Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen

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Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen
Unternehmen Gesundheit
Marktdaten – Macher – Menschen
                                        Die Weiterbildung
                                                Akademie der Wirtschaft

      Industrie- und Handelskammer   89520 Heidenheim         73430 Aalen
      Ostwürttemberg                 Tel. 07321 324-168       Tel. 07361 5692-0
                                     E-Mail: seminare@        E-Mail: zentrale-biz@
                                     ostwuerttemberg.ihk.de   ostwuerttemberg.ihk.de
Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen
IHK Ostwürttemberg – die regionale Selbstverwaltung der Wirtschaft
Die IHK Ostwürttemberg ist die regionale Selbstverwaltung der Wirtschaft im Landkreis Heidenheim und im Ost-
albkreis. Wir vertreten die Gesamtinteressen unserer knapp 27.500 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel
und Dienstleistung. Für den Staat nehmen wir hoheitliche Aufgaben wahr. Als kritisch-konstruktiver Partner der
Politik und unabhängiger Anwalt des Marktes sind wir das wirtschaftspolitische Sprachrohr in Ostwürttemberg.

Mit unseren sechs Geschäftsfeldern
    •    Standortpolitik
    •    Starthilfe und Unternehmensförderung
    •    Aus- und Weiterbildung
    •    Innovation I Umwelt
    •    International
    •    Recht I Fair Play
sind wir kundenorientierter Dienstleister für die Unternehmen der Region.
In dem, was wir tun, folgen wir unserem Kundencredo:

„Wir machen uns stark für Ihren Erfolg.“

Herausgeber                                                      Autoren
Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg                      Anita Hausen MPH
Branchenkoordination Gesundheit                                  Gesundheitsmanagement
Postfach 14 60, 89504 Heidenheim                                 Hochschule Aalen
Büroanschrift:                                                   Tel. 07361 576-2185
Ludwig-Erhard-Straße 1, 89520 Heidenheim                         E-Mail: Anita.Hausen@htw-aalen.de
Tel. 07321 324-0
Fax 07321 324-169                                                Markus Schmid
E-Mail: zentrale@ostwuerttemberg.ihk.de                          IHK Ostwürttemberg
Internet: www.ostwuerttemberg.ihk.de                             Tel. 07321 324-183
                                                                 E-Mail: schmid@ostwuerttemberg.ihk.de

                                                                 Studentische Mitarbeitende
                                                                 Hannah Klöpfer
                                                                 Judith Mack
                                                                 Daniel Renz
                                                                 Debora Ziegler

                                                                 Stand: Mai 2010

Bildquellen:        Paul Hartmann AG, Carl-Zeiss Meditec AG, Fotolia, Weleda AG, JRS Pharma GmbH, Klinikum Heidenheim,
                    Ostalbklinikum, St. Anna-Virngrundklinik, Pädagogische Hochschule, Stadt Aalen, Fotostudio KD Busch (Fellbach)
Gesamtherstellung: Druckerei Bairle GmbH (Dischingen)

© 2010 IHK Ostwürttemberg. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung auf Papier und elektronischen Datenträgern
sowie Einspeisung in Datennetze nur mit Genehmigung des Herausgebers. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfältigkeit erarbeitet
und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die IHK
Ostwürttemberg keine Gewähr.
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Inhaltsverzeichnis

Vorwort                                               4

1     Wirtschaftliche Bedeutung                       5
      der Gesundheitswirtschaft

2     Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg     7
2.1   Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft   7
2.2   Bereiche der Gesundheitswirtschaft              8
2.2.1 Kernbereich der ostwürttembergischen            9
      Gesundheitswirtschaft
2.2.2 Vorleistungs- und Zulieferindustrien            9
      in Ostwürttemberg
2.2.3 Randbereiche und Nachbarbranchen                10
      in Ostwürttemberg
2.3   Marktvolumen und Beschäftigungseffekte          10
2.4   Bedeutende Unternehmen der regionalen           11
      Gesundheitswirtschaft
2.4.1 Kliniken in Ostwürttemberg                      20
2.5   Pflege und medizinische Versorgung              23
      im Ländlichen Raum
2.5.1 Medizinische und pflegerische Versorgung        24
      in Ostwürttemberg

3     Bildung im Gesundheitswesen                     25
3.1   Hochschulausbildung                             25
3.2   Aus- und Weiterbildungsangebote                 30

4     Projekte und Initiativen in Ostwürttemberg      31

5     Ausblick und Herausforderungen                  37

            Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg        3
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Vorwort

    Die Gesundheitswirtschaft ist schon heute ein wichtiger volkswirtschaftlicher Faktor und sie gilt als eine der dynamisch
    wachsenden Wirtschaftsbereiche. In Deutschland hat die Gesundheitswirtschaft jetzt schon großes wirtschaftliches
    Potenzial mit einen Anteil von elf Prozent am Bruttoinlandsprodukt und mit 4,5 Millionen Beschäftigten.

    Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg weist ein umfangreiches Potenzial auf. So sind sowohl weltweit tätige
    Unternehmen als auch regionale Dienstleistungs- und Handelsunternehmen in den verschiedenen Branchen der
    Gesundheitswirtschaft ansässig. Mit Blick auf die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung besitzen beispielsweise
    die regionalen Kliniken bedeutende Schwerpunkte, die zugleich den Charakter eines Alleinstellungsmerkmals haben.
    Darüber hinaus treibt die Region zukunftsweisende Projekte sowie Bildungsangebote im Gesundheitsbereich voran.

    Die Nachfrage nach hochwertigen Gesundheitsleistungen wird in den kommenden Jahren zunehmen. Gründe dafür
    sind unter anderem der demografische Wandel und das sich verändernde öffentliche Gesundheitssystem. Damit die
    wirtschaftlichen Potenziale dieses Wirtschaftszweiges in Ostwürttemberg künftig noch stärker ausgeschöpft werden
    können, müssen zunächst die Fakten bekannt sein. Aus diesem Blickwinkel entstand die Idee zur Studie
    „Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg“. Das Ziel der Studie ist zum einen, die aktuelle Situation der regionalen
    Gesundheitswirtschaft aufzuzeigen und zum anderen das zukünftige Potenzial der regionalen Gesundheitswirtschaft
    darzustellen.

    Die Studie zur Gesundheitswirtschaft wurde gemeinsam mit der IHK Ostwürttemberg und dem Studiengang
    Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen erstellt. Mit dieser Studie stellen wir Ihnen erstmalig für die
    Region gebündelte Fakten zu den Strukturen, Projekten, Initiativen und zu den Aus- und Weiterbildungsangeboten
    in der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft zur Verfügung. Darüber hinaus stellen Experten der
    Gesundheitswirtschaft in Interviews ihre Geschäftsmodelle, Herausforderungen der Branche vor und bewerten den
    Standort Ostwürttemberg.

    Die Studie will einen Impuls zur stärkeren Vernetzung zwischen den verschiedenen Branchen in der regionalen
    Gesundheitswirtschaft setzen. Denn eine dynamische und zukunftsweisende Weiterentwicklung der ostwürttem-
    bergischen Gesundheitswirtschaft kann nur gemeinsam gelingen.

    Markus Schmid		                                                  Anita Hausen MPH
    Geschäftsfeldleiter		                                            Wissenschaftliche Mitarbeiterin
    Starthilfe und Unternehmensförderung		                           Studiengang Gesundheitsmanagement
    IHK Ostwürttemberg		                                             Hochschule Aalen

4      Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
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1   Wirtschaftliche Bedeutung
    der Gesundheitswirtschaft
    Die Gesundheitswirtschaft gilt allgemein hin als die Zu-
    kunftsbranche. Die theoretischen Überlegungen zu den
    Wachstumschancen in der Gesundheitswirtschaft basie-
    ren auf dem Kondratieff-Zyklus, der von dem russischen
    Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratieff zum ers-
    ten Mal 1926 beschrieben wurde. Demnach entwickelt
    sich die Wirtschaft in Konjunkturwellen von etwa 50
    Jahren. Derzeit befinden wir uns im sechsten Kondra-
    tieff-Zyklus, in dessen Vordergrund die psychosoziale
    Gesundheit, die Biotechnologie und die Umwelttechno-
    logien stehen.

    Mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von aktuell                 Bis zum Jahr 2030 soll die Wertschöpfung laut Gutach-
    ca. elf Prozent und ca. 4,5 Mio. Beschäftigten ist die Ge-           ten der Bundesregierung auf rund 345 Mrd. Euro steigen.
    sundheitswirtschaft jetzt schon eine bedeutende volks-               Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft kann die Gesund-
    wirtschaftliche Branche in Deutschland. Es wird davon                heitswirtschaft ein Jahreswachstum von vier Prozent
    ausgegangen, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil der                   verzeichnen im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft mit
    Gesundheitswirtschaft am Bruttoinlandsprodukt auf                    1,7 Prozent.
    13 Prozent und die Zahl der Beschäftigten auf 7,4 Milli-
    onen steigen wird.                                                   Die dynamische Entwicklung gilt auch für Baden-Würt-
                                                                         temberg. Die Gesundheitswirtschaft erbringt auch hier
    Das Wachstumspotenzial der Gesundheitswirtschaft                     fast ein Zehntel der Wirtschaftsleistung. Die Bruttowert-
    wird begründet durch die gesellschaftlichen Veränderun-              schöpfung der Branche entspricht mit etwa 18,3 Mrd.
    gen, die wirtschaftlichen Entwicklungen und durch den                Euro einem Anteil von sechs Prozent an der gesamten
    technischen Fortschritt. Zugleich stellen die genannten              Bruttowertschöpfung.
    Faktoren auch die wesentlichen Impulsgeber der Ge-
    sundheitswirtschaft dar.                                             In unserer Gesellschaft haben sich die Wahrnehmung
                                                                         und Bedeutung von Gesundheit in den letzten Jahren
    Die Gesundheitswirtschaft in Deutschland verzeichnete                stark verändert. Das gewachsene Gesundheitsbewusst-
    im Jahr 2008 eine Bruttowertschöpfung von 228,27 Mrd.                sein der Bevölkerung führt dazu, dass der eigenen Ge-
    Euro. Die Bruttowertschöpfung ist im Zeitraum von 1996               sundheit als persönliches Gut ein höherer Stellenwert
    bis 2008 um 66,77 Mrd. Euro (41,3 Prozent) gestiegen.                zugeschrieben wird. Immer mehr Menschen sehen die

    Abb. 1: Die Kondratieff-Zyklen

             Kondratieff-Zyklen

                                                                                     Internet,
             Innovation
                                                                                     Mobile
                                                                                     Kommunikation

                                                                     Automobil,              Psycho soziale
                                                                     Petrochemie/            Gesundheit
                                                                     Microchip,
                                                                     Automatisierung

                                              Stahl,
                                              Eisenbahn         E-Technik,                             10 - 15% des BIP
                                                                Chemie                                 Gesundheits-
                            Dampfmaschine,
                            Textilindustrie                                                            zeithalter

                 Zyklen

                             1800                     1900                      2000                  2050

    Quelle: Roland Berger View, Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen (2005)

                                                                                     Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg         5
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Erhaltung und auch die Herstellung ihrer Gesundheit in       Ein weiterer Impulsgeber für die Gesundheitswirtschaft
    ihrem Verantwortungsbereich. Aus diesem veränderten          kann in der Veränderung von Dienstleistungsarbeit gese-
    Gesundheitsbewusstsein resultieren die unterschiedli-        hen werden. Die heutige Dienstleistungsarbeit zeichnet
    chen Märkte in der Gesundheitswirtschaft. Das gesell-        sich einerseits dadurch aus, dass Kunden beispielsweise
    schaftlich veränderte Bewusstsein der eigenen Gesund-        Tätigkeiten übernehmen, die früher ein Mitarbeiter über-
    heit gegenüber spiegelt sich zum einen in einem              nommen hätte. Andererseits sind Dienstleistungen durch
    veränderten Nachfrageverhalten nach Gesundheits-             die Verknüpfung von Produkt und Dienstleistung bis hin
    dienstleistungen und Gesundheitsgütern und zum ande-         zu hybriden Formen der Wertschöpfung, für Unterneh-
    ren in einem neuen Angebotsspektrum wieder. So werden        men wesentlich komplexer geworden. Die Etablierung
    immer mehr hybride Gesundheitsprodukte angeboten,            einer neuen Forschungsdisziplin, der Service Science,
    die einen ganzheitlichen Blick auf Gesundheit verfolgen.     vorangetrieben von großen Unternehmen wie SAP, Sie-
                                                                 mens, IBM und Roland Berger bestimmen erfolgreich die
    Durch die Veränderungen unserer Arbeits- und Lebens-         Geschäftsstrategie in der Gesundheitswirtschaft.
    welt hat sich das Krankheitsspektrum im Laufe der Zeit
    verändert. Es ist heute gekennzeichnet durch chronische      Die zunehmende Globalisierung als ein weiterer Treiber
    Erkrankungen sowie durch psychische Störungsbilder in        der Gesundheitswirtschaft begünstigt den sogenannten
    einer immer älter werdenden Gesellschaft. Wie Studien        Patienten-Tourismus. Auf diesen Reisen werden Gesund-
    belegen, macht jede vierte Person in ihrem Leben min-        heitsdienstleistungen im Ausland in Anspruch genom-
    destens eine psychische Krankheitsepisode durch. Aktu-       men. In den vergangenen Jahren konnte beispielsweise
    ell sind 19 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre alt und äl-     eine deutliche Nachfrage für Reisen in osteuropäische
    ter. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird       Heilbäder sowie für Zahnbehandlungen in Polen ver-
    der Anteil der über 65-Jährigen auf 22 Prozent im Jahr       zeichnet werden. Für zahlungskräftige Patienten wie aus
    2020 ansteigen und im Jahr 2050 sogar auf 33 Prozent.        der Schweiz, Großbritannien, Norwegen oder aus arabi-
                                                                 schen Staaten ist das deutsche Gesundheitswesen mit
    Die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu bewah-         seinem hohen Leistungsniveau in der gesundheitlichen
    ren heißt auch, Krankheiten erst gar nicht entstehen zu      Versorgung ein zunehmend gefragtes Reiseziel.
    lassen beziehungsweise so spät wie möglich. Prävention
    und Gesundheitsförderung gewinnen aus dieser Perspek-        Neben den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Im-
    tive deutlich an Relevanz. Prinzipiell verfolgen Präventi-   pulsgebern wird das Marktgeschehen in der Gesund-
    on und Gesundheitsförderung die gleichen Ziele. Sie un-      heitswirtschaft aus Sicht der Anbieter vom raschen
    terscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Ausrichtung.      technologischen Fortschritt wie beispielsweise in der
    Prävention zielt mit Maßnahmen darauf ab, den Eintritt       Biotechnologie, in der Medizin- und Gerontotechnologie
    einer Krankheit zu verhindern, zu verzögern sowie bei        bestimmt. Der technologische Fortschritt leistet einen
    einer Erkrankung die Verschlimmerung zu vermeiden. Die       beachtlichen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung
    Gesundheitsförderung dagegen bezieht sich auf die Ge-        mit komplexen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in
    sunderhaltung der Menschen in ihren alltäglichen Le-         Deutschland. Als innovationsintensive und kapitalstarke
    benswelten. Neue Märkte werden entstehen mit hybri-          Branchen können die Pharmaindustrie, die Medizin- und
    den und ganzheitlichen Gesundheitsdienstleistungen           Gentechnik, die Biotechnologie, die Stammzellenfor-
    wie beispielsweise in den Bereichen Ernährung, Sport         schung und -therapie sowie die Mikro- und Nanotech-
    und Wellness.                                                nologie genannt werden.

    Das öffentliche Gesundheitssystem an sich ist ein Im-
    pulsgeber für die Gesundheitswirtschaft. Steigende Kos-
    ten, Finanzierungsprobleme und Defizite in der Versor-
    gungsqualität stellen das öffentliche Gesundheitssystem
    vor neue Aufgaben. Von diesen Veränderungen profitiert
    der zweite, privat finanzierte Gesundheitsmarkt. Es wer-
    den neue Teilmärkte wie im Bereich Homecare, Ernäh-
    rung, Sport und ergänzende Produkte und Dienstleistun-
    gen für den klassischen Gesundheitsmarkt entstehen. Es
    gilt diese Wachstumschancen in der Gesundheitswirt-
    schaft zu erkennen und darauf mit innovativen Dienst-
    leistungen und Produkten zu reagieren.

6      Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
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2   Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg

    Die gesellschaftlichen Veränderungen, die wirtschaftlichen Entwicklungen und der technische Fortschritt prägen
    auch die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg. Die Gesundheitswirtschaft stellt für die regionale Entwicklung
    ein bedeutendes Handlungsfeld mit Wachstumschancen und Potenzialen dar. Der Gesundheitswirtschaft kommt so-
    mit als eigenständiger Faktor in der Region und auf das Land Baden Württemberg bezogen in den Cluster-Strategien
    eine tragende Rolle zu. Das jetzt schon vorhandene Potenzial der Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg zeigt sich
    daran, dass Ende 2009 im Bereich Gesundheit über 1.800 Unternehmen aktiv sind.

