EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2019/20 BERN La Chaux-de-Fonds - Migros-Kulturprozent-Classics

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2019/20 BERN La Chaux-de-Fonds - Migros-Kulturprozent-Classics
W IR B R I N G E N
E UCH K  L A  S S I K

                  2019/ 2  0   B E R N
P   R O G R A M M     · Zürich
                h a u x - d e - Fo n   ds · Luzern
 Ge n f · L a C
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2019/20 BERN La Chaux-de-Fonds - Migros-Kulturprozent-Classics
E N T- C L A S S I C S
                                                                                                          L T U R P R O Z
                                                                                              MIGROS-K/2U0 im Casino Bern
                                                                                                            9
                                                                                              Pr ogr amm 201

                                                                                              Samstag, 5. Oktober 2019 – Abo I        Mittwoch, 22. Januar 2020 – Abo II
                                                                                              WIENER SYMPHONIKER                      KAMMERORCHESTER BASEL
                                                                                              Philippe Jordan (Leitung)               Sylvain Cambreling (Leitung)
                                                                                              Julia Fischer (Violine)                 Sol Gabetta (Violoncello)
                                                                                              → Seite 9                               → Seite 29

                                                                                              Dienstag, 5. November 2019 – Abo II     Montag, 6. April 2020 – Abo II
                                                                                              ORCHESTRA DELL’ACCADEMIA                MARIINSKY ORCHESTRA
                                                                                              NAZIONALE DI SANTA CECILIA              Valery Gergiev (Leitung)
                                                                                              Sir Antonio Pappano (Leitung)           Denis Matsuev (Klavier)
                                                                                              Francesco Piemontesi* (Klavier)         → Seite 35
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                                                                                              Donnerstag, 12. Dezember 2019 – Abo I   MAHLER CHAMBER ORCHESTRA
Inhaltsverzeichnis                                                                            FREIBURGER BAROCKORCHESTER              Lahav Shani (Leitung und Klavier)
                                                                                              Zürcher Sing-Akademie                   → Seite 41
Migros-Kulturprozent-Classics . . . . . . . . . . . . .                                   3   Trevor Pinnock (Leitung)
Vorwort       .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                      4–5   Katherine Watson (Sopran)               Sonntag, 10. Mai 2020 – Abo I
Zum Programm  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                         6–7   Claudia Huckle (Alt)                    RUSSISCHES NATIONALORCHESTER
Konzert 1: Wiener Symphoniker  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                   8–13   Stuart Jackson (Tenor)                  Mikhail Pletnev (Leitung)
Konzert 2: Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia  .  .  .  .  .  .      14–19   Božidar Smiljanić (Bass)                Lucas Debargue (Klavier)
Konzert 3: Freiburger Barockorchester  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .             20–27   → Seite 21                              → Seite 47
Konzert 4: Kammerorchester Basel . . . . . . . . . . . .                              28–33
Konzert 5: Mariinsky Orchestra  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                 34–39
Konzert 6: Mahler Chamber Orchestra  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    40–45
Konzert 7: Russisches Nationalorchester  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .              46–51
Abos und Karten      . . . . . . . . . . . . . . . .                                  52–53
Saalplan Casino Bern  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   54–55
Tourneen und Einzelkonzerte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                 56–57
Ein nachhaltiges Engagement      . . . . . . . . . . . . .                               58   *Schweizer Solist

                                                                                                                                                                                3
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V O R W O R T
Sehr geehrte Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber

«Die lebendige Idee ist es, was die Migros ausmacht», sagte Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler      Gottlieb Duttweiler revolutionierte nicht nur den Lebensmittelhandel, er setzte sich zudem
im Mai 1940 – und setzte damit das Fundament, auf dem die Migros noch heute steht. Eine             dafür ein, dass wachsendem Wohlstand stets noch grössere soziale und kulturelle Leistungen
Ideenwelt aufbauen, eine Vision haben, mit Leidenschaft und Pioniergeist etwas verwirklichen:       folgen. Deshalb gibt es das Migros-Kulturprozent, das auf der «lebendigen Idee» basiert,
Das alles ist Migros-typisch.                                                                       mit unterschiedlichsten Projekten etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun.
                                                                                                    Unsere Migros-Kulturprozent-Classics sind ein Teil davon – und darauf sind wir stolz.
Eine Vision hatte Dutti auch, als er im Jahr 1948 eigens die Klubhaus-Konzerte ins Leben rief:
der breiten Bevölkerung Zugang zur klassischen Musik verschaffen, auf höchstem künstlerischem       Herzlich
Niveau und dennoch erschwinglich für alle. Migros-typisch eben.

Mit den Migros-Kulturprozent-Classics haben wir die von Duttweiler geschaffene Tradition in die
Zukunft übertragen. Jede Saison lancieren wir neue Formate mit dem Ziel, jungen Musizierenden
beim Start ihrer Karriere zu helfen und Ihnen, wertes Publikum, neue Entdeckungen zu bieten.
«Ouvertüre» heisst die neu geschaffene Talentfördermassnahme. Vor allen Konzerten – in Bern,
Genf, Luzern und Zürich – erhalten ausgewählte Nachwuchstalente die Chance, auf der grossen                                 Hedy Graber
Bühne aufzutreten. So eröffnen sich neue Horizonte: den Nachwuchskünstlerinnen und                                          Leiterin Direktion Kultur und Soziales
-künstlern genauso wie dem Konzertpublikum.                                                                                 Migros-Genossenschafts-Bund

Sie sind einzigartig und musizieren auf höchstem Niveau: die Solistinnen und Solisten, Dirigenten
sowie Orchester, die in der Saison 2019/2020 der Migros-Kulturprozent-Classics auftreten.
Sie zählen zu den Besten der Welt. Und sie zeigen einmal mehr: Klassische Konzerte sind nicht
nur ein kulturelles Erbe, das lebendig wird, sondern sie bieten musikalische Erlebnisse, die
lange nachklingen.

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G R A M M
Z U M P RO
Verehrtes Publikum

Auch in der kommenden Spielzeit möchten wir Ihnen wieder klassische Konzerte zu moderaten     Besonderen Wert legen wir auch diesmal wieder auf die Förderung junger Künstlerinnen
Eintrittspreisen, aber auf höchstem Niveau bieten. Dass wir hierzu Spitzenorchester aus       und Künstler. Zu Beginn jedes Konzerts erhalten talentierte Sänger und Instrumentalisten
ganz Europa eingeladen haben, ist kein Zufall. In einer Zeit, die mit Abschottung und neuen   aus der Schweiz Gelegenheit, sich Ihnen, liebes Publikum, vorzustellen. Eine «Ouvertüre»
Grenzen von sich reden macht, halten wir es für umso wichtiger, auf das Verbindende           in doppelter Hinsicht: nicht nur als Einstimmung auf den Konzertabend, sondern auch als
hinzuweisen. Und eines der zentralen gemeinschaftsstiftenden Elemente unseres Kontinents      Türöffner für «Unsere Stars von morgen».
ist eben die klassische Musik.
                                                                                              In diesem Sinne freuen wir uns auf eine erfahrungsreiche, Grenzen überwindende Spielzeit.
Aus diesem Grund heissen wir nächste Saison Orchester aus Italien, Russland, Österreich,
Deutschland und natürlich auch aus der Schweiz als Gäste willkommen. Während die einen
Musik aus ihrem eigenen Land präsentieren, wagen die anderen einen Blick über den
Tellerrand. Auf das hr-Sinfonieorchester mit seinem Brahms-Strauss-Schwerpunkt freuen
wir uns ebenso wie auf das rein russische Programm von Mikhail Pletnevs Russischem
Nationalorchester – und sind andererseits gespannt, wie Antonio Pappano und die Accademia
Nazionale di Santa Cecilia Musik der deutschen Romantik interpretieren werden.
Das Mahler Chamber Orchestra wiederum, ein dezidiert international angelegtes Projekt,
schlägt eine musikalische Brücke von West nach Ost.                                                                   Mischa Damev
                                                                                                                      Intendant
Einzelne Konzerthighlights hervorzuheben, fällt angesichts der Breite unseres Angebots                                Migros-Kulturprozent-Classics
schwer. Vielleicht die einem einzigen Komponisten gewidmeten Porträtabende: Brahms
(Wiener Symphoniker) und Rimski-Korsakow (Russisches Nationalorchester)? Das Migros-
Debüt des französischen Pianisten Lucas Debargue mit Rachmaninows 1. Klavierkonzert
sollte man sich jedenfalls nicht entgehen lassen, ebenso wenig die Uraufführung von
Wolfgang Rihms «Concerto en SOL» mit der Cellistin Sol Gabetta. Ein Wiedersehen gibt
es mit Weltklassesolisten wie Julia Fischer, Francesco Piemontesi und Joshua Bell
sowie mit Nachwuchsstar Lahav Shani in seiner Doppelrolle als Dirigent und Pianist.

