Impulse - VOR UNS DIE SINTFLUT? 2 21 - rpi-Impulse
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-Impulse Beiträge zur Religionspädagogik aus EKKW und EKHN 2 21 VOR UNS DIE SINTFLUT? Zur Aktualität von Weltuntergangserzählungen
-Impulse 2 | 21 7. Jahrgang EDITORIAL | Nadine Hofmann-Driesch, Anke Kaloudis, Christian Marker, Uwe Martini, Birgitt Neukirch, Katja Simon ..... 1 PERSONEN & PROJEKTE .................................................................................................................................... 2 Friedenseiche Bad Hersfeld n Neuer Direktor des Frankfurter Bibelhaus Erlebnis Museums n Werkheft Schulabschlussgottesdienste 9./10. Klasse KIRCHE & STAAT .................................................................................................................................................. 3 Vokationstagung im Februar 2021 n Eintritt in den Ruhestand n Anträge auf Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen n Bevollmächtigung neuer Religionslehrer*innen n Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) positioniert sich eindeutig zu den gegenwärtigen Herausforderungen des Religionsunterrichtes n Für alle in der Schule Schulseelsorger*in sein – Interreligiöse Schulseelsorge GRUNDSATZARTIKEL n Monika Jakobs: Apokalyptik und Endzeitstimmung in der Tradition und in der Lebenswelt Jugendlicher ............ 5 FACHDIDAKTISCHE BEITRÄGE n Nadine Hofmann-Driesch: „Komm mit auf die Arche: du, ich und Gott.“ (Grundschule) ....................................... 9 n Karsten Müller: Computerspiele zwischen Weltuntergang und neuem Leben (Sek. I) ........................................ 11 n Christian Marker: Zukunftsängste und Weltuntergangsphantasien (Sek. II) ........................................................ 14 n Annette Geil: Komm und sieh... Dystopische Visionen im Religionsunterricht (Berufsschule) ............................. 17 KONFIRMANDENARBEIT .................................................................................................................................. 20 n Katja Simon, Achim Plagentz: Hurra! Die Welt geht nicht unter! ANFORDERUNGSSITUATION ..................................................................................................................................... 22 n Anita Seebach: „Träum ja nur (Hippies)“ ZWISCHENRUF .............................................................................................................................................................. 24 n Christine Weg-Engelschalk: Wann ist er endlich weg, der blöde Lockdown? PRAXIS TIPPS .................................................................................................................................................... 26 Fotogen (S. 23) n Filme zum Thema n Lit-Tipps n Bibelhaus n Ganzschriften lesen in der Oberstufe n Buchbesprechungen TIEFGANG | Jan Schäfer ...................................................................................................................................... 31 FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN | MAI – SEPTEMBER 2021 ................................................................. 32 Konfessionelle Interreligiöses Digitales Home- Differenzierung in Kooperation Lernen Lernen schooling heterogenen Lerngruppen Impressum Alle Links und Materialien sowie Zusatzinformationen zum Heft Herausgeber: Die RPI-Impulse werden herausgegeben vom Religionspädagogischen Institut finden Sie auf der Webseite (RPI) der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und der http://www.rpi-impulse.de Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Redaktion: Nadine Hofmann-Driesch, Anke Kaloudis, Christian Marker, Uwe Martini, Die RPI Impulse inkl. Material Birgitt Neukirch, Katja Simon werden als „Open Educational Lektorat: Ruth Bittner-Scherhans Resources“ unter der Creative- Anschrift: RPI der EKKW und der EKHN, Rudolf-Bultmann-Straße 4, 35039 Marburg. Commons-Lizensierung BY-NC-SA Redaktionsbüro: Hanna Hirschberger, Tel. 0561-9307-137; (Namensnennung – nicht hanna.hirschberger@rpi-ekkw-ekhn.de kommerziell) veröffentlicht: https://creativecommons.org/ Einzelheft: € 4,00 zuzüglich Versandkosten. Abonnement: € 10,- pro Jahr licenses/by-nc-sa/3.0/de/ (inkl. Versand). Alle Unterrichtenden für Evangelische Religion im Kirchengebiet der EKKW und der EKHN erhalten die Hefte gratis. Layout: Ralf Kopp, Darmstadt · www.ralfkopp.biz Druck: Druck- und Verlagshaus Thiele & Schwarz, Kassel Auflage: 12.500 Exemplare ISSN: 2365-7960
EDITORIAL LIEBE LESERINNEN zug auf biblische Überlieferungen, insbesondere die Endzeitrede Jesu in Die aktuelle Situation in der Zeit von Corona nimmt dann in besonderer Mk 13, spielt dabei die Frage nach Weise der Beitrag von Christine UND LESER, der Bedeutung des Themas in der Weg-Engelschalk in den Blick: als Lebenswelt Jugendlicher eine wichti- Schulseelsorgerin denkt sie in ihrem nein, die Stimmung ist nicht gut. Ge- ge Rolle. Der Beitrag endet mit dem „Zwischenruf“ über die Folgen des genwärtig blicken wir nicht gerade Plädoyer dafür, das Thema zu nut- Verlusts der Schule als sozialem Ort optimistisch in die Zukunft. Dystopi- zen, um mit Lernenden darüber nach – ein Thema, das nicht nur Reli- en, also in der Zukunft spielende Er- nachzudenken, was diese für die gionslehrkräfte beschäftigt. zählungen mit negativem Ausgang, noch unbekannten Zumutungen der haben Konjunktur. Gründe für einen Zukunft stärken kann. Das Nachdenken über Dystopien Weltuntergang gibt es viele: Natur- kann dazu führen, dass düstere Zu- und Klimakatastrophen, eine Ali- In den fachdidaktischen Beiträgen kunftsbilder übermächtig werden en-Invasion, ein Asteroideneinschlag werden verschiedene Aspekte des und Zynismus, Fatalismus, Hysterie oder eine Supernova werden als Themas aufgegriffen. In dem Grund- oder den Rückzug ins Private beför- mögliche Szenarien für den Weltun- schulbeitrag geht es um die Sint- dern. Das ist natürlich nicht das, was tergang angesehen. Und aktuell ist flut-Geschichte. Vorgestellt wird das wir mit diesem Impulse-Heft und den es natürlich die Corona-Pandemie, „Geschichten-Ich“, ein besonderer verschiedenen Beiträgen im Sinn ha- die eine globale Bedrohung darstellt methodischer Zugang für diese ben. Letztlich geht es doch darum, und für manche Mitmenschen Anlass „schwierige“ Erzählung. Für höhere realistisch mit der aktuellen Situation für Weltuntergangserzählungen bie- Jahrgangsstufen der Sek. I werden umzugehen und – je nach Kräften tet. In diesem Zusammenhang spielt Computerspiele in den Blick genom- und Möglichkeiten – den Blick nach dann auch die Verbreitung