Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
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1/2021 Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit m öglich bleibt © JackF – adobe Stock Die Zeitschrift des Philologenverbandes
Inhalt Leitartikel Pandemie und Schule: ein Blick hinter die Kulissen der Verbandsarbeit.....................................................4 Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands Schulen krisenfest machen: Bewährte Strukturen erhalten – Innovationen fördern.................................................................................. 6 Lehrkräfte am Limit...................................................................................................................................................8 Corona hat das Märchen von der 40-Stunden-Woche endgültig ad absurdum geführt G9-Abitur in Zeiten der Pandemie richtig gestalten........................................................................................ 9 Gleiche Startbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler schaffen Umsetzung der Digitalisierung an den niedersächsischen Schulen – Update 2020..............................10 Schwerpunktthema: Schule und Lehrkräfte in Pandemiezeiten „Stell dir vor, dein Referendariat beginnt und kein Schüler geht hin“........................................................ 12 Nachrichten aus dem (Beinahe-)Paradies . ....................................................................................................... 14 Oder: wie unterrichte ich meine Abiturientinnen und Abiturienten in zwei Räumen gleichzeitig? Ein Jahr Corona in Schule – Rück- und Ausblicke...............................................................................................15 Rückmeldungen an die Personalräte: Keine Masken, keine Luftfilter – dafür neue Abordnungen und wöchentlich neue Ministerbriefe Stimmung an den Schulen droht zu kippen.......................................................................................................17 Wahlbeteiligung deutlich gesunken Eine Personalratswahl wie keine andere............................................................................................................22 Das aktuelle Interview Auch in Krisenzeiten ist die Meinung des PHVN gefragt!.............................................................................23 Über den Tellerrand geschaut – Interview mit Autorin und R eisefotografin Sarah Fischer „Ich sehe die Corona-Situation auch als Chance“............................................................................................24 Aus der Rechtsprechung.........................................................................................................................................28 Gastbeiträge Geschlechter-un-gerechter Sprachgebrauch in Schule und Verwaltung Die neuen Ungerechtigkeiten durch so genannte Gender-Sternchen...................................................... 30 Wie eine Henne zum Hahn wird..........................................................................................................................32 Schulen in Niedersachsen So klappt der digitale Unterricht am Eichsfeld Gymnasium Duderstadt.................................................. 33 Kreativ in der Krise: Europa-AG setzt Filmprojekt digital um ......................................................................34 Literatur Ein Leitfaden zum Blended Learning.................................................................................................................. 36 „Pantherzeit“ – ein Corona-Buch nicht nur für G emeinschaftskunde...................................................... 36 Drei wunderbare Kinderbücher zu schwierigen Themen.............................................................................. 37 Glosse Aufheiterung in schweren Zeiten? Lustige Videos aus dem Geschäftsbereich im MK und der RLSB Hannover .............................................38 Wir trauern um........................................................................................................................................................ 39 2 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, schon wieder ist das neue Jahr in die Frühlings- Ein weiteres Thema, das uns (auch) an den monate vorangeschritten. Die Corona-Pandemie Schulen zunehmend beschäftigt, ist die „Gen- beschäftigt uns aber weiterhin. Immer noch der“-Diskussion. Auf manche Schulhomepages geht es um Schulöffnungen oder -schließungen, und in viele Lehrerzimmer hat das so genannte verschiedene Szenarien, Distanz- oder Präsenz „Gendersternchen“ bereits Einzug gefunden, unterricht. Die Probleme sind zum großen Teil das ein Ausdruck „geschlechtergerechter“ geblieben. Noch immer warten wir auf die Sprache sein soll. Inzwischen mehren sich Einhaltung von Zusagen seitens der Politik. aber auch die Stimmen, die kritisieren, dass Noch immer warten wir auf wirkliche Schutz- die Ausformulierung eines (des weiblichen) maßnahmen in den Schulen. Wir warten auf verlässliche Geschlechts bei gleichzeitiger Verstümmelung des männ- Impftermine, Dienst-Notebooks, funktionierende digitale lichen Geschlechts in dieser Schreibweise alles andere als Infrastrukturen und vieles mehr. Wir warten und warten. gerecht ist. Mir geht es ähnlich, denn wenn in Mails oder Wann endlich passiert etwas? Mitteilungen „Liebe Kolleg*innen“ geschrieben steht, fühle ich mich dadurch nicht angesprochen. Denn ich bin ein Aber: Wir wollen nicht nur fordernd und jammernd auf- Kollege – aber kein Kolleg, keine Kollegin und auch kein treten, sondern auch ein positives Lehrerbild vermitteln. In „*“, was auch immer das sein soll. Ähnlich geht es mir bei den letzten Monaten ist es doch sehr deutlich geworden, Wörtern wie „Beamt*innen“, „Gefährt*innen“ oder „Päda- wie wichtig unsere Arbeit in den Schulen ist, was Lehrkräfte gog*innen“. Wohlgemerkt: Ich bin absolut für eine gerechte alles leisten, wie wichtig Schulen und Kitas für eine funkti- Sprache und sehe durchaus Probleme bei der pauschalen onierende Gesellschaft sind. Schulen und Lehrer leisten viel Gleichsetzung des generischen Maskulinums mit allen mehr als sie eigentlich müssten! Mit Dienst nach Vorschrift Geschlechtern (wenngleich man auch hier sprachwissen- wäre schon lange in diesen Pandemiezeiten kein Unterricht schaftlich zwischen Genus und Sexus unterscheiden sollte). mehr möglich. Unser Titel und die Resolutionen des Haupt- Aber ich möchte doch bitte nicht als Gegenstand bzw. Bil- vorstandes zeigen: Wir haben unsere Forderungen, aber die dungseinrichtung (Kolleg), Fortbewegungsmittel (Gefährt) sollen nicht nur in einem nicht anklagenden Ton vorgetragen, oder