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Konzert 1 – Abo I

                                           Casino Bern Wiener Symphoniker
                        Samstag, 5. Oktober 2019, 19.30 h Philippe Jordan (Leitung)
                       		 Julia Fischer (Violine)

                                                             Programm

                                            «Ouvertüre»: Unsere Stars von morgen (ca. 10')

                                 Johannes Brahms (1833–1897) Allegro non troppo
                                  Konzert für Violine und Orchester Adagio
                                              D-Dur op. 77 (ca. 43') Allegro giocoso, ma non troppo vivace

                                                                Pause

                                        Johannes Brahms Allegro non troppo
                       Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98 (ca. 40') Andante moderato
                       		                                      Allegro giocoso
                       		 Allegro energico e passionato

                   r
    Julia Fische

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PR O G R A M M
Ko n z e r t 1

Johannes Brahms (1833–1897)                        kernd auf die Spitze: Während die Orchester­
Konzert für Violine und Orchester                  instrumente virtuose Begleitfiguren einwerfen,
D-Dur op. 77                                       übt sich der Solist konsequent in Mehrstimmig-
So manch ein Werk, das heute als Klassiker         keit. Weitere Glanzstückchen aus dem Inventar
der Geigenliteratur gilt, hatte es anfangs         der Kontrapunktik verbirgt Brahms geschickt
schwer. Wie die Violinkonzerte Beethovens und      hinter dem ungarischen Flair des Satzes.
Tschaikowskis stiess auch das D-Dur-Konzert
von Johannes Brahms (1878) auf Skepsis:            Johannes Brahms (1833–1897)
Brahms war schliesslich Pianist, kein Streicher.   Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98
Zudem dachte er in sinfonischen Strukturen,        Jede der vier Sinfonien von Johannes Brahms
pure Virtuosität war ihm ein Gräuel. Pablo de      beginnt anders: schmerzlich zerrissen die erste,
Sarasate, einer der grössten Geiger seiner Zeit,   friedvoll die zweite, kämpferisch die dritte. Am
brachte die Vorbehalte gegen op. 77 auf den        Anfang der 1885 vollendeten Sinfonie Nr. 4
Punkt, als er lästerte, er wolle nicht mit dem     steht eine Geigenmelodie, so wehmütig und
Instrument in der Hand der einzigen Melodie des    verträumt, als sei sie eben erst erfunden. Spon-
ganzen Stücks lauschen.                            taner Einfall oder nicht – interessant ist, was
Bei dieser Melodie handelt es sich um das in       Brahms im Verlauf des Satzes aus diesem
der Tat berückende Oboensolo zu Beginn des         Gebilde macht. Er benutzt es nämlich als Stein-
zweiten Satzes. Was Sarasate verkannte: dass       bruch für zahlreiche weitere Themen und
Brahms weder auf gesanglichen Schmelz noch         Motive, in denen das Kernintervall der Melodie,
auf instrumentale Brillanz verzichtet, beides      die Terz, eine entscheidende Rolle spielt.
allerdings in ein komplexes kompositorisches       Das ist typisch für einen Komponisten, der
Gefüge einbindet. Solist und Orchester sind        romantische Empfindsamkeit und kühlen Kons-
absolut gleichberechtigt, und das von Beginn an:   truktionswillen in sich vereinigt. Im Finale der                                                                                      Johannes Brahms
So herrscht im 1. Satz bei der Vorstellung der     Sinfonie treibt Brahms diesen (scheinbaren)
Hauptthemen geradezu brüderliche Eintracht.        Gegensatz auf die Spitze, indem er nach Art
Auch im Adagio hat die Oboe zwar das erste, die    barocker Meister ein achttaktiges Thema 30         Sinfonie etwas leichtgewichtiger angelegt, als   Anfangsschwierigkeiten setzte sich die Vierte
Sologeige aber das zweite und vielleicht wichti-   Variationen unterwirft. Auch hier beruht alles     elegisches Andante und turbulent-grimmiges       sowohl beim Publikum als auch bei den Fach­
gere Wort, indem sie die Bläsermelodie weiter-     auf der Terz als zentralem Baustein – klanglich    Scherzo. Nichtsdestotrotz verweisen auch sie     kritikern rasch durch. Heute gilt sie als End- und
führt, umformuliert und so den Ablauf des Satzes   aber durchläuft dieser Satz Ausdrucksextreme       dank des archaischen Tonfalls (Andante) und      Gipfelpunkt nicht nur von Brahms’ orchestralem
entscheidend bestimmt. Im Finale treibt Brahms     von erschütternd über zärtlich bis majestätisch.   kontrapunktischer Techniken (Scherzo) auf        Œuvre, sondern der romantischen Sinfonie
die Gleichberechtigung der Partner augenzwin-      Demgegenüber sind die beiden Mittelsätze der       Brahms’ kompositorische Doppelstrategie. Nach    schlechthin.

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2019/20 BERN La Chaux-de-Fonds - Migros-Kulturprozent-Classics
INTE R P R E T E N                                                                                         Philippe Jordan
                                                                                                           Im Herbst 2020 wird Philippe Jordan Musik­              Jordans Wirken ist auf etlichen CDs und DVDs
Ko n z e r t 1                                                                                             direktor der Wiener Staatsoper. Ein weiterer            dokumentiert, vor allem im Bereich der Oper:
                                                                                                           Mosaikstein in der glanzvollen Karriere des             «Salome», «Tannhäuser», «Carmen» und «Figaro»,
                                                                                                           Schweizer Dirigenten, die 1994 mit einem Enga-          um nur einige zu nennen. Für die Aufnahme der
                                                                                                           gement am Stadttheater Ulm begann. Von da an            «Alpensinfonie» mit dem Orchester der Pariser
                                                                                                           ging es steil bergauf: Assistent von Daniel             Oper erhielt Jordan den renommierten CHOC
                                                                                                           Barenboim an der Staatsoper Unter den Linden            de l’année 2010. Mit den Wiener Symphoni-
                                                                                                           (1998), Chefdirigent in Graz (2001) und schliess-       kern, deren Geschicke er seit 2014 leitet, ist die
Wiener Symphoniker                                                                                         lich musikalischer Direktor der Opéra National          Einspielung sämtlicher Beethoven-Sinfonien
Die Wiener Symphoniker, im Jahr 1900 als             zeit 2021 wird Andrés Orozco-Estrada seinen           de Paris (2009). Dazu Gastspiele in New York,           geplant; zum Jubiläumsjahr 2020 soll der Zyklus
Orchester des Wiener Concertvereins gegrün-          Posten übernehmen. Als Kulturbotschafter Wiens        London, Mailand, München sowie bei den Fes-             komplett vorliegen.
det, machten schon bald durch Ur- und Erstauf-       bestreitet das Orchester jährlich mehrere Kon-        tivals von Glyndebourne, Bayreuth und Salzburg.
führungen bedeutender Werke, wie Bruckners           zerttourneen ins europäische und aussereuro-
Neunter oder Mahlers Sechster, von sich reden.       päische Ausland, mit den Bregenzer Festspielen        Julia Fischer
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg mangelte             besteht schon seit 1946 eine erfolgreiche             Julia Fischers Werdegang steckt voller Superla-         dence ist Julia Fischer hochbegehrt, wie ihre
es dem Orchester niemals an Qualität, sondern        Kooperation. Durch rege Konzerttätigkeit in den       tive: jüngste Hochschulprofessorin Deutsch-             Engagements in Berlin, Dresden, Amsterdam,
lediglich an einem eigenen musikalischen Profil.     Wiener Aussenbezirken, durch Benefiz- und             lands, meistverkauftes Klassikdebüt auf iTunes          Frankfurt und bei den Festspielen Mecklenburg-
Zu seinen Leitern zählten Dirigenten wie Herbert     Jugendkonzerte findet zudem eine Rückbesin-           und von der Süddeutschen Zeitung zur «Jahr-             Vorpommern belegen. Ihre Ausnahmestellung
von Karajan, Wolfgang Sawallisch oder Carlo          nung auf die Ursprünge des Orchesters statt, das      hundert-Geigerin» geadelt – mit gerade einmal           zeigt sich auch darin, dass sie mittlerweile den
Maria Giulini. Seit 2014 ist Philippe Jordan Chef-   gegründet wurde, um möglichst vielen Menschen         23 Jahren. Seit dem Sieg beim Yehudi-Menuhin-           CD-Labels den Rücken gekehrt hat und stattdes-
dirigent der Symphoniker; mit Beginn der Spiel-      klassische Musik nahezubringen.                       Wettbewerb 1995 hat sie so ziemlich alles               sen ganz auf Selbstvermarktung setzt. 2016
                                                                                                           gewonnen, was die Musikszene an Auszeich-               wurde ihr in ihrem Heimatort München zudem
                                                                                                           nungen bietet, vom Gramophone Award über                das Bundesverdienstkreuz verliehen. Und als
                                                                                                           den Diapason d’Or und den Echo Klassik bis hin          wäre all dies nicht genug, ist Fischer auch noch
                                                                                                           zum Midem Classic Award. Als Artist in Resi-            eine ausgezeichnete Pianistin.