von Ver- men, die mit ihrer Ambivalenz zwi- vorne zu wagen. Diese Sichtweise schwörungs-„Theorien“, die nicht schen actionhaltigen Weltuntergangs- und der hoffnungsvolle Blick, der für selten mit antisemitischen Tendenzen szenarien und der Hoffnung auf ein den christlichen Glauben von Anfang verbunden sind, eine Rolle. „gutes Leben“ bei Jugendlichen be- an wichtig ist und in den Bildern einer liebt sind. In dem Sek. II-Beitrag „Zu- vollendeten Zukunft im Reich Gottes Bücher, Filme, Songs und Computer- kunftsängste und Weltuntergangs- seinen Ausdruck findet, werden in al- spiele mit dystopischem Setting er- phantasien“ finden sich Anregungen, len Artikeln des vorliegenden Heftes freuen sich schon seit einiger Zeit bei wie man mit Schüler*innen über dys- angesprochen. Eine Perspektive, die Jugendlichen großer Beliebtheit. Der topische Zukunftsvorstellungen nach- in diesem Zusammenhang Leitlinie Hype begann vor etwa 10 Jahren mit denken und sie hinsichtlich ihrer Funk- sein könnte, formuliert der Verfasser dem Film „Die Tribute von Panem“, tion untersuchen kann. Der des 2. Timotheus-Briefes, wenn er hat aber durchaus Vorläufer – man BBS-Beitrag schließlich greift das In- schreibt: „Denn Gott hat uns nicht denke nur an den bekannten Roman teresse der Schüler*innen auf und un- gegeben den Geist der Furcht, son- von George Orwell „1984“. Beliebt tersucht aktuell populäre Dystopien dern der Kraft und der Liebe und der sind Dystopien unter anderem, weil mit Hilfe von Filmausschnitten. Der Besonnenheit.” (2.Tim 1,7) sie das gegenwärtige Lebensgefühl Konfi-Beitrag „Hurra! Die Welt geht aufgreifen und ohne Frage auch ei- nicht unter!“ nähert sich dem Thema In diesem Sinne grüßt Sie nen hohen Unterhaltungswert haben. über einen Song – die Ideen in diesem Ihre Redaktion Häufig geht es in dystopischen Fikti- Beitrag sind auch sehr gut für den Un- onen um jugendliche Protagonist*in- terricht in der Sek. I geeignet. nen, die sich gegen ein Unterdrü- ckungssystem auflehnen oder gegen „das Böse“ kämpfen – hier ergeben Foto © Peter Kristen sich Identifikationsmöglichkeiten für Heranwachsende. Im Grundsatzartikel dieses Hefts geht Monika Jakobs auf apokalypti- sche Vorstellungen in Vergangenheit und Gegenwart ein. Neben dem Be- Wenn Sie diese Zeitschrift, die kostenfrei an alle Unterrichtenden Ev. Religion im Kirchengebiet der EKKW und EKHN verteilt wird, nicht erhalten oder zu viele oder zu wenige Exemplare bekommen, wenden Sie sich bitte an unser Redaktionsbüro: hanna.hirschberger@rpi-ekkw-ekhn.de; Tel.: 0561-9307-137. Uwe Martini, Christian Marker, Birgitt Neukirch, Anke Kaloudis, Katja Simon, Nadine Hofmann-Driesch (v.l.n.r.) -Impulse 2|21 | Editorial 1
PERSONEN & PROJEKTE FRIEDENSEICHE BAD HERSFELD Die „Friedenseiche“ auf dem Gelände der Ev. Jugendbildungsstätte in Bad land hinein. Wäre der Kalte Krieg eskaliert, wäre es hier Hersfeld findet seit November 2020 eine inhaltliche Aufwertung. Dieser auf passiert. Dagegen erhob sich ein friedlicher Widerstand, dem Frauenberg gepflanzte Baum erinnert daran, dass Bad Hersfeld und der bei einer Großdemonstration etwa 30.000 Anhän- Umgebung Teil des „Fulda Gap“ waren, das sich von Herleshausen bis Bad ger*innen der Friedensbewegung auf die Straße brachte. Neustadt an der Saale erstreckte. An dieser Stelle befürchtete die NATO ei- nen Vorstoß der Truppen des Warschauer Pakts zwischen zwei ihrer Armee- Die Anbringung einer Tafel mit einem QR-Code ist mit gruppen hindurch und weiter in das Hinterland der Bundesrepublik Deutsch- der Freischaltung einer Homepage (https://friedens- eiche-frauenberg.de) verbunden. Dort finden sich Bau- steine für die Konfi-Arbeit, liturgische Texte, Friedensstif- ter-Übungen und weiteres Unterrichtsmaterial zum The- ma „Frieden“. Neben allgemeinem Material entdeckt man auch regionale Bezüge, wie z. B. Interviews mit frie- densbewegten Zeitzeug*innen. Diese erinnern sich an die Zeit des Kalten Krieges. Außer den Materialien, die hier verfügbar sind, gibt es in der Reihe rpi-konfi Baustei- ne für eine Freizeit sowie eine Einheit von Katja Simon „Frieden wird sichtbar“ (rpi-konfi 7/20). Foto © Ute Janssen NEUER DIREKTOR DES FRANKFURTER BIBELHAUS ERLEBNIS MUSEUMS Gründungsdirektor Pfarrer Dr. h.c. dienste um die Vermittlung der bibli- rent. Die Dauerausstellung des Bibel- Jürgen Schefzyk ist nach 17 Jahren schen Lebenswelt und die hauses mit der didaktischen Erschlie- als Leiter des Frankfurter Bibelhaus theologische Wissenschaft geehrt. ßung der Leihgaben der Israelischen Erlebnis Museums in den Ruhestand Denn Schefzyk hatte auch die wis- Antikenverwaltung konzipierte er 2011 gegangen. In dieser Zeit baute er die senschaftliche Leitung des For- neu und kuratierte zwischen 2012 bis Dauerausstellung auf und etablierte schungsschwerpunkts Biblische Ar- 2016 für die Museumsdidaktik im Bi- Jürgen Schefzyk die andauernde Zusammenarbeit mit chäologie und Erlebnispädagogik belhaus drei Ausstellungen. Dinkelaker der Israelischen Antikenverwaltung des Museums inne und war seit 2010 ist Mitorganisator des interkulturellen sowie die Kooperation mit zehn Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Projektes „3Tage-3Orte-3Religionen“, Theologischen Fakultäten in Deutsch- Deutsche Bibelmuseen bis 2019. Mitglied des christlich-jüdischen Ar- land und vielen großen Museen. Auch beitskreises „Im Dialog“ und evangeli- für neun Sonderausstellungen zeich- Seit Januar 2021 ist Veit Dinkelaker scher Delegierter in der Arbeitsgemein- net er verantwortlich. 2014 verlieh die neuer Direktor des Frankfurter Bibel- schaft Christlicher Kirchen Frankfurt Mainzer Universität Schefzyk die haus Erlebnis Museums. Er leitete dort am Main. Seit 2017 ist er mit Lehrauf- Veit Dinkelaker Doktorwürde der Theologie ehren- seit 2009 den Bereich „Bildung und trägen an der Goethe-Universität halber. Damit wurde er für seine Ver- Vermittlung“ als theologischer Refe- Frankfurt tätig. WERKHEFT SCHULABSCHLUSSGOTTESDIENSTE 9./10. KLASSE Dieses ökumenische Werkheft nimmt die Altersgruppe Das Werkheft bietet in seiner modularen Grund- der 15- bis 16-Jährigen in den Blick, deren Schulzeit struktur viel Raum für individuelle Gestaltung so- nach der 9. oder 10. Klasse endet. Es will Lehrkräfte, wie für die Einbeziehung unterschiedlicher Pers- Pfarrerinnen und Pfarrer, Pastoralreferentinnen und pektiven bei der Gottesdienstplanung. Es wurde -referenten sowie pastorale Mitarbeiterinnen und Mitar- von einer ökumenischen Arbeitsgruppe erarbei- beiter ermutigen, tet und ist Ausdruck der bewährten guten öku- menischen Zusammenarbeit zwischen der Ev. n das Ende der Haupt- oder Realschulzeit als Kirche von Kurhessen-Waldeck und dem Bis- wichtiges biographisches „Schwellenereignis“ auf tum Fulda. Das Werkheft ist online verfügbar: dem Weg des Erwachsen-Werdens aufzugreifen, https://www.ekkw-macht-schule.de/schulrefe- n die Übergangssituation bewusst zu gestalten, rat/referatsleitung/downloads n die Heterogenität der Schulgemeinde positiv aufzunehmen, Neben der pdf-Datei wird dort auch eine von n die Schulkultur durch das Feiern von Gottes- den Nutzern individuell bearbeitbare Fassung diensten auch zum Abschluss der Schulzeit als Word-Dokument und der Download einer zu bereichern. Grußkarte angeboten. 2 -Impulse 2|21 | Personen & Projekte