    2.1 Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft
    Wenn es um den Begriff Gesundheitswirtschaft geht,              Gesundheitsverwaltung wie Krankenkassen, Ge-
    besteht häufig Unklarheit über die dazugehörigen Bran-          sundheitsbehörden, Forschungseinrichtungen zuge-
    chen. Das Schichtenmodell des Instituts für Arbeit und          rechnet.
    Technik (IAT) in Gelsenkirchen hat sich zur Systematisie-
    rung und Strukturierung der Gesundheitsbranche              •   Die Vorleistungs- und Zulieferindustrie bildet die
    bewährt und wird auch in dieser Studie angewendet. Das          zweite Gruppe in der Gesundheitswirtschaft. Sie
    Modell richtet seinen Fokus auf die Wertschöpfungspro-          umfasst die pharmazeutische Industrie, die Medi-
    zesse, die sich aus dem Produkt Gesundheit ergeben. Mit         zintechnik, das Gesundheitshandwerk sowie den
    diesem Modell wird auch deutlich, dass die Gesundheits-         Groß- und Facheinzelhandel für orthopädische und
    wirtschaft eine Querschnittsbranche ist.                        medizinische Produkte.

    •    Der Kernbereich der Gesundheitswirtschaft wird         •   Der Randbereich beziehungsweise die Nachbar-
         durch die stationäre und ambulante Versorgung,             branchen der Gesundheitswirtschaft umfassen
         durch die Praxen nichtärztlicher medizinischer Be-         Dienstleistungen und Produkte des Gesundheitstou-
         rufe und durch die Apotheken gebildet. Ebenso wer-         rismus, des Gesundheitssports und der Ernährungs-
         den diesem Sektor die Einrichtungen der                    branche.

    Abb. 2: Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft

    Quelle: Institut für Arbeit und Technik IAT

                                                                       Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg            7
Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen
2.2 Bereiche der Gesundheitswirtschaft                     Abb. 4: Die Teilbranchen der Gesundheitswirtschaft

           Die Studie Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
                                                                                                                           Anzahl
           möchte das zukünftige Potenzial der Gesundheitswirt-
           schaft in der Region abbilden. Damit die Bedeutung der     Ambulante Versorgung, Pflege                            977
           Gesundheitswirtschaft für die Region ersichtlich wird,     Stationäre Versorgung, Pflege                            78
           muss die Studie zunächst eine Bestandsaufnahme der
                                                                      Gesundheitsdienstleister: Ernährung,
           aktuellen Situation zu den gesundheitsrelevanten Bran-                                                              54
                                                                      Gesundheit, Stressbewältigung
           chen in Ostwürttemberg vornehmen. Es gilt die Frage zu
           beantworten: Welche Branchen der Gesundheitswirt-          Gesundheitsdienstleister:
                                                                                                                              132
                                                                      Medizinische Fußpflege
           schaft sind derzeit in Ostwürttemberg vertreten? Dabei
           wurden anhand vorhandener Informationen sämtliche          Gesundheitsdienstleister: Physiotherapie,
                                                                                                                               96
           gesundheitsrelevante Branchen in der Region erfasst. Die   Reha-Zentren, Logopädie, Seminare
           Datengrundlage zur statistischen Erfassung der ostwürt-    Gesundheitsbildung:
                                                                                                                               12
           tembergischen Gesundheitswirtschaft bilden einerseits      Seminaranbieter, Hochschulen
           intensiv recherchierte Daten aus Internetdatenbanken       Gesundheitshandwerk: Orthopädietechnik,
                                                                                                                               71
           und Branchenbüchern und andererseits vorhandene Mit-       Zahntechnik
           gliederdaten der IHK Ostwürttemberg zu gesundheitsre-      Großhandel und Handelsvermittlung mit
           levanten Unternehmen in der Region. Die Datenrecher-                                                                55
                                                                      Gesundheitsprodukten
           che, die Zusammenführung der Daten und die Auswertung      Handel mit Gesundheitsprodukten,
           wurden vom Studiengang Gesundheitsmanagement an                                                                    263
                                                                      Apotheken, Augenoptik
           der Hochschule Aalen vorgenommen. Bei der Betrach-
                                                                      Industrie: Augenoptik, Medizintechnik,
           tung der regionalen Gesundheitswirtschaft gilt es zu                                                                19
                                                                      Medizinische Produkte, Pharma
           beachten, dass Unternehmensgrößen sowie Umsatzzah-
           len nicht mit berücksichtigt werden konnten.               Selbsthilfegruppen                                       40
                                                                      Verwaltung, Krankenkassen                                11
                                                                                                                              1.808

           Abb. 3: Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg

                                                                                              Ambulante Versorgung, Pflege
                                            1,05 1,05
                                                 % %
                            14,55 14,55
                                  %     %
                                                                                              Stationäre Versorgung, Pflege

     3,04 % 3,04 %                                                                            Gesundheitsdienstleister: Ernährung, Gesundheit,
                                                                                              Stressbewältigung
 3,93 % 3,93 %
       0,66 %                                                                                 Gesundheitsdienstleister: Medizinische Fußpflege
0,66 %
         5,31 %
5,31 %                                                                                        Gesundheitsdienstleister: Physiotherapie, Reha-
                                                                                              Zentren, Logopädie, Seminare
                                                                                              Gesundheitsbildung: Seminaranbieter, Hochschulen

              7,30 %                                                                          Gesundheitshandwerk: Orthopädietechnik,
     7,30 %                                                                                   Zahntechnik
                        2,99 %                                          54,04 %
                                                                                              Großhandel und Handelsvermittlung mit
                   2,99 %                                             54,04 %                 Gesundheitsprodukten
                                 4,31 %
                            4,31 %                                                            Handel mit Gesundheitsprodukten, Apotheken,
                                                                                              Augenoptik
                                                                                              Industrie: Augenoptik, Medizintechnik, Medizinische
                                                                                              Produkte, Pharma

           Quelle: eigene Darstellung

    8             Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen
2.2.1 Kernbereich der ostwürttem-                            Die stationäre gesundheitliche Versorgung der Bevölke-
      bergischen Gesundheitswirtschaft                       rung in Ostwürttemberg wird durch Kliniken, Pflegehei-
                                                             me und Rehabilitationseinrichtungen gewährleistet. Mit
Der Kernbereich der Gesundheitswirtschaft in Ostwürt-        insgesamt 4,3 Prozent oder 78 Einrichtungen sind die
temberg wird durch die ambulante und stationäre ge-          stationären Versorgungseinrichtungen an der Gesund-
sundheitliche Versorgung der Bevölkerung gebildet. Die       heitswirtschaft beteiligt.
ambulante Versorgung der Bevölkerung erfolgt vorwie-
gend durch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte. Sie          Eine weitere Branche, die dem Kernbereich der Gesund-
sind ein bedeutender Teil der Branche. Ambulante Pfle-       heitswirtschaft zugeordnet werden kann, ist die Versor-
gedienste, die im Falle einer Pflegebedürftigkeit im häus-   gung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Medizin-
lichen Umfeld Dienstleistungen erbringen, gehören            produkten. Dazu zählen Apotheken, Augenoptiker sowie
ebenfalls zu dieser Gruppe. Zur ambulanten Versorgung        Sanitätshäuser. Diese sind mit 14,6 Prozent oder 263
der Bevölkerung gehören auch die Tageskliniken, die ei-      Unternehmen im Gesundheitsmarkt von Ostwürttemberg
nen vollstationären Krankenhausaufenthalt verhindern         vertreten.
oder verkürzen können. Im Teilsegment der ambulanten
Versorgung und Pflege gibt es 977 Dienstleister bzw.         2.2.2 Vorleistungs- und Zulieferindustrien
Unternehmen, die einen Anteil von 54 Prozent an der                in Ostwürttemberg
Gesamtbranche haben.
                                                             Die Vorleistungs- und Zulieferindustrien sind in Ostwürt-
                                                             temberg vertreten durch das Gesundheitshandwerk mit
Abb. 5: Die niedergelassenen Ärzte, einschließlich der       3,9 Prozent bzw. 71 Betrieben im Bereich Orthopädie-
Zahnärzte in der Region gehören folgenden Fachdiszipli-      technik und Zahntechnik sowie durch den Großhandel
nen an                                                       und die Handelsvermittlung mit gesundheitsrelevanten
                                                             Produkten mit drei Prozent bzw. 55 Unternehmen. Hinzu
           Praktische Ärzte und                              kommen noch die Unternehmen aus der Medizintechnik,
 36,9 %
           Allgemeinmediziner                                aus der pharmazeutischen Industrie sowie die Hersteller
                                                             von Pflegeprodukten und Laborberdarf. Sie sind mit ein
 17,5 %    Zahnärzte                                         Prozent bzw. 19 Unternehmen an der Gesundheitswirt-
                                                             schaft beteiligt. In Ostwürttemberg sind es vor allem
 13,1 %    Internisten                                       mittelständische Unternehmen, die sich mit ihren
                                                             Dienstleistungen und Produkten in der regionalen Ge-
           Psychiatrie, Psychotherapie,                      sundheitswirtschaft spezialisiert haben. Außerdem gibt
 12,7 %
           Nervenheilkunde                                   es einige Marktführer, die auch auf den Weltmärkten
                                                             eine bedeutende Rolle spielen. Zu diesen Unternehmen
 12,7 %    Neurologen
                                                             gehören unter anderem die HARTMANN AG, Carl Zeiss
  7,8 %    Frauenheilkunde und Geburtshilfe                  Meditec AG, JRS Pharma GmbH, WELEDA AG sowie
                                                             Ivoclar Vivadent GmbH. Die geringen prozentualen An-
  4,7 %    Kinderheilkunde                                   teile dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser
                                                             Bereich der Gesundheitswirtschaft in der Region einen
  3,6 %    Augenheilkunde                                    großen Anteil an der Wertschöpfung und auch eine hohe
                                                             Beschäftigungswirkung hat.
  3,3 %    Gefäß- und Unfallchirurgie

           Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Labor-
  3,3 %
           medizin und Pathologie

  3,2 %    Orthopädie

           Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde,
           Haut- und Geschlechtskrankheiten
Unternehmen Gesundheit - Marktdaten - Macher - Menschen
2.2.3 Randbereiche und Nachbarbranchen                                strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem sowie
           in Ostwürttemberg                                               durch gesellschaftliche Veränderungen.