                                                                                                                                                                   r
                                                                                                                                                    Julia Fische
                                                                                                                              an
                                                                                                              Philippe Jord
                                                                                                phoniker
                                                                                   Wiener Sym
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Konzert 2 – Abo II
© Eric Richmond Warner Classics

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                                                           Dienstag, 5. November 2019, 19.30 h di Santa Cecilia
                                                           		                                  Sir Antonio Pappano (Leitung)
                                                           		 Francesco Piemontesi (Klavier)

                                                                                                    Programm

                                                                                   «Ouvertüre»: Unsere Stars von morgen (ca. 10')

                                                                  Carl Maria von Weber (1786–1826)
                                                                 Ouvertüre zur Oper «Euryanthe» (ca. 10')

                                                                          Frédéric Chopin (1810–1849) Allegro maestoso
                                                           Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 (ca. 41') Romance – Larghetto
                                                           		 Rondo – Vivace

                                                                                                       Pause

                                                            Robert Schumann (1810–1856)                     Sostenuto assai – Allegro ma non troppo
                                                           Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 (ca. 40')            (mit einer langsamen und feierlichen Einleitung)
                                                           		                                               Scherzo. Allegro vivace
                                                           		                                               Adagio espressivo
                                                           		                                               Allegro molto vivace

                                                 Pappano
                                  Sir A ntonio

                                  14                                                                                                                     15
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PR O G R A M M
Kon z er t 2

Carl Maria von Weber (1786–1826)                     der Wiederkehr der Anfangsthematik in die             Chopin selbst allerdings dürfte dem
Ouvertüre zur Oper «Euryanthe»                       Schranken gewiesen wird. Am guten Ende der            langsamen Satz den Vorzug gegeben
Die Uraufführung des «Freischütz» 1821 in Berlin     Oper lässt diese Ouvertüre keinen Zweifel – dass      haben: eine Romanze in E-Dur, die vom
war ein derartiger Triumph für Carl Maria von        es bis dorthin ein weiter Weg ist, aber auch nicht.   Klangkontrast zwischen gedämpften
Weber, dass der nächste Schritt nur folgerichtig                                                           Streichern und klar gezeichneter Klavier-
erschien: die Komposition einer heroisch-drama-      Frédéric Chopin (1810–1849)                           melodie lebt – «wie ein Traum im Mond-
tischen Oper. Der Auftrag hierzu kam aus Wien,       Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1               licht» (Chopin). Adressatin dieses nächtli-
als Librettistin wählte Weber die Romantikerin       Das Klavierkonzert e-Moll markiert eine Wende         chen Grusses war Konstancja Gladkowska
Helmina von Chézy. Dramaturgische Schwächen          im Leben Frédéric Chopins. Seine Premiere             gewesen, eine junge Sängerin, von der sich
des Textbuchs gelten als Hauptgrund, warum           erfolgte im Rahmen von Chopins Warschauer             Chopin 1830 ebenfalls hatte verabschieden
sich «Euryanthe» trotz erfolgreicher Premiere        Abschiedskonzert im Oktober 1830; wenige              müssen. Mit dem Klavierkonzert konnte er                                              Frédéric Chopin
nie so recht durchsetzen konnte. Was umso            Wochen später verliess er Polen Richtung Paris.       wenigstens eine klingende Reminiszenz an
bedauerlicher ist, als Webers Oper entwick-          Auch dort diente ihm das Stück Anfang 1832 als        sie mit in die Fremde nehmen.
lungsgeschichtlich für Wagners Musikdramen           Einstand und Türöffner. Anwesend waren                                                                    Satz, einer romantischen Paraphrase über ein
den Boden bereitet.                                  neben der pianistischen Crème de la Crème –           Robert Schumann (1810–1856)                         Stück aus dem «Musikalischen Opfer». Aber
An den «Lohengrin» etwa erinnert nicht nur vom       Kalkbrenner, Hiller, Mendelssohn – auch Ver­          Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61                         auch schon in den Anfangstakten des Werks,
Inhalt her vieles: Ritterromantik, das Thema der     leger, Klavierbauer und vor allem: potenzielle        Die 2. Sinfonie von Robert Schumann ist das         wenn Bläser- und Streicherstimmen gegenein-
Gattentreue, Verklärungsszenen und eine spezi-       Kunden aus Adel und Bürgertum, für die er in          Dokument einer Krise – biografisch wie kom­         ander in Konkurrenz treten.
elle Figurenkonstellation. Auch stilistisch setzte   der Folge als Klavierlehrer arbeiten würde.           positorisch. Schumann selbst bekannte später,       Als weiteres Vorbild ist Franz Schubert zu nen-
Weber Massstäbe für die Zukunft: durch drama-        Sie alle konnten sich anhand des e-Moll-Kon-          er habe sie «im December 1845 noch halb             nen, dessen Entdeckung als Sinfoniker ja auf
tische Deklamation, die Weitung geschlossener        zerts überzeugen, dass der junge polnische Emi-       krank» geschrieben, und meinte auch, man            Schumann persönlich zurückgeht. Schuberts
Formen, instrumentale Effekte und Ansätze zu         grant über Geschmack, Stilsicherheit und eine         müsse ihr dies anhören. «Erst im letzten Satz       grosse C-Dur-Sinfonie stand mit ihrer über-
einer Leitmotivtechnik.                              exzellente Klaviertechnik verfügte. Im ersten         fing ich an mich wieder zu fühlen; wirklich wurde   schäumenden rhythmischen Energie und ihren
In der Ouvertüre zu «Euryanthe» verfolgte Weber      Satz des Werks sind es drei Themen, die Chopin        ich auch nach Beendigung des ganzen Werkes          Sehnsuchtsklängen für Schumanns Werk Pate.
einen ähnlichen Ansatz wie in der zum «Frei-         auf seine unnachahmliche Weise durch Ver­             wieder wohler.»                                     Zur Gestaltung innermusikalischer Konflikte und
schütz»: Zentrale Themen der Oper werden nicht       zierungen und Umspielungen subtil verfeinert.         Im Vorfeld der Sinfonie hatte Schumann einge-       deren Überwindung wiederum griff Schumann
bloss vorgestellt, sondern zu einem konflikthaf-     Ganz anders das Finale, eine pianistische Tour        hend Kontrapunktstudien betrieben und sich mit      auf einen dritten Komponisten zurück: Ludwig van
ten Ablauf verdichtet. So mündet der anfängliche     de Force im Stil eines polnischen Volks­tanzes,       der Musik Johann Sebastian Bachs beschäftigt.       Beethoven. Im Finale ist es sogar ein Beethoven-
Jubelton unerwartet in eine mystische Geigen-        des Krakowiak. Noch heute lässt sich erahnen,         Hierdurch lernte er eigenem Bekunden nach das       Zitat, das für die endgültige Bestätigung von
passage, die auf die Geisterszene des ersten Akts    welchen Eindruck die kaum gezügelte Wildheit          Komponieren noch einmal neu. Tatsächlich            C-Dur sorgt: eine Zeile aus dem Liederzyklus
vorausweist. Aus ihr entwickelt sich ein immer       dieses Rondos auf das Pariser Salonpublikum           spielt das Schaffen Bachs eine bedeutende           «An die ferne Geliebte», mit der Schumann ein-
dichteres, turbulenteres Fugato, das zuletzt von     gemacht haben mag.                                    Rolle für die 2. Sinfonie, vor allem im langsamen   mal mehr seine Liebe zu Clara bekundete.