KIRCHE & STAAT VOKATIONSTAGUNG IM FEBRUAR 2021 Religion im öffentlichen Raum – welche Rolle spielt sie und welche Rolle darf oder muss sie in einem EINTRITT IN DEN weltanschaulich neutralen Staat übernehmen? Mit diesen Fragen haben wir die digitale Vokationsta- gung begonnen. Die 30 Teilnehmer*innen kamen ins Gespräch mit Vertreter*innen des Ethikkomitees RUHESTAND des Klinikums, der Notfallseelsorge, des Sara-Nussbaum-Zentrums für jüdisches Leben, des Run- Mit Wirkung zum 1. April 2021 trat den Tisches der Religionen und mit einem Vertreter der digitalen Kirche. Ideenreiche Workshops und der Leiter des Kirchlichen Schulam- der Austausch in der Gruppe wurden als hilfreich und anregend erlebt. Beeindruckt waren die Teil- tes in Gießen, Schulamtsdirektor i. nehmer*innen von den Möglichkeiten des digitalen Arbeitens. Als Stärkung für die Aufgabe der Lehr- K. Pfarrer Karl-Heinz Lerch, in den kräfte in der Schule wurden die Gespräche mit der Bischöfin Frau Dr. Hofmann und der Bildungsde- Ruhestand ein. Die Stelle wird zum zernentin Frau Dr. Neebe wahrgenommen. Nicht zuletzt haben alle den feierlichen Gottesdienst zum nächstmöglichen Zeitpunkt durch Abschluss der Tagung, der in (richtig schöner) Präsenz gefeiert werden konnte, sehr genossen. die Kirchenleitung der EKHN wieder- besetzt. Foto © privat ANTRÄGE AUF BILDUNG KONFESSIONELL GEMISCHTER LERNGRUPPEN Das Schulreferat der EKKW hat sich in einem mit dem RU betroffen, für den unter normalen Bedingungen demnächst die Anträge Bistum Fulda abgestimmten Schreiben an die Staatli- auf Bildung von gemischt-konfessionellen Lerngruppen gestellt werden chen Schulämter im Bereich der EKKW gewandt. Grund müssten. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten aufgrund der Coro- dafür war die Frage, wie in diesem Jahr mit den Anträgen na-Pandemie verlängern beide Kirchen die Anträge, die in diesem Jahr er- auf Bildung von gemischt-konfessionellen Lerngruppen neut gestellt werden müssten, um ein weiteres Jahr. Dennoch eingehende im Religionsunterricht verfahren werden soll. Den Kir- Anträge werden selbstverständlich geprüft und beschieden. Ein reguläres chen ist bewusst, dass die Corona-Pandemie für die Antragsverfahren kann aus Sicht beider Kirchen erst wieder durchgeführt Schulen nach wie vor eine große Herausforderung dar- werden, wenn sich die Verhältnisse annährend normalisiert haben; man geht stellt; davon sind auch der evangelische und katholische davon aus, dass dies im Jahr 2022 gegeben sein wird. BEVOLLMÄCHTIGUNG NEUER RELIGIONSLEHRER*INNEN Die Corona-Pandemie hat Einfluss auf die Bevollmächtigung der neuen Re- chen Feiern. In diesem Rahmen fand ligionslehrer*innen. Schon zum dritten Mal seit Beginn der Pandemie musste die Bevollmächtigung mit der Über- der zentrale Gottesdienst mit Kirchenpräsident Pfarrer Dr. Volker Jung und gabe der Urkunden für dreißig Lehr- der stellvertretenden Kirchenpräsidentin Pfarrerin Ulrike Scherf abgesagt kräfte statt. Das KSA Mainz hofft werden. Die gültigen Hygienevorschriften und Schutzmaßnahmen lassen es darauf, dass die Bevollmächtigungs- aus gutem Grund nicht zu, dass Gottesdienste mit mehreren hundert Men- tagung mit Gottesdienst und Über- schen gefeiert werden können. gabe der Urkunden wie traditionell gewohnt im Mai 2021 stattfinden Dennoch wurden in diesem Frühjahr in den Kirchlichen Schulämtern in kann. Darmstadt, Offenbach und Wiesbaden sechzig Lehrer*innen bevollmächtigt und beauftragt, Evangelischen Religionsunterricht zu erteilen. Die entspre- Nach wie vor geplant ist, dass – bei chenden Tagungen fanden als digitale Veranstaltungen statt. Feierliche Got- entsprechender Situation rund um tesdienste wurden in kleinen Gruppen in der Französisch-reformierten Kirche Corona – im November 2021 an die in Offenbach, der Friedenskirche in Darmstadt und im KSA Wiesbaden als Tradition der gemeinsamen und zent- Online-Gottesdienst gefeiert. ralen Bevollmächtigungsgottesdiens- te angeknüpft wird. Im Bereich des KSA Gießen gab es bereits im Herbst 2020 insgesamt sieben kleine Tagungen mit sehr persönlichen und spirituell dichten gottesdienstli- Jan Schäfer, Schulamtsdirektor i. K. -Impulse 2|21 | Kirche & Staat 3
KIRCHE & STAAT Konfessionslosigkeit, Interreligiöses Lernen, konfessionelle Kooperation: DIE EVANGELISCHE KIRCHE IN DEUTSCHLAND (EKD) POSITIONIERT SICH EINDEUTIG ZU DEN GEGENWÄRTIGEN HERAUSFORDERUNGEN DES RELIGIONSUNTERRICHTES In der Schule verdichten sich wie in einem Brennglas religiöse und n Interreligiöse Kompetenz kulturelle Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Diese reichen Perspektiven und Empfehlungen für die von Religionsabbruch und Konfessionslosigkeit bis hin zu religiö- Aus-, Fort- und Weiterbildung von Religions- ser Vielfalt und Multireligiosität. Lehrkräfte im Fach Religion stehen lehrkräften vor der Herausforderung, mit dieser religiösen Gemengelage im Unterricht angemessen umzugehen. Nicht selten fühlen sie sich n Der konfessionell-kooperative Religions- dabei allein gelassen. Nicht nur, was die konkrete und in Studium unterricht als Herausforderung für die und Ausbildung erlernte Unterrichtspraxis anbelangt, sondern Religionslehrerinnen- und Religions- auch, was die inhaltliche Linie der Kirche betrifft. Wo steht Kirche, lehrerbildung wenn es um die Frage des Unterrichts geht, in dem konfessionslo- Empfehlungen der Gemischten Kommission se Schüler*innen die Mehrheit bilden? Wie stellt sie sich religiöse für die Reform des Theologiestudiums für die Bildung in einer Gesellschaft vor, die durch das Miteinander vieler Aus-, Fort- und Weiterbildung Religionen geprägt ist? Und wie positioniert sie sich zur Frage, wie das konfessionelle Miteinander für schulische Bildungsprozesse Download aller drei Texte über den jeweiligen QR Code oder über fruchtbar gemacht werden kann? www.rpi-impulse.de Es sind drei Texte, die sich mit diesen Fragen beschäftigen und Die Texte sind von verschiedenen Gremien der EKD im letzten Perspektiven für die zukünftige