Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen

Die Seite wird erstellt Hildegard-Juliane Berndt
 
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Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
1/2021

                          Wir schaffen das:
                          Damit Unterricht in der
                          Pandemiezeit m
                                       ­ öglich bleibt
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                        Die Zeitschrift des Philologenverbandes
Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
Inhalt

Leitartikel
Pandemie und Schule: ein Blick hinter die Kulissen der Verbandsarbeit.....................................................4

Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands
Schulen krisenfest machen:
Bewährte Strukturen erhalten – Innovationen fördern.................................................................................. 6

Lehrkräfte am Limit...................................................................................................................................................8
Corona hat das Märchen von der 40-Stunden-Woche endgültig ad absurdum geführt

G9-Abitur in Zeiten der Pandemie richtig gestalten........................................................................................ 9
Gleiche Startbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler schaffen

Umsetzung der Digitalisierung an den ­niedersächsischen Schulen – Update 2020..............................10

Schwerpunktthema: Schule und Lehrkräfte in Pandemiezeiten
„Stell dir vor, dein Referendariat beginnt und kein Schüler geht hin“........................................................ 12
Nachrichten aus dem (Beinahe-)Paradies . ....................................................................................................... 14
Oder: wie unterrichte ich meine Abiturientinnen und Abiturienten in zwei Räumen gleichzeitig?

Ein Jahr Corona in Schule – Rück- und Ausblicke...............................................................................................15
Rückmeldungen an die Personalräte: Keine Masken, keine Luftfilter –
dafür neue Abordnungen und wöchentlich neue Ministerbriefe
Stimmung an den Schulen droht zu kippen.......................................................................................................17
Wahlbeteiligung deutlich gesunken
Eine Personalratswahl wie keine andere............................................................................................................22

Das aktuelle Interview
Auch in Krisenzeiten ist die Meinung des PHVN ­gefragt!.............................................................................23
Über den Tellerrand geschaut – Interview mit Autorin und R
                                                         ­ eisefotografin Sarah Fischer
„Ich sehe die Corona-Situation auch als Chance“............................................................................................24

Aus der Rechtsprechung.........................................................................................................................................28

Gastbeiträge
Geschlechter-un-gerechter Sprachgebrauch in Schule und Verwaltung
Die neuen Ungerechtigkeiten durch so genannte Gender-Sternchen...................................................... 30
Wie eine Henne zum Hahn wird..........................................................................................................................32

Schulen in Niedersachsen
So klappt der digitale Unterricht am Eichsfeld Gymnasium Duderstadt.................................................. 33
Kreativ in der Krise: Europa-AG setzt Filmprojekt digital um ......................................................................34
Literatur
Ein Leitfaden zum Blended Learning.................................................................................................................. 36
„Pantherzeit“ – ein Corona-Buch nicht nur für G
                                              ­ emeinschaftskunde...................................................... 36
Drei wunderbare Kinderbücher zu schwierigen Themen.............................................................................. 37

Glosse
Aufheiterung in schweren Zeiten?
Lustige Videos aus dem Geschäftsbereich im MK und der RLSB Hannover .............................................38

Wir trauern um........................................................................................................................................................ 39

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Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

schon wieder ist das neue Jahr in die Frühlings-                               Ein weiteres Thema, das uns (auch) an den
monate vorangeschritten. Die Corona-Pande­mie                                  Schulen zunehmend beschäftigt, ist die „Gen-
beschäftigt uns aber weiterhin. Immer noch                                     der“-Diskussion. Auf manche Schulhomepages
geht es um Schulöffnungen oder -schließungen,                                  und in viele Lehrerzimmer hat das so genannte
verschiedene Szenarien, Distanz- oder Präsenz­                                 „Gendersternchen“ bereits Einzug gefunden,
unterricht. Die Probleme sind zum großen Teil                                  das ein Ausdruck „geschlechtergerechter“
geblieben. Noch immer warten wir auf die                                       Sprache sein soll. Inzwischen mehren sich
Einhaltung von Zusagen seitens der Politik.                                    aber auch die Stimmen, die kritisieren, dass
Noch immer warten wir auf wirkliche Schutz-                                    die Ausformulierung eines (des weiblichen)
maßnahmen in den Schulen. Wir warten auf verlässliche             Geschlechts bei gleichzeitiger Verstümmelung des männ-
Impftermine, Dienst-Notebooks, funktionierende digitale           lichen Geschlechts in dieser Schreibweise alles andere als
Infrastrukturen und vieles mehr. Wir warten und warten.           gerecht ist. Mir geht es ähnlich, denn wenn in Mails oder
Wann endlich passiert etwas?                                      Mitteilungen „Liebe Kolleg*innen“ geschrieben steht, fühle
                                                                  ich mich dadurch nicht angesprochen. Denn ich bin ein
Aber: Wir wollen nicht nur fordernd und jammernd auf-             Kollege – aber kein Kolleg, keine Kollegin und auch kein
treten, sondern auch ein positives Lehrerbild vermitteln. In      „*“, was auch immer das sein soll. Ähnlich geht es mir bei
den letzten Monaten ist es doch sehr deutlich geworden,           Wörtern wie „Beamt*innen“, „Gefährt*innen“ oder „Päda-
wie wichtig unsere Arbeit in den Schulen ist, was Lehrkräfte      gog*innen“. Wohlgemerkt: Ich bin absolut für eine gerechte
alles leisten, wie wichtig Schulen und Kitas für eine funkti-     Sprache und sehe durchaus Probleme bei der pauschalen
onierende Gesellschaft sind. Schulen und Lehrer leisten viel      Gleichsetzung des generischen Maskulinums mit allen
mehr als sie eigentlich müssten! Mit Dienst nach Vorschrift       Geschlechtern (wenngleich man auch hier sprachwissen-
wäre schon lange in diesen Pandemiezeiten kein Unterricht         schaftlich zwischen Genus und Sexus unterscheiden sollte).
mehr möglich. Unser Titel und die Resolutionen des Haupt-         Aber ich möchte doch bitte nicht als Gegenstand bzw. Bil-
vorstandes zeigen: Wir haben unsere Forderungen, aber die         dungseinrichtung (Kolleg), Fortbewegungsmittel (Gefährt)
sollen nicht nur in einem nicht anklagenden Ton vorgetragen,      oder gar als nicht-existentes Etwas (Beamt, Pädagog) in
sondern konstruktiv sein. Dass es anderen Berufsgruppen           einer verstümmelten Halb-Substantivform angesprochen
viel schlechter geht, wird zum Beispiel im Interview in die-      werden! Zudem bezweifele ich doch sehr stark, dass sich
ser Ausgabe mit der Reisejournalistin und Autorin Sarah           Menschen, die sich dem dritten oder einem anderen Ge-
Fischer, die in ihrem Leben schon Einblicke in sehr viele         schlecht zugehörig fühlen, mit einem Sonderzeichen wie
Berufe bekommen hat, deutlich. Trotzdem wollen auch wir           dem „Asterisk“ (*) inkludiert fühlen.
eine Perspektive – und vor allem Sicherheit.
                                                                  Gerechte Sprache muss anders gehen, nämlich wirklich ge-
Wir haben lange über den Titel dieser Ausgabe nachgedacht.        recht! Der Philologenverband wird daher aus gutem Grund
„Nur mit Mehreinsatz bleibt Unterricht möglich“, war eine         weiterhin nicht „gendern“, sondern von „Kolleginnen und
Variante, „Nicht nur Corona: Was Schule und Lehrkräfte in         Kollegen“ sprechen – was im Übrigen auch viel höflicher
der Pandemiezeit leisten“ eine andere, „Damit Unterricht          und besser lesbar ist. Oder haben Sie schon mal einen Text
möglich bleibt“, „Unterricht findet statt“ weitere. Alle machen   gelesen, bei dem auf einer Seite ca. 40mal „*innen“ steht?
­eines deutlich: Die Lehrkräfte leisten derzeit fast Über-        Ich empfinde dies als eine unästhetische Störung des Schrift-
 menschliches, geben parallel Präsenzunterricht – unter teil-     bildes, und beim Spreche vernimmt man ausschließlich die
 weise gefährlichen Bedingungen und ohne wirkliche Schutz-        weibliche Form. Mein Spracherkennungsprogramm las mir
 maßnahmen, denn wie wir gesehen haben, macht das Virus           kürzlich im Auto eine WhatsApp-Nachricht vor, indem es
 eben nicht an der Schultür halt – und Distanzunterricht, was     Teilnehmersterncheninnen“ und „Lehrersterncheninnen“
 oft doppelte Arbeit bedeutet. Viele probieren neue Wege          verbalisierte – das ist dann leider schon Realsatire.
 aus, setzen Lernfilme, Videounterricht, Clouds und Ähnliches
 ein, telefonieren wöchentlich mit ihren Schülerinnen und         Als Auftakt der Diskussion zu diesem Thema sind in dieser
 Schülern, schreiben E-Mails, korrigieren alle Hausaufgaben       Ausgabe ein Beitrag des Leiters der AG Gendersprache des
 usw. All dies wird in dieser Ausgabe thematisiert, auch was      Vereins Deutsche Sprache und eine augenzwinkernde Glosse
 ein Kollegium möglich macht, wie es sich bemüht, „mitzieht“,     zu lesen. Diskutieren Sie gern mit, vielleicht wissen Sie ja
 um Unterricht zu gewährleisten. Aus der Perspektive der Per-     eine wirklich gerechte Lösung für eine Sprache, die alle
 sonalräte wird deutlich, wie der Einsatz für die Kolleginnen     Menschen gleichermaßen abbildet, also weder unterdrückt,
 und Kollegen aussieht und was in Pandemiezeiten für sie          noch unsichtbar macht, noch verstümmelt.
 erreicht wird – Zeiten, in denen die Anfragen und Probleme
 so zahlreich sind wie nie zuvor. Gleichzeitig zeigen unsere      Bleiben Sie gesund und uns gewogen!
 Beiträge aus der Sicht eines „Junglehrers“, eines Fachleiters
 und aus den Schulen, wie Schule sich verändert und wie
 Digitalisierung funktionieren kann. Das macht unsere Forde-
 rungen glaubwürdig und muss vom Dienstherrn anerkannt
 und dann auch wieder ausgeglichen werden!