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2019/20 BERN La Chaux-de-Fonds - Migros-Kulturprozent-Classics
IN T E R P R E T E N                                                                                                Sir Antonio Pappano
                                                                                                                    Seine britisch-italienische Staatsbürgerschaft       auch das italienische Opernrepertoire liegt.
Kon z er t 2                                                                                                        lebt der 1959 bei London geborene Antonio            2006 brachte ihm die Einspielung von «Tristan
                                                                                                                    Pappano seit vielen Jahren auch dirigentisch aus:    und Isolde» mit Plácido Domingo einen von mitt-
                                                                                                                    als Künstlerischer Leiter des Royal Opera House      lerweile vier Echo Klassik ein, 2013 erhielt er
                                                                                                                    in London sowie des Orchestra dell’Academia          den International Opera Award als Dirigent des
                                                                                                                    Nazionale di Santa Cecilia in Rom. Entdeckt          Jahres. Auch die gesellschaftlichen Auszeich-
                                                                                                                    wurde Pappano von Daniel Barenboim, der ihn          nungen Pappanos spiegeln seine Verwurzelung
                                                                                                                    als Assistenten nach Bayreuth mitnahm; wei-          in zwei Ländern: 2012 wurde er mit dem Ver-
Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia                                                                 tere Stationen waren die Opernhäuser von Oslo        dienstorden der Italienischen Republik geehrt
Gegründet 1908, widmete sich das Orchestra Renommee – und das mittlerweile wieder sehr                              und Brüssel. Pappano gehört zu den wenigen           und zusätzlich von der Queen geadelt.
dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia in erfolgreich auch auf dem Gebiet der Oper. Die                          Dirigenten weltweit, denen sowohl Wagner als
seinen Anfangsjahren ausschliesslich dem sin- Einspielungen von Puccinis «Madama Butterfly»
fonischen Repertoire. Werke wie Respighis mit Angela Georghiu, von Rossinis «Stabat                                 Francesco Piemontesi
«Fontane» und «Pini di Roma» wurden urauf­ Mater» mit Anna Netrebko sowie von Verdis                                Zehn Jahre ist es her, da kürte die BBC Francesco    Londoner Wigmore Hall aufzuführen. Höchstes
geführt, prominente Dirigenten wie Mahler, «Aida» mit Jonas Kaufmann und Anja Harteros                              Piemontesi zum «New Generation Artist» – der         Kritikerlob gab es auch für seine Aufnahme der
Strauss, Toscanini und Furtwängler gaben sich erlangten Kultstatus und wurden mit Preisen                           Startschuss zu einer internationalen Karriere, die   24 Préludes von Debussy (2015), der er 2018 den
die Klinke in die Hand. Unter der Leitung von überhäuft. Unter den jüngeren Veröffentlichun-                        den aus Locarno stammenden Pianisten mittler-        ersten Band von Liszts «Années de Pélérinage»
Giuseppe Sinopoli und Daniele Gatti, vor allem gen sind die drei Sinfonien von Leonard Bernstein                    weile rund um die Welt geführt hat. Piemontesi,      folgen liess. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung»
aber seit der Amtsübernahme durch Antonio zu nennen, der von 1983 bis zu seinem Tod                                 ausgebildet von Klavierlegenden wie Alexis           pries seine «subtile Anschlagtechnik», für die
Pappano 2005 erspielte sich das Vorzeige­ Ehrenpräsident des Orchesters war.                                        Weissenberg, Murray Perahia und Alfred Brendel,      «Neue Zürcher Zeitung» ist er schlichtweg ein
ensemble aus Italiens Hauptstadt internationales                                                                    spielte im Concertgebouw Amsterdam, in der           «Klangzauberer». Seit 2013 prägt Piemontesi das
                                                                                                                    Berliner Philharmonie, in den USA, in Japan          Musikfestival Settimane Musicali di Ascona als
                                                                                                                    und China. 2016/17 wurde ihm die Ehre zuteil,        künstlerischer Leiter.
                                                                                                                    sämtliche Mozart-Sonaten in der renommierten

                                                                                                                                                                            emontesi
                                                                                                                                                             Francesco Pi
                                                                                                                                       Pappano
                                                                                                                        Sir A ntonio
                                                                                                             ilia
                                                                                              di Santa Cec
                                                                  ll’Accadem   ia Nazionale
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Konzert 3 – Abo I

                                                    Casino Bern           Freiburger Barockorchester
                            Donnerstag, 12. Dezember 2019, 19.30 h        Zürcher Sing-Akademie
                            		                                            Trevor Pinnock (Leitung)
                            		                                            Katherine Watson (Sopran)
                            		                                            Claudia Huckle (Alt)
                            		                                            Stuart Jackson (Tenor)
                            		                                            Bozidar Smiljanić (Bass)

                                                                  Programm

                                 Georg Friedrich Händel (1685–1759)
                                     «Der Messias» Oratorium (ca. 150')

                                                     Pause nach ca. 65'

               ich Händel
Georg Friedr

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PR O G R A M M
Ko n z e r t 3

Georg Friedrich Händel (1685–1759)                   Auch inhaltlich trug das neue Werk den Stempel     dass es sich bei Jesus von Nazareth, wie er im       ten Chorfuge. Auch Lutherchoräle finden, zum
«Der Messias»                                        des Experimentellen. Anders als in deutschen       Neuen Testament geschildert wird, tatsächlich        Teil als Zitat, Eingang in die Komposition, etwa
Was Beethovens Neunte für die Gattung Sinfo-         Ländern – man denke nur an Bachs Passionen –       um den verheissenen Messias handelt. Dazu            «Wachet auf, ruft uns die Stimme» im berühmten
nie ist, das ist der «Messias» mit Blick auf das     war dem englische Publikum eine singende, agie-    verweist es auf Parallelen zwischen alttesta-        «Halleluja»-Chor. Hinzu kommen, wie üblich bei
Oratorium: ein Musterwerk, qualitativ ausser-        rende Christusfigur offenbar nicht zumutbar. Im    mentlichen Prophezeiungen und deren Erfüllung        Händel, zahlreiche Übernahmen aus eigenen und
halb jeder Diskussion, Massstab und Herausfor-       «Messias» tritt Jesus daher nicht als Person in    im Leben Jesu. Im ersten Teil kommen seine           fremden Werken: Mal greift er auf eine Opern-
derung noch für Generationen von Komponisten.        Erscheinung, sondern wird aus der Sicht anderer    Herkunft, seine Geburt und seine Wundertaten         arie zurück, mal auf die Klavierfuge eines Kolle-
Schon durch sein Thema hebt es sich von den          beschrieben. Dem Librettisten fiel die Aufgabe     zur Sprache, im zweiten wird seine Leidens­          gen. Und wenn zu Beginn des Werks die Ouver-
anderen Oratorien Georg Friedrich Händels ab.        zu, entsprechende Passagen aus der Bibel aus-      geschichte thematisiert. Teil drei weitet den        türe mit ihren harschen Mollharmonien über-
Weder um eine Figur aus dem Alten Testament          zuwählen und im Einzelfall behutsam anzupas-       Blick auf die kommende Gottesherrschaft und          rascht, so ist das Teil des Konzepts: Nach diesem
geht es noch um eine mythologische Gestalt,          sen. In den meisten Fällen betraf das den Wech-    das ewige Leben, das uns erst durch Jesu             Gang durch die Düsternis menschlicher Existenz
sondern um Jesus selbst und damit um den Kern        sel von der Ich-Perspektive zur dritten Person:    Opfergang ermöglicht wird.                           klingt die Prophezeiung des Tenors («Comfort
christlicher Weltanschauung. Es ist, als habe        Aus dem «Kommt her zu mir» des Matthäus-           Was dem Libretto an äusserlicher Dramatik            ye»/«Tröstet euch») umso hoffnungsvoller.
Händel in diesem Werk die Summe aus seinen           Evangeliums wird so ein «Kommt her zu ihm».        fehlt, ersetzt Händel durch stilistische Vielfalt.   Schon bei der Uraufführung im April 1742 in
kompositorischen Erfahrungen gezogen – dabei         Jennens trieb diese Distanzierung aber noch        Sie reicht vom hochexpressiven Rezitativ bis zur     Dublin wurde der «Messias» begeistert aufge-
kam seine Oratorienproduktion nach dem «Mes-         weiter, indem er es generell vermied, Individuen   stillen Klage, von der virtuosen Arie bis zum pas-   nommen. In London gab es anfangs einen Disput
sias» erst so richtig in Fahrt.                      auf die Bühne zu bringen. In seinem Libretto       toralen Orchesterstück, vom blockhaften Chor-        über die Darbietung eines zutiefst christlichen
Entstehungsgeschichtlich jedenfalls deutete          agieren namenlose Sängerinnen und Sänger, und      satz nach Art englischer Anthems bis zur gelehr-     Themas in einem weltlichen Theater, aber auch
zunächst eher wenig auf ein Jahrhundertwerk          sie tun dies mit betont undramatischen Mitteln,                                                         dort konnte man sich der Faszination des Werks
hin. 1741 befand sich Händel in prekärer Situa-      ohne Dialog, ohne jede szenische Anweisung.                                                             nicht entziehen. Nach Händels Tod bildete der
tion. Die vergangene Opernsaison war eine Kata-      Gerade diese Massnahmen jedoch, die enge                                                                «Messias» unangefochten die Speerspitze der
strophe gewesen, seine letzten Oratorien, «Israel    Anlehnung an den Bibeltext und der Verzicht auf                                                         britischen Oratorienpflege; 1784 kamen in
in Ägypten» (1739) und «L’Allegro, il Penseroso      alle opernhaften Elemente, wurden von den                                                               Westminster Abbey rund 500 Musiker für eine
ed il Moderato» (1740), hatten nur Teilerfolge       zeitgenössischen Hörern gelobt. Umso bemer-                                                             Aufführung zusammen, und zwei Jahre später
erzielt. Ein Ortswechsel, ausgelöst durch die Ein-   kenswerter, dass Händel unter solchen Voraus-                                                           war das Werk erstmals in Kalkutta zu hören.
ladung des irischen Vizekönigs nach Dublin, kam      setzungen eine Musik schuf, der man innere
da gerade recht. Innerhalb von nur dreieinhalb       Dramatik nun wirklich nicht absprechen kann.
Wochen schrieb Händel ein neues Oratorium            Aber was ist nun der Inhalt des «Messias»? Von
nach einem Libretto von Charles Jennens, den         einer Handlung, wie sie andere Oratorien auf-
«Messias». Die reduzierte Orchesterbesetzung         weisen, etwa der direkt im Anschluss kompo-
lässt darauf schliessen, dass er nicht wusste, mit   nierte «Samson», kann keine Rede sein. Zentra-
welchen Verhältnissen er vor Ort rechnen konnte.     les Anliegen des Librettos ist der Nachweis,                                                            Georg Friedrich Händel

