pflegepolitik ••• Die Zeitenwende Aktuelles ist längst da Zahlenspiele können Verwirrung stiften. Stehen hinter den Zahlenkolonnen der Statistiker Menschen, und das ist nicht selten der Fall, bewegen wir uns auf dünnem Eis. Glaskugelleser prognostizieren der Pflegewirtschaft in wenigen Jahren einen Arbeitskräftemangel von über 300.000 Mitarbeitern. Ob mit oder ohne Glaskugel: Der Handlungsbedarf ist unbestritten! Allen wilden Zahlenspielen zum dämmen. Sie lagen hierzulande zu- zu gestalten und, auf die Pflege be- Trotz ist eines klar: Die Zahl der letzt über 1.800 Euro im Monat! zogen, weiter daran zu arbeiten, Pflegebedürftigen steigt. Sie steigt dass junge Menschen eine berufli- sogar rasant, von gegenwärtig etwa Alles fabuliert von besseren Bedin- che Perspektive in einer Branche 3,2 Millionen auf bald fünf Millionen. gungen für die Pflege. Dann heißt sehen, die mehr ist als ein „Job“: Selbst wenn mehr als Zweidrittel es immer, man dürfe die Pflegen- Pflegearbeit bringt Generationen der Pflegebedürftigen daheim von den nicht vergessen und müsse zusammen, sie lehrt Menschlich- Angehörigen betreut werden, müs- pflegenden Angehörigen „unter die keit. Bessere Betreuungsschlüssel sen die Kapazitäten ambulanter Arme greifen“. Das alles ist richtig und monetäre Perspekti- und stationärer Pflegedienste in er- und es stimmt, dass sich die Politik ven bleiben den- heblichem Maße ausgebaut wer- unter dem wachsenden Druck einer noch funda- den. Das wird viele Milliarden kos- alternden Gesellschaft spürbar be- mentale Vor- ten. Hätte man doch gehandelt, als wegt. Eine alternde Gesellschaft ar- aussetzungen, noch Zeit war, möchte man am tikuliert andere Bedürfnisse als eine um in der Pfle- liebsten sagen. Doch der Konjunk- juvenile Bürgerschaft, die naturge- ge auch wirt- tiv schafft keine Veränderung, wir mäß andere Prioritäten setzt. Und schaftlich Fuß müssen den eingeschlagenen Weg es ist auch klar, dass der Staat als fassen zu kön- weitergehen. Und dieser weist in wichtigster Akteur in der Pflege nen und den Be- die richtige Richtung: 13.000 neue nicht nur eine Schiedsrichterfunkti- reich auf die Zeit Stellen in der Pflege sollen nun be- on wahrnimmt, die Interessen von schrumpfender setzt werden und Pflegebedürftige Kranken, Pflegenden, Angehörigen, Arbeitskräftezah- erhalten künftig einen leichteren Häusern, Versicherungen und Bei- len vorzuberei- Zugang zu Reha-Leistungen. tragszahlern in eine stabile Balance ten. Die Bundes- Grundsätzlich sind sich auch alle ei- zu bringen. Er ist selbst Teil dieses regierung handel- nig, dass es eines Jobwunders im komplexen Kräftefeldes, tritt als te zum Jahres- Pflegesektor bedarf, um den wach- Versicherung auf, betreibt öffentli- wechsel und senden Pflegebedarf abdecken zu che Pflegeheime und finanziert Tei- schob den Pflege- können. Und im Care-Bereich soll- le von Forschung und Lehre in die- beitragssatz um ten wir uns nicht mit halbgaren Lö- sem Bereich. Niemand sollte daher 0,5 Prozentpunk- sungen zufriedengeben! Wie sieht so vermessen sein, Maximalforde- te nach oben. es künftig mit Arbeitszeitregelungen rungen an die Politik zu stellen und Das übliche Ge- aus, die die Pflege von Angehöri- große Würfe einzufordern. Dazu ist schrei und Ge- gen noch stärker berücksichtigen der Bereich viel zu sensibel und zu jammere blieb und auch rentenrechtlich anerken- schwer auszutarieren. Wir sollten aus! Offenbar nen? Wie lassen sich die enormen vielmehr ein Interesse daran ha- fruchten die Dis- privaten Zuschussbeträge für einen ben, den Prozess des demografi- kurse. stationären Pflegeplatz wieder ein- schen Wandels im offenen Diskurs BDH-Kurier 3/4 2019 3
Teilhabe und Inklusion ationaler Aktionsplan ••• N Aktuelles der Bundesregierung Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat sich Deutschland zu dem Ziel der Teilhabe für Menschen mit Handicap bekannt. Es hakt und quietscht aber noch an vielen Stellen. In einem Zwischenbericht zieht die Bundesregierung dennoch ein positives Fazit. Gleichberechtigung und Teilhabe „hardfacts“ geht, wenn behinderte „Wichtige Rechtsetzungsvorhaben, sind gesellschaftspolitisch schwieri- Menschen auf Jobsuche sind, Be- wie das Bundesteilhabegesetz, das ge Begriffe, da sie aktiv mit Inhalt ge- triebe keine barrierefreien und ergo- GKV-Versorgungsstärkungsgesetz füllt werden müssen, um nicht als nomisch passenden Arbeitsplätze und das Erste und Zweite Pflege- Leerformeln im Niemandsland politi- bieten oder wenn sich Großbetriebe stärkungsgesetz oder die Weiterent- scher Diskurse zu versanden. Be- schlicht von ihrer Beschäftigungsob- wicklung des Behindertengleichstel- troffene, Sozialverbände wie der ligation freikaufen. Kommunen, Ar- lungsrechts, wurden verabschiedet. BDH, Selbsthilfegruppen, Vereine beitgeber, aber eben auch Institutio- Aber auch Projekte, wie die ‚Initiati- und eine wachsende Zahl von Enga- nen der Bundesregierung nehmen ve Inklusion‘ mit dem Ziel, mehr gierten helfen mit, Menschen mit daher Jahr für Jahr mehr Geld in die schwerbehinderte Menschen in re- physischen oder mentalen Handi- Hand um den „Chancenraum Inklu- guläre Arbeitsverhältnisse zu vermit- caps den Zugang zu einem mög- sion“ mit Leben zu füllen und zum teln, wurden umgesetzt und zeigen lichst selbstbestimmten Leben zu er- Mitmachen zu motivieren. Wirkung“, hieß es dazu in der Press- möglichen, Barrieren buchstäblich einformation des BMAS. Wie wird es beiseite zu räumen und dafür zu sor- Seit 2011 subsumiert die Bundesre- weitergehen? Künftige Handlungs- gen, dass der Besuch öffentlicher gierung ihre inklusionspolitischen felder sollen z. B. der “inklusive So- Einrichtungen, Schulen, Verwaltun- Aktivitäten im sogenannten „Natio- zialraum, Gewaltschutz, Digitalisie- gen, aber auch die Angebote des nalen Aktionsplan“. Zum Jahresen- rung, barrierefreies Gesundheitswe- ÖPNV zu selbstverständlichen Opti- de wertete das federführende Bun- sen oder der Ausbildungsinhalt „Bar- onen des Alltags und der Lebensge- desministerium für Arbeit und Sozia- rierefreiheit“ sein. staltung zählen. les (BMAS) 175 Maßnahmen aus dem neuen, 