     Gesundheitssport, Ernährung und Gesundheitsberatung                   Die Gesundheitswirtschaft ist eine Querschnittsbranche,
     gehören nach dem Zwiebelmodell zu den Randbereichen                   sie setzt sich aus verschiedenen Teilmärkten zusammen.
     beziehungsweise Nachbarbranchen und nehmen mit                        Der Dienstleistungsmarkt als ein Teilmarkt dominiert in
     54 Unternehmen einen Anteil von rund drei Prozent ein.                der Gesundheitswirtschaft mit etwa drei Viertel der Aus-
     In dieser Studie sind Umwelttechnologien und auch spe-                gaben. Die meisten Ausgaben in Ostwürttemberg entfal-
     zielle touristische Angebote nicht mit erfasst worden.                len auf ärztliche Dienstleistungen, gefolgt von pflegeri-
                                                                           schen und therapeutischen Leistungen. Mit Blick auf die
                                                                           Aufwendungen für therapeutische Dienstleistungen
     2.3 Marktvolumen und Beschäftigungs-                                  zeigt sich, dass diese sogar in den letzten 20 Jahren
         effekte                                                           überproportional angestiegen sind. Nur ein Viertel der
                                                                           regionalen Gesundheitsausgaben entfallen auf materiel-
     Das Volumen des privat finanzierten zweiten Gesund-
                                                                           le Gesundheitsgüter wie Medikamente, medizinische
     heitsmarktes beläuft sich auf ungefähr 1,2 Mrd. Euro
                                                                           Apparate, medizinische oder pflegerische Hilfsmittel.
     und nimmt damit eine beachtliche Stellung in Ostwürt-
     temberg ein. Das meiste Geld in der Region gibt die Be-
     völkerung nach Schätzungen des Statistischen Landes-                  In der regionalen Gesundheitswirtschaft sind nach
     amtes Baden-Württembergs für den Bereich Wohnen                       Schätzungen derzeit etwa zwölf Prozent (25.000 Be-
     und an zweiter Stelle für die eigene Gesundheit aus. Der              schäftigte), bezogen auf die Gesamtzahl der Erwerbstä-
     Gesundheitsmarkt in der Region besitzt nicht nur einen                tigen tätig. Davon sind rund 17.000 im Bereich von Ge-
     erheblichen Umfang, sondern er hat sich im Laufe der                  sundheitsdienstleistungen und hier vor allem in der
     Jahre dynamisch weiterentwickelt. So sind im Land die                 Pflege beschäftigt. Die Gesundheitswirtschaft in Ost-
     Ausgaben für Gesundheit in den letzten Jahren mit ei-                 württemberg weist damit eine höhere Beschäftigungs-
     nem nominalen Plus von 70 Prozent wesentlich stärker                  quote auf als beispielsweise die Branchen Maschinenbau
     angestiegen als die gesamten privaten Ausgaben für die                oder Elektronik, Feinmechanik und Optik. Die hohen
     Konsumgüter. Im Zeitraum 2000 bis 2007 sind die Ge-                   Ausgaben für Gesundheit spiegeln sich gleichzeitig in ei-
     sundheitsausgaben von 27,2 auf 32,9 Mrd. Euro gestie-                 ner guten Beschäftigungswirkung wieder.
     gen. Die Tendenz, für die eigene Gesundheit mehr Geld
     zu investieren, wird zukünftig steigen, bedingt durch

     Abb. 6: Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg nach Ausgabeträgern

                                                                                       Jahr
                Ausgabenträger              2000       2001        2002        2003           2004     2005     2006      2007
                                                                               in Millionen Euro
          Öffentliche Haushalte             1.576      1.581      1.541        1.636          1.561    1.678    1.448    1.469
          Gesetzliche Krankenversicherung
                                            15.208     16.622     16.994      17.343          16.709   16.959   17.619   18.175

          Soziale Pflegeversicherung        1.887      1.888      1.925        1.918          1.927    1.944    1.955    1.991
          Gesetzliche Rentenversicherung     469        485        496         497             484      479      475      489
          Gesetzliche Unfallversicherung     409        411        428         438             438      444      451      450
          Private Kranken- und
                                            2.776      2.908      3.068        3.223          3.334    3.473    3.545    3.699
          Pflegeversicherung
          Private Haushalte/Private
          Organisationen ohne Erwerbs-      3.802      4.047      4.158        4.375          4.877    4.960    5.150    5.241
          zweck
          Arbeitgeber                       1.113      1.210      1.236        1.280          1.297    1.325    1.364    1.389
          Ausgabenträger insgesamt 1)       27.242    29.151      29.845      30.711          30.627   31.261   32.008   32.902

     1) Differenzen in den Summen ergeben sich durch Rundungen.
     Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

10       Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
Die Landkreise in Ostwürttemberg unterscheiden sich      dar. Im Ostalbkreis gibt es darüber hinaus noch in der
          mit Blick auf die Beschäftigungszahlen in der Gesund-    Branche „Medizin- und Messtechnik, Optik, Uhren“ wei-
          heitswirtschaft. Während im Landkreis Ostalb die Bran-   tere gesundheitsrelevante Arbeitsplätze.
          che Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen die be-
          schäftigungsintensivste ist, stellt sie im Landkreis     In den vergangenen Jahren konnte die ostwürttembergi-
          Heidenheim die zweitbeschäftigungsintensivste Branche    sche Gesundheitswirtschaft einen Zuwachs von sozial-
                                                                   versicherungspflichtigen Beschäftigten verzeichnen. Vor
Abb. 7: Die beschäftigungsintensivsten                             allem für Frauen haben sich die Beschäftigungsmöglich-
Branchen in Ostwürttemberg                                         keiten positiv entwickelt, wie Abb. 8 zeigt. Im Jahr 2008
                                                                   konnte der Gesundheitssektor 12.000 sozialversich-
                                                                   erungspflichtig beschäftigte Frauen vorweisen, dagegen
                                                                   waren es im Jahr 1999 nur 10.000 Frauen sozialversich-
                                                                   erungspflichtig beschäftigte Frauen.

                                                                   Abb. 8: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen in ausge-
                                                                   wählten Wirtschaftsbereichen*) in Ostwürttemberg 1999 bis 2008
                                                                                         Gesundheitssektor
                                                                                Gesundheitssektor                                                          Produzierendes Gewerbe ohne pharmazeutische und medizintechnische Industrie
                                                                   130
                                                                    130,0
                                                                                         Produzierendes Gewerbe ohne pharmazeutische und medizintechnische Industrie
                                                                                         Dienstlesitungssektor
                                                                                Dienstleistungssektor ohne Gesundheitsdienste,ohne     Gesundheitsdienste, Handel, Sozialversicherungen
                                                                                                                              Handel, Sozialversicherungen

                                                                   120
                                                                    120,0

                                                                   110
                                                                    110,0

                                                                   100
                                                                    100,0

                                                                   9090,0

                                                                   8080,0
                                                                        1999
                                                                         1999       2000
                                                                                    2000              2001
                                                                                                       2001             2002
                                                                                                                         2002             2003
                                                                                                                                           2003            2004
                                                                                                                                                            2004             2005
                                                                                                                                                                              2005             2006
                                                                                                                                                                                                2006             2007
                                                                                                                                                                                                                  2007             2008
                                                                                                                                                                                                                                    2008

                                                                   *) Datenquelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit;
                                                                   Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003)
                                                                   Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2008

          2.4 Bedeutende Unternehmen der regionalen Gesundheitswirtschaft

          Zu den größten Arbeitgebern der Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg zählen BARMER GEK, HARTMANN AG,
          Ivoclar Vivadent, WELEDA AG, Carl Zeiss Meditec GmbH und die JRS Pharma GmbH & Co.KG. Insgesamt beschäftigen
          diese Unternehmen deutschlandweit über 6.000 Mitarbeiter und erwirtschaften einen weltweiten Umsatz von ca. 2,2
          Milliarden Euro (letzteres ohne BARMER GEK). In den folgenden Interviews und Kurzprofilen stellen wir einzelne
          Akteure auf dem Gesundheitsmarkt Ostwürttemberg vor.