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INTE R P R E T E N                                                                                        Zürcher Sing-Akademie
                                                                                                          Dass ein Chor schon in den ersten Jahren seines      regelmässiger Gast beim Lucerne Festival prägt
Ko n z e r t 3                                                                                            Bestehens von Weltstars wie Roger Norrington,        sie die Chorlandschaft Schweiz und legt zudem
                                                                                                          Daniel Barenboim oder Bernhard Haitink ver-          grossen Wert auf die Zusammenarbeit mit nicht­
                                                                                                          pflichtet wird, lässt aufhorchen. Aber die Zürcher   professionellen Sängerinnen und Sängern. Höhe-
                                                                                                          Sing-Akademie wurde 2011 genau zu diesem             punkte der bisherigen Tätigkeit waren Gastspiele
                                                                                                          Zweck gegründet: als Elitechor, der allerhöchsten    bei den BBC Proms 2014 mit Bachs «Johannes-
                                                                                                          musikalischen Ansprüchen genügt. Kurz zuvor          Passion», Beethovens Neunte im KKL, aber auch
                                                                                                          hatte sich der renommierte Schweizer Kammer-         der Kurzauftritt beim Rolling-Stones-Konzert im
Freiburger Barockorchester                                                                                chor aufgelöst, und aus der Not, diese Lücke zu      Zürcher Letzigrund. Seit 2017 steht der Chor
Das Freiburger Barockorchester wurde 1987 von           wie René Jacobs, Ton Koopman oder auch            füllen, machte die Sing-Akademie eine Tugend:        unter der Leitung von Florian Helgath, einem ehe-
Studenten des Geigers Rainer Kussmaul gegrün-           Simon Rattle zusammen, ansonsten überneh-         Als Partner des Tonhalle-Orchesters Zürich und       maligen Mitglied der Regensburger Domspatzen.
det. Rasch machte man sich als Spezialensemble          men die Konzertmeister Gottfried von der Goltz
für Alte Musik einen Namen, spielte auf den             und Petra Müllejans die Leitung. Ungewöhnlich     Trevor Pinnock
einschlägigen Festivals, etwa im niederländi-           ist nicht nur die hohe Zahl von Auszeichnungen    Trevor Pinnock, 1946 in Canterbury geboren, zählt    als Dirigent tätig, widmet sich aber auch neu-
schen Utrecht, und trat 1992 erstmals in den            für das Ensemble – mehrere Echo-Klassik-Preise,   neben seinen Landsleuten Norrington, Gardiner        erer Cembaloliteratur, etwa in Zusammenar-
USA auf. Mit der Etablierung eigener Konzert-           eine Grammy-Nominierung, viele internationale     und Hogwood zu den Pionieren der historischen        beit mit dem Komponisten John Webb. Seinen
reihen in Freiburg, Stuttgart und Berlin (Philhar-      Schallplattenpreise –, ungewöhnlich ist auch      Aufführungspraxis. Mit 25 Jahren gründete er         60. Geburtstag feierte er in besonderer Weise:
monie) hat sich das Orchester in den vergange-          die Organisationsform des Orchesters als          in London The English Concert, eines der ersten      als Leiter eines Projektorchesters namens Euro-
nen Jahren ein treues Stammpublikum aufge-              Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mit den Musi-   Ensembles weltweit, das auf zeitgenössischen         pean Brandenburg Ensemble, das mit Bachs
baut. Bei Opern- und Oratorienprojekten arbei-          kern als Gesellschaftern.                         Instrumenten spielte. Die Händel-, Bach- und         Brandenburgischen Konzerten auf Tournee ging
ten die Freiburger mit renommierten Dirigenten                                                            Vivaldi-Aufnahmen des Orchesters unter Pinnocks      und dafür prompt einen Gramophone Award
                                                                                                          Leitung wurden mit Schallplattenpreisen über-        gewann. Pinnock hat mehrere Ehrendoktorwür-
                                                                                                          häuft, ebenso Pinnocks Einspielungen von Wer-        den inne und ist Commander of the Order of the
                                                                                                          ken für Cembalo solo. Seit seinem Abschied von       British Empire.
                                                                                                          The English Concert 2003 ist Pinnock vermehrt

                                                                                                                                                                                                ock
                                                                                                                                                                                  Trevor Pinn

                                                                                                                             -A kademie
                                                                                                              Zürcher Sing

24                                             arockorche
                                                            ster                                                                                                                                             25
                                Freiburger B
INTE R P R E T E N                                                                                          Stuart Jackson
                                                                                                            Mit 25 Jahren machte der englische Tenor Stuart        toire reicht von Bachs Passionen über Mozart
Ko n z e r t 3                                                                                              Jackson erstmals auf sich aufmerksam, als er beim      bis zu Bruckner und Britten. Beim heimischen
                                                                                                            Internationalen Liedwettbewerb der Wigmore             Glyndebourne Festival ist er regelmässiger Gast,
Katherine Watson                                                                                            Hall Platz zwei belegte – als jüngster aller Fina-     2018 feierte er sein Debüt an beiden Londoner
Die englische Sopranistin Katherine Watson              Emmanuelle Haïm. Beim Glyndebourne Festival         listen. Diese Auszeichnung bestätigte er in der        Opernhäusern mit denkbar gegensätzlichen
wurde 2009 in William Christies Sängerakademie          2012 gewann sie den begehrten John Christie         Folge durch weitere Siege und vordere Plätze,          Rollen: Irus («Il ritorno d’Ulysses in patria»,
«Le Jardin des Voix» aufgenommen. Seitdem hat           Award für ihre Darstellung der Titelrolle in        u.a. beim Wettbewerb der Hugo-Wolf-Akade-              Covent Garden) und Narraboth («Salome»,
sie sich ein Repertoire mit Schwerpunkt auf dem         Purcells «Fairy Queen». Es folgten Gastspiele in    mie Stuttgart. Stuttgart war auch der Ort seines       English National Opera). Für Letztere fand der
18. Jahrhundert erarbeitet: Opern und Oratorien         Berlin (Komische Oper), Paris (Théâtre des          ersten Opern­engagements, mit Auftritten als Don       Kritiker der Sunday Times nur ein Wort: «out-
von Händel und Bach, diverse Mozart-Rollen,             Champs-Elysées) und New York (Carnegie Hall).       Ottavio («Don Giovanni»), Orfeo oder Gastone           standing», und auch der Observer fand Jacksons
dazu Ausflüge zu Monteverdi und Purcell. Beson-         «Ihre Stimme vereinigt Kraft und Ausdruck»,         («La Traviata»). Jacksons sängerisches Reper-          Darbietung herausragend.
ders Dirigenten aus dem Bereich der historisch          resümierte «Opera Today» nach ihrem Auftritt
informierten Aufführungspraxis schätzen die             als Theodora (Händel), während die New York         Božidar Smiljanić
Zusammenarbeit mit der jungen Sängerin, neben           Times «stimmlichen Glanz, emotionale Tiefe und      Beim Frankfurter Wettbewerb «Neue Stimmen»             («La Traviata») an der English National Opera zu
Christie auch Roger Norrington, Paul Agnew und          betörende Phrasierung» pries.                       schaffte es der Bass-Bariton Božidar Smiljanić         hören. Zu seinen Paraderollen gehören Mozarts
                                                                                                            2017 ins Finale und wurde dort mit einem der           Figaro und Masetto; Letzteren gab er 2017 bei
Claudia Huckle                                                                                              begehrten Förderpreise ausgezeichnet. Dies             einer konzertanten Aufführung in der Elbphil­
Als das BBC Music Magazine vor gut drei Jahren          in Verona. 2015 gab sie ihr Debüt am Royal          brachte dem jungen Briten mit serbischen Wur-          harmonie Hamburg an der Seite von Christian
eine Liste mit den sechs besten Altistinnen aller       Opera House in London, wo sie seither regel­        zeln prompt einen Vertrag an der Oper Frankfurt        Gerhaher und Simona Šaturová. Ein weiterer
Zeiten präsentierte, fand sich Claudia Huckle als       mässig auftritt. In diversen Opernproduktionen      ein, wo er in der anschliessenden Spielzeit u.a.       Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt auf dem
«Rising Star» dort neben Grössen wie Kathleen           sang sie unter Dirigenten wie Yannick Nézet-        in den Händel-Opern «Xerxes» und «Rodelinda»           Oratorienrepertoire: Neben Bachs Passionen
Ferrier wieder. Das Lob kam nicht von ungefähr,         Séguin, Simon Rattle, Andris Nelsons und John       sang und den Zuniga in Barrie Koskys «Carmen»          und den Werken Händels sind hier Elgars «Dream
hatte die britische Sängerin mit deutschen Wur-         Eliot Gardiner. Ihr Repertoire ist breit gestreut   gab. Schon 2014 hatte Smiljanić sein Debüt             of Gerontius» und Tippetts «A Child of Our Time»
zeln doch in den Jahren zuvor etliche Nach­             und reicht von Bach und Mozart über Berlioz,        beim Glyndebourne Festival in «Eugen Onegin»           zu nennen.
wuchs­preise abgeräumt, darunter den National           Wagner bis zu Britten, Elgar und der zeit­          gefeiert, 2018 war er erstmals als Schaunard
Council Award der New Yorker Met, den Thelma            genössischen Moderne. Vier Jahre lang, von
King Award und – als erste Frau und Britin über-        2009 bis 2013, war Huckle Ensemblemitglied
haupt – den Birgit Nilsson Remembrance Award            der Oper Leipzig.