Gymnasium in Niedersachsen 1/2021                                                                                             3
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Leitartikel

Pandemie und Schule:
ein Blick hinter die Kulissen der Verbandsarbeit
von Horst Audritz

S
       eit einem Jahr kämpfen wir mit der Pandemie, seit         Wir können den Ärger über unzureichende Anstrengungen
       einem Jahr beherrscht die Pandemie fast ausschließ-       der Politik bei der Pandemiebekämpfung verstehen, das
       lich das gesellschaftliche und schulische Leben. Licht    sehen wir genauso. Forderungen nach mehr Schutz und
am Ende des Tunnels ist zwar erkennbar, aber noch ist nicht      Fürsorge für Lehrkräfte, nach notwendiger Ausstattung,
klar, ob es sich um ein Irrlicht handelt.                        nach Rechtsicherheit, nach mehr Personal, nach Abbau von
                                                                 Überbelastung und vielen anderen Problemen bringen
Wir pflegen unsere Kontakte zur Politik, wir treten                       wir in alle Stellungnahmen und formellen und
als Berufsverband konsequent für den Schutz                                    informellen Gespräche mit dem Kultusminis-
der Beschäftigten ein und wir stellen unse-                                        terium ein. Wir werden auch nicht müde,
re Expertise in Gesprächen und öffentli-                                              das immer wieder auf die Tagesordnung
chen Stellungnahmen zur Verfügung,                                                     zu setzen – ganz im Gegenteil. Für
einmal ganz abgesehen von unserer                                                       Entscheidungen der Politik sind wir
umfangreichen und hoch anerkann-                                                         jedoch nicht verantwortlich.
ten Rechtsberatung. Es gibt keine ver-
gleichbare Gewerkschaft bzw. keinen                                                     Aber auch verbandsintern ist die
vergleichbaren Verband im Bundesge-                                                     Bewertung der Situation nicht ein-
biet, der sich dieser Aufgabe mit solch                                                deutig. Uns erreichen Zuschriften von
einem Engagement widmet, wie wir an                                                   einzelnen Kolleginnen und Kollegen, die
der Fülle von Anfragen ablesen können.                                              das gespaltene Meinungsbild in der Ge-
                                                                                 sellschaft widerspiegeln. Einige beklagen zu
Wir gewähren Rechtsberatung und                                              wenig kritische Äußerungen, andere zu viele, ja,
Rechtsschutz                                                           es wird sogar Konträres von uns gefordert wie z.B. für
Zwar können wir es nicht jedem Einzelnen recht machen,           ausschließlichen Distanzunterricht oder sogar grundsätzli-
schon gar nicht die unterschiedlichsten Wünsche juristisch       che Präsenzpflicht einzutreten.
durchsetzen. Wer aber mit Aussicht auf Erfolg seine Rech-
te einklagen will, der bekommt bei uns nach sorgfältiger         Insgesamt dürfen wir jedoch erfreut feststellen, dass die
Prüfung und Beratung auch Rechtsschutz. Eine anonyme             Arbeit des Philologenverbandes als nachhaltig wahrge-
Verbandsklage zu Erlassen und Verordnungen, das sei an           nommen wird. Unsere Mitgliederentwicklung bestätigt
dieser Stelle ausdrücklich klargestellt, gibt es im Schulrecht   das.
nicht. Wer klagt, der muss persönlich für seine Interessen
einstehen und sich als Musterkläger zur Verfügung stellen.       Wir sind öffentlich präsent
Unsere anderen Möglichkeiten sind Einflussnahmen im              Entgegen dem Eindruck Einzelner sind wir öffentlich
politischen und öffentlichen Bereich, wo wir uns im Konzert      gefragt und in zahlreichen Presseorganen bzw. Medien
der Interessen wahrnehmbar, wenn nicht sogar führend,            vertreten: im NDR und in SAT 1, in der Hannoverschen Allge-
behaupten können. Für die Durchsetzung unserer Interes-          meinen Zeitung, der Braunschweiger Zeitung, in der Neuen
sen ist eine effektive Öffentlichkeitsarbeit – auch da sind      Presse, bei dpa, in Bild, in zahlreichen Hörfunksendungen
wir gut aufgestellt – unumgänglich.                              und im „Rundblick“, einem Nachrichtenorgan mit großer
                                                                 Nähe zu politischen Entscheidungsträgern, um nur einige
Das Paradoxe ist, dass wir als Verband in Krisenzeiten           zu nennen. Gemessen an der Größe unseres Verbandes sind
immer mehr gefordert sind, aber gleichzeitig den Ein-            wir präsenter als viele größere Verbände bzw. Gewerkschaf-
schränkungen unterliegen, die in allen gesellschaftlichen        ten. Ein anderer Eindruck ist vermutlich dem Phänomen der
Bereichen gelten: Im ersten Lockdown mussten wir die             „selektiven Wahrnehmung“ geschuldet.
Erreichbarkeit der Geschäftsstelle zeitweise einschränken,
wir mussten kurzzeitig neue Hygienevorschriften umset-           Zudem haben wir zum Unterricht unter Corona-Bedingun-
zen, wir haben unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern         gen zahlreiche Presseerklärungen herausgegeben, die man
Arbeit im Homeoffice ermöglicht und alle Präsenzsitzungen        auf unserer Homepage einsehen kann. Wer Informatio-
unserer Organe streichen müssen. Großveranstaltungen             nen sucht, wird in „Gymnasium in Niedersachsen“, „phvn
wie unser Philologentag 2020 oder Seminare und Fortbil-          Aktuell“, in unserem „Newsletter“ oder auf unserer Face-
dungen in Präsenz fielen der Pandemie zum Opfer.                 book-Seite fündig.