2016 begonnenen Akti- Das Ministerium verwies darauf, Doch es hakt noch immer ganz ge- onsplan, sowie 83 Maßnahmen aus dass 2016 mit über 1,2 Millionen so waltig, und darauf wies unser Vor- dem ersten aus und stellte fest, dass viele schwerbehinderte Menschen standsmitglied Josef Bauer während 61 Prozent dieser Projekte erfolg- wie noch nie einen sozialversiche- der Bundestagung in Fulda auch mit reich abgeschlossen, weitere 35 be- rungspflichtigen Job hatten und die klaren Worten hin, wenn es um die reits gestartet seien. Zahl der arbeitslosen schwerbehin- derten Menschen von 2014 bis 2017 um zehn Prozent sank. Möglicher- weise wächst ja doch die Zahl der Unternehmen, die mit Blick auf die Demografie Geld in die Hand neh- men und auf eine bunte Belegschaft setzen. Es wäre ein Gewinn für alle Seiten. Das Bundeskabinett be- schloss indes, den Nationalen Akti- onsplan 2.0 (NAP 2.0) bis Mitte 2020 fortzuführen. 4 BDH-Kurier 3/4 2019
Hartz-IV-Debatte ••• Wege aus der Aktuelles Armutsfalle Die Sozialdemokraten sind bemüht, das Reformerbe der Regierung Schröder abzuwickeln. Doch erzielt der politische Diskurs noch immer nicht die beabsichtigte Wirkung: Eine Verbesserung der Lohnsituation im unteren Einkommens- bereich. Ein zehn Jahre andauernder Auf- te sozialpolitische Haltelinie, einge- tung, die in der Vergangenheit er- schwung liegt hinter uns und jetzt, zogen im Jahre 2012 von der Gro- bracht wurde, alles andere ist unge- da sich die Anzeichen mehren, ßen Koalition unter Kanzlerin Ange- recht!“ dass der Boom Federn lässt, lichten la Merkel, konnte diesen Trend Ein anderes Thema ist die Berech- sich auch die Konjunkturnebel. Zeit nicht stoppen. Auch moderate nung der Regelsätze. „Wir müssen für eine wirtschaftliche Zwischenbi- Lohnerhöhungen auf breiter Tariff- darauf drängen, dass das Teilhabe- lanz! Prominent auf der Habenseite ront sickerten nicht in die unteren prinzip gilt. Jeder Bürger hat ein An- steht ein statistischer Etappensieg Lohnsegmente ein. Es ist ein hartes recht darauf, am kulturellen und so- der Reformer der rot-grünen Regie- Brot, mit Niedriglohn und unsiche- zialen Leben teilzunehmen, Teil der rungsjahre unter Bundeskanzler rer Jobprognose klarzukommen. Gesellschaft zu sein. Regelsätze, Gerhard Schröder. Mit der Zusam- Nun nimmt die Debatte wieder die den tatsächlichen Bedarf spie- menlegung von Sozialhilfe und Ar- Fahrt auf - Hartz IV soll auf den geln, gekoppelt an die allgemeine beitslosengeld, der damit einherge- Prüfstand, zumindest nach dem Lohnentwicklung – das wäre ein henden Verwaltungsreform und der Willen von Bundesarbeitsminister Schritt, den wir unterstützen.“ Bei Öffnung des Arbeitsmarkts für alter- Hubertus Heil (SPD), der Maßnah- aller Kritik an der nicht selten spür- native Beschäftigungsverhältnisse men zur Verbesserung der Lage für baren Distanz zwischen Politik und ist es gelungen, die offizielle Zahl die etwa sechs Millionen Menschen Bürger: Es ist einiges in Bewegung der Arbeitslosen von über fünf Milli- ins Auge gefasst hat, die Leistun- gekommen. Neben dem Mindest- onen seit der Jahrtausendwende zu gen nach dem Sozialgesetz bezie- lohn wurden verbindliche Rechte halbieren. Der Boom der Niedrig- hen. Sie benötigen wieder eine mu- auf Pflege- und Erziehungszeiten lohnjobs hat, das zeigt die positive tigere politische Repräsentanz in verankert, das Rückkehrrecht in Entwicklung der sozialversiche- Berlin, einen Sachwalter in ihren Vollzeit oder vorsichtige Schritte rungspflichtigen Vollzeitjobs, auch Angelegenheiten. Ein guter Anfang gegen die Altersarmut gewagt. das mittlere und obere Lohnseg- wäre es, die Ungleichbehandlung Deutschland will Auf- ment gestärkt. Und auch der deut- von Arbeitslosen zu beenden, die steigerland sein – sche Fiskus bejubelt Jahr für Jahr Leistungen der Arbeitslosenversi- dann darf der So- einen Haushaltsüberschuss, ge- cherung beziehen, und denen, die ckel nicht zu speist aus Niedrigzins und Steuer- Leistungen nach dem SGB II bezie- hoch sein! boom. hen. Hartz-IV wirkt wie ein Brems- Doch zu einer ehrlichen Bilanz zählt klotz für die Wiedereingliederung in auch ein Blick auf die Sollseite, die den Arbeitsmarkt, zudem haben eine nach wie vor persistente Land- viele ältere Jobsuchende über lan- zeitarbeitslosigkeit von über einer ge Jahre in die Sozialkassen einge- Million Menschen aufweist. Noch zahlt, um nun an den Rand des immer erhalten Azubis und Leihar- Existenzminimums gedrückt zu beiter, ein ganzes Heer von Arbei- werden – eine schreiende Unge- tern, Löhne, die zum Leben nicht rechtigkeit, wie auch BDH-Vorsit- ausreichen und aufgestockt werden zende Ilse Müller betont. „Hier muss müssen. Der Mindestlohn, eine ers- ein Ausgleich her für Erwerbsleis- BDH-Kurier 3/4 2019 5
Kinderarmut in Deutschland aben wir unser ••• H Aktuelles Wirtschaftswunder schöngeredet? Deutschlands Wirtschaft läuft nach wie vor rund. Selbst große geopolitische Risiken konn- ten der Konjunkturlokomotive nur wenig anhaben. Zahlen des Mikrozensus zeichnen für Millionen junger Bundesbürger ein anderes Bild. lS ozialexperten auch aufgrund verteilungspolitischer Pas- schlagen Alarm sivität weiter entfernt. Die Zahlen des Mi- krozensus zeigen: In Bremen, dem Spit- Die Studienzahlen des jüngs- zenreiter im Armutsranking, lebt jedes ten Mikrozensus sind alarmie- dritte Kind in Armut, in Sachsen-Anhalt rend, zumal sie zu Zeiten ei- sind es 28,7 Prozent. Wohlstand hat sich nes vielfach beschworenen, in den Regierungsbezirken Oberbayern, neuen Wirtschaftswunders er- Oberpfalz und Tübingen durchgesetzt. mittelt wurden. Zuletzt bestä- Dort liegen die Quoten stabil bei 9 bis tigte die Bertelsmann Stiftung 10,5 Prozent. Vor allem der Westen diesen gefährlichen Trend. scheint an Boden zu verlieren. Nordrhein- Seit Ende der Finanzkrise sind Westfalen verzeichnet einen Anstieg der Jahre stabiler Konjunktur ins Kinderarmut (27,7 Prozent). Im Osten Land gezogen. Die Arbeitslo- scheint der Trend hingegen gebrochen, sigkeit ist spürbar zurückge- die Zahlen bewegen sich moderat in eine gangen und die öffentlichen erfreulichere Richtung. Das zeigt: Die Po- Finanzen konnten sich ange- litik steht nicht „nackt“ da. Ökonomen und sichts Niedrigzinsen und spru- Sozialforscher raten dringend dazu, Bil- delnder Steuerquellen zumin- dungsbarriere zu überwinden. Kaum ein dest auf Bundesebene ent- anderes EU-Land weist eine so geringe spannen. Woher stammt also soziale Durchlässigkeit auf wie Deutsch- diese persistente Armut von land: Kinder armer Eltern kommen (Grafik: Hans-Böckler-Stiftung) Millionen, wenn doch wirt- schlechter aus den Startblöcken, schnei- Kinderarmut bleibt auch gegenwärtig ein schaftlicher Spielraum in ausreichendem den beim Schulbesuch statistisch deutsches Problem: Folgt man dem Wirt- Maße Gelegenheit böte, gegenzusteu- schlechter ab, studieren seltener und bre- schafts- und Sozialwissenschaftlichen In- ern? Fast scheint es, als drücke sich chen häufiger ihre Ausbildung ab. Wer al- stitut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, so Deutschland vor ganz zentralen Fragen so die Zukunft fairer gestalten will, muss leben bei uns 19 Prozent oder 2,47 Millio- wie der Bildungsgerechtigkeit, einer ge- jetzt versuchen, die „Bildungsrepublik nen Mädchen und Jungen in armen Fami- rechten Besteuerung hoher Einkommen, Deutschland“, eine weitgehende politi- lien. Als arm gilt, wem weniger als 60 Pro- Vermögen und Erbschaften. sche Leerformel, mit Leben zu füllen und zent des Durchschnittseinkommens zur den Bildungsraum neu zu definieren. Dies Deckung des täglichen Bedarfs zur Verfü- lR egionale Unterschiede schließt adäquate frühkindliche Betreu- gung stehen. Ein Rechenbeispiel: Eine zeigen Förderbedarf ungsangebote im ganzen Lande ebenso vierköpfige Familie (zwei Erwachsene, mit ein, wie auch bessere berufliche Ori- zwei Kinder unter 14) überschreitet die Von dem Ziel, ähnliche wirtschaftliche Le- entierung und Coaching, wo Not am Armutsschwelle ab einem verfügbaren bensverhältnisse im Bundesgebiet herzu- Mann ist, um jungen Menschen Perspek- Nettoeinkommen in Höhe von 1926 Euro. stellen, hat sich Deutschland jedenfalls tiven aufzuzeigen. 6 BDH-Kurier 3/4 2019
Grundrente ••• SPD setzt Union Aktuelles unter Druck Die Rentenversicherung bleibt auch 2019 eine politische Großbaustelle. Mit seinem Vorstoß zur Einführung einer Grundrente setzt der Bundesarbeitsminister seinen Koalitionspartner unter Zugzwang. Die Rentenpolitik hat in der Vergan- Hubertus Heil (SPD), der mit einem genheit schon so manche vielver- Vorstoß zur Einführung einer soli- BDH begrüßt sprechende politische Karriere jäh beendet. Der Politik muss in Zeiten darischen Grundrente diesem Ge- danken Rechnung trägt und so sei- Rentenvorstoß dramatischer Alterung die Quadra- nen Koalitionspartner CDU/CSU Mit dem Vorstoß zur solidarischen tur des Kreises gelingen. Sie muss unter Druck setzt, dieses Thema Grundrente fasst der Bundesar- mit den richtigen Entscheidungen weiter zu fassen, als man es bis- beitsminister nach Ansicht des die Belastungen für die junge Ge- lang mit der Mütterrente getan hat. BDH ein zentrales Gerechtigkeits- neration im Rahmen des wirtschaft- Heils Ansatz ist schnell skizziert problem ins Auge. Dazu erklärt die lich möglichen halten und zeitgleich und rekurrieren auf den Koalitions- Vorsitzende des Sozialverbands, Il- dafür Sorge tragen, dass nicht im- vertrag: Wer 35 Jahre lang in die se Müller: mer mehr Menschen als Folge des Rentenkasse eingezahlt hat, soll ei- „Die stagnierende Lohnentwicklung in expandierenden Niedriglohnsektors ne Rente erhalten, die die staatliche den unteren Segmenten des Arbeits- in die Altersarmut gleiten. In diesem Grundsicherung um zehn Prozent marktes zeigt, dass die Kampflinie ge- Spannungsfeld ist es nahezu un- übersteigt. Kindererziehungs- und gen die Altersarmut über die Tarif- und möglich, schnelle politische Erfolge Pflegezeiten sollen miteingerechnet Mindestlohnpolitik hinausreichen einzufahren. Zahlreiche konfligie- werden und auch eine Bedürftig- muss und wir eine solidarische Grund- rende Aspekte spielen in der Ren- keitsprüfung soll ausgeschlossen rente einsetzen müssen, die die offen- tenpolitik eine Rolle: Der aufgebläh- sein. Greifen soll die neue Rege- sichtlichen Webfehler auf dem Ar- te Niedriglohnsektor, längere Erzie- lung ab dem Jahr 2021, etwa vier beitsmarkt nachträglich ausbessert. hungs- und Pflegezeiten, Phasen Millionen Rentner sollen von der Wir begrüßen daher den Vorstoß von der Weiterbildung, in denen keine Regelung profitieren. Nachdem be- Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Rentenansprüche erworben wer- reits Heils Vorgängerinnen Ursula diesen solidarischen Ansatz aufzu- den konnten – alle diese Lebens- von der Leyen (CDU) und Andrea greifen und mit einer steuerfinanzier- phasen sollen künftig auch renten- Nahles (SPD) mit ähnlichen Vorstö- ten Grundrente eine klaffende Ge- rechtlich Berücksichtigung finden. ßen scheiterten, ist dies nun der rechtigkeitslücke schließen zu wollen. Unter dem Schlagwort der Lebens- dritte Anlauf, eine Lebensleistungs- Der Vorschlag klingt nicht zuletzt des- leistungsrente diskutieren Politik rente in Deutschland einzuführen, halb reizvoll, da auf eine bürokrati- und Wissenschaft unterschiedliche die sich von der strammen Ausrich- sche Bedürftigkeitsprüfung verzichtet Varianten, die im Prinzip denselben tung auf die reine Erwerbstätigkeit und somit ein sozialer Mindeststan- Gedanken spiegeln: Wer lange er- lösen soll. dard gesetzt werden soll. Es wird werbstätig war, Kinder großgezo- höchste Zeit, dass mit einem solchen gen und seine Angehörigen ge- rentenpolitischen Vorstoß, der ja auch pflegt hat, dem gebührt auch gesell- Kindererziehungs- und Pflegezeiten schaftlicher Dank. Und dieser muss berücksichtigt, die Lebensleistung ei- sich in der Rente niederschlagen, nes Menschen als Ganzes in der Al- findet auch Bundesarbeitsminister tersvorsorge abgebildet wird. Und die- se Leistung reicht nun einmal über die reine Erwerbstätigkeit hinaus.“ BDH-Kurier 3/4 2019 7