                                                                                                                                                                  iljanić
                                                                                                                                                     Božidar Sm
                                                                                                                               son
                                                                                                                Stuar t Jack

                                                                                         kle
                                                                           Claudia Huc
26                                                  n                                                                                                                                                           27
                                 Kathe   rine Watso
Konzert 4 – Abo II

                                   Casino Bern Kammerorchester Basel
               Mittwoch, 22. Januar 2020, 19.30 h Sylvain Cambreling (Leitung)
               		 Sol Gabetta (Violoncello)

                                                       Programm

                                      «Ouvertüre»: Unsere Stars von morgen (ca. 10')

                             Igor Strawinski (1882–1971) Vivace – Moderato
               «Concerto in Re» für Streichorchester (ca. 22') Arioso. Andantino
               		 Rondo. Allegro

                                  Wolfgang Rihm (*1952)
                                 «Concerto en SOL» (ca. 20')
                                              Uraufführung

                                                          Pause

               Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)        Andante con moto – Allegro un poco agitato
                                     Sinfonie Nr. 3 a-Moll    Vivace non troppo
                             «Schottische» op. 56 (ca. 40')   Adagio
               		                                             Allegro vivacissimo – Allegro maestoso assai

Sol Gabet ta

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PR O G R A M M
Ko n z e r t 4
                                                                                                                                                            Wolfgang Rihm

Igor Strawinski (1882–1971)                         huldigt augenzwinkernd italienischem Belcanto:                                                          ssen Sinfonien vollendet. Ihre Anfänge freilich
«Concerto in Re» für Streichorchester               Celli und erste Geigen wetteifern hier um die                                                           reichen ins Jahr 1829 zurück, als der junge
Aufführungen von Igor Strawinskis Concerto in       elegantere Melodielinie. Das Schlussrondo setzt                                                         Komponist die Britischen Inseln besuchte und
Re sind für das Kammerorchester Basel geradezu      dann wieder auf motorische Energie; lediglich                                                           vor allem in Schottland zahlreiche Reiseeindrü-
eine Verpflichtung, steht man doch in der Tra-      im Mittelteil kommt sein Perpetuum-mobile-                                                              cke sammelte, die sich auch kompositorisch
dition von Paul Sachers legendärem Basler           Charakter kurzzeitig zum Erliegen.                                                                      niederschlugen. So notierte er angesichts der
Kammerorchester, das von 1926–1987 bestand                                                                                                                  Ruinen des Holyrood Palace in Edinburgh einen
und dem das Concerto gewidmet ist. Sacher           Wolfgang Rihm (*1952)                                                                                   musikalischen Einfall, der zur Keimzelle des
hatte es zum 20-jährigen Jubiläum seines            «Concerto en SOL» Uraufführung                                                                          langsamen Satzes wurde: «Ich glaube, ich habe
Ensembles bei Strawinski in Auftrag gegeben.        Der erfolgreichste lebende deutsche Kompo-                                                              heut da den Anfang meiner Schottischen Sym-
Trotz vielfältiger Verpflichtungen kam der Kom-     nist – dieses Etikett kommt eindeutig Wolfgang                                                          phonie gefunden.»
ponist der Bitte nach; im Januar 1947 erfolgte      Rihm zu. Kompositionsstudent schon als Schüler,                                                         Dass es ganze 13 Jahre bis zur Fertigstellung des
die Uraufführung.                                   gelang ihm mit 22 der Durchbruch bei den            musik ebenso wie im Vokalen, wobei v.a. seine       Werks dauerte, dafür lassen sich mehrere Gründe
Stilistisch gesehen, bildet das Concerto in Re      Donaueschinger Musiktagen. Zu seinen Lehrern        Bühnenwerke besondere Beachtung fanden.             ins Feld führen. Auf der direkt anschliessenden
den Abschluss von Strawinskis mittlerer, der        zählten Wolfgang Fortner, Karlheinz Stockhausen     Illuster ist auch die Riege seiner Uraufführungs-   Italienreise fehlte dem jungen Komponisten die
neoklassizistischen Schaffensphase, zu der          und Klaus Huber, in deren Fussstapfen Rihm          solisten: Daniel Barenboim, Anne-Sophie Mutter,     Inspiration, die «Schottische Nebelstimmung»,
Werke wie das Capriccio für Klavier und             bald selbst trat. Nach vierjähriger Lehrtätigkeit   Steven Isserlis, Renaud Capuçon, um nur einige      wie er schrieb. Später kamen allgemeine Über-
Orchester (1929) oder das Concerto in Es (1938)     in München übernahm er 1985 die Professur für       zu nennen. Bei der Eröffnung der Elbphilharmonie    legungen hinzu, die Schwierigkeit, nach Beetho-
gehören. Ein letztes Mal bedient sich der           Komposition in seiner Heimatstadt Karlsruhe.        Hamburg stand ebenfalls ein neues Rihm-Werk         ven ein überzeugendes sinfonisches Konzept zu
Komponist hier dezidiert barocker Formen            Der Schweiz ist er seit 2016 eng verbunden: als     im Zentrum. Von seinen zahlreichen Auszeichnun-     entwickeln – überlagert von der Frage, wie viel
und Tonfälle – in einer spielerisch aufge-          Leiter der von Pierre Boulez begründeten Lucerne    gen seien hier nur der Ernst von Siemens Musik-     «Programm», also Inhalte, man einem Orches-
lockerten Atmosphäre, die an Bachs Branden-         Festival Academy.                                   preis, der Grawemeyer Award sowie das Bundes-       terwerk zumuten durfte.
burgische Konzerte erinnert.                        Geht es darum, Rihms Schaffen zu beschreiben,       verdienstkreuz mit Stern genannt. Schliess­lich     Die gefundene Lösung jedenfalls begeisterte
Der 1. Satz ist ein beschwingtes Vivace im          fällt immer wieder ein Begriff: Subjektivität.      noch ein Blick auf seine Schüler, zu denen u.a.     zeitgenössische Hörer auf Anhieb. Jeder Satz
Giguen-Rhythmus, das den Gegensatz von D-Dur        Eigene Wege zu finden, eine eigene Sprache zu       Jörg Widmann, Philip David Hefti und Rebecca        der a-Moll–Sinfonie setzt einen anderen inhalt-
und d-Moll lustvoll ausspielt. Immer wieder         entwickeln, das ist für ihn der Wesenskern          Saunders zählen.                                    lichen Schwerpunkt (Natur – Volksfest – Rui-
treten einzelne Instrumente nach Art eines          künstlerischer Ästhetik; Dogmatismus begreift                                                           nen – Kampf), ohne die formalen Vorgaben der
Concerto grosso, solistisch oder in Kleingruppen,   er als «Zeichen der Schwäche». In diesem Sinne      Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)             Tradition zu vernachlässigen. Zudem ist das Werk
aus dem Streicherverbund hervor. Dagegen wir-       standen seine Werke oft quer zu den Trends,         Sinfonie Nr. 3 a-Moll «Schottische»                 als Zyklus angelegt: durch Mendelssohns Vor-
ken die beiden eingeschobenen Moderato-             eben weil sie so stark vom Künstler-Ich geprägt     Von der Nummerierung lasse man sich nicht           schrift, die vier Sätze ohne Pause hintereinander
Abschnitte mit ihren blockhaften Tutti-Akkorden     sind. Kompositorisch fühlt sich Rihm in allen       täuschen: Mendelssohns «Schottische» wurde          zu spielen, ebenso wie durch verwandtschaft­
regelrecht statisch. Der 2. Satz, ein Arioso,       Genres zu Hause, in der Kammer- und Orchester-      erst 1842 und damit als letzte seiner fünf gro-     liche Beziehungen zwischen den Hauptthemen.