Breite Zustimmung zur Verbandsarbeit                             Und auch unsere Dachverbände, der Deutsche Philologen-
Einzelne Mitglieder, die ein ganz persönliches Missbehagen       verband, der Deutsche Lehrerverband und der Niedersäch-
ausdrücken, fordern noch mehr Einsatz.                           sische Beamtenbund, in denen wir zusammenarbeiten,

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äußern sich deutlich. Medien sind jedoch nicht gezwungen,
Presseerklärungen aufzugreifen. Die Presse ist nicht Nach-
richtenorgan eines Verbandes, sondern einer umfassenden
Berichterstattung verpflichtet.

Gesundheitsschutz ist oberstes Gebot
Angesichts dieses divergenten Meinungsbildes ist die
Haltung des Philologenverbandes eindeutig: Der Gesund-         Authentische Geschichtsorte entdecken und so die Be-
heitsschutz ist oberstes Gebot. Im Übrigen setzen wir uns      deutung unseres Kulturerbes kennen und schätzen lernen
massiv dafür ein, dass Arbeitsschutzgesetze auch in der Co-    – das sind die Ziele von „denkmal aktiv“. Schulen, die am
rona-Krise einzuhalten sind, auch bei Home-Office-Zeiten.      Schulprogramm teilnehmen, werden bei Durchführung
Dazu gehören in Niedersachsen besonders die Arbeitszeit-       ihres Projekts mit einer fachlich koordinierenden Beglei-
regelungen im Beamtengesetz, die Arbeitszeitverordnung         tung und auch finanziell unterstützt.
Schule, die Bestimmungen zur Mehrarbeit und der flexible
Unterrichtseinsatz.                                            „denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“ richtet sich an
                                                               allgemeinbildende und berufsbildende Schulen ab Klasse
Unsere Position ist im Vergleich zu den Positionen und         5 und bietet einen adäquaten Rahmen für alters- und
Forderungen anderer Lehrerverbände eine Position, die ein      schulformgerechte Projekte der kulturellen Bewusstseins-
deutliches Bekenntnis zu den besonderen Pflichten des          bildung.
Beamtentums gemäß Grundgesetz beinhaltet. Der Beam-
tenstatus bedingt andererseits aber auch eine umfassende       Das Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmal-
staatliche Fürsorge des Dienstherrn für seine Bediensteten,    schutz steht unter Schirmherrschaft der Deutschen UN-
die wir einfordern und einklagen, wenn es notwendig ist.       ESCO-Kommission. Auch im kommenden Schuljahr unter-
                                                               stützt sie Schulen, die sich in „denkmal aktiv“-Projekten
Leider waren bisher so gut wie alle Versuche von Lehrkräften   mit dem UNESCO-Welterbe in Deutschland beschäftigen.
und anderen Betroffenen, gegen einzelne Corona-Verord-
nungen juristisch vorzugehen, erfolglos. Die Gerichte haben    Der Förderpartner Bund für Umwelt und Naturschutz
bisher fast alle Einschränkungen als rechtmäßig anerkannt.     Deutschland (BUND) unterstützt „denkmal aktiv“-Projek-
Trotzdem prüfen wir ständig die Möglichkeit juristischer       te an Schulen bundesweit, die sich Bau- und Gründenk-
Schritte. Die sind allerdings begrenzt, wie auch ein Blick     malen in ihrem Bezug zur umgebenden Umwelt widmen.
auf bisherige Entscheidungen zeigt. Aktuell haben wir in
Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungszentrum des
Beamtenbundes eine Klage zur Durchsetzung der unent-
geltlichen Versorgung der Lehrkräfte mit FFP2-Masken durch
den Dienstherrn in Arbeit. Die Versorgung der Lehrkräfte
mit Masken und anderen Arbeitsschutzmitteln ist nach
Auffassung unserer Juristen eindeutig eine Aufgabe des
Dienstherrn. Insofern ist eine Musterklage notwendig, die
sich stellvertretend dann auch auf andere Bereiche auswirkt.
Inzwischen sind weitere Maßnahmen zum Arbeits- und Ge-
sundheitsschutz unumgänglich. Wenn an schnelle Schulöff-
nungen und Präsenzunterricht gedacht wird, dann müssen
auch flächendeckende Schnelltests und Impfmöglichkeiten
vorgehalten werden.

Wir stimmen unsere Arbeit in unseren Gremien ab
Selbstverständlich stimmen wir ständig unsere Öffentlich-
keitsarbeit und politische Arbeit im Geschäftsführenden
Vorstand, im Hauptvorstand und unseren Ausschüssen ab
und verständigen uns über unser Vorgehen. Wir stehen           Ab dem 03. März 2021 können sich interessierte
in ständigem Kontakt mit unseren Schulpraktikern in den        Schulen mit einer Projektidee um eine Teilnahme
Schulpersonalräten, den Schulbezirkspersonalräten und          an „denkmal aktiv“ im Schuljahr 2021/22 bewerben.
dem Schulhauptpersonalrat, Fachleiterinnen und Fachlei-        Bewerbungsschluss ist der 07. Mai 2021.
tern sowie unseren Gremien, natürlich auch einzelnen Mit-
gliedern in Schulen, sodass wir uns ein recht gutes Bild von   Die Ausschreibungs- und Bewerbungsunterlagen stehen
der Lage und den Bedürfnissen der Schulen und Lehrkräfte       in diesem Zeitraum auf denkmal-aktiv.de zum Download
machen können. Wir setzen uns kritisch und konstruktiv         bereit. Informieren Sie sich schon jetzt über die Teilnahme­
mit den Erkenntnissen der Wissenschaft und den Beschlüs-       bedingungen: www.denkmal-aktiv.de/teilnahme
sen der politisch Verantwortlichen auseinander.

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Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands

Über eine eigene wissenschaftliche Expertise verfügen             die politisch Verantwortlichen Nachdruck. Zu unklaren und
wir gleichwohl nicht. Insofern sind wir – wie auch andere         fehlenden Datenschutzregelungen z.B. haben wir schon vor
Verantwortliche in Politik und Gesellschaft – abhängig von        vielen Monaten eine Eingabe gemacht. Teilweise haben wir
den Empfehlungen und Beschlüssen der Virologen und der            keine Antworten bekommen, teilweise waren die Antwor-
Wissenschaft.                                                     ten unbefriedigend, gerade was die aktuelle Situation zum
                                                                  Digitalunterricht betrifft. Immerhin ist beispielsweise unse-
Allerdings ist festzustellen, dass die Situation sich fast täg-   re Forderung nach Dienstlaptops anerkannt worden. Leider
lich ändert, das RKI mindestens im Zwei-Wochen-Rhythmus           hapert es auch hier bei der Umsetzung.
Aktualisierungen der Infektionslage vornimmt, was bei
einigen Verantwortlichen zu voreiligen Kommentaren führt,         Ich füge hinzu, dass wir die Entwicklung sehr sorgfältig
die dann wieder eingeschränkt werden müssen. Das wirkt            beobachten und immer schnell reagieren. Unsere Stimme
natürlich widersprüchlich. Ein Beispiel ist die Maskenpflicht     hat Gewicht. Auch gewichtige Interessenvertretungen wie
im Unterricht und die Diskussion um die Abstandsregeln in         Landeselternrat und Landesschülerrat sind an unseren
der Schule, ganz zu schweigen von einer dringend notwen-          Stellungnahmen interessiert. Grundsätzlich müssen wir
digen Test- und Impfstrategie angesichts der aktuellen Ent-       bei absolutem Vorrang des Gesundheitsschutzes daran
wicklung. Noch immer ist es nicht gelungen, zeitnah klare         interessiert sein, die Qualität der schulischen Abschlüsse,
Informationen bzw. Daten der Gesundheitsämter zu be-              insbesondere des Abiturs, zu erhalten. Alles andere schadet
kommen, vor allem nach den Wochenenden. Es hakt immer             unserer Schulform und unserem Berufsstand.
noch an der technischen Ausstattung und den personellen
Ressourcen, ganz zu schweigen von bürokratischen Umwe-            Wir sind dankbar für jede Unterstützung
gen und Datenschutzauflagen, die Abläufe verzögern.               Wir sind dankbar für jede Unterstützung vor Ort und für
                                                                  Rückmeldungen zu Missständen an den Schulen. Auch un-
Wir haben Einfluss und können Erfolge verzeichnen                 sere Personalräte werden das gerne aufgreifen. Letztlich ist
Auf der politischen Ebene sind wir regelmäßig im Gespräch         ein großes Engagement auf allen Ebenen zu begrüßen, z.B.
mit dem Kultusminister und Verantwortlichen im Minis-             durch Leserbriefe, Schreiben an Funktionsträger in den Par-
terium und den Regionalen Landesämtern für Schule und             teien oder Beiträge/Anregungen zu unseren Publikationen
Bildung, und da werden unsere Forderungen und Anregun-            (phvn Aktuell und Gymnasium in Niedersachsen).
gen auch gehört. Zu Einzelfragen, z.B. Schulfahrten und
Austauschfahrten oder Hygienestandards, verleihen wir             Unser Verband ist aktiv und präsent und eine
den Forderungen unserer Mitglieder durch Schreiben an             Stimme, die gehört wird.