gar als nicht-existentes Etwas (Beamt, Pädagog) in sondern konstruktiv sein. Dass es anderen Berufsgruppen einer verstümmelten Halb-Substantivform angesprochen viel schlechter geht, wird zum Beispiel im Interview in die- werden! Zudem bezweifele ich doch sehr stark, dass sich ser Ausgabe mit der Reisejournalistin und Autorin Sarah Menschen, die sich dem dritten oder einem anderen Ge- Fischer, die in ihrem Leben schon Einblicke in sehr viele schlecht zugehörig fühlen, mit einem Sonderzeichen wie Berufe bekommen hat, deutlich. Trotzdem wollen auch wir dem „Asterisk“ (*) inkludiert fühlen. eine Perspektive – und vor allem Sicherheit. Gerechte Sprache muss anders gehen, nämlich wirklich ge- Wir haben lange über den Titel dieser Ausgabe nachgedacht. recht! Der Philologenverband wird daher aus gutem Grund „Nur mit Mehreinsatz bleibt Unterricht möglich“, war eine weiterhin nicht „gendern“, sondern von „Kolleginnen und Variante, „Nicht nur Corona: Was Schule und Lehrkräfte in Kollegen“ sprechen – was im Übrigen auch viel höflicher der Pandemiezeit leisten“ eine andere, „Damit Unterricht und besser lesbar ist. Oder haben Sie schon mal einen Text möglich bleibt“, „Unterricht findet statt“ weitere. Alle machen gelesen, bei dem auf einer Seite ca. 40mal „*innen“ steht? eines deutlich: Die Lehrkräfte leisten derzeit fast Über- Ich empfinde dies als eine unästhetische Störung des Schrift- menschliches, geben parallel Präsenzunterricht – unter teil- bildes, und beim Spreche vernimmt man ausschließlich die weise gefährlichen Bedingungen und ohne wirkliche Schutz- weibliche Form. Mein Spracherkennungsprogramm las mir maßnahmen, denn wie wir gesehen haben, macht das Virus kürzlich im Auto eine WhatsApp-Nachricht vor, indem es eben nicht an der Schultür halt – und Distanzunterricht, was Teilnehmersterncheninnen“ und „Lehrersterncheninnen“ oft doppelte Arbeit bedeutet. Viele probieren neue Wege verbalisierte – das ist dann leider schon Realsatire. aus, setzen Lernfilme, Videounterricht, Clouds und Ähnliches ein, telefonieren wöchentlich mit ihren Schülerinnen und Als Auftakt der Diskussion zu diesem Thema sind in dieser Schülern, schreiben E-Mails, korrigieren alle Hausaufgaben Ausgabe ein Beitrag des Leiters der AG Gendersprache des usw. All dies wird in dieser Ausgabe thematisiert, auch was Vereins Deutsche Sprache und eine augenzwinkernde Glosse ein Kollegium möglich macht, wie es sich bemüht, „mitzieht“, zu lesen. Diskutieren Sie gern mit, vielleicht wissen Sie ja um Unterricht zu gewährleisten. Aus der Perspektive der Per- eine wirklich gerechte Lösung für eine Sprache, die alle sonalräte wird deutlich, wie der Einsatz für die Kolleginnen Menschen gleichermaßen abbildet, also weder unterdrückt, und Kollegen aussieht und was in Pandemiezeiten für sie noch unsichtbar macht, noch verstümmelt. erreicht wird – Zeiten, in denen die Anfragen und Probleme so zahlreich sind wie nie zuvor. Gleichzeitig zeigen unsere Bleiben Sie gesund und uns gewogen! Beiträge aus der Sicht eines „Junglehrers“, eines Fachleiters und aus den Schulen, wie Schule sich verändert und wie Digitalisierung funktionieren kann. Das macht unsere Forde- rungen glaubwürdig und muss vom Dienstherrn anerkannt und dann auch wieder ausgeglichen werden! Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 3
Leitartikel Pandemie und Schule: ein Blick hinter die Kulissen der Verbandsarbeit von Horst Audritz S eit einem Jahr kämpfen wir mit der Pandemie, seit Wir können den Ärger über unzureichende Anstrengungen einem Jahr beherrscht die Pandemie fast ausschließ- der Politik bei der Pandemiebekämpfung verstehen, das lich das gesellschaftliche und schulische Leben. Licht sehen wir genauso. Forderungen nach mehr Schutz und am Ende des Tunnels ist zwar erkennbar, aber noch ist nicht Fürsorge für Lehrkräfte, nach notwendiger Ausstattung, klar, ob es sich um ein Irrlicht handelt. nach Rechtsicherheit, nach mehr Personal, nach Abbau von Überbelastung und vielen anderen Problemen bringen Wir pflegen unsere Kontakte zur Politik, wir treten wir in alle Stellungnahmen und formellen und als Berufsverband konsequent für den Schutz informellen Gespräche mit dem Kultusminis- der Beschäftigten ein und wir stellen unse- terium ein. Wir werden auch nicht müde, re Expertise in Gesprächen und öffentli- das immer wieder auf die Tagesordnung chen Stellungnahmen zur Verfügung, zu setzen – ganz im Gegenteil. Für einmal ganz abgesehen von unserer Entscheidungen der Politik sind wir umfangreichen und hoch anerkann- jedoch nicht verantwortlich. ten Rechtsberatung. Es gibt keine ver- gleichbare Gewerkschaft bzw. keinen Aber auch verbandsintern ist die vergleichbaren Verband im Bundesge- Bewertung der Situation nicht ein- biet, der sich dieser Aufgabe mit solch deutig. Uns erreichen Zuschriften von einem Engagement widmet, wie wir an einzelnen Kolleginnen und Kollegen, die der Fülle von Anfragen ablesen können. das gespaltene Meinungsbild in der Ge- sellschaft widerspiegeln. Einige beklagen zu Wir gewähren Rechtsberatung und wenig kritische Äußerungen, andere zu viele, ja, Rechtsschutz es wird sogar Konträres von uns gefordert wie z.B. für Zwar können wir es nicht jedem Einzelnen recht machen, ausschließlichen Distanzunterricht oder sogar grundsätzli- schon gar nicht die unterschiedlichsten Wünsche juristisch che Präsenzpflicht einzutreten. durchsetzen. Wer aber mit Aussicht auf Erfolg seine Rech- te einklagen will, der bekommt bei uns nach sorgfältiger Insgesamt dürfen wir jedoch erfreut feststellen, dass die Prüfung und Beratung auch Rechtsschutz. Eine anonyme Arbeit des Philologenverbandes als nachhaltig wahrge- Verbandsklage zu Erlassen und Verordnungen, das sei an nommen wird. Unsere Mitgliederentwicklung bestätigt dieser Stelle ausdrücklich klargestellt, gibt es im Schulrecht das. nicht. Wer klagt, der muss persönlich für seine Interessen einstehen und sich als Musterkläger zur Verfügung stellen. Wir sind öffentlich präsent Unsere anderen Möglichkeiten sind Einflussnahmen im Entgegen dem Eindruck Einzelner sind wir öffentlich politischen und öffentlichen Bereich, wo wir uns im Konzert gefragt und in zahlreichen Presseorganen bzw. Medien der Interessen wahrnehmbar, wenn nicht sogar führend, vertreten: im NDR und in SAT 1, in der Hannoverschen Allge- behaupten können. Für die Durchsetzung unserer Interes- meinen Zeitung, der Braunschweiger Zeitung, in der Neuen sen ist eine effektive Öffentlichkeitsarbeit – auch da sind Presse, bei dpa, in Bild, in zahlreichen Hörfunksendungen wir gut aufgestellt – unumgänglich. und im „Rundblick“, einem Nachrichtenorgan mit großer Nähe zu politischen Entscheidungsträgern, um nur einige Das Paradoxe ist, dass