30                                                                                                                                                                                                        31
INTE R P R E T E N                                                                                      Sylvain Cambreling
                                                                                                        Mit Sylvain Cambreling gastiert ein Dirigent bei    ereilte: Opernchef in Frankfurt (1992–1997), in
Ko n z e r t 4                                                                                          Migros-Kulturprozent-Classics, der in den ver-      Stuttgart (2012–2018), dazwischen Chefdirigent
                                                                                                        gangenen Jahrzehnten vor allem in der deut-         des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und
                                                                                                        schen Musiklandschaft Spuren hinterliess.           Freiburg, Gastspiele in Wien, Salzburg, an der
                                                                                                        Danach sah es anfangs gar nicht aus, beschränkte    Met, der Scala. Zweimal wurde Cambreling zum
                                                                                                        sich Cambrelings Wirken als junger Dirigent doch    Dirigenten des Jahres gekürt, für die Einspielung
                                                                                                        zunächst auf sein Heimatland Frankreich, die        von Messiaens Orchesterwerken gab es 2009
                                                                                                        Oper Lyon und das Pariser Ensemble Intercon-        den Jahrespreis der Deutschen Schallplatten-
Kammerorchester Basel                                                                                   temporain. 1981 ging er nach Brüssel. Am dorti-     kritik. Aktuell hat der «Universalist unter den
Dass ein Orchester auch ohne festen Dirigenten    Romantik bis zur Moderne, die man mit regel-          gen Opernhaus La Monnaie arbeitete er dann so       Dirigenten» seine Zelte bei den Symphonikern
auf höchstem Niveau musizieren kann, beweist      mässig vergebenen Kompositionsaufträgen               erfolgreich, dass ihn ein Ruf nach dem andern       in Hamburg aufgeschlagen.
das Kammerorchester Basel seit mehr als zwei      bereichert. Unter seinem Ersten Gastdirigenten
Jahrzehnten. Gegründet 1984 als Serenata          Giovanni Antonini beteiligt sich das Orchester        Sol Gabetta
Basel, erfolgte die Umbenennung im Jahr 1999;     an einer neuen Gesamtaufnahme von Haydns              Schon mehrmals war sie im Rahmen von Migros-        in Olsberg sowie Auftritte mit den renommier-
seither verzichtet man auch auf einen Chefdiri-   Sinfonien, zusammen mit Heinz Holliger wird           Kulturprozent-Classics zu hören: die argentini-     testen Orchestern weltweit, von den Berliner,
genten. Wie beim legendären Basler Kammer-        man zudem Schuberts Sinfonien einspielen.             sche Cellistin Sol Gabetta, die seit Jahren ihren   Wiener und Münchner Philharmonikern bis zum
orchester von Paul Sacher ist die stilistische    Grossen Wert legt das Ensemble auch auf die           Wohnsitz in der Schweiz hat. Obwohl erst Ende       Orchestre National de Radio France und den
Bandbreite des Ensembles gross: Sie reicht von    Musikvermittlung an Kinder und Jugendliche.           30, kann Gabetta auf eine beeindruckende musi-      Tschechischen Philharmonikern. «Sie versprüht
der Alten Musik – die auf historischen Instru-    2008 erhielt das Kammerorchester Basel einen          kalische Laufbahn zurückblicken: 3. Preis beim      eine fast unbändige Musizierlust, lässt den
menten präsentiert wird – über Klassik und        Echo Klassik.                                         ARD-Musikwettbewerb 1998, mehrfache Echo-           Cellobogen vor Freude tanzen», urteilte die
                                                                                                        Klassik-Preisträgerin, Premio Gardel 2009 und       Presse. Und Gabetta gibt diese Freude an der
                                                                                                        zuletzt der Herbert-von-Karajan-Musikpreis.         Musik weiter: als Moderatorin des BR-Klassik-
                                                                                                        Dazu hochgelobte CD-Einspielungen, eine stetig      Magazins «KlickKlack», das vor allem junge
                                                                                                        wachsende Fangemeinde, ein eigenes Festival         Menschen anspricht.

                                                                                                                                             Sol Gabet ta
                                                                                                                                 g
                                                                                                           Sylva   in C ambrelin

                                                                                          ester Basel
                                                                             Kammerorch
32                                                                                                                                                                                                        33
Konzert 5 – Abo II
© Alexander Shapunov

                                                              Casino Bern Mariinsky Orchestra
                                              Montag, 6. April 2020, 19.30 h Valery Gergiev (Leitung)
                                             		 Denis Matsuev (Klavier)

                                                                                    Programm

                                                                  «Ouvertüre»: Unsere Stars von morgen (ca. 10')

                                                         Igor Strawinski (1882–1971) Jahrmarkt in der Fastnachtswoche
                                             Suite aus dem Ballett «Petruschka» (ca. 40') Bei Petruschka
                                             		                                           Bei dem Mohren
                                             		                                           Der Jahrmarkt am Abend

                                                                        Igor Strawinski Presto
                                                            Capriccio, Konzert für Klavier Andante rapsodico
                                                                  und Orchester (ca. 20') Allegro capriccioso ma tempo giusto

                                                                                      Pause

                                                                    Igor Strawinski Introduktion. Kastscheis Zaubergarten und
                                                                    «Der Feuervogel». Tanz des Feuervogels.
                                             Suite aus der Ballettmusik (1911) (ca. 35') Molto moderato – Vivo – Allegro
                                             		                                          Bittgebete des Feuervogels.
                                             		 Adagio – Allegretto – Adagio
                                             		 Spiel der Prinzessinnen mit den goldenen Äpfeln.
                                             		Allegretto
                                             		 Reigen der Prinzessinnen. Moderato
                                             		 Höllentanz sämtlicher Untertanen Kastscheis.
                                             		 Allegro feroce