Schulen krisenfest machen:

Bewährte Strukturen erhalten – Innovationen fördern

D
         ie Corona-Krise hat unser Leben verändert. Uns ist       Schon ist eine Entwicklung abzusehen, die schleichend zu
         bewusst geworden, dass wir in einer fragilen Gesell-     einer Aushöhlung der Schulpflicht und damit zu einer noch
         schaft leben. Nicht nur unsere Gesundheit ist be-        stärkeren Privatisierung der Bildung führt. Eltern können
droht, auch bewährte Strukturen und alte Gewissheiten wer-        situationsbedingt relativ frei entscheiden, ob sie ihre Kinder
den durch die Pandemie in Frage gestellt. Wir müssen uns          aus Angst vor dem Infektionsrisiko während der Pandemie
darauf einstellen, dass wir noch lange mit dem Corona-Virus       in den Präsenzunterricht schicken oder lieber im Heimun-
leben müssen, auch wenn bald Impfstoffe und Medikamente           terricht betreut sehen wollen. Die Notenvergabe, Verset-
zur Verfügung stehen. Die Pandemie wirkt wie ein Vergröße-        zungsregularien und Schulzuweisungen werden in Frage
rungsglas. Es zeigt uns, wo gesellschaftliche, politische und     gestellt, besondere, punktuelle Abschlussprüfungen sollen
wirtschaftliche Schwachstellen sind, und zwingt uns, bei der      weitgehend entfallen. Einzelne Bildungswissenschaftler
Bekämpfung der Pandemie Prioritäten zu setzen.                    wollen die Auflösung der traditionellen Schule, mehr Frei-
                                                                  räume, keine verbindlichen Lehrpläne, keine Stundenpläne,
Schulen stehen dabei besonders im Fokus. Bewährte Struk-          keine festen Lerngruppen, keine Leistungsorientierung,
turen und Bildungsgänge sowie bisherige Formen des                kurz, die Abschaffung des lehrer- und lehrplangeleiteten
Lehrens und Lernens stehen zunehmend zur Disposition.             Lernens („fremdbestimmt“) zugunsten des eigenverant-
Das betrifft u.a. die Rolle der Lehrenden, die Selbsttätigkeit    wortlichen Lernens („selbstbestimmt“). Wir treten selbst-
der Schülerinnen und Schüler, die Rolle der Elternhäuser,         verständlich weiterhin ohne Abstriche für ein differenzier-
die Lehrmittelausstattung, die Digitalisierung des Lernens        tes Schulwesen mit dem Gymnasium als Vermittler von
und den zentralen Ort der Bildungsvermittlung, also unsere        Studierfähigkeit ein.
Schulen als Mittelpunkte des sozialen Miteinanders.

6                                                                                                Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
© Maksym Yemelyanov – Adobe Stock

                                    Sicherlich hat die Corona-Krise viele Mängel im Schulwe-      1.	Zeitnah ist eine Bestandsaufnahme der baulichen bzw.
                                    sen deutlich gemacht. Sie hat aber nicht den Weg in ein           räumlichen, der hygienischen sowie der personellen Si-
                                    völlig anderes System gewiesen. Im Gegenteil, nach wie vor        tuation der Schulen vorzunehmen und die Gesundheits-
                                    brauchen wir ein differenziertes Schulwesen, das alle Schü-       vorsorge für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte
                                    lerinnen und Schüler gemäß ihren individuellen Stärken            pandemiesicher auszubauen.
                                    und Schwächen fördert. Wir brauchen dafür spezifisch aus-     2.	Klassen- und Kursgrößen müssen deutlich verkleinert
                                    gebildete Lehrkräfte, die fachlich und pädagogisch höchst         werden.
                                    qualifiziert Inhalte und Werte vermitteln können.             3.	Alle Schulen, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte
                                                                                                      sind kurzfristig mit der notwendigen digitalen Infra-
                                    Was wir aus der Corona-Krise lernen können ist, nicht die         struktur und digitalen Endgeräten auszustatten, die
                                    Schulpflicht einzuschränken und die Schulformen zu zer-           rechtssicher und datenschutzkonform Unterricht über
                                    schlagen, sondern eine Rückbesinnung auf das Bewährte             die digitale Plattform der Schule ermöglichen.
                                    und seine behutsame Weiterentwicklung: besser ausge-          4.	Eine kontinuierliche Unterstützung der Lehrkräfte durch
                                    stattete Schulen, Schulgebäude auf der Höhe der Zeit,             technisches Personal und in der Fortbildung für neue
                                    eine konkurrenzfähige digitale Infrastruktur, vollkommene         digitale Formate ist zu gewährleisten.
                                    Lehrmittelfreiheit (auch für Lehrkräfte) und mehr Personal    5.	Bildungs- und Leistungsstandards dürfen nicht abge-
                                    (von der Lehrerreserve bis hin zu Schulpsychologen, Sozial-       senkt werden.
                                    arbeitern, Lernbegleitern und IT-Betreuern). Vertrauen ist    6.	Dauerhafte Förderangebote sind, unterstützt durch ein
                                    vor allem gegenüber der Kreativität und pädagogischen             zusätzliches Budget für die Schulen, auszubauen.
                                    Eigenverantwortung der Lehrkräfte angebracht.                 7.	Alle ausgebildeten Referendarinnen und Referendare
                                                                                                      müssen über den kurzfristigen Bedarf hinaus eingestellt
                                    Die Erfahrungen aus der Pandemiekrise müssen für das              werden.
                                    Bildungssystem nutzbar gemacht werden, um die Voraus-         8.	Die Kürzung des Referendariats von 24 auf 18 Monate
                                    setzung für gelingenden Unterricht unter verschiedenen            ist zurückzunehmen, damit Referendare sowohl dem
                                    Bedingungen zu schaffen. Der Hauptvorstand fordert                erhöhten Anforderungsprofil im Lehrerberuf genügen
                                    deutlich umfassendere Innovationen in grundlegenden               wie auch für bedarfsorientierten Förderunterricht für
                                    pädagogischen, technischen, gesundheitsrelevanten und             Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen.
                                    schulorganisatorischen Rahmenbedingungen:

                                    Gymnasium in Niedersachsen 1/2021                                                                                       7
Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands

Lehrkräfte am Limit
Corona hat das Märchen von der 40-Stunden-Woche endgültig
ad absurdum geführt