wir als Verband in Krisenzeiten zu nennen. Gemessen an der Größe unseres Verbandes sind immer mehr gefordert sind, aber gleichzeitig den Ein- wir präsenter als viele größere Verbände bzw. Gewerkschaf- schränkungen unterliegen, die in allen gesellschaftlichen ten. Ein anderer Eindruck ist vermutlich dem Phänomen der Bereichen gelten: Im ersten Lockdown mussten wir die „selektiven Wahrnehmung“ geschuldet. Erreichbarkeit der Geschäftsstelle zeitweise einschränken, wir mussten kurzzeitig neue Hygienevorschriften umset- Zudem haben wir zum Unterricht unter Corona-Bedingun- zen, wir haben unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gen zahlreiche Presseerklärungen herausgegeben, die man Arbeit im Homeoffice ermöglicht und alle Präsenzsitzungen auf unserer Homepage einsehen kann. Wer Informatio- unserer Organe streichen müssen. Großveranstaltungen nen sucht, wird in „Gymnasium in Niedersachsen“, „phvn wie unser Philologentag 2020 oder Seminare und Fortbil- Aktuell“, in unserem „Newsletter“ oder auf unserer Face- dungen in Präsenz fielen der Pandemie zum Opfer. book-Seite fündig. Breite Zustimmung zur Verbandsarbeit Und auch unsere Dachverbände, der Deutsche Philologen- Einzelne Mitglieder, die ein ganz persönliches Missbehagen verband, der Deutsche Lehrerverband und der Niedersäch- ausdrücken, fordern noch mehr Einsatz. sische Beamtenbund, in denen wir zusammenarbeiten, 4 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
äußern sich deutlich. Medien sind jedoch nicht gezwungen, Presseerklärungen aufzugreifen. Die Presse ist nicht Nach- richtenorgan eines Verbandes, sondern einer umfassenden Berichterstattung verpflichtet. Gesundheitsschutz ist oberstes Gebot Angesichts dieses divergenten Meinungsbildes ist die Haltung des Philologenverbandes eindeutig: Der Gesund- Authentische Geschichtsorte entdecken und so die Be- heitsschutz ist oberstes Gebot. Im Übrigen setzen wir uns deutung unseres Kulturerbes kennen und schätzen lernen massiv dafür ein, dass Arbeitsschutzgesetze auch in der Co- – das sind die Ziele von „denkmal aktiv“. Schulen, die am rona-Krise einzuhalten sind, auch bei Home-Office-Zeiten. Schulprogramm teilnehmen, werden bei Durchführung Dazu gehören in Niedersachsen besonders die Arbeitszeit- ihres Projekts mit einer fachlich koordinierenden Beglei- regelungen im Beamtengesetz, die Arbeitszeitverordnung tung und auch finanziell unterstützt. Schule, die Bestimmungen zur Mehrarbeit und der flexible Unterrichtseinsatz. „denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“ richtet sich an allgemeinbildende und berufsbildende Schulen ab Klasse Unsere Position ist im Vergleich zu den Positionen und 5 und bietet einen adäquaten Rahmen für alters- und Forderungen anderer Lehrerverbände eine Position, die ein schulformgerechte Projekte der kulturellen Bewusstseins- deutliches Bekenntnis zu den besonderen Pflichten des bildung. Beamtentums gemäß Grundgesetz beinhaltet. Der Beam- tenstatus bedingt andererseits aber auch eine umfassende Das Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmal- staatliche Fürsorge des Dienstherrn für seine Bediensteten, schutz steht unter Schirmherrschaft der Deutschen UN- die wir einfordern und einklagen, wenn es notwendig ist. ESCO-Kommission. Auch im kommenden Schuljahr unter- stützt sie Schulen, die sich in „denkmal aktiv“-Projekten Leider waren bisher so gut wie alle Versuche von Lehrkräften mit dem UNESCO-Welterbe in Deutschland beschäftigen. und anderen Betroffenen, gegen einzelne Corona-Verord- nungen juristisch vorzugehen, erfolglos. Die Gerichte haben Der Förderpartner Bund für Umwelt und Naturschutz bisher fast alle Einschränkungen als rechtmäßig anerkannt. Deutschland (BUND) unterstützt „denkmal aktiv“-Projek- Trotzdem prüfen wir ständig die Möglichkeit juristischer te an Schulen bundesweit, die sich Bau- und Gründenk- Schritte. Die sind allerdings begrenzt, wie auch ein Blick malen in ihrem Bezug zur umgebenden Umwelt widmen. auf bisherige Entscheidungen zeigt. Aktuell haben wir in Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungszentrum des Beamtenbundes eine Klage zur Durchsetzung der unent- geltlichen Versorgung der Lehrkräfte mit FFP2-Masken durch den Dienstherrn in Arbeit. Die Versorgung der Lehrkräfte mit Masken und anderen Arbeitsschutzmitteln ist nach Auffassung unserer Juristen eindeutig eine Aufgabe des Dienstherrn. Insofern ist eine Musterklage notwendig, die sich stellvertretend dann auch auf andere Bereiche auswirkt. Inzwischen sind weitere Maßnahmen zum Arbeits- und Ge- sundheitsschutz unumgänglich. Wenn an schnelle Schulöff- nungen und Präsenzunterricht gedacht wird, dann müssen auch flächendeckende Schnelltests und Impfmöglichkeiten vorgehalten werden. Wir stimmen unsere Arbeit in unseren Gremien ab Selbstverständlich stimmen wir ständig unsere Öffentlich- keitsarbeit und politische Arbeit im Geschäftsführenden Vorstand, im Hauptvorstand und unseren Ausschüssen ab und verständigen uns über unser Vorgehen. Wir stehen Ab dem 03. März 2021 können sich interessierte in ständigem Kontakt mit unseren Schulpraktikern in den Schulen mit einer Projektidee um eine Teilnahme Schulpersonalräten, den Schulbezirkspersonalräten und an „denkmal aktiv“ im Schuljahr 2021/22 bewerben. dem Schulhauptpersonalrat, Fachleiterinnen und Fachlei- Bewerbungsschluss ist der 07. Mai 2021. tern sowie unseren Gremien, natürlich auch einzelnen Mit- gliedern in Schulen, sodass wir uns ein recht gutes Bild von Die Ausschreibungs- und Bewerbungsunterlagen stehen der Lage und den Bedürfnissen der Schulen und Lehrkräfte in diesem Zeitraum auf denkmal-aktiv.de zum Download machen können. Wir setzen uns kritisch und konstruktiv bereit. Informieren Sie sich schon jetzt über die Teilnahme mit den Erkenntnissen der Wissenschaft und den Beschlüs- bedingungen: www.denkmal-aktiv.de/teilnahme sen der politisch Verantwortlichen auseinander. Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 5
Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands Über eine eigene wissenschaftliche Expertise verfügen die politisch Verantwortlichen Nachdruck. Zu unklaren und wir gleichwohl nicht. Insofern sind wir – wie auch andere fehlenden Datenschutzregelungen z.B. haben wir schon vor Verantwortliche in Politik und Gesellschaft – abhängig von vielen Monaten eine Eingabe gemacht. Teilweise haben wir den Empfehlungen und Beschlüssen der Virologen und der keine Antworten bekommen, teilweise waren die Antwor- Wissenschaft. ten unbefriedigend, gerade was die aktuelle Situation zum Digitalunterricht betrifft. Immerhin ist beispielsweise unse- Allerdings ist festzustellen, dass die Situation sich fast täg- re Forderung nach Dienstlaptops anerkannt worden. Leider lich ändert, das RKI mindestens im Zwei-Wochen-Rhythmus hapert es auch hier bei der Umsetzung. Aktualisierungen der Infektionslage vornimmt, was bei einigen Verantwortlichen zu voreiligen Kommentaren führt, Ich füge hinzu, dass wir die Entwicklung sehr sorgfältig die dann wieder eingeschränkt werden müssen. Das wirkt beobachten und immer schnell reagieren. Unsere Stimme natürlich widersprüchlich. Ein Beispiel ist die Maskenpflicht hat Gewicht. Auch gewichtige Interessenvertretungen wie im Unterricht und die Diskussion um die Abstandsregeln in Landeselternrat und Landesschülerrat sind an unseren der Schule, ganz zu schweigen von einer dringend notwen- Stellungnahmen interessiert. Grundsätzlich müssen wir digen Test- und Impfstrategie angesichts der aktuellen Ent- bei absolutem Vorrang des Gesundheitsschutzes daran wicklung. Noch immer ist es nicht gelungen, zeitnah klare interessiert sein, die Qualität der schulischen Abschlüsse, Informationen bzw. Daten der Gesundheitsämter zu be- insbesondere des Abiturs, zu erhalten. Alles andere schadet kommen, vor allem nach den Wochenenden. Es hakt immer unserer Schulform und unserem Berufsstand. noch an der technischen Ausstattung und den personellen Ressourcen, ganz zu schweigen von bürokratischen Umwe- Wir sind dankbar für jede Unterstützung gen und Datenschutzauflagen, die Abläufe verzögern. Wir sind dankbar für jede Unterstützung vor Ort und für Rückmeldungen zu Missständen an den Schulen. Auch un- Wir haben Einfluss und können Erfolge verzeichnen sere Personalräte werden das gerne aufgreifen. Letztlich ist Auf der politischen Ebene sind wir regelmäßig im Gespräch ein großes Engagement auf allen Ebenen zu begrüßen, z.B. mit dem Kultusminister und Verantwortlichen im Minis- durch Leserbriefe, Schreiben an Funktionsträger in den Par- terium und den Regionalen Landesämtern für Schule und teien oder Beiträge/Anregungen zu unseren Publikationen Bildung, und da werden unsere Forderungen und Anregun- (phvn Aktuell und Gymnasium in Niedersachsen). gen auch gehört. Zu Einzelfragen, z.B. Schulfahrten und Austauschfahrten oder Hygienestandards, verleihen wir Unser Verband ist aktiv und präsent und eine den Forderungen unserer Mitglieder durch Schreiben an Stimme, die gehört wird. Schulen krisenfest machen: Bewährte Strukturen erhalten – Innovationen fördern D ie Corona-Krise hat unser Leben verändert. Uns ist Schon ist eine Entwicklung abzusehen, die schleichend zu bewusst geworden, dass wir in einer fragilen Gesell- einer Aushöhlung der Schulpflicht und damit zu einer noch schaft leben. Nicht nur unsere Gesundheit ist be- stärkeren Privatisierung der Bildung führt. Eltern können droht, auch bewährte Strukturen und alte Gewissheiten wer- situationsbedingt relativ frei entscheiden, ob sie ihre Kinder den durch die Pandemie in Frage gestellt. Wir müssen uns aus Angst vor dem Infektionsrisiko während der Pandemie darauf einstellen, dass wir noch lange mit dem Corona-Virus in den Präsenzunterricht schicken oder lieber im Heimun- leben müssen, auch wenn bald Impfstoffe und Medikamente terricht betreut sehen wollen. Die Notenvergabe, Verset- zur Verfügung stehen. Die Pandemie wirkt wie ein Vergröße- zungsregularien und Schulzuweisungen werden in Frage rungsglas. Es zeigt uns, wo gesellschaftliche, politische und gestellt, besondere, punktuelle Abschlussprüfungen sollen wirtschaftliche Schwachstellen sind, und zwingt uns, bei der weitgehend entfallen. Einzelne Bildungswissenschaftler Bekämpfung der Pandemie Prioritäten zu setzen. wollen die Auflösung der traditionellen Schule, mehr Frei- räume, keine verbindlichen Lehrpläne, keine Stundenpläne, Schulen stehen dabei besonders im Fokus. Bewährte Struk- keine festen Lerngruppen, keine Leistungsorientierung, turen und Bildungsgänge sowie bisherige Formen des kurz, die Abschaffung des lehrer- und lehrplangeleiteten Lehrens und Lernens stehen zunehmend zur Disposition. Lernens („fremdbestimmt“) zugunsten des eigenverant- Das betrifft u.a. die Rolle der Lehrenden, die Selbsttätigkeit wortlichen Lernens („selbstbestimmt“). Wir treten selbst- der Schülerinnen und Schüler, die Rolle der Elternhäuser, verständlich weiterhin ohne Abstriche für ein differenzier- die Lehrmittelausstattung, die Digitalisierung des Lernens tes Schulwesen mit dem Gymnasium als Vermittler von und den zentralen Ort der Bildungsvermittlung, also unsere Studierfähigkeit ein. Schulen als Mittelpunkte des sozialen Miteinanders. 6 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
© Maksym Yemelyanov – Adobe Stock Sicherlich hat die Corona-Krise viele Mängel im Schulwe- 1. Zeitnah ist eine Bestandsaufnahme der baulichen bzw. sen deutlich gemacht. Sie hat aber nicht den Weg in ein räumlichen, der hygienischen sowie der personellen Si- völlig anderes System gewiesen. Im Gegenteil, nach wie vor tuation der Schulen vorzunehmen und die Gesundheits- brauchen wir ein differenziertes Schulwesen, das alle Schü- vorsorge für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte lerinnen und Schüler gemäß ihren individuellen Stärken pandemiesicher auszubauen. und Schwächen fördert. Wir brauchen dafür spezifisch aus- 2. Klassen- und Kursgrößen müssen deutlich verkleinert gebildete Lehrkräfte, die fachlich und pädagogisch höchst werden. qualifiziert Inhalte und Werte vermitteln können. 3. Alle Schulen, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte sind kurzfristig mit der notwendigen digitalen Infra- Was wir aus der Corona-Krise lernen können ist, nicht die struktur und digitalen Endgeräten auszustatten, die Schulpflicht einzuschränken und die Schulformen zu zer- rechtssicher und datenschutzkonform Unterricht über schlagen, sondern eine Rückbesinnung auf das Bewährte die digitale Plattform der Schule ermöglichen. und seine behutsame Weiterentwicklung: besser ausge- 4. Eine kontinuierliche Unterstützung der Lehrkräfte durch stattete Schulen, Schulgebäude auf der Höhe der Zeit, technisches Personal und in der Fortbildung für neue eine konkurrenzfähige digitale Infrastruktur, vollkommene digitale Formate ist zu gewährleisten. Lehrmittelfreiheit (auch für Lehrkräfte) und mehr Personal 5. Bildungs- und Leistungsstandards dürfen nicht abge- (von der Lehrerreserve bis hin zu Schulpsychologen, Sozial- senkt werden. arbeitern, Lernbegleitern und IT-Betreuern). Vertrauen ist 6. Dauerhafte Förderangebote sind, unterstützt durch ein vor allem gegenüber der Kreativität und pädagogischen zusätzliches Budget für die Schulen, auszubauen. Eigenverantwortung der Lehrkräfte angebracht. 7. Alle ausgebildeten Referendarinnen und Referendare müssen über den kurzfristigen Bedarf hinaus eingestellt Die Erfahrungen aus der Pandemiekrise müssen für das werden. Bildungssystem nutzbar gemacht werden, um die Voraus- 8. Die Kürzung des Referendariats von 24 auf 18 Monate setzung für gelingenden Unterricht unter verschiedenen ist zurückzunehmen, damit Referendare sowohl dem Bedingungen zu schaffen. Der Hauptvorstand fordert erhöhten Anforderungsprofil im Lehrerberuf genügen deutlich umfassendere Innovationen in grundlegenden wie auch für bedarfsorientierten Förderunterricht für pädagogischen, technischen, gesundheitsrelevanten und Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen. schulorganisatorischen Rahmenbedingungen: Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 7
Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands Lehrkräfte am Limit Corona hat das Märchen von der 40-Stunden-Woche endgültig ad absurdum geführt A ngesichts der klaren Daten zur Lehrerarbeitszeit, Gewährleistung des Bildungsanspruches dürfen sich nicht die zuletzt auch in der vom Deutschen Philologen- ausschließen. Der Dienstherr kommt seiner Verantwortung verband in Auftrag gegebenen Studie „Lehrerarbeit nicht nach. im Wandel“ bestätigt wurden, kritisiert der Hauptvorstand des Philologenverbandes Niedersachsen die fehlende Arbeitszeitschutz ist ein Teilgebiet des Arbeitsschutzes. Anerkennung und Wahrnehmung der akuten Belastung Dies gilt unabhängig vom jeweiligen Szenario, d.h. auch der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen durch den in Szenario B. Gleichwohl werden viele Lehrkräfte, insbe- Dienstherrn. Zwei Drittel der mehr als 176.000 Gymnasi- sondere auch Teilzeitkräfte, deutlich über die regelmäßige allehrkräfte in Deutschland erleben in ihrem Schulalltag Arbeitszeit eingesetzt. Der tatsächlich erhöhte Arbeitsum- eine hohe oder sehr hohe berufliche Belastung. Die durch- fang wird zwar vom Kultusminister auch öffentlich ange- schnittliche Wochenarbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte sprochen, jedoch werden zu wenig Maßnahmen ergriffen, ist laut Göttinger Arbeitszeitstudie mit fast 50 Stunden um die Belastung zu regulieren. Bei der Betreuung von ge- die höchste Arbeitszeit an allen Schulformen. Je höher die teilten Klassen in Präsenz und Homeschooling kommt auf Arbeitszeit, desto höher die Belastung. 83 Prozent dieser die Arbeitszeit bezogen zu jeder Klasse eine „Parallelklasse“ Lehrkräfte sprechen von einer sehr hohen Belastung. dazu. Bei z.B. 24 Unterrichtsstunden in Präsenz müssen praktisch in der jeweils anderen Halbgruppe wei- Mit Beginn der Corona-Pandemie sind tere 24 Unterrichtsstunden im Homeschoo- für Lehrkräfte weitere Belastungsfak- ling geleistet werden. Denn eine Präsenz- toren hinzugekommen: und eine Homeschooling-Halbgruppe • in deutlich erhöhtes Arbeitspens- e können dabei nur in seltenen Fällen um, z.B. durch zusätzliche identisch vorbereitet werden. Klas- Aufgaben, Doppelbelastung senarbeiten und Klausuren müssen durch Präsenzunterricht und in Szenario B pro Gruppe teilweise Homeschooling, zusätzlicher in doppelter Ausfertigung konzi- Vertretungsunterricht, erhöhter piert werden, weil immer nur eine Bedarf an Feedback-Gesprächen Halbgruppe anwesend ist. Die An- mit Schülerinnen und Schülern zahl der zusätzlich zu schreibenden sowie Eltern, und zu beantwortenden E-Mails an • weniger Planbarkeit durch stän- © Strassner Fotografie – Adobe Stock und von Schülerinnen und Schülern dig wechselnde Hygieneregeln und sowie Eltern steigt sprunghaft an. Rechtsbestimmungen sowie das Erfor- dernis der unvermittelten Umsetzung vor Ort, Der Hauptvorstand des Philologenverban- • zusätzliches Arbeitspensum in Corona-Krisenstäben in des Niedersachsen fordert: Schulen, Entwicklung von Schutz- und Hygienekonzep- 1. Infektionsschutzmaßnahmen in den Schulen umge- ten, Gewährleistung und Kontrolle der Einhaltung von hend umsetzen – keine Umwege und weitere Zeitver aufgestellten Schutzvorgaben, zögerungen durch Zuständigkeitsgerangel. • eine zu geringe Unterstützung bei der Organisation und 2. Sofortige Ausstattung aller Lehrkräfte mit den benötig- Gestaltung von Hybrid- oder Fernunterricht durch digi- ten MNB. tale Hard- und Software, Konzepte und Fortbildungen, 3. Bildung kleinerer Klassen. • eine wachsende Entgrenzung von Arbeitszeit und Frei- 4. Einstellung zusätzlicher Verwaltungskräfte an Schulen zeit, fehlende Pausenzeiten, (die ersten Bemühungen durch das Kultusministerium • die Angst vor Infektionen mangels ausreichenden Ar- werden begrüßt). beitsschutzes und weiterhin angeordneter Abordnun- 5. Einstellung zusätzlicher Systemadministratorinnen und gen an mehrere Dienststellen. -administratoren an Schulen. 6. Einhaltung der Obergrenzen der regelmäßigen bzw. Die Lehrkräfte, die sich immer häufiger in der Öffentlichkeit individuellen Arbeitszeit. mit Diffamierungen gegen ihren Berufsstand konfrontiert 7. Gewährung der angekündigten Anrechnungsstunden. sehen müssen, halten den Schulbetrieb, soweit es möglich 8. Einhaltung von gesetzlichen Pausen- und Ruhezeiten. ist, aufrecht und erfüllen damit gewissenhaft den Bil- 9. Effektive Kontrolle der Einhaltung der zulässigen dungsauftrag des Staates. Es ist jedoch nicht zu vermitteln, Höchstarbeitszeit (diese darf nicht mangels Dokumen- warum diese Lehrkräfte ihre Rechte auf Schutz zugunsten tation der Arbeitszeit unterlaufen werden). des Bildungsanspruchs grenzenlos zurückstellen sollen und 10. Rückhalt für Lehrkräfte durch den Dienstherrn gegen erneut Sonderopfer bringen müssen. Arbeitsschutz und Angriffe und Diffamierungen in der Öffentlichkeit. 8 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
G9-Abitur in Zeiten der Pandemie richtig gestalten Gleiche Startbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler schaffen D ie Abiturprüfungen werden 2021 in Niedersachsen vorpreschen und beispielsweise Hochschulberechtigungen wieder nach einer neunjährigen Gymnasialzeit ohne schriftliche Abiturprüfungen vergeben wollen (wie abgelegt. Schon jetzt ist klar: Die vom Philologen- es im letzten Jahr von Frau Ministerin Prien aus Schles- verband immer wieder geforderte Rückkehr zu G9 hat sich wig-Holstein vorgeschlagen wurde). Zur Vergleichbarkeit bewährt. Die inhaltliche Entlastung der Schülerinnen und gehört immer Verbindlichkeit. Sollte es aufgrund der Pan- Schüler in den einzelnen Jahrgängen der Mittelstufe zahlt demie zu erhöhten Fallzahlen und damit zu Unterrichts- sich aus, weil Bildungsinhalte wieder nach lernpsycholo- ausfällen kommen, müssen die Abiturprüfungen dennoch gischen Aspekten unterrichtet werden und mehr Zeit zum sichergestellt werden. Üben und Wiederholen bleibt. Dies ist gerade in Zeiten der Pandemie notwendig, wenn das System Schule herunter- Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler und wieder heraufgefahren werden muss. Das zusätzlich durch einheitliche Rahmenbedingungen garantieren gewonnene Jahr kommt den Schülerinnen und Schülern Die Absprachen der KMK müssen verbindlich sein und in des Sekundarbereichs II im besonderen Maße bei der wis- allen Bundesländern gleichermaßen umgesetzt werden. Bei senschaftspropädeutischen Arbeitsweise, dem Merkmal den Durchschnittsnoten im Abitur ist Niedersachen jeden- gymnasialen Unterrichts, zugute. falls das Schlusslicht und das liegt keinesfalls daran, dass unsere Schülerinnen und Schüler schlechter sind als die Vergleichbarkeit und Verbindlichkeit für das Abitur Prüflinge aus dem benachbarten Bundesländern Hamburg, 2021 sicherstellen Bremen oder NRW. Sie werden aber beim Zutritt zu den Dieser erste G9-Jahrgang ist jedoch durch die Corona-Pan- Universitäten schlechter gestellt. Es ist ein zentrales Gebot demie besonders betroffen, und daran wird sich auch bis der Chancengerechtigkeit, dies abzustellen. zu den Abiturprüfungen nichts ändern. Da die niedersäch- sischen Schülerinnen und Schüler zum Wintersemester Die Qualität des Abiturs kann nur durch bundesweite 2021/2022 deutschlandweit um Studienplätze konkurrieren, Standards, die eine echte Vergleichbarkeit zwischen den sieht der Philologenverband Handlungsbedarf für eine Ländern möglich machen, gesichert werden. Nach den län- Weichenstellung, die Zukunftsperspektiven eröffnet. derübergreifenden Aufgaben in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch werden bundesweit definierte Bil- Das niedersächsische Abitur ist anspruchsvoll und soll auch dungsstandards im Abitur 2025 auch für die Fächer Biologie in Zukunft so bleiben. Die Vergleichbarkeit mit anderen Chemie und Physik verbindlich. Bis spätestens 2022 müssen Bundesländern muss heute wie morgen gegeben sein. Es die Bildungsstandards in Curricula umgesetzt werden, damit kann nicht sein, dass Kultusministerien ohne Absprachen ab der Einführungsphase in Jahrgang 11 danach gearbeitet © XXXXX – Adobe Stock © Halfpoint – Adobe Stock Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 9
Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands werden kann. Diese werden Grundlage für zukünftige Abi- gungs- und Einbringverpflichtung in der Qualifikationsphase turprüfungen sein. und die gleiche Gewichtung von Prüfungsleistungen in den schriftlichen Abiturprüfungen gewährleistet sein. Es ist für uns eine absolute Selbstverständlichkeit, dass die vom Kultusministerium entwickelten Curricula nicht noch Daher fordert der Hauptvorstand des niedersächsi- einmal von den Fachgruppen der Schulen in schuleigene schen Philologenverbandes für Abiturprüfungen ab Lehrpläne umgesetzt werden müssen. Die curriculare Umset- dem Schuljahr 2020/2021: zung der KMK-Bildungsstandards ist und bleibt die originäre 1. Gleiche Bedingungen in allen Bundesländern (Bearbei- Aufgabe der Kultusministerien. Wir werden es nicht akzeptie- tungszeiten, Auswahlmöglichkeiten, Belegungs- und ren, dass das Erstellen von Curricula erneut an den Schulen Einbringverpflichtung in der QP, Klausurenanzahl und geschehen soll. Die Lehrkräfte vor Ort haben neben der Ertei- -länge in der QP); lung von Unterricht genügend andere Aufgaben zu leisten 2. Gleiche Gewichtung von Prüfungsleistungen in den als auch noch die des Kultusministeriums zu erledigen. schriftlichen Abiturprüfungen; 3. Vorrang fachwissenschaftlicher Fähigkeiten, Kenntnisse Der Philologenverband wird die fachdidaktischen Diskussi- und Fertigkeiten; onen mitgestalten, denn Abituraufgaben, die lediglich eine 4. Begrenzung des Aufgabenmaterials bei angemessener Lesekompetenz abprüfen, lehnen wir ab. Sogenannte „pro- Auswahlzeit; zessbezogene Kompetenzen“ dürfen die Fachwissenschaft 5. Keine Überfrachtung von Aufgaben, keine absurd betreffende Kenntnisse und Fertigkeiten nicht ersetzen. konstruierten Aufgabenstellungen; Diese schleichende Aushöhlung ist in zahlreichen Fächern 6. Umsetzung der für die Fächer definierten Bildungs zu beobachten. standards in Curricula durch das MK Bundesweit verbindliche Standards für die Qualifika- Um diese Forderungen zu erfüllen, muss die Sicherstellung tionsphase und die Abiturprüfungen festsetzen der Unterrichtsversorgung in allen Klassenstufen von 5 bis Schriftliche Abiturprüfungen mit bis zu zehn Seiten Mate- 13 gewährleistet sein. Kursgrößen in der Einführungs- und rial pro Aufgabenvorschlag, wie 2019 im Zentralabitur im Qualifikationsphase sind auf 18 Schülerinnen und Schüler zu Fach Deutsch geschehen, sind völlig absurd, da die Prüflinge begrenzen, um eine individuelle Förderung und Differenzie- in der vorgegebenen Auswahlzeit eine begründete Ent- rungsmaßnahmen zu ermöglichen. Dies ist schon aufgrund scheidung für oder gegen einen Vorschlag gar nicht fällen der stark gewachsenen Heterogenität der Lerngruppen gebo- können. Es darf auch nicht sein, dass die Schülerinnen und ten, um vergleichbare Möglichkeiten anderer Bundesländer Schüler ihre im Unterricht erworbenen Fähigkeiten nicht unseren Schülerinnen und Schülern nicht vorzuenthalten. nachweisen können, weil die Aufgabenstellung derart ver- klausuliert ist, dass es sich mehr um eine Entschlüsselung Für die Abiturkorrekturen ab 2021 muss der Erlass über die von Aufgaben als um die Überprüfung von Kenntnissen und Korrekturtage zum schriftlichen Abitur in Kraft bleiben. Fähigkeiten handelt. Dazu muss jeder Schule mit Abiturprüfungen eine Vertre- tungsreserve zur Verfügung gestellt werden. Diese Stunden Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung muss die An dürfen nicht aus dem Bestand der Schulen erwirtschaftet gleichung der Bearbeitungszeiten und der Auswahlmöglich- werden, sondern müssen vom Kultusministerium in Form keiten in den Bundesländern genauso wie die gleichen Bele- zusätzlicher Lehrerstunden zur Verfügung gestellt werden. Umsetzung der Digitalisierung an den niedersächsischen Schulen – Update 2020 I n den Zeiten der Corona-Pandemie sind die vom Philo- Die fachliche und pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte logenverband schon über lange Jahre angesprochenen lässt sich nicht durch Selbstlernprogramme und Erklär- Mängel bei der Umsetzung der Digitalisierung an nie- videos ersetzen. Weiter hat sich gezeigt, dass nicht alle dersächsischen Schulen, damit auch an den Gymnasien, wie Schülerinnen und Schüler gleichermaßen von der Individu- unter einem Brennglas sichtbar geworden. alisierung des Lernens profitieren. Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien werden durch diese Form des Die zunehmende Nutzung der digitalen Möglichkeiten hat Lernens erkennbar benachteiligt. deren Grenzen aufgezeigt. Besonders deutlich ist dabei geworden, dass die unmittelbare Interaktion zwischen Die fehlenden konzeptionellen Vorgaben durch das Kultus- Lehrkräften und Lernenden sowie zwischen Schülerinnen ministerium und die mangelnde technische Ausstattung und Schülern beim Präsenzunterricht eine so gewichtige stellen Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler vor Rolle für alle Lernvorgänge spielt, dass sie unverzichtbar für allem beim hybriden Unterricht und beim „Lernen von zu jeglichen Lernerfolg ist. Hause“ (Szenario C) vor kaum lösbare Aufgaben. Selbst 10 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