Arbeit an den Themen Konfessi- Jahr verabschiedet worden. Sie geben Aufschluss über wesentli- onslosigkeit, Interreligiöses Lernen und Konfessionelle Kooperati- che Akzentverschiebungen in der Organisation der Aus-, Fort- und on in Studium, Ausbildung und Weiterbildung aufzeigen: Weiterbildung sowie über notwendige Kompetenzen zur Befähi- gung religiöser Bildung in religiös heterogenen Lernkontexten. Es n Theologisch-Religionspädagogische sind hilfreiche Texte für alle, die sich für eine Weiterentwicklung Kompetenzen für das gemeinsame des Religionsunterrichtes an unseren Schulen engagieren. Lernen mit Konfessionslosen in schulischen Kontexten Perspektiven und Empfehlungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von evangelischen Religionslehrerinnen und -lehrern FÜR ALLE IN DER SCHULE SEELSORGER*IN SEIN – INTERRELIGIÖSE SCHULSEELSORGE Ein kurzer Bericht über die Jahreskonferenz Schulseelsorge 2021 Alle Menschen im Lebensraum Schule qualifiziert seelsorglich zu Wer sind die Menschen, die sich hinter diesem zusammenfassen- begleiten, diese herausfordernde Aufgabe gehört zum kirchlichen den „alle“ verbergen? Auftrag für Schulseelsorger*innen. Im Gespräch mit Menschen unterschiedlicher religiöser, ethnischer Knapp 40 Schulseelsorger*innen aus der EKKW und der EKHN und kultureller Prägungen, die als Referent*in Songül Yasar und nahmen im Februar 2021 an der online durchgeführten Jahreskon- Workshopleitungen Zafer Cin, Matthias Stock und Fatmagül Tuncay ferenz Schulseelsorge teil. Auch wenn die Jahreskonferenz traditio- anwesend waren, zeigte sich schnell, dass eine Unterscheidung in nell von der leibhaftigen Begegnung lebt, vom Wiedersehen, sich „wir“ und „die anderen“ der Diversität der Menschen im Lebensraum Umarmen, vom kollegialen Austausch, vom Erzählen, wie es weiter- Schule nicht gerecht werden kann. gegangen ist seit dem vergangenen Jahr, nutzten viele die Gelegen- heit, sich in diesem Jahr im digitalen Raum zu treffen. Alle im Lebensraum Schule sind mit individuell unterschiedlichen „inneren Landkarten“ unterwegs. Dass es hilfreich ist, diese wahrzu- Wie kann es gelingen, als ev. Schulseelsorger*in alle Menschen in nehmen und sich von denen der anderen erzählen zu lassen, um der Schule, unabhängig von ihrer Religion, Konfession oder Weltan- einander besser zu verstehen, darauf konnten sich viele am Ende schauung, seelsorglich zu begleiten? der Tagung einigen. 4 -Impulse 2|21 | Kirche & Staat
APOKALYPTIK UND ENDZEITSTIMMUNG IN DER TRADITION UND IN DER LEBENSWELT JUGENDLICHER Monika Jakobs Von Zeit zu Zeit werden Daten für den nahenden Welt- Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die End- untergang propagiert; so für die Jahrtausendwende, zeitrede, die der Evangelist Markus in seinem 13. Ka- oder – nach dem sog. Maya-Kalender – für den 21. pitel, unmittelbar vor der Passion, überliefert, denn sie Dezember 2012. Interesse für das Weltende lässt sich durchbricht das apokalyptische Denkschema in be- für alle Phasen der Geschichte belegen: mal mehr, mal merkenswerter Weise. Jesus wird von Petrus, Jakobus, weniger, mal beschränkt auf Geheimbünde, mal als ge- Johannes und Andreas nach dem Datum für die End- sellschaftsdurchdringende Stimmung. Dabei hat jede zeit gefragt, eine Endzeit, die für sie zwingend mit der Zeit ihre eigenen apokalyptischen Ängste, bei welcher Zerstörung des Jerusalemer Tempels verbunden ist. In einzelne Bedrohungen und Risiken ins Unendliche ex- seiner Antwort beschreibt Jesus, was man zu erwar- trapoliert werden. In der jüngsten Geschichte hat dies ten hat: man wird von Kriegen und Naturkatastrophen beispielsweise zum Wettrüsten zwischen West und Ost hören; es wird Verfolgungen geben, der heilige Ort wird geführt, zum „war against terror“, Aktionen, die ihrerseits entweiht, Pseudo-Messiasse werden Verwirrung stiften, apokalyptische Dimensionen angenommen haben. eine Sonnenfinsternis und vom Himmel fallende Sterne gehören dazu. Die Katastrophe beschreibt hier noch Apokalypse, wörtlich übersetzt „Offenbarung“, ist in nicht das Ende, sondern sie ist gewissermaßen nur das der ursprünglichen Bedeutung eine Bezeichnung für Vorspiel für das endzeitliche Kommen des Menschen- biblische Schriften bzw. Textteile, z.B. das Buch Dani- sohnes „mit großer Kraft und Herrlichkeit“ (Mk 13,26). el oder die Offenbarung des Johannes. In ihnen wird Zur Enttäuschung der Jünger weiß aber noch nicht eine Denkweise sichtbar, welche das Ende der gegen- einmal Jesus den Zeitpunkt des Ereignisses. Auch die wärtigen Welt herbeikommen sieht – oft mit dem Hin- empfohlene Vorbereitung klingt harmlos: Zeichen lesen weis auf Geheimwissen, das offenbart wurde oder neu und wachsam sein. Diese Zeichen sind vergleichsweise interpretiert wird. Es beinhaltet genaue Vorstellungen wenig dramatisch. Sie werden verglichen mit dem Ergrü- von den Zeichen und dem Ablauf des Weltendes. Die nen eines Feigenbaums, an dem man erkennt, dass es apokalyptische Vorstellung vom Weltende ist geprägt bald Frühling wird. (Mk 13,28) von einem absoluten Gegensatz von Gut und Böse. Ent- sprechend wird die Menschheit unterteilt in diejenigen, Der Evangelist selbst und seine Zuhörenden haben al- die gerettet werden und diejenigen, die untergehen. Sie lerdings einen Informationsvorsprung, denn die unvor- ist oft verbunden mit Determinismus, d.h. das Weltende stellbare fundamentale Erschütterung, die Zerstörung ist unabwendbar. Typisch für apokalyptische Schriften des Jerusalemer Tempels, hat schon stattgefunden. Wie ist ein bilderreicher und symbolhafter Stil, dessen Deu- bei der Prophetie liegt auch bei der Apokalyptik der ent- tung wiederum Spezialwissen erfordert.1 Apokalyptische scheidende Gehalt nicht primär in der Voraussage der Vorstellungen können Menschen, die die Welt als ganz Zukunft, sondern in der Weise, wie Vergangenheit und negativ erleben, durchaus Trost spenden, zumal wenn Gegenwart im Hinblick auf die Zukunft verarbeitet und sie sich sicher sein können, auf der richtigen Seite zu interpretiert werden. Dabei interessiert angesichts des stehen. Ausbleibens des Messias die Frage: War das alles, oder gibt es Hoffnung für mich, für uns, für die Welt? Die be- sondere Botschaft des Markusevangeliums lautet: Habt keine Angst, zieht euch nicht zurück, haltet die Augen auf. Und schließlich wird darauf beharrt, dass Gott derje- Monika Jakobs ist em. Professorin nige ist, der letztendlich richtet. In der Apokalyptik üben für Religionspädagogik an der nicht Menschen Selbstjustiz, sondern es wird eine neue Universität Luzern/Schweiz. göttliche Ordnung beschrieben. Im Buch Daniel heißt es, dass die Verständigen und diejenigen, die Gutes getan haben, „immer und ewig wie die Sterne leuchten wer- 1 Vgl.: Bull, Klaus-Michael: Apokalyptik und Neues Testament, online: Apokalyptik und NT, bibelwissenschaft.de, abgerufen am 01.03.2021; Böttrich, Christfried, Art. Apokalyptik (NT), in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2014.2010, 19-45, hier: 27. -Impulse 2|21 | Grundsatzartikel 5