Teilhabepolitik ••• BDH fordert BDH-News wirksame Maßnahmen gegen Kinderarmut Deutschland ist ein reiches Land. Allerdings sind seine Mängel in der Verteilungspolitik kaum zu übersehen. Immer mehr Kindern droht der soziale Abstieg, bevor der Einstieg in ihr Leben überhaupt richtig beginnt. Armut kennt viele Seiten. Hierzu- Der BDH begrüßt aus diesem lande verschleiert sie sich in der Grund die intensiveren Bemühun- Regel. Offene Armut, Obdachlosig- gen von Kommunen und Bundes- keit und Hunger sind seltene Phä- ländern, frühkindliche Betreuungs- nomene, Lösungen wie Obdachlo- angebote und Ganztagsbeschulung senunterkünfte, kostenlose Spei- zum deutschlandweiten Standard sungen und medizinische Betreu- zu erheben und dies mit einem ung flächendeckend vorhanden. Ar- Rechtsanspruch zu untermauern. mut in Deutschland ist in erster Li- Es ist von fundamentaler Bedeu- nie ein Teilhabeproblem, sie mani- tung, den Zugang zu Bildung, musi- festiert sich nicht nur im Generatio- schem Unterricht und Sportverei- nenkonflikt, der einen wachsenden nen zu öffnen, Familien dort abzu- Graben zwischen der Erwerbsge- holen, wo sie sind und vor allem: Wenn es um Teilhabe geht, ist Teamwork gefragt. neration und Rentenbeziehern auf- die Kleinen zu begeistern und neue reißen lässt. Immer mehr Kinder Teilhabechancen und Partizipation sind armutsbedroht oder unmittel- zu ermöglichen. Die Schule ist der len nicht bedarfsgerecht, um eine bar von den wirtschaftlichen Proble- Nukleus, in dem alle zusammenfin- optimale Ernährung, Bildungsziele men ihrer Familien betroffen. den können: Pädagogen, Sozialbe- und das soziale Leben eines Her- treuer, Eltern und Schüler – und die anwachsenden adäquat abzubil- Auf 4,4 Millionen taxierte der Deut- Politik sollte dort sein, um gut zuzu- den. Es muss gerade auch finanzi- sche Kinderschutzbund (DKSB) die hören. Hier kann darüber gespro- ell sichergestellt sein, dass Aktivitä- Zahl der Kleinen, die im Transferbe- chen werden, was die Kinder benö- ten, die die Mittelschicht eines Lan- reich Leistungen wie den Kinderzu- tigen, es kann über Sport- und Mu- des als normal erachtet, nicht zu ei- schlag, das Wohngeld oder andere sikangebote informiert werden, nem unerreichbaren Luxusgut ei- Zuwendungen erhalten. Die Zahlen Nachhilfeunterricht organisiert und nes fernen Utopia aus dem Alltags- weisen auf ein wachsendes gesell- berufliche Orientierung angeboten leben weniger Wohlhabender ver- schaftliches Problem hin, denn werden. schwinden. In einem reichen Land nicht selten sind die von fehlender wie Deutschland müssen sportliche Kaufkraft und prekärem familialen Neben intensiven Gesprächen Aktivitäten, gemeinsame Hobbys, Umfeld betroffenen Kinder spätere müsse man ran an die Berechnung Kinoabende oder der Besuch von Verlierer, wenn es um die Bildungs- der Grundsicherung, so BDH-Vor- Kultureinrichtungen den familialen laufbahn, Karrierechancen und sitzende Ilse Müller, die sich eine Lebensraum bereichern können. Wohlstand geht. bedarfsgerechte Berechnung der Das muss der Anspruch unserer Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Sozialpolitik sein! Jugendliche wünscht. Die 322 Euro für 17jährige sind, um nur ein Bei- spiel zu nennen, beim besten Wil- BDH-Kurier 3/4 2019 11
BDH-Klinik Vallendar BDH-Klinik Elzach Dr. Guido Ketter ist neuer Netzwerk-Treffen BDH-News Ärztlicher Direktor der der Pflegedienstleitungen BDH-Klinik Vallendar der Neurokliniken An der BDH-Klinik Vallendar ging die Die Pflegedienstleitungen kamen aus Kliniken in Ba- ärztliche Verantwortung in neue Hände den-Württemberg, Bayern bis nach Niedersachen über. BDH-Bundesvorsitzende Ilse Mül- nach Elzach, um über aktuelle Entwicklungen des ler und Klinikgeschäftsführer Thomas Gesundheitswesens und speziell der Rehabilitation von Kessel verabschiedeten Dr. Rai- zu sprechen und Innovationen in der Pflege zu ent- mund Weber als Ärztlichen Direktor wickeln. Diesmal wurden ein Curriculum für die und führten Dr. Guido Ketter als seinen „Weiterbildung zur Gesundheits- und Nachfolger ein. Krankenpfleger(in) für neurologisch-neurochirurgi- Sie würdigten – wie der Leitende Oberarzt Guido Biller, sche Frührehabilitation“ erarbeitet und die Zertifizie- Pflegedienstleiter Jörg Biebrach, Therapieleiter Axel Kröll rung durch die DGNR in die Wege geleitet. Das Dau- und die Leiterin der Medizinisch-Beruflichen Rehabilitation erthema „Maßnahmen zur Personalgewinnung“ Birgit Heider-Neideck auch – die Arbeit von Dr. Weber, der fehlte ebensowenig wie die der Austausch über Aus- sich in den 8 Jahren als Ärztlicher Direktor der BDH-Klinik fallmanagementsysteme und die Umsetzung der Vallendar großen Herausforderungen stellen musste. Die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PPUGV). Einführung des DRG-Systems und die Entwicklung der BDH-Klinik Vallendar in den Schwerkrankenbereich hinein gestaltete Weber maßgeblich und ebnete den Weg in Rich- tung der Beatmungsmedizin. Webers Menschlichkeit, mit der er Ruhe und Gelassenheit in den Alltag der Klinik hin- „BDH digital“ einbrachte, wurde ebenso hervorgehoben wie sein großes Engagement bei Herzensprojekten von ihm, etwa die me- gegründet dizinische und rehabilitative Betreuung von Menschen mit Es ist vollbracht! Am Samstag, den 26.1.2019 Epilepsie. Alle wünschten Weber alles Gute. Ilse Müller: wurde der neue Kreisverband „BDH digital“ in „Sie haben die Segel gesetzt, um auf einen neuen Kurs zu der Bundesgeschäftsstelle in Bonn gegründet. gehen, ich wünsche ihnen für Ihre Zukunft viel Glück und Sein Angebot richtet sich vor allem an jüngere Tatkraft. Denn die Zukunft ist etwas, was wir nicht voraus- Menschen. sehen, aber möglich machen können!