© Robert Kneschke – Adobe Stock zeitgemäßer digital unterstützter Präsenzunterricht ist bei 3. die zügige Anschaffung von dienstlichen Endgeräten, weitem nicht überall möglich. In großer Hektik wurde und 4. die Übernahme der Kosten für digitale Unterrichts wird nun vom Land und von den Schulträgern versucht, materialien und Software für die dienstliche Nutzung, die Versäumnisse von Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, auch z.B. für Videokonferenzen, (bevorzugt Open-Source- auszubügeln. Unkoordinierte Maßnahmen sollen plötzlich Lösungen), Abhilfe schaffen. Geld scheint in diesen Zeiten für Bund und 5. die umfassende Mitbestimmung des Personalrats und Länder keine Rolle mehr zu spielen. Allein die Umsetzung des Schul-Datenschutzbeauftragten bei Einführung lässt sich eben nicht beliebig beschleunigen. Grundlegende neuer Medien, die zu einer Veränderung der Arbeitsbe- Konzepte sucht man vergebens. So stehen die Schulen wei- dingungen führen, terhin an ganz unterschiedlichen Entwicklungspunkten, die 6. insbesondere den Ausschluss von Überwachungsmög- auch stark vom jeweiligen Schulträger beeinflusst werden. lichkeiten, 7. eine klare und realistische Umsetzung der Bestimmun- Von Herstellung einer Chancengleichheit ist überall die gen der DSGVO auf den schulischen Bereich (in diesem Rede. Wie soll sie aber gelingen, wenn schon die Voraus- Zusammenhang fordern wir: eine Aufgabenbeschrei- setzungen dafür an den einzelnen Schulen so stark diver- bung und Anrechnungsstunden für Schul-Datenschutz- gieren? Der „öffentliche Blick“ richtet sich meist nur auf beauftragte), die Situation der Schülerinnen und Schüler, aber auch die 8. bedarfsgerechte Aus- und Fortbildungen mit den ent- Lehrkräfte finden vielfach völlig unzureichende Arbeitsbe- sprechenden zeitlichen Ressourcen, dingungen vor. Wenn vor allem die technischen und perso- 9. die beschleunigte Umsetzung der Niedersächsischen nellen Bedingungen so eingeschränkt sind, hilft auch die Bildungscloud in Verbindung mit der rechtlichen Klä- beste Kompetenz des Einzelnen nicht weiter. rung der Urheberrechtsbedingungen mit Zugang für alle Schulen, Die Situation wäre in den Pandemiezeiten in den Schulen 10. die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze, z.B. das Recht noch wesentlich schlimmer, wenn nicht ein Großteil der auf Nicht-Erreichbarkeit. Lehrkräfte mit eigenen Endgeräten und individueller Fort- bildung auf rechtlich unsicherem Terrain für ihre Schülerin- Die Corona-Krise zeigt, wie schnell Politik unter Bedrängnis nen und Schüler das Optimum versucht hätte. handeln kann und welche finanziellen Ressourcen zur Ver- fügung gestellt werden können. Der Hauptvorstand des Philologenverbandes erneuert daher seine Forderungen: Der Hauptvorstand des Philologenverbandes fordert von 1. ein leistungsfähiges Internet/WLAN für alle Schulen, Bund und Ländern eine weitsichtige und tragfähige Bereit- 2. eine IT-Administration ausgestattet mit zusätzlichen stellung von Konzepten und finanziellen Mitteln zur Um- Ressourcen und durch ausgebildete Personen, (mit setzung der Digitalisierung in den Schulen. regelmäßiger, bei größeren Systemen ständiger An wesenheit an der Schule), Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 11
Schwerpunktthema: Schule und Lehrkräfte in Pandemiezeiten „Stell dir vor, dein Referendariat beginnt und kein Schüler geht hin“ Von Dr. Christoph Rabbow W enn jemand vor genau einem Jahr die im Titel • k eine gemeinsamen Unterrichtsbesuche oder Bera- dieses Aufsatzes genannte Vision geäußert hät- tungsbesuche mit mehreren Auszubildenden und Aus- te, man hätte sicher eine Replik des Altbundes- bildern und kanzlers Helmut Schmidt erwidert: „Wer Visionen hat, sollte • Unterrichtshospitationen, so sie überhaupt möglich zum Arzt gehen.“ waren, mit Mund-Nasen-Schutz unter Einhaltung des Abstandgebotes mit Stoßlüften nach 20 Minuten Un- Den neuen Lehrkräften, die zum 27.1.2021 ihren Vorberei- terricht. tungsdienst an den niedersächsischen Studienseminaren antraten, ist genau dies widerfahren, da sich die Schülerin- Nein, normal ist das alles wirklich nicht. Und ich sehne nen und Schüler – bis auf den Abiturjahrgang 2021 – zum die guten alten Zeiten mit Präsenzunterricht vor und in Zeitpunkt der Einstellung im Distanzunterricht befanden. einer Klasse zurück. Denn dieser hat nicht umsonst seine Eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit Schülern als „ler- Berechtigung in Schule und Ausbildung. Aber richtig ist nende Wesen“ war für die angehenden Lehrerinnen und auch: Jahr Eins der Corona-Pandemie hat den Unterricht Lehrer nicht möglich. in Schulen und die Ausbildung an den Studienseminaren verändert. Vielleicht noch nicht so weit, wie man sich das Gut, wir leben in ungewöhnlichen Zeiten, aber dies ist auch in diesen ungewöhnlichen Zeiten wünschen würde, aber für alle an der Ausbildung beteiligten Personen ein völlig doch viel weiter als zahlreiche Bedenkenträger meinen. Die neuer Zustand, und es wird diese Generation von Lehrerin Ausbildung im Seminar war gezwungen sich neu zu orien- nen und Lehrern prägen wie keine zuvor. Bisher konnte man tieren, ebenso wie der Unterricht an den Schulen. Und was zumindest die Einführungswochen der Seminare und die zunächst holprig begann, war schließlich einem ständigen Einführung in den Schulen immer als Präsenzveranstal- Optimierungsprozess unterworfen, bei dem Lehrkräfte von tungen durchführen und spätestens eine Woche nach der ihren Schülerinnen und Schülern und die Ausbilder von Vereidigung wurde der erste Kontakt mit den Schülerinnen ihren Referendaren lernen konnten. und Schülern aufgenommen. Dafür hatte man so lange stu- diert und sich auf den Erstkontakt natürlich gefreut. Endlich Wo hat es das vorher schon mal gegeben, Unterricht wieder in einer Klasse stehen, diesmal allerdings auf der und Ausbildung auf Augenhöhe – und zwar wirklich! anderen Seite. Es nun endlich besser machen können als die Ja, ich habe in dieser Zeit viel von meinen Schülerinnen und Lehrer, die man selbst hatte oder jetzt dem eigenen Vorbild Schülern und meinen Lehrkräften im Vorbereitungsdienst nacheifern