GRUNDSATZARTIKEL den“ (Dan 12,2). Die Verständigen, die auf Unverständnis findet die apokalyptische Literatur gestoßen sind, diejenigen, die Gutes getan haben und Bilder. Die machtvollen Bilder ent- keinen irdischen Erfolg hatten, neutestamentlich gewen- stehen aus der Machtlosigkeit. det kann man sagen, wie Jesus. Das mediale Schüren von Ängsten Es gibt keine absoluten Zeichen, welche die Apokalyp- führt einerseits zur Abstumpfung se ankündigen, nur Hoffnungsbilder, nichts Großes, nur gegenüber tatsächlichen Nöten und ein gewöhnlicher Feigenbaum, der austreibt. Damit be- macht andererseits anfällig für auf- schreibt der apokalyptische Text des Markusevangeli- geblasene Versprechungen, Macht- ums gut, dass es hier nicht um Wissen geht, sondern um gehabe, falsche Propheten, für die Zumutung, die der Glaube bereithält: Angesichts der Übertreibungen, für politische Ideo- Apokalypse mit ihren kosmischen Dimensionen soll sich logien. Weil Reden über die Zukunft der Blick auf das Kleine richten, auf die saftigen Zweige Deutung von Gegenwart ist, zielt die des Feigenbaums. Das ist ein recht nüchterner Rat, und Auseinandersetzung mit der Apo- ein markanter Widerspruch zum apokalyptischen Du- kalyptik in die Mitte der politischen alismus, der auf eine endzeitliche Auseinandersetzung Kultur. zwischen dem Guten und dem Bösen herausläuft. Die biblische Rede des Markus er- kennt das Schlimme, das Menschen Die Apokalypse ist schon da – für einige erlebt haben und erleben werden, an, aber sie will keine Angst er- Ob man tatsächlich von einer „apokalyptischen Erwärmung“ zeugen. Sie ruft dazu auf, Realität sprechen kann, sichtbar etwa in christlich-fundamen- wahrzunehmen, in der Gegenwart talistischen und islamistischen Kreisen2 oder in der apo- zu sein, wachsam zu sein. Und sie kalyptischen Ästhetisierung durch Filme und Computer- weiß, dass wir mit Situationen kon- spiele3, sei dahingestellt. Fest steht jedoch, dass die Zu- frontiert sind, wo es keine Gerech- gänglichkeit der sozialen Medien, in denen jeder seine tigkeit, keinen Ausgleich gibt. Nicht persönlichen Phantasien veröffentlichen kann, sowie die aber Aggression ist die Antwort, Nachrichten, die durch immer größeren Sensationsge- sondern die Zusage, dass das Gute halt um Aufmerksamkeit ringen, einen guten Nährbo- Wert hat, oder: in der Sprache des den für Endzeitstimmung und Verängstigung abgeben. Evangeliums: das Wiederkommen Damit werden Zukunftsängste geschürt und Verschwö- des Menschensohns. Eine Zusage, rungstheorien gefördert, die leicht politisch instrumenta- eine feste Hoffnung, nicht mehr und lisiert werden können. nicht weniger. Bei alledem wird jedoch übersehen, dass Apokalypsen bereits eingetreten sind. Dazu ist allerdings der Blick über Die Zukunft der Jugend den eigenen Tellerrand notwendig. Viele Menschen ha- ben ihre persönlichen Apokalypsen schon erlebt: durch Viele der gängigen Computerspiele Umweltkatastrophen, Gewalterfahrungen, prekäre Le- und erfolgreichen Blockbuster be- benslagen, schwere persönliche Krisen, den Verlust von dienen sich apokalyptischer Motive Menschen, durch das Zerbrechen von Lebensplänen. mit dem Kampf des Guten gegen Tsunamis, geborstene Atomkraftwerke, Überschwem- das Böse und dem Helden bzw. mungen, Dürren u.v.m. Unsichere, prekäre Situationen der Heldin, welche das Böse besie- sind für viele Menschen auf der Welt keine Bedrohung, gen. Der apokalyptische Dualismus sondern bittere Realität. bietet nicht zuletzt eine geeignete Grundstruktur für packende Er- Doch schon das Gefühl, in unsicheren Zeiten, in Unge- zählanlagen. Man kann wohl davon wissheit zu leben, und die Angst vor dem Verlust des ausgehen, dass diese meist ohne gewohnten Lebens kann Wut, Aggression, Empörung großes Nachdenken konsumiert und Verzweiflung auslösen. Diese Angstmache birgt po- werden, denn sie sind spannend litischen Zündstoff in sich, denn sie verbindet sich mit und eignen sich bestens zur Unter- bereits erlebten Kränkungen und enttäuschten Hoffnun- haltung und zum Zeitvertreib. Das gen; sie fördert die Suche nach Sündenböcken und steht Ausmaß dieses Konsums ist bei den einer differenzierten Realitätswahrnehmung im Wege. Jugendlichen zwar milieu- und ge- Man sähe doch so gerne einen Engelfürsten Michael schlechtsabhängig; unbestreitbar ist wie im Buch Daniel (12,1), der die Feinde in den Staub jedoch, dass diese Angebote und ihr tritt. Auch die Friedfertigsten sind nicht dagegen gefeit, Konsum zur Selbstverständlichkeit gewalttätige Phantasien zu entwickeln, wenn sie in die heutiger Jugendkultur gehören. Da- Enge gedrängt werden, wenn sie sich ungerecht behan- raus lässt sich jedoch nicht ableiten, delt, herabgewürdigt fühlen, in eine ausweglose Situati- dass Jugendliche für apokalyptische on geraten. Für diese extremen Gefühle und Phantasien Phantasien und ihre Gefährdun- 6 -Impulse 2|21 | Grundsatzartikel
GRUNDSATZARTIKEL gen anfälliger sind als Erwachsene. lässt sich nicht behaupten, dass Jugendliche einer be- Vielmehr dienen Jugendliche – wie stimmten Alterskohorte mehr oder weniger pragmatisch, auch Kinder – als Projektionsfläche egozentrisch oder politisch interessiert seien. „Diese Zu- für Ängste und Hoffnungen der Er- nahme der Generationsetikettierungen steht im Wider- wachsenen. Das zeigt sich in ei- spruch zu den Zeitdiagnosen von Enttraditionalisierung ner vielfach alarmistisch geprägten und Pluralisierung, da eine Vielfalt von Sozialität die typi- Rhetorik, bei der es weniger um sierende Charakterisierung schwieriger, wenn nicht gar die Gefährdung eines einzelnen Ju- unwahrscheinlich werden lässt.