A
         ngesichts der klaren Daten zur Lehrerarbeitszeit,         Gewährleistung des Bildungsanspruches dürfen sich nicht
         die zuletzt auch in der vom Deutschen Philologen-         ausschließen. Der Dienstherr kommt seiner Verantwortung
         verband in Auftrag gegebenen Studie „Lehrerarbeit         nicht nach.
im Wandel“ bestätigt wurden, kritisiert der Hauptvorstand
des Philologenverbandes Niedersachsen die fehlende                      Arbeitszeitschutz ist ein Teilgebiet des Arbeitsschutzes.
Anerkennung und Wahrnehmung der akuten Belastung                        Dies gilt unabhängig vom jeweiligen Szenario, d.h. auch
der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen durch den                   in Szenario B. Gleichwohl werden viele Lehrkräfte, insbe-
Dienstherrn. Zwei Drittel der mehr als 176.000 Gymnasi-                 sondere auch Teilzeitkräfte, deutlich über die regelmäßige
allehrkräfte in Deutschland erleben in ihrem Schulalltag                Arbeitszeit eingesetzt. Der tatsächlich erhöhte Arbeitsum-
eine hohe oder sehr hohe berufliche Belastung. Die durch-               fang wird zwar vom Kultusminister auch öffentlich ange-
schnittliche Wochenarbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte                  sprochen, jedoch werden zu wenig Maßnahmen ergriffen,
ist laut Göttinger Arbeitszeitstudie mit fast 50 Stunden                um die Belastung zu regulieren. Bei der Betreuung von ge-
die höchste Arbeitszeit an allen Schulformen. Je höher die              teilten Klassen in Präsenz und Homeschooling kommt auf
Arbeitszeit, desto höher die Belastung. 83 Prozent dieser               die Arbeitszeit bezogen zu jeder Klasse eine „Parallelklasse“
Lehrkräfte sprechen von einer sehr hohen Belastung.                     dazu. Bei z.B. 24 Unterrichtsstunden in Präsenz müssen
                                                                                     praktisch in der jeweils anderen Halbgruppe wei-
Mit Beginn der Corona-Pandemie sind                                                       tere 24 Unterrichtsstunden im Homeschoo-
für Lehrkräfte weitere Belastungsfak-                                                        ling geleistet werden. Denn eine Präsenz-
toren hinzugekommen:                                                                             und eine Homeschooling-Halbgruppe
•     in deutlich erhöhtes Arbeitspens-
     e                                                                                            können dabei nur in seltenen Fällen
     um, z.B. durch zusätzliche                                                                     identisch vorbereitet werden. Klas-
     Aufgaben, Doppelbelastung                                                                       senarbeiten und Klausuren müssen
     durch Präsenzunterricht und                                                                      in Szenario B pro Gruppe teilweise
     Homeschooling, zusätzlicher                                                                      in doppelter Ausfertigung konzi-
     Vertretungsunterricht, erhöhter                                                                  piert werden, weil immer nur eine
     Bedarf an Feedback-Gesprächen                                                                   Halbgruppe anwesend ist. Die An-
     mit Schülerinnen und Schülern                                                                  zahl der zusätzlich zu schreibenden
     sowie Eltern,                                                                                 und zu beantwortenden E-Mails an
•    weniger Planbarkeit durch stän-              © Strassner Fotografie – Adobe Stock          und von Schülerinnen und Schülern
      dig wechselnde Hygieneregeln und                                                        sowie Eltern steigt sprunghaft an.
      Rechtsbestimmungen sowie das Erfor-
      dernis der unvermittelten Umsetzung vor Ort,                          Der Hauptvorstand des Philologenverban-
•     zusätzliches Arbeitspensum in Corona-Krisenstäben in        des ­Niedersachsen fordert:
       Schulen, Entwicklung von Schutz- und Hygienekonzep-         1.	Infektionsschutzmaßnahmen in den Schulen umge-
       ten, Gewährleistung und Kontrolle der Einhaltung von             hend umsetzen – keine Umwege und weitere Zeitver­
       aufgestellten Schutzvorgaben,                                    zögerungen durch Zuständigkeitsgerangel.
•      eine zu geringe Unterstützung bei der Organisation und     2.	Sofortige Ausstattung aller Lehrkräfte mit den benötig-
        Gestaltung von Hybrid- oder Fernunterricht durch digi-          ten MNB.
        tale Hard- und Software, Konzepte und Fortbildungen,       3.	Bildung kleinerer Klassen.
•       eine wachsende Entgrenzung von Arbeitszeit und Frei-      4.	Einstellung zusätzlicher Verwaltungskräfte an Schulen
         zeit, fehlende Pausenzeiten,                                   (die ersten Bemühungen durch das Kultusministerium
•        die Angst vor Infektionen mangels ausreichenden Ar-           werden begrüßt).
          beitsschutzes und weiterhin angeordneter Abordnun-       5.	Einstellung zusätzlicher Systemadministratorinnen und
          gen an mehrere Dienststellen.                                 -administratoren an Schulen.
                                                                   6.	Einhaltung der Obergrenzen der regelmäßigen bzw.
Die Lehrkräfte, die sich immer häufiger in der Öffentlichkeit           individuellen Arbeitszeit.
mit Diffamierungen gegen ihren Berufsstand konfrontiert            7.	Gewährung der angekündigten Anrechnungsstunden.
sehen müssen, halten den Schulbetrieb, soweit es möglich           8.	Einhaltung von gesetzlichen Pausen- und Ruhezeiten.
ist, aufrecht und erfüllen damit gewissenhaft den Bil-             9.	Effektive Kontrolle der Einhaltung der zulässigen
dungsauftrag des Staates. Es ist jedoch nicht zu vermitteln,            Höchstarbeitszeit (diese darf nicht mangels Dokumen-
warum diese Lehrkräfte ihre Rechte auf Schutz zugunsten                 tation der Arbeitszeit unterlaufen werden).
des Bildungsanspruchs grenzenlos zurückstellen sollen und          10.	Rückhalt für Lehrkräfte durch den Dienstherrn gegen
erneut Sonderopfer bringen müssen. Arbeitsschutz und                    Angriffe und Diffamierungen in der Öffentlichkeit.

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Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
G9-Abitur in Zeiten der Pandemie richtig gestalten
                            Gleiche Startbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler schaffen

                            D
                                     ie Abiturprüfungen werden 2021 in Niedersachsen       vorpreschen und beispielsweise Hochschulberechtigungen
                                     wieder nach einer neunjährigen Gymnasialzeit          ohne schriftliche Abiturprüfungen vergeben wollen (wie
                                     abgelegt. Schon jetzt ist klar: Die vom Philologen-   es im letzten Jahr von Frau Ministerin Prien aus Schles-
                            verband immer wieder geforderte Rückkehr zu G9 hat sich        wig-Holstein vorgeschlagen wurde). Zur Vergleichbarkeit
                            bewährt. Die inhaltliche Entlastung der Schülerinnen und       gehört immer Verbindlichkeit. Sollte es aufgrund der Pan-
                            Schüler in den einzelnen Jahrgängen der Mittelstufe zahlt      demie zu erhöhten Fallzahlen und damit zu Unterrichts-
                            sich aus, weil Bildungsinhalte wieder nach lernpsycholo-       ausfällen kommen, müssen die Abiturprüfungen dennoch
                            gischen Aspekten unterrichtet werden und mehr Zeit zum         sichergestellt werden.
                            Üben und Wiederholen bleibt. Dies ist gerade in Zeiten der
                            Pandemie notwendig, wenn das System Schule herunter-           Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler
                            und wieder heraufgefahren werden muss. Das zusätzlich          durch einheitliche Rahmenbedingungen garantieren
                            gewonnene Jahr kommt den Schülerinnen und Schülern             Die Absprachen der KMK müssen verbindlich sein und in
                            des Sekundarbereichs II im besonderen Maße bei der wis-        allen Bundesländern gleichermaßen umgesetzt werden. Bei
                            senschaftspropädeutischen Arbeitsweise, dem Merkmal            den Durchschnittsnoten im Abitur ist Niedersachen jeden-
                            gymnasialen Unterrichts, zugute.                               falls das Schlusslicht und das liegt keinesfalls daran, dass
                                                                                           unsere Schülerinnen und Schüler schlechter sind als die
                            Vergleichbarkeit und Verbindlichkeit für das Abitur            Prüflinge aus dem benachbarten Bundesländern Hamburg,
                            2021 sicherstellen                                             Bremen oder NRW. Sie werden aber beim Zutritt zu den
                            Dieser erste G9-Jahrgang ist jedoch durch die Corona-Pan-      Universitäten schlechter gestellt. Es ist ein zentrales Gebot
                            demie besonders betroffen, und daran wird sich auch bis        der Chancengerechtigkeit, dies abzustellen.
                            zu den Abiturprüfungen nichts ändern. Da die niedersäch-
                            sischen Schülerinnen und Schüler zum Wintersemester            Die Qualität des Abiturs kann nur durch bundesweite
                            2021/2022 deutschlandweit um Studienplätze konkurrieren,       Standards, die eine echte Vergleichbarkeit zwischen den
                            sieht der Philologenverband Handlungsbedarf für eine           Ländern möglich machen, gesichert werden. Nach den län-
                            Weichenstellung, die Zukunftsperspektiven eröffnet.            derübergreifenden Aufgaben in den Fächern Mathematik,
                                                                                           Deutsch und Englisch werden bundesweit definierte Bil-
                            Das niedersächsische Abitur ist anspruchsvoll und soll auch    dungsstandards im Abitur 2025 auch für die Fächer Biologie
                            in Zukunft so bleiben. Die Vergleichbarkeit mit anderen        Chemie und Physik verbindlich. Bis spätestens 2022 müssen
                            Bundesländern muss heute wie morgen gegeben sein. Es           die Bildungsstandards in Curricula umgesetzt werden, damit
                            kann nicht sein, dass Kultusministerien ohne Absprachen        ab der Einführungsphase in Jahrgang 11 danach gearbeitet