können – nichts davon! Die „Unterrichtsnorma- profitieren können und sie umgekehrt auch von mir. Leh- lität“ ist auch hier der von politisch Verantwortlichen so oft ren und lernen wurde vielerorts zum selbstbestimmten zitierten neuen Normalität gewichen. und selbstorganisierten Lernen und dass alle da anfangs Schwierigkeiten hatten, zeigt die folgende E-Mail eines Diese neue Normalität sah im letzten Ausbildungs- äußerst computeraffinen Koordinators an einer Stader Aus- jahr so aus: bildungsschule an sein Kollegium eindrücklich: • o früher Fachsitzungen an den Schulen oder im Semi- W nar üblich waren, finden nun Videokonferenzen statt, „So problematisch unsere Videokonferenzen gerade sein • anstatt Unterrichtskonzepte in der Praxis zu begleiten mögen, um so froher bin ich, dass unser System durchgängig und nach dem Unterricht diesen mit den Ausbildern zu zuverlässig und flott funktioniert. reflektieren, werden nun Trockenübungen absolviert. Was wäre, wenn? Und so sehr der oder die eine zu Hause vorm Bildschirm auch • statt realem Prüfungsunterricht werden nun theoreti- fluchen mag, wenn wieder einmal eine Einstellung „weg“ sche Kolloquien abgehalten, ist, die ganz sicher beim letzten Mal noch „da“ war. Oder die • statt gemeinsam Präsenzunterricht in Fachsitzungen Schüler irgendetwas sehen konnten, was sie nicht hätten zu planen und zu realisieren, wurden Konzepte für Dis- sehen sollen oder eben nicht sahen, obwohl sie es jetzt doch tanz- und Wechselunterricht von den Auszubildenden sehen sollten. Oder man in zwei Stunden einen (!) kleinen eingefordert, Test entworfen hat. Oder ... • statt Exkursionen zu fachdidaktischen und pädago- gischen Veranstaltungen durchzuführen, steht die Ich finde es großartig, was alle gerade leisten und (zwangs- Entwicklung von Versuchen mit Haushaltsmitteln am weise) technisch dazulernen. Das Gute ist doch: Wir werden Küchentisch im Vordergrund, davon nach Corona noch profitieren, wenn neue Technik Ein- • statt feierlicher Verabschiedung der ausgebildeten Lehr- zug in unser Gymnasium erhält. Wir hätten viele der Schritte, kräfte ein letztes Treffen in einer gemeinsamen Video- die wir jetzt machen müssen, sowieso lernen müssen.“ konferenz mit digitalem Winken, 12 Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
Der digitale Anfang ist gemacht Aller Anfang ist schwer! – sagt ein Sprichwort und so ist es auch. Aber der digitale Anfang ist gemacht. Was die Kultus- minister seit Jahrzehnten ausgesessen haben, wurde durch Corona beschleunigt. Man hörte im letzten Jahr immer wie- der, dass Corona wie ein Brennglas die Probleme offen zu Tage brachte. Das ist richtig und das sind derer viele. Aber Corona ist, was die Umsetzung der Digitalisierung in Schule und Beruf angeht, auch ein Katalysator. So bitter es klingen mag, aber ohne die Corona-Pandemie stünden wir immer noch am digitalen Anfang. Dass es vor Ort so schleppend voran geht, haben weder die Schulen noch die Seminare zu verantworten. Es liegt an den fehlenden Weichenstellungen aus der Politik, und da kann man keine politische Ebene ausnehmen. Auf ankündigte Dienstrechner wartet man ver- geblich. Auch die KMK hat das Thema völlig verschlafen und erst im Jahr 2021 schreibt sich Frau Ernst die Digitalisierung von Schulen auf die Fahne ihrer KMK-Präsidentschaft. Die Lern- und Ausbildungskultur hat sich im Jahr Eins der Pandemie verändert und das ist positiv! Denn wir haben uns alle gemeinsam auf den Weg gemacht und einige besonders versierte Kollegen sind vorangegangen, aber sie haben aufge- passt, dass alle, die wollten, auch mitgenommen worden sind. Wir stehen heute mit Blick auf die Medienkompetenz fach- didaktisch und -methodisch besser da als noch vor einem Jahr, auch wenn Präsenzunterricht und Präsenzfachsitzungen © Irina Schmidt – Adobe Stock nicht stattfinden konnten. Natürlich blieben dabei andere zu vermittelnde Kompetenzen, Fertigkeiten und Fähig- keiten, die für das professionelle pädagogische Tun und ein lang erfülltes Lehrerleben unabdingbar sind, auf der Strecke. Diese coronabedingten Schäden wären nur mit einer Verlängerung des Referendariats vermeidbar gewe- sen. Allerdings wurde unsere Forderung vom Dienstherrn abgelehnt. Seien Sie gewiss, dass wir im Sinne der Quali- tätsanforderung an die Lehrerausbildung diesen Anspruch weiterhin auf unserer Agenda haben werden. richt genutzt werden sollen. Zukünftige Lehrkräfte müssen didaktisch und pädagogisch vor einer Lerngruppe genauso Unterricht neu gedacht bestehen können wie die von ihnen erstellten Konzepte für Seit einem Jahr denken die Ausbilderteams an den Semina- den Distanz- und Wechselunterricht. Der Hybridunterricht ren Unterricht neu, dabei galt es, bewährte Unterrichtskon- gehört heute zu einer modernen Lehrerausbildung. zepte des Präsenzunterrichts auf digitale Füße zu stellen. Und wo so mancher Auszubildender zunächst dachte, dass Ein wesentlicher Vorteil digitaler Lernumgebungen auf nur expositorische Lehrverfahren über Plattformen möglich „funktionierenden“ Lernplattformen sind die unbegrenzten erschienen, zeigten sich doch schnell viele Möglichkeiten und Möglichkeiten der Differenzierung und der Individualisie- die damit verbundenen Chancen digitaler Lernumgebungen rung. Nicht zuletzt kann der Kontakt zu den Schülerinnen auf. Lernplattformen sind heute ein ständiger Begleiter in und Schülern schnell und einfach hergestellt werden, ohne Unterricht und Ausbildung, das wird auch in Zukunft so sein dass Messenger-Dienste à la WhatsApp genutzt werden und hier muss die Lehrerausbildung weiterhin aufgeschlos- müssen. Differenzierung und Individualisierung von Schüler sen sein und sich noch professioneller aufstellen. innen und Schülern können erheblich zum Interesse und zur Motivation beitragen. Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Präsenzun- terricht ist das Beste, was der Schule passieren kann, aber Oder um es noch einmal mit Helmut Schmidt zu sagen: wenn dies nicht geht, müssen eben andere Formen des „Ich war als Schüler relativ faul. Was mich nicht interessiert Unterrichts gefunden werden. Eines ist nach Hattie sicher: hat, habe ich nur flüchtig gemacht. (...) Meine Frau und ich Auf den Lehrer oder die Lehrerin kommt es an! Das gilt für waren ja in derselben Klasse; wir hatten eine ähnliche Hand- den Präsenzunterricht genauso wie für den didaktisch-me- schrift und es ist vorgekommen, dass Loki meine Hausaufga- thodischen Umgang mit Lernplattformen, wenn diese nicht ben in mein Heft geschrieben hat, zum Beispiel in Mathema- nur für Beschäftigungszwecke, sondern für echten Unter- tik, da war sie besser.“ Gymnasium in Niedersachsen 1/2021 13
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