“5 Mit anderen Worten: gendlichen geht, sondern um die Es ist anzunehmen, dass unter den Jugendlichen immer Gefährdung der ganzen zukünftigen ein Teil ist, der sich politisch engagiert, mal mehr, mal Gesellschaft. Viele gesellschaftlich weniger sichtbar, mit größerer oder geringerer Breiten- relevanten Themen werden an der wirkung. Die derzeitige „Fridays for Future“-Bewegung Jugend abgehandelt, seien dies Po- etwa ist ein sichtbares Zeichen für politisches Engage- litikverdrossenheit oder Jugendpro- ment, jedoch nicht ohne weiteres als Indikator eines ge- test, Probleme des digitalen Zeital- stiegenen politischen Interesses zu sehen. ters, Migration u.v.m. Tatsächlich aber sind Jugendliche Apokalyptik und Endzeitstimmung besonders zukunftssensibel, weil in der religiösen Bildung ihre eigene Zukunft vor ihnen liegt und in der Regel weniger festge- Trotz der gerade ausgeführten Entwarnung lassen sich fahren ist als bei Älteren. Jugend- sinnvolle und relevante Bildungsziele im Zusammenhang zeit bedeutet seit dem 20. Jahr- mit dem Thema formulieren. hundert Vorbereitungszeit auf ein wahrscheinlich langes Leben, mit Zum ersten ist der politische Aspekt in kritischer Absicht gesellschaftlichen Erwartungen und zu nennen. Dabei geht es darum, Endzeitstimmung und individuellen Glücksvorstellungen. Panikmache erst einmal als solche zu identifizieren, denn Entsprechend haben Heranwach- sie sind nicht immer offensichtlich. Ein lohnender Ansatz sende Entwicklungsaufgaben zu ist dabei Sprachkritik und die Förderung sprachlicher bewältigen, die vor allem zukunfts- Sensibilität im Hinblick auf politische Rhetorik. Die Er- bezogen sind: Vorbereitung zum zeugung von Ängsten durch manipulierenden Sprach- eigenständigen Lebenserwerb und gebrauch ist ein politisches Mittel, und zwar nicht nur der auf eine Berufsrolle, die Entwicklung Boulevardpresse. „Flüchtlingslawine“ und „Überfrem- eines persönlichen Wertesystems, dung“ sind dafür Beispiele. Katastrophen-, Chaos- und der Aufbau tragender Bindungen, Untergangsmetaphorik ist mit Skepsis zu begegnen. psychosexuelle Identitätsfindung, Genauso kann übrigens Sprache auch verharmlosen, Unabhängigkeit von den Eltern. Sie etwa „Klimawandel“ statt „Klimakatastrophe“. Lohnend befinden sich in einem Stadium psy- ist auch die Dekonstruktion apokalyptischer Argumen- chosozialer Entwicklung, in der sie tation, welche sich auf „uraltes“, womöglich „von der ihre eigene Identität sowie die Kom- Kirche unterdrücktes“ Geheimwissen bezieht oder be- petenzen für die vollständige sozi- ansprucht, geheime Codes zu entschlüsseln. Leitende ale Teilhabe zu entwickeln haben. Fragen sind: Wer warnt aus welchen Gründen? Welche Zentrale Themen sind dabei die zu- Konsequenzen und Handlungsoptionen werden implizit künftigen Erwerbsmöglichkeiten und oder explizit vorgeschlagen? Gibt es einen Unterschied der Aufbau eigenständiger sozialer, zwischen der Mission einer Greta Thunberg und religiö- auch sexueller Beziehungen und sen Gruppen, die sich vor dem mutmaßlichen Weltun- Lebensformen.4 Wenn Jugendliche an Zukunft denken, beschäftigt sie das, was sie selbst betrifft: Fragen der Ausbildungs- und Berufswahl, die Akzeptanz der Peergroup, die 2 Rahner, Johanna: Die Zeit, die bleibt. Zur messianischen Grund- reale oder ersehnte romantische struktur des Eschatologischen, in: Arens, Edmund (Hg.): Zeit denken. Eschatologie im interdisziplinären Diskurs, Freiburg i. Br. Beziehung. In der Bewältigung und u.a. 2010, 46-57, hier: 49 Umsetzung dieser Aufgaben und 3 Gruber, Franz: Diskurs der Hoffnung. Zur Hermeneutik eschato- Wünsche spielen individuelle Aspek- logischer Aussagen, in: Arens, Edmund (Hg.): Zeit denken. te, Lebensmöglichkeiten und gesell- Eschatologie im interdisziplinären Diskurs, Freiburg i. Br. u.a. 4 Vgl. Liebsch, Katharina: Lebensplanung und Zukunftsorientie- schaftliche Erwartungen eine Rolle. rung. Optionen auf das Erwachsenen-Leben, in: Dies. (Hg.): Jugendsoziologie. Über Adoleszente, Teenager und neue Gene- Damit soll nicht gesagt werden, dass rationen, München 2012, 209-220, hier: 209. 5 Liebsch, Katharina: Geschichte(n) und Generationen. Prozesse Jugendliche unpolitisch seien. Ent- gesellschaftlicher Transformationen, in: Dies. (Hg.): Jugendso- gegen den Schlagzeilen der Jugend- ziologie. Über Adoleszente, Teenager und neue Generationen, forschung wie z.B. der Shell-Studien München 2012, 33-56, hier: 47. -Impulse 2|21 | Grundsatzartikel 7
GRUNDSATZARTIKEL tergang bereits von der Welt zurückziehen? Wie ist die Resilienz Grenze zu bestimmen zwischen nüchternem Blick auf die Realität und Panikmache? Für Ängste sind besonders diejenigen Menschen anfäl- lig, die wenig Zutrauen in das eigene Vermögen haben, Daraus ergibt sich ein zweiter, eher existenzieller An- zukünftig Probleme und Komplikationen, Krisen und knüpfungspunkt. Worin besteht der Reiz individuel- schwierige Zeiten zu bewältigen. Sie sind eher geneigt, ler radikaler Lebensentscheidungen, auch gegen den die Bewältigung von Herausforderung an andere, ver- Mainstream, gegen Widerstände? In welchen Lebens- meintlich stärkere Menschen zu delegieren oder sogar situationen kann man den Eindruck gewinnen, dass sich autoritären Persönlichkeiten oder Strukturen zu un- es um Alles oder Nichts geht? Warum lassen sich jun- terwerfen, die ihnen Sicherheit versprechen. ge Männer (und junge Frauen) heute für einen heiligen Krieg begeistern, für einen „endzeitlichen“ Kampf? Was Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, die Heraus- erhoffen sie sich vom diesseitigen und jenseitigen Le- forderungen und Belastungen des Lebens gut zu meis- ben? Es könnte sich ein interessanter Vergleich mit der tern. Es ist ein Konzept, das sich von der Defizitperspek- Motivation für ein christliches Ordensleben – historisch tive verabschiedet und sich auf die Stärkung der Kräfte und aktuell – ergeben. Ebenso spielen bei einigen christ- und Ressourcen eines Menschen konzentriert6 und das lichen Freikirchen endzeitliche Vorstellungen und, in der in der Pädagogik neuerdings immer mehr an Bedeutung Konsequenz, eine Lebensführung angesichts dieser Be- gewinnt. Neben sozialen Ressourcen wie z.B. zuverläs- drohung eine große Rolle. Sie sind der Überzeugung, sigen Vertrauenspersonen und unterstützenden Bezie- apokalyptische Zeichen in der heutigen Gesellschaft hungen sowie personalen Ressourcen wie kognitiven erkennen zu können. In diesem Denkmodell hat auch Fähigkeiten und emotionalen Anlagen spricht auch die der Teufel wieder seinen Platz. Es lohnt sich durchaus, Lebenshaltung der Kohärenz eine zentrale Rolle. Sie be- auch historisch dem Zusammenhang zwischen Himmel/ deutet, dass das eigene Leben als verständlich wahr- Hölle-Vorstellungen, etwa in Kriegszeiten oder während genommen wird, dass man darauf vertraut, zukünftige Pandemien wie der Pest, mit dem Lebensgefühl der je- Herausforderungen meistern zu können und beinhaltet weiligen Zeit auf den Grund zu gehen. das Gefühl der Selbstwirksamkeit.7 Die apokalyptische Struktur eines Computerspiels oder Das Thema „Apokalyptik und Endzeitstimmung“ eignet eines Films eignet sich für einen unterrichtlichen Ge- sich als Einstieg für das Nachdenken darüber, was die sprächsanlass. Wie bei allen Anleihen aus der populären Jugendlichen, besonders aus