                                                                                                                                                     © XXXXX – Adobe Stock
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                            Gymnasium in Niedersachsen 1/2021                                                                                                        9
Wir schaffen das: Damit Unterricht in der Pandemiezeit möglich bleibt 1/2021 - Philologenverband Niedersachsen
Resolutionen der Klausurtagung des Hauptvorstands

werden kann. Diese werden Grundlage für zukünftige Abi-          gungs- und Einbringverpflichtung in der Qualifikationsphase
turprüfungen sein.                                               und die gleiche Gewichtung von Prüfungsleistungen in den
                                                                 schriftlichen Abiturprüfungen gewährleistet sein.
Es ist für uns eine absolute Selbstverständlichkeit, dass die
vom Kultusministerium entwickelten Curricula nicht noch          Daher fordert der Hauptvorstand des niedersächsi-
einmal von den Fachgruppen der Schulen in schuleigene            schen Philologenverbandes für Abiturprüfungen ab
Lehrpläne umgesetzt werden müssen. Die curriculare Umset-        dem Schuljahr 2020/2021:
zung der KMK-Bildungsstandards ist und bleibt die originäre      1.	Gleiche Bedingungen in allen Bundesländern (Bearbei-
Aufgabe der Kultusministerien. Wir werden es nicht akzeptie-         tungszeiten, Auswahlmöglichkeiten, Belegungs- und
ren, dass das Erstellen von Curricula erneut an den Schulen          Einbringverpflichtung in der QP, Klausurenanzahl und
geschehen soll. Die Lehrkräfte vor Ort haben neben der Ertei-        -länge in der QP);
lung von Unterricht genügend andere Aufgaben zu leisten          2.	Gleiche Gewichtung von Prüfungsleistungen in den
als auch noch die des Kultusministeriums zu erledigen.               schriftlichen Abiturprüfungen;
                                                                 3.	Vorrang fachwissenschaftlicher Fähigkeiten, Kenntnisse
Der Philologenverband wird die fachdidaktischen Diskussi-            und Fertigkeiten;
onen mitgestalten, denn Abituraufgaben, die lediglich eine       4.	Begrenzung des Aufgabenmaterials bei angemessener
Lesekompetenz abprüfen, lehnen wir ab. Sogenannte „pro-              Auswahlzeit;
zessbezogene Kompetenzen“ dürfen die Fachwissenschaft            5.	Keine Überfrachtung von Aufgaben, keine absurd
betreffende Kenntnisse und Fertigkeiten nicht ersetzen.              ­kon­struierten Aufgabenstellungen;
Diese schleichende Aushöhlung ist in zahlreichen Fächern         6.	Umsetzung der für die Fächer definierten Bildungs­
zu beobachten.                                                        standards in Curricula durch das MK

Bundesweit verbindliche Standards für die Qualifika-             Um diese Forderungen zu erfüllen, muss die Sicherstellung
tionsphase und die Abiturprüfungen festsetzen                    der Unterrichtsversorgung in allen Klassenstufen von 5 bis
Schriftliche Abiturprüfungen mit bis zu zehn Seiten Mate-        13 gewährleistet sein. Kursgrößen in der Einführungs- und
rial pro Aufgabenvorschlag, wie 2019 im Zentralabitur im         Qualifikationsphase sind auf 18 Schülerinnen und Schüler zu
Fach Deutsch geschehen, sind völlig absurd, da die Prüflinge     begrenzen, um eine individuelle Förderung und Differenzie-
in der vorgegebenen Auswahlzeit eine begründete Ent-             rungsmaßnahmen zu ermöglichen. Dies ist schon aufgrund
scheidung für oder gegen einen Vorschlag gar nicht fällen        der stark gewachsenen Heterogenität der Lerngruppen gebo-
können. Es darf auch nicht sein, dass die Schülerinnen und       ten, um vergleichbare Möglichkeiten anderer Bundesländer
Schüler ihre im Unterricht erworbenen Fähigkeiten nicht          unseren Schülerinnen und Schülern nicht vorzuenthalten.
nachweisen können, weil die Aufgabenstellung derart ver-
klausuliert ist, dass es sich mehr um eine Entschlüsselung       Für die Abiturkorrekturen ab 2021 muss der Erlass über die
von Aufgaben als um die Überprüfung von Kenntnissen und          Korrekturtage zum schriftlichen Abitur in Kraft bleiben.
Fähigkeiten handelt.                                             Dazu muss jeder Schule mit Abiturprüfungen eine Vertre-
                                                                 tungsreserve zur Verfügung gestellt werden. Diese Stunden
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung muss die An­           dürfen nicht aus dem Bestand der Schulen erwirtschaftet
gleichung der Bearbeitungszeiten und der Auswahlmöglich-         werden, sondern müssen vom Kultusministerium in Form
keiten in den Bundesländern genauso wie die gleichen Bele-       zusätzlicher Lehrerstunden zur Verfügung gestellt werden.

Umsetzung der Digitalisierung an den
­niedersächsischen Schulen – Update 2020

I
    n den Zeiten der Corona-Pandemie sind die vom Philo-         Die fachliche und pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte
    logenverband schon über lange Jahre angesprochenen           lässt sich nicht durch Selbstlernprogramme und Erklär-
    Mängel bei der Umsetzung der Digitalisierung an nie-         videos ersetzen. Weiter hat sich gezeigt, dass nicht alle
dersächsischen Schulen, damit auch an den Gymnasien, wie         Schülerinnen und Schüler gleichermaßen von der Individu-
unter einem Brennglas sichtbar geworden.                         alisierung des Lernens profitieren. Kinder und Jugendliche
                                                                 aus bildungsfernen Familien werden durch diese Form des
Die zunehmende Nutzung der digitalen Möglichkeiten hat           Lernens erkennbar benachteiligt.
deren Grenzen aufgezeigt. Besonders deutlich ist dabei
geworden, dass die unmittelbare Interaktion zwischen             Die fehlenden konzeptionellen Vorgaben durch das Kultus-
Lehrkräften und Lernenden sowie zwischen Schülerinnen            ministerium und die mangelnde technische Ausstattung
und Schülern beim Präsenzunterricht eine so gewichtige           stellen Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler vor
Rolle für alle Lernvorgänge spielt, dass sie unverzichtbar für   allem beim hybriden Unterricht und beim „Lernen von zu
jeglichen Lernerfolg ist.                                        Hause“ (Szenario C) vor kaum lösbare Aufgaben. Selbst