“ Weber bedankte Der digitale Kreisverband soll nun, wie es der Name sich sichtlich gerührt für die guten Wünsche. schon hergibt, ohne festen Standort existieren, das Dr. Guido Ketter, der Webers Nachfolge antritt, ist bereits heißt, die Betreuung der Mitglieder soll bundesweit seit einem Monat mitten im Tagesgeschäft und zeigte sich digital durchgeführt werden. Beratungen können be- dankbar für die herzliche Aufnahme in der BDH-Klinik Val- quem durch digitale Medien wie Skype, FaceTime lendar. Der Neurochirurg hatte am Neurologischen Reha- oder Sonstiges erfolgen. Die ersten Ziele für 2019 bilitationszentrum Godeshöhe die Beatmungs- und wurden bereits festgelegt: Um vor allem in den sozi- Weaningstation mit aufgebaut und war seit 2003 als freibe- alen Netzwerken bekannter zu werden, wird ein Fa- ruflicher Notarzt der Stadt Köln im regelmäßigen Einsatz- cebook- und ein Instagram-Account erstellt, in dem dienst tätig. Ilse Müller dankte dem Leitenden Oberarzt die Mitglieder immer aktuelle Informationen über Guido Biller für seinen Einsatz bei der kommissarischen den Kreisverband erhalten. Um junge Menschen ärztlichen Leitung des Hauses und begrüßte Dr. Ketter im konkret auf den Kreisverband aufmerksam zu ma- BDH. Müller: „Aus den Werten unseres gemeinnützigen chen, sollen, neben der Teilnahme an Veranstaltun- Verbandes heraus gestalten Sie nun als neuer Ärztlicher gen, Werbeartikel verteilt werden, die konform mit Direktor mit allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Interessen und Wünschen junger Menschen hochwertige Rehabilitation, um den Menschen, die ihnen sind.“ anvertraut sind, die größtmögliche Teilhabe an der Fülle des Lebens zu ermöglichen. Dafür wünsche ich Ihnen eine gute Hand“. 12 BDH-Kurier 3/4 2019
Interview „BDH digital“ BDH-News Frau Böhringer, der neue Kreisver- Wie ist der BDH digital denn aufge- Welche Ziele verfolgt der BDH digi- band „BDH digital“ ist online. Herzli- baut? tal? chen Glückwunsch! Ganz einfach: Die Betreuung der Wir wollen den BDH Bundesver- Danke schön! Mitglieder findet online statt. band Rehabilitation bekannter Durch E-Mail-Verkehr, Skype oder machen – vor allem bei jungen Können wir mit der Vorsitzenden andere Social-Media-Kanäle. Wir Menschen und ihnen den Aus- von „BDH digital“ noch ein analoges halten die Idee hinter dem BDH für tausch über soziale Netzwerke er- Interview führen? großartig, Solidarität und Selbst- möglichen. Dadurch wollen wir (lacht) Aber ja! „BDH digital“ heißt hilfe sind Werte, die gerade heute mehr Mitglieder gewinnen, die ja nicht, dass Gespräche abge- extrem wichtig sind. Aber unsere wiederum auf interessierte Men- schafft werden…. Mitglieder müssen nicht mehr ei- schen zugehen, die dann wieder nen Kreisverband an einem be- gemeinsam neue Konzepte entwi- Sondern? stimmten Ort angehören. Heute ist ckeln…… …dass der BDH im 21. Jahrhun- es normal, häufig umzuziehen, dert angekommen ist. Beratung beispielsweise im Beruf oder im Ich sehe, Sie haben einiges vor! beispielsweise ist von zuhause Studium. Wir ersparen vor allem Stimmt. aus möglich. Wer nicht kann oder jungen Menschen die ganze Ab- nicht möchte, kann einfach da- und Ummelderei und die An- Überschätzen Sie nicht die Be- heim vor seinem PC beraten wer- sprechpartner bleiben auch die- deutung von Social Media? den. Viele Menschen fühlen sich selben. Nein. Es gibt Selbsthilfegruppen zu damit übrigens auch wohler. Aber den unterschiedlichsten Themen auch der Austausch unserer Mit- Für wen ist der BDH digital ge- auf Facebook mit zehntausenden glieder untereinander ist sehr in- dacht? von Mitgliedern. Da müssen wir hin. tensiv, weil er weder an Termine Für alle, die Lust haben, online Oder nehmen Sie den Erfolg von In- noch an einen festen Ort gebun- Mitglied zu sein. Für jede und je- fluencern auf Instagram, die allein den ist. den, die Interesse an Kommunika- durch das Teilen von Produkten tion über soziale Netzwerke ha- oder Fotos Geld verdienen. Dann Wie sind Sie auf diese Idee gekom- ben. Für alle, die sich sehr intensiv sehen Sie welche Bedeutung Soci- men? über die Themen austauschen al Media hat und wie viele Men- Sehen Sie, ich bin 22. Für meine wollen, die ihnen wichtig sind. Für schen man so erreicht. Generation, die mit dem Smart- Kinder von betroffenen Menschen, phone aufgewachsen ist, ist es die sich untereinander austau- Ok. Aber sind die auch bereit, ei- völlig normal, einen Teil unserer schen wollen. Sie sehen: für alle nen ganz altmodischen Beitrag zu sozialen Kontakte online zu ge- eigentlich. bezahlen? (Weiter Seite 14) stalten. Warum damit nicht auch einen Beitrag für den BDH leisten. Also gar keine Treffen mehr? Doch, sicher, es ist genauso wich- tig, sich auch mal persönlich zu begegnen. Außerdem schreibt die Satzung beispielsweise Jahres- hauptversammlungen vor, zu de- Die Teilnehmerinnen nen man schon selbst kommen der Gründungsver- muss. Aber: Wir können beispiels- sammlung von „BDH weise Veranstaltungen bundes- digital“ von links: Frau Heuser, weit planen, so dass jeder die Frau Böhringer, Möglichkeit hat, mal an einer teil- Frau Nußbaum, zunehmen. Frau Bauer. BDH-Kurier 3/4 2019 13
Die Mitgliedschaft im BDH digital Verband bereithält, aber warum schen, die den BDH noch nicht kostet, wie in allen anderen Kreis- nicht auch mal ein Spiel? Vom gro- kennen jetzt www.bit.ly/BDHjetzt in BDH-News verbänden auch, 60 Euro im Jahr, 5 ßen Plus der Online-Beratung ha- ihr Smartphone eingeben. im Monat, 16 Cent am Tag. Ich bin ben wir ja schon gesprochen. Ich überzeugt, dass vielen Menschen bin zuversichtlich. Frau Böhringer, wir danken Ihnen das Eintreten für ihre Werte das für das Gespräch wert ist – wenn das Umfeld stimmt. Was wünschen Sie sich? Und der Mehrwert. Wir planen bei- Dass der „BDH digital“ dazu bei- Die Fragen stellte spielsweise die Entwicklung einer trägt, unseren Verband noch be- Dr. Thomas Urbach BDH-App, die Aktuelles aus dem kannter zu machen. Dass Men- BDH-Therapiezentrums Ortenau DH-NeuroIntensivWochen ••• B (NIWo) in Gengenbach Anfang Februar eröffnete der Standort Gengenbach des BDH-Therapiezentrums Ortenau seine Pforten und präsentiert seine NeuroIntensivWochen. Mit 3-4 Stunden Therapie über einen Zeit- raum von 3-5 Wochen sind häufig auch bei länger zurückliegenden Ereignissen substantielle Verbesserungen erreichbar, die auch in den Alltag übertragen werden können. Wissenschaftliche Studien belegen: setzen mit ihrer hochintensiven Therapierobotik und einzigartig in Evidenzbasierte, störungsspezifi- Therapie über mehrere Wochen ge- der Region. sche Therapie und eine hohe The- nau hier an. Die Behandlung sieht Übrigens: Von 16. bis 18. Mai wird rapieintensität (Frequenz) sind die täglich 3-4 Stunden Therapie über das Therapiezentrum Ortenau auf entscheidenden Faktoren für die er- einen Zeitraum von 3-5 Wochen der Reha- und Therapiemesse RE- folgreiche Behandlung von Patien- vor, wobei die Ziele individuell ver- HAB in Karlsruhe als Mitaussteller ten mit erworbenen Hirnschäden. einbart werden. Weitere Therapien am BDH-Stand vertreten sein und Das gilt für Schlaganfälle ebenso können hinzugebucht werden. Die sein Angebot am Stand N27/ Halle wie für andere neurologische Er- Therapie orientiert sich an wissen- 2 präsentieren. Ein Besuch der RE- krankungen. Ganz allgemein ist die schaftlichen Leitlinien, am Beginn HAB lohnt sich auf alle Fälle. Therapieintensität in Deutschland und am Ende jeder Behandlung viel zu niedrig. Auch viele Leitlinien stehen objektive Tests zur Erfolgs- Weitere Informationen empfehlen intensive Behandlungs- kontrolle. Die apparative Ausstat- und Kontakt unter intervalle, beispielsweise die Leitli- tung (Gangtrainer, Armeo etc.) ist 0781 – 92 40 50 oder nie „Rehabilitation der Mobilität auf dem allerneuesten Stand der www.bdh-niwo.de nach Schlaganfall – ReMoS“. Das neue Angebot BDH-NIWo ist des- halb eine echte Alternative zur stati- onären Reha bei deutlich geringe- ren Kosten und gleichzeitig höherer Behandlungsdichte und –frequenz. Der hohe Verordnungsumfang dank extrabudgetärer Verordnungsmög- lichkeiten meist unproblematisch. Die NeuroIntensivWochen des BDH-Therapiezentrums Ortenau Der große Behandlungsraum des Zentrums in Gengenbach 14 BDH-Kurier 3/4 2019
Sozialrechtliche Beratung ••• Sozialrechtliche Sozialrecht Beratung im BDH – unsere Quoten 2018 Die sozialrechtliche Beratung unserer Mitglieder zählt zu den zentralen Verbandsaufgaben. Im Jahr 2018 endeten zwei von drei Verfahren mit einem positiven Ergebnis für unsere Mitglieder. Im zurückliegenden Jahr betreute unsere Die Auswertung der Verfahren zeigt, dass gestellungen beziehen sich demnach vor Rechtsabteilung im Namen unserer Mit- es sich bei ungefähr 45 Prozent um An- allem auf das Schwerbehindertenrecht glieder deutschlandweit über 1839 Ver- träge handelte, die wir für unsere Mitglie- und die Rentenversicherung. fahren. Die sozialrechtliche Beratung der stellen. 37 Prozent der Verfahren wa- wird von der Bundesgeschäftsstelle in ren Widersprüche Bonn sowie durch die Regionalgeschäfts- und in 13 Prozent stellen in Berlin, Saarbrücken, Hessisch legten wir sogar Oldendorf, Stuttgart, Bad Malente, Mön- Klage für unsere chengladbach und Fulda vorgenommen. Mitglieder ein. Suchen Sie Beratung im Vorfeld, dann besteht die Möglichkeit, sich vor und in Wie sich die Verfah- unseren Sprechstunden fachkundig und ren unserer Rechts- individuell von uns beraten lassen. Wann vertretung geogra- und wo unsere Sprechstunden stattfin- fisch aufteilen, zeigt den, erfahren Sie auf unserer Homepage, die folgende Abbil- unter: www.bdh-reha.de. Wir freuen uns dung. entnehmen. auf Ihren Besuch und stellen unsere Er- Die rechtlichen Fra- fahrungen gern in Ihre Dienste. Weiterhin führten wir 2018 erstmals eine Evaluation der Sprechstunden durch und befragten Personen, die zur sozialrechtli- chen Sprechstunde bei uns waren, hin- sichtlich ihrer Erfahrungen und Einschät- zungen. Die folgende Abbildung zeigt die Verteilung der Sprechstunden pro Ort, bei der besonders Fulda heraussticht. Bei dieser Befragung konnte der BDH durch seine Beratungsqualität glänzen. Über 90 Prozent der Befragten waren überaus zufrieden mit der Beratung und würden den BDH jederzeit weiterempfeh- len. Anna Victoria Böhringer, Assistentin der Geschäftsführung BDH-Kurier 3/4 2019 15
Sozialrecht – BDH-Fälle Rechtspraxis aus der Verbandsarbeit Sozialrecht In der aktuellen Ausgabe unseres BDH-Kuriers skizzieren wir Ihnen zwei Fälle, die beispielhaft für die Arbeit des BDH stehen, der sich vor den Sozialgerichten kompetent für die Rechte seiner Mitglieder einsetzt. 1. Ein Fall aus der 2. Fall aus dem OEG gesetzlichen Unfallversicherung Im Oktober 2016 wurde unser heu- Ein Mitglied aus dem Kreisverband Mettmann, Jahrgang 1955, erlitt 1973 te 43 Jahre altes Mitglied im An- einen schweren Unfall auf dem Schulweg mit seinem Mofa. Die diagnosti- schluss an einen Kneipenbesuch zierte komplizierte Sprunggelenksfraktur wurde umgehend operativ ver- Opfer einer schweren Gewalttat. sorgt, doch war unser Mitglied nicht darüber informiert, dass im Falle ei- Unbekannte griffen überraschend ner Verschlimmerung der Unfallfolgen die Möglichkeit besteht, einen An- und ohne Grund unser Mitglied mit trag auf Neufeststellung der gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Eisenstangen an. Folgen der Tat Unfallkasse zu stellen. Erst nach dem Hinweis des Versorgungsamts stell- waren ein Schädelhirntraum dritten te die Dame im Jahre 2007 den entsprechenden Antrag, da sich bei ihr ei- Grades, interzerebrale Blutungen, ne posttraumatische Arthrose entwickelt hat, die zu belastungsunabhängi- eine Schädelfraktur sowie ein hirn- gen Schmerzen führt sowie einer erheblichen eingeschränkten Beweg- organisches Psychosyndrom. Dau- lichkeit des Gelenks. 2007 wurde das 1. Renten-Gutachten erstellt, mit erhafte gesundheitliche Beein- dem Ergebnis einer MdE von 20 Prozent bis 2.3.2007, im Anschluss 25 trächtigungen sind eine latente He- Prozent. Ein weiteres Gutachten schlug eine MdE von 30 Prozent ab miparese, Taubheitsgefühle im Ge- 2003 vor. Der Beratungsarzt der Unfallkassen folgte dem – nach Aktenla- sicht, kognitive Störungen, Ge- ge! – nicht. Vier Jahre nach Antragsstellung erging am 20.11.2011 ein Be- dächtnis- und Konzentrationsstö- scheid über eine MdE 20 ab 2003. Ab dem Widerspruchsverfahren über- rungen und psychische Störungen nahm der BDH die Vertretung der Dame. Nach einer weiteren Begutach- (Schlaf- und Angststörungen). Mit tung wurde ab dem 1.5.2013 eine Rente nach einer MdE von 30 Prozent Bescheid des Versorgungsamts gewährt. Auf Basis der Gutachtenlage empfahl die Rechtsvertretung des vom 19.8.2016 wurde ab Oktober BDH die Klage. Im Rahmen der Beweisaufnahme 2014 ein GdS von 70, ab Mai 2015 holte das Sozialgericht