ihrer eigenen Perspekti- und Massenkultur kann es aber sein, dass gerade die ve, für die noch unbekannten Zumutungen der Zukunft Aktualität und Attraktivität des Mediums einen analyti- stärkt. Bei dem komplexen Prozess der Resilienzstär- schen Zugang erschwert. Ebenso besteht die Gefahr, kung kann religiöse Bildung einen kleinen Beitrag leisten, dass man die Aussagen des Films zu schnell und für Ju- indem sie ihnen Denk- und Deutungsmuster anbietet, gendliche nicht überzeugend gegenüber den „wahren“ die für sie mehr werden können als nur Unterrichtsstoff. christlichen Aussagen abwertet. Der Blick auf dieses Material kann jedoch gut einen weiteren wichtigen As- pekt apokalyptischer Vorstellungen aufzeigen, nämlich den der letztendlichen Gerechtigkeit. In den Filmen siegt 6 Jakobs, Monika: Religion und Gesundheit aus entwicklungspsychologischer Perspekti- das Gute über das Böse. Inwiefern sind dann apokalyp- ve – und was dies für die Religionspädagogik bedeutet, in: Theo-Web 17 (2018), H. 1, tische Vorstellungen eine Art mit Erfahrungen von nicht 83-100, bes. 89-92. wieder gut zu machendem Leiden umzugehen? 7 Vgl. Fröhlich-Gildhoff, Klaus/Rönnau-Böse, Maike: Resilienz. München 5 2019. 8 -Impulse 2|21 | Grundsatzartikel
„KOMM MIT AUF DIE ARCHE: Worum geht es: Mittels einer selbstgebastelten Figur (z.B. aus Moos- DU, ICH UND GOTT.“ gummi) beteiligen die Kinder sich aktiv und verknüpfen damit ihr eigenes Leben mit der Erzählung von Noah und der Arche. Auf diese Weise werden sie eingela- den, über die Menschen und Gott nachzudenken, sich selbst zur Sprache zu bringen und die lebensrelevan- Eine schwierige Geschichte mit dem ten Themen in der Geschichte zu entdecken. Diese Geschichten-Ich erzählt Methode kann auf viele unterschiedliche Geschichten übertragen werden. Hier wird sie exemplarisch an der Nadine Hofmann-Driesch biblischen Sintflutgeschichte vorgestellt. Autorin: Erzählen mit dem Geschichten-Ich Nadine Hofmann-Driesch Studienleiterin RPI Nassau Im Religionsunterricht gemeinsam mit den Kindern auf die Suche gehen: nadine.hofmann-driesch@rpi-ekkw-ekhn.de Was haben diese alten biblischen Geschichten mit uns zu tun? Was er- zählen sie von mir und meinem Leben? Die Idee, mit einem Geschich- ten-Ich zu arbeiten, kann das Ergründen dieser Fragen unterstützen und Klassenstufen: den Kindern die Möglichkeit eröffnen, eine persönliche Lebensrelevanz Jahrgang 2/3 der biblischen Geschichten auszuleuchten. Allein schon die Erkenntnis, dass diese Geschichte auch etwas erzählt, das in meinem Leben vor- Stundenumfang: kommt, schlägt eine Brücke zwischen den Kindern und der Geschichte 5-6 Stunden und bringt die Lerngruppe ins Gespräch. Diese Erkenntnis wird dadurch befördert, dass die eigene Figur in die einzelnen Szenen der Geschichte Kompetenzen: eingetragen wird. So kann ein Bezug hergestellt werden oder eine Posi- Die Schüler*innen können tionierung vorgenommen werden. Die von den Kindern selbstgestalteten n die Noah-Geschichte mit eigenen Figuren stehen für das jeweilige Kind selbst und ermöglichen eine hohe Worten nacherzählen, Identifikation. Die Kinder bleiben keine stummen Zuhörer, sondern wer- n die Ambivalenz zwischen Vernichtung den aktiv in die Erzählung mit hineingenommen. Auch wenn die Kinder und Bewahrung benennen, in Perspektivenübernahme Gefühle oder Gedanken der handelnden Per- n und sich zu lebensrelevanten Punkten sonen vermuten und äußern, setzen sie ihre Figur in die jeweilige Szene in der Geschichte positionieren. hinein. Zum innerlichen Erleben bzw. Nachempfinden kommt ein äußer- liches Tun. Es ist erstaunlich, wie gut die Schüler*innen so erzählte und gestaltete Geschichten auch Wochen später noch präsent haben. Material: Diese Art des gemeinsamen Erzählens kann sehr gut an der Tafel oder M1 Vorlage Nachdenkheft dem Whiteboard mit nötigem Abstand voneinander durchgeführt wer- M2 Geschichte von Noah (Erzählvorlage mit Bildern) den, ohne dass man dabei in der frontalen Lernsituation verharrt. M3 Wort-Erklär-Karten „bereuen“ und „vertrauen“ M4 Hinweise zum Video „Die Geschichte von Noah“ 1. Stunde: Bevor es losgeht – Basteln des Geschichten-Ich Das Video ist verfügbar unter https://youtu.be/U-RGM2LwB_Ym Die Kinder erhalten eine farbige Scheibe Moosgummi in Größe DIN A5. Die Farbe dürfen sie frei wählen. Ihr Auftrag: „Male auf diesem Moos- gummi mit Bleistift eine Figur mit Kopf, Armen, Körper und Beinen vor Darüber hinaus wird noch farbiges Moosgummi o. Ä. und schneide sie dann aus. Diese Figur sollst du sein. Sie ist dein „Ich“, benötigt für die Ich-Figuren und für die Bestandteile das wir brauchen, wenn wir gleich eine biblische Geschichte hören.“ der Geschichte zum Erzählen an der Tafel. Das Video (vgl. M4) kann im Homeschooling den Schüler*innen Man kann statt Moosgummi auch Papier oder Pappe verwenden. Das zur Verfügung gestellt werden. Moosgummi erlaubt aber eine längerfristige Nutzung. In einer Klarsicht- folie wird die Figur später in den Relihefter eingeheftet. Den wenigsten genügt eine einfarbige Figur, und so erhalten die einzelnen Figuren in- dividuelle Noten in Form von farbigen Pullovern, Hosen, Schuhen oder auch Mützen. Wenn alle Figuren fertig sind, stellt jedes Kind seine Figur den anderen vor. Hält sie hoch und erklärt, was diese Figur zur eigenen macht. Jetzt wird das eigene Geschichten-Ich auf die erste Seite des Merkheftes (M1) gemalt. Das Merkheft besteht aus einer DIN A4-Seite, die auf beiden Seiten bedruckt ist und zweimal gefaltet wird. Auf diese Weise entsteht Die Materialien sind auf ein Heftchen mit 8 Seiten. unserer Webseite verfügbar. www.rpi-impulse.de -Impulse 2|21 | Fachdidaktischer Beitrag 9