10                                                                                             Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
© Robert Kneschke – Adobe Stock

                                  zeitgemäßer digital unterstützter Präsenzunterricht ist bei    3.	die zügige Anschaffung von dienstlichen Endgeräten,
                                  weitem nicht überall möglich. In großer Hektik wurde und       4.	die Übernahme der Kosten für digitale Unterrichts­
                                  wird nun vom Land und von den Schulträgern versucht,                materialien und Software für die dienstliche Nutzung,
                                  die ­Versäumnisse von Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten,           auch z.B. für Videokonferenzen, (bevorzugt Open-Source-
                                  auszubügeln. Unkoordinierte Maßnahmen sollen plötzlich              Lösungen),
                                  Abhilfe schaffen. Geld scheint in diesen Zeiten für Bund und   5.	die umfassende Mitbestimmung des Personalrats und
                                  Länder keine Rolle mehr zu spielen. Allein die Umsetzung            des Schul-Datenschutzbeauftragten bei Einführung
                                  lässt sich eben nicht beliebig beschleunigen. Grundlegende          neuer Medien, die zu einer Veränderung der Arbeitsbe-
                                  Konzepte sucht man vergebens. So stehen die Schulen wei-            dingungen führen,
                                  terhin an ganz unterschiedlichen Entwicklungspunkten, die      6.	insbesondere den Ausschluss von Überwachungsmög-
                                  auch stark vom jeweiligen Schulträger beeinflusst werden.           lichkeiten,
                                                                                                 7.	eine klare und realistische Umsetzung der Bestimmun-
                                  Von Herstellung einer Chancengleichheit ist überall die             gen der DSGVO auf den schulischen Bereich (in diesem
                                  Rede. Wie soll sie aber gelingen, wenn schon die Voraus-            Zusammenhang fordern wir: eine Aufgabenbeschrei-
                                  setzungen dafür an den einzelnen Schulen so stark diver-            bung und Anrechnungsstunden für Schul-Datenschutz-
                                  gieren? Der „öffentliche Blick“ richtet sich meist nur auf          beauftragte),
                                  die Situation der Schülerinnen und Schüler, aber auch die      8.	bedarfsgerechte Aus- und Fortbildungen mit den ent-
                                  Lehrkräfte finden vielfach völlig unzureichende Arbeitsbe-          sprechenden zeitlichen Ressourcen,
                                  dingungen vor. Wenn vor allem die technischen und perso-       9.	die beschleunigte Umsetzung der Niedersächsischen
                                  nellen Bedingungen so eingeschränkt sind, hilft auch die            Bildungscloud in Verbindung mit der rechtlichen Klä-
                                  beste Kompetenz des Einzelnen nicht weiter.                         rung der Urheberrechtsbedingungen mit Zugang für
                                                                                                      alle Schulen,
                                  Die Situation wäre in den Pandemiezeiten in den Schulen        10.	die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze, z.B. das Recht
                                  noch wesentlich schlimmer, wenn nicht ein Großteil der              auf Nicht-Erreichbarkeit.
                                  Lehrkräfte mit eigenen Endgeräten und individueller Fort-
                                  bildung auf rechtlich unsicherem Terrain für ihre Schülerin-   Die Corona-Krise zeigt, wie schnell Politik unter Bedrängnis
                                  nen und Schüler das Optimum versucht hätte.                    handeln kann und welche finanziellen Ressourcen zur Ver-
                                                                                                 fügung gestellt werden können.
                                  Der Hauptvorstand des Philologenverbandes
                                  ­erneuert daher seine Forderungen:                             Der Hauptvorstand des Philologenverbandes fordert von
                                  1. ein leistungsfähiges Internet/WLAN für alle Schulen,        Bund und Ländern eine weitsichtige und tragfähige Bereit-
                                  2.	eine IT-Administration ausgestattet mit zusätzlichen       stellung von Konzepten und finanziellen Mitteln zur Um-
                                      Ressourcen und durch ausgebildete Personen, (mit           setzung der Digitalisierung in den Schulen.
                                      regel­mäßiger, bei größeren Systemen ständiger An­
                                      wesenheit an der Schule),

                                  Gymnasium in Niedersachsen 1/2021                                                                                         11
Schwerpunktthema: Schule und Lehrkräfte in Pandemiezeiten

„Stell dir vor, dein Referendariat beginnt und kein
Schüler geht hin“
Von Dr. Christoph Rabbow

W
           enn jemand vor genau einem Jahr die im Titel               •   k eine gemeinsamen Unterrichtsbesuche oder Bera-
           dieses Aufsatzes genannte Vision geäußert hät-                  tungsbesuche mit mehreren Auszubildenden und Aus-
           te, man hätte sicher eine Replik des Altbundes-                 bildern und
kanzlers Helmut Schmidt erwidert: „Wer Visionen hat, sollte           •    Unterrichtshospitationen, so sie überhaupt möglich
zum Arzt gehen.“                                                            waren, mit Mund-Nasen-Schutz unter Einhaltung des
                                                                            Abstandgebotes mit Stoßlüften nach 20 Minuten Un-
Den neuen Lehrkräften, die zum 27.1.2021 ihren Vorberei-                    terricht.
tungsdienst an den niedersächsischen Studienseminaren
antraten, ist genau dies widerfahren, da sich die Schülerin-          Nein, normal ist das alles wirklich nicht. Und ich sehne
nen und Schüler – bis auf den Abiturjahrgang 2021 – zum               die guten alten Zeiten mit Präsenzunterricht vor und in
Zeitpunkt der Einstellung im Distanzunterricht befanden.              einer Klasse zurück. Denn dieser hat nicht umsonst seine
Eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit Schülern als „ler-              Berechtigung in Schule und Ausbildung. Aber richtig ist
nende Wesen“ war für die angehenden Lehrerinnen und                   auch: Jahr Eins der Corona-Pandemie hat den Unterricht
Lehrer nicht möglich.                                                 in Schulen und die Ausbildung an den Studienseminaren
                                                                      verändert. Vielleicht noch nicht so weit, wie man sich das
Gut, wir leben in ungewöhnlichen Zeiten, aber dies ist auch           in diesen ungewöhnlichen Zeiten wünschen würde, aber
für alle an der Ausbildung beteiligten Personen ein völlig            doch viel weiter als zahlreiche Bedenkenträger meinen. Die
neuer Zustand, und es wird diese Generation von Lehrerin­             Ausbildung im Seminar war gezwungen sich neu zu orien-
nen und Lehrern prägen wie keine zuvor. Bisher konnte man             tieren, ebenso wie der Unterricht an den Schulen. Und was
zumindest die Einführungswochen der Seminare und die                  zunächst holprig begann, war schließlich einem ständigen
Einführung in den Schulen immer als Präsenzveranstal-                 Optimierungsprozess unterworfen, bei dem Lehrkräfte von
tungen durchführen und spätestens eine Woche nach der                 ihren Schülerinnen und Schülern und die Ausbilder von
Vereidigung wurde der erste Kontakt mit den Schülerinnen              ihren Referendaren lernen konnten.
und Schülern aufgenommen. Dafür hatte man so lange stu-
diert und sich auf den Erstkontakt natürlich gefreut. Endlich         Wo hat es das vorher schon mal gegeben, Unterricht
wieder in einer Klasse stehen, diesmal allerdings auf der             und Ausbildung auf Augenhöhe – und zwar wirklich!
anderen Seite. Es nun endlich besser machen können als die            Ja, ich habe in dieser Zeit viel von meinen Schülerinnen und
Lehrer, die man selbst hatte oder jetzt dem eigenen Vorbild           Schülern und meinen Lehrkräften im Vorbereitungsdienst
nacheifern können – nichts davon! Die „Unterrichtsnorma-              profitieren können und sie umgekehrt auch von mir. Leh-
lität“ ist auch hier der von politisch Verantwortlichen so oft        ren und lernen wurde vielerorts zum selbstbestimmten
zitierten neuen Normalität gewichen.                                  und selbstorganisierten Lernen und dass alle da anfangs
                                                                      Schwierigkeiten hatten, zeigt die folgende E-Mail eines
Diese neue Normalität sah im letzten Ausbildungs-                     äußerst computeraffinen Koordinators an einer Stader Aus-
jahr so aus:                                                          bildungsschule an sein Kollegium eindrücklich:
•      o früher Fachsitzungen an den Schulen oder im Semi-
      W
      nar üblich waren, finden nun Videokonferenzen statt,            „So problematisch unsere Videokonferenzen gerade sein
•     anstatt Unterrichtskonzepte in der Praxis zu begleiten         mögen, um so froher bin ich, dass unser System durchgängig
       und nach dem Unterricht diesen mit den Ausbildern zu           zuverlässig und flott funktioniert.
       reflektieren, werden nun Trockenübungen absolviert.
       Was wäre, wenn?                                                Und so sehr der oder die eine zu Hause vorm Bildschirm auch
•      statt realem Prüfungsunterricht werden nun theoreti-          fluchen mag, wenn wieder einmal eine Einstellung „weg“
        sche Kolloquien abgehalten,                                   ist, die ganz sicher beim letzten Mal noch „da“ war. Oder die
•       statt gemeinsam Präsenzunterricht in Fachsitzungen           Schüler irgendetwas sehen konnten, was sie nicht hätten
         zu planen und zu realisieren, wurden Konzepte für Dis-       sehen sollen oder eben nicht sahen, obwohl sie es jetzt doch
         tanz- und Wechselunterricht von den Auszubildenden           sehen sollten. Oder man in zwei Stunden einen (!) kleinen
         eingefordert,                                                Test entworfen hat. Oder ...
•        statt Exkursionen zu fachdidaktischen und pädago-
          gischen Veranstaltungen durchzuführen, steht die            Ich finde es großartig, was alle gerade leisten und (zwangs-
          Entwicklung von Versuchen mit Haushaltsmitteln am           weise) technisch dazulernen. Das Gute ist doch: Wir werden
          Küchentisch im Vordergrund,                                 davon nach Corona noch profitieren, wenn neue Technik Ein-
•         statt feierlicher Verabschiedung der ausgebildeten Lehr-   zug in unser Gymnasium erhält. Wir hätten viele der Schritte,
           kräfte ein letztes Treffen in einer gemeinsamen Video-     die wir jetzt machen müssen, sowieso lernen müssen.“
           konferenz mit digitalem Winken,