Münster ein weiteres von 60 und ab Juli 2016 von 50 Gutachten ein, worin der Sachverständige festgestellt. Auch wurde eine vor- die MdE 30 Prozent zumindest schon ab bestehende psychische Störung dem 1.2.2011 bestätigte, mit dem Hin- angenommen. Ab dem Wider- weis, dass das Ausmaß der Einschrän- spruch übernahm der BDH die kungen schon viel früher vorgelegen ha- Rechtsvertretung des Opfers, wo- ben muss, aber leider nicht nachvollziehbar bei der Widerspruch ohne weitere durch Röntgenbilder und fundierte Mes- Aufklärung als unbegründet zu- sungen belegt ist. Am 12.3.2018 er- rückgewiesen wurde. Im Rah- kannte die Unfallkasse eine MdE ab men des Klageverfahrens holte dem 1.2.2011 in Höhe von 30 Prozent das Sozialgericht Fulda ein an, wollte aber zunächst einen Ver- neuropsychologisches Gutach- gleich schließen, in dem unser Mitglied ten sowie eines der Rentenver- auf die Verzinsung verzichtet hätte. Dem sicherung ein. Aufgrund dessen haben wir in Anbetracht der langen Verfah- erfolgte dann eine Anerkennung rensdauer sowie der mangelhaften Qualität der der Schädigung in Höhe von 80 ab ersten Gutachten nicht zugestimmt, wor- Oktober 2014 und in Höhe von 70 aufhin dann ein volles Anerkenntnis der ab Juli 2016 durch das hessische Ansprüche unseres Mitglieds folgte. Versorgungsamt. 16 BDH-Kurier 3/4 2019
Familie Paddel und der Versicherungsalltag Sozialrecht Heute: Felix fällt vom Stuhl Unser Kolumnist: Von: Peter Rosendahl Peter Rosendahl Nun bewohnen die Paddels das neu bezogene Haus mit fünf Personen. Papa Felix mit Mutter Felicitas und Tochter Lina sind jetzt Vermieter von Felicitas` Eltern, die regelmäßig Lina vom Kindergarten abholen und auf sie aufpassen Nun bewohnen die Paddels das weh“, stellt Felix fest. Nach drei Mo- Kontakt: neu bezogene Haus mit fünf Perso- Versicherungen Rosendahl naten kann Felix endlich wieder voll nen. Papa Felix mit Mutter Felicitas Klosterstraße 17 arbeiten, aber ganz ausgeheilt ist und Tochter Lina sind jetzt Vermie- 33428 Marienfeld der Beinbruch immer noch nicht. ter von Felicitas` Eltern, die regel- Der Arzt hatte ja schon angekün- Telefon: 0 52 47 – 40 42 30 digt, dass vermutlich ein Folge- mäßig Lina vom Kindergarten ab- Telefax: 0 52 47 – 40 42 329 holen und auf sie aufpassen. schaden zurückbleiben wird. Am et- E-Mail: info@romavers.de www.romavers.de was schlechteren Heilungsverlauf Um etwas für die Rente zu tun und ist sicherlich auch sein Diabetes gleichzeitig Steuern zu sparen, wur- nicht ganz schuldlos. Der Unfallver- de aufgrund der guten Einkom- die Operation reibungslos. Als An- sicherung hatte er den Unfall ja mensverhältnisse für Felicitas eine gestellter bekommt Felix zunächst auch sofort gemeldet und nach ei- Basis-/Rürup-Rentenversicherung sechs Wochen Gehaltsfortzahlung nem Jahr begutachtet ein Arzt den abgeschlossen, in die zum Jahres- in voller Höhe. Danach bekommt er verbliebenen Folgeschaden. Es ende die Bonus-Zahlung – die Felix lediglich noch Krankengeld. Es be- kommt eine Invaliditäts-Entschädi- von seinem Arbeitgeber erhält – als trägt 70 Prozent des Brutto-Ver- gung zur Auszahlung, die Paddels Zusatzbeitrag eingezahlt werden diensts, aber nicht mehr als 90 Pro- für die Garten-Umgestaltung gut soll. Dann passiert`s: Beim Anbrin- zent des Nettoverdienstes. Dazu gebrauchen können. gen einer Lampe verzichtet Felix muss er von seinem Krankengeld darauf, die Standleiter mit in den dann den Arbeitnehmeranteil zur „Ist das nicht schön,“ sagt Felix, Wohnbereich seiner Schwiegerel- gesetzlichen Sozialversicherung „dass wir das Geld aus der Unfall- tern zu nehmen und stellt sich statt- selbst entrichten. Letztendlich blei- versicherung nun für den Garten dessen auf einen Hocker. Eine fal- ben ihm ca. 80 Prozent seines letz- und nicht zum Abzahlen von Schul- sche, unbedachte Bewegung, Felix ten Nettoeinkommens als Kranken- den benutzen können, weil die rutscht ab und schlägt unglücklich geld übrig. Krankentagegeldversicherung uns mit seinem rechten Bein auf die vor finanziellem Schaden bewahrt Werkzeugkiste, die direkt neben „Wie gut, dass ich damals die Kran- hat?“ Felicitas antwortet: „Ja, ja, die dem Hocker steht. kentagegeldversicherung abge- Paddels und ihre Versicherun- schlossen habe!“, sagt Felix. „Nun gen…“ Weil Felix sich kaum noch bewegen bekommen wir die Differenz zum kann, wird ein Krankenwagen geru- normalen Nettoverdienst durch die- In der nächsten Ausgabe lesen Sie: fen. Beim Röntgen stellt sich ein se Versicherung ausgeglichen. Stell „Felix kommt auf den Hund“ mehrfacher, komplizierter Bein- dir mal vor, wir müssten die ganzen bruch heraus. Ca. 8-12 Wochen Kosten für das Darlehen vom Haus, „Pause“ werden ihm vom Arzt direkt den Lebensunterhalt, den Urlaub prognostiziert. Zum Glück gelingt und letztlich die Versicherungen mit 20 Prozent weniger Einkommen be- streiten. Das täte schon ganz schön BDH-Kurier 3/4 2019 17
ugend im Gespräc Ausflugstipp: Es riecht nach Frühling Wen es mal in das schöne Ostwestfalen verschlägt, Erinnert sich noch jemand an Glaubt man den Wetterexperten der sollte einen Ausflug die frostigen Temperaturen An- in Funk und Fernsehen, dann ist zum Tierpark Olderdissen fang letzten Jahres? Wochen- der Winter aber leider noch lan- einplanen. Ganz in der lang stieg die Anzeige auf dem ge nicht vorbei, denn bis in den Nähe von Bielefeld im Teu- Thermometer nicht über 0 Grad April hinein kann es nochmal toburger Wald liegt dieses Celsius und Handschuhe, Mütze richtig kalt werden. Und das, ob- idyllische Fleckchen Natur, und dicke Wollsocken gehörten wohl bereits am 1. März der me- das auf einem großflächi- zur – nicht unbedingt schicken, teorologische Frühlingsbeginn gen Gelände 450 Tieren dafür aber notwendigen – tägli- ist. Aber Frühling bedeutet eben 90 verschiedener Arten ein chen Ausrüstung. Der eigene auch nicht Sommer. Ein eindeu- Zuhause bietet. Von Wöl- Atem war in Form von kleinen tiges Zeichen dafür, dass der fen, über Otter, Braunbären weißen Wölkchen ein ständiger Jahresbeginn in diesem Jahr Begleiter und die Eisschicht auf dennoch nicht so kalt sein wird, bis hin zu Luchsen