GRUNDSCHULE In Homeschooling oder Wechselunterricht kann mit far- zugänglich gemacht werden. An der Nachdenkstelle, in der das Geschich- bigem Papier die Figur auch in Heimarbeit angefertigt ten-Ich eingetragen werden soll, werden die Kinder aufgefordert, das Video werden. Wichtig ist, dass sie bei einer Videokonferenz kurz anzuhalten. Es gibt eine Wort-Erklär-Karte (M3a) zu „bereuen“, die da- oder schulischen Präsenzphase der Lerngruppe vorge- nach durchgelesen werden kann. stellt wird. Das Merkheft wird den Schüler*innen als wei- teres Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. 3. Stunde: Noah ist ein Freund von Gott 2. Stunde: Die Geschichte Noah wird vorgestellt als Freund von Gott. Die Geschichte verweilt und die zum Nachdenken beginnt Kinder sind eingeladen, von ihren Freunden zu erzählen. Dabei wird immer das jeweilige Geschichten-Ich zur Szene gehängt. Die Kinder überlegen, Die Lehrkraft beginnt einleitend zu erzählen: „Die Bibel was Vertrauen bedeutet. Die Seiten 3 und 4 (fakultativ) im Nachdenkheft ist ein Buch voller Geschichten zum Nachdenken …“ können bearbeitet werden. (siehe M2). Zur Visualisierung wird eine Moosgummi-Bi- bel in die obere linke Tafelecke geklebt oder mit Magne- Für das Lernen zuhause gibt es wieder eine Wort-Erklär-Karte zum Begriff ten befestigt. Damit gerät der Ursprung der Geschichte „vertrauen“ (M3b). nicht aus dem Blick. 4. Stunde: Überall ist nur noch Wasser Dann wird der erste Teil der Geschichte erzählt. Als Sym- bol für Gott wird in der Geschichte ein rotes Ausrufezei- Die Geschichte wird weitererzählt und die Kinder sind eingeladen, sich in chen gewählt, in dem Bewusstsein, dass jedes Symbol Noah einzudenken. Wie mag es ihm gehen? Auch bei dieser Perspektiven- für Gott unzulänglich und fragwürdig sein kann. Ein vi- übernahme wird das Geschichten-Ich in der Szene befestigt, wenn die Kin- sualisierter Hinweis auf Gott erscheint aber angesichts der sich äußern. der göttlichen Präsenz in dieser Geschichte sinnvoll. Das Nachdenkheft (S. 5) bringt das noch mal in die schriftliche Form. Als Untergrund können ein grünes und ein blaues Tuch oder Fotokartons verwendet werden. 5. Stunde: Das Ende der Flut und der Regenbogen Die Geschichte wird erzählt bis zu der Stelle, an der von Die Schlussszene wird an der Tafel erzählt und nochmal auf Noah geschaut. Gottes Reue gesprochen wird. Die Erzählung stoppt und Was er wohl sagt, als er die Arche verlässt? Auch dazu gibt es eine entspre- die Kinder werden eingeladen, zu überlegen: Was be- chende Seite (S. 6) im Nachdenkheft. Am Ende der Geschichte haben sich deutet es, wenn man bereut? Was ist das für ein Gefühl? die Menschen und die Tiere nicht verändert, aber Gott schon, er schließt Kennst du das? einen Bund mit Noah und verspricht, keine globale Zerstörung mehr über die Schöpfung zu bringen. Dafür steht das Zeichen des Regenbogens. Warum Wer den anderen davon erzählen möchte, kann sein wählt Gott den Regenbogen aus? Was ist das besondere an ihm? Nach der Geschichten-Ich an die Tafel zur Szene heften. Vielleicht Positionierung in der Geschichte kann die Antwort im Nachdenkheft (S. 7) haben die Kinder zu dieser Szene aber auch anderes zu verschriftlicht werden. sagen, z. B. wie traurig es ist, dass die Menschen sich so verhalten. Die Impulse werden mit Blick auf die Lern- 6. Stunde: Die ganze Geschichte im Blick gruppe gesetzt. Zum Abschluss wird die ganze Geschichte betrachtet und zum Theologisie- Im Anschluss daran wird die Szene (M2) weitererzählt ren eingeladen. Was, denken die Kinder, ist der wichtigste Teil der Geschich- und Seite 2 im Nachdenkheft bearbeitet. In der Home- te? Fehlt dieser Geschichte etwas? Könnte man einen Teil weglassen? schooling-Variante kann das Video (M4) den Kindern An dieser Stelle kommt die Frage von den Kindern, ob Gott auch hätte anders handeln können. Musste die Flut sein? Die Ambivalenz der Erzählung steht nun allen vor Augen. Einige sagen, dass es nur mit der Flut auch das Verspre- chen Gottes am Ende gab. Andere sagen, dass die Flut an der Bosheit der Menschen nichts geändert hat. Die letzte Seite im Merkheft (S. 8) stellt die Frage, warum die Bibel diese Geschichte erzählt. In den Antworten der Kinder finden sich viele ihrer vorher geäußerten Gedanken wieder und dienen somit einer Evaluation. Diese Stunde muss in Präsenz oder in einer Videokonferenz stattfinden, um ein gemeinsames Nachdenken zu ermöglichen. Foto © privat 10 -Impulse 2|21 | Fachdidaktischer Beitrag
Worum geht es: So sehr der Mensch die Katastrophe fürchtet, so sehr Digitale Dystopie: fasziniert sie ihn. Dies spiegelt sich auch in einem breiten Angebot populärer Computerspiele wider, die COMPUTERSPIELE den Weltuntergang in Szene setzen. Im Vergleich dazu wird anknüpfend an die Rezeptionsgeschichte der bi- ZWISCHEN WELTUNTERGANG blischen Apokalypse deren historischer Sitz im Leben sowie deren eigentliche Aussageabsicht erarbeitet. UND NEUEM LEBEN Die Schüler*innen sollen der Angst vor der Katastro- phe eigene Hoffnungsbotschaften entgegensetzen Karsten Müller und dabei auch die christliche Hoffnung auf eine neue Welt bzw. ein neues Leben in die Reflexion einbezie- hen. Mit Computerspielen lernen – Zeitverschwendung? Autor: Während der Begriff „Digitalisierung” in aller Munde ist und nach immer Karsten Müller, neuen digitalen Tools für den Unterrichtseinsatz beziehungsweise nach zertifizierter Medienpädagoge einer digitalen Infrastruktur für eine gesamte Schule gesucht wird, gerät karsten.mueller@MEDIAinRES.de die Lebenswirklichkeit der Lernenden mitunter aus dem Blick. Compu- www.MEDIAinRES.de terspiele fristen seit jeher stark vorurteilsbeladen ein Schattendasein. Zu stark ist die Debatte von der Sorge geprägt, Computerspiele würden Ju- gendliche aggressiv, passiv und süchtig machen sowie inhaltlich keinen Klassenstufe: Mehrwert bieten. Jahrgang 10 Diese Einschätzung kontrastiert mit der Tatsache, dass drei Viertel der Stundenumfang: Jugendlichen zwischen 12-19 Jahren regelmäßig spielen; die Bedeutung 6-8 Stunden dieses Mediums hat in Pandemie-Zeiten noch einmal deutlich zugenom- men.1 Darüber hinaus ist diese eingeengte Sichtweise auf Games oftmals Kompetenzen: gekennzeichnet von fehlender Kenntnis der Genre-Vielfalt sowie der in- Die Schüler*innen können haltlichen Angebote. Wichtig für eine adäquate Betrachtung von Compu- n die menschliche Faszination an der terspielen ist auch der pädagogische Fokus auf die Aspekte „Storytel- Katastrophe erkennen und kritisch reflektieren, ling” und „Gameplay”: Hieran kann verdeutlicht werden, wie Jugendliche n Computerspiele als Ausdruck von Welt-Anschau- über eine starke Immersion (interaktives Eintauchen in das Computer- ung verstehen und Spielprinzipien beschreiben, spiel, sodass die virtuelle Umgebung als „real“ empfunden wird) nicht nur n die biblische Apokalypse in ihrer Struktur an Inhalte (Story, Themen, Motive, Genre) herangeführt werden, sondern verstehen und einordnen, wie sie sich mit diesen auch problemlösend, fantasievoll und reflexiv aus- n christliche Hoffnungsbilder beschreiben und einandersetzen. zu ihnen eine (persönliche) Stellungnahme formulieren. Material: M1 Zeitungsmeldungen M2 Sind wir alle Gaffer? M3 Die Offenbarung an Johannes M4 Horizon Zero Dawn M5 Das neue Jerusalem M6 Vorstellung von Computerspielen M7 Holzschnitte von Dürer zur Apokalypse M8 Dear Esther Die Materialien sind auf unserer Webseite verfügbar. 1 vgl. entsprechende Studien: www.mpfs.de -Impulse 2|21 |www.rpi-impulse.de Fachdidaktischer Beitrag -Impulse 2|21 | Fachdidaktischer Beitrag 11
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