12                                                                                                   Gymnasium in Niedersachsen 1/2021
Der digitale Anfang ist gemacht
Aller Anfang ist schwer! – sagt ein Sprichwort und so ist es
auch. Aber der digitale Anfang ist gemacht. Was die Kultus-
minister seit Jahrzehnten ausgesessen haben, wurde durch
Corona beschleunigt. Man hörte im letzten Jahr immer wie-
der, dass Corona wie ein Brennglas die Probleme offen zu
Tage brachte. Das ist richtig und das sind derer viele. Aber
Corona ist, was die Umsetzung der Digitalisierung in Schule
und Beruf angeht, auch ein Katalysator. So bitter es klingen
mag, aber ohne die Corona-Pandemie stünden wir immer
noch am digitalen Anfang. Dass es vor Ort so schleppend
voran geht, haben weder die Schulen noch die Seminare zu
verantworten. Es liegt an den fehlenden Weichenstellungen
aus der Politik, und da kann man keine politische Ebene
ausnehmen. Auf ankündigte Dienstrechner wartet man ver-
geblich. Auch die KMK hat das Thema völlig verschlafen und
erst im Jahr 2021 schreibt sich Frau Ernst die Digitalisierung
von Schulen auf die Fahne ihrer KMK-Präsidentschaft.

Die Lern- und Ausbildungskultur hat sich im Jahr Eins der
Pandemie verändert und das ist positiv! Denn wir haben uns
alle gemeinsam auf den Weg gemacht und einige besonders
versierte Kollegen sind vorangegangen, aber sie haben aufge-
passt, dass alle, die wollten, auch mitgenommen worden sind.

Wir stehen heute mit Blick auf die Medienkompetenz fach-
didaktisch und -methodisch besser da als noch vor einem
Jahr, auch wenn Präsenzunterricht und Präsenzfachsitzungen
                                                                   © Irina Schmidt – Adobe Stock

nicht stattfinden konnten. Natürlich blieben dabei andere
zu vermittelnde Kompetenzen, Fertigkeiten und Fähig-
keiten, die für das professionelle pädagogische Tun und
ein lang erfülltes Lehrerleben unabdingbar sind, auf der
Strecke. Diese coronabedingten Schäden wären nur mit
einer Verlängerung des Referendariats vermeidbar gewe-
sen. Allerdings wurde unsere Forderung vom Dienstherrn
abgelehnt. Seien Sie gewiss, dass wir im Sinne der Quali-
tätsanforderung an die Lehrerausbildung diesen Anspruch
weiterhin auf unserer Agenda haben werden.                       richt genutzt werden sollen. Zukünftige Lehrkräfte müssen
                                                                 didaktisch und pädagogisch vor einer Lerngruppe genauso
Unterricht neu gedacht                                           bestehen können wie die von ihnen erstellten Konzepte für
Seit einem Jahr denken die Ausbilderteams an den Semina-         den Distanz- und Wechselunterricht. Der Hybridunterricht
ren Unterricht neu, dabei galt es, bewährte Unterrichtskon-      gehört heute zu einer modernen Lehrerausbildung.
zepte des Präsenzunterrichts auf digitale Füße zu stellen.
Und wo so mancher Auszubildender zunächst dachte, dass           Ein wesentlicher Vorteil digitaler Lernumgebungen auf
nur expositorische Lehrverfahren über Plattformen möglich        „funktionierenden“ Lernplattformen sind die unbegrenzten
erschienen, zeigten sich doch schnell viele Möglichkeiten und    Möglichkeiten der Differenzierung und der Individualisie-
die damit verbundenen Chancen digitaler Lernumgebungen           rung. Nicht zuletzt kann der Kontakt zu den Schülerinnen
auf. Lernplattformen sind heute ein ständiger Begleiter in       und Schülern schnell und einfach hergestellt werden, ohne
Unterricht und Ausbildung, das wird auch in Zukunft so sein      dass Messenger-Dienste à la WhatsApp genutzt werden
und hier muss die Lehrerausbildung weiterhin aufgeschlos-        müssen. Differenzierung und Individualisierung von Schüler­
sen sein und sich noch professioneller aufstellen.               innen und Schülern können erheblich zum Interesse und
                                                                 zur Motivation beitragen.
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Präsenzun-
terricht ist das Beste, was der Schule passieren kann, aber      Oder um es noch einmal mit Helmut Schmidt zu sagen:
wenn dies nicht geht, müssen eben andere Formen des              „Ich war als Schüler relativ faul. Was mich nicht interessiert
Unterrichts gefunden werden. Eines ist nach Hattie sicher:       hat, habe ich nur flüchtig gemacht. (...) Meine Frau und ich
Auf den Lehrer oder die Lehrerin kommt es an! Das gilt für       waren ja in derselben Klasse; wir hatten eine ähnliche Hand-
den Präsenzunterricht genauso wie für den didaktisch-me-         schrift und es ist vorgekommen, dass Loki meine Hausaufga-
thodischen Umgang mit Lernplattformen, wenn diese nicht          ben in mein Heft geschrieben hat, zum Beispiel in Mathema-
nur für Beschäftigungszwecke, sondern für echten Unter-          tik, da war sie besser.“

Gymnasium in Niedersachsen 1/2021                                                                                             13
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