                                                                                 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg                                                                                        11
INTERVIEW
     Wachstum mit Gesundheitsdienstleistungen – Paul HARTMANN AG
     Interview mit Rinaldo Riguzzi, CEO Paul HARTMANN AG

     Der Gesundheitsmarkt entwickelt        Staatshaushalten Sparzwänge ab.
     sich sehr dynamisch. Wo sehen Sie      Damit Gesundheit weiterhin bezahl-
     Zukunftsmärkte?                        bar bleibt, rechnen wir mit Reform-
                                            maßnahmen in immer schnellerer
     Der Fokus unserer Vertriebsaktivitä-   Abfolge und größeren Unwägbarkei-
     ten wird auch weiterhin auf den        ten. Dennoch gehen wir weiterhin
     Gesundheitsmärkten in Europa lie-      davon aus, dass die Gesundheits-
     gen. Darüber hinaus gehen wir in       branche bezogen auf unsere Sorti-
     den anderen Weltregionen gezielt       mente relativ robust gegen Konjunk-
     Länder an, die ein interessantes Po-   turschwankungen ist. Für die Jahre
     tenzial für weiteres Wachstum bie-     2010 und 2011 erwarten wir darüber
     ten. Mit der Übernahme von Whites-     hinaus steigende Rohstoffpreise in-
     tone im Jahr 2008 sind wir in der      folge der rezessionsbedingten Kapa-
     Lage, unser Engagement in den USA      zitätsverknappungen in den Märk-
     im Bereich der absorbierenden In-      ten. Im Ringen der nationalen
     kontinenzprodukte zu intensivieren.    Gesundheitssysteme, um eine best-
     In Australien haben wir gerade eine    mögliche Patientenversorgung sind
     OP-Set-Fertigung übernommen. Im        verstärkt zwei Tendenzen zu beob-
     Zuge der weiteren Internationalisie-   achten: Einerseits nehmen im Rah-
     rung der HARTMANN GRUPPE liegt         men des Konzentrationsprozesses         Dr. Rinaldo Riguzzi, Paul HARTMANN AG
     ein wichtiger Fokus auf Russland. Im   Einkaufsbündelungen und Aus-
     Rahmen unserer Potenzialanalysen       schreibungen von Klinik- und Alten-     wichtig wird aber auch eine Verhal-
     in wachstumsstarken und bevölke-       heimketten mit immer größeren Vo-       tens- und Denkdimension, die man
     rungsreichen Schwellenländern prü-     lumina bei Verbrauchsmaterialien        unter dem Begriff Veränderungsfä-
     fen wir laufend Marktchancen.          zu. Gleiches gilt für Krankenkassen.    higkeit zusammenfassen kann. In
                                            Gleichzeitig aber gewinnt die Be-       Zeiten sich immer schneller vollzie-
     Welche Bedeutungen haben Ge-           treuung des einzelnen Patienten im      hender Veränderungen benötigen
     sundheitsdienstleistungen?             Rahmen direkter Versorgungsverträ-      Mitarbeitende zunehmend die Fä-
                                            ge zwischen Krankenkassen und           higkeit und Bereitschaft, mit Unsi-
     In dem Maße, wie unsere Kunden         Herstellern bei der häuslichen Belie-   cherheit und zeitweise noch unkla-
     Leistungspakete zusammenfassen,        ferung, zum Beispiel mit Inkonti-       ren Strukturen umzugehen. Diese
     werden komplette Systemlösungen        nenzprodukten, an Bedeutung. An-        Geisteshaltung kann man sich erhal-
     auf Herstellerseite immer wichtiger.   dererseits      hilft     uns    die    ten, indem man sich immer wieder
     In Verbindung mit therapeutisch ef-    demographische Entwicklung, da          aktiv neuen, veränderten Aufgaben
     fizienten und qualitativ hoch-         immer mehr ältere Menschen ver-         stellt. Lebenslanges Lernen spielt
     wertigen Produkten gewinnen bei        sorgt werden müssen.                    dabei eine zentrale Rolle. Nur wer
     unseren Systemangeboten Gesund-                                                sich ständig weiterbildet, bleibt be-
     heitsdienstleistungen immer mehr       Fachkräfte sind die Basis des Unter-    schäftigungsfähig und für den Ar-
     an Bedeutung. Unsere Kunden in         nehmenserfolgs. Welche Anforde-         beitmarkt attraktiv.
     Medizin und Pflege schätzen bei-       rungen und Qualifikationen stellen
     spielsweise unsere zuverlässige Or-    Sie an die Mitarbeitenden von mor-      Wie bewerten Sie den Standort Ost-
     ganisation von Logistikprozessen,      gen?                                    württemberg aus Sicht eines Unter-
     die Pflege unterstützende IT-Lösun-                                            nehmens im Gesundheitsmarkt?
     gen sowie unsere kundenfreundliche     Neben den immer weiter steigenden
     Callcenter-Struktur mit hoher Bera-    Anforderungen an das fachliche          Ostwürttemberg ist ein Industrie-
     tungsqualität.                         Know-how treten verstärkt über-         standort – auch gerade im Bereich
                                            fachliche Fähigkeiten. Hierzu gehört    Gesundheit. Es besteht eine gute
     Welche Herausforderungen sehen         insbesondere, sich schnell und          Infrastruktur mit einer schnellen
     Sie für die HARTMANN GRUPPE?           strukturiert in neue Aufgabenstel-      Anbindung an Bahn, Flug und Stra-
                                            lungen und Themenfelder einzuar-        ßenverkehr. Das ist für logistische
     Im Gesundheitswesen zeichnen sich      beiten sowie der Wille, neue Aufga-     Konzepte, wie HARTMANN sie für
     im Zuge des Schuldenabbaus in den      ben zu übernehmen. Zunehmend            die Weltmärkte benötigt, unerläss-

12      Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
lich. Durch die verschiedenen Aktivi-   Sektor Medizintechnologie kom-         derung unserer Mitarbeitenden. Au-
täten der hier ansässigen Firmen        men. Da HARTMANN in der Region         ßerdem arbeiten wir sehr eng mit
und durch die Zukunftsinitiative        einen guten Namen hat, gelingt uns     der Dualen Hochschule Baden-
Ostwürttemberg ist die Region auf       hier regelmäßig die qualitativ gute    Württemberg zusammen, was uns
dem Weg zu einem wichtigen Inno-        Besetzung vakanter Positionen.         viele Möglichkeiten eröffnet.
vationszentrum. Das gilt für den
Gesundheitsmarkt wie auch für           In den Bereichen der Konzernzent-
viele andere Branchen.                  rale hat der Standort Heidenheim
                                        teilweise mehr Probleme. Wir spü-
Die Region hat aber im Hinblick auf     ren dies bei der Besetzung von Stel-
die künftigen Anforderungen in der      len beispielsweise in den Bereichen
Wirtschaft nicht genügend Schulab-      Finanzen und Controlling, Human
gänger mit Fachhochschul- und           Resources, aber auch bei Spezialis-
Hochschulreife. Dem Wandel in der       tenfunktionen in Marketing und
Beschäftigtenstruktur hin zu qualifi-   Entwicklung, allerdings stellt sich
zierten Fachkräften müsste der Ar-      das Problem bei jungen Hochschul-
beitsmarkt also besser entsprechen.     absolventen weniger als bei berufs-
HARTMANN hat seine Konzernzent-         erfahrenen Spezialisten.
rale sowie die Produktions- und Lo-
gistikaktivitäten in Heidenheim/        Diesen Herausforderungen begeg-
Herbrechtingen. Für die Bereiche        nen wir durch intensives, auch
Produktion und Logistik benötigen       überregionales Personalmarketing
wir Fachkräfte, die nicht aus dem       und eine konsequente interne För-

  Paul HARTMANN AG, Heidenheim
  Die HARTMANN GRUPPE ist einer der führenden europäischen Anbieter von Medizin- und Hygieneprodukten mit
  den Kompetenzschwerpunkten Wundbehandlung, Inkontinenzversorgung und Infektionsprophylaxe. Ergänzt
  wird das Portfolio durch Produkte für die Kompressionstherapie, Immobilisation und Erste Hilfe. Darüber hinaus
  bietet HARTMANN innovative Systemlösungen für professionelle Zielgruppen im Medizin- und Pflegebereich.