gibt es den Autos war kaum mehr zu wie im Vorjahr, sind die Zugvö- einiges zu bestaunen. Der entfernen. gel. Wer in den vergangenen Park zieht Menschen jeden Tagen und Wochen einen Blick Alters an und ist besonders In diesem Jahr gestaltet es sich in den Himmel geworfen hat, bei Familien mit kleinen bisher anders: Der Frühling hat wird vermutlich den ein oder an- Kindern beliebt. Die Wege bereits Mitte Februar Einzug er- deren Schwarm Kraniche gese- sind befestigt und an eini- halten und Ende des Monats hen (und höchstwahrscheinlich gen Gehegen gibt es sogar sind die Temperaturen bis auf auch gehört) haben. Nach ihrer Erklärungen zu den Bewoh- 20 Grad geklettert. Die Leute Überwinterung in wärmeren Ge- nern in Punktschrift. Der sitzen bereits draußen im Eisca- filden wie Frankreich oder Spa- Tierpark kann zu jeder Ta- fé und genießen die warmen nien, treibt es diese Zugvögel im ges- und Nachtzeit besucht Sonnenstrahlen bei blauem Laufe des Frühjahres wieder zu werden. Der Eintritt ist kos- Himmel. Hier und da riecht man uns. Und je häufiger man ihre tenlos und ein Besuch lohnt von den Balkonen und aus den Rufe vom Himmel hört, desto sich. Gärten die erste Holzkohle vom mehr wächst die Hoffnung, dass Angrillen und auch die Jogger der Winter bald ein Ende hat. und Spaziergänger lassen sich Dann heiß es: Auf Wiedersehen wieder vermehrt sehen (das Mütze, Handschuhe und Eisfrei- Jahr ist schließlich noch jung Spray und hallo Frühling! und die guten Vorsätze frisch gefasst). Maike Bauer
Zahl der Baugeneh- BDH: Koalition braucht neue Erzählung migungen steigt Armut ist auch in Deutschland ein sehr reales Problem. Immer wieder kommen Forscher in ihren Armutsberichten zu dem Schluss, dass Aus der Presse Es ist vielleicht das zentrale sozial- der Anteil armer Menschen an der Bevölkerung inzwischen über 16 politische Problem unserer Tage: Prozent beträgt. Der Sozialverband BDH Bundesverband Rehabilitati- Der drastische Anstieg der Wohn- on e.V. fordert daher die Große Koalition in Berlin auf, sich verstärkt kosten in den Ballungszentren! Un- dem Kampf gegen die Armut zuzuwenden. Dazu erklärt die Bundes- sere Städte benötigen neuen vorsitzende des Verbandes, Ilse Müller: Wohnraum, das ist mehr als offen- „Der Großen Koalition fehlt eine die Wirtschaftsleistung schwächelt, sichtlich. Das Statistische Bundes- große Erzählung, ein Projekt, das soziale Haltelinien einzuziehen, die amt hat nun Bilanz gezogen und die die Partner von CDU/CSU und SPD jedermann in unserem Land eine fi- Zahl der Baugenehmigungen im stärker aneinanderbindet und dem nanzielle Mindestsicherung garan- vergangenen Jahr aufgelistet. Die Regierungshandeln eine gemeinsa- tieren. Eine wirksame Mindestsi- Wiesbadener Statistiker kamen zu me Richtung gibt. Die in regelmäßi- cherung muss sich kontinuierlich an dem Ergebnis, dass 2018 von Ja- gen Abständen veröffentlichten Ar- die Preisentwicklung anpassen und nuar bis November der Neubau mutsberichte und die sehr reale Ge- sollte den Menschen in Form einer oder Umbau von 315.200 Wohnun- fahr grassierender Altersarmut soll- bedarfsgerechten Mindestrente und gen genehmigt wurde. Das waren ten ein deutliches Menetekel für das eines Existenzminimums wenigs- 0,5 Prozent mehr als im Vorjahres- politische Handeln der vor uns lie- tens 1.000 Euro zur Verfügung stel- zeitraum. Im Bereich der Neubau- genden Jahre sein. Die Frage der len. Wir empfehlen der Politik, das vorhaben weist die Statistik ein Plus sozialen Gerechtigkeit gehört wie- Ziel der Teilhabegerechtigkeit in re- von 1,3 Prozent auf rund 274.600 der auf den Kabinettstisch und ales politisches Handeln zu über- Wohnungen auf. Dieser Anstieg muss im Parlament in ihrer ganzen führen und so eine Gerechtigkeits- geht ausschließlich auf das Plus Tiefe erörtert werden! Sie kann die politik für die Millionen von Armut von Baugenehmigungen für Woh- politischen Kontrahenten auf der Betroffenen inhaltlich festzulegen, nungen in Mehrfamilienhäusern zu- politischen Meta-Ebene einen. Wir die das Fundament legt, die wirt- rück (+4,5 Prozent) – ein Indikator erwarten von der Bundesregierung schaftliche Spaltung unserer Ge- dafür, dass mittelfristig etwas Druck gerade jetzt in einer Phase, in der sellschaft zu überwinden.“ vom Kessel gelassen werden dürf- te. Wohnraumverdichtung und schnellere Baugenehmigungsver- fahren, eine temporäre Aussetzung Boom bei Minijobs ungebrochen überstrenger Umwelt- und Dämm- Der Arbeitsmarkt weist erhebliche Unwuchten auf. Mehr als jeder fünfte Er- auflagen sowie eine Absenkung der werbstätige arbeitet hierzulande in einem sogenannten Minijob. Dies be- Grunderwerbsteuer wären nun richtete die Rheinische Post. Das Blatt berief sich dabei auf Daten der Bun- wichtige Schritte, um den deut- desagentur für Arbeit (BA), die vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht schen Immobilienmarkt auf mittlere wurden. Zur Jahresmitte gingen etwa 7,6 Millionen der insgesamt 32,7 Mil- Distanz wieder in ein sozialpolitisch lionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einem von Steuern befrei- akzeptables Gleichgewicht zu brin- ten Minijob nach. Der Anteil der Minijobber liegt derzeit damit bei gut 23 gen. Rückläufig zeigt sich der Trend Prozent. Vor fünfzehn Jahren lag ihr Anteil an der Erwerbsbevölkerung bei Einfamilien- (-0,5 Prozent) und noch 15 Prozent unter dem derzeitigen Wert. Ein Minijob ist für Arbeitneh- Zweifamilienhäusern (-5,2 Pro- mer eine steuerfreie und weitgehend abgabenbefreite Tätigkeit bis zu ei- zent). Um die große Nachfrage nem monatlichen Einkommen von 450 Euro. Arbeitgeber leisten reduzierte nach Wohnungen zu decken, müss- Abgaben. Etwa 8,5 Prozent der regulär Erwerbstätigen gingen neben der ten in den kommenden Jahren jähr- Haupttätigkeit noch einem Minijob nach. Auch Rentner nutzen diese Form lich zwischen 350.000 bis 400.000 der Erwerbstätigkeit verstärkt. Etwa eine Million Senioren arbeitet in einem Wohnungen in Deutschland neu Minijob. Ihre Zahl verdoppelte sich seit 2003. gebaut werden. BDH-Kurier 3/4 2019 19
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