                                        ev
                            Valery Gergi

                       34                                                                                                       35
PR O G R A M M
Kon z er t 5
                                                                                                          Der zweite Satz hat etwas ungemein Sprechen-     Auf diese märchentypische Konstellation mit
                                                                                                          des: Wie bei einer barocken Fantasie werden      klarer Rollenverteilung von Gut und Böse, Hell
Igor Strawinski (1882–1971)                           suchtsszenen, und im Finale wird Petruschka         rezitativische Einfälle immer reicher ausge-     und Dunkel antwortet Strawinski mit einem
Suite aus dem Ballett «Petruschka»                    von seinem Rivalen erstochen. Keine Sorge,          schmückt. Und im rondoartigen Schlusssatz        ähnlich klaren kompositorischen Rezept, das er
Da sind sich die Experten ausnahmsweise ein-          erklärt der Zauberer der Menge und dem Publi-       dominiert klassischer Etüdenstil, hier natürlich freilich bis ins Kleinste ausdifferenzierte: Iwan
mal einig: ohne «Petruschka» kein «Sacre du           kum: Es war doch nur eine Puppe. Aus der Ballett-   mit einem kräftigen Augenzwinkern vorgeführt.    und seine Braut werden durch diatonische
Printemps»! Mag das ältere Ballett mit seinem         musik formte Strawinski ohne grössere Eingriffe     Die Premiere des Capriccios fand 1929 in Paris   Melodien charakterisiert, Kastschei durch Chro-
Jahrmarktstrubel und Marionettenabenteuern            eine konzerttaugliche Suite.                        statt – mit Strawinski als Solist, der sich zudemmatik, der Feuervogel durch zusätzliche Inter-
auch harmloser anmuten als die skandalträch-                                                              das exklusive Aufführungsrecht für die folgen-   valle. Ein Modell, das Strawinski bei seinem
tige Inszenierung heidnischer Riten – komposi-        Igor Strawinski (1882–1971)                         den fünf Jahre sicherte. Von der rhythmischen    Lehrer Rimsky-Korsakov studiert hatte, wie
torisch haben die beiden Werke viel gemein.           Capriccio, Konzert für Klavier                      Energie des Werks liessen sich etliche Choreo-   auch die glänzende Instrumentierung dem Älte-
Harte Schnitte, Collagetechniken, rhythmische         und Orchester                                       grafen zu einer Umsetzung als Ballett anregen.   ren verpflichtet ist. Weitere Vorbilder sind
Entladungen, Bitonalität: All dies findet sich        Mit Solokonzerten tat sich Igor Strawinski zeit                                                      Tschaikowski (Figurenzeichnung) und Mussorg-
bereits in «Petruschka», bloss im Gewand eines        seines Lebens schwer. Zur Komposition eines         Igor Strawinski (1882–1971)                      ski (der hymnische Schluss); harmonisch dage-
Puppenspiels.                                         Violinkonzerts musste man ihn regelrecht drän-      «Der Feuervogel». Suite aus der                  gen geht das Werk neue Wege. Aus der Ballett-
Auch die Entstehungsgeschichte beider Werke           gen, sein erstes Klavierkonzert «bürstete» er       Ballettmusik (1911)                              musik stellte Strawinski selbst 1911 eine
verlief anfangs parallel: Während der Vorarbei-       schon durch den Verzicht auf Streichinstru-         Für den «Feuervogel» liess Igor Strawinski sogar Orchestersuite zusammen.
ten zum «Sacre» hatte Igor Strawinski den Ein-        mente gegen die Tradition. Und das Capriccio,       eine Oper liegen. Im Herbst 1909 hatte der junge
fall, die Erlebnisse einer Holzfigur musikalisch zu   gewissermassen Strawinskis Klavierkonzert           Komponist gerade den ersten Akt der «Nachti-
gestalten, und zwar als Dialog zwischen Klavier       Nr. 2, entstand vor allem aus dem Wunsch, sich      gall» nach Andersen beendet, als er ein Tele-
und Orchester. Sergei Diaghilew, für den er den       der Öffentlichkeit als Pianist und Komponist        gramm von Sergei Diaghilew erhielt: ob er ein
«Feuervogel» geschrieben hatte, brachte eine          gleichzeitig präsentieren zu können.                Stück für dessen in Paris gastierende Ballett-
Ballettversion ins Spiel, und als solche kam          Zum spätromantischen Virtuosenkonzert à la          compagnie schreiben wolle. Strawinski, ausser-
«Petruschka» im Juni 1911 in Paris auf die Bühne.     Rachmaninow bildet das Capriccio einen radika-      halb seiner Heimat noch völlig unbekannt, packte
Mit enormem Erfolg, wozu nicht nur Strawinski         len Gegenentwurf: knappe, präzise Formulierun-      die Gelegenheit beim Schopf und sagte sofort zu.
beitrug, sondern auch die Choreografie Michail        gen, entschlacktes Klangbild, klare Linienfüh-      Diaghilew und seine Mitstreiter, der Choreograf
Fokins, das Dirigat von Pierre Monteux sowie          rung und viel Humor. Der erste Satz beginnt mit     Michail Fokin und der Kostümbildner Léon
die Leistungen der Tänzer (u.a. Waslaw Nijinski).     einer Gegenüberstellung von Orchesterschlägen       Bakst, hatten Sujet und Handlung des Balletts
Von den vier Bildern des Balletts spielen die         und sanfter Melodie, und aus diesem Kontrast        bereits entworfen. Sie bedienten sich dabei
beiden äusseren im Petersburger Fastnachts­           von perkussiven und gesanglichen Elementen          dreier Erzählungen aus der berühmten Sammlung
treiben. Zu den vielen Schaustellern, Musikern        bezieht er seine Energie. Dass Strawinski dabei     «Russische Volksmärchen»: Iwan Zarewitsch
und Tänzern gesellen sich drei Puppen, die ein        munter Ragtime-Passagen und Floskeln aus            fängt den mythischen Feuervogel, schenkt ihm
Zauberer zum Leben erweckt. Zwischen ihnen            dem Klavierunterricht mischt, trägt zum Hör­        das Leben und besiegt mit seiner Hilfe den Zau-
kommt es in den mittleren Bildern zu Eifer-           vergnügen bei.                                      berer Kastschei.

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INTE R P R E T E N                                                                                         Valery Gergiev
                                                                                                           Einen treuen Gast wie Valery Gergiev braucht           sowie an der Metropolitan Opera, ganz zu
Ko n z e r t 5                                                                                             man dem Publikum von Migros-Kulturprozent-             schweigen von seinen zahlreichen Auftritten bei
                                                                                                           Classics kaum noch vorzustellen. Seine Energie         Festivals und natürlich seinem fast lebens­
                                                                                                           und sein Arbeitspensum sind legendär; zuweilen         langen Engagement am Petersburger Mariinsky
                                                                                                           heisst es, er müsse einen Doppelgänger haben,          Theater. Diese Namen verbürgen aber auch,
                                                                                                           um all seine Herausforderungen zu bewältigen.          dass bei Gergiev Quantität nicht mit Qualitäts-
                                                                                                           Tatsächlich hat der 1953 in Wladikawkas gebo-          verlust einhergeht, im Gegenteil. Für sein Wir-
                                                                                                           rene Gergiev mehrere Chef- oder Gastdirigenten-        ken als Pianist und Dirigent erhielt er mehrere
Mariinsky Orchestra                                                                                        ämter bei Spitzenorchestern inne: aktuell beim         Auszeichnungen, darunter den Herbert-von-
Das Mariinsky Orchestra gehört zu den ältesten   gleichwohl nach wie vor für seine Interpretatio-          London Symphony Orchestra und bei den                  Karajan-Preis, den Echo Klassik sowie den Titel
musikalischen Institutionen Russlands über-      nen russischer Musik. Bei Kritikerumfragen wird           Münchner Philharmonikern, zuvor in Rotterdam           «Held der Arbeit der Russischen Föderation».
haupt – und steht doch mit beiden Beinen in      das Mariinsky Orchestra regelmässig unter die
der Gegenwart. Zu verdanken ist das vor allem    besten Klangkörper der Welt gezählt. Zuhause in           Denis Matsuev
seinem Chefdirigenten Valery Gergiev, der das    St. Petersburg ist es der unumstrittene musika-           Wer den Moskauer Tschaikowski-Wettbewerb               auf ihn verzichten. In seiner russischen Heimat
Orchester in den vergangenen drei Jahrzehnten    lische «Platzhirsch»: Es spielt in der 2007 eröff-        gewinnt, dem ist eine internationale Pianisten-        ist Matsuev mittlerweile selbst als Festival­
zu internationaler Bekanntheit führte. Zudem     neten Mariinsky Konzerthalle, Einspielungen               karriere vorgezeichnet. So war es auch bei dem         veranstalter tätig, u. a. beim Musikfest «Stars
erweiterte er das Repertoire des ehemaligen      werden unter dem gleichnamigen Label veröf-               aus Irkutsk stammenden Denis Matsuev, der mit          am Baikalsee». Eine kontinuierliche Zusammen­
Opernorchesters, das politisch bedingt mehr-     fentlicht, und natürlich hat das Orchester auch           16 in die Hauptstadt zog und mit 23 dort seinen        arbeit verbindet ihn mit dem Dirigenten Valery
fach seinen Namen wechselte, um aktuelle         sein eigenes Festival, die «Weissen Nächte».              Ritterschlag erhielt. Seitdem führte ihn sein          Gergiev. Als 2013 das neue Mariinsky Theater
sinfonische Literatur. Am bekanntesten ist es                                                              Weg in die wichtigsten Konzertsäle der Welt,           eingeweiht wurde, war Matsuev einer der
                                                                                                           darunter die Carnegie Hall, das Concertgebouw          Solisten, und auf dem hauseigenen CD-Label
                                                                                                           und die Royal Festival Hall. Keines der grossen        hat er neben Werken von Schostakowitsch und
                                                                                                           Festivals, sei es nun Edinburgh, Schleswig-            Schedrin auch Rachmaninows 3. Klavierkonzert
                                                                                                           Holstein, die BBC Proms oder Verbier, möchte           veröffentlicht.

                                                                                                                                                             ev
                                                                                                                                               Denis Matsu
                                                                                                                             ev
                                                                                                              Valery Gergi
                                                                                                rchestra
                                                                                 Mariinsk y O
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