                                            Mitarbeiter                            Umsatz
         Welt                                   9.515                           1.560 Mio. EUR
         Deutschland                            3.770                             549 Mio. EUR
         Ostwürttemberg                         1.770                                  –

                                                                    Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg         13
INTERVIEW
              WELEDA AG – Gesundheit im Einklang mit Mensch und Natur
              Interview mit Erk Schuchhardt, Mitglied der Geschäftsführung

                                                  Gesundheit im Einklang mit Mensch       sche Wirtschaftsweise praktizieren
                                                  und Natur. Welcher Ansatz verbirgt      wir auch vertikal in der gesamten
                                                  sich hinter diesem Motto?               Wertschöpfungskette, also innerhalb
                                                                                          und außerhalb unserer Werkstore.
                                                  Der Markenclaim von WELEDA lau-         Ökologisches Wirtschaften beginnt
                                                  tet „Im Einklang mit Mensch und         auf dem Feld, und zwar überall dort,
                                                  Natur“. Dieses Motto bezieht sich       wo wir unsere Rohstoffe herbezie-
                                                  auf unsere Arzneimittel und auf un-     hen. Dort unterstützen wir die Ent-
                                                  sere Naturkosmetikprodukte. Unsere      wicklung sozialer Gemeinschaften,
                                                  Produkte sollen einerseits dem Men-     denn die ökologische wie auch die
                                                  schen helfen, seine Gesundheit zu       soziale Konsequenz ist ein zentrales
                                                  erhalten. Andererseits soll die Her-    Kriterium unserer Arbeit.
                                                  stellung der Produkte die Natur
                                                  nicht mehr als notwendig belasten.      Im betrieblichen Alltag wird die öko-
                                                  Wir sind überzeugt davon, dass die      logische Wirtschaftsweise unter an-
                                                  Natur die Basis dafür bietet, was der   derem an folgenden Elementen
                                                  Mensch zu seiner Gesunderhaltung        sichtbar: Einer Bio-Kantine, der Nut-
                                                  und für seine Körperpflege braucht.     zung von Öko-Strom, an den Bau-
                                                                                          stoffen für unsere Gebäude oder an
                                                  Ihr Unternehmen hat sich der ökolo-     unserem CO2-Ziel, aus welchem eine
                                                  gischen Wirtschaftsweise verschrie-     äußerst fortschrittliche Fuhrparkpo-
                                                  ben, was tun Sie hierfür im betrieb-    litik hervorgegangen ist.
                                                  lichen Alltag?
                                                                                          Fachkräfte sind die Basis des Unter-
                                                  Seit 1997 wird WELEDA regelmäßig        nehmenserfolgs. Welche Anforde-
                                                  nach der EU-Ökoaudit-Verordnung         rungen und Qualifikationen stellen
                                                  validiert und nach ISO 14001 zertifi-   Sie an die Mitarbeitenden von Mor-
                                                  ziert. Das bedeutet für uns, dass wir   gen?
Erk Schuchhardt, Mitglied der Geschäftsführung    seither unsere Prozesse nach ökolo-
                                                  gischen Gesichtspunkten ausrichten      Wir brauchen genauso wie andere
                                                  und ständig verbessern. Die ökologi-    Unternehmen hochqualifizierte Fach-

        14        Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
kräfte. Wir wünschen uns natürlich     ist der bedeutendste Betrieb der
von unseren Mitarbeitenden ein ho-     weltweit tätigen WELEDA Gruppe
hes Maß an Identifikation mit dem      und wir bedienen von hier aus den
Unternehmen WELEDA und seinen          bedeutendsten Markt. Wir vertrei-
Zielen und eine Offenheit für die      ben Arzneimittel für eine Therapie-
Ideen, die unsere Unternehmens-        richtung innerhalb des Gesund-
identität ausmachen. Und wir bieten    heitsmarktes, nämlich der anthro-
unseren Mitarbeitenden im Rahmen       posophischen      Therapierichtung.
der WELEDA Akademie die Möglich-       Zwei Drittel unseres Umsatzes ge-
keit, sich sowohl fachlich als auch    nerieren wir mit Naturkosmetik und
individuell weiter zu qualifizieren.   hier sind wir Marktführer. Für die
                                       Bekanntheit und Wertschätzung der
Wie bewerten Sie den Standort Ost-     Marke WELEDA bei den Endverbrau-
württemberg aus Sicht eines Unter-     chern ist der Herkunftsstandort zu-
nehmens im Gesundheitsmarkt?           nächst von untergeordneter Bedeu-
                                       tung.     Aber:    viele    unserer
Wir sind ein Unternehmen, dessen       Mitarbeitenden stammen von hier
deutsche Niederlassung seit 90 Jah-    und sie haben großen Anteil am in-
ren in Ostwürttemberg ihren Sitz       ternationalen sowie nationalen Er-
hat. WELEDA in Schwäbisch Gmünd        folg der Marke WELEDA
                                                                             Schwäbisch Gmünd, Firmensitz WELEDA AG

  WELEDA AG, Schwäbisch Gmünd
  Die WELEDA-Gruppe ist der weltweit führende Hersteller von ganzheitlicher Naturkosmetik und Arzneimitteln
  für die anthroposophische Therapierichtung. Insgesamt ist WELEDA in rund 50 Ländern vertreten.

                                           Mitarbeiter                           Umsatz
         Welt                                  1.785                           238 Mio. EUR
         Deutschland                             720                           150 Mio. EUR
         Ostwürttemberg                          720                                 –

                                                                  Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg             15
INTERVIEW
     Carl Zeiss Meditec: Hightech in der Medizintechnik
     Interview mit Thomas Simmerer – Vorsitzender der Geschäftsführung
     Carl Zeiss Surgical GmbH, einem Unternehmen der Carl Zeiss Meditec AG

     Die im TecDAX der deutschen Börse       verbessern. Wir verfügen über ein
     gelistete Carl Zeiss Meditec AG ist     ausgewogenes und breites Portfolio,
     einer der weltweit führenden Medi-      das Lösungen für die Augenheilkun-
     zintechnik-Anbieter. Das Unterneh-      de, die Augenchirurgie und die Mik-
     men liefert innovative Technologien     rochirurgie bereit hält. Damit sind
     und applikationsorientierte Lösun-      wir gut aufgestellt. Darüber hinaus
     gen, die es den Ärzten ermöglichen,     werden wir – nicht zuletzt dank der
     die Lebensqualität ihrer Patienten zu   starken Marke ZEISS – als verlässli-
     verbessern. Zur Diagnose und Be-        cher Partner wahrgenommen. Das
     handlung von Augenkrankheiten           macht uns stolz – und es bestärkt
     bietet das Unternehmen Komplett-        uns in unserer klaren Ausrichtung
     lösungen, einschließlich Implanta-      nachhaltig und profitabel zu wach-
     ten und Verbrauchsgütern.               sen.

     In der Mikrochirurgie stellt das Un-    Großes Potenzial sehen wir dabei
     ternehmen innovative Visualisie-        zum Beispiel in der Erschließung
     rungslösungen bereit. Abgerundet        neuer Märkte. Wir konzentrieren uns
     wird das Medizintechnik-Portfolio       dabei vor allem auf die so genannten
     der Carl Zeiss Meditec durch viel       Emerging Markets oder auch
     versprechende Zukunftstechnologi-       Schwellenländer. Dort steckt Poten-
     en wie die intraoperative Strahlen-     zial. Allein in Indien gibt es 1,2 Mil-
     therapie.                               liarden Menschen, von denen heute
                                             nur ca. zehn Prozent in den Genuss
     Der Medizintechnik werden enorme        ärztlicher Hilfe kommen, was sich
     Wachstumspotenziale vorhergesagt.       mit der zunehmenden wirtschaftli-
     Wie positioniert sich die Carl Zeiss    chen Entwicklung ändern wird. Oder
     Meditec in diesem Markt und wo          war Ihnen bewusst, dass Indien und
     sehen Sie Potenziale?                   China zusammen heute rund 2,5 Mrd.
                                             Einwohner haben, was mehr als einem
     Sehen Sie, die Carl Zeiss Meditec       Drittel der gesamten Weltbevölkerung
     liefert innovative Technologien und     entspricht? Wir sehen in diesen Län-
     applikationsorientierte Lösungen,       dern viele unserer zukünftigen Kun-
     die es den Ärzten ermöglichen, die      den – hier müssen wir die Chance          Thomas Simmerer – Vorsitzender der Geschäfts-
     Lebensqualität ihrer Patienten zu       nutzen und diese richtig bedienen.        führung, Carl Zeiss Surgical GmbH

16      Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
mit den Geräten und Anwendungen         Aber auch die Leistungsfähigkeit
                                      – und zwar bezogen auf alle Seg-        und das Engagement unserer Mitar-
                                      mente, seien es die bildgebenden        beiter liegt uns sehr am Herzen –
                                      Verfahren in der Diagnostik, deren      um hier den Raum zu schaffen, ori-
                                      Einsatz in der Chirurgie oder das       entieren wir uns an einem klaren
                                      effiziente Management von Daten         Wertekanon, wir übernehmen ge-
                                      und Bildern. Dadurch wird echter        sellschaftliche Verantwortung und
                                      Fortschritt erzielt und es wird Zu-     sind stolz auf unsere Unterneh-
                                      satznutzen gestiftet, weil ein opti-    menskultur. Und von diesem Ge-
                                      maler Ablauf nicht nur die Effizienz    samtbild werden unsere Mitarbeiter
                                      erhöht, sondern auch das Ergebnis       von morgen angesprochen.
                                      verbessert.
                                                                              Wie bewerten Sie den Standort Ost-
                                      Fachkräfte sind die Basis des Unter-    württemberg aus Sicht eines Unter-
                                      nehmenserfolgs. Welche Anforde-         nehmens im Gesundheitsmarkt?
                                      rungen und Qualifikationen stellen
                                      Sie an die Mitarbeitenden von Mor-      Zunächst ist mir wichtig anzubrin-
                                      gen?                                    gen, dass wir neben Ostwürttemberg
Was sind die Herausforderungen der                                            in der ganzen Welt zu Hause sind.
nächsten Jahre im Markt für Medi-     Gute Fachkräfte sind die wertvollste    Unsere 2.100 Mitarbeiter und Mitar-
zintechnik?                           Ressource eines Unternehmens. Wir       beiterinnen arbeiten nicht nur in
                                      haben und suchen stets hochquali-       Jena, Oberkochen, München oder
Es geht darum, die Kunden – wo        fizierte Mitarbeiter, die mit großem    Berlin. Rund 1.300 von ihnen sind
auch immer sie auf der Welt sind –    Einsatz und Enthusiasmus ihr Bes-       außerhalb Deutschlands tätig: zum
optimal bei der Lösung ihrer stets    tes geben, um den Fortschritt in der    Beispiel im kalifornischen Dublin, im
komplexer werdenden Herausforde-      Medizintechnik aktiv mitzugestal-       französischen La Rochelle, im japa-
rungen zu unterstützen. Dafür rei-    ten – entlang der gesamten Produk-      nischen Tokio oder im schottischen
chen „Produkte“ und „Technologien“    tionskette: angefangen bei der Ent-     Edinburgh. Aber zurück zu Ostwürt-
alleine nicht mehr aus. Es geht um    wicklung, über die Fertigung bis hin    temberg, was ja auch oft als „Raum
echte „Lösungen“, also eine Kombi-    zu Service und Vertrieb. Wir fördern    der Talente und Patente“ bezeichnet
nation aus Produkten UND Dienst-      und bauen auf innovative Ideen un-      wird: Diese Bezeichnung finde ich
leistungen. Und dieser Dienstleis-    serer Mitarbeiter. Daher setzen wir     nicht nur schön und äußerst passend
tungspart wird immer wichtiger. Für   auf interkulturell besetzte Innovati-   – gleichzeitig erklärt sie sehr gut,
uns gehört dazu neben dem techni-     onsrunden, eine starke Teamorien-       weshalb wir uns auch an diesem
schen Service und Support auch die    tierung sowie einen fairen Umgang       Standort sehr wohlfühlen.
Beratung und Schulung im Umgang       untereinander.

  Carl Zeiss Meditec AG
  Die Carl Zeiss Meditec ist ein weltweit führender Anbieter von kompletten Systemen zur Diagnose und Behand-
  lung von Augenkrankheiten sowie Marktführer für innovative Visualisierungslösungen in der Mikrochirurgie.
  Abgerundet wird das Portfolio durch innovative Zukunftstechnologien wie die intraoperative Strahlentherapie.

                                           Mitarbeiter                             Umsatz
         Welt                               rund 2.100                         640,1 Mio. EUR
         Deutschland                          rund 900                          56,4 Mio. EUR
         Ostwürttemberg                       rund 400                                 –

                                                                   Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg            17
INTERVIEW
     JRS Pharma GmbH & Co. KG – Hochwertige Hilfsstoffe für die Pharmaindustrie
     Interview mit Herrn Richard Salzer, Geschäftsführung

                                                     gabeverzögerer, Struktur- und Füll-     relativ leer. Der Markt verlagert sich
                                                     stoffe oder Schmiermittel, die aus      von hochwertigen Originalproduk-
                                                     natürlichen, pflanzlichen Rohstoffen    ten mehr und mehr hin zu einem
                                                     gewonnen werden. Ein großer             Markt, der von Nachahmerproduk-
                                                     Schwerpunkt liegt dabei bei Produk-     ten (Generika) dominiert wird. Die
                                                     ten auf der Basis von Cellulose. JRS    Folge davon ist ein starker Kosten-
                                                     PHARMA ist mittlerweile zum welt-       druck.
                                                     weit größten Produzenten für Mik-
                                                     rokristalline Cellulose herangewach-    Gleichzeitig konzentriert sich die
                                                     sen – ein Bindemittel, das heute in     Pharmaindustrie mehr auf ihr Kern-
                                                     nahezu jeder besseren Tablette ein-     geschäft – die Wirkstoffentwick-
                                                     gesetzt wird.                           lung. Das ist Chance und Herausfor-
                                                                                             derung für uns zugleich.
                                                     Gleichzeitig verstehen wir uns dabei
                                                     als Technologiepartner der Industrie.   Als Technologie- und Systempartner
                                                     Wir bieten das Know-how rund um         sind wir deshalb gefordert, der In-
                                                     die Tablettierung mit Entwicklungs-     dustrie optimierte Lösungen für ihre
     Richard Salzer, Mitglied der Geschäftsführung   unterstützung, Rezepturberatung und     Produktgestaltung und die Produkti-
                                                     technischer Begleitung durch unsere     onsprozesse zu bieten. Hier sind
     Innerhalb der JRS-Gruppe zielt die              TCCs (Technical Competence Centers)     ganzheitliche Lösungen gefragt.
     JRS PHARMA auf einen Spezialmarkt               – und das rund um den Globus. Unsere    Sich nur auf die Herstellerfunktion
     ab. Worin steckt die Kernkompetenz              neuesten Projekte drehen sich um die    beschränken zu wollen, wäre fatal.
     des Unternehmens?                               ‚Excipients der nächsten Generation‘    Wir tragen dem durch einen konse-
                                                     zum Beispiel mit innovativen Kombi-     quenten Ausbau unserer Beratungs-,
     Die JRS-Tochter JRS PHARMA trägt                nationsprodukten, wie PROSOLV® EA-      Forschungs- und Entwicklungskapa-
     die     JRS-Cellulose-Technologie-              SYtab oder PROSOLV® ODT, die alle für   zitäten Rechnung. Mit entsprechen-
     Kompetenz in den Bereich der phar-              eine Tablette erforderlichen Stoffe     den Einrichtungen in Deutschland,
     mazeutischen Hilfsstoffe (Fachbe-               schon einsatzfähig in einem Produkt     USA und Indien haben wir uns auf die
     griff ‚Excipients‘) – also all der              enthalten – das Pharma-Unterneh-        Bedürfnisse des Weltmarkts einge-
     Stoffe, die man neben dem eigentli-             men muss im Extremfall nur noch den     stellt. Gleichzeitig sind wir auch mit
     chen Wirkstoff zur Herstellung einer            Wirkstoff zugeben – schon kann die      unseren anderen Aktivitäten ganz
     Tablette benötigt. JRS PHARMA ent-              Tablette gepresst werden.               nah an den Kunden herangerückt:
     wickelt, produziert und vermarktet                                                      wir produzieren in Europa, USA, Asi-
     diese Excipients für die Pharmazeu-             Ihr Unternehmen ist Partner der         en. Eigene JRS-Büros und eine ganze
     tische Industrie in aller Welt. Im              Pharmaindustrie. Worin liegen die       Reihe von Fachvertretungen beraten
     Einzelnen handelt es sich um Excipi-            Herausforderungen in den nächsten       vor Ort und unterstützen alle not-
     ent-Produktlinien mit unter-                    Jahren?                                 wendigen Maßnahmen, um den Kun-
     schiedlichen Funktionen: Tabletten-                                                     den schnelle und kostenoptimierte
     Bindemittel, Zerfallshilfsmittel,               Die Forschungs- und Entwicklungs-       Lösungen bieten zu können.
     Tablettenüberzüge (Coatings), Frei-             pipelines der Industrie sind derzeit    Die Wachstumsmärkte der Zukunft

18       Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
liegen in Indien, China, Brasilien,     vielen engagierten und interessan-      werden zu können.
Mexiko oder Vietnam. Dort zeigen        ten Menschen, auf die wir in unse-
wir Präsenz und haben uns entspre-      rer täglichen Arbeit treffen. Auf der   Allerdings stoßen wir bei der Rekru-
chend aufgestellt. Dies ist auch        fachlichen Seite suchen wir heute       tierung von Top-Spezialisten immer
deshalb notwendig, weil sich mehr       Top-Professionals aus vielen Spezi-     wieder auf die negativen Auswir-
und mehr auch asiatische Wettbe-        algebieten. Dazu gehören Pharma-        kungen des ‚Provinz‘-Effekts. Die
werber um diese Märkte bemühen.         zeuten, Chemiker, Ingenieure, Ver-      großen Ballungszentren mit ihrem
Das erfordert weitere Differenzie-      fahrenstechniker, Biologen, etc.        kulturellen und sozialen Angebot
rung. Wir sind parallel deshalb stän-   aber natürlich auch immer versierte     wirken noch immer attraktiver auf
dig daran, unsere Produkte techno-      Kaufleute, die sich sicher im inter-    mögliche Bewerber, als es die Region
logisch weiter zu entwickeln und        nationalen Geschäft bewegen.            zu kommunizieren vermag. Es ist für
unsere technologische Spitzenposi-                                              uns nicht immer einfach. Hier sehen
tion zu festigen. Noch leichtere        Als engagiertes Team suchen wir         wir noch deutlichen Handlungsbe-
Handhabung, zuverlässige Quali-         begeisterungsfähige Mitarbeitende,      darf.
tätsstandards, optimierter Mittel-      die in ihrer Aufgabe aufgehen und
einsatz sind hier die Zielvorgaben.     auf die Spitzenposition im Markt        Die Autobahnnähe ermöglicht uns
Im Interesse unserer angestrebten       hinarbeiten.                            einen schnellen Zugang zu allen
internationalen Marktführerschaft.                                              wichtigen Logistikzentren. Aller-
                                        Wie bewerten Sie den Standort Ost-      dings hinken wir in Sachen Infra-
Fachkräfte sind die Basis des Unter-    württemberg aus Sicht der Unter-        struktur ebenfalls den großen Zen-
nehmenserfolgs. Welche Anforderun-      nehmens-Gruppe?                         tren hinterher. Die Bahn baut Gleise
gen und Qualifikationen stellen Sie                                             ab, anstatt Chancen zu schaffen.
an die Mitarbeitenden von Morgen?       Die JRS steht zu ihrem Standort in      Wichtige Zufahrtsstraßen werden
                                        Ostwürttemberg. Mit der Unterneh-       nicht oder nur schleppend ausge-
Wir freuen uns, in der JRS bereits      menszentrale in Rosenberg haben         baut oder gar wieder gesperrt, der
heute auf eine breite Basis von hoch    wir eine solide ‚Erdung‘ und Verwur-    öffentliche Nahverkehr bietet vor
qualifizierten und motivierten Fach-    zelung in der Region. Mit unserem       unserer Haustüre große Lücken. Das
leuten aus den unterschiedlichsten      internationalen Engagement in vie-      leidige Thema DSL-Anschlüsse im
Bereichen zurückgreifen zu können.      len Ländern der Welt tragen wir den     ländlichen Raum ist ein vielsagendes
Das ist sicher unser Stammkapital.      Anforderungen der Märkte Rechnung.      Symptom.

Da wir uns auf internationalem Par-     Der Standort Rosenberg bietet ein       Wir schätzen und nutzen die Hoch-
kett bewegen, sind natürlich neben      solides Reservoir an Fachkräften mit    schulen in der Region, würden uns
den fachlichen Qualifikationen          Bezug zum Unternehmen.                  aber gerne auch Universitäten mit
möglichst breit angelegte Sprach-                                               entsprechenden Forschungs-Fach-
kenntnisse, Flexibilität und Reisebe-   Das Ausbildungsniveau in der Regi-      bereichen in unserem direkten Um-
reitschaft, sowie ein hohes interkul-   on ist hoch und wir tragen als mo-      feld wünschen.
turelles Verständnis wichtiges          derner Ausbildungsbetrieb dazu bei,
Rüstzeug. Dabei ist der Antrieb die     dem hohen technologischen An-
Freude an unserer Thematik und den      spruch unseres Geschäfts gerecht

  JRS Pharma GmbH & Co. KG, Rosenberg
  Die JRS Pharma GmbH & Co. KG, ist 100-prozentige Tochter der Josef Rettenmaier Holding GmbH & Co. KG mit
  deutschem Stammsitz und Hauptwerk in Rosenberg. Das Unternehmen JRS Pharma ist einer der weltweit füh-
  renden Anbieter von qualitativ hochwertigen Hilfsstoffen und Technologien für die Pharma- und Nahrungsmit-
  telindustrie. JRS ist weltweiter Spezialist für industriell genutzte, natürliche Pflanzenfaserstoffe.

                                        Mitarbeiter
   Welt                                    1.400
   Deutschland                               800
   Ostwürttemberg                            800

                                                                     Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg           19
2.4.1 Kliniken in Ostwürttemberg
     Neben den Unternehmen sind die Kliniken ein wichtiger Teil des Gesundheitsmarktes. Von dem etwa 11-prozentigen
     Bruttoinlandsproduktanteil der Gesundheitswirtschaft entfallen rund 25 Prozent auf den Kliniksektor. In Ostwürttem-
     berg gibt es neun Standorte von Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und Tageskliniken mit insgesamt beinahe
     2.000 Betten. Dort kümmern sich rund 4.300 Ärzte, Ärztinnen und Pflegepersonal um ca. 65.000 Patienten jährlich.
     In diesem Kapitel stellen wir Ihnen die Kliniken der Region vor. Die beiden Klinikdirektoren Axel J. Janischowski vom
     Ostalbklinikum Aalen und Rainer Genz vom Klinikum Heidenheim zeigen in einem Interview Herausforderungen, Zu-
     kunftsprojekte und Alleinstellungsmerkmale ihrer Kliniken auf.

                                                                 Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH

                                                                  Kapazität:             641 Betten
                                                                  Mitarbeiter:           Rund 1.580
                                                                  Patienten:             Über 60.000 stationär und am-
                                                                                         bulant
                                                                  Umsatz:                Rund 70 Mio. EUR
                                                                  Internet-Adresse:      www.kliniken-heidenheim.de

                                                                 Zu den Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH zählt das
                                                                 Klinikum Heidenheim und die Geriatrische Rehaklinik
                                                                 Giengen. In der geriatrischen Rehaklinik in Giengen wer-
     Ostalb-Klinikum Aalen                                       den ältere Menschen behandelt und gepflegt. Die Klinik
                                                                 verzeichnet derzeit einen Rückgang der Patientenzahlen.
      Kapazität:             Rund 418 Betten                     Das Klinikum Heidenheim wird aktuell modernisiert. In
      Mitarbeiter:           1.000                               mehreren Bauabschnitten werden rund 100 Mio. EUR in
      Patienten:             Rund 46.500 stationär               die Sanierung und Restrukturierung investiert. Das Klini-
                             und ambulant                        kum Heidenheim deckt ebenfalls das komplette Spektrum
                                                                 der Akutversorgung ab. Folgende Schwerpunkte bestehen:
      Umsatz:                Rund 61 Mio. EUR
      Internet-Adresse:      www.ostalbklinikum.de               •   Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg –
                                                                     gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Schwäbisch
     Das Ostalb-Klinikum Aalen deckt als Klinikum der Zen-           Gmünd, Ellwangen
     tralversorgung das komplette Spektrum der Akutversor-
                                                                 •   Regionales Schlaganfallzentrum:
     gung ab. Neben einer qualitativ hochwertigen Rundum-
                                                                     In Kooperation mit Ostalbklinikum Aalen
     versorgung der Bevölkerung gibt es auch viele spezielle
     medizinische Angebote von überregionaler Bedeutung          •   Netzwerk Palliativmedizin
     auf einem Top-Niveau. Dazu zählen:                          •   Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg –
                                                                     gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Schwäbisch
     •   Zwei von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifi-           Gmünd, Ellwangen
         zierte Zentren für Brust- und Darmkrebs                 •   Belegklinik für Homöopathie
     •   Pankreaszentrum mit Schlüsselloch-Operationen
     •   Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg –              Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd
         gemeinsam mit den Kliniken Heidenheim,
                                                                  Kapazität:             507 Betten
         Schwäbisch Gmünd und Ellwangen
     •   Regionales Schlaganfallzentrum: In Kooperation           Mitarbeiter:           Rund 1.000
         mit Klinikum Heidenheim                                  Patienten:             17.700 stationär und ambulant
     •   Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg –               Umsatz:                Rund 63,7 Mio. EUR
         gemeinsam mit den Kliniken Heidenheim,
         Schwäbisch Gmünd, Ellwangen                              Internet-Adresse:      www.klinikum